Datum: 03.02.2015 Hauptausgabe Aargauer Zeitung 5001 Aarau 058/ 200 58 58 www.aargauerzeitung.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 78'282 Erscheinungsweise: 6x wöchentlich Themen-Nr.: 540.002 Abo-Nr.: 1085137 Seite: 4 Fläche: 83'575 mm² Mn. ed. '44 112 Raus aus dem Bienenkasten: Experten sehen Inder in der Überzüchtung Überzüchtung der der Tiere Tiere ein ein Hauptproblem Hauptproblem für für das das Bienensterben. Bienensterben. CL IV IMAGES/I.CHPHOTO Lasst die Bienen schwärmen! Tierisch Fast der gesamte Schweizer Bienenbestand wird nicht artgerecht gehalten. Der Honigertrag ist wichtiger als das Wohl der Tiere. Dabei könnten Imker einen wichtigen Beitrag gegen das Bienensterben leisten VON ANDREAS KREBS schwärmen, weil sie keinen Honigver- baut an einem neuen Ort eine neue «Ohne uns würde die Honigbiene auslust dulden; vernichten den grössten Wohnung. Den alten Bau überlässt sie sterben», sagen die Imker. Dabei wird Teil der Drohnenzellen, weil sie glau- der jungen, unerfahrenen Königin. Dieleicht verkannt: 30 Millionen Jahre haben, dass die Männchen - ausser ein ser natürliche Vorgang wird von den ben die Bienen, ursprünglich wilde - Nichtsnutze, ja meisten Imkern unterdrückt, weil er Waldtiere, ohne Imker sehr gut gelebt. paar Auserwählte Schmarotzer sind, welche die Varroa- nicht wirtschaftlich ist. Seit 30 Jahren machen Varroa-Milben Milben verschleppen. Dabei spielt das Schwärmen eine den Honigbienen den Garaus. Im letzSchlüsselrolle für die Gesundheit der «Das Ausbrechen der Drohnenzellen ten Winter sind in der Schweiz 14,7 Pround Verhindern des Schwärmens Bienen, ist Fasolin überzeugt. Er bezent der Völker gestorben; es waren schäftigt sich seit 35 Jahren mit artgekommt einer Kastration gleich», kritiauch schon 50 Prozent. rechter Bienenhaltung. «Naturbau und siert Gerhard Fasolin die gängige Pra- Schwarmköniginnen stärken die Biexis. Der Organisator des 5. Schafishei- nen im Kampf gegen die Varroa-MilKastrierte Bienenvölker Die heute hauptsächlich verbreitete, mer Bienen-Symposiums vom verganam Honigertrag orientierte Imkerei ist genen Sonntag meint weiter: «Für den alles andere als natürlich. Die meisten honiggeilen Imker bedeutet jeder Imker halten ihre Bienen in viel zu Schwarm Verlust. Dabei ist Schwärmen grossen Bienenkisten und die Völker das Beste, was dem Volk passieren ben», fasst er seine Beobachtungen zusammen. Aber auch Schwarmimker Fasolin muss seine Bienen mit Oxalsäure behandeln, um die Varroa im Griff zu haben. Die Bienen schwärmen lassen - dazu reihen sie dicht aneinander - beides kann.» fördert die Übertragung von Varroa Der Schwarm ist die natürliche Ver- rät auch Thomas D. Seeley, einer der und Krankheiten. Imker unterdrücken mehrung der Honigbiene. Jeden Somden Schwarmtrieb, den natürlichen mer, wenn es im Stock voll wird, teilt weltweit renommiertesten BienenforDrang des Volkes, sich durch Teilung sich der Staat. Die alte Königin fliegt scher und Starredner am Symposium. zu vermehren; sie verhindern das Aus- mit einem Teil der Bienen weg und «Bienen, die schwärmen sind stabiler», Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 56725937 Ausschnitt Seite: 1/2 Datum: 03.02.2015 Hauptausgabe Aargauer Zeitung 5001 Aarau 058/ 200 58 58 www.aargauerzeitung.ch Medienart: Print Medientyp: Tages- und Wochenpresse Auflage: 78'282 Erscheinungsweise: 6x wöchentlich sagt Seeley, Professor für Neurobiolo- mindere. Ein weiterer wichtiger Faktor gie und Verhalten an der Cornell Uni- sind laut Seeley die Drohnen: «Das wilversität in Ithaca, New York. Seit 1977 de Bienenvolk