Kristalloptische Untersuchungen an Relaxor-Ferroelektrika Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Diplom-Physiker vorgelegt von Eric Beckers Gerhard Mercator Universität Duisburg Fachbereich 10 Angewandte Physik April 2001 Inhaltsverzeichnis 1 EINLEITUNG ................................................................................................ 3 2 THEORETISCHE GRUNDLAGEN ............................................................. 4 2.1 FERROELEKTRIKA .......................................................................................... 4 2.2 FERROELEKTRISCHE RELAXOREN................................................................... 5 2.3 KRITISCHE EXPONENTEN ............................................................................... 7 2.4 STRONTIUM-BARIUM-NIOBAT........................................................................ 7 2.5 LINEARE DOPPELBRECHUNG .......................................................................... 9 2.6 DAS ZUFALLSFELD ISING MODELL ............................................................... 11 3 MEßMETHODEN UND EXPERIMENTELLE GRUNDLAGEN ............ 13 3.1 BABINET-SOLEIL-KOMPENSATION ............................................................... 13 3.2 SÉNARMONT-KOMPENSATION ...................................................................... 18 3.3 VERGLEICH DER BEIDEN MEßMETHODEN ...................................................... 23 3.4 PROBENPRÄPARATION ................................................................................. 26 3.5 PROGRAMMIERUNG DER STEUERUNG UND ÜBERSICHT DER KLASSEN DES MEßPROGRAMMS ................................................................................................ 27 4 TEMPERATURABHÄNGIGKEIT DER LINEAREN DOPPELBRECHUNG......................................................................................... 31 4.1 DEBYEKORREKTUR DER THERMISCHEN AUSDEHNUNG UND ORNSTEIN-ZERNIKE NÄHERUNG ......................................................................................................... 31 5 HYSTERESEMESSUNGEN........................................................................ 42 5.1 DEHNUNGS- UND POLARISATIONSANTEIL DER DOPPELBRECHUNG ................ 42 6 FELDINDUZIERTE ZEITABHÄNGIGKEITEN DER LINEAREN DOPPELBRECHUNG......................................................................................... 49 6.1 KURVENBESCHREIBUNG UND DARSTELLUNG DER MESSUNGEN ..................... 49 6.2 RELAXATION NACH FELDEINSCHALTEN ........................................................ 54 6.3 RELAXATION NACH FELDABSCHALTEN......................................................... 57 7 2 ZUSAMMENFASSUNG .............................................................................. 62 1 Einleitung Das zur Familie der ferroelektrischen tetragonalen Wolfram-Bronzen gehörende Material Sr0,61Ba0,39Nb2O6 (SBN) ist aufgrund seiner Eigenschaften im Bereich der Pyroelektrizität1, der Elektrooptik2, der Akustooptik3, der Photorefraktivität4 und der nichtlinearen Optik5 ein vielversprechendes Material für viele Bereiche der Anwendung. Das SBN ist ein uniaxiales System mit ausgeprägten Relaxoreigenschaften, welche sich mit dem Zufallsfeld-Ising-Modell6,7 (RFIM) beschreiben lassen.8 SBN ist die erste experimentelle Realisation dieses Modellsystems. In dieser Arbeit wird die Auswirkung der Dotierung von SBN mit Chrom bzw. Kobalt in Hinblick auf das Relaxorverhalten mit Hilfe der linearen Doppelbrechung untersucht. Das Material SBN weist eine große bei lineare Doppelbrechung auf, deshalb bieten sich hier Kompensationsmethoden nach Babinet-Soleil bzw. Sénarmont an. Dabei wird gezeigt, daß sowohl Kobalt als auch Chrom, entgegen der schon früher untersuchten mit Cer dotierten Proben,9 keinen Einfluß auf das Zufallsfeldverhalten von SBN haben. Feldinduzierte Relaxationen und Hysteresemessungen an einer mit Cer dotierten Probe zeigen eine breite Domänengrößenverteilung sowie einen großen Dehnungsanteil in der gemessenen linearen Doppelbrechung. Die Hysteresekurven weisen starke Verrundungen auf, was ein starkes Pinning der Domänen vermuten läßt. 3 2 Theoretische Grundlagen 2.1 Ferroelektrika Betrachtet man die 32 Punktsymmetrieklassen der Kristallgitter, so gibt es unter ihnen 11, die ein Inversionszentrum besitzen. Diese haben keine polaren Eigenschaften. Bei den restlichen 21 Punktsymmetrieklassen treten eine oder mehrere polare Achsen auf. Bei Kristallen aus diesen Klassen bewirkt eine mechanische Deformation eine Änderung der Polarisation. Andererseits bewirkt ein angelegtes E-Feld eine Dehnung bzw. Stauchung des Kristalls. Ein ferroelektrischer Kristall ist ein Spezialfall dieser Kristalle und besitzt mindestens zwei Orientierungszustände. Er bildet Gebiete aus, in denen die Polarisation jeweils dieselbe Richtung hat. Diese Gebiete nennt man Domänen. Durch ein äußeres elektrisches Feld E läßt sich die Polarisation P der Domänen umkehren. Die Polarisation ist also über die Suszeptibilität χ und die Dielektrizitätskonstante ε0 mit dem elektrischen Feld verknüpft. Es gilt somit: P = χε 0 E (2.1.1) Die Polarisation steigt mit wachsender Feldstärke an und läuft dann in eine Sättigung PS. Nach Abschalten des Feldes verschwindet die Polarisation nicht völlig, sondern es bleibt die remanente Polarisation übrig. Diese kann erst durch ein Gegenfeld, das Koerzitivfeld, beseitigt werden. Wie im magnetischen Fall spricht man auch hier von Hysterese. 4 Abbildung 2.1.1: Ferroelektrische Hystereseschleife. Auf der x-Achse ist das angelegte elektrische Feld aufgetragen, Ek ist die Koerzitivfeldstärke. Die yAchse zeigt die Polarisation pro Volumen. Der Achsenabschnitt entspricht der remanenten Polarisation. Oberhalb einer bestimmten Temperatur, der Curietemperatur, verschwindet diese Eigenschaft. In Analogie zum Magnetismus spricht man hier vom paraelektrischen Zustand, wobei hier der Unterschied besteht, daß im Magnetismus die Richtungen der einzelnen Spins statistisch über den gesamten Körper verteilt sind und im Mittel Null ergeben. Bei einem ferroelektrischen Körper hingegen verschwindet die Polarisation völlig. 2.2 Ferroelektrische Relaxoren Unter einem ferroelektrischen Relaxor versteht man ein ferroelektrisches Material, welches die Eigenschaft hat, daß der Realteil der Dielektrizitätskonstante im Gegensatz zu herkömmlichen ferroelektrischen Kristallen bei der Übergangstemperatur gerundet ist, also keine für einen Phasenübergang typische Singularität besitzt. Desweiteren stellt man wie in Abbildung 2.2.1 zu sehen eine starke Frequenzabhängigkeit des Peaks fest. Mit steigender Frequenz verschiebt sich der Peak zu höheren Temperaturen. Der Phasenübergang wird durch diese Eigenschaft verschmiert und der Kristall behält partiell ferroelektrische Eigenschaften bis in die paraelektrische Phase hinein. Ein typischer Vertreter der Relaxoren ist PbMg1/3Nb2/3O3 (PMN)10. 5 5 100 Hz 1 kHz 5 kHz 10 kHz 25 kHz 50 kHz 100 kHz 250 kHz 500 kHz 1 MHz 2.5 MHz 5 MHz 10 MHz 4 4 χ' [10 ] 3 2 1 0 300 350 400 450 Temperatur [K] Abbildung 2.2.1: Dielektrische Suszeptibilität von Sr0.61-xBa0.39Nb2O6:Ce (x=0,0066)11. Die Frequenzabhängigkeit der Peaks sowie deren Rundungen sind im Bild gut zu erkennen. Gemessen wurden Frequenzen im Bereich von 100 Hz bis 10 MHz. 12 100 Hz 1 kHz 5 kHz 10 kHz 25 kHz 50 kHz 100 kHz 250 kHz 500 kHz 1 MHz 2.5 MHz 5 MHz 10 MHz 3 χ'' [10 ] 9 6 3 0 300 350 400 450 Temperatur [K] Abbildung 2.2.2: Dielektrische Verluste der mit Cer dotierten SBN-Probe mit x=0,0066. 6 2.3 Kritische Exponenten Das Verhalten eines Phasenüberganges zweiter Art, wie er z.B. in Ferroelektrika zu finden ist, läßt sich im kritischen Bereich oft durch Potenzgesetze seiner thermodynamischen Funktion F beschreiben F (t ) ∝ t ϕ (2.3.1) Hierbei ist t die reduzierte Temperatur t = T − Tc und ϕ der kritische Exponent. Tc Man sagt, ϕ verhält sich in der Umgebung des Phasenübeganges wie tϕ. Einige wichtige kritische Exponenten sind in Tabelle 1 aufgeführt. Die kritischen Exponenten weisen ein univerelles Verhalten auf und hängen nur von der Dimension des Systems, der Reichweite der Teilchenwechselwirkungen und Spindimensionalität ab. Mit dem letzten Punkt sind die relevanten Komponenten des Spins gemeint, oder im ferroelektrischen Fall die Möglichkeiten der Polarisationsrichtungen. Physikalische Eigenschaft Kritischer Exponent Wärmekapazität Cv α Ordnungsparameter β z.B. spontane Polarisation Ps γ Kompressibilität bzw. Suszeptibilität χ ν Korrelationslänge Tabelle 1: Einige thermodynamischen Funktionen und ihre kritischen Exponenten. 2.4 Strontium-Barium-Niobat Das Material Strontium-Barium-Niobat in der Zusammensetzung Sr0.61Ba0.39Nb2O6 (SBN) ist eine kongruent schmelzende Verbindung12. Dies hat den Vorteil einer hohen Homogenität der Proben. Das SBN hat eine offene tetragonale Wolfram-Bronze Struktur, auf deren Ecken Strontiumatome sitzen. 7 Abbildung 2.4.1: Schematische Darstellung der Einheitszelle von StrontiumBarium-Niobat (SBN) Abbildung (KZ) 12(Sr2+) 15(Sr2+ /Ba2+ ) 2.4.2: Koordinationszahlen (KZ) 9(leer) und Darstellung der Besetzungsplätze der Typen A, B und C. Auf den Gitterplätzen vom Typ A mit der Koordinationszahl 12 sitzen die Sr2+ Ionen, auf Typ B mit Koordinationszahl 15 Plätzen wahlweise Sr2+ oder Ba2+. Typ C Plätze mit der Koordinationszahl 9 bleiben leer. 8 Die freien Gitterplätze vom Typ A werden ausschließlich von Strontiumatomen besetzt, Typ B Gitterplätze wahlweise von Strontium oder Barium. Die Typ C Plätze bleiben leer. Die Niobionen befinden sich in der Mitte der Sauerstoffoktaeder und sind die wesentlichen Träger der Polarisation in diesem System. In der paraelektrischen Phase, in welcher der Kristall eine tetragonale Struktur besitzt (4/mmm), sitzen sie genau in der Mitte der Oktaeder, in der ebenfalls tetragonalen ferroelektrischen Phase (4mm) werden ca. 20% von ihnen entlang der polaren c-Achse ausgelenkt. Die Größe der Auslenkung steigt mit der Abnahme der Temperatur. Die Auslenkung erfolgt nur in c-Richtung, das System ist also uniaxial. Dies hat den Vorteil, daß es sich relativ einfach beschreiben läßt, z.B. im Vergleich zu kubischen Systemen wie PMN, bei dem die Polarisation in acht Richtungen stehen kann. Im Folgenden können wir also zum Verständnis des Relaxors SBN mit Ising-Modellen arbeiten. Wegen der Ladungsunordnung trifft das dreidimensionale Zufallsfeld-IsingModell zu. Die Zufallsfelder können aufgrund unterschiedlicher Ladungen unterschiedlicher Dotierungen erreicht werden. Verwendet wurden Ce3+, Cr3+ und Co2+ Dotierungen. Durch die nicht stöchiometrischen Ladungen entstehen Dipole, welche ein lokales Feld aufbauen, dies ist das Zufallsfeld in unserem Modell. Diese sind statistisch über den gesamten Kristall verteilt und polarisieren die Umgebung. Im paraelektrischen bewirken die räumlichen Fluktuationen der lokalen Felder die Ausbildung von polaren Clustern, welche beim Abkühlen die Bildung von kritisch verlangsamten Nanodomänen unterstützen. Bei den Dotierungen mit Chrom werden die Nb-Ionen substituiert. Daher besteht nun der Unterschied zur Cer-Dotierung, daß der Abstand zum nächsten Polarisationsträger für Chrom viel größer ist und deshalb der Einfluß darauf viel kleiner. Dies wird man bei den Messungen zur temperaturabhängigen Doppelbrechung noch sehen. 