GELERNT IST GELERNT 72 GRUNDLAGEN Wechselstromtechnik (10) 75 ELEKTROINSTALLATION Brandschutztechnische und baurechtliche Grundkenntnisse des Elektrotechnikers (4) Quelle: Marcel Diehl, Redaktion »de« 13-14.2013 GiG GELERNT IST GELERNT Teilnehmer der Gesellenprüfung Teil 1 zum Elektroniker, Fachrichtung Energie- und Gebäudetechnik am BFE-Oldenburg: Aufgabe war die Erstellung einer herkömmlichen Lampenschaltung sowie Beleuchtungs- und Grundschaltungen mittels Kleinsteuerung KONTAKT FOTOWETTBEWERB Ihre Fragen und Anregungen zur Rubrik »GiG – Gelernt ist Gelernt« senden Sie uns bitte an: Für unseren Fotowettbewerb unter dem Motto »Aufgepasst und mitgemacht« werden Fotos (Digitalfotos / Papierabzüge) von fehlerhaften Elektroinstallationen in Deutschland gesucht. Bitte vermerken Sie kurz und präzise den Fehler und teilen Sie uns auch Ihren Namen und Ihre Anschrift mit. Senden Sie die Fotos bitte an: Marcel Diehl Hultschinerstr. 8, 81677 München Telefon: (0 89) 21 83 - 89 83 Telefax: (0 89) 21 83 - 89 89 [email protected] www.elektro.net Redaktion »de« – Fotowettbewerb Hultschinerstr. 8, 81677 München [email protected] 71 GELERNT IST GELERNT Wechselstromtechnik (10) GRUNDLAGEN In dieser Folge steht der Parallelschwingkreis auf dem Programm. Wie schon beim Reihenschwingkreis, wird der grundsätzliche Aufbau sowie das Verhalten über der Frequenz betrachtet. Abschließend vertieft eine zusammenfassende Aufgabe den Inhalt des Beitrags. W ie schon beim Reihenschwingkreis, geht man auch hier zur Berechnung wieder von realen Spulen aus. Das heißt, dass eine Spule die parallel zu einem Kondensator liegt, zunächst in eine Parallelersatzschaltung umgerechnet werden muss (Bild 49 a, b, c). Durch die Frequenzabhängigkeit der Bauteile, ist der Rechenaufwand teilweise enorm. strom I. Eine andere und deutlich komplexere Methode der Berechnung ergibt sich aus dem Leitwertdreieck. Die Zahlenwerte unterhalb des Bruchstrichs sind die geometrische Addition der Einzelleitwerte. Um schließlich Z zu erhalten, kehrt man das Zwischenergebnis nochmals um: Bezugspunkt ist die Spannung Alle Bauteile der Ersatzschaltung liegen an der gleichen Spannung, dadurch gibt es keine Spannungs- sondern eine Stromaufteilung (Bild 50). Der cos φ, der Scheinwiderstand Z und der Strom I sind in beiden Schaltungen gleich: Demzufolge gibt es auch als Berechnungsdreieck kein Widerstandsdreieck, sondern ein Leitwertdreieck. Ausgehend vom Zeigerdiagramm (Bild 51 a) ergibt sich zunächst ein Stromdreieck (Bild 51 b). Analog zu den Strömen verhalten sich die Leitwerte (Bild 51 c). Das bedeutet: • Kleiner Widerstand = großer Leitwert = großer Strom • Großer Widerstand = kleiner Leitwert = kleiner Strom Außerdem ist zu beachten, dass in einem Parallelschwingkreis die Ströme in den Blindwiderständen größer sein können als der Gesamtstrom. Allerdings kann im Gegenzug der Strom durch den ohmschen Widerstand nie größer sein als der Gesamtstrom. Der Gesamtwiderstand (Scheinwiderstand) Z berechnet sich wiederum einfach aus der anliegenden Spannung U und dem Gesamt- Ergänzende Lerninhalte online Die gedruckten Inhalte dieser Grundlagenserie werden durch onlinebasierte Lerninhalte ergänzt. Als »de«-Abonnent haben Sie exklusiv die Möglichkeit, sich parallel zum Durcharbeiten des Artikels im Heft auf einer Lernplattform einzuloggen. Hier können Sie sich die im Text behandelten Inhalte durch eine Lernsoftware näher erklären lassen. Online stehen Ihnen zusätzlich animierte Inhalte und kurze Aufgaben zur Überprüfung des Lernfortschritts zur Verfügung. Um diesen Service nutzen zu können, gehen Sie bitte auf unserer Homepage zur Online-Version dieses Beitrags unter www.elektro.net/ 17182/wechselstromtechnik-10. Dort finden Sie dann den Link zur Online-Lernsoftware. 