Neue Forschung zum frühen Islam

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Volker Popp
Ergebnisse der neueren Forschung zum Frühen Islam und
ihre Folgen für unser Geschichtsbild
Münzen, Papyri und Bauinschrif-ten als Quellen für den Nachweis historischer Prozesse
In der historischen Forschung abendländi-scher Tradition spielen Zeugnisse der mate-riellen Kultur eine Rolle
als Quellenmaterial. Parallel zur Erforschung der Geschichte des klassischen Altertums wurde während des
19. Jahrhunderts die Sammlung von Bauin-schriften und Münzen der Antike betrieben und in Korpuswerken
niedergelegt.
Der islamischen Geschichtsschreibung und den Darstellungen der Islam-Geschichte in der europäischen
Islamwissenschaft dient einzig die islamische literarische Überliefe-rung aus dem 9. Jahrhundert als Quelle.
Objekte der materiellen Kultur werden nach Vorgaben dieser Literatur gedeutet. Histori-sierende Literatur,
verfasst in einer in ein historisches Gewand gekleideten „arabischen“ Kunstsprache, bildet die alleinige Quelle
der Geschichtsdarstellungen der Is-lamwissenschaft. Sie sind für die historische Forschung nur insoweit von
Belang, wie sie die Rezeption einer islamischen Ideologie des 9. Jahrhunderts vor dem Hintergrund der
Ideologien des 19. und 20. Jahrhunderts darstellen. Im Klartext: Die Islamwissen-schaft ist ein
Forschungsgegenstand an sich.
Dies muss man sich vergegenwärtigen, wenn man islamwissenschaftliche Werke als Se-kundärquellen zur
arabischen Geschichte benutzt. Die Islamwissenschaft kann keine Auskunft über den „historischen Araber“
des 7. und 8. Jahrhunderts geben, da sie selbst einem ideologischen Araberbild des 9. Jahr-hunderts folgt.
Eine archäologische Erforschung von mate-riellen Zeugnissen aus dem Raum des ehe -mals byzantinischen
Orients und des Sassa-nidenreichs führt zu Hinweisen auf einen historischen Prozess, der von der Schilderung in der theologischen Geschichtsdarstel-lung der Muslime und der Islamwissenschaft abweicht.
Vom Beginn der arabischen Selbst-herrschaft
Bei der Auswertung von Datierungen auf Dokumenten der Araber lässt sich feststel-len, dass sich bisher keine
Dokumente haben finden lassen, deren Datierung vor das Jahr 20 (642) zurückreicht.
Die Datierung auf das Jahr 20 findet sich auf arabo-sassanidischen Münzen. Münzen mit dieser Datierung
wurden von der Münzstätte mit der Sigle NHR und SK (Sakastan, heute der Westen von Afghanistan)
gefunden. Eine derart östliche Lage der Münzstätten sollte nicht verwundern, sind die Araber doch bereits in
vorislamischer Zeit im Sassanidenreich ansässig gewesen.[1]
Ob es sich bei den in Sakastan ansässigen Arabern um Prätorianer der Sassaniden handelte oder um
Deportierte aus al-Hira und Anbar in Mesopotamien nach Beseiti-gung der dortigen christlich-arabischen
Herrschaft um 600, soll hier nicht abschlie-ßend beantwortet werden.
Die Datierungen beziehen sich auf den Be-ginn der arabischen Selbstherrschaft. Diese muss aber anfänglich
noch Einschränkun-gen unterlegen haben. Auf syrischen Kup-fermünzen vorkommende Zahlenangaben
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werden von Anhängern der Tradition der Muslime zwar mit Daten von Eroberungen der Araber in Syrien in
Verbindung ge-bracht, die Lesungen sind aber nicht eindeu-tig.
Eindeutig sind die Zahlenangaben in Pahlevi (Mittel-Persisch) auf den arabo-sassanidischen Silberprägungen.
Das Jahr 20 der arabischen Ära (nach seleukidischem Sonnenjahr) fällt auf das Jahr 642. Dies ist das Jahr,
welches dem Todesjahr des byzan-tinischen Kaisers Herakleios (641) folgt.
Wer ist in der Zeit des Frühen Is-lam ein Kalif? Welche Zeitrechnung wird
verwandt?