2.5 Lineare Doppelbrechung Das Phänomen Doppelbrechung tritt auf, wenn für das Licht, welches durch einen nichtkubischen Kristall fällt, die Ausbreitungsgeschwindigkeit von seiner Polarisation abhängt. Kristalle mit dieser Eigenschaft heißen optisch anisotrop, das klassische Beispiel ist der Kalkspat. Zur Erklärung des Effekts stelle man sich den eintretenden Lichtstrahl in zwei Strahlen aufgeteilt vor, den ordentlichen (o-Strahl) und den außerordentlichen Strahl 9 (ao-Strahl). Die Polarisationen dieser beiden Strahlen stehen senkrecht aufeinander. Die Ausbreitungsrichtung beider Strahlen hängen von der Orientierung des Kristalls zum einfallenden Licht ab. Breiten sich beide Strahlen mit der gleichen Geschwindigkeit aus, dann wird diese Richtung optische Achse genannt. In dieser Eintrittsrichtung verhält sich das Material wie ein isotroper Körper. In jeder anderen Richtung trennen sich der ordentliche und der außerordentliche Strahl und verfolgen unterschiedliche Ausbreitungsrichtungen durch den Kristall. Demzufolge sind auch die Austrittspunkte beider Strahlen verschieden. Abbildung 2.5.1: Strahlengang durch einen doppelbrechenden Kristall. Der ordentliche Strahl ist senkrecht zur Zeichenebene polarisiert, der außerordentliche Parallel dazu. Die gestrichelten Linien zeigen die Lage der optischen Achse. r r Die elektrische Verschiebungsdichte D ist eine Funktion des elektrischen Feldes E r und der Polarisation P . r r D = εε 0 E (2.5.1) Hierbei ist ε der Dielektrizitätstensor. Dieser hat in diagonalisierter Form die Gestalt: ε1 0 ε = 0 ε2 0 0 0 0 ε 3 (2.5.2) Vernachlässigt man die Absorption des Kristalls und setzt den Permeabilitätstensor µ≈1, was für Frequenzen im optischen Bereich zutrifft, so ergibt sich für die Hauptbrechungsindizes ni: 10 ni = ε i (2.5.3) Hierbei ist i=1,2,3 und entspricht den drei Raumrichtungen. Die drei Brechungsindizes spannen einen Ellipsoid auf, welcher durch die Gleichung (1.5.4) beschrieben wird. x12 x22 x32 + + =1 n12 n22 n32 (2.5.4) Dieser Ellipsoid wird auch Indikatrix genannt und beschreibt die Lichtausbreitung im Kristall. 2.6 Das Zufallsfeld Ising Modell Das Zufallsfeld Ising Modell (engl. random-field Ising Model, RFIM) wurde das erste Mal von Imry und Ma vorgestellt.6 Hierbei sieht die Hamiltonfunktion folgendermaßen aus: H = − J ∑ si s j − ∑ hi si ij (2.6.1) i Der erste Anteil drückt die Austauschwechselwirkung der Spinvariablen si und sj aus. Im ferroelektrischen Fall entspricht dies der Wechselwirkung von Dipolen. Der Wert J ist eine Austauschkonstante. Der zweite Anteil entspricht der ZeemanEnergie der Spinvariablen si mit stochastisch verteilten Feldern. Für diese Zufallsfelder gilt: hi = 0 (2.6.2) d.h. die Felder sind im Mittel gleich Null. Es liegen also genausoviele Spins in up Richtung wie in down Richtung vor. Weiterhin gilt, daß das mittlere Zufallsfeld nicht gleich Null ist hi2 1/ 2 ≠ 0. (2.6.3) Zur Beschreibung der Verteilung der Zufallsfelder werden in der Regel Gaußoder bimodale Verteilungen angesetzt. Stellt man nun den Energiegewinn durch Bildung von Domänen dem Energieverlust durch die Wandenergie gegenüber, so sieht man, daß die kritische 11 Dimension für das Random Field Ising Modell d=2 ist13. Für d>2 ist das System also stabil und eine vorliegende Fernordnung wird durch die Zufallsfelder nicht gestört. 12 3 Meßmethoden und experimentelle Grundlagen Zur Messung der linearen Doppelbrechung werden gerne Kompensationsmethoden verwendet. Dabei wird der durch eine doppelbrechende Probe, in unserem Fall das SBN, auftretende Brechungsindexunterschied durch ein anderes Bauteil ausgeglichen, so daß im gesamten Aufbau keine Differenz mehr auftritt. Hier sollen zwei dieser Aufbauten beschrieben werden, welche auch bei den Messungen zum Einsatz kamen. Die erste ist die Babinet-Soleil-Kompensation, bei der zum Ausgleich der auftretenden Doppelbrechung ein System aus Quarzkeilen benutzt wird, welche im nächsten Kapitel genauer erklärt werden sollen. Bei der zweiten Methode, der Sénarmont-Kompensation wird der Quarzkeil durch einen rotierenden Analysator und ein λ/4-Plättchen ersetzt. 3.1 Babinet-Soleil-Kompensation Bei der Babinet-Soleil-Kompensation besteht der Aufbau wie in Abbildung 3.1.1 gezeigt aus einer von einem Trafo der Firma Leitz betriebenen Natriumdampflampe von OSRAM, deren Licht der Wellenlänge λ=589,3nm durch einen Polarisator fällt14. Die Natriumdampflampe hat gegenüber einem Laser den Vorteil, daß ihr Licht nicht kohärent ist. Weiterhin ist ihr Licht hinreichend monochromatisch. Das nun linear polarisierte Licht fällt auf den Babinet-Soleil Kompensator, welcher sich in einem Winkel von 45° zum Polarisator befindet. Dieser besteht aus einer Quarzplatte und zwei Quarzkeilen, welche über einen Schrittmotor gegeneinander verschoben werden können. Die n2-Achsen der beiden Keile sind parallel zueinander, aber senkrecht zur Richtung der n2-Achse der Quarzplatte. 13 Abbildung 3.1.1: Aufbauskizze der Babinet-Soleil-Kompensation.14 Neben einer Skizze des Aufbaus ist ganz rechts die Polarisation des Lichts beim Durchqueren des Meßaufbaus zu sehen. 14 Sowohl die planparallele Platte als auch die beiden Keile verursachen eine Phasendifferenz ∆ϕ1 (Platte) bzw. ∆ϕ2 (Keile), welche vom durchlaufenen Lichtweg abhängt. Im Falle der Platte entspricht dies genau ihrer Dicke dk1, im Falle der Keile ist die durchlaufene Dicke dk2 von der Verschiebung der Keile gegeneinander und somit von der durch den Schrittmotor gefahrenen Schritte S abhängig. ∆ϕ1 = 2π d k 1 (n2 − n1 ) λ (3.1.1) 2π d k 2 (S )(n2 − n1 ) λ (3.1.2) und ∆ϕ 2 = Die Dicke dk2 erhält man über die Beziehung: d k 2 ( S ) = d k1 + λ S n2 − n1 S 0 (3.1.3) Abbildung 3.1.2: Der Doppelkeil nach Babinet-Soleil besteht aus einer doppelbrechenden Platte, auf der zwei doppelbrechende Keile gegeneinander verschoben werden können. Der obere Keil in der Abbildung wird hierbei in Richtung S bewegt. Die Achse n2 liegt für die Platte in der Zeichenebene, die n2 Achse der beiden Keile steht senkrecht dazu. Dadurch ist gewährleistet, daß bei genau übereinanderliegenden Keilen die Doppelbrechung des Aufbaus verschwindet.14 Der Wert S0 ist hierbei die Schrittzahl, welche für eine Phasendifferenz von 2π notwendig ist. Sie ist wellenlängenabhängig und beträgt für die verwendete Natriumdampflampe S0=30996. Für die Phasendifferenz ∆ϕk=∆ϕ1+∆ϕ2 des Kompensators ergibt sich also: 15 ∆ϕ k = 2π S (d k1 − d k 2 (S ))(n2 − n1 ) = −2π S0 λ (3.1.4) Das Licht durchquert nun die doppelbrechende Probe der Dicke dp, welche ebenfalls eine Phasendifferenz ∆ϕp verursacht. ∆ϕ p = 2π d p ∆nac λ (3.1.5) Hierbei ist ∆nac=na-nc die Doppelbrechung. Der Kompensator wird im Folgenden immer so abgeglichen, daß die Phasendifferenz der Probe genau ausgeglichen wird. Für die Phasendifferenzen der Probe ∆ϕP und des Kompensators ∆ϕk gilt also folgende Bedingung: ∆ϕ k + ∆ϕ p = 0 (3.1.6) Durch den nun folgenden Analysator, der genau im rechten Winkel zum Polarisator steht, sollte also im Idealfall kein Licht mehr kommen. Der bis hierher nicht erwähnte elasto-optische Modulator hat die Aufgabe, die Polarisation des Lichtes mit einer Frequenz ωMod von ca. 50kHz zu modulieren. Er besteht aus einen Quarzquader. Abbildung 3.1.3: Skizze des elastooptischen Modulators. Die Dicke ist mit dm bezeichnet, die Länge mit l. Dies wird dadurch erreicht, daß der Kristall mit dieser Frequenz gedehnt bzw. gestaucht wird. Diese Dickenänderung hat eine Änderung der Doppelbrechung zur Folge, weil die Doppelbrechung ∆nMod proportional zur elastischen Spannung σ ist. Die elastische Spannung wiederum ist proportional zur Ableitung der Auslenkung p nach dem Ort. ∆nMod ∝ σ ∝ 16 ∂p 2π 2π = p0 cos sin (ω Mod t ) ∂x λ λ (3.1.7) Das benutzte Modulationssignal dient als Referenzfrequenz für den Lock-In Verstärker von EG&G. Setzt man nun die Phasendifferenz des Kompensators und die der Probe über die Kompensationsbedingung in Relation, so ergibt sich eine Formel für die gemessene Doppelbrechung ∆nac. ∆nac = S λ S0 d p (3.1.8) Für eine genauere Beschreibung des Meßverfahrens, welches die Intensität des verwendeten Lichtes untersucht, wird hier auf Kapitel 3.2 verwiesen. Dieses Kapitel beschreibt die andere verwendete Meßmethode nach Sénarmont und die verwendeten Geräte. 