72 Vergleich Parallelschwingkreis mit Reihenschwingkreis Um den direkten Vergleich zwischen dem Verhalten eines Parallelschwingkreises zum Reihenschwingkreis zu haben, ist es sinnvoll, die Einzelwiderstände und die Scheinwiderstände für mehrere Frequenzen unterhalb und oberhalb der Resonanzfrequenz zu bestimmen und über der Frequenz in einem Diagramm einzutragen (Bild 52 a). Hierbei ist es wichtig nochmals hervorzuheben, dass bei Resonanz der induktive und der kapazitive Blindleitwert gleich groß sind (BL = BC). Das betrifft dann selbstredend auch die Blindwiderstände (XL = XC). Letztendlich gilt das dann auch für die Blindleistungen (QL = QC). Daraus leitet sich ab, dass die Thomsonsche Schwingungsformel auch für den Parallelschwingkreis gilt. Gleichermaßen ist die Einheitenrechnung interessant: Bei der Auswertung des Diagramms stellt man fest, dass sich der Parallelschwingkreis gegenüber dem Reihenschwingkreis genau umgekehrt verhält: Unterhalb der Resonanzfrequenz wirkt der Parallelschwingkreis induktiv, oberhalb kapazitiv (vgl. Bild 48a, Heft 12). Außerdem ist ablesbar, dass der größte Widerstand bei Resonanz zu erwarten ist, was zur Folge hat, dass in diesem Fall der kleinste Strom fließt. Auch dieses Verhalten ist genau umgekehrt zu dem des Reihenschwingkreises. Man nennt den Parallelschwingkreis deswegen auch »Sperrkreis«, da hier innerhalb der Bandbreite der kleinste Strom fließen würde. Mit einem genau justierten Schwellwertschalter, ließe sich dieser Strom auch ganz unterdrücken. Trägt man statt des Stroms nun die Spannung über der Frequenz auf, erhält man fast den gleichen Kurvenverlauf wie beim Reihenschwingkreis (Bild 52 b). Auch hier ist die Sperr-Durchlass-Grenze, bei der sich die Spannung auf einen bestimmten Wert gegenüber der maximalen Spannung verringert, mit 0,707 (1/√2) festgelegt. Bezüg- de 13-14.2013 GELERNT IST GELERNT a) b) I c) IL IR IC XC R' U XL' R' XC Quelle: Marcel Diehl XL' Spule XC Spule R Spule lich der Kurvenbreite lässt sich feststellen, dass • mit einer großen Bandbreite b die Kennlinie flacher und die Verluste größer sind • mit einer kleinen Bandbreite b die Kennlinie steiler und die Verluste geringer sind Die Bandbreite selbst ergibt sich, wie schon beim Reihenschwingkreis, aus: XL Schwingkreisgüte Q Die Rahmenbedingungen für die Bestimmung des Frequenzganges geben vor, dass der Parallelschwingkreis schmalbandiger ist und besser schwingt, wenn der ohmsche Widerstandsanteil wesentlich größer als der Blindwiderstandsanteil ist (R >> X0). Die Formel zur Berechnung der Kreisgüte Q aus den Widerständen bei Resonanz ist die Umkehrung gegenüber dem Reihenschwingkreis: Bild 49 a, b und c: Umwandeln einer realen Spule (a) in eine Parallelersatzschaltung (b) und Integration in einen Parallelschwingkreis (c) I XL R U Zunächst ist auch an dieser Stelle Q