Schmerztherapie Selbstmedikation

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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG
Schmerztherapie
im Rahmen der
Selbstmedikation
1
Punkt
für Apotheker/PTA
Zertifiziert von der
Apothekerkammer
Inhaltsverzeichnis
TEIL 1: Schmerz – Physiologie und Pathophysiologie
TEIL 2: Schmerztherapie
TEIL 3: Arzneimittelabgabe und Beratung in der Apotheke
TEIL 1: Schmerz – Physiologie und Pathophysiologie
1.1 Einleitung
Etwa 12 bis 15 Millionen Menschen in Deutschland (ca. 17 % der Bevölkerung) leiden Schätzungen
zufolge an länger andauernden oder wiederkehrenden Schmerzen. Ein Drittel dieser Patienten ist von
den Schmerzen stark beeinträchtigt, das heißt, der Schmerz hat sich zu einer eigenständigen Krankheit
entwickelt. [1]
Damit Schmerzen nicht chronisch werden, müssen sie frühzeitig erkannt und behandelt werden. Das
Apothekenteam kann durch eine fachkundige Beratung dazu beitragen, Schmerzen einzuordnen und
die richtige Behandlung einzuleiten. Akute Schmerzen, die kurzzeitig auftreten und deren Ursache
bekannt ist, sind im Gegensatz zu chronischen Schmerzen gut im Rahmen der Selbstmedikation therapierbar. Die wohl häufigste Schmerzart stellen dabei Kopfschmerzen dar.
Die Fortbildung „Schmerzbehandlung im Rahmen der Selbstmedikation“ behandelt die Grundlagen der
Schmerzentstehung sowie die Therapieoptionen in der Selbstmedikation und gibt außerdem wertvolle
Tipps für das Beratungsgespräch in der Apotheke.
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im Rahmen der
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1.2 Definition: Was ist Schmerz?
Die Weltschmerzorganisation International Association for the Study of Pain (IASP) definiert den Begriff
Schmerz folgendermaßen:
„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller
Gewebsschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.“
Schmerz erfüllt eine lebenswichtige Warn- und Schutzfunktion: Er informiert den Körper über Schädigungen (= Noxen) und bewahrt ihn vor dauerhaften Schäden. Im Gegensatz zum akuten Schmerz hat
der chronische Schmerz diese Warnfunktion und damit auch seinen Nutzen verloren. [2]
1.3 Schmerzqualitäten: Wie werden Schmerzen eingeteilt?
Nicht alle Teile des Körpers sind mit „Schmerzrezeptoren“ (= Nozizeptoren) ausgestattet. Das Gehirn
oder die Leber sind beispielsweise nicht schmerzempfindlich. Die gesamte äußere Haut, große Teile
der Schleimhaut und zahlreiche Gewebe bzw. Organe im Körperinneren nehmen hingegen Schmerzen
wahr. [2] Deshalb ist es sinnvoll, Schmerzen physiologisch anhand ihres Entstehungsortes zu unterscheiden.
1.3.1 Einteilung nach Entstehungsort
Unterschieden wird zwischen somatischem und viszeralem Schmerz, wobei der somatische Schmerz
zusätzlich in Oberflächen- und Tiefenschmerz unterteilt werden kann. [2]
Somatischer Schmerz: Die Schmerzempfindung geht von Haut, Muskeln, Gelenken, Knochen oder
Bindegewebe aus. Ist der Schmerz in der Haut lokalisiert, wird er als Oberflächenschmerz bezeichnet.
Der Tiefenschmerz hingegen hat seinen Ursprung in Muskeln, Gelenken, Knochen und Bindegewebe.
– Oberflächenschmerz: Der Oberflächenschmerz hat zunächst einen hellen Charakter, ist gut lokalisierbar
und klingt nach Reizende schnell wieder ab. Dieser erste Schmerz bewirkt in der Regel eine reflektorische Fluchtreaktion, z. B. das Wegziehen der Hand bei Berühren einer heißen Herdplatte. Je nach
Reizintensität folgt nach kurzer Pause der zweite Schmerz, der einen dumpfen und brennenden
Charakter hat.
Beispiele: Nadelstich, Quetschen
– Tiefenschmerz: Der Tiefenschmerz ist dumpf, schwer lokalisierbar und strahlt meist in die Umgebung
aus. Als Beispiel zu nennen ist der Kopfschmerz, der die wohl häufigste Schmerzform darstellt.
Zweiter Schmerz und Tiefenschmerz werden häufig von vegetativen Symptomen, wie z. B. Übelkeit,
begleitet.
Beispiele: Kopfschmerzen, Muskelkrampf
Viszeraler Schmerz (Eingeweideschmerz): Der viszerale Schmerz hat einen dumpfen Charakter
und ähnelt in seiner Ausprägung dem Tiefenschmerz. Er entsteht u. a. bei Dehnung der Bauchorgane,
Spasmen der glatten Muskulatur, Mangeldurchblutung oder entzündlichen Erkrankungen.
Beispiele: Gallenkolik, Ulkus, Blinddarmentzündung
2
SONDERFALL: Neuropathischer Schmerz
Neuropathische Schmerzen haben einen besonderen Charakter und werden oft als quälend empfunden.
Sie entstehen, wenn periphere oder zentrale Nerven durch Quetschung (z. B. durch Bandscheibenvorfall), Durchtrennung (z. B. bei Amputation), Entzündung (z. B. Gürtelrose) oder metabolische
Störungen (z. B. Diabetes mellitus) geschädigt werden. An den geschädigten Nervenenden kommt
es durch ektope Nervenimpulse (spontane Aktionspotentiale) zu einer fortlaufenden Aktivität, die
schließlich zu neuroplastischen Veränderungen im Zentralnervensystem führt. Dort kommt es zu
einer gesteigerten Erregbarkeit zentraler Nozizeptoren durch niederschwellige Mechanosensoren
(Berührungsallodynie) oder Kältesensoren (Kälteallodynie). Neuropathische Schmerzen sprechen nicht
auf peripher wirkende Analgetika (z. B. Ibuprofen) an. Für die symptomatische Therapie werden
Antidepressiva, Antikonvulsiva und langwirkende Opioide eingesetzt. [2]
1.3.2 Einteilung nach Dauer
Schmerzen können auch anhand ihrer Dauer klassifiziert werden. Hierbei wird zwischen akuten und
chronischen Schmerzen differenziert. Der chronische Schmerz hat im Gegensatz zum akuten Schmerz
seine physiologische Warnfunktion verloren und kann sich sogar zu einer eigenständigen Krankheit
entwickeln. [2]
Akuter Schmerz
Der akute Schmerz ist von begrenzter Dauer und tritt plötzlich auf. Er erfüllt eine Warnfunktion und
klingt nach Beseitigung bzw. Beendigung des Auslösers schnell wieder ab.
Beispiele: Kopfschmerz, Zahnschmerz, Schnittverletzung, Muskelverspannung
Chronischer Schmerz
Der chronische Schmerz tritt entweder dauerhaft (z. B. bei Rückenschmerzen oder Tumorschmerzen)
oder immer wiederkehrend auf (z. B. bei Migräne). Als chronisch bezeichnet man einen Schmerz, der
länger als drei Monate besteht. In vielen Fällen ist der chronische Schmerz zunächst Begleitsymptom
einer chronischen Erkrankung, er kann sich jedoch im weiteren Verlauf auch zu einer eigenständigen
Krankheit entwickeln.