17 3.2 Sénarmont-Kompensation Photomultiplier Hochspannungsquelle für den Photomultiplier Schrittmotor Analysator Lambda/4 50 KHz Oszillatorquelle Computer Heiztisch Lock-In Modulator Polarisator Signalanpassung Lampe Hochspannungsquelle für feldabhängige Messungen Schrittmotorsteuerung Voltmeter Abbildung 3.2.1: Skizze des Versuchsaufbaus nach Sénarmont. Der Weg des Natriumlichtes durch die verschiedenen Bauteile Polarisator, Modulator, Heiztisch, Lambda/4-Platte und Analysator ist links zu sehen. Der Computer ist der zentrale Bestandteil des Aufbaus. Einerseits kontrolliert er die Steuerung des Schrittmotors und regelt die Temperatur des Heiztisches der Firma Linkam über die mitgelieferten Geräte LNP und TP93. Andererseits liest er das aktuelle Signal am Lock-In Verstärker aus. In der Abbildung 3.2.1 ist das Blockschaltbild unserer Apparatur in abgewandelter Form nach Sénarmont dargestellt. Bei der Sénarmont-Kompensation wird der Doppelkeil durch zwei andere Elemente ersetzt, ein λ/4-Plättchen (Q) und einem rotierenden Analysator (A). Auch hier wird das Licht der Natriumdampflampe als erstes durch den Polarisator (P) geschickt und durchläuft danach den Modulator (M). Nun wird der durch die Probe (S) auftretende Phasenunterschied nicht durch einen Doppelkeilaufbau korrigiert, 18 sondern das Licht wird weiter durch ein λ/4-Plättchen und durch den rotierenden Analysator geleitet15. Abbildung 3.2.2: Polarisationsrichtungen der einzelnen Elemente im Sénarmontaufbau. Bei der Sénarmont-Kompensation wird genau wie bei der Babinet-SoleilKompensation das den Aufbau durchquerende Licht immer auf Null geregelt. Die Bedingung hierfür kann man sich mit Hilfe des Jones-Matrizenformalismus16 herleiten. Dabei wird die Wirkung jeder Komponente des Aufbaus auf durchlaufendes Licht mit den Feldkomponenten Ex und Ey durch eine Matrix beschrieben. r r Ee = A × Q × S × M × P × Ea (3.2.1) Hierbei sind: 0 0 cos( ρ / 2) i sin( ρ / 2) cos ² β M = A = P = 0 1 i sin( ρ / 2) cos( ρ / 2) cos β sin β Ex i 0 cos(ϕ / 2) i sin(ϕ / 2) S = E a = Q = E 0 1 i sin( ϕ / 2 ) cos( ϕ / 2 ) y cos β sin β sin ² β (3.2.2) Der Polarisator P ist so vorgegeben, daß ihn nur der y-Anteil des eingestrahlten Lichts passieren kann. Wendet man nun noch die Matrix M des Modulators an, so ergibt sich an dieser Stelle eine Formel: r iE sin Ee = A × Q × S × y E y cos ( ) ( ) ρ 2 ρ 2 (3.2.3) Als nächstes durchläuft das Licht die Probe S. Die Multiplikation mit dieser Matrix ergibt: iE sin = A × Q × y E y sin ( )cos( ) + iE cos( )sin ( ) ( )sin ( ) + E cos( )cos( ) ρ 2 ρ 2 ϕ 2 ϕ 2 ρ 2 y y ρ 2 ϕ 2 ϕ 2 (3.2.4) 19 An dieser Stelle kann die Formel mit Hilfe von Sinus bzw. Cosinussatz vereinfacht werden. Wendet man dann noch die Matrix für das λ/4-Plättchen an so folgt: ( ) ( ) − E y sin ρ +2 ϕ = A× E cos ρ +ϕ 2 y (3.2.5) Insgesamt ergibt sich für das E-Feld des Licht nach Durchlaufen aller Komponenten: r ρ + ϕ cos β Ee = E y sin β − 2 sin β (3.2.6) Gemessen wird jetzt aber nicht das E-Feld, sondern die Intensität des Lichts. Deshalb muß die Formel noch quadriert werden. r I ∝ Ee ( ) 2 ρ +ϕ = E y2 sin 2 β − 2 (3.2.7) Ersetzt man den sin²-Term durch einen Cosinusausdruck und setzt für den Modulator ρ=ρ0sin(ωt)14 ein, so erhält man den folgenden Ausdruck: I ∝ 12 E y2 [1 − cos(2 β − ( ρ 0 sin(ωt ) + ϕ ))] (3.2.8) Löst man den Cosinusausdruck noch auf ergibt sich eine Formel, in dem verschachtelte Funktionen auftreten. I ∝ 12 E y2 [1 − cos(2 β − ϕ )cos( ρ 0 sin(ωt )) + sin (2 β − ϕ )sin ( ρ 0 sin(ωt ))] (3.2.9) Die verschachtelten Funktionen können aufgelöst werden, wenn man die Funktion in eine Fourierreihe entwickelt. Dadurch ergibt sich ein Ausdruck für die Intensität des verwendeten Lichts und einer für die Intensität des Lichts mit der doppelten Frequenz. Hierbei sind die Vorfaktoren Besselfunktionen. I ω ∝ 12 J 1 ( ρ 0 ) sin (ϕ − 2 β ) (3.2.10) I 2ω ∝ 12 J 2 ( ρ 0 ) cos(ϕ − 2 β ) (3.2.11) Man sieht hier, daß die Intensität in der ersten Formel auf Null geht, wenn der Sinus Null wird, bei der zweiten ist es der Cosinus. Da in beiden Fällen die Argumente gleich sind, ist die Intensität des einen Anteils immer maximal, wenn der andere minimal ist und umgekehrt. Bei unserer Meßmethode gleichen wir das Signal 20 immer auf Null ab. Als Kompensationsbedingung ergibt sich also für Iω=0 für Gleichung (3.2.10): ϕ =β 2 (3.2.12) Man hat nun noch die Möglichkeit, das Meßsignal über die Amplitude des Modulatorsignals zu maximieren, welche das Argument der Besselfunktion ist. Wie in der Abbildung zu erkennen, liegt das Maximum der ersten Besselfunktion bei 105°. Abbildung 3.2.3: Die ersten beiden Besselfunktionen. Die Einstellung des Maximums der ersten Besselfunktion liefert für das Meßsignal den größtmöglichen Wert. Die Phasendifferenz der Probe und die Phasendifferenz des Kompensators bzw. die Abgleichbedingung für den Schrittmotor sind beide schon aus dem Abschnitt über die Babinet-Soleil-Kompensation bekannt und stehen in den Gleichungen (3.1.4) und (3.1.5): β = ∆ϕ k = S 2π S0 (3.2.13) und ∆ϕ p = 2πd ∆n λ (3.2.14) Hieraus ergibt sich unter Verwendung der oben hergeleiteten Abgleichbedingung: ∆n = 2 S λ S0 d (3.2.15) 21 Das S0 ist an dieser Stelle ein anderes als das, welches bei Babinet-Soleil vorliegt. Es muß erst neu bestimmt werden. Es entspricht genau dem Unterschied in der Phase von 2π, in unserem Fall ergab sich S0=12048. Bei der Umsetzung des neuen Programmes wurde der Aufbau in der Weise geändert, daß auf das Gerät verzichtet werden konnte, welches vorher den Abgleich des Schrittmotors und das Einlesen der Signale übernommen hatte. Der sogenannte Rödler wird nun durch eine Interfacekarte ersetzt, welche im PC eingebaut ist. Diese übernimmt das Einlesen der Lock-In Signale, die Steuerung des Schrittmotors und die Steuerung der Spannung für die feldabhängigen Doppelbrechungsänderungen der Messungen. Für die Ansteuerung des Schrittmotors war eine kleine Schaltung nötig. Eine Skizze des Bestückungsplans ist in Abbildung 3.2.4 zu sehen. 25 1 Ca3130 Modul Netzteil 7406 7406 LM7805 25 1 Abbildung 3.2.4: Bestückungsplan der Signalanpassung. 22 3.3 Vergleich der beiden Meßmethoden Die Sénarmont-Kompensation hat gegenüber der Babinet-Soleil-Kompensation aufgrund des rotierenden Analysators den Vorteil, daß man die Möglichkeit hat, Kurven ohne Unterbrechung durchzumessen. Der Doppelkeil des Babinet-SoleilKompensators besitzt nur einen begrenzten Laufweg, nach dem er wieder zurückgestellt werden muß und damit eine neue Messung beginnt. Die einzelnen Messungen müssen dann zusammengesetzt werden. Dies spielt vor allem bei Proben mit großer Doppelbrechungsänderung eine Rolle, wie im Falle von SBN. Um einen Vergleich der Genauigkeit der Meßmethoden zu haben, wurde mit beiden eine kristalline Quarzprobe über einen Temperaturbereich von 330K bis 360K gemessen. Dieser Bereich hat zwei Vorteile. Erstens liegt der Temperaturbereich hoch genug, daß eine Regelung der Temperatur für den Heiztisch ohne Stickstoff möglich ist. In der Nähe der Zimmertemperatur würde die Regelung je nach Bedarf die Stickstoffkühlung abschalten bzw. zuschalten. Dies hätte stärkere Schwankungen zur Folge. Zweitens ist die Doppelbrechungsänderung mit der Temperatur in diesem Gebiet nahezu linear und die relativen Änderungen sehr klein. Sie liegen im Bereich von ∆n≈10-6. In diesem Bereich wird auch die Grenze der Genauigkeit für die Sénarmontkompensation ohne Modulator vermutet17. Die gemessenen Kurven sind in Abbildung 3.3.1 zu sehen. 23 8,0x10 -5 6,0x10 -5 4,0x10 -5 2,0x10 -5 ∆n Senarmont Babinet-Soleil 0,0 330 335 340 345 350 355 360 365 370 375 Temperatur [K] Abbildung 3.3.1: Messung der Doppelbrechung von Quarz mit Sénarmont- bzw. und Babinet-Soleil-Kompensator. Bei der Babinet-Soleil Messung ist deutlich eine Modulation des Signals zu erkennen. Bei der Babinet-Soleil Kompensation ist deutlich eine periodische Modulation des Meßsignals zu erkennen. Diese Verfälschung der Messung wird vermutlich durch den planparallelen Doppelkeil des Kompensators hervorgerufen. Das Licht wird am Übergang Quarz-Luft, also beim Verlassen des Kompensators, zum Teil reflektiert. Das Gleiche passiert ebenso mit dem reflektierten Licht beim Übergang Quarz-Luft auf der anderen Seite des Kompensators. Insgesamt wird das Signal also durch die entstehenden Interferenzstreifen verfälscht. Dies ist in Abbildung 3.3.2 skizziert. 24 Licht Babinet-Soleil Kompensator Abbildung 3.3.2: Meßsignalverfälschung durch Reflexionseffekte am BabinetSoleil-Kompensator Entspricht die Dicke des Doppelkeils einem Vielfachen der Wellenlänge des Lichts, addiert sich das Licht wieder zum eigentlichen Strahl hinzu und das Signal ändert sich nur durch das Licht, welches den Aufbau verlassen kann, also Verlustlicht. Bei einer anderen Dicke hingegen kann es sogar zu einer maximalen Auslöschung kommen, wobei die Null, auf welcher abgeglichen wird, eher erreicht wird. Der gesamte Effekt ist damit also abhängig von der Wellenlänge des verwendeten Lichts und kann in der Modulation wiedergefunden werden. Die höhere Genauigkeit der Sénarmont-Kompensation ist nicht überraschend. In beiden Aufbauten werden die gleichen Komponenten benutzt, so ist z. B. der Analysator, welcher wahrscheinlich im Sénarmontaufbau den größten Fehler verursacht, ebenso im Babinet-Soleil Aufbau vorhanden. Dort kann also kein Unterschied vorliegen. Es gibt nur 2 Bauteile, welche im einen Aufbau auftreten und im anderen nicht. Im Babinet-Soleil Aufbau ist es der oben erwähnte Doppelkeil, im Sénarmontaufbau ist es das λ/4-Plättchen. Zu vergleichen wären also diese beiden Komponenten, wobei das λ/4-Plättchen schon von seiner einfachen Bauweise im Vorteil ist. In der Abbildung 3.3.1 sind noch eine lineare Anpassung an die gemessenen Werte zu sehen. Die Standardabweichungen für diese Kurven findet man in Tabelle 2. Wie man dort sieht, haben die Anpassungen unterschiedliche Steigungen. Dies kommt daher, daß bei der Babinet-Soleil-Kompensation kein kompletter Durchlauf von 2π gemessen wurde, welcher den Einfluß der Modulation auf die Steigung ausschließen 25 würde. Weiterhin stellt man anhand der Standardabweichung eine Steigerung der Güte der Messung um den Faktor 10 fest. Die Meßmethode nach Sénarmont bietet also sowohl eine Vereinfachung der Messungen als auch eine höhere Genauigkeit. A B SD (Standarabweichung) Sénarmont Babinet-Soleil -3,1⋅10-4 ±1,1⋅10-7 1,0⋅10-6 ±3,2⋅10-10 1,4⋅10-7 -5,1⋅10-4 ±1,8⋅10-6 1,9⋅10-6 1,5⋅10-6 ±5,1⋅10-9 Tabelle 2: Parameter der linearen Anpassungen der beiden gemessenen Kurven aus Abbildung 3.3.1. 