der Quotient aus Resonanzfrequenz f0 und Bandbreite b. Sehr nützlich ist die Tatsache, dass sich die Güte ebenso aus dem Quotienten des Parallelersatzwiderstand R'und des Blindwiderstands der Parallel-Ersatzbeiteile (X'L0 und X'C0 = X0) ergibt. R' IL XL' Quelle: Marcel Diehl I Zusammenfassende Beispielaufgaben U Bild 50: Aufteilung der Ströme in einer Ersatzparallelschaltung einer realen Spule: Der Gesamtstrom teilt sich in einen ohmschen (IR) und einen induktiven (IL) Anteil auf a) b) c) 1/X XC I IC IC IC – IL φges Beim Ermitteln des Parallelersatzwiderstands R', gehen wir von folgender Beziehung aus: www.elektro.net 1/Z IR IR IL 1/XL' 1 U IL φges 1/R' Quelle: Marcel Diehl Ein Parallelschwingkreis (Bild 49c) besteht aus: • einer Kapazität C mit 800 pF • einer Induktivität L mit 1,5 mH • und hat die Bandbreite b von 1,2 kHz Zu berechnen sind: • die Resonanzfrequenz f0 • der Widerstand R' im Parallelersatzschaltbild der Spule Mit den gegebenen Werten lässt sich zunächst f0 einfach bestimmen: IR Bild 51 a, b und c: Ströme und Leitwerte (c) im Parallelschwingkreis: Die Blindströme sind um 180° versetzt (a), deren Differenz bestimmt den Winkel φ (b) 73 GELERNT IST GELERNT U/Umax 1,0 Ω XC Z=R R 1 200 f1: untere Grenzfrequenz f2: obere Grenzfrequenz b: Bandbreite U 0,9 0,8 Z 1 000 800 Resonanzfrequenz f0 0,7 XC = XL XL 0,6 0,5 600 0,4 Quelle: Marcel Diehl 400 0,3 0,2 200 Resonanzfrequenz 0 110 130 150 induktive Wirkung 170 f1 0,1 190 210 Hz kapazitive Wirkung Bild 52 a: Verlauf der Widerstände über der Frequenz unter- und oberhalb der Resonanzfrequenz im Parallelschwingkreis f0 f2 0 0 b Frequenz f Bild 52 b: Verlauf der Spannung über der Frequenz: Das Maximum wird bei Resonanz erreicht, die Grenzfrequenzen liegen bei ≈ 70 % Es fällt auf, dass wir es an dieser Stelle gleich mit zwei Unbekannten zu tun haben (Q und X0). Die Güte Q, ist in der Relation aus f0 und b zu finden: Mit diesen Daten gelangt man zu den einzelnen Leitwerten: Der Blindwiderstandsanteil (X0) lässt sich nun aus der errechneten Resonanzfrequenz und der Induktivität ableiten: Der ohmsche Anteil R', ist nun einfach zu berechnen. Die beiden errechneten Werte, setzt man in die bereits erwähnte Formel ein: Zweite Aufgabe zur Vertiefung Folgende Bauteile stehen dafür zur Verfügung: • C = 800 nF, L = 50 mH, R = 500 Ω • Gesucht sind: • f0 und Qr bei Schaltung der Bauteile zu einem Reihenschwingkreis • Cp neue Qp in einem Parallelschwingkreis mit gleicher f0 Zunächst lässt sich die Resonanzfrequenz bestimmen: Die Güte des Reihenschwingkreises errechnet sich aus: Schließlich erreichen wir über den Parallelblindwert BCp0 die neue Parallelkapazität Cp: Nun wollen wir noch überprüfen, ob sich die Schwingkreisgüte im Parallelschwingkreis gegenüber dem Reihenschwingkreis ändert: Das Ergebnis: Die Schwingkreisgüte verändert sich nicht. Damit sind die Schwingkreise im Rahmen der Wechselstromtechnik zunächst ausreichend betrachtet. Im Rahmen dieser Serie, möchte ich in den nächsten Folgen noch auf passive Vierpole (Dämpfungsglieder) und aktive Vierpole (Verstärker) zu sprechen kommen. (Fortsetzung folgt) Nun ist unser Ziel, einen äquivalenten Parallelschwingkreis mit neuer Kapazität Cp zu bilden. Gleichsam ergibt sich dadurch eine neue Schwingkreisgüte Qp. Über die Resonanzfrequnz f0 und den