Beispiele für chronische Krankheiten, die mit Schmerzen einhergehen: Tumorerkrankungen,
rheumatische Erkrankungen, Diabetes mellitus, Multiple Sklerose, Fibromyalgiesyndrom (FMS)
1.4 Neurophysiologie des Schmerzes: Wie entsteht Schmerz?
Schmerz entsteht, wenn mechanische, thermische, chemische oder elektrische Reize einen Schwellenwert, die Schmerzschwelle, überschreiten. Durch die Gewebeschädigung kommt es zur Freisetzung
von Schmerzmediatoren und Bildung von afferenten Schmerzimpulsen. Die Mediatoren, die aus den
geschädigten Zellen freigesetzt werden, stimulieren oder sensibilisieren spezifische Nervenendigungen,
die Nozizeptoren. [2]
Als Nozizeption werden die Auslösung, Weiterleitung und zentrale Verarbeitung von Schmerzimpulsen
bezeichnet.
3
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1.4.1 „Schmerzrezeptoren“ = Nozizeptoren
Nozizeptoren sind freie Nervenendigungen von C- und Aδ-Fasern, die noxische Reize aufnehmen. Ihre
Membranen sind mit zahlreichen Ionenkanälen und Rezeptoren für Schmerzmediatoren ausgestattet,
die dazu beitragen, thermische, chemische und mechanische Reize in elektrische Signale (Aktionspotentiale) umzuwandeln. Die Nozizeptoren der Haut
sind überwiegend polymodal und können durch
verschiedene Reizarten (thermisch, mechanisch,
Hitze
Säure (H ) Mechanischer Reiz
Kälte
chemisch) erregt werden. Der elektrische Impuls
entsteht entweder direkt über spontane Aktivierung
der Ionenkanäle oder indirekt über intrazelluläre
Epidermis
Signaltransduktionswege, die die Erregungsschwelle
des Nozizeptors herabsetzen. [2]
Corium
+
ATP
(Zellschädigung)
1.4.2 Schmerzverarbeitung und Reizweiterleitung
Elektrische Impulse, die von Nozizeptoren in Haut,
Skelettmuskulatur oder Gelenken ausgehen,
werden über markhaltige Aδ-Fasern (➔ schnelle
Leitung, erster Schmerz) und marklose C-Fasern
(➔ langsame Leitung, zweiter Schmerz/Tiefenschmerz) zum Rückenmark geleitet. Impulse, die
aus den Eingeweiden kommen, werden vorwiegend
über C-Fasern (➔ langsame Leitung, viszeraler
Schmerz) weitergeleitet.
Haarwurzel
Subcutis
TRPV1
L
Ca2+ Na+
ASIC
L
Ca2+ Na+
freie sensorische
Nervenendigung:
Nozizeptor
(stark vergrößert)
TRPA1
P2X3
L
L
Ca
2+
Na
+
Ca2+ Na+
TRPM8
L
Ca2+ Na+
Aktionspotenzial
Die afferenten Fasern führen zum Hinterhorn des
zum Hinterhorn des Rückenmarks
Rückenmarks und setzen dort Neuropeptide (z. B.
Substanz P) und die exzitatorische (= stimulierende) Abb. 1: Nozizeptor, der durch unterschiedliche Stimuli gereizt wird [2]
Aminosäure Glutamat frei. Letztere vermittelt über
postsynaptische NMDA-Rezeptoren (ionotrop/metabotrop) einen Calciumeinstrom, der zur vollständigen Depolarisation des Neurons führt.
Im Folgenden wird die Information über ein Neuron, dessen Axon auf die Gegenseite des Rückenmarks
kreuzt und als Tractus spinothalamicus (lateralis) aufwärts zieht, zum Gehirn übertragen. Im lateralen
Kerngebiet des Thalamus wird der Impuls auf die sensorischen Projektionsfelder der Großhirnrinde
(Gyrus postcentralis) übertragen. Diese sind zusammen mit dem Thalamus für die bewusste Schmerzempfindung, Lokalisation und Registrierung der Stärke von Schmerzreizen verantwortlich. [2]
1.5 Schmerz- und Entzündungsmediatoren
Im akuten Schmerzgeschehen treten nach einer Gewebeschädigung sofort die Schmerzmediatoren ATP
(Adenosintriphosphat) und Protonen aus den zerstörten Zellen sowie Serotonin aus den Thrombozyten
4
aus. Diese Mediatoren bewirken direkt einen massiven Calcium- und Natriumeinstrom in die nozizeptiven Neuronen. So werden elektrische Impulse (= Aktionspotentiale) generiert, die zu einer sofortigen
Schmerzempfindung führen.
Bei Entzündungsschmerzen werden zusätzlich immunkompetente Zellen wie neutrophile Granulozyten,
Makrophagen und Mastzellen aus dem Blut rekrutiert und wandern in das entzündete Gewebe ein.
Dort setzen sie wiederum Entzündungs- und Schmerzmediatoren frei. So entstehen die typischen Entzündungssymptome Ödem, Erythem, Schmerz und Hyperalgesie. [2]
1.5.1 Wichtige Entzündungsmediatoren
Prostaglandine
Die im Entzündungsgeschehen freigesetzten Zytokine TNFα und IL-1β binden an Rezeptoren auf eingewanderten Entzündungszellen (z. B. Makrophagen) und führen damit zu einer vermehrten Transkription inflammatorischer Gene in den Zellen. Ein Genprodukt ist das Enzym Cyclooxygenase-2 (COX-2),
das zu einer überschießenden Synthese und Freisetzung von Prostaglandinen (hauptsächlich Prostaglandin E2) führt, die über EP-Rezeptoren Entzündung, Schmerzen und Fieber vermitteln (s. Abb. 2).
Physiologischer Stimulus
Physiologische Adaptation
Entzündungsstimulus
COX-1
konstitutiv
COX-2
konstitutiv regulierbar
COX-2
induzierbar
PGs
PGs
• Rückenmark, Niere, Uterus
• Wundheilung
• Gefäßendothel u. a.
• Entzündung
• Schmerz
• Fieber
Thrombozyten
(TXA2)
Niere, Magen
(PGE2)
Gefäßendothel
(PGI2)
(„housekeeping enzyme“)
Abb. 2: Expression, Regulation und Funktion der COX-1- und COX-2-Enzyme [2]
Cyclooxygenasen sind Enzyme, die den ersten Schritt der Prostaglandinsynthese, die Umwandlung von
Arachidonsäure in Prostaglandin G2, katalysieren. Bisher wurden drei Isoformen identifiziert: COX-1,
COX-2 und COX-3. Die COX-1 dient als konstitutiv exprimiertes Enzym der Synthese von Prostaglandinen, die zahlreiche physiologische Funktionen erfüllen (s. Tab. 1). Die COX-2 wird in Niere, Rückenmark, Gefäßendothel und Uterus konstitutiv (permanent) exprimiert und übernimmt unter anderem
adaptive Funktionen (z. B. Wundheilung).
