April 2014 Garten+ Landschaft Zeitschrift für Landschaftsarchitektur Wettbewerbe Inhalt 4/2014 Newsletter Jetzt kostenlos Newsletter abonnieren: www.garten-landschaft.de Regelmäßig Neuigkeiten aus der Branche Alle zwei Jahre schreibt der New Yorker Berufsverband der Architekten einen Ideenwettbewerb aus: dieses Jahr zur Hochbahn­ linie in Queens (Seite 30). Jessica Shoemaker, Paul Crespo, Jessica Johnson Wettbewerbe 8 Verlag: Callwey Verlag Streitfeldstraße 35 D-81673 München Fon +49 89 /43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 www.garten-landschaft.de Die Kraft des Einfachen Nathan Romero Wettbewerb zum Besucherzentrum der Burgruine Hammershus auf Bornholm 14 Auf bewährten Wegen in die Zukunft Kasper Lægring Wettbewerb zur Europäischen Spallationsquelle bei Lund Peter Latz erhält Sckell Ehrenring Robert Schäfer Auszeichnung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste 19 Frischer Wind für Vogabyggð Guja Dögg Hauksdóttir Städtebaulicher Wettbewerb in Reykjavik 5 Neue Parks made in Berlin und Bonn Gesa Loschwitz-Himmel Fünf Landesgartenschauen von April bis Oktober 24 Balkon zur Moskwa Alena Fedotova Wettbewerb zum Sarjadje-Park in Moskau 6 Schulbau in Hamburg ohne echtes Freiraumbudget Christiane Kahl Kommentar einer Hamburger Lehrerin 30 Öffentlicher Raum auf zwei Ebenen Julie Engh, Venesa Alicea, James Yankopoulos Wettbewerb „QueensWay Connection“ in New York City 6 Schinkelpreis 2014 geht an Landschaftsarchitekten Susanne Isabel Yacoub Vier Studenten der TU Berlin gewinnen mit Konzept zu Berlin-Spandau 35 Auf Wasser bauen Sue Illman Der Royal Docks Wettbewerb in London Editorial 1 Spring Rosie, spring! Robert Schäfer Journal 4 4 Im Bürgerpark Hafeninsel in Saarbrücken baute Peter Latz gemeinsam mit Schülern, Studenten und Anwohnern Treppen und Wege aus Schutt. Nun erhielt er den Sckell Ehrenring. 5 Die Landschaftsarchitekten ­geskes.hack gestalteten den Seepark in Zülpich mit mediterranen Landschaftsbildern und Bildzitaten aus der Badekultur der römischen Antike. 8 Das Besucherzentrum für die Burgruine Hammershus auf Bornholm, entworfen von Arkitema und Christoffer Harlang, passt sich in die Landschaft ein. Das Dach dient als Aussichtsplattform. 14 Beim Wettbewerb zum Bau der Europäischen Spallationsquelle in Schweden setzte sich die Arbeitsgemeinschaft um Henning Larsen Architects mit SLA Landschafts­ architekten durch. 19 Jvantspijker + felixx aus Rotterdam sehen im Reykjaviker Stadtteil Vogabyggð einen großen, zentralen Platz als Treffpunkt für die Bewohner vor. Nachrichten Bücher Termine Projekte Produkte Wettbewerbe DGGL Nachrichten Vorschau, Impressum 40 44 45 46 48 52 58 64 24 Vom Sarjadje-Park aus wird man künftig einen PanoramaBlick über Moskau haben. Ein Team um die US-amerikanischen Architekten ­Diller Scofidio + Renfro wird den Park gestalten. Herausgeber: Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur e.V. (DGGL) Wartburgstraße 42 10823 Berlin www.dggl.org 124. Jahrgang Bilder: Latz + Partner, LGS Zülpich 2014, Arkitema/Christoffer Harlang, Henning Larsen Architects/SLA, jvantspijker + felixx, Diller Scofidio + Renfro Titel: Chuck Miller, bearbeitet von Boris Storz Für die Zukunft gestalten. 