torsten_edelmann_-_essen_im_mittelalter

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Torsten Edelmann
Essen im Mittelalter – Nahrung, Speiseriten und Festgelage
Einleitung: allgemeine Aussagen zum Sachverhalt
Quellenlage:
Die schriftliche Quellenlage zum Thema „Essen im Mittelalter“ ist, wie üblich in dieser
Epoche, sehr dünn, sie reicht von Kochbüchern über Rechts- und Verhaltenskodizes (z. B.
Sachsenspiegel) bis hin zu Berichten über diverse Festgelage größeren Umfangs.
Das älteste Kochbuch im deutschen Sprachraum wurde vom Magister Michael vom
Löwenhof 1350 in Würzburg geschrieben. Es enthält 52 Rezepte für die Küche des Adels.
Den größten Teil ihrer Informationen zu Essensgewohnheiten im Mittelalter erhalten die
Historiker durch die Untersuchung von konservierten Hausabfällen. Die natürlich, wie man
sich vorstellen kann, nicht sehr häufig zu finden sind.
Die oben erwähnten Kochbücher enthalten z. B. keine Mengenangaben und sind daher auch
heute nur sehr schwer umsetzbar, da man die Mischungsverhältnisse für die Rezepte nur
durch Probieren erzielen kann.
Einführung:
Der Nahrungskonsum im Mittelalter veränderte sich auch innerhalb jener Epoche stark.
Zum einen kam es aufgrund des Aufblühens der Städte und des damit einhergehenden
Vermögenszuwachs der bürgerlichen Schichten zu einer Überschreitung der eigentlich in
Kodizes festgeschriebenen Nahrungsmittelmengen und deren Zusammensetzung (mehr
Fleisch und teure Gewürze etc.) und zum anderen boten die neuen Handelswege und
Rohstoffmärkte die Möglichkeit bisher unbekannte Nahrungsmittel einzuführen (ab dem 11.
Jahrhundert Zimt, Reis, Pfeffer und Rohrzucker nach Mitteleuropa; Buchweizen erst im 15.
Jahrhundert aus Asien nach Zentraleuropa; grüne und weiße Bohnen mit der Entdeckung
Amerikas).
Darüber hinaus wurde die Zusammensetzung und Menge der Nahrung in allen Zivilisationen
des Mittelalters von den unterschiedlichen, regionalen Klima- und Witterungsverhältnissen
bestimmt. So wurde z. B. Wein nur in den Gebieten angebaut, welche sich durch eine höhere
Anzahl an Sonnentagen als Weinanbauregionen anboten. Der eben schon erwähnte
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Buchweizen wurde bis zum 15. Jahrhundert nur in den Landschaften des europäischen Ostens
zur Brotherstellung und Breizubereitung verwendet.
Zu den geographischen Unterschieden gehört aber auch die jahreszeitliche Differenzierung
der Speisen, denn es gab im Mittelalter kaum Möglichkeiten zur Konservierung. So wurde z.
B. im Spätherbst geschlachtet, damit man zum einen das Vieh nicht im Winter durchfüttern
musste und zum anderen bot die Kälte besser Bedingungen zur Konservierung.
Darüber hinaus darf natürlich nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die
Essgewohnheiten nach Ständen stark unterschieden. Es gab Rechts- und Verhaltenskodizes
(Rechtssammlungen) die bestimmte Speisen für die einzelnen Stände vorschrieben, mit
steigender Stellung in der Hierarchie erhöhte sich die Menge und veränderte sich die
Zusammensetzung. Man unterschied daher im Mittelalter grob nach Herren- und
Bauernspeise.
Der Klerus:
Allgemein muss ich vor Beginn meiner Ausführungen darauf hinweisen, dass es zwischen
dem niederen Klerus und dem Höheren große Unterschiede gab.
Denn der niedere Klerus musste sich mit derselben Speise, wie die Bauern zufrieden geben,
wohingegen der höhere Klerus sich der Herrenspeise hingab und diese für angemessen hielt.
In meinem kleinen Vortrag werde ich mich auf die Beschreibung des Begriffes der „Völlerei“
und dessen Ächtung durch Vertreter des Klerus sowie auf die religiösen Besonderheiten, also
die Fastenzeiten, welche nicht nur für den Klerus Gültigkeit besaßen, konzentrieren.
Der höhere Klerus kam so auch in den Genuss der teueren und reichhaltigen Speisen.
Aufgrund
der
auch
schon
angesprochenen
chronologischen
Unterscheidung
der
Essgewohnheiten kam es im Herbst nach guter Ernte und der Schlachtung gut genährten
Viehs, zu einem enormen Überfluss an Speisen, der von den oberen Ständen, also auch dem
höheren Klerus, konsumiert, besser gesagt verschlungen wurde.
Der ungebremste Konsum jener Speisen wurde rasch mit dem Begriff „Völlerei“
umschrieben.
Im 6. Jahrhundert schrieb Papst Gregor I. („der Große“ / 590 – 604 n. Chr.) die sieben
Todsünden, wozu auch die „Völlerei“ gezählt wurde, als zu beachtende Gesetzmäßigkeiten
für jeden Christenmenschen fest. Die Auswirkungen der „Völlerei“ für die eigene Gesundheit
und Moral, aber auch für die Familie und damit für die gesamte mittelalterliche Gesellschaft,
waren frappierend. Dennoch wurde diese Regel häufig verletzt, vor allem von nicht
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geistlichen Ständen, aber natürlich auch von diesen. Ein verständlicher Grund hierfür waren,
so Trude Ehlert, die großen Schwankungen zwischen Überfluss und Mangel und die
Ungewissheit, ob morgen noch soviel da sein wird wie heute. Durch jene Schwankungen
wurde auch die Idee vom Schlaraffenland beflügelt, in dem einem, gebratene Tauben direkt in
den Mund fliegen.