Bis zum Tode des Herakleios haben „die Ara-ber“ augenscheinlich die byzantinische Oberherrschaft
anerkannt und ihre Herrscher im ehemals byzantinischen Orient in der Rolle von „Kalifen“ (arab. Stellvertreter)
gesehen. Auch das früheste bekannt gewordene arabi-sche Dokument aus Ägypten, ein Papyrus des Jahres
22, spricht von einem „Kalifen“. Es handelt sich aber um den einheimischen Be-amten eines Dorfes, wohl den
Finanzbeam-ten oder Steuereintreiber.[2] Damit erledigt sich auch die Legende der islamischen Tradi-tion,
erst der Herrscher ‘Abd al-Malik habe nach dem Jahr 77 das Arabische als Verwal-tungssprache eingeführt.
Der in dem Dokument genannte „Kalif“ lässt sich von einem Amir ‘Abdallah den Empfang von Schlachtschafen
zur Versorgung der Truppe quittieren. Im Kalifen einen Herr-scher sehen zu wollen, geht 644 wohl fehl, denn
von einem Stellvertreter (Kalif) Theo-doraq, jüngerer Sohn des Abu Qir, und ei-nem Kalifen (Stellvertreter)
Stefan, älterer Sohn des Abu Qir, als Herrscher des Arabi-schen Reichs ist nichts bekannt geworden. Die
Stellvertretung hatte wie ihr „Kalifat“ wohl nur lokale Bedeutung. Auch auf eine religiöse Bedeutung des Titels
lässt der Text der Beurkundung nicht schließen.
Aus dem Text der Quittung für gelieferte Schafe geht auch hervor, dass für den mit Kreuzeszeichen
versehenen griechischen Textteil des Dokuments noch die Zeitrech-nung nach dem byzantinischen Steuerjahr
maßgeblich war. Der arabische Text nennt nur: „sannata ithnayn wa ‘aschrin“ (Jahr 22), benennt aber die Ära
nicht. Diese Be-nennung findet sich erst im Jahr 42 (664) auf einer griechischen Inschrift des ersten „Amir almu’minin“ (bisher übersetzt als: „Beherrscher der Gläubigen“).
In der griechischen Bauinschrift Maavias (Muawias) vom Jahr 42 bei den heißen Bä-dern von Gadara in
Galiläa wird die Ära der arabischen Herrschaft bezeichnet als: „Ära nach den Arabern“ (araba[s]).[3]
Der Titel „Amir al-mu’minin“ hat ebenfalls keinerlei religiöse Bedeutung, er weist nicht auf einen „Beherrscher
der Gläubigen“ hin. Er ist nichts anderes als ein Prädikat der Macht. Der „Amir al-mu’minin“ ist zuständig für
die Sicherheit im Sinne eines Landfrie-dens. Wenn es in islamwissenschaftlichen Darstellungen heißt, der Titel
„Amir al-mu’minin“ sei der „Kalifentitel“ von Anfang an gewesen, so folgt man Projektionen der Zustände des
9. Jahrhunderts in eine mythi-sche Vorzeit.
Das Arabische Reich als Nachfolger der Sassaniden im Osten
Ganz im Gegensatz zur theolo gischen islami-schen Geschichtsschreibung haben wir es in historischer Zeit
nicht mit einer religiösen Herrschaft von „Kalifen“ und „Beherrschern der Gläubigen“ als Nachfolger eines
Prophe -ten der Araber zu tun, dessen Ära seit 622 der Zeitrechnung nach Hijra-Zählung in Form von
Mondjahren zu Grunde liegen soll.
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Die Herrschaft der Araber zur Zeit des Frü-hen Islam beruht nicht auf dem Wirken ei-nes Propheten der
Araber, sondern auf ihrer Mitwirkung bei der Vernichtung der persi-schen Macht. 622 erringt der byzantinische
Kaiser den entscheidenden Sieg über die Sas -saniden in Armenien, mit dem sich das Kriegsglück zu Gunsten
der Byzantiner dau-erhaft wendet. Mit Hilfe der von den Sassa-niden unterdrückten Völker, den christli-chen
Stämmen des Kaukasus und der arabi-schen Christen Irans und Syriens gelingt es Herakleios, die persische
Hauptstadt in Me-sopotamien zu besetzen. Mit Hilfe der arabi-schen Christen kann ein Wiedererstarken der
zoroastrischen Führungsschicht verhin-dert werden. Die christlichen Araber fühlen sich Herakleios persönlich
verpflichtet. Nach seinem Tod besteht diese Verpflichtung nicht mehr. Es beginnt die Ablösung von der Zentrale in Konstantinopel.