2 Garten + Landschaft 4/2014 Garten + Landschaft 4/2014 3 Die Kraft des Einfachen Das Holzdach des Besucherzent­ rums dient auch als Aussichtsplatt­ form. Während Arkitema zum Berg hin Stein und Beton verwen­ den, sind es zum Tal und zur Burg Glas und Holz. In unmittelbarer Nähe der Burgruine im dänischen Hammershus soll ein Besucherzentrum entstehen. Die Aufgabenstellung bedeutet einen Balanceakt: Das neue Gebäude und eine Brücke sollen der Landschaft der Insel Bornholm ein neues Gesicht geben, ohne zu aufdringlich oder gar störend zu wirken. Ein Wegesystem soll das Gelände erschließen, ohne es optisch zu dominieren. Nathan Romero ­ esucherzentrum und Ruine überquert. Das B Wegesystem, das die Ruine mit dem Besu­ cherzentrum und den drei Parkplätzen ver­ binden wird, sollte Besuchern Gelegenheit geben, die besonderen Reize der Bornholmer Landschaft zu entdecken. Der Unterschied zwischen Architektur und Landschaftsarchitektur, ohnehin oft schwer zu fassen, geht bei diesem Wettbewerb prak­ tisch vollständig verloren. Die sechs Planer­ teams betrachten das Besucherzentrum als Teil einer umfassenden Landschaftsstrategie, innerhalb derer die Gebäude nur eine Station auf einem Entdeckungspfad durch die Natur sind. Mit einer Ausnahme siedelten alle Teil­ nehmer das Besucherzentrum den Konturen des Hügels folgend an dessen Hang an. Gestaltung angelehnt an die Topografie In ihrem Siegerkonzept schlagen Arkitema Architects und Christoffer Harlang eine ­Lösung von einfacher Geschlossenheit vor: ein einstöckiges Gebäude, das unauffällig auf dem Hügel „sitzt“ und dessen Form sich auf ungezwungene Weise der gege­ benen Topografie anpasst. Sein Dach dient als öffentliche Aussichtsplattform. Die aus Holz gefertigte Aussichtsterrasse ist so Das Team von Arkitema (1. Preis) sieht vor, das Besucherzentrum für die Burg­ruine Hammershus auf Bornholm in den Hügel zu bauen. Team Arkitema (3) In einem Land wie Dänemark, das nicht gera­ de für seine dramatischen Landschaften be­ kannt ist, stellt die Ruine der Burg Hammershus eine große Ausnahme dar. Fünfundsieb­ zig Meter hoch über der Ostsee gelegen, ist Hammershus ein malerisch-erhabener Ort von kulturhistorischer Bedeutung, dessen ­Präsenz weit in die Naturlandschaft der Insel Born­ holm ausstrahlt. Jedes Jahr besucht über eine halbe Million Menschen die Burg. Um diesen Ansturm bes­ ser zu bewältigen, schrieben das Dänische ­Generaldirektorat für Natur und die Gemein­ de Bornholm einen beschränkten Architektur­ wettbewerb aus für ein neues Besucherzent­ rum. Von den 53 Arbeitsgemeinschaften aus Architekten und Landschaftsarchitekten, die ihr Interesse bekundeten, wurden sechs ein­ geladen, einen Entwurf einzureichen. Aus die­ ser Gruppe wurde dann der Sieger bestimmt. In der Ausschreibung wurde der Wunsch for­ muliert, dass sich das neue Besucherzentrum nicht nur der Ruine, sondern auch der Land­ schaft unterordnen soll. Das Gebäude umfasst ein Café, Räumlich­ keiten für Gruppen sowie einen Ausstellungs­ raum. Zu den Entwurfsaufgaben gehörte auch eine Brücke, die das Tal zwischen Die Aussichtsplattform ist Station in einem System von Rundwegen, die das Gelände um die Burg für Besucher erschließen. 