hat mehrere hundert bis studiert er wild lebende europäische tausend Drohnen. Das sichert den geneHonigbienen im Arnot Forest, nahe sei- tischen Erfolg.» Imker vernichten den ner Heimat. Seit 1993 sind auch diese grössten Teil der von ihnen als nutzlos Bienen von Varroa befallen. «Es ist zu angesehenen Drohnen. Natürlich ist die Situation in der einer starken genetischen Selektion gekommen. Den Bienen, die überlebt ha- Schweiz eine völlig andere als im urben, geht es heute gut. In ihrem natür- waldähnlichen Arnot Forest. Trotzdem lichen Umfeld werden sie selber fertig scheint etwas mehr Laisser-faire angemit den Milben», berichtet Seeley. bracht. Davon ist zumindest der österreichische Berufs-Bioimker Hans RindKeine Bienen-Wolkenkratzer berger überzeugt. Die bis vor kurzem Laut Seeley spielen für das Wohl der noch gängige Praxis der prophylaktiBienen viele Faktoren eine Rolle. So schen Varroa-Behandlung nennt er ein sind im Arnot Forest die einzelnen Völ- «Varroa-Zuchtprogramm». Die Medikaker mindestens 850 Meter voneinander mentenschwemme habe die Varroaentfernt. Es kommt deshalb nur selten Milbe stark gemacht. Gleichzeitig hätzum Verfliegen und Ausrauben und da- ten die Imker die Bienen durch übermit zum Verschleppen von Varroa-Mil- mässige Pflegemassnahmen degeneben. Schon zehn Meter Abstand würden riert. laut Seeley die Ansteckungsgefahr dras«Die beste Betreuung ist es, die Bietisch senken. Da in der Schweiz die Im- nen in Ruhe zu lassen.» Völlig unbehankerei fast ausschliesslich als Hobby be- delte Völker seien wichtig für die Antrieben wird, müsste dies vielenorts passungsfähigkeit der Bienen an aktuelmachbar sein. le Bedingungen. Fünf bis zehn Prozent Wilde Honigbienen, so Seeley weiter, seiner Völker überlässt der Bio-Imker leben in ldeinen Höhlen. «Bienenkästen deshalb dem Schicksal. «Sie dürfen sind im Vergleich dazu Wolkenkratzer.» bauen, wo und wie sie wollen. Und sie In kleinen Bauten würden sich die Var- dürfen auch an Varroa sterben.» roa-Milben deutlich weniger vermehIn Imkerkreisen hingegen gilt die ren, zudem schwärmten die Bienen öf- konsequente Varroa-Bekämpfung als ter, was wiederum den Varroa-Druck oberstes Gebot. Unbehandelte Völker Medienbeobachtung Medienanalyse Informationsmanagement Sprachdienstleistungen Themen-Nr.: 540.002 Abo-Nr.: 1085137 Seite: 4 Fläche: 83'575 mm² sind Seuchenherde, so die gängige Meinung. «Ohne Behandlung sterben die Völker innert zwei bis drei Jahren», erldärt Peter Neumann, Professor für Bienengesundheit an der Vetsuisse Fakultät der Universität Bern. Das sei auch der Grund, wes- halb es in der Schweiz keine stabilen, wild lebenden Populationen gibt. Befreit die Bienen! Oder nicht? Den Schlüssel für die Bienengesundheit sieht Neumann in der natürlichen Selektion der Bienen. Es mache bei der heutigen Situation jedoch keinen Sinn, Bienen auszuwildern, so wie es der Verein free the bees fordert. «Das funktio- niert in Norwegen ganz gut, da ist der nächste Imker fünf Kilometer entfernt. Aber bei unserer hohen Bienendichte ist das Verwildern schwierig.» In der Schweiz gibt es zirka 18 000 Imker, die 180 000 Völker bewirtschaften. Wer die Bienen retten will, wird also nicht Imker, es gibt schon genug. Bienenretter unterstützen die biologische Landwirtschaft und sorgen im Garten und auf dem Balkon für eine lange Blütenpracht. Das hilft auch den Wildbie- nen und anderen Insekten und damit der ganzen Artenvielfalt. ARGUS der Presse AG Rüdigerstrasse 15, Postfach, 8027 Zürich Tel. 044 388 82 00, Fax 044 388 82 01 www.argus.ch Argus Ref.: 56725937 Ausschnitt Seite: 2/2