Anstelle eines fiktiven islamischen Kalifats ist das Arabische Reich die „Dritte Kraft“ im Wechselspiel der
Mächte während des 7. und 8. Jahrhunderts. Der Begriff „Islam“ taucht erst 694 in der christologischen
Inschrift ‘Abd al-Maliks im Felsendom in Jerusalem auf. Es handelt sich hier um ein Verständnis nach „Islam
I“.[4] Islam I kennzeichnet die Zeit ‘Abd al-Maliks und seiner Söhne. Islam I ist ein innerchristliches Phänomen.
Der Fel-sendom in Jerusalem als „Templum Salomo -nis“ verdankt seine Errichtung Vorstellun-gen der
syrischen Theologie, insbesondere aber eschatologischen Vorstellungen der re-ligiösen Bewegung unter der
Führung ‘Abd al-Maliks. Im Zusammenhang mit dieser re-ligiösen Bewegung taucht auch der Begriff
„Muhammad/muhammadun“ in Münzlegen-den und der Inschrift in Jerusalem vom Jahr 72 der arabischen Ära
(694) auf.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Im Jahr 622 beginnt die Selbstherrschaft der christli-chen Araber im
vormals byzantinischen Ori-ent und im Sassanidenreich. Die arabischen Dynasten in Iran führen die
sassanidische Politik im Osten fort. Zur Lebzeit des Kaisers Herakleios üben die arabischen Herren Gefolgschaftstreue im Bereich des vormals by-zantinischen Orients. Diese endet mit dem Tod des Herakleios im
Jahr 641. Ab dem Jahr 20 der arabischen Selbstherrschaft (642) werden Anzeichen der arabischen Herrschaft
öffentlich sichtbar: Datierungen nach der arabischen Ära auf Münzen und die Verwendung des Arabischen in
Urkunden.
Der erste „‘Amir al-mu’minin“ (Vorsteher der Schutzgewährer, Sicherheitschef) des Arabischen Reichs ist
Maavia (neben dieser Schreibung seines aramäischen Namens fin-det sich in seiner Inschrift von Ta’if vom
Jahr 58 (680) noch die arabisierte Schrei-bung Mu’awiya). Er führt auch im Westen die sassanidische Politik
fort und greift Kon-stantinopel an. Dies wird ihm zum Verhäng-nis. Die Niederlage vor Konstantinopel (674)
führt zum Abfall des Ostens unter ‘Abdallah ibn Al-Zubair im Jahr 53 (675).[5]
Die spätere theologische Geschichtsschrei-bung der Abbasidenzeit lässt auf Maavia zwei Söhne folgen. Dies
ist eine theologische Kon-struktion. Historisch sind weder der „Kalif“ Yazid I. noch sein Bruder Mu’awiyya II.
Bis auf den heutigen Tag hat sich keine Inschrift in ihrem Namen oder ein sie erwähnendes Dokument des
Arabischen Reichs gefunden. Es liegt der abbasidischen Geschichtsschrei-bung des 9. Jahrhunderts eine
moralische Wertung im alttestamentarischen Sinne zugrunde: Die Verderbtheit der Väter zeigt sich in den
Söhnen, das Urteil Gottes zeigt sich in der Lebensuntüchtigkeit der Nach-kommen – so illustriert an Yazid,
dem Wüte-rich, und Mu’awiya II., einem kränkelndem, einem frühen Tod geweihten Nachkommen.