3.4 Probenpräparation Die benutzten SBN-Proben wurden uns von Herrn Dr. Rainer Pankrath von der Universität Osnabrück zur Verfügung gestellt und von Herrn Dr. Theo Woike, Universität zu Köln, geschnitten und poliert. Diese hatten alle den für die lineare Doppelbrechung nötigen a-Schnitt, d.h. daß die c-Achse in der Ebene des Schnittes liegt. Die Proben hatten im Durchschnitt eine Dicke von 1mm, was zur Folge hat, daß der doppelbrechende Effekt für SBN mit seinen großen Brechungsindexunterschieden18,19 genügend groß ist. Die genauen Abmessungen der untersuchten Proben stehen in Tabelle 3. Dotierung Dicke/mm Kantenlänge Kantenlänge Parallel c/mm Senkrecht c/mm Ce 0,0066 1,07 6,6 6,6 Co 0,0002 1,3 7,7 7,1 Cr 0,003 1,80 6 6,1 Cr 0,006 0,92 5,1 5,7 Cr 0,015 0,486 6,4 5,0 Tabelle 3: Abmessungen der verwendeten Cer, Chrom und Kobalt dotierten SBN Proben. Die Proben wurden vor Gebrauch mit Hilfe des Heiztisches auf Temperaturen über 800K erhitzt und auf diesem Wert für mindestens eine Stunde gehalten um das Gedächtnis des Materials zu löschen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, die 26 Probe in Öl auf 500K zu erhitzen, was aber den Nachteil hat, daß die Probe nach diesem Vorgang gereinigt werden muß. Bis sie in den Heiztisch eingesetzt werden kann, ist sie somit auf Temperaturen unterhalb von Tc gebracht worden. Für die Untersuchung mit elektrischen Feld, Relaxations- bzw. feldabhängige Doppelbrechungsänderungen, mußte die Probe kontaktiert werden. Für die Elektroden wurde Leitsilber benutzt. Danach konnten dünne Drähte durch einen kleinen zusätzlichen Tropfen Leitsilber an der Probe befestigt werden. Durch einen nachträglich am Heiztisch angebrachten Anschluß konnte über eine Hochspannungsquelle der Firma Canberra Model 3002 die Probe mit einer Spannung zwischen 0 und 550V versorgt werden. Um einen definierten Startpunkt bei den Relaxationsmessungen zu haben, wurde das bisherige Meßprogramm so modifiziert, daß ein Feld angelegt bzw. abgeschaltet werden. 3.5 Programmierung der Steuerung und Übersicht der Klassen des Meßprogramms Für die Messung der Doppelbrechung sollte ein neues Programm mit graphischer Benutzeroberfläche mit Hilfe von Visual C++ entwickelt werden. Zur Steuerung der Messung wurden verschiedene Programmteile benötigt, bei denen die Wichtigsten die Schrittmotorsteuerung, die Aufnahme der Lock-In Signale und die Regelung der Probenspannung waren. Weiterhin gibt es Routinen für die Speicherung und das Einlesen von Messdaten, automatische Skalierung und eine Abfragefunktion für die Temperatur, welche auch programmabhängig nach Bedarf gesteuert wird. Die programmierten Klassen, dazugehörigen Funktionen und benutzte Variablen werden in der Abbildung 3.5.1 und Abbildung 3.5.2 gezeigt. Für die Funktion „Punkt“, welche dazu dient, eine temperaturabhängige Doppelbrechungskurve aufzunehmen, wurde ein Nassi-Schneiderman Diagramm erstellt. Dieses ist in Abbildung 3.5.3 zu sehen. Anhand dieser Funktion kann der wesentliche Teil einer Messung erkannt und nachvollzogen werden. Dies soll als Beispiel für das Meßprogramm dienen. In den ersten Punkten werden die Grundeinstellungen der seriellen Schnittstelle wie Baudrate und Bitzahl festgelegt und die vorgewählte Temperatur angefahren. Danach wird beim Erreichen der Starttemperatur auf eine Bestätigung des Messstarts gewartet. Dies hat den Vorteil, daß man den Startpunkt dann wählen kann, wenn die Probe einige Zeit auf diesem Wert gehalten wurde und somit keine Temperaturgradienten vorliegen. Im eigentlichen Meßablauf wird der Lock-In-Wert 27 eingelesen und über den Schrittmotor wieder auf Null geregelt. Nach einer angemessenen Wartezeit, die wiederum eine Temperaturrelaxation der Probe gewährleisten soll, wird der Wert erneut eingelesen und gegebenenfalls erneut korrigiert. Dies wird mit unterschiedlich langen Pausen wiederholt. Nachdem der Wert dann aufgenommen und gespeichert wurde, wird die ganze Prozedur wiederholt, bis die Endtemperatur erreicht ist. Globales Grundeinstellungen Datenkopie T2 MessAD Anhalten Tempo MessDA Fein Zeitkonstante Pause LINKS RateEinstellen RECHTS SendePause Programm SFahren Rate Temperatureinstellen SCHZahl Temperaturholen T1 Abbildung 3.5.1: Globale Variablen (einfache Kästchen) und Funktionen (3D Kästchen) des Meßprogramms. 28 CFenster CMessdaten Autoskalierung Anzeigen CMessdaten Messprog DateiOeffnen Bereich Messung Temperatur DateiSpeichern Darstellung Messungstarten DatensatzLoeschen Kommentar OnKeyDown DatenSichern Maximum Punkt Grenzen MaxMin Tempanzeige MaxSuchen Minimum WerteEinstellen MinSuchen pStandardMenu OnPaint StatusBar WerteUmwandeln CGrenzenDialog CMessProgramm CGrenzenDialog MaxX OnCancel MessRate OnInitDialog MaxY OnInitDialog Temp1 OnOK MinX OnOK Temp2 MinY Werte CTemp CBasisDialog CTemp OnInitDialog Temperatur CBasisDialog Geschwindigkeit OnInitDialog Zeitk OnOK Genau CAnwendung InitInstance Abbildung 3.5.2: Die sieben Klassen des Meßprogramms. 29 Grundeinstellungen der seriellen Schnittstelle Startwert der Temperatur anfahren, Wert halten Beim Erreichen der Temperatur Messstart bestätigen Endwert der Temperatur einstellen, Wert halten Meßwert des Lock-Ins größer als die vorgewählte Genauigkeit Schrittmotor nachregeln Meßwert des Lock-Ins kleiner als die vorgewählte Genauigkeit Schrittmotor nachregeln 3 Sekunden warten Hat sich das Meßsignal noch geändert? 2 min warten Hat sich das Meßsignal noch geändert? Ausgabe des gemessenen Wertes und speichern Hochheizen bis zum nächsten Wert Nächster Temperaturwert erreicht? 1 Sekunde warten Neuen Temperaturwert holen Abbruch bei drücken der Leertaste oder beim Erreichen der Endtemperatur Abbildung 3.5.3: Nassi-Schneiderman Diagramm für die Funktion „Punkt“. Die einzelnen Programmschritte sitzen in den einzelnen Kästchen. Bei einer Lförmigen Struktur handelt es sich um eine Schleife, wobei unten die Abbruchbedingung steht. 30 4 Temperaturabhängigkeit der linearen Doppelbrechung 4.1 Debyekorrektur der thermischen Ausdehnung und Ornstein-Zernike Näherung Bei der Untersuchung der Temperaturabhängigkeit wurden mit Chrom dotierte Proben gemessen. Die Dotierungen hierbei waren x=0,003, x=0,006 und x=0,015. Gemessen wurde mit der Babinet-Soleil Kompensation über einen Temperaturbereich von ca. 80K-850K. Die Temperaturdifferenz zwischen den einzelnen Punkten wurde von 0,5K/min in den Randbereichen hoher bzw. niedriger Temperatur auf 0,1K/min in der Umgebung des Phasenüberganges geändert. Dies ist die Grenze der Genauigkeit des Heiztisches von Linkam. 10 (∆nac-∆nac(80K)) 5 6 th ∆nac 2 4 2 3 2 1 2 2 th 10 |∆nac-∆nac | 4 8 0 SBN:Co (x=0,0002) 0 200 400 600 800 Temperatur [K] 1 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Temperatur [K] Abbildung 4.1.1: Kurvenverlauf der Doppelbrechung am Beispiel einer mit Kobalt dotierten SBN Probe mit x=0,0002. Gemessen wurde diese Kurve mit der Babinet-Soleil Kompensation. Der Graph in der rechten oberen Ecke der Abbildung zeigt die Debyekorrektur einer mit Kobalt dotierten Probe. Kurve Nr. 1 ist die gemessene Doppelbrechungskurve, Nr. 2 ist der berechnete Anteil durch die thermische Ausdehnung. Die Differenz liefert die Kurve in der großen Abbildung. 31 Man erhält Kurven der in Abbildung 4.1.1 oben rechts gezeigten Form. Hierin sind aber noch zwei Anteile vorhanden. Einmal existiert ein polarisations-optischer Anteil, die Änderung der Doppelbrechung aufgrund von Änderungen der Polarisation, und einen Anteil durch die thermische Ausdehnung des Kristalls, der thermo-optische Anteil. Dieser ist für unsere Untersuchungen nicht von Interesse. Deshalb werden die Messdaten durch das im folgenden beschriebene Verfahren korrigiert. Danach liegt nur noch der thermo-optische Anteil der Doppelbrechung vor. Beschrieben werden kann die thermische Ausdehnung εij durch folgende Formel20,Fehler! Textmarke nicht definiert.: ε ij = α ij ∆T (4.1.1) Hierbei ist αij der Ausdehnungskoeffizient und ∆T der durchlaufene Temperaturunterschied. Verknüpft ist die thermische Ausdehnung εij mit der Impermeabilität ∆Bij über den elasto-optischen Effekt, wobei pijkl die elasto-optischen Koeffizienten sind. ∆Bij = pijkl ε kl (4.1.2) Die Impermeabilität ist verknüpft mit der Änderung des Brechungsindexunterschiedes. 1 ∆Bij = ∆ n ij 2 (4.1.3) Die Tensorelemente αij werden in unserem Fall durch einen Mittelwert genähert, welcher eigentlich den kubischen Fall beschreibt, in dem die Elemente und somit die Ausdehnung für alle Richtungen gleich sind. Dieses Element wird im folgenden einfach α genannt. Aus der Thermodynamik ist ein Ausdruck für den Ausdehnungskoeffizienten bekannt: α= c 1 ∂V = sijkl γ V V V ∂T P , N (4.1.4) V ist das Volumen des Kristalls, CV die spezifische Wärme und γ ist die Grüneisenkonstante. Die Tensorelemente sijkl sind die elastischen Komplianzen. Stellt man die oben genannten Formeln zusammen, so ergibt sich für die Doppelbrechung das Folgende: 32 ∆Bij = pijkl sijkl cv ∆T ⇒ ∆n ∝ U (T ) V (4.1.5) Man sieht also, daß die Doppelbrechung zur inneren Energie U proportional ist. Wir betrachten die innere Energie genauer. Nach dem Debeymodell gilt für sie: T U = 9nk b T θD xD x3 ∫ dx x 0 e −1 (4.1.6) Dabei ist θD=138K die Debyetemperatur, wobei gilt xD=θD/T. Den Wert für die Debyetemperatur erhält man über die Messung der spezifischen Wärme cgemessen. c gemessen = Q MT (4.1.7) Die Masse M des Kristalls kann durch M = N E m ersetzt werden, wobei NE die Anzahl der Einheitszellen im Kristall und m die mittlere Masse in der Einheitszelle ist. Die Debyeformel kann für kleine Temperaturen wie folgt genähert werden. 12 N Eνπ 4 T C = c gemessen M = 5 θD 3 k B (4.1.8) Dabei ist ν die Anzahl der Gitterschwingungen pro Einheitszelle und wird hier wie im kubischen Fall auf eins gesetzt. kB ist die Boltzmannkonstante. Durch Einsetzen erhält man nun: c gemessen 12νπ 4 T 2 = kB 5m θ D 3 (4.1.9) Bei einer Auftragung der spezifischen Wärme c über T2 erhält man den Vorfaktor der Gleichung und kann daraus θD errechnen. Diese Debyefunktion kann nur numerisch gelöst werden. Durch eine Anpassung dieser Werte an die Kurve im Hochtemperaturbereich 750K≤T≤850K, in dem nur noch der thermische Anteil der Doppelbrechung von Bedeutung ist, und Abziehen der beiden Kurven voneinander ergibt sich eine Kurve, die nur den polarisationsoptischen Anteil beinhaltet. Dies ist in Abbildung 4.1.1 zu sehen. Eine genauere Betrachtung von Abbildung 4.1.1 zeigt einen Phasenübergang zweiter Ordnung paraelektrischen und einen Bereich. langen Im Ausläufer ferroelektrischen der Doppelbrechung Bereich läuft im die 33 Doppelbrechungsänderung bei Temperaturen kleiner als 100K in eine Sättigung. Die Fluktuationen der Polarisation werden im Folgenden genauer untersucht. Die Variation der Impermeabilität bzw. die Änderung des Doppelbrechungsunterschiedes läßt sich mit Hilfe der Matrixnotation des Indikatrixformalismus wie folgt beschreiben: 3 1 δ 2 = ∑ g ijF Pj2 n i j =1 (4.1.10) Die gijF sind die freien elektrooptischen Koeffizienten und Pj ist die Polarisation in jRichtung. Für die lineare Doppelbrechung ergibt sich: n3 ∆nac = − 0 g11F − g12F P 2 2 ( ) (4.1.11) Hierbei ist P=P3 in Richtung der polaren c-Achse. Der Wert n0 ist der Hochtemperatur-Brechungsindex. Die zeit- und raumgemittelte Autokorrelationsfunktion beschreibt die Schwankung des Polarisationsmittelwertes, also des Ordnungsparameters. 