ohmschen Anteil der Spule ergeben sich φ und ZSp0, also der ParallelGesamtscheinwiderstand: 74 AUTOR Karl-Heinz Bleiß Fachautor, Hatten de 13-14.2013 GELERNT IST GELERNT Brandschutztechnische und baurechtliche Grundkenntnisse des Elektrotechnikers (4) ELEKTROINSTALLATION Brandschutznachweise stellen das Thema des letzten Beitrags dieser Reihe dar. Was Brandschutznachweise genau sind, was sie beinhalten und welche Bedeutung sie für das ausführende Elektrounternehmen und den Planer haben, wird ausführlich dargestellt. D ie Pflicht zur Erstellung eines Brandschutznachweises für ein genehmigungspflichtiges Bauwerk ist in den Landesbauordnungen (LBO) geregelt. Die Ersteller, also Architekten oder Brandschutzfachplaner, weisen dadurch nach, wie die in den LBO benannten Schutzziele eingehalten sind (vgl. auch Beitrag 1 in Heft 8 / 2013). Dafür müssen gemäß Musterbauvorlagenverordnung (MBauVorlV) im Brandschutznachweis zahlreiche Angaben gemacht werden. Einige sind in Tabelle 7 dargestellt. Brandschutznachweise sind konkrete, objektbezogene Schutzkonzepte Außer den in der Tabelle aufgeführten Inhalten stehen im Brandschutznachweis noch zwingend zahlreiche andere Punkte, die für die Beurteilung des Gesamt-Schutzkonzeptes wichtig sind. Dazu zählen beispielsweise die Löschwasserversorgung, Zuwege und Aufstellflächen für die Feuerwehr, organisatorischer und betrieblicher Brandschutz, Würdigung außerordentlicher, betrieblich bedingter Gefahren oder Abstandsflächen zur Nachbarbebauung. Sie alle zu besprechen, würde den Rahmen des Beitrags jedoch sprengen. Nach § 67 der Musterbauordnung (MBO) sind Abweichungen von den Bestimmungen der Bauordnung zulässig, wenn die öffentliche Sicherheit und Ordnung durch die Abweichung nicht gefährdet wird. Bei Bauvorhaben weicht man häufig von Bestimmungen der Bauordnung ab, um den Anforderungen des Nutzers oder den Vorstellungen des Architekten zu genügen. Die Landesbauordnungen lassen solche Abweichungen grundsätzlich zu. Allerdings muss dies zwingend begründet sowie sichergestellt sein, dass die Abweichung und eventuelle Kompensationsmaßnahmen die öffentlichen Schutzziele trotzdem erfüllen. Der Ersteller des Brandschutznachweises hat diese Abweichungen in seinem Brandschutzkonzept zu beschreiben, zu begründen und nachzuweisen, dass die Schutzziele erreicht werden. Die prüfende Bauaufsichtsbehörde oder der beauftragte Prüfsachverständige stimmt dann diesen Abweichungen zu oder eben nicht. Insbesondere anlagentechnische Maßnahmen wie z. B. die Errichtung von Brandmeldeanlagen werden häufig eingesetzt und durch den Brandschutznachweisersteller gefordert, um die baulichen Abweichungen von den Bestimmungen der Landesbauordnung zu kompensieren. Speziell durch viele Sonderbauverordnungen werden anlagentechnische Maßnahmen zur Verbesserung des Brandschutzes von Haus aus gefordert, wie z.B. die Sicherheitsbeleuchtung in Versammlungsstätten. Im Brandschutznachweis sind auch Vorgaben möglich, die man dem Elektrotechniker sonst aus keiner Norm oder aus keinem Regelwerk zwingend vorgibt. Den- www.elektro.net noch sind sie notwendig, um die jeweiligen Schutzziele zu erreichen. Diese Vorgaben können sich z. B. beziehen auf Verwendung von halogenfreien Leitungen, Angaben über die Größe und Montagehöhe von Rettungszeichenleuchten, technische