8 Garten + Landschaft 4/2014 9 Die Forschungsbereiche der Europäischen Spallationsquelle ESS sollen auf einem Campus in Brunnshög untergebracht werden, einige Kilometer von Lund entfernt. ESS, Lönegård Auf bewährten Wegen in die Zukunft Die Europäische Spallationsquelle (ESS) im schwedischen Lund wird die größte Anlage ihrer Art in Europa und die leistungsstärkste weltweit sein. Eine außergewöhnliche Landschaftsarchitektur, ausgewählt im Rahmen eines Wettbewerbs, soll das Forschungszentrum in seine Umgebung einbetten. Aus zwei Teams in der Endrunde wurde die Arbeitsgemeinschaft um Henning Larsen Architects mit SLA Landschaftsarchitekten ausgewählt, die ESS zu bauen. SLA entwarfen eine sich ständig wandelnde und doch verbindende Landschaft zwischen der ESS und der neuen Synchrotronquelle MAX IV, die ebenfalls in Brunnshög gebaut wird. Als künftiger Standort der weltweit größten Neutronenquelle wird die Anlage der ­Europäischen Spallationsquelle ESS interna­ tional zum Zentrum für die Neutronenforschung werden. Innerhalb der kommenden fünf Jahre wird einige Kilometer nordöstlich von Lund, in Brunnshög, ein riesiges Labor für die Experimente von zwei- bis dreitausend Gastwissenschaftlern entstehen. In den Bau der Anlage fließen sowohl die Fortschritte durch verbesserte Teilchenbeschleuniger- und Spallationstechniken bei der Entwicklung einer neuen Generation von Neu­ tronenquellen ein, als auch höhere Kapazitäten in der Datenverarbeitung. Mit diesem Projekt werden also ganz neue Möglichkeiten für die wissenschaftliche Erforschung von Materialien geschaffen. Die Anlage wird ­eine Fläche von 100 000 Quadratmetern einnehmen. Die endgültige Fertigstellung ist für 2025 vorgesehen. Da auch das Labor der neuen Synchrotronquelle MAX IV in Brunnshög seinen Standort haben wird, werden diese beiden For14 Garten + Landschaft 4/2014 schungsinstitutionen zu einem „Wissenschaftsdorf“ verbunden. Eine neue Straßenbahnlinie sorgt für die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Über die Gestaltung der ESS wurde im Rahmen eines internationalen Architekturwett­ bewerbs entschieden, der in der zweiten Jahreshälfte 2012 stattfand. Die Jury bestimmte zwei Konsortien zu den Siegern: • Bjarke Ingels Group (BIG), HOK International Limited, Topotek1, Man Made Land, und • Henning Larsen Architects, COBE, SLA, NNE Pharmaplan Anfang 2013 wurde das von Henning Larsen Architects angeführte Team mit dem ersten Preis ausgezeichnet und beauftragt, einen endgültigen Entwurf für die Gebäude der ESS und die Umgebung zu erarbeiten. SLA ist für die Landschaftsarchitektur zuständig, während NNE Pharmaplan, das Büro Happold und Transsolar die ingenieurtechnischen Planungen übernahmen. Der Vorschlag des Kopenhagener Landschaftsarchitekturbüros SLA für die Außenanlagen vereint bewährte Entwurfs-­ prinzipien mit den Funktionsanforderungen einer zukunftsgerichteten Wissenschaft. Die ästhetisch vielfältigen und reizvollen ­Gebäude des Campus breiten sich von einem Kern ausgehend gleichsam in Wellen nach außen aus. Strukturbildend sind dabei zwei ineinander verschränkte ovale Volumina. Den Kern bildet der 600 Meter lange Protonen­ beschleuniger zusammen mit einer runden Anlage, die über der rechteckigen Halle ­darunter zu schweben scheint. Die Architekten s­ ehen darin eine Metapher für die Wolframscheibe, die bei den zu erforschenden Prozessen eine zentrale Rolle spielt. Hierbei treffen Protonen auf eine Zielscheibe und setzen Neutronen frei, die in mehreren mit