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Während die COX-1 ausschließlich konstitutiv (permanent) exprimiert wird, ist die COX-2 zusätzlich
schnell durch äußere Reize (Noxen) aktivierbar. Wird die COX-2 durch Entzündungsstimuli (z. B. Zytokine) aktiviert, werden vermehrt Prostaglandine synthetisiert (v. a. PGE2). Die Prostaglandine PGE2, F2a
und D2 bewirken im entzündeten Gewebe eine Gefäßerweiterung (erhöhte Durchblutung), Temperaturerhöhung und Sensibilisierung der Nozizeptoren. Diese Wirkungen werden durch das Zusammenspiel
mit weiteren Mediatoren (Bradykinin, Histamin) noch verstärkt. Die COX-2 ist deshalb ein wichtiger
Angriffspunkt für Nicht-Opioid-Analgetika, wie z. B. Ibuprofen. Die COX-3, die noch nicht im Detail
erforscht ist, scheint vor allem im Gehirn vorzukommen und die Schmerzwahrnehmung und -verarbeitung zu beeinflussen. [2] [3]
COX-1 vermittelt: physiologisch
COX-2 vermittelt: adaptiv, (patho-) physiologisch
Magen:
- Schleimhautproduktion #
- Säureproduktion $
Entzündung:
- Gefäße: Vasodilatation, Permeabilität #
- Nozizeptor-Empfindlichkeit #
- Wundheilung
- Fieber
Niere:
- Durchblutung #
- Natrium- und Wasserausscheidung #
Niere:
- Erhaltung der Nierendurchblutung bei Dehydratation
Intestinum:
- Motorik
Reproduktive Vorgänge:
- Ovulation, Konzeption, Nidation, Wehen
Thrombozyten:
- Aggregationsförderung
Thrombozyten:
- Aggregationshemmung (PGI2)
Endothel:
- Vasokonstriktion
Endothel:
- Vasodilatation
Tab. 1: Wirkungen von COX-1 und COX-2 [3]
Weitere Entzündungsmediatoren: [2]
Nerve Growth Factor (NGF)
Leukotriene
Histamin
Bradykinin: Schmerzmediator, der im Plasma durch proteolytische Spaltung aus Kininogen gebildet
wird. Bradykinin führt über B-Rezeptoren in der Nozizeptormembran zu einer Abnahme der Temperaturschwelle für Hitzeschmerz. Zudem stimuliert es das Enzym Phospholipase A2 in Makrophagen,
das Arachidonsäure für die Prostaglandinsynthese bereitstellt. So kommt es zu einer verstärkten
De-novo-Synthese von Prostaglandinen.
Substanz P: Neuropeptid, das von aktivierten Nozizeptoren selbst synthetisiert wird und die Nozizeptoren wiederum über spezifische Rezeptoren (NK-1-Rezeptor) stimuliert. Substanz P aktiviert
zusätzlich Mastzellen und Makrophagen.
6
1.6 Schmerzgedächtnis
Werden Nozizeptoren wiederholt gereizt, kommt es zu einer peripheren und zentralen Sensibilisierung
der Neuronen. Dementsprechend ist die Erregbarkeit der Neurone erhöht, sodass bereits niederschwellige Reize eine Schmerzempfindung auslösen.
Das Schmerzgedächtnis ist entscheidend für die Entstehung chronischer Schmerzen, die möglichst
frühzeitig behandelt werden müssen, um die fortschreitende Sensibilisierung der zentralen Neuronen zu
unterbrechen. [2]
1.7 Das endogene schmerzhemmende System
Der menschliche Körper besitzt neben dem aufsteigenden schmerzerregenden System ein absteigendes
schmerzhemmendes (= antinozizeptives) System. Es wird über die Stimulation von Opioid-Rezeptoren
(μ-,k-, δ-Rezeptoren) durch endogene Opioid-Peptide aktiviert und erschwert die Verarbeitung von
Schmerzimpulsen. Das schmerzhemmende System erfüllt die Aufgabe, die Schmerzreaktion in Situationen, in denen der Organismus handlungsfähig bleiben muss, vorübergehend zu unterdrücken. Dies
erklärt, warum Schmerzen in Stresssituationen, z. B. bei einem Autounfall, zunächst nicht wahrgenommen werden. Zudem ist die individuelle Aktivität dieses Systems wahrscheinlich ein Grund für die
unterschiedliche Schmerzwahrnehmung von Patienten.
Endogene Opioidpeptide:
β-Endorphin
Dynorphine
Methionin- und Leucin-Enkephaline [2]
Die durch Opioid-Rezeptor-Agonisten vermittelte Schmerzhemmung wird auch therapeutisch genutzt
(s. u.).
1.8 Schmerzbewertung
Die Bewertung eines Schmerzreizes ist individuell sehr unterschiedlich. Deshalb kann es vorkommen,
dass ein vergleichbarer Schmerzreiz von einer Person als starker Schmerz, von einer anderen hingegen
als geringer Schmerz empfunden wird. Ursächlich für die Differenzen sind wahrscheinlich unterschiedliche Aktivitäten des schmerzhemmenden Systems und Unterschiede bei der emotionalen, affektiven
Verarbeitung des Schmerzes. Letztere lässt sich z. B. durch Psychopharmaka beeinflussen, die in der
Therapie mancher Schmerzformen eingesetzt werden. [2]
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Numerische Rating-Skala (NRS): [4]
1
2
3
4
5
6
7
8
9 10
Keine
Schmerzen
Stärkste
vorstellbare
Schmerzen
Abb.3: Numerische Rating-Skala (NRS) zur Erfassung der Schmerzstärke
Visuelle Analog-Skala (VAS): [4]
Keine
Schmerzen
1
2
3
4
5
6
Um die subjektive Schmerzstärke eines Patienten zu messen, werden Schmerzskalen verwendet. Der Patient kreuzt an, als wie stark er die
aktuellen Schmerzen einschätzt. Verwendet
werden numerische Skalen oder visuelle Skalen
(s. u.). Mit den Ergebnissen lässt sich der individuelle Therapieerfolg verfolgen. Da Schmerzbewertung individuell ist, sind die Ergebnisse
nicht mit denen anderer Patienten vergleichbar.
Stärkste
vorstellbare
Schmerzen
Abb. 4: Visuelle Analog-Skala (VAS) zur Erfassung der Schmerzstärke
TEIL 2: Medikamentöse Schmerztherapie
In der medikamentösen Schmerztherapie werden je nach Schmerzstärke und -dauer verschiedene schmerzhemmende (= analgetische) Arzneimittel eingesetzt. Man unterscheidet zwischen Nicht-Opioid-Analgetika und Opioid-Analgetika. Der Begriff „Opioide“ umfasst alle Arzneimittel, die über eine Interaktion
mit Opioid-Rezeptoren morphinähnliche Effekte hervorrufen. Sie werden bei akuten starken Schmerzen
(z. B. postoperativen Schmerzen) oder chronischen Schmerzen (z. B. Tumorschmerzen) eingesetzt. Da
es sich um stark wirksame Substanzen mit Suchtpotential handelt, unterliegen Opioid-Analgetika der
Verschreibungspflicht und – bis auf wenige Ausnahmen – auch dem Betäubungsmittelgesetz. Nicht
verschreibungspflichtige Analgetika gehören zur Gruppe der Nicht-Opioid-Analgetika.
2.1 Nicht-Opioid-Analgetika: Behandlung von Schmerzen in der Selbstmedikation
Nicht-Opioid-Analgetika wirken hauptsächlich peripher und haben keinerlei Affinität zu OpioidRezeptoren. Trotz ihrer unterschiedlichen Strukturen haben sie ein ähnliches Wirkspektrum: Analgesie
(= Schmerzminderung) und Antipyrese (= Fiebersenkung). Die sauren nicht-opioiden Analgetika wirken
zusätzlich antiphlogistisch. Psychotrope und sedierende Eigenschaften fehlen ihnen fast vollständig.