Maßnahmen zur Beschränkung der Anzahl von anwesenden Personen bei Versammlungsstätten und -räumen u. a. m. Die Vorgaben des Brandschutznachweises sind immer nur im Gesamtzusammenhang zwischen baulichem, anlagentechnischem, organisatorischem und abwehrenden Brandschutz zu sehen. Brandschutznachweise werden Bestandteil der Baugenehmigung und ihre Einhaltung ist daher im baurechtlichen Sinne verbindlich. Weiterhin dienen sie bei der Abnahme von eventuell geforderten sicherheitstechnischen Einrichtungen wie Brandmeldeanlagen (BMA), Alarmierungsanlagen, Sicherheitsbeleuchtungsanlagen und Sicherheitsstromversorgungen als Grundlage für den abnehmenden Prüfsachverständigen. Ist für ein Bauprojekt ein Brandschutznachweis gefordert, muss dieser zum Beginn der Ausführungsphase auf der Baustelle vorliegen. Man kann daher dem Planer der Elektroanlage und dem Bauleiter des ausführenden Elektrounternehmens nur immer wieder raten, sich rechtzeitig über die Inhalte des Brandschutznachweises zu informieren. Fest steht jedoch: Bevor auf der Baustelle der erste Handgriff getan wird, sollten die verantwortlichen Mitarbeiter des Elektrounternehmens sich Klarheit über die Brandschutzanforderungen an das Gebäude und insbesondere an die Anforderungen an die Elektroinstallationen verschafft haben. Falls sich noch Unklarheiten und offene Fragen ergeben, sollten diese möglichst vor Beginn der Arbeiten mit dem Planer und ggf. mit dem Ersteller des Brandschutznachweises und dem abnehmenden Prüfsachverständigen geklärt werden, damit man vor kostspieligen und zeitraubenden Änderungen im Nachhinein gefeit ist. Zu beachten ist auch, dass Forderungen aus dem Brandschutznachweis, die eventuell widersprüchlich sind zu Inhalten aus den zu beachtenden allgemein anerkannten Regeln der Technik, grundsätzlich den (rechtlich) höheren Stellenwert haben. Eine umfassende Kenntnis des Brandschutznachweises hilft, eventuell entstehende Konflikte zu vermeiden. Eine rechtzeitige Abstimmung mit den verantwortlichen Personen ist daher unumgänglich. Verwendbarkeitsnachweise und Dokumentation Bestandteile von baulichen und technischen Anlagen, die wesentliche sicherheitstechnische Funktionen übernehmen, bedürfen eines sogenannten Verwendbarkeitsnachweises, also einer Bescheinigung, dass die eingesetzten Komponenten für die Erfüllung der sicherheitstechnischen Aufgaben überhaupt geeignet sind. 75 GELERNT IST GELERNT In der Europäischen Bauproduktenrichtlinie (BPR) von 1988 wurden in sechs Grundlagendokumenten wesentliche Anforderungen an Standsicherheit von Gebäuden, Gesundheit und Umweltschutz, Naturschutz, Schallschutz, Energieeinsparung und Wärmeschutz und auch an den Brandschutz definiert. Die nationale Umsetzung der BPR erfolgte in Deutschland durch das Bauprodukten-Gesetz von 1992. Die sechzehn Bundesländer setzten schließlich die Inhalte dieses Gesetzes in den Landesbauordnungen um. Die Bauregelliste beschreibt und regelt die Verwendbarkeit von Bauprodukten. In Deutschland ist das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) in Berlin als gemeinsame Einrichtung von Bund und Ländern für die Bauregelliste zuständig und stellt diese entsprechend den Anforderungen auf. Für die Erstellung von Wänden und Decken mit Feuerwiderstandseigenschaften, gibt es definierte