WELTRELIGIONEN –Exkursionen zu Orten religiöser Begegnung Buddhistisches Zentrum Fleischmarkt 16, 1010 Wien 38 Personen machten sich am Freitag, den 13. Februar 2015 auf den Weg zum Buddhistischen Zentrum im 1. Bezirk. Im 1. Stock des Hauses Fleischmarkt 16, wo sich drei Tempel- der Theravada, der Mahayana und der Tibetische Zen Tempel - befinden, erwartete uns der Geschäftsführer Herr Georg Fischer. Er ist Unternehmer, von seiner Abstammung Jude und Vajrayana Buddhist (d.i. eine Form des tibetischen Buddhismus). Bereits mit 16 Jahren war er nach der Lektüre von Remarque, Laotse, Konfuzius u.a. – wie er uns erzählte - auf der Suche nach der absoluten Freiheit, was ihn auch dazu geführt hat in einem tibetischen Kloster zu leben, zu meditieren, Schriften zu studieren und viele Länder kennen zu lernen, in denen der Buddhismus gelebt wird. Bei uns wurde die Österreichische Buddhistische Religionsgemeinschaft 1982 gegründet und staatlich anerkannt. Sie hatte damals ca. 1000 eingeschriebene Mitglieder, heute sind es 3000. Bei der Volkszählung geben aber immer mehr Personen an, Buddhist zu sein. Als der Dalai Lama in Wien war, wurden bei seinem Empfang 40 000 Personen gezählt. Herr Fischer betonte immer wieder, dass der Buddhismus keine Religion sondern eine Geisteswissenschaft sei. Es gibt keine Vorstellung eines Gottes, keine Glaubenslehre, keine Vorstellung einer Seele oder des Himmels. Alles was man von einer Religion erwartet, gibt es nicht. Vor 2500 Jahren ist – wie der Vortragende sich ausdrückte – Siddhartha Gautama Buddha auf die Idee gekommen, etwas zu suchen, damit er dem Leid des Lebens – das ist das Leid durch Emotionen oder Schmerzen des Körpers bzw. Wünsche, von denen man glaubt, dass sie beständig sind - entgehen kann. Buddha hat in Nordindien im hinduistischen System des Kastenwesens gelebt und Misswirtschaft und Leid kennen gelernt. Durch die Geburt wurden die Menschen schicksalhaft in eine Kaste hinein geboren, aus der sie nicht mehr 1 heraus kamen. Frauen konnten z.B. nicht den Mann einer höheren Kaste heiraten. 1947 wurde das Kastenwesen abgeschafft. Seither gibt es nicht mehr nur 4 – wie Herr Fischer betonte - sondern 1000 Kasten. Buddha erkannte durch Meditation, dass es kein Schicksal gibt. 200 n. Chr. wurde sein Leben und seine Reden, die er auf einem Marktplatz gehalten haben soll, nieder geschrieben. Wenn man nun Buddhas Belehrungen auf die verschiedenen Traditionen im Buddhismus bezieht, dann ist der erste Zyklus die Grundlage für die Theravada-Tradition. Diese wird hauptsächlich in den südlichen Ländern des Buddhismus praktiziert, wie zum Beispiel Sri Lanka, Burma, Thailand, Laos und Kambodscha. Der erste Tempel, in dem wir uns aufgehalten haben, war der sehr schlicht gehaltene TheravadaTempel. Nur die Buddhafigur an der Stirnfront dominiert den Raum. Im Buddhismus gibt es keine Rituale und ohne Rituale kann man eine Weltanschauung nicht verbreiten. Der Buddhismus wurde von Kaiser Ashoka nachdem er einen Mönch getroffen hatte, eingeführt. Wo aber der Hinduismus verdrängt wurde, ist der Buddhismus als Religion entstanden. In allen Ländern, in denen sich der Buddhismus verbreitete, gab es bereits eine Religion und die Lehre hat sich über diese Religionen „darüber gelegt“. Z.B. vor den Pagoden in Thailand hat man Geister und Ahnen verehrt. Im Tempel aber steht eine Buddhafigur, dem Goldblättchen geopfert werden, damit die Gebete erhört werden sollen. Grundaussage der Lehre: Alles besteht aus Ursache und Wirkung. Es gibt keinen Zufall und kein Schicksal. Es gibt nur Ursache und Wirkung, daraus entsteht wieder eine neue Ursache und eine neue Wirkung. Alles ist in Abhängigkeit, nichts kann aus sich heraus bestehen. (Symbol Kreis – kein Anfang und kein Ende) Aus organisatorischen Gründen waren wir dann im MahayanaTempel, der sich grundlegend von dem Theravada Tempel unterscheidet. Viele Figuren sind dort aufgestellt, an die die Menschen ihre Anliegen richten. 