Fastenzeiten: Chronologisch umfassten die Fasttage folgende Zeitpunkte:
-
14 Tage vor Ostern;
-
3 Bittage vor Christi Himmelfahrt;
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die vier Quatember (also jeweils Mittwoch, Freitag und
Samstag zu Beginn jedes Vierteljahres, nach dem 3.
Advent, dem ersten Fastensonntag nach Pfingsten und
nach dem 14. September);
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die Vorabende der wichtigsten Heiligenfeste;
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sowie jeden Freitag und Samstag.
Im ganzen Jahr gab es daher nur rund 230 Tage an denen Fleisch gegessen werden durfte, da
an Fasttagen nur der Genuss von Gemüse und Fisch erlaubt waren (nach strenger Konvention
auch keine Eier, keine Milch und Milchprodukte – dies wurde erst ab 1491 offiziell gestattet).
Wie man sich vorstellen kann, bedeutet dies eine starke Einschränkung des Speiseplans, wenn
man dabei noch im Hinterkopf behält, das in manchen Regionen und abhängig von der
jeweiligen Jahreszeit, die Tische nicht mit unterschiedlichen und reichen Gaben bedeckt
waren.
Aber die Menschen im Mittelalter waren nicht weniger flexibel wie wir heute und ersannen
sich zwei Methoden, um die Eintönigkeit jenes Speiseplanes zu durchbrechen. Zum einen war
dies die Erweiterung der Definition von Wassertieren, wobei dem Biber aufgrund seines
schuppenartigen Schwanzes die Charakterzüge von Fischen zugesprochen wurden und zum
anderen wurden mit Hilfe von Gewürzen und den Zutaten Mehl, Ei und Fisch, Scheingerichte,
welche die Form und den Geschmack anderer Speisen, wie Rind oder Schwein nachahmten,
zubereitet.
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Für Mönche, die dem niederen Klerus angehörten und daher sich mit Bauernspeisen begnügen
mussten, galt die Benediktinerregel Cap. 36, 9, wonach es ihnen untersagt war, das Fleisch
vierfüßiger Tiere zu essen.
Darüber hinaus legte Benedikt weitere Regeln für die Mönche fest, worunter auch jene
gehörte, welche Ihnen eine Mahlzeit im Winter und an Fasttagen und zwei Mahlzeiten an
Nicht-Fasttagen gestattete.
Der höhere Klerus kam in den Genuss von Braten aller Art und wurde nicht der vorstehenden
Regel über die Anzahl der Speisen unterworfen.
Die Bauern:
Der Stand der Bauern litt besonders unter den periodisch auftretenden Hungersnöten. Zwar
gab es auch hier reich gedeckte Tafeln, aber nur zu besonderen und sehr seltenen
Festgelegenheiten
(Hochzeiten,
etc.).
Verschärft
wurde
die
Situation
durch
die
vorgeschriebenen Abgaben an die Lehnsherren (Adel oder Klerus), die in Form von
Naturalien, also Nahrungsmitteln erfolgten. Über Geldmittel verfügte dieser Teil der
mittelalterlichen Gesellschaft kaum.
Auch für den Bauernstand galt die starke Abhängigkeit bei der Nahrungsvielfalt von den
Jahreszeiten. Getreide war für die Bäuerin die Hauptspeise, die zur Zubreitung diente (170 255 kg Getreide pro Jahr im Spätmittelalter). Es wurde am häufigsten zur Herstellung von
Broten verwendet.
Eine typische mittelalterliche Speise des Bauernstandes bestand aus einem Brei gemahlener
Eicheln und Blättern von Eberesche, Haselnusssträuchern oder Weißdorn.
Sollten die genannten Nahrungsmittel aus jahreszeitlichen oder anderen Gründen nicht
vorhanden sein, so wurde ein ungezuckerter Brei aus Haferschrott mit Wasser zubereitet
aufgetischt.
Als Beilage fungierte Gemüse, entweder Kohl oder Rüben. Einen großen Teil der bäuerlichen
Speisen basierte auf einer Gemüsegrundlage, natürlich abhängig von der Jahreszeit.
Fleisch als Nahrungsbestandteil kam nur äußert selten vor. Falls es einem Fleischspeisen gab,
so bestanden diese aus Schweinespeck, Schaf- oder Ziegenfleisch, verschiedene Innereien der
genannten Tiere - hauptsächlich Lunge oder Niere - sowie diverse Würste.
Neben den genannten Nahrungsmitteln fanden sich Eier, Milch und Milchprodukte, Fisch in
der Fastenzeit und jahreszeitabhängig heimische Früchte auf dem Speiseplan. Zum Würzen
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wurden Kräuter wie Petersilie, Dill, Kümmel u. a. verwendet. Da Zucker ein sehr kostbarer
Rohstoff war, galt Honig als Süßungsmittel.
Getrunken wurde Bier, verschiedene Obstsäfte und -weine und ab dem Spätmittelalter auch
Met. Natürlich wurde auch Wasser getrunken, wenn erkennbar war, dass es dem Organismus
nicht schadete. Ja, schon im Mittelalter war den Menschen bewusst, dass Wasser schädlich
sein konnte, auch wenn man die tatsächlichen Ursachen dafür nicht kannte.
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