Normen. Diese beschreiben genau, wie die Errichtung der Bauteile in Abhängigkeit vom verwendeten Baustoff erfolgt, um die gegebenen Anforderungen zu erfüllen. Bei Bestandteilen von Elektroanlagen gibt es dies in Bezug auf den Brandschutz nicht immer. Häufig sind die Bestandteile als nichtgeregelte Bauprodukte eingestuft oder weichen wesentlich von den bestehenden Normen ab. Die Bauregelliste und die Bauordnungen fordern daher, die Prüfung und den Nachweis der Verwendbarkeit von solchen Anlagenteilen (§ 17 Abs. 1-4 MBO). Als Prüfgrundlage dienen hier insbesondere die DIN 4102 sowie neuerdings die DIN EN 13501-2. Bei bestandener Prüfung wird für das Bauteil ein Verwendbarkeitsnachweis ausgestellt. Er beschreibt den Verwendungszweck, die Dauer der Gültigkeit, zu beachtende Details beim Einbau, zu verwendende Baustoffe und Befestigungsmaterial und zahlreiche weitere Details. Sie alle sind für eine ordnungsgemäße Errichtung notwendig. Als Verwendbarkeits- nachweis kommen in Abhängigkeit vom geprüften Bauprodukt folgende Zertifikate in Frage: • Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ) • Allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis • Europäische Technische Zulassung (EOTA) • Zustimmung im Einzelfall Die Frage, welche der vorgenannten Verwendbarkeitsnachweise für ein Bauprodukt erteilt werden, richtet sich danach, ob für das konkrete Bauprodukt genormte Prüfverfahren anwendbar sind (Prüfung z.B. durch Materialprüfanstalt (MPA)) oder ob eine eigenständige Prüfung durch das DIBt zu erfolgen hat. Der Hersteller des Bauproduktes oder des Betriebsmittels stellt die Zulassungsbescheinigungen zur Verfügung. Sie sind vor dem Einbau gründlich durchzulesen. Es kann passieren, dass während einer Baumaßnahme, das Produkt nach den Herstellervorgaben nicht eindeutig zu verwenden ist. In diesem Fall muss der Hersteller die Aussage treffen, ob es sich dabei um eine wesentliche Abweichung vom Verwendbarkeitsnachweis handelt. Ist die Abweichung nur unwesentlich, muss dies vom Hersteller schriftlich bestätigt und die Situation muss mit dem abnehmenden Prüfsachverständigen sowie dem Ersteller des Brandschutznachweises geklärt werden. Die Verantwortung für den fachgerechten Einbau liegt auch dann immer noch beim Errichter, also dem ausführenden Unternehmen. Bei wesentlichen Abweichungen kommen nur folgende Möglichkeiten in Frage: • Ausweichen auf ein anderes Produkt (zulassungskonformer Einbau) • die Gründe für die Abweichungen (meist baulicher Natur) abstellen • Beantragung einer Zustimmung bei der Obersten Baubehörde des Bundeslandes für diesen Einzelfall Dokumentation (stets auch vertragliche Vereinbarungen beachten) Anlagenteile mit Anforderungen an den Brandschutz, baurechtlich geforderte Sicherheitsanlagen gem. Brandschutznachweis / Baugenehmigung / Landesbauordnung (z. B. § 22-24 MBO) »Allgemeine« Elektroinstallation nach DIN VDE 0100-510, 0100-600, 0105, DIN 18382 (VOB C), VDI 6026-2 Quelle: Ulrich von Hehl • Fachunternehmererklärung als Übereinstimmungserklärung für die Ausführung nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik (DIN VDE 0100, DIN VDE 0701-0702, BGV A3, etc.) • Bestandsschemata, Grundrisspläne • Klemmenpläne, Rangierlisten • Verteilerpläne • Messprotokolle • Programmiereinstellungen • Datenblätter und