Das Arabische Reich als Beherr-scher des ehemals byzantinischen
Orients, Nordafrikas.und Spaniens
Ab dem Jahr 60 der arabischen Ära (682) dominiert die religiöse Bewegung von der Anerkennung des
Verständnisses von Jesus als dem „Muhammad/muhammadun“ unter dem Herrscher ‘Abd al-Malik das
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Arabische Reich im Osten. Im Westen belässt man es bei einer Art Militärherrschaft unter dem Bruder ‘Abd alMaliks, ‘Abd al-Aziz bin Mar-wan. Er erwähnt die Vorstellung von einem „Muhammad/muhammadun“ in seinen
offi-ziellen Inschriften nicht.[6]
Zur Zeit ‘Abd al-Maliks wurden Tripolitanien und das Gebiet der ehemals römischen Pro -vinz Africa in Besitz
genommen. Dies lässt sich aus der dortigen Münzprägung schlie-ßen, welche das staatsreligiöse Symbol der
Herrschaft ‘Abd al-Maliks in Syrien ebenfalls im Münzbild verwandte. Die Münzlegenden sind allerdings
lateinisch geschrieben und erwähnen ebenfalls den „Muham-mad/muhammadun“ nicht.[7]
Die Herrschaft der arabischen Sayyids, wie man die Söhne ‘Abd al-Maliks bezeichnen sollte, leitete sich von
der Kontrolle eines Heiligtums her. Ihre Legitimität beruhte auf ihrer Funktion als Wächter eines Heiligtums.
‘Abd al-Malik baute Jerusalem zu einem Hei-ligtum seines „Muhammad/muhammadun“-Kults aus. Dort
erwartete er das nahe Welt-ende. Der Umschwung des „Templum Salo-monis“ (Qubbat al-Sakhra) wurde mit
Mosa-iken geschmückt und in den Zustand einer Paradiesgartenidylle versetzt. Goldmünzen mit der
Darstellung des erwarteten Messias als Weltenrichter wurden geprägt.
Sein Sohn al-Walid wandte sich nach Damas-kus und baute für das Johannesgrab ein Heiligtum auf dem
Gelände des früheren Tem-pels (heute Omaijadenmoschee genannt). Sein Bruder Sulayman erbaute die
Haupt-stadt der arabischen Provinz Palästina, al-Ramla. Er nahm „Filastin“ in Besitz, welches auch den
arabischen Christen nach alttesta-mentlichem Vorbild als ein „Gelobtes Land“ galt, da sich die syrischen
Christen auch als ein „Neues Zion“ verstanden.
Sulayman begann mit der Propagierung der Vorstellung von Jesus als dem „Muhammad/muhammadun“ über
den Bereich der alten syrischen Theologie hinaus. Zu seiner Zeit finden sich arabische Erwähnungen des
„Muhammad/muhammadun“ auf bilinguen, lateinisch-arabischen Goldprägungen Nord-afrikas.[8]
Das Ende Sulaymans ist nicht bekannt. Die theologische Geschichte der Abbasidenzeit lässt ihn bis zum Jahr
99 (der Hijra) herr-schen. Für den Übergang über die Schwelle der Jahrhundertwende wird ein frommer
Lückenbüsser eingeschoben, dessen einzige Funktion es zu sein scheint, Gott mit den „Arabern“ soweit zu
versöhnen, dass das Weltenende noch etwas aufgeschoben werden kann. Dieser Umar, der Fromme, wird
nach gelungener Überwindung der Jahrhundert-schwelle zu seinen Vätern gelegt. Ab dem Jahr 101 dürfen die
Söhne ‘Abd al-Maliks ihr – in den Augen der Ideologen des 9. Jahrhunderts – unheiliges Regiment
weiterführen.
Von dem anschließend herrschenden Sohn ‘Abd al-Maliks, Yazid, ist eine detailreiche Darstellung seines
verblendeten Regierens nur aus der theologischen Geschichte be-kannt. Historisch dürften seine opportunistischen Eroberungen im Westen sein.
Der Text einer zeitgenössischen Münzin-schrift nimmt Rücksicht auf den noch immer starken Arianismus unter
der westgotischen Bevölkerung Spaniens. Die Legenden der a-rabischen Goldprägungen zur Zeit Sulay-mans
in Spanien beschwören die Einheit Gottes. Die Erwähnung der Vorstellung von Jesus als dem
„Muhammad/muhammadun“ ist in die Randschrift verbannt. Dies dürfte bei den Anhängern der arianischen
Lehre in Spanien auf Gegenliebe gestoßen sein. Was uns von der theologischen Geschichte der Muslime als
eine gottgewollte Landnahme in Al-Andalus geschildert wird, bestätigt durch den Sieg in der Schlacht über den
König der Westgoten, muss im Licht der historischen Zeugnisse als eine opportunistische Eroberung gedeutet
werden.