2 P 2 = P + δP 2 (4.1.12) Im paraelektrischen Bereich ist das Mittel der Polarisation Null und es bleiben nur die Fluktuationen über. Diese lassen sich durch das Fluktuations- Dissipationstherorem ausdrücken: δP 2 k k bT m r 3 r = 3 ∫ χ (k )d k 8π 0 (4.1.13) Die Polarisation wird hierbei durch ein Integral über die Suszeptibilität χ ausgedrückt, wobei über die gesamte Brillouinzone integriert wird. Die Obergrenze km ist die Wellenzahl am Rande der Brillouinzone. kb ist die Boltzmannkonstante. Mit der Ornstein-Zernike Näherung, d.h. Enwicklung der Suszeptibilität χ für k→0 und der Annahme eines isotropen Systems folgt: r χ (k ) = χ (0) 1+ ξ 2k 2 ( ) (4.1.14) wobei χ(0)=ε0ε gilt. χ(0) ist die statische Suszeptibilität. Für sie gilt χ (0) = ε 0 (ε − 1) ∝ t −γ . ξ (t ) = ξ 0± t −ν ist die Korrelationslänge im kritischen Bereich. 34 Sie ist ein Maß für die Reichweite der Korrelation. γ und ν sind die zugehörigen kritischen Exponenten der Suszeptibilität und der Korrelationslänge. Ersetzt man die kubische Brillouinzone nun durch eine Kugel mit 0≤k≤km=π/a, wobei a die Gitterkonstante ist, so kann die Integration durchgeführt werden und es ergibt sich eine Formel für die Doppelbrechung im Fluktuationsbereich21. n3k ε k ∆nacFlukt = − 0 B 20 m 4π ( ) 1 − tan −1 k m t −ν F g11 − g12F Tt 2ν −γ k m t −ν ( ) (4.1.15) t ist die reduzierte Temperatur. Diese Funktion wird nun für den Temperaturbereich Tc≤T≤1,03Tc an die Meßwerte angepaßt. Man erkennt, daß der Kurvenverlauf sehr gut für Werte nahe Tc mit den gemessenen Werten übereinstimmt. Mit dem Verhältnis der kritischen Amplituden im paraelektrischen bzw. ferroelektrischen von 1 2 für die Korrelationslängen in der eckigen Klammer in Gleichung (4.1.15) läßt sich die Kurve für Werte kleiner Tc fortsetzen. Im Vorfaktor kürzen sich die Amplituden von Suszeptibilität und Korrelationslänge heraus. Der Wert 1 2 ist eigentlich das Verhältnis der Amplituden der Korrelationslängen aus der Landau-Theorie. Für das RFIM wurden aber bisher noch keine Werte gemessen, so daß auf die Amplitudenverhältnisse aus der Landautheorie zurückgegriffen werden muß. Die Extrapolationen sind in Abbildung 4.1.2 zu sehen (OZ). 35 6 fe 3 4 4 x 3 10 -1 10 -2 10 -3 1: SBN 2: Cr x=0,003 3: Cr x=0,006 4: Cr x=0,015 2 2 . th 10 |∆nac - ∆nac | 5 |∆nac | 1 2 1 x 10 -3 -2 10 10 |T/Tc-1| -1 10 0 OZ OZ 0 0 100 200 300 400 500 600 700 800 Temperatur [K] Abbildung 4.1.2: Debyekorrigierte Kurve der linearen Doppelbrechung für Chrom dotierte Proben. Die schwarzen durchgezogenen Linien sind die Ornstein-Zernike Kurven (OZ), welche die Fluktuationen beschreiben. Der Ausschnitt zeigt den ferroelektrischen Anteil der Doppelbrechung nach Abzug der OZ-Kurven. Von den gemessenen Daten wurden die Ornstein-Zernike Kurven für T<Tc abgezogen. Es bleibt nur der ferroelektrische Anteil ∆nacfe der Polarisationswerte übrig. An diese Kurve wurde das folgende Potenzgesetz angepaßt. P 2 T ∝ 1 − Tc 2β (4.1.16) β ist der kritische Exponent des Ordnungsparameters. Alle Messungen wurden für Chrom dotierte Proben mit x=0,003, x=0,006 und x=0,015 sowie für eine mit Kobalt dotierte Probe mit x=0,0002 durchgeführt. Die gleichen Analysen im ferround paraelektrischen Bereich sind schon früher an mit Cer dotierten Proben von P. Lehnen durchgeführt wordenFehler! Textmarke nicht definiert.. 36 10 ∆nac ferro 0,15 10 10 -2 x -3 ferro 0,10 -1 -3 10 ∆nac 10 -2 10 -1 10 0 t Cr: x=0 x=0.003 x=0.006 0,05 x 0,00 0 100 200 300 Temperatur [K] Abbildung 4.1.3: Ferroelektrischer Anteil der Chrom dotierten Proben mit x=0,003, x=0,006 und x=0,015. -1 ∆nac ferro 10 0,15 -2 10 ferro 0,10 -3 ∆nac 10 -3 -2 10 10 10 -1 0 10 t 0,05 Co: x=0,0002 0,00 0 100 200 300 Temperatur [K] Abbildung 4.1.4: Ferroelektrischer Anteil einer Kobalt dotierten SBN Probe mit x=0,0002. 37 Aus den Anpassungen lassen sich zusätzlich noch die Übergangstemperaturen für den Phasenübergang bestimmen. Eine erste Näherung für diesen Wert bekommt man aus den Ableitungen der polarisationsoptischen Anteile der Kurven. Die Ableitungen sind in Abbildung 4.1.5 dargestellt. Die Minima der Ableitungen, welche mit den Phasenübergangstemperaturen zusammenfallen, verschieben sich mit wachsender Dotierung immer weiter zu niedrigeren Temperaturen. Man erkennt für wachsende Dotierungen immer breiter werdende Kurven, weil der Phasenübergang mit der Größe der Dotierung immer weiter “ausgeschmiert” wird. Das macht für eine Dotierung x=0,015 eine Anpassung der Ornstein-Zernike Formel an die Meßdaten unmöglich. -2 -4 4 th -4 -1 d(|∆nac - ∆nac |)/dT [10 K ] 0 3 -6 -8 1:SBN 2:Cr x=0,003 3:Cr x=0,006 4:Cr x=0,015 5:Co x=0,0002 2 5 1 250 300 350 400 Temperatur [K] Abbildung 4.1.5: Ableitungen der Doppelbrechungskurven der mit Chrom bzw. Kobalt dotierten Proben. Man erkennt für wachsende Dotierungen eine Verbreiterung der Kurven und eine Verschiebung der Minima zu niedrigeren Temperaturen. Insgesamt haben wir nun Werte für die kritschen Exponenten β, γ, und ν sowie für die Curietemperatur Tc erhalten. In folgenden Tabellen sind alle Ergebnisse der 38 Cobalt und Chrom dotierten Proben sowie der schon früher gemessenen Cer dotierten Proben zu sehen. x km Tc ν γ β 0 0.66 ±0.09 350.2 ±0.1 0.64 ±0.13 1.30 ±0.27 0.31 ±0.01 Cer 0,0066 0.56 ±0.01 328.0 ±0.1 0.69 ±0.01 1.36 ±0.02 0.35 ±0.01 Cer 0,0113 0.53 ±0.83 320.0 ±0.6 0.68 ±0.86 1.34 ±1.71 0.40 ±0.01 Cer 0,0207 0.63 ±0.34 290.9 ±1.3 0.79 ±0.27 1.58 ±0.51 0.46 ±0.01 Co 0,0002 0.54 ±0.07 348.0 ±0.5 0.64 ±0.13 1.28 ±0.29 0.30 ±0.01 Cr 0,003 0.57 ±0.10 342.2 ±0.3 0.65 ±0.11 1.29 ±0.22 0,33 ±0,01 Cr 0,006 0.58 ±0.14 321.3 ±0.1 0.66 ±0.15 1.30 ±0.29 0.40 ±0.01 Tabelle 4: Auswertung der Fluktuationen der Kobalt und Chrom dotierten SBN-Proben und der ferroelektrischen Anteile der linearen Doppelbrechung mit Ornstein-Zernike. Für die Cer dotierten Proben liegt in den Parametern eine Tendenz zum RFIM vor. Chrom- bzw. Kobaltdotierung zeigt diese Tendenz nicht. Die km Werte in der ersten Spalte geben die Größe der Brillouinzone wieder. Da km=π/a gilt, wobei a die Gitterkonstante ist, ergibt sich im Mittel ein Wert von a=5,4Å ±0,5. In unserer Berechnung sind wir immer von einem isotropen System ausgegangen. Dies ist aber nicht der Fall, denn SBN hat eine tetragonale Struktur. Es liegen also zwei verschiedene Achsen vor, für die eine ist die Gitterkonstante c=3,935Å, für die andere a=12,465Å.22,23 Unser ermittelter Wert liegt also dazwischen. Man erkennt für die Cer dotierten Proben mit steigender Dotierung die Tendenz vom 3D-Ising Modell zum 3D-Zufallsfeld Ising Modell. Bei der undotierten Probe liegen nahezu die Werte des 3D Ising-Model vor. Hier gilt γ=1,24 und ν=0,63. Mit steigender Dotierung wachsen die γ und ν Werte immer weiter an und nähern sich den RFIM Werten von γ=1,89 ±0,17 und ν=1,02±0,06.24 Bei den Chrom bzw. Kobalt dotierten Proben hingegen ändern sich diese Werte kaum. Wie in Kapitel 2.4 schon näher erläutert, liegt das an der Lage der Dotierungen und ihrer Stärke. Cer setzt sich auf einen Strontiumplatz und erzeugt über die Wechselwirkung mit dem nächsten Niobion, dem wesentlichen Träger der Polarisation, das Zufallsfeldverhalten, da es eine positive Ladung mehr als das Strontium trägt. Da Chrom sich auf einen Niobgitterplatz setzt und somit ein lokales 39 Dipolmoment aus dem Kristall eleminiert und die Entfernung zum nächsten Polarisationsträger groß ist, baut sich bei einer Dotierung mit Chrom kein wirksames Zufallsfeld auf. Im Gegensatz zu den γ und ν Werten passen die β-Werte nicht in das Verhalten. Sie laufen eher zum Molekularfeldwert von ½ anstatt zum RFIM Wert von β=0,06±0,0716. Der Kurvenverlauf ist somit deutlich flacher und somit die Änderung der Polarisation kleiner. Dies liegt daran, daß wir uns nicht im Grundzustand des ferroelektrischen Bereichs befinden, welches ein eindomäniger Zustand wäre. Tatsächlich zerfällt der Kristall in mehrere Domänen.25 Die Doppelbrechung wird aber durch die Änderung der Wände zwischen diesen Domänen beinflußt. Eine Domänenwand bedeutet entweder einen Bereich kleinerer Polarisation oder ein Gebiet ohne Polarisation. In beiden Fällen ändert sich die Doppelbrechung. Die β-Werte sind also über alle Domänen bzw. Domänenwände im Meßbereich gemittelt. Bei den bisherigen Untersuchungen der temperaturabhängigen Doppelbrechung wurde das alte Messprogramm mit der Babinet-Soleil Kompensationsmethode verwendet. Hierbei gibt es zwar die Möglichkeit, jeden Meßpunkt über die Steuerung des Heiztisches auf 0,1K genau anzufahren, jedoch müßte dann solange gewartet werden, bis sich die eingestellte Temperatur über den gesamten Kristall ausgebreitet hat. Im Idealfall würde sich der Meßwert der Doppelbrechung nicht mehr ändern. Erst dann könnte die nächste Temperatur angefahren und der nächste Meßpunkt aufgenommen werden. Bei den bisherigen Kurven wurde immer eine möglichst kleine Heizrate gewählt, die beim Heiztisch bei 0,1K/min liegt, und die Doppelbrechungswerte alle fünf Sekunden aufgenommen. Bei der Messung zur Abbildung 4.1.6 wurde die Steuerung des Heiztisches über das neue Programm in so fern erweitert, daß jeder Meßpunkt angefahren und solange gehalten werden kann, bis keine Änderung mehr vorliegt. Den genauen Programmablauf kann man im Kapitel 3.5 nachlesen. Es wurde der Bereich des Phasenübergangs einer x=0,0066 Cer dotierten Probe gemessen. Nach der alten Meßmethode ergab sich ein Tc von 328K. Nun erhält man einen Wert von Tc≈332K. Dies entspricht einer Abweichung von ≈1%. Man erwartet eigentlich ein kleineres Tc bei einer vollständigen Relaxation der Temperatur. Dies ist hier nicht der Fall. Möglicherweise deshalb, weil eine andere Probe mit vermeintlich gleicher Dotierung 40 benutzt wurde. Zu beachten ist hierbei noch, daß nur sehr wenige Punkte zur Bildung der Ableitung vorlagen und das Minimum der Ableitung sehr nahe am Rand der -1 d(|∆nac - ∆nac |)/dT [10 K ] aufgenommenen Kurve liegt. th -4 -4 6,5 6,0 -5 -6 -7 -8 2 