Nicht-Opioid-Analgetika als schwache oder „kleine“ Analgetika zu bezeichnen, wird ihren Eigenschaften allerdings nicht gerecht, da sie vor allem bei entzündlichen Schmerzen den Opioiden häufig sogar
überlegen sind. [2]
8
Stoffgruppe
Wirkungen
Analgetisch
(schmerzhemmend)
Antipyretisch
(fiebersenkend)
Beispiele
Antiphlogistisch
(entzündungshemmend)
Saure antipyretische
Analgetika oder NSAR
(= Nichtsteroidale
Antiphlogistika)
4
4
4
• Ibuprofen
• Acetylsalicylsäure
• Diclofenac
• Naproxen
Nichtsaure COX-2selektive nichtsteroidale Antiphlogistika
4
4
4
• Celecoxib
• Etoricoxib
• Parecoxib
Nichtsaure
antipyretische
Analgetika
4
4
8
• Paracetamol
• Metamizol
• Phenazon
4
8
8
• Flupirtin
• Ziconotid
Andere
Tab. 2: Wirkungsspektren ausgewählter Nicht-Opiod-Analgetika
2.1.1 Nichtsteroidale Antiphlogistika (= NSAR)
Die nichtsteroidalen Antiphlogistika (NSAR) wirken analgetisch, antipyretisch und antiphlogistisch.
Ihre Wirkung beruht auf der Inaktivierung des Enzyms Cyclooxygenase und der damit einhergehenden
Hemmung der Prostaglandinsynthese.
NSAR hemmen in analgetischer Dosierung
sowohl die COX-1 als auch die COX-2. Dadurch lassen sich ihre Wirkungen, aber auch
Sensibilisierung der Nozizeptoren
Analgesie
ihre Nebenwirkungen erklären (s. Tab. 4). Die
Thrombozytenaggregation
Aggregationshemmung
Hemmung der COX-2 führt zu SchmerzlindeFieberinduktion
Fiebersenkung
rung, Entzündungshemmung und Fiebersenverringerte Darmmotilität
Diarrhoe
kung.
Die unerwünschten Wirkungen enterhöhte Natriumausscheidung über
Ödeme
stehen vorwiegend durch die Hemmung der
die Niere
verringerte Magensaftsekretion,
Ulcera
COX-1, da diese für physiologische Schutzerhöhte Magenschleimhautproduktion
funktionen, z. B. gastrointestinale ZellprotekTab. 3: Prostaglandinwirkungen und Effekte der COX-Hemmung [2]
tion, verantwortlich ist. Aber nicht nur die COX1-Hemmung führt zu Nebenwirkungen, es
werden auch physiologische Funktionen der COX-2 unterdrückt. Zudem sammelt sich die nicht mehr
durch die COX verwertete Arachidonsäure an und wird vermehrt über Lipooxygenasen in Leukotriene
umgewandelt. Leukotriene fungieren wie Prostaglandine als Entzündungsmediatoren und führen
unter anderem zur Bronchokonstriktion. [2]
Prostaglandinwirkungen
Klinische Effekte
der COX-Hemmung
9
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Nebenwirkungen und Kontraindikationen
Die Nebenwirkungen der klassischen NSAR ergeben sich hauptsächlich aus ihrem Wirkmechanismus,
der COX-Hemmung (s. o.). Deshalb haben alle NSAR folgende Nebenwirkungen, Kontraindikationen
und Interaktionen gemeinsam:
Nebenwirkungen
Kontraindikationen
• gastrointestinale Störungen (Dyspepsie, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall u. a.)
➔ Magen-Darm-Ulzerationen, Blutungen oder
Perforationen (auch in der Anamnese!)
• Erosionen im GI-Trakt bis hin zu Ulzerationen, Blutungen und
Perforationen
• Hautreaktionen (Hautausschlag, Hautjucken) und Überempfindlichkeitsreaktionen
• Nierenfunktionsstörungen mit Natrium- und Wasserretention und
nachfolgender Ödembildung und Blutdruckerhöhung
• Hemmung der Thrombozytenaggregation
➔ Asthma bronchiale
➔ hämorrhagische Diathese
➔ schwere Leber- oder Nierenfunktionsstörungen
➔ Herzinsuffizienz
➔ letzte Wochen der Schwangerschaft
(Gefahr des vorzeitigen Verschlusses des
Ductus botalli!)
• Schwindel und Kopfschmerzen
• Abnahme der Uterusmotilität
• kardiovaskuläre Komplikationen (Myokardinfarkt, Herzinsuffizienz)
• Erhöhung der Serumtransaminasen
• Auslösung eines Asthmaanfalls, besonders bei prädisponierten Patienten
(Asthmatiker!) ➔ Hintergrund: Durch COX-Hemmung wird Arachidonsäure verstärkt von der Lipoxygenase zu Leukotrienen umgewandelt. Leukotriene sind Entzündungsmediatoren und wirken bronchokonstriktorisch.
Tab. 4: Nebenwirkungen und Kontraindikationen der NSAR [2]
Interaktionen
Die Interaktionen der NSAR sind ebenfalls auf ihren Wirkmechanismus, die COX-Hemmung, zurückzuführen. Am häufigsten kommen Wechselwirkungen mit Glucocorticoiden, Antihypertonika und Thrombozytenaggregationshemmern vor. Glucocorticoide hemmen ebenfalls die COX-2, die bei der Wundheilung von Ulzerationen wichtig ist. Deshalb erhöht die gleichzeitige Anwendung von Corticoiden und
NSAR das Risiko von gastrointestinalen Komplikationen. Die Tabelle 5 zeigt, welche weiteren Wechselwirkungen auftreten können. [2]
Wirkstoff/Stoffgruppe
10
Folgen der Interaktion
• Glucocorticoide
➔ Gefahr gastrointestinaler Komplikationen #
• Probenecid
➔ urikosurische Wirkung $
• Thrombozytenaggregationshemmer
➔ Risiko gastrointestinaler Blutungen #
• selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer
➔ Risiko gastrointestinaler Blutungen #
• Saluretika
➔ diuretischer Effekt $
• orale Antidiabetika
➔ blutzuckersenkende Wirkung #
• Methothrexat (MTX)
➔ Elimination von MTX $, Toxizität #
• Lithiumionen
➔ Lithium-Ausscheidung $
• Ciclosporin
➔ Nierentoxizität #
• Cumarin-Derivate (z. B. Phenprocoumon) oder
andere Antikoagulantien (z. B. Heparine)
➔ gerinnungshemmende Wirkung #
• Antihypertonika, v. a. ACE-Hemmer
➔ blutdrucksenkende Wirkung $
Tab. 5: Interaktionen der NSAR [2]
2.1.1.1 Acetylsalicylsäure (ASS)
Acetylsalicylsäure führt neben ihrer analgetischen, antipyretischen
und antiphlogistischen Wirkung zu einer starken Thrombozytenaggregationshemmung, die mehrere Tage anhält. Dieser Effekt, der schon
bei einer niedrigen Dosis von 100 mg ASS auftritt, ist in der irreversiblen Hemmung der COX-1 in den Thrombozyten begründet. Da diese
keinen Zellkern zur Regenerierung des Enzyms besitzen, wird die Aggregation so lange gehemmt, bis neue Thrombozyten ausgereift sind.