Messinstrumenten ausgerüsteten Hallen aufgefangen werden. Nach Osten hin wird der ­L-förmige Tunnel des Protonenbeschleunigers als eine Linie in der Landschaft erkennbar sein, die durch verschiedene Bauten und ­zurückweichende Wände gegliedert ist. Eine sogenannte Wissenschaftsstraße wird die ESS mit dem bestehenden Campus der Henning Larsen Architects, SLA, NNE, Happold (4) Kasper Lægring Garten + Landschaft 4/2014 15 Team Diller Scofidio + Renfro (4) Balkon zur Moskwa Der Sarjadje-Park wird mit seinen zahlreichen Baudenkmälern und der Waldlandschaft schon ­a ufgrund seiner Lage in unmittelbarer Nähe zum Kreml künftig zahlreiche Besucher anziehen. In einem zweistufigen internationalen Wettbewerb setzte sich ein Entwurf durch, der Mensch und Pflanzen gleichberechtigt Raum gibt. Alena Fedotova Mit dem im April 2013 ausgelobten ­o ffenen internationalen Wettbewerb für den Sarjadje-Park in Moskau soll ein Landschafts- und Architekturkonzept für einen zeitgenössischen öffentlichen Park inklusive ausgereifter Infrastruktur entwickelt werden. Der Wettbewerb für das 13 Hektar große Gelände ist für Moskau von herausragender Bedeutung. Gegenwärtig ist Sarjadje, das auf derselben Seite wie der Kreml an der Moskwa liegt, durch eine stark befahrene Verkehrsader vom Fluss abgeschnitten. Die Neugestaltung und Einbeziehung des Flussufers in die Parklandschaft ist ein Hauptanliegen des Wettbewerbs. Das ­G elände des künftigen Parks liegt an der Spitze eines grünen Keils, der von den Sperlingsbergen im Südosten zum GorkiPark, dem Skulpturenpark Museon und zum Bolotnaja-Platz reicht. Der Alexan­ dergarten, der Ilynsky-Boulevard und der Yauza-Park, die alle zum Boulevardring gehören, sind ebenfalls in der Nähe. ­D aher werden im Park 30 000 Besucher 24 Garten + Landschaft 4/2014 an Wochentagen, 60 000 bis 80 000 an Wochenenden und somit 12 Millionen im Jahr erwartet. Sarjadje liegt in unmittelbarer Nähe zum Kreml und Roten Platz sowie weiteren historischen Gebäuden, die als UNESCOWeltkulturerbe besonderen Schutz genießen. Als einer der ältesten Stadtteile Moskaus reicht Sarjadje bis ins 11. Jahrhundert zurück. Im frühen 20. Jahrhundert war dieses geschäftige Viertel eine der am dichtesten bebauten Zonen der Stadt. Im Zuge der unter Stalin begonnenen sozialistischen Umgestaltung Moskaus wurde das gesamte Gebiet in den 1960er Jahren abgerissen. In Sarjadje sollte der höchste Wolkenkratzer der Stadt errichtet werden, stattdessen wurde hier 1967 mit dem Rossija der größte Hotelkomplex Europas eröffnet. Zum ­J ahresende 2005 wurde das Hotel geschlossen und bald darauf abgerissen. Der geplante Park, der der Bedeutung dieses Ortes für die Stadt Moskau und für das Land insgesamt Ausdruck verleihen Im künftigen Sarjadje-Park zwischen Kreml und Moskwa stehen wich­tige Kirchen und Museen, die in das Parkkonzept integriert werden mussten. Das Team von Diller ­Scofidio + Renfro (1. Preis) spielen ­ mit dem Kontrast von Natur und Stadt. Ihr Entwurf basiert auf Wild Urbanism, sie lassen sowohl den Menschen als auch der Natur Raum im Park. Der Park besteht aus vier typisch russischen Landschaften: Tundra, Steppe, Wald und Feuchtgebiete ­(Abbildung). In seinem Zentrum sieht das Team von Diller S­ cofidio + Renfro eine große Wiese vor (rechts). Garten + Landschaft 4/2014 25