th 10 |∆nac - ∆nac | 7,0 320 330 340 Temperatur [K] 5,5 5,0 320 325 330 335 340 Temperatur [K] Abbildung 4.1.6: Messung der linearen Doppelbrechung einer x=0,0066 Cer dotierten Probe. Wie in den Messungen zuvor ist die Korrektur der Daten (temperaturabhängiger Ausdehnungsanteil) durchgeführt und die Ableitung gebildet worden. Jeder Meßpunkt wurde einzeln angefahren und für einen Zeitraum von im Mittel fünf Minuten gehalten. Für die Übergangstemperatur ergibt sich Tc=332K. 41 5 Hysteresemessungen 5.1 Dehnungs- und Polarisationsanteil der Doppelbrechung In Kapitel 4 wurde festgestellt, daß bei der Ermittlung des kritischen Exponenten β über alle Domänen bzw. Domänenwände gemittelt und die Werte somit verfälscht wurden. Deshalb sollen an dieser Stelle die Eigenschaften dieser Domänen und ihr Verhalten auf ein elektrisches Feld genauer untersucht werden. Eine 0,787 mm dicke Cer dotierte Probe (Tc≈328K) wurde hierzu bei Temperaturen nahe Tc mit einem Feld belegt, welches von 0 bis auf einen maximalen Wert von 200kV/m geregelt wurde. Die Auftragung der gemessenen Kurven ist in Abbildung 5.1.1 zu sehen. Man erkennt bei den Kurven, daß diese auch nach dem Überschreiten der Koerzitivfeldstärke Ec, welche nach Messungen optischen Frequenzverdopplung (SHG)26 und Hysteresemessungen nach Granzow27,28 um 120kV/m liegt, noch weiter ansteigen. Eigentlich würde man hier eine Sättigung erwarten, da zu diesem Zeitpunkt ein eindomäniger Zustand vorliegen sollte. Das weitere Ansteigen muß also auf einem anderen Effekt beruhen. Schaut man sich die Zusammenhänge zwischen der Doppelbrechung und einem elektrischen Feld genauer an sieht man, daß nicht nur ein Anteil aufgrund der Polarisationsänderung existiert, sondern auch einer aufgrund der Dehnung bzw. Stauchung des Kristalls29,30, also der piezoelektrische Effekt. Die Abhängigkeit der Doppelbrechung von den Dehnungsänderungen Matrizenformalismus genauer beschrieben werden. 42 soll hier mit Hilfe des 3 300K 318K 328K 338K 2 1 0 3 10 ∆n 3 2 1 0 -200 -100 0 100 200 373K 3 2 1 0 -200 -100 0 100 200 Feld [kV/m] Abbildung 5.1.1: Hysteresekurven einer mit Cer dotierten SBN Probe mit x=0,0066 bei Temperaturen von 300K bis 373K. Die eingetragenen Pfeile zeigen die Lage von Ec. Die Übergangstemperatur liegt bei dieser Höhe der Dotierung bei Tc≈328K. Ein elektrisches Feld erzeugt in der Probe eine piezoelektrische Dehnung ε, wobei hier mit dijk den piezoelektrischen Koeffizienten allgemein gilt: 43 ε jk = d ijk ⋅ Ei ε1 ⋅ ε 2 ⋅ ε ⋅ 3= ε 4 ⋅ ε 5 d 24 ε ⋅ 6 (5.1.1) ⋅ ⋅ ⋅ d 24 ⋅ ⋅ d 31 E1 d 31 E2 d 33 E3 ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ ⋅ (5.1.2) Insgesamt bleiben also in unserem Falle mit dem elektrischen Feld E in c-Richtung nur drei Komponenten übrig: ε 1 = d 31 E3 ε 2 = d 31 E3 (5.1.3) ε 3 = d 33 E3 Das sind die Dehnungen innerhalb der Ebene (ε1 und ε3) bzw. senkrecht dazu (ε2). Desweiteren ist die Dehnung über den elasto-optischen Effekt mit der Impermeabilität ∆Bij und somit auch mit der Doppelbrechung verknüpft. ∆Brs = prsjk ε jk ∆ni = − (5.1.4) 1 (n0 )3 ∆Bi 2 (5.1.5) Hierbei ist n0 der Hochtemperaturbrechungsindex und hat den Wert 2,34. Im Falle eines tetragonalen Systems der Klassen 4mm bzw. 4/mmm, wie es bei uns vorliegt, ergibt sich eine Darstellung der Form: ∆B1 p11 ∆B2 p12 ∆B p 3 = 31 ∆B4 . ∆B . 5 ∆B . 6 p12 p11 p31 . . . p13 p13 p33 . . . . . . p 44 . . . . . . p 44 . . ε 1 . ε 2 . ε 3 . ε 4 . ε 5 p66 ε 6 (5.1.6) Daraus ergibt sich: ∆B1 = p11ε 1 + p12 ε 2 + p13ε 3 44 (5.1.7) ∆B3 = p31ε 1 + p31ε 2 + p33ε 3 (5.1.8) Andere Komponenten sind für uns nicht relevant. Für die Änderung der Differenz ∆n1 - ∆n3, gilt somit: 1 δ (∆n13 ) = − n03 (∆B1 − ∆B3 ) 2 1 = − n03 [( p11 − p31 )ε 1 + ( p12 − p31 )ε 2 + ( p13 − p33 )ε 3 ] 2 1 = − n03 [( p11 − p31 )d 31 + ( p12 − p31 )d 31 + ( p13 − p33 )d 33 ]⋅ E3 2 1 = − n03 [( p11 + p12 − 2 p31 )d 31 + ( p13 − p33 )d 33 ]⋅ E3 2 (5.1.9) Zu beachten ist hier noch, daß die Komponente 1 mit der a-Achse und die Komponente 3 mit der c-Achse des Kristalls übereinstimmt. Mit Kenntnis der prsjk bzw. dijk Werte ist es nun möglich, den Dehnungsanteil der feldabhängigen Doppelbrechungsdaten zu berechnen. Hierbei ist ( d 31 = 70 pm V , 31 32 d 33 = 200 pm V ) , (p11=0,06, p12=0,08, p13=0,17, p31=0,09 und p33=0,23) . Die prsjk- Werte sind eigentlich an einer Sr0.5Ba0.5Nb206 Probe gemessen, jedoch sind es die einzig vorliegenden und müssen deshalb für eine Abschätzung reichen. Für den Anteil mit dem Faktor d31, der für die Nichtdiagonalkomponente der Dehnung steht, ergibt sich für ein elektrisches Feld von 200 kV/m ein Wert von δ (∆nac ) = 0,3 ⋅10 −5 , für den d33 Wert der Diagonalkomponente erhält man δ (∆nac ) = 1,3 ⋅10 −5 . Die Änderung der Kurve über einen 200kV/m Bereich ist mit einen Wert im Bereich von δ(∆nac)=10-3 bei niedrigen Feldern jedoch deutlich größer. Die Dehnung macht also dort nur ein 1% des Effektes aus. Jedoch laufen die Kurven für hohe Felder in einen Bereich, in dem die Dehnung die größte Rolle spielt. Die Änderung der Dicke der Probe spielt hier keine Rolle. Nach Gleichung (5.1.3) gilt ε3=d33E3. Dies ergibt für ein Feld von E3=200kV/m eine relative Dickenänderung von ε3=4⋅10-4. Eine ohne angelegtes Feld 1mm dicken Probe ändert ihre Dicke also zu dem Wert d=1,0004mm. Setzt man diesen Wert in die Gleichung (3.1.8) ein, so ergibt sich bei einem gefahrenen Schritt für die unkorrigierte Dicke ein Wert von δ(∆nac)=1,901⋅10-8 und für die korrigierte Dicke ein Wert von δ(∆nac)=1,9005⋅10-8, also ein Unterschied von 5⋅10-12 pro gefahrenem Schritt. 45 Um den erwarteten linearen Bereich für hohe Felder auswerten zu können, wurde eine weitere Messung bei T=318K gemacht und bis zu einer Feldstärke von E≈600kV/m hochgemessen. Diese Messung ist in Abbildung 5.1.2 darstellt. T=318K 4 3 10 ∆nac 3 2 1 -600 -400 -200 0 200 400 600 E [kV/m] Abbildung 5.1.2: Hysteresemessung bei T=318K. Es wurde solange gemessen, bis bei hohen Feldern nur noch eine lineare Änderung der Doppelbrechungswerte zu erkennen war. In diesen Bereichen wurden dann Geraden angepaßt. In diesen hohen Bereichen konnte eine Gerade angepaßt werden, deren Steigung mit dem errechneten Wert für die Dehnung übereinstimmen sollte. Im Mittel ergab sich aus beiden Anpassungen ein Wert von δ (∆nac ) = 3,8 ⋅10 −6 m ⋅ E mit E der kV elektrischen Feldstärke. Zum Vergleich betrachten wir hier wieder eine Feldänderung von 200kV/m. Dafür ergibt sich ein Wert von δ (∆nac ) = 7,6 ⋅10 −4 . Dieser Wert liegt in der gleichen Größenordnung wie der oben Berechnete. Gleichwohl scheint die berechnete Änderung der Doppelbrechung immer noch niedriger als die Berechnete. Dieser Fehlbetrag verringert sich offenbar beim 46 Abkühlen. Dazu vergleiche man die asymptotischen Steigungen d (∆n ) in Abbildung dE 5.1.1, die deutlich bei tiefen Temperaturen abflachen. Vermutlich hat dies seine Ursache in der intrinsischen Unordnung des Relaxorsystems, dessen Eindomänigkeit erst bei tieferen Temperaturen in hohen Feldern erreicht werden kann. Abschließend werden die berechneten Geraden von der gemessenen Kurve abgezogen, um nur noch den Polarisationsanteil der Doppelbrechung vorliegen zu haben. Aufgetragen wurde dies in Abbildung 5.1.3. Wie schon aus anderen Messungen der Polarisation bekannt,33 verläuft auch hier die Kurve im Bereich der Koerzitivfeldstärke sehr steil. Jedoch weist die Kurve im Gegensatz zu Messungen der Polarisation P nach T. Granzow starke Verrundungen auf, welche auf ein starkes Pinning der Domänen schließen läßt. Zum Vergleich der beiden Kurven wurde die Polarisation quadriert und in Abbildung 5.1.4 dargestellt. Der Wert für die Koerzitivfeldstärke Ec liegt bei der Doppelbrechungshysterese bei ≈70kV/m. 2,0 3 10 ∆nac 1,5 1,0 0,5 0,0 -600 -400 -200 0 200 400 600 E [kV/m] Abbildung 5.1.3: Polarisationsanteil der linearen Doppelbrechung aus Abbildung 5.1.2 nach Abzug des Dehnungsanteils. 47 0,08 0,04 2 2 4 P [C /m ] 0,06 0,02 0,00 -600 -400 -200 0 200 400 600 E [kV/m] Abbildung 5.1.4: Polarisationshysterese einer SBN-Probe mit einer Cer Dotierung mit x=0,0066. 48 6 Feldinduzierte Zeitabhängigkeiten der linearen Doppelbrechung 6.1 Kurvenbeschreibung und Darstellung der Messungen In diesem Kapitel sollen die Meßkurven und der Meßvorgang beschrieben werden. Bei allen Messungen wurde eine mit Cer dotierte SBN Probe mit x=0,0066 verwendet, bei der die Übergangstemperatur, wie in Tabelle 4 zu sehen, bei Tc=328K liegt. Um einheitliche Meßbedingungen zu gewährleisten, wurde vor jeder Messung die Probe auf eine Temperatur über 750K gebracht und damit das Gedächtnis der Probe gelöscht. Nach ungefähr einer Stunde Wartezeit wurde langsam bis zur Meßtemperatur abgekühlt. Es wurde bei Temperaturen von 318K, 328K und 328K jeweils mit einer Feldstärke von 64kV/m, 128kV/m, 192kV/m und 256kV/m gemessen. Nach dem Start des Meßprogramms wurden zuerst einige Punkte abgewartet, um zu sehen, ob noch Änderungen im Signal vorliegen. Erst dann wurde ein Feld hinzugeschaltet. Nun wurde die Aufpolarisation so lange aufgenommen, bis die Sättigung nahezu erreicht war. Sobald dies der Fall war, wurde das Feld wieder abgeschaltet und wieder solange gewartet, bis nahezu die Sättigung erreicht wurde. Der sich ergebende Meßablauf kann in Abbildung 6.1.1 betrachtet werden. 49 10 Es liegen kaum noch Signaländerungen vor 8 6 ∆nac*10 4 Abschalten des Feldes 4 Messkurve am Beispiel 64kV/m, 338K 2 0 -2 Einschalten des Feldes 0 2000 4000 6000 8000 Zeit[s] Abbildung 6.1.1: Beispiel einer feldinduzierten Meßkurve und des Meßvorgangs. Die Abbildung 6.1.2, Abbildung 6.1.3 und Abbildung 6.1.4 zeigen nun alle gemessenen Kurven aufgrund der Vergleichbarkeit in einer Auftragung, bei der die ∆n-Achse auf die gleichen Bereiche festgelegt wurden. Bei der Abbildung 6.1.2 und Abbildung 6.1.3 ist dies auch für die Zeitachse der Fall. Für Abbildung 6.1.4 wurde eine andere Achse gewählt, da eine Messung über einen deutlich längeren Zeitraum durchgeführt wurde. Dies wurde gemacht, um sicher zu gehen, daß auch bei einem größeren Zeitintervall keine Änderungen mehr vorliegen. 50 4 318K 256kV/m ∆nac*10 3 3 192kV/m 2 128kV/m 1 64kV/m 0 0 5000 10000 15000 Abbildung 6.1.2: Feldinduzierte Messung bei T=318K≈ ≈ Tc-10K. Die Messungen lieferten relative Daten, d.h. ein absoluter Nullpunkt liegt nicht vor. Die Lage der Kurven relativ zur Ordinate ist also willkürlich. 