[2] ASS zur oralen Anwendung ist nicht verschreibungspflichtig. [5]
Abb. 5: Strukturformel von Acetylsalicylsäure
Indikationen: [2] [6]
Hohe Dosierung (500 mg): Leichte bis mäßig starke Schmerzen, Fieber
Niedrige Dosierung (100 mg): Instabile Angina pectoris, akuter Myokardinfarkt (als Teil der Standardtherapie), Reinfarktprophylaxe, nach arteriellen gefäßchirurgischen oder interventionellen Eingriffen
(z. B. nach ACVB, bei PTCA), Vorbeugung von transitorischen ischämischen Attacken (TIA) und Hirninfarkten, nachdem Vorläuferstadien aufgetreten sind
Dosierung (Jugendliche ab 14 Jahre und Erwachsene): [2]
Schmerz/Fieber (OTC): analgetisch-antipyretische Einzeldosis 0,5 g, antiphlogistische Einzeldosis 1,0 g
(max. 3 g pro Tag)
Antirheumatische Therapie: 4–6 g wären erforderlich (obsolet, da zu hohe GI-Toxizität)
Herzinfarktprophylaxe: 100 mg pro Tag
Spezielle Nebenwirkungen und Besonderheiten: [2]
➔ Sodbrennen, Magenbeschwerden, Mikroblutungen der Magenschleimhaut
➔ Bei Gichtpatienten: verstärkte Harnsäureretention
➔ Kontraindikation bei Kindern unter 12 Jahren (➔ Risiko Reye-Syndrom) und Schwangeren
im dritten Trimenon (➔ Risiko Ductus-botalli-Verschluss)
➔ Bei Schwangeren im ersten und zweiten Trimenon nur bei eindeutiger Notwendigkeit
11
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2.1.1.2 Ibuprofen
Das Propionsäurederivat Ibuprofen hat im Vergleich zu anderen NSAR
das geringste relative Risiko, schwere gastrointestinale Nebenwirkungen hervorzurufen. Deshalb hat sich Ibuprofen als OTC-Analgetikum
in niedriger Dosierung besonders bewährt. Im verschreibungspflichtigen Bereich (bei oraler Anwendung ab 400 mg pro Einzeldosis [5])
wird es unter anderem in der antirheumatischen Therapie eingesetzt. [2]
Abb. 6: Strukturformel von Ibuprofen
Indikationen: [2] [6]
Selbstmedikation (OTC): Leichte bis mäßig starke Schmerzen, z. B. Schmerzen der Muskeln und des
Bewegungsapparates, Kopfschmerzen, Zahnschmerzen, akute Menstruationsbeschwerden oder zur
Fiebersenkung
Abgabe auf Rezept (Rx): Schmerz- und Entzündungstherapie bei chronischen rheumatischen Erkrankungen (z. B. rheumatoide Arthritis), akuter Gicht, Spondylitis ankylosans (Morbus Bechterew), Reizzuständen bei degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen, entzündlichen weichteilrheumatischen Erkrankungen (z. B. Muskelverspannung, Sehnenscheidenentzündung) sowie schmerzhaften
Schwellungen und Entzündungen nach Verletzungen
Dosierung (Kinder ab 12 Jahre und Erwachsene): [2]
Schmerz/Fieber (OTC): Analgetisch-antipyretische Einzeldosis 200–400 mg (max. 1200 mg pro Tag)
Antirheumatische Therapie (Rx): Antiphlogistische Einzeldosis 400–800 mg (max. 2400 mg pro Tag)
Behandlung des offenen Ductus arteriosus Botalli bei Frühgeborenen: Applikation als Injektionslösung
Besonderheiten: [2]
➔ Ibuprofen-D,L-Lysin-Salz (= Ibuprofen-D,L-Lysinat) hat einen besonders schnellen Wirkeintritt
(ca. 15 Min.); aufgrund der hohen Wasserlöslichkeit wird es im Gastrointestinaltrakt schneller
gelöst als die freie Säure Ibuprofen.
➔ wirksame Plasmaspiegel werden schneller erreicht
➔ Einzeldosis für Kinder ab 12 Jahren und Erwachsene: 400 mg Ibuprofen in Kombination mit
284 mg Lysin (= 684 mg Ibuprofen-D,L-Lysinat)
➔ Schmerz/Fieber bei Säuglingen und Kindern: Ibuprofensäfte, Suppositorien
12
2.1.1.3 Diclofenac
Das Essigsäure-Derivat Diclofenac unterliegt ab einer Einzeldosis von
mehr als 25 mg pro abgeteilter Form der Verschreibungspflicht. [5]
Es wird vorwiegend bei entzündlichen Gelenkerkrankungen (Arthritiden), Muskelverspannungen und schmerzhaften Schwellungen
sowie Entzündungen nach Verletzungen eingesetzt. In der Selbstmedikation wird es in niedriger Dosierung bei leichten bis mäßig starken
Schmerzen und Fieber eingesetzt.
Abb. 7: Strukturformel von Diclofenac
Indikationen: [2] [6]
Selbstmedikation (OTC): Leichte bis mäßig starke Schmerzen und Fieber
Abgabe auf Rezept (Rx): Schmerztherapie bei akuten und chronischen Arthritiden, Spondylitis
ankylosans (Morbus Bechterew), Reizzuständen bei degenerativen Gelenk- und Wirbelsäulenerkrankungen, entzündlichen weichteilrheumatischen Erkrankungen und schmerzhaften Schwellungen und
Entzündungen nach Verletzungen
Dosierung (Jugendliche ab 16 Jahren und Erwachsene): [2]
Schmerz/Fieber (OTC): 12,5–25 mg (max. 75 mg pro Tag)
Antirheumatische Therapie (Rx): 50–100 mg (max. 150 mg pro Tag)
Risiko und Besonderheiten: [7]
➔ kardiovaskuläres Risiko steigt bei höherer Dosierung
➔ kontraindiziert bei Patienten mit Herzinsuffizienz, ischämischer Herzerkrankung, peripherer
Arterienerkrankung oder zerebrovaskulärer Erkrankung
➔ Vorsicht bei Patienten mit Risikofaktoren für kardiovaskuläre Ereignisse
(z. B. Hypertonie, Diabetes mellitus, Rauchen)
➔ Anwendungsdauer darf in der Selbstmedikation bei Fieber 3 Tage und bei Schmerzen 4 Tage
nicht überschreiten
13
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG
Schmerztherapie
im Rahmen der
Selbstmedikation
2.1.2 Nicht saure antipyretische Analgetika
Nicht saure antipyretische Analgetika, z. B. Paracetamol, Metamizol oder Phenazon, wirken wie die NSAR
schmerzhemmend und fiebersenkend, jedoch kaum antiphlogistisch. Ihre pharmakologischen Effekte
sollen vorwiegend zentral bedingt sein. Die nicht sauren Analgetika überwinden schnell die Blut-HirnSchranke und hemmen vor allem die durch nozizeptive Stimuli hervorgerufene Prostaglandinsynthese
auf Rückenmarksebene und im Zentralnervensystem. Auf peripherer Ebene kommt es vermutlich zu
keiner relevanten Beeinflussung der Prostaglandinsynthese, was die fehlenden antiphlogistischen Eigenschaften erklärt. Gastrointestinale Nebenwirkungen und Thrombozytenaggregation sind ebenfalls weniger
stark als bei den NSAR. Der Wirkmechanismus ist noch nicht vollständig aufgeklärt. [2]
2.1.2.1 Paracetamol
Das Anilin-Derivat Paracetamol ist gut antipyretisch und etwas
schwächer analgetisch wirksam. [2] Paracetamol ist in Packungen,
die 10 g Wirkstoff überschreiten, verschreibungspflichtig. [5] Es ist
das derzeit einzige Analgetikum, das zur Behandlung während der
gesamten Schwangerschaft zugelassen ist. Es wird in Form von Zäpfchen oder Säften auch für die Behandlung von Fieber bei Säuglingen
(ab 3 kg) und Kindern verwendet.
Abb. 8: Strukturformel von Paracetamol
Dosierung: [2]
Erwachsene: 500–1000 mg (max. 4000 mg pro Tag)
Kinder: 10 mg/kg Körpergewicht (KG) (max. 50 mg/kg KG pro Tag)
Risiko und Besonderheiten: [2]
➔ Paracetamol hat eine geringe therapeutische Breite ➔ Hepatotoxizität bei Überdosierung!