Bedienungsanleitungen • Berechnungen (Selektivität, Querschnittsermittlung, …) • Ersatzteillisten, Wartungsanleitungen • usw. • Bescheinigung der Wirksamkeit der sicherheitstechnischen Einrichtungen durch Prüfsachverständige bzw. anerkannte Sachverständige (spezifische Vorgaben des Bundeslandes beachten!) • Übereinstimmungserklärung des AN zu den verwendeten Verwendbarkeitsnachweisen • Kopie der Verwendbarkeitsnachweise aller nichtgeregelten eingesetzten Bauprodukte • Plan mit Angabe der Lage von Brandabschottungen (oder im allgemeinen Grundrissplan) • Prüfberichte, Messprotokolle (BMA, ELA, Si.-Bel., Sicherheitsstromversorgung, RWA. Siehe auch Dokumentationsanforderungen aus relevanten Regelwerken wie DIN 14675, VDE 0833,…) • Meldergruppenübersicht, Schleifenpläne, etc. • Datenblätter und Bedienungsanleitungen • usw. An den Auftraggeber zu übergebende Dokumentation Bild 5: Übersicht der Dokumentationsunterlagen 76 de 13-14.2013 GELERNT IST GELERNT ERFORDERLICHE ANGABEN IN BRANDSCHUTZNACHWEISEN Mindestangaben Entstehende Auswirkungen auf die Elektroinstallation Brandverhalten der eingesetzten Baustoffe und allgemeine Angaben über die Feuerwiderstandsfähigkeit von Bauteilen Leitungsdurchdringungen durch Wände und Decken mit Feuerwiderstandseigenschaften Bauteile, Einrichtungen und Vorkehrungen, an die hinsicht- Lage von Brandwänden, Unterdecken mit Feuerwiderstandseigenschaften lich des Brandschutzes Anforderungen gestellt werden (z. B. F30-Unterdecke in Fluren), Anlagen zur Abführung von Rauch und Wärme (RWA)) Nutzungseinheiten, Brand- und Rauchabschnitte Abschottungen in Trennwänden von Nutzungseinheiten und Brandabschnitten, Lage der Brandwände, die durch Unterputz-Installationen geschwächt werden könnten, Aufteilung von Stromkreisen und Linien von sicherheitstechnischen Einrichtungen wie Sicherheitsbeleuchtung, ELA, BMA Lage und Ausbildung von Flucht- und Rettungswegen Einhaltung der Leitungsanlagenrichtlinie, ggf. besondere Anforderungen hinsichtlich Brandfrüherkennung, Sicherheitsbeleuchtung etc. Zusätzliche Angaben bei Sonderbauten, Mittel- und Großgaragen (oder bei Abweichungen von der LBO, die eine Kompensation des Risikos durch weitergehende Forderungen bedingen) Erfordernis von Blitzschutzanlagen Quelle: Ulrich von Hehl Erfordernis von Sicherheitsbeleuchtungsanlagen Erfordernis von Brandmelde- und Alarmierungsanlagen Erfordernis von Anlagen zur Rauchableitung und Rauchfreihaltung Erfordernis einer Sicherheitsstromversorgung besondere Angaben über brandschutzrelevante Besonderheiten in der Nutzung, z. B. Art und Anzahl der Personen, besondere Brandgefahren, Explosionsgefahren, Brandlasten und Gefahrstoffe Tabelle 7: Inhalte des Brandschutznachweises Letztgenanntes bedeutet allerdings häufig einen sehr hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand. Detaillierte Dokumentation Die Erfahrung zeigt, dass besonders bei der Dokumentation der errichteten Anlage oftmals die brandschutztechnischen Maßnahmen vernachlässigt werden. Neben der eventuell im Bauwerkvertrag vereinbarten Beschaffenheit, welche Inhalte die vom Auftragnehmer (AN) zu übergebene Bestandsdokumentation aufweisen muss, ist insbesondere die DIN 18382 als allgemein anerkannte Regel der Technik Grundlage der geschuldeten Bestandsdokumentation. Darin heißt es in Abschnitt 3.1.6: »Der Auftragnehmer hat alle für den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der Anlage erforderlichen Bedienungs- und Wartungsanleitungen und notwendige Bestandspläne zu fertigen und dem Auftraggeber diese und einzelne projektspezifische Daten zu übergeben.