4 256kV/m 3 ∆nac*10 3 192kV/m 2 128kV/m 1 328K 64kV/m 0 0 5000 10000 15000 Zeit [s] Abbildung 6.1.3: Feldinduzierte Messung bei T=328K≈ ≈ Tc. Genau wie in Abbildung 6.1.2 ist die Lage der Kurven relativ zur Ordinate willkürlich. 51 4 256kV/m ∆nac*10 3 3 192kV/m 2 128kV/m 1 64kV/m 338K 0 0 5000 10000 15000 20000 25000 Zeit [s] Abbildung 6.1.4: Feldinduzierte Messung bei T=338K≈ ≈ Tc. Dies liegt im paraelektrischen Bereich der Probe. Zur Lage der Kurven siehe Beschriftung von Abbildung 6.1.2. Zu beachten ist in allen Auftragungen, daß die Werte von Hand an die entsprechenden Stellen der ∆n-Achse verschoben wurden, damit alle Kurven in einer Graphik übereinander liegen und sich nicht überschneiden. Daß die Kurven mit höherem Feld also höher liegen ist kein Meßergebnis, sondern willkürlich gewählt. Schaut man sich die Kurven jetzt genauer an, so erkennt man als erstes, daß die Sprünge beim Abschalten des Feldes mit steigender Temperatur immer runder werden. Bei T=318K ist eigentlich keine Krümmung zu erkennen. Bei T=328K ist eine leichte Rundung zu sehen und bei T=338K ist diese stark ausgeprägt. Zu beachten ist bei T=338K noch die unterschiedliche Auftragung auf der Zeitachse. Die Rundung wäre bei gleicher Auftragung noch stärker. Desweiteren nimmt die Größe der Änderung ebenfalls mit steigender Temperatur zu. Die Größe dieser Änderungen ist in Tabelle 5 nachzulesen. Bei einigen Messungen konnte der Schrittmotor möglicherweise den großen Änderungen in der Doppelbrechung nicht mehr folgen. In diesem Fall könnte eine Phasenänderung von 2π ausgelassen worden sein. Bei genauerem Hinsehen ist bei der Kurve T=318K, E=256kV/m zu sehen, daß hier der 52 Schrittmotor sogar beim Abschalten des Feldes erst einmal in die verkehrte Richtung loslief. Feldstärke/[kV/m] 318K 328K 338K 64 - 1,756⋅10-4 5,16⋅10-4 128 2,30⋅10-4 3,64⋅10-4 4,82⋅10-4 192 0,34⋅10-4 2,77⋅10-4 4,09⋅10-4 256 2,02⋅10-4 0,87⋅10-4 5,54⋅10-4 Tabelle 5: Polarisationsänderung nach Abschalten des Feldes. Es wurde die Differenz zwischen dem letzten Wert mit Feld und dem letzten Meßwert gebildet. Bei der Aufpolarisation ist hingegen kein so deutlicher Unterschied in den Meßkurven zu erkennen. Bei allen Temperaturen sind zwar Rundungen zu sehen welche auch mit steigender Temperatur zunehmen, jedoch sind bei T=318K keine Sprünge festzustellen. In Tabelle 6 sind die Polarisationsänderungen nach dem Einschalten des Feldes aufgeführt. Feldstärke/[kV/m] 318K 328K 338K 64 1,22⋅10-4 2,67⋅10-4 1,50⋅10-4 128 1,41⋅10-4 3,72⋅10-4 5,28⋅10-4 192 3,37⋅10-4 5,11⋅10-4 6,41⋅10-4 256 5,17⋅10-4 3,41⋅10-4 18,24⋅10-4 Tabelle 6: Polarisationsänderung nach Einschalten des Feldes. Die Differenz wurde aus dem ersten Wert der Messung und dem letzten Wert der Aufpolarisation ermittelt. Man erkennt, daß die Werte mit steigender Temperatur und steigendem Feld größer werden, was in Abbildung 6.1.5 aufgetragen wurde. Dies ist auch zu erwarten, da die Domänen- bzw. Clusteränderungen und Polarisationsänderungen größer werden. 53 20 338K Polarisationsänderung nach Einschalten des Feldes ∆n*10 4 15 10 5 318K 328K 0 50 100 150 200 250 Feld [kV/m] Abbildung 6.1.5: Polarisationsänderung nach dem Einschalten des Feldes. Der Ausreißer für T=328K, E=64kV/m ist mit einem Nachregeln des Schrittmotors in die verkehrte Richtung zu erklären. Siehe hierzu Abbildung 6.1.3. 6.2 Relaxation nach Feldeinschalten Um Aussagen über das Domänenverhalten von SBN machen zu können, wurden im ersten Durchgang die Aufpolarisationen der Kurven untersucht. Angesetzt wurde mit einem gestreckten Exponentialgesetz nach Kohlrausch-Williams-Watts (KWW), wobei Pind≈∆n1/2 gelten soll.14 t β ∆n = A * 1 − exp − τ 1 2 (6.2.1) Diese Untersuchungen lieferten nur für die Temperaturen 318K und 338K sinnvolle Werte. Für 328K wachsen die Werte für τ immer weiter an. Im Bereich der Übergangstemperatur sind die Fluktuationen zu groß. Für alle Temperaturen zeigt sich ein Anwachsen der β-Werte mit wachsendem Feld. Der β-Wert hängt mit der Größenverteilung der Domänen zusammen und nähert sich mit wachsendem Feld immer mehr dem Wert β=1. Dies würde einem Zustand mit uniformen Domänen mit 54 nur einer Relaxationszeit τ entsprechen. τ wächst, zumindest bei T=318K, mit der Größe des angelegten Feldes. Anzunehmen ist, daß die Dömanengrößenverteilung sich immer weiter zu größeren Domänen verschiebt, die im Einzelnen eine größere Relaxationszeit als die Kleinen besitzen. Alle Werte der Anpassungen für Gleichung (6.2.1) sind in Tabelle 7 zu sehen. Temperatur/Feldstärke P∞ τ β 318K, 64 kV/m 0,022 ±0,0001 20,72 ±0,61 0,22 ±0,004 318K, 128kV/m 0,020 ±0,0005 141,05 ±29,70 0,19 ±0,006 318K, 192 kV/m Nicht auswertbar 318K, 256 kV/m 0,040 ±0,007 421835 ±399191 0,26 ±0,01 328K, 64 kV/m 0,042 ±0,001 186173 ±37699 0,24 ±0,002 328K, 128 kV/m 0,018 ±0,001 132,03 ±1,08 0,26 ±0,002 328K, 192 kV/m 0,017 ±0,001 447986 ±188405 0,18 ±0,002 328K, 256 kV/m 0.005 ±0.001 1635.6 ±42.1 0.56 ±0,007 338K, 64 kV/m 0,014 ±0,0001 407,2 ±35,6 0,18 ±0,002 338K, 128 kV/m 0,004 ±4⋅10-6 13,1 ±0,3 0,27 ±0,003 338K, 192 kV/m 0,0033 ±2⋅10-6 478,9 ±1,8 0,30 ±0,001 338K, 256 kV/m Nicht auswertbar Tabelle 7: Aufpolarisationsauswertung nach KWW. Für die Kurve bei T=318K mit einer Feldstärke E=192 kV/m und die Kurve bei T=338K und E=256 kV/m liegen keine Anpassungen vor. Eine Auftragung der Meßkurven sind in Abbildung 6.2.1 und Abbildung 6.2.2 zu sehen. Man erkennt, daß die Anpassungen nur am Anfang mancher Kurven versagen. Dies kann mit den vorher erwähnten Schwierigkeiten des Schrittmotors zusammenhängen, große Änderungen in der Doppelbrechung richtig aufzunehmen. Die in Kapitel 5.1 beschriebene Dehnung des Kristalls ist ein anderer Grund für die Abweichungen der Kurven von den Anpassungen mit einer KWW-Funktion. Dort wurde bei einer Feldstärke von 200 kV/m eine Änderung von ∆nac≈10-4 festgestellt. Die Änderungen beim Anschalten des Feldes sind von der gleichen Größenordnung. So ergibt sich bei der Kurve bei T=338K und 50kV/m ein Wert von ∆nac≈8,5⋅10-5 zwischen dem letzten Wert vor Anlegen des Feldes und dem ersten Wert nach Anlegen des Feldes. 55 Der Einfluß der Dehnung ist jedoch nur in den ersten Meßwerten zu sehen. Danach ändert sich die angelegte Spannung nicht mehr, und es treten nur noch Relaxationsänderungen auf. Das Gleiche gilt für den Bereich des Feldabschaltens. Die ersten Punkte enthalten Dehnungsanteile und Relaxationen der Domänen, der Rest nur Relaxationseigenschaften. 0,02 ∆nac 1/2 64 kV/m 128 kV/m 0,01 192 kV/m 0,008 318K 0,006 256 kV/m Aufpolarisation 0,004 Abbildung 100 6.2.1: Zeit [s] 1000 Aufpolarisationsanpassung für T=318K. Nahe der Übergangstemperatur wachsen die Fluktuationen des Ordnungsparameters immer weiter an. 56 ∆n 1/2 0,02 0,01 64 kV/m 256 kV/m 0,008 0,006 338K 128 kV/m 0,004 0,002 Aufpolarisation 192 kV/m 100 Zeit [s] 1000 10000 Abbildung 6.2.2: Aufpolarisation für T=338K. 6.3 Relaxation nach Feldabschalten Die Betrachtung der Relaxationskurven nach Feldabschalten muß sich auf die Kurven bei T=338K beschränken. Nur hier liegen Kurven mit genügend deutlicher Relaxation vor. Bei allen anderen ist der Einfluß der Fluktuationen zu groß. Deshalb ist bei T=318K bzw. T=328K ist fast nur ein Sprung aufgrund der Dehnung des Kristalls zu erkennen. Es wurden Anpassungen mit KWW sowie mit einem Potenzgesetz versucht, t β ∆n = a exp − τ (6.3.1) ∆n = at β . (6.3.2) Hierbei lieferten die Potenzgesetzanpassungen die besseren Ergebnisse. Diese sind in Tabelle 8 aufgeführt. In dieser Auswertung steigen die β-Werte genau wie in der Aufpolarisationsauswertung mit steigendem Feld. Die dazugehörigen Kurven sind in Abbildung 6.3.1 dargestellt. Die einzige Ausnahme ist hier der Wert für E=256kV/m, welcher mit β=0,06 deutlich zu klein ist. Dies erklärt sich mit der schlechten 57 Anpassung an die gemessenen Daten. Bei kleinen Zeiten liegt die angepaßte Kurve überhaupt nicht auf der gemessenen Kurve. Weiterhin sind die Daten nicht ideal. In einem großen Bereich der Anpassung liegt keine glatte Kurve vor, sondern es treten mehrere Sprünge auf, die das Ergebnis verfälschen. E[kV/m] a β 64 0,0012 0,19 128 0,0011 0,25 192 0,0016 0,38 256 0,0010 0,06 Tabelle 8: Potenzgesetzanpassung der Relaxationdaten für T=338K. Der kritische Exponent β steigt mit wachsen der Feldstärke E an. 0,002 ∆n 64kV/m 128kV/m 1E-3 8E-4 192kV/m 6E-4 338K Potenzgesetzanpassung der Relaxationsdaten 4E-4 256kV/m 2E-4 100 Zeit [s] 1000 10000 Abbildung 6.3.1: Relaxationsauswertung für T=338K mit einem Potenzgesetz. Bei den Anpassungen der Kurven gab es deutliche Probleme mit der Potenzgesetzanpassung. Eine Anpassung mit KWW lieferte überhaupt keine vernünftigen Ergebnisse. Es war schwierig, eine vernünftige Kurve anzupassen. Hier fallen zwei mögliche Ursachen direkt ins Auge. Die erste sind die großen Änderungen in den Doppelbrechungswerten, die SBN nun einmal mit sich bringt. Dies könnte vielleicht durch kleinere Felder verhindert werden. 58 Die zweite Ursache liegt in den großen Fluktuationen des Ordnungsparameters bzw. der Doppelbrechung bei Temperaturen nahe Tc. Um den letzten Punkt genauer zu untersuchen, wurden weitere Messung bei T=308K und T=348K gemacht, also 20K von der kritischen Temperatur entfernt. Hier wurden nur noch Felder der Größe 64kV/m und 256kV/m angelegt. Leider ist eine Datenreihe durch fehlenden Speicherbereich zerstört worden, so daß nur drei Meßkurven vorliegen, welche in Abbildung 6.3.3 dargestellt sind. 256kV/m 3 308K 64kV/m ∆n*10 3 2 348K 1 256kV/m 0 0 5000 10000 15000 Zeit [s] Abbildung 6.3.2: Feldinduzierte Doppelbrechung bei Tc± 20K. Bei den beiden Kurven für T=308K ist wieder der Sprung beim Übergang zum feldabgeschalteten Zustand zu erkennen, doch auch für die Temperatur T=348K ist keine eindeutige Relaxation zu sehen, vielmehr scheint hier auch nur ein Sprung vorzuliegen, was eine Auswertung unmöglich macht. Deshalb ist für alle nur eine Aufpolarisationsauswertung gemacht worden, die in Abbildung 6.3.3 zu sehen ist. Die Entfernung von 20K vom Phasenübergang hatte keinen Einfluß auf die Güte der Anpassungen. Wenn man sich diese in der Abbildung genauer ansieht, scheinen sie höchstens schlechter geworden zu sein. Die Anpassungen für die Temperaturen T=308K verlaufen bei am Anfang der Kurve nicht auf den gemessenen Daten. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen der KWW Anpassungen in Tabelle 9 wider. 59 Das β läuft für große Felder nicht gegen den Wert 1, was zu einem eindomänigen Zustand passen würde, der damit eigentlich angestrebt werden müßte, sondern wird sowohl für T=308K als auch für T=348K noch kleiner als alle Werte, die bei den bisherigen Auswertungen vorlagen. Dies würde nur Sinn machen, wenn zu Beginn eine Domänenverteilung gleichartiger Domänen vorliegt, d.h. alle Domänen hätten annähernd dieselbe Größe. Das angelegte Feld würde dann das Verhältnis verschieben. Dies erklärt aber keinen kleineren Wert als bei Temperaturen nahe Tc, da dort ähnliche Bedingungen vorliegen müßten und ein angelegtes Feld denselben Einfluß zeigen sollte. Bei T<Tc wirkt wahrscheinlich der ferroelektrische Zustand der Umpolung entgegen. Bei T>Tc verursacht die thermische Aktivierung eine breite Domänengrößenverteilung. Der größere Abstand scheint keinen Vorteil gebracht zu haben. Man ist mit nur 20K Abstand von Tc noch zu nahe und die Fluktuationen sind noch zu groß. 0,04 64kV/m, 308K 1/2 0,03 ∆nac 256kV/m, 348K 0,02 256kV/m, 308K 50 100 500 1000 5000 10000 Zeit [s] Abbildung 6.3.3: Aufpolarisationsauwertungen für die Temperaturen T=308K und T=348K. 60 P∞ τ β 308K, 64 kV/m 0.037 ±4⋅10-6 33.1 ±0.2 0.36 ±0.001 308K, 256kV/m 0.018 ±0.001 3.38 ±0.13 0.15 ±0.003 348K, 256 kV/m 0.029 ±0.001 145.1 ±25.5 0.11 ±0.002 Tabelle 9: Aufpolarisationsdaten bei T=308K und T=348K. Auch bei Messungen 20K über bzw. unter Tc beeinflussen starke Fluktuationen die Meßergebnisse. 61 7 Zusammenfassung In dieser Arbeit wurde das Ferroelektrikum Sr0.61Ba0.39Nb2O6 (SBN) mit verschiedenen Dotierungen von Chrom mit x=0,003, x=0,006 und x=0,015 sowie einer Dotierung mit Kobalt mit x=0,0002 untersucht. Die Temperaturabhängigkeit der linearen Doppelbrechung über einen Bereich von 80-850K wurde aufgenommen und mit einer Ornstein-Zernike Anpassung erhielt man Werte für die Übergangstemperatur Tc und die kritischen Exponenten ν, γ und β. Dabei ergab die Analyse, daß sowohl Chrom- als auch Kobalt-dotierte Proben das Zufallsfeldverhalten von SBN im Gegensatz zu schon früher gemessenen Cerdotierten Proben nicht beeinflussen. Hysteresemessungen an SBN zeigen einen Beitrag des piezoelektrischen Effekts, welcher für kleinere Felder vernachlässigbar, für größere Felder aber die Sättigung der Doppelbrechungskurven verhindert. Diese zeigen bei großen Feldstärken ein lineares Verhalten, was zu einem großen Anteil auf diesen Effekt zurückzuführen ist. Eine Anpassung einer linearen Funktion in diesem Bereich und Subtraktion des Ergebnisses von der gemessenen Kurve liefert den Anteil der Polarisation an der gemessenen Doppelbrechung. Weitere Messungen der feldinduzierten Zeitabhängigkeit der linearen Doppelbrechung wurden für eine genauere Analyse der Domänenstruktur von SBN durchgeführt. Hierbei wurde mit Feldern über und unter der Koerzitivfeldstärke Ec gearbeitet und Temperaturen bis 20K über bzw. unterhalb von Tc gewählt. Sowohl Potenzgesetzanpassungen als auch Anpassungen mit einem gestreckten Exponentialgesetz nach Kohlrausch-Williams-Watts wurden durchgeführt und weißen eine breite Domänengrößenverteilung nach. Ein weiterer Beitrag zu dieser Arbeit war dem Aufbau einer Meßapparatur zur kontinuierlichen Messung der linearen Doppelbrechung gewidmet. Hierzu diente eine Modifikation des vorhandenen Aufbaus nach Babinet-Soleil zum Aufbau nach Sénarmont, in dem zur Aufnahme des Meßsignals ein rotierender Analysator dient. Dies erhöht einerseits die Meßgenauigkeit um den Faktor 10, andererseits bietet diese Meßmethode die Möglichkeit, größere Bereiche mit hoher Doppelbrechungsänderung ohne Unterbrechung zu messen. Desweiteren war die Programmierung eines neuen Meßprogramms mit Visual C++ vorgesehen, welches neben einer graphischen Oberfläche und der damit 62 verbundenen einfachen Bedienung die Möglichkeit bietet, sowohl Messungen der temperaturabhängigen Doppelbrechung, feldabhängige Zeitabhängigkeiten der Doppelbrechung als auch Hystereseeigenschaften der Doppelbrechung durchzuführen. 63 Danksagung Herrn Prof. Dr. Kleemann möchte ich für die Möglichkeit danken, neben einem interessanten Themenbereich der Physik auch auf dem Gebiet der Programmierung tätig sein zu können. Meinen Betreuer Dipl. Phys. P. Lehnen danke ich für die zahlreichen Diskussionen und Hilfestellungen beim Schreiben der Diplomarbeit und bei der Erstellung der Poster. Dr. R. Pankrath von der Uni Osnabrück danke ich für die zur Verfügung gestellten Proben. Dr. Th. Woike und seine Arbeitsgruppe an der Uni Köln danke ich für die Bearbeitung der Proben. Dipl. Ing. M. Aderholz danke ich für die Unterstützung bei der Umsetzung des neuen Aufbaus der linearen Doppelbrechung und für die Beantwortung immer wiederkehrender Fragen, die speziell die Meßsignalanpassung betreffen. Meinen Freund A. Hochstrat danke ich für die langjährige Zusammenarbeit über eine zweistellige Semesterzahl hinaus. Dr. Christian Binek danke ich für möglichst einfache Erklärungen der verschiedensten Sachverhalte. Vor allen anderen danke ich meinen Eltern, die auch über meine lange Studienzeit hinaus immer zu mir gehalten haben. 64 A. Eidesstattliche Erklärung Hiermit erkläre ich, daß ich die vorliegende Diplomarbeit selbständig und nur unter Verwendung der angegebenen Quellen angefertigt habe. Duisburg, den 23. April 2001 65 Literatur 1 A. M. Glass, „Investigation of the electrical properties of Sr1-xBaxNb2O6 with special reference to pyroelectric detection“, J. Appl. Phys. 40, 4699 (1969) 2 K. Tada, T. Murai, M. Aoki, K. Muto, K. Awazu, „Electrooptic light beam deflection with Sr0.75Ba0.25Nb2O6 prism“, Jpn. J. Appl. Phys. 11, 1622 (1972) 3 E. L. Venturini, E. G. Spencer, A. A. Ballman, J. „Elasto-optic properties of Bi12GeO20, Bi12SiO20, and SrxBa1-xNb2O6“, J. Appl. Phys. 40, 1622 (1969) 4 D. M. Pepper, J. Feinberg und N. W. Kuchtarew, „Der photorefraktive Effekt“, Spektrum der Wissenschaft, 72 (1990) 5 S. C. Abrahams, P. B. Jamieson, J. L. Bernstein, „Ferroelectric tungsten bronze- type crystal structures. Iii. Potassium lithium niobate K(6-x-y)Li(4+x)Nb(10+y)O30“, J. Chem. Phys. 54, 2355 (1971) 6 Y. Imry und S. Ma, „Random Field Instability of the Ordered State of Continuous Symmetry“, Phys.Rev.Lett. 35, 1399 (1975) 7 V. Westphal, W. Kleemann, M. D. Glinchuk, „Diffuse Phase Transitions and Random-Field-Induced Domain States of the Relaxor Ferroelectric PbMg1/3Nb2/3O3“, Phys. Rev. Lett. 68, 847 (1992) 8 P. Lehnen, E. Beckers, „Ferroelectric Domains In the uniaxial relaxor System SBN:Ce, Cr and Co“, Ferroelectrics, (eingereicht) 9 P. Lehnen, W. Kleemann, Th. Woike und R. Pankrath, „Phase Transitions in Sr0.61Ba0.39Nb2O6:Ce3+: II. Linear birefringence studies of spontaneous and precursor polarisation“, Eur. Phys. J. B 14, 633 (2000) 10 G. A. Smolenskii, V. A. Isupov, Dokl. Akad. Nauk SSSR 9, 653 (1954). 11 J. Dec, W. Kleemann, Th. Woike and R. Pankrath, „Phase Transitions in Sr0.61Ba0.39Nb2O6:Ce3+: I. Susceptibility of clusters and domains“, Eur. Phys. J. B 14, 627 (2000) 12 K. Megumi, N. Nagatsuma, K. Kashiwada, Y. Furuhata, „. The congruent melting composition of strontium barium niobate“, Mater. Sci. 11, 1583 (1976) 13 J. Bricmont, A. Kupiainen , „Lower critical dimension for the random-field Ising model“, Phys. Rev. Lett. 59, 1829 (1987) 14 R. Lindner, „Kristalloptische Untersuchungen an den ungeordneten polaren Systemen SrTiO3:Ca und PbMg1/3Nb2/3O3“, Diplomarbeit, (1996) 66 15 M. Aillerie, F. Abdi, M. D. Fontana, N. Théofanous, E. Abarkan, „Accurate measurements of the electro-optic coefficients and birefringence changes using an external modulation signal“, Rev. Sci. Instrum. 71, (2000) 16 P. S. Theocaris, E. E. Gdoutos, Springer Series in Optical Sciences 11, „Matrix theory of Photoelasticity“, Springer (1979). 17 M. Zimmermann, W. Schranz, „A hybrid apparatus for automatic birefringence measurements“, Meas. Sci. Technol. 4, 186 (1993) 18 D. Kip, S. Aulkemeyer, K. Buse, F. Mersch, R. Pankrath und E. Krätzig, „Refractive indices of Sr0.61Ba0.39Nb2O6 Single Crystals“, Phys. Stat. Sol. (a) 154, K5 (1996) 19 L. E. Cross, „Relaxor Ferroelectrics“, Ferroelectrics 76, 241 (1987) 20 J. F. Nye, „Physical Properties of Crystals“, Oxford University Press, (1960) 21 W. Kleemann, F. Schäfer, M. Fontana, „Crystal optical studies of spontaneous and precursor polarization in KnbO3 “, Phys. Rev. B 30, 1148 (1984) 22 J. R. Oliver, R. R. Neurgaonkar, „A thermodynamic phenomenology for ferroelectric tungsten bronze Sr0.6Ba0.4Nb2O6 (SBN:60)“, J. Appl. Phys. 64, 32 (1988) 23 Y. Xu, Z. Li, W. Li und H. Wang, „Phasetransitions of some ferroelectric niobate crystals with tungsten-bronze structure at low temperatures“, Am. Phys. Soc. 40, 11902 (1989) 24 M. E. J. Newman und G. T. Barkema, „Monte Carlo Study of the random-field Ising model“, Phys. Rev. E 53, 393 (1996) 25 P. Lehnen, W. Kleemann, „Ferroelectric nanodomains in the uniaxial relaxor system SBN“, Phys. Rev. B (eingereicht) 26 27 Zitat P. Lehnen (pers. Mitteilung) T. Woike, T. Volk, U. Dörfler, R. Pankrath, L. Ivleva, M. Wöhlecke, „Ferroelectric and optical Hysteresis in SBN doped rare-earth elements“, Ferroelectric Letters 23, 127 (1998) 28 T. Granzow, U. Dörfler und Th. Woike, „Influence of Pinning Effects on the Ferroelectric Hysteresis in Cerium-doped Strontium-Barium-Niobate“, Phys. Rev. B (eingereicht) 67 29 G. Schmidt, G. Borchhardt, J. von Cieminski und D. Grützmann, „Electromechanical properties of ferroelectrics with diffuse phase transition“, Ferroelectrics 42, 3 (1982) 30 A. A. Berenzhnoi, M. F. Dubovik, Yu. V. Popov und T. N. Sherstneva, „Special features of the electrooptical properties of strontium barium niobate crystals“, Opt. Spektrosk. 46, 104 (1979) 31 Y. G. Wang, W. Kleemann, „Atomic force microscopy of Domains and volume holograms in Sr0.61Ba0.39Nb2O6:Ce3+“, Phys. Rev. B 61, 3333 (2000) 32 Laser Handbook 1, edited by F. T. Arecchi, E. O. Schulz-Dubois, North-Holland publishing company (Amsterdam, New York, Oxford), (1972), p. 1002 33 T. Granzow, „Dynamik und Pinning der ferroelektrischen Domänen im Relaxor- Ferroelektrikum Sr0.61Ba0.39Nb2O6“, Diplomarbeit, Universität zu Köln, (1999) 68