(Dosen > 10 g führen unbehandelt zu tödlichen Lebernekrosen. Bei vorgeschädigter Leber
können bereits 4–6 g problematisch sein.)
➔ relative Kontraindikationen: hepatozelluläre Insuffizienz, chronischer Alkoholmissbrauch,
schwere Niereninsuffizienz, Gilbert-Syndrom (Morbus Meulengracht)
➔ maximale Behandlungsdauer in der Selbstmedikation: 3 Tage
14
2.1.3 Kenndaten verschiedener nicht verschreibungspflichtiger Nicht-Opioid-Analgetika:
Wirkstoff
Beispiele
Einzeldosis (Maximale
Tagesdosis) für Erwachsene
Rx
Acetylsalicylsäure
Salicylsäure2
Diclofenac
Ibuprofen
Naproxen
Paracetamol
Phenazon
Aspirin®
–
tmax
(h)1
OTC
500–1000 mg 0,5–2
(bis 3000 mg) 0,5–2
~ 10
~ 90
1–2
~ 60
12,5–100 mg
(bis 150 mg)
Ibuflam® akut
200–800 mg 200–400 mg 0,5–2
(bis 2400 mg) (bis 1200 mg)
1–2
200–400 mg 200–500 mg
(bis 1250 mg) (bis 600–750
mg)
12–15
ben-u-ron®
Demex®
0,5–2
~0,25
(Hauptmetabolit
Salicylsäure
1–33)
Diclofenac
Zentiva®
Dolormin® GS
12,5–25 mg
(bis 75 mg)
Halbwerts- BioverRisiko/
zeit t50% (h) fügbarkeit Besonderheiten
BVoral (%)
• Hemmung der Plättchenaggregation
~ 5 Tage
• Überdosierung:
Lebensgefahr
(besonders Kinder)
• bei OTC-Dosierung Ø
• bei antirheumatischer
Dosierung wie andere
NSAR
0,5–2
• bei OTC-Dosierung Ø
• bei antirheumatischer
Dosierung wie andere
NSAR
~ 90
• erhöhte Blutungsneigung
• Ulzerationen im
unteren Darmbereich
500–1000 mg 500–1000 mg 0,5–2
(bis 4000 mg) (bis 4000 mg)
1–2
–
10–20
500–1000 mg 0,5–2
(bis 4000 mg)
~ 90
~ 70
• hepatotoxisch
• bei Überdosierung
letal
~ 90
• schlechte Datenlage
• allergische Reaktionen
• zahlreiche Arzneimittelinteraktionen
Propyphenazon MigräneKranit®
–
500–1000 mg 0,5–2
(bis 4000 mg)
1–3
~ 90
• schlechte Datenlage
• allergische Reaktionen
1 je nach galenischer Formulierung, 2 Salicylsäure ist der Hauptmetabolit, 3 bei Dosen > 0,6 g: dosisabhängig
Tab. 6: Pharmakologische und toxikologische Kenndaten von Schmerzmitteln, modifiziert nach [2] und [12]
15
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG
Schmerztherapie
im Rahmen der
Selbstmedikation
TEIL 3: ARZNEIMITTELABGABE UND BERATUNG IN DER APOTHEKE
Das Thema Schmerz hat in der täglichen Apothekenberatung eine große Bedeutung. Akute Schmerzzustände, wie z. B. Kopfschmerzen, Zahnschmerzen oder Muskelschmerzen, lassen sich im Rahmen der
Selbstmedikation gut behandeln. Starke oder chronische Schmerzen erfordern hingegen eine Differentialdiagnose und einen Behandlungsplan durch einen Arzt. Es ist Aufgabe der Apothekenmitarbeiter, mit
gezielten Fragen festzustellen, ob eine Schmerzbehandlung im Rahmen der Selbstmedikation möglich
und sinnvoll ist. Da auch nicht verschreibungspflichtige Schmerzmittel ein gewisses Missbrauchspotential
aufweisen, sollte der Abgabe eines Schmerzmittels immer ein ausführliches Beratungsgespräch vorausgehen.
3.1 Allgemeiner Leitfaden zur Beratung bei Schmerzen
Das Beratungsgespräch sollte gemäß Arbeitshilfe der Bundesapothekerkammer zur Information und
Beratung im Rahmen der Selbstmedikation aus drei Teilen bestehen: [8]
Fragen
Entscheiden
Informieren
3.1.1 Wichtige Fragen: [8]
• Wo ist der Schmerz lokalisiert?
• Wie lange besteht der Schmerz? Ist er akut oder chronisch (> 3 Monate)?
• Wie häufig tritt der Schmerz auf? ➔ > 15 Tage pro Monat oder andauernde Schmerzen über
> 24–48 Stunden werden als kritisch betrachtet
• Was ist der Auslöser des Schmerzes? ➔ Arztbesuch empfehlen, wenn die Ursache unklar oder
nicht plausibel ist
• Weitere Begleitsymptome? ➔ z. B. Übelkeit, Licht- und Lärmempfindlichkeit, Nackensteifheit
• Wurde schon etwas gegen die Schmerzen eingenommen?
• Werden dabei die Grenzen der Selbstmedikation überschritten?
➔ Wenn ja: Arztbesuch erforderlich, wenn nein: Entscheidung für ein Präparat
3.1.2 Entscheidung für ein Präparat: [8]
• Welche Wirkungen sind erwünscht? Antiphlogistische Wirkkomponente erforderlich (➔ NSAR)?
• Interaktionen? ➔ z. B. mit Glucocorticoiden, ACE-Hemmern
• Kontraindikationen? ➔ z. B. Asthma bronchiale, Schwangerschaft, Leber-/Nierenerkrankung
• Darreichungsform und Formulierung ➔ z. B. Formulierung mit schnellem Wirkeintritt
(z. B. Ibuprofen-D,L-Lysinat), Brausetablette bei Schluckbeschwerden
16
3.1.3 Informationen zum ausgewählten Arzneimittel: [8]
Beispiel Ibuprofen:
➔ Dosierung: Erwachsene 200–400 mg Einzeldosis, max. 1200 mg pro Tag
➔ Anwendung: in der Regel zu oder nach der Mahlzeit
➔ Behandlungsdauer: kurzfristig, max. 3 Tage
➔ Wirkung: schmerz- und entzündungshemmend, fiebersenkend
➔ UAW: GI-Beschwerden, Überempfindlichkeitsreaktion, Nieren- bzw. Leberfunktionsstörungen
➔ Grenzen der Selbstmedikation: Dauer der Schmerzen über längeren Zeitraum (3–4 Tage
oder > 10 Tage pro Monat) bzw. Verschlechterung der Symptome
Allgemeine Hinweise:
Behandlungsdauer beschränkt: Nicht länger als drei aufeinanderfolgende Tage und nicht mehr als
zehn Tage pro Monat!
3.2 Beispiele
Beispiel 1: Kopfschmerzen
Bei Patienten mit Kopfschmerzen ist vor allem die Frage nach Schmerzart und begleitenden Symptomen
wichtig, da es zahlreiche Kopfschmerzformen gibt und je nach Art die Grenzen der Selbstmedikation überschritten werden. Tabelle 5 gibt einen Überblick über die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale. In der
Selbstmedikation behandelt werden können nur der akute Spannungskopfschmerz und der Migränekopfschmerz (nach ärztlicher Diagnose!).