« Weitere Forderungen ergeben sich aus der DIN VDE 0100-510 (Errichten von Niederspannungsanlagen – Auswahl und Errichtung elektrischer Betriebsmittel – Allgemeine Bestimmungen), DIN VDE 0100600 (Errichten von Niederspannungsanlagen, Teil 6: Prüfungen), DIN VDE 0105-100 (Betrieb von elektrischen Anlagen, Teil 100: Allgemeine Festlegungen) bzw. aus zutreffenden DIN-Normen und DIN-VDEBestimmungen wie z. B. der DIN VDE 0100-718 (Errichten von Niederspannungsanlagen – Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art, Teil 718: Bauliche Anlagen für Menschenansammlungen), DIN VDE 0833 Teile 1-4 (Gefahrenmeldeanlagen für Brand, Einbruch und Überfall) oder der DIN 14675 (Brandmeldeanlagen – Aufbau und Betrieb). Detaillierte Anforderungen, sind auch in der VDI-Richtlinie 6026-2 (Dokumentation in der Technischen Gebäudeausrüstung) zu finden. Ein besonderes Augenmerk ist darauf zu legen, dass die bereitgestellten Dokumentationsunterlagen für einen sicheren und wirtschaftlichen Betrieb der Anlage ausreichend sind. Dazu gehören neben den obligatorischen Messprotokollen, Bestandsplänen und Schemata www.elektro.net auch Angaben zu verwendeten Betriebsmitteln, deren Einstellwerte, Ersatzteillisten, Wartungs- und Pflegeanleitungen u. a. m. Oft werden im Werkvertrag auch zusätzliche Inhalte der Bestandsdokumentation gefordert, die es dann vertragsgemäß auch zu liefern gilt. Auch aus Sicht des Brandschutzes, sind zahlreiche Dokumente in der Bestandsdokumentation zu übergeben. Neben den Mess-, Prüfund Abnahmeprotokollen von sicherheitstechnischen Anlagen sind vor allem die Abnahmebescheinigungen (Bescheinigung der Betriebssicherheit und Wirksamkeit) von baurechtlich geforderten sicherheitstechnischen Einrichtungen enorm wichtig in der Dokumentation. Als wesentlicher Bestandteil der Elektroanlage, sind auch die Lage und der Typ von verwendeten Brandabschottungen zweckmäßig zu dokumentieren. Nach § 22 MBO hat der Auftragnehmer weiterhin die Übereinstimmungserklärungen dafür zu liefern, dass die errichtete Anlage den Vorgaben des Verwendbarkeitsnachweises entspricht. In dieser Übereinstimmungserklärung bescheinigt der Auftragnehmer, dass die nichtgeregelten Bauprodukte gemäß ihrem Verwendbarkeitsnachweis erstellt wurden. Er bezieht sich in dieser Erklärung konkret auf den Zulassungsbescheid unter Angabe der Zulassungsnummer des DIBt bzw. der ausstellenden Materialprüfanstalt. In der Praxis heißt das, dass für jedes verbaute Betriebsmittel oder Bauprodukt, für welches einer der o. g. Verwendbarkeitsnachweise existiert, auch eine Kopie dieses Nachweises sowie die zugehörige Übereinstimmungserklärung des Errichters übergeben werden muss. Die Fachunternehmererklärung darf auch in keiner Dokumentation fehlen (Bild 5). Sie bestätigt die Übereinstimmung der errichteten Anlage mit den allgemein anerkannten Regeln der Technik, insbesondere der DIN-VDE-Bestimmungen. (Ende der Beitragsserie) AUTOR Dipl.-Ing. (FH) Ulrich von Hehl Sachverständiger für Brandschutz in elektrischen Anlagen 77