2 Der Name Mahayana bezieht sich auf die große Einstellung in diesem “Fahrzeug“, den Wunsch, die Buddhaschaft zu erreichen, um fähig zu werden, alle Wesen vom Leiden zu befreien und ihnen bei der Verwirklichung ihres eigenen Potentials zu helfen. Buddhas dritter Lehrzyklus ist die wichtigste Grundlage für den Diamantweg, welcher in seiner vollständigen Form heute nur im Tibetischen Buddhismus enthalten ist und nun auch im Westen immer mehr Fuß fasst. In einigen anderen Traditionen, wie z.B. in mehreren Unterschulen des ChanBuddhismus in China und des Zen-Buddhismus in Japan, sind einzelne Aspekte des Tantra-Fahrzeuges überliefert. Andere Namen für den Diamantweg sind das buddhistische Tantra, das Geheime Mantrayana oder Vajrayana. 700 n. Chr. wurde diese Religion in Tibet eingeführt. Tibet war schon immer eine chinesische Garnison. Es gibt 5 Regeln (im Sinne von Empfehlungen): mögest du nicht töten, mögest du nichts nehmen, was nicht gegeben wurde, von unrechter Rede abstehen, von sexuellem Fehlverhalten abstehen, den Geist nicht durch Mittel berauschen. Wer weiß, dass alles Seiende von Leerheit (Shunyata) durchdrungen ist und ständigen Veränderungen unterworfen ist, wird sich von der Illusion eines getrennt und autonom existierenden Ichs befreien können, wird die Einheit des Universums erkennen, sich selbst als „Teil“ davon begreifen und diese Erfahrung der Nichtdualität auch leben. Alles ist eine Einheit z.B. schwarz und weiß. Wenn man eine Dualität auflöst wird man innerlich frei. Durch Meditation lernt man loslassen. Man entscheidet aber, was man loslassen möchte. Dann ist man nicht mehr gebunden. Das ist die absolute innere Freiheit. Im Buddhismus gibt es kein Karma (das durch gute und schlechte Taten bestimmt wird) weil es kein Ich gibt. Es gibt auch keine Seele. Es gibt nichts, was aus sich selbst heraus bestehen kann. Wie uns Herr Fischer erzählte, stellt er vor den Altarfiguren in der Früh 7 Schalen auf, die mit Wasser gefüllt und den Geistern geopfert werden. Am Abend werden die Schalen wieder geputzt. Der Mahahala (Bild an der gegenüberliegenden Wand) entspricht einer der am Altar stehenden 3 Figuren, ist aber schwarz und bildet mit der Figur eine Einheit. Wer in ein Kloster geht, dem werden die Haare abgeschnitten und er bekommt eine Figur in Form eines Rollbildes zugewiesen. Diese Figur wird meditiert und ein Hologramm gemacht. Man fragt im Buddhismus nie Wozu? „Beginne und du wirst sehen.“ Man wird, was man in der Figur sieht. Der Lama ist ein Guru. Was er sagt, muss man machen. In Japan gibt es 70 Klöster, die nur im Sommer geöffnet sind und abertausend Tempel. Man sagt: In Japan wird man als Shinto geboren, wird Christ und stirbt als Buddhist. P. Hugo Lassalle war seit 1929 für den Jesuiten-Orden in Japan als Missionar tätig. Er fühlte sich von der Kultur und Religion seines Gastlandes angezogen und fand bald zum Zen Buddhismus. Seit 1943 übte er sich intensiv in der ZenPraxis. Sein Schwerpunkt lag auf den Gemeinsamkeiten mit der christlichen Mystik. Diese sucht vor allem die mystische Erfahrung der unio mystica mit Gott. Das hiezu notwendige Loslassen des Weltlichen und Materiellen, der Zusammenfall der Gegensätze in das Indifferente findet seine Parallelen im Zen. P. Hugo Makibi Enomiya-Lasalle war auch Zen-Meister. Er kann als ein Wegbereiter der Verständigung zwischen Zen-Buddhismus und Christentum angesehen werden. Zum Abschluss konnten wir noch den Tibetischen Zen Tempel sehen, der uns sehr beeindruckt hat. Wien, Feber 2015-02-17 Helene Hornich und Helene Spitalsky 4