Spannungskopfschmerz
Es wird unterschieden zwischen episodischen und chronischen Formen. Episodischer Spannungskopfschmerz dauert 30 Minuten bis sieben Tage an. Tritt er weniger als einmal pro Monat bzw. zweimal pro
Jahr auf, wird er auch als sporadisch bezeichnet. Als chronisch bezeichnet man den Spannungskopfschmerz, wenn er mindestens 15 Tage pro Monat auftritt und jeweils für Stunden oder kontinuierlich
andauert. [9]
Der akute Spannungskopfschmerz ist gut im Rahmen der Selbstmedikation zu therapieren. Geeignet
sind NSAR (Ibuprofen, ASS, Diclofenac, Naproxen) oder Paracetamol. [10] Es ist sinnvoll, die Therapie
mit einer ausreichenden Dosis, entsprechend der maximalen Einzeldosis, zu beginnen und, wenn nötig,
zu einem späteren Zeitpunkt nachzudosieren.
17
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG
Schmerztherapie
im Rahmen der
Selbstmedikation
Migränekopfschmerz:
Mittel der 1. Wahl: Triptane (z. B. Sumatriptan, Rx!)
Nicht-Opioid-Analgetika (NSAR, Paracetamol)
Prokinetika gegen Übelkeit und Erbrechen (z. B. Metoclopramid, Rx!)
Laut Leitlinie „Therapie der Migräne“ der Deutschen Gesellschaft für Neurologie haben sich unter den
Analgetika die Wirkstoffe ASS und Ibuprofen als am wirksamsten erwiesen. Die Wirkstoffkombination
aus ASS, Paracetamol und Coffein ist den Monosubstanzen etwas überlegen. [11] [12] Wichtig ist, dass
das Triptan oder Analgetikum bei einem Migräneanfall so früh wie möglich eingenommen wird.
Kopfschmerzmerkmale
Spannungskopfschmerz
Zervikogener
Kopfschmerz
ClusterKopfschmerz
Häufigkeit
gelegentlich bis
täglich
wechselnd,
häufig
Dauer
Minuten
bis Tage
Lokalisation
AnalgetikaKopfschmerz
Migräne
episodisch (über episodisch
(mehrmals
4–12 Wochen,
täglich)
mehrmals
täglich)
konstant
wechselnd, einbis sechsmal
pro Monat
anhaltend
Minuten bis
Stunden
Sekunden bis
Stunden
anhaltend
4–72
Stunden
beidseitig
streng einseitig
vom Nacken
über den Kopf
ziehend
streng einseitig,
meist über
einem Auge
im Gebiet des
TrigeminusNervs
überwiegend
beidseitig
meist
einseitig
Charakter
dumpf
drückend
ziehend
konstant mit
überlagerten
Attacken
wehenartig
ziehend
stechend
attackenartig
stechend
pulsierend
bohrend
dumpf
pulsierend
pochend
hemmend
Stärke
schwach bis
mäßig
mäßig bis
stark
stark
mäßig bis
stark
leicht bis
mäßig
mäßig bis
stark
Begleitsymptome
keine, bei
Bewegung
Besserung der
Symptome
Schonhaltung
von Kopf und
Nacken, Schluckbeschwerden,
Übelkeit
Übelkeit, Lärmund Lichtempfindlichkeit,
vegetative Symptome (Gesichtsrötung, Tränenfluss, Schnupfen)
ticartige Zuckun- leichte Übelkeit,
gen (Tic doulou- Licht- und Lärmreux), vegetati- empfindlichkeit
ve Symptome
(Gesichtrötung,
Tränenfluss,
Schnupfen)
Übelkeit, Erbrechen, Licht- und
Lärmempfindlichkeit, evtl.
Aura, bei Bewegung Verschlimmerung
Auslöser
Stress, Wetterfaktoren, Alkohol, Nikotin
unbekannt
mechanische
Belastung der
Halswirbelsäule,
Kopfdrehung,
Husten, Pressen
taktile Reize der regelmäßige
Einnahme von
Triggerregion,
z. B. leichte Be- Analgetika
rührung, Kauoder Schluckbewegungen
Alkohol, Stress,
geänderter
Schlaf-WachRhythmus,
Hormonschwankungen, Speisen
Tab. 7: Unterscheidungsmerkmale verschiedener Kopfschmerzen [12]
18
Trigeminus
Neuralgie
Wichtige Fragen zu Kopfschmerzen: [9]
• Können körperliche Routineaktivitäten wie Gehen oder Treppensteigen die Kopfschmerzen verstärken?
➔ Hinweis auf Migräne oder andere Kopfschmerzarten
• Verspüren Sie während der Kopfschmerzen Übelkeit? ➔ Hinweis auf Migräne oder andere Kopfschmerzarten
• Behindern die Kopfschmerzen Ihre üblichen Tätigkeiten (Arbeit, Schule, Freizeit) erheblich?
• Nehmen Sie an mehr als 10 Tagen pro Monat Medikamente zur Akutbehandlung Ihrer Kopfschmerzen ein?
➔ Hinweis auf Analgetika-Kopfschmerz
• Treten Kopfschmerzen an mehr als 15 Tagen pro Monat auf?
Ergänzende Empfehlungen: [10]
➔ Pfefferminzöl auf die Schläfen oder Stirn auftragen (bei Spannungskopfschmerzen)
➔ bekannte Auslöser meiden (Alkohol, Nikotin, Koffeinentzug)
➔ Spannungskopfschmerz: Spaziergang an der frischen Luft
➔ bei Migräne: Ruhe, Vermeidung von Licht und Bewegungen
➔ Methoden zur Muskelentspannung (z. B. autogenes Training, Yoga)
➔ ggf. Kopfschmerzkalender führen
Grenzen der Selbstmedikation: Wenn Kopfschmerzen länger als 24 Stunden anhalten, übermäßig stark
sind, mit Fieber, weiteren Symptomen wie Nackensteifigkeit, Übelkeit, Lärm- und Lichtempfindlichkeit
einhergehen oder attackenartig auftreten, ist ein Arztbesuch erforderlich. [10]
Beispiel 2: Rückenschmerzen
Akute Rückenschmerzen, die z. B. durch Muskelverspannungen entstehen, können im Rahmen der
Selbstmedikation behandelt werden. Nicht-Opioid-Analgetika sind aufgrund ihrer peripheren Wirkung
gut geeignet (NSAR/Paracetamol). Ibuprofen oder Diclofenac sind Mittel der ersten Wahl, da sie
antiphlogistisch wirken. [10] Die Analgetika können je nach Stärke der Beschwerden entweder lokal
(Creme/Salbe/Gel) oder systemisch (Tabletten) angewendet werden. Eine weitere Option ist das Lösen
der Verspannung durch Wärmeanwendung. Hierfür stehen Pflaster, Cremes und Bäder zur Auswahl.
Ergänzende Empfehlungen: [10]
➔ Wärmeanwendung ergänzend zu einer medikamentösen Therapie (keine Kombination mit
Analgetika zur lokalen Anwendung, z. B. Salben!)
➔ Kräftigung der Rückenmuskulatur, z. B. durch spezielle Gymnastik, Rückenschule
Grenzen der Selbstmedikation: Wenn die Beschwerden seit mehr als 48 Stunden bestehen, der Patient
über Taubheitsgefühle an den Extremitäten klagt oder innere Erkrankungen ursächlich sein könnten,
ist ein Arztbesuch erforderlich. [10]
19
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG
Schmerztherapie
im Rahmen der
Selbstmedikation
Beispiel 3: Zahnschmerzen
Bei akuten Zahnschmerzen (nach zahnärztlicher Behandlung) ist Ibuprofen das Mittel der ersten Wahl.
Es können aber auch andere Analgetika, wie Diclofenac oder Paracetamol, verwendet werden. [10]
Grenzen der Selbstmedikation: Zahnschmerzen ohne aktuelle zahnärztliche Behandlung sollten nicht in
der Selbstmedikation behandelt werden. Nur zur Überbrückung der Zeit bis zur ärztlichen Behandlung
kann ggf. ein Analgetikum empfohlen werden. Bei zusätzlichen Erkältungssymptomen ist ein Arztbesuch erforderlich (Differentialdiagnose Sinusitis maxillaris). [10]
Ergänzende Empfehlungen: [10]
➔ nach Zahnextraktionen: Kühlung der betroffenen Stelle von außen mit Kompressen, Vermeiden
von Nikotin, Alkohol und Kaffee
➔ vor Zahnarztbehandlung mit Blutungsgefahr: ASS 5 Tage vorher absetzen
➔ Mundhygiene: zwei- bis dreimal täglich Zähneputzen, Zahnseide verwenden
➔ Zahnhärtung mit fluoridhaltigen Gelen oder Mundspüllösungen
Beispiel 4: Menstruationsschmerzen
Bekannte und chronisch wiederkehrende Menstruationsschmerzen (Primäre Dysmenorrhö) können in
der Selbstmedikation gut mit Analgetika (z. B. Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol) und bei Bedarf Spasmolytika (z. B. Butylscopolamin) behandelt werden. Ibuprofen und Naproxen werden aufgrund ihrer
(geringen) spasmolytischen Wirkkomponente bevorzugt. [10]
Grenzen der Selbstmedikation: Bei sekundärer Dysmenorrhö, erstmalig auftretenden oder akut starken
Beschwerden, Blutungsunregelmäßigkeiten und bei Jugendlichen unter 15 Jahren ist zunächst ein Arztbesuch zu empfehlen. [10]
Ergänzende Empfehlungen: [10]
➔ Wärmeanwendung (z. B. Wärmflasche) unterstützt krampflösende Effekte
➔ regelmäßige, mind. jährliche gynäkologische Untersuchung
20
Quellen:
[1] Deutsche Schmerzliga e.V. Chronischer Schmerz: Daten, Fakten, Hintergründe. Ein Dossier der
Deutschen Schmerzliga e.V. Stand: Januar 2013. http://schmerzliga.de/download/Dossier_
Schmerzliga.pdf. Abgerufen am 20.06.2016.
[2] Mutschler, E. et al. Mutschler Arzneimittelwirkungen. Lehrbuch der Pharmakologie, der klinischen
Pharmakologie und Toxikologie. 10. Auflage 2013, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart.
[3] Lüllmann, H., Mohr, K., Hein, L. Pharmakologie und Toxikologie. Arzneimittelwirkungen verstehen
– Medikamente gezielt einsetzen. 17. Auflage 2010, Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart.
[4] Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin. Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz.
Weitere Dokumente: Numerische Rating-Skala (NRS) und Visuelle Analogskala (VAS). Stand:
2011. http://www.leitlinien.de/mdb/downloads/nvl/kreuzschmerz/ph/kreuzschmerz-se1.pdf.
Abgerufen am 20.06.2016.
[5] Arzneimittelverschreibungsverordnung vom 21. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3632), die durch
Artikel 1 der Verordnung vom 16. Februar 2016 (BGBl. I S. 237) geändert worden ist. Anlage 1
(zu § 1 Nr. 1 und § 5). Stoffe und Zubereitungen nach § 1 Nr. 1.
[6] Lauer-Taxe online, Stand: 01.04.2016.
[7] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Rote-Hand-Brief zu Diclofenac-haltigen
Arzneimitteln: Kardiovaskuläre Risiken. Datum: 16.07.2013. https://www.bfarm.de/SharedDocs/
Risikoinformationen/Pharmakovigilanz/DE/RHB/2013/rhb-diclofenac.html. Abgerufen am
20.06.2016.
[8] Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung. Information und Beratung im
Rahmen der Selbstmedikation am Beispiel der Eigendiagnose Kopfschmerzen. Stand der Revision:
13.11.2013.
[9] Pues, M. NSAR und Triptane in der Selbstmedikation. Pharmazeutische Zeitung 10/2016.
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=62429. Abgerufen am 20.06.2016.
[10] Lennecke, K., Hagel, K., Przondziono, K., Selbstmedikation. Leitlinien zur pharmazeutischen
Beratung. 4. Auflage 2011, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart.
[11] Deutsche Gesellschaft für Neurologie. Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie.
S1-Leitlinie Therapie der Migräne. Stand: März 2013.
[12] Weyers, W., Svejkovsky, W. Beratung aktiv 2014/2015. Selbstmedikation. Medizinisch-pharmazeutischer Leitfaden für die Kundenberatung in der Apotheke. 21. Auflage 2014, Govi-Verlag
Pharmazeutischer Verlag GmbH, Eschborn.
21
ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG
Schmerztherapie
im Rahmen der
Selbstmedikation
Exemplarische Beratungsgespräche
P = Patient
A = Apothekenmitarbeiter
1. Erwachsener Kunde mit Kopfschmerzen
A : Guten Tag, was kann ich für Sie tun?
P : Guten Tag, ich habe Kopfschmerzen und muss gleich zu einem wichtigen Bewerbungsgespräch.
Können Sie mir schnell etwas empfehlen?
A : Wie äußern sich die Schmerzen?
P : Ich fühle mich, als hätte ich einen zu engen Helm auf dem Kopf. Der Schmerz ist drückend.
A : Seit wann haben Sie die Schmerzen?
P : Seit heute Morgen, ich habe nicht gut geschlafen und mich gestern bis spät abends noch auf das
Gespräch vorbereitet. Ich habe ansonsten eher selten Kopfschmerzen.
A : Haben Sie schon etwas gegen die Schmerzen eingenommen?
P : Nein.
A : Nehmen Sie derzeit andere Medikamente ein?
P : Nein.
A : Haben Sie andere Unverträglichkeiten oder Erkrankungen, wie z. B. Magenbeschwerden, Allergien,
Nieren- oder Leberstörungen?
P : Nein, nichts dergleichen. Hören Sie, ich habe es wirklich eilig. Ich brauche ein Schmerzmittel, das
schnell wirkt, weil ich schon in einer halben Stunde meinen Termin habe.
A : Dann empfehle ich Ihnen Ibuprofen-D,L-Lysinat, das sich im Magen-Darm-Trakt schnell auflöst und
schon nach 15–20 Minuten wirkt. Es ist am verträglichsten, wenn Sie es nach dem Essen einnehmen. Für eine schnelle Wirkung sollten Sie sofort eine Tablette einnehmen und bei Bedarf nach
drei bis vier Stunden eine weitere, wenn die Schmerzen nicht abklingen. Sie können maximal drei
Tabletten über den Tag verteilt einnehmen, aber nicht länger als drei aufeinanderfolgende Tage.
Sollten sich die Schmerzen trotz der Behandlung nicht bessern oder über einen längeren Zeitraum
anhalten, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen.
P : Dann nehme ich das Medikament.
A : Haben Sie noch weitere Fragen?
P : Nein. Vielen Dank für Ihre Beratung. Auf Wiedersehen!
A : Sehr gerne. Gute Besserung und viel Erfolg bei Ihrem Gespräch!
22
2. Erwachsene Kundin mit Arzneimittelwunsch
A : Guten Tag, wie kann ich Ihnen weiterhelfen?
P : Hallo, ich hätte gerne ASS-Schmerztabletten und ein