Der letzte der Söhne ‘Abd al-Maliks, Hi-scham, starb 747 als Wächter des Heiligtums des Heiligen Sergios in
Sergiopolis/Rusafa. Dieser Heilige wurde auch im Frankenreich verehrt. Gregor von Tour berichtet davon.
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Welche Schlüsse kann die europäi-sche Geschichtsforschung aus den
hier vorgestellten Ergebnissen ei-ner Neueren Forschung zum Frü-hen
Islam ziehen?
1. Es existierte im 7. und 8. Jahrhun-dert kein Gegensatz zwischen den Anhän-gern einer neuen
Religion und den christli-chen Nachfolgern des Römischen Reichs, sondern ein Gegensatz zwischen
Vertretern unterschiedlicher christlicher Richtungen.
2. Der ehemals byzantinische Orient und das Sassanidenreich waren nicht die Wir-kungstätte neuer
religiöser Kräfte unter der Führung eines Propheten der Araber, son-dern ein Raum, in dem die
lokalen Ausprä-gungen des Christentums in Gegnerschaft zu Rom und Byzanz fortwirkten.
3. Der Angriff auf Konstantinopel 674, sowie weitere Angriffe bis 747 waren keine Operationen eines
arabischen Djihad, son-dern Angriffe orientalisch-christlicher Grup-pierungen, welche vom Territorium
des e-hemaligen Sassanidenreiches aus die gegen Rom und Byzanz gerichtete sassanidische Politik
fortführten. Es handelt sich um eine Fortdauer des Konflikts Iran versus Rom.
4. Eine Mission mit dem Ziel der Verbrei-tung des „Muhammad/muhammadun“ Kon-zepts ist erst um 710
auszumachen. Diese Mission trifft auf Reste der Arianer in Nord-afrika und Spanien und bildet dort
eine anti-katholische, anti-fränkische Koalition. Der Übertritt des westgotischen Königshauses in
Spanien zum Katholizismus war 587 aus Gründen der Opportunität erfolgt: Man hatte das Schicksal
der arianischen Ostgoten vor Augen und die katholischen Franken im Na-cken (in der Narbonensis).
Bereits im Jahr 588 erhob sich eine Adelsfronde unter Witte-rich mit dem Ziel der Wiederherstellung
des arianischen Bekenntnisses. Witterich revol-tierte erneut 603 und herrschte bis 609 im
Westgotenreich. Er wurde von einer Gruppe katholischer Adliger ermordet. Der sagenhaf-te Sieg in
der Schlacht, in der der König der Westgoten den „Arabern“ unterlag, war wohl das Ergebnis eines
Bündnisses zwischen ari-anischen westgotischen Adligen, arianischen Berbern und „Arabern“, deren
Bekenntnis zu Jesus als Gesandtem und Prophet den Arianern genehm war.
5. Der Sieg Karl Martells über die „Ara-ber“ kann somit nicht länger als eine Ret-tung Europas vor dem
„Islam“ gelten. Der Angriff der antikatholischen spanischen Koa-litionstruppen war ein
Vergeltungsschlag für die stete fränkische, pro-katholische Einmi-schung in spanische
Angelegenheiten.
© imprimatur April 2006
Volker Popp ist Orientalist (Islamwissenschaft und Turkologie) und ein Kenner der persischen Sprache. Er lebte jahrzehntelang im
Vorderen Orient (Ostanatolien, Teheran, Beirut) und war im Handel mit islamischen Münzen tätig. In der Beschäftigung mit diesen
Münzen eignete er sich beeindruckende numismatische Kenntnisse an.
[1]Folgt man der Tradition der Muslime, so war auch der Prophet Muhammad Untertan der Sas-saniden, beherrschten sie zu seiner Zeit doch den
Hijaz und weite Teile Arabiens. Umso merkwürdi-ger mutet es an, dass er Briefe an den byzantini-schen Kaiser Herakleios geschrieben haben soll.
Dies wäre doch ein glatter Fall von Hochverrat gewesen. Originale der Briefe sollen sich noch im Besitz König Hussains von Jordanien befunden
haben. Hier haben wir es mit einem schönen Bei-spiel von Traditionsfindung zu tun. Der Prophet der Araber – eine nationalreligöse Fiktion des 9.
Jahrhunderts – schreibt Briefe an einen byzanti-nischen Kaiser des 7. Jahrhunderts. S. dazu: Nadia Maria El-Cheikh, Muhammad and Hera-clius: A
Study in Legitimacy, Studia Islamica , 1999, p. 11.
[2]Dieses Dokument befindet sich in der Papyrus-sammlung der Österreichischen Nationalbiblio-thek, Wien. Ein Facsimile lässt sich in jeder öffentlichen Bibliothek einsehen. Propyläen Weltge-schichte, V. Band, Frankfurt 1963, S. 64-65.
[3]Judith Green, Yoram Tsafrir, Greek Inscrip-tions from Hammat Gada: A Poem by the Em-press Eudocia and Two Building Inscriptions. Israel
Exploration Journal, Vol. 32,2-3 (1982, p. 95.
[4]Vgl. hierzu Christoph Luxenberg, Neudeutung der arabischen Inschrift im Felsendom zu Jerusa-lem, in: K.-H. Ohlig, G.-R. Puin, Die dunklen Anfänge. Neue Forschungen zur Entstehung und frühen Geschichte des Islam, Berlin 2005, 141.142.
[5]S. dazu seine Münzprägung ab dem Jahr 53 der arabischen Ära: John Walker, A Catalogue of the Arab-Sassanian Coins, London 1941, p. 33.
Die Islamwissenschaft datiert diese Münzen um Jah-re später, da sie diesem arabischen Herren in Iran eine Datierung seiner Münzen nach einer
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heidnischen, nach dem Sassaniden Yazdegerd benannten Ära unterstellt. Somit gelingt es, den arabischen Herren des Iran nach 675 zum Geg-ner
‘Abd al-Maliks (ab 682) zu machen, wie dies die theologische Geschichtsschreibung der Abba-sidenzeit im 9. Jahrhundert unterstellt. Histo-risch
ist, dass al- Zubair der Gegner Maavias war. Die theologische Geschichte des 9. Jahrhunderts konstruiert einen Gegensatz zwischen al-Zubair und
‘Abd al-Malik, zwischen Mekka und Jerusalem. Diese theologische Konzeption hält einer historischen Überprüfung nicht stand. Für die religiöse
Bewegung unter der Führung ‘Abd al-Maliks war Mekka ohne Bedeutung. Der „Mu-hammad“ in den Inschriften ‘Abd al-Maliks ist Jesus. Jesus ist
„muhammadun“, verhießen und erwählt. Daher rührt ‘Abd al-Maliks Fixierung auf Jerusalem.
[6]Die Bauinschrift an der Brücke von Fustat in Ägypten vom Jahr 69 der arabischen Ära (691) erwähnt die Vorstellung von „Muhammad/muhammadun“ nicht. Dies könnte ein Hin-weis darauf sein, dass die Anhänger ‘Abd al-Maliks ihre Vorstellungen allein im Raum der syrischen
Kirche durchsetzen wollten. Die Machtausübung in Ägypten wurde pragmatisch praktiziert. Mit der koptischen Kirche lag man nicht im Streit wegen
der Vorstellung von Jesus als dem „Muhammad“, dem Verhießenen, Er-wählten. Der Caes aro-Papismus ‘Abd al-Maliks gründete auf eine Tradition
der Syrer. Christen anderer Provenienz wurden beherrscht, aber nicht missioniert.
[7]John Walker, Catalogue II, pp. 64-70.
[8]John Walker, Catalogue II, p. 78, No. 184 für einen zweisprachig lateinisch-arabischen Solidus von Afrika mit der Datierung: Anno XCVII und der
Inschrift im Feld auf dem Revers: „muham-mad(un) rasul ‘llah“. Eine entsprechende Prä-gung für Spanien findet sich auf p. 79, No. C. 17. Sie wird
von Walker auf das Jahr 98 datiert, ob-wohl sich eine solche Datierung nicht aus der Münzlegende ergibt. Das Exemplar in Lissabon hat die
Datierung AN (für ANNO) XCVI (96).
Postanschrift: imprimatur - nachrichten und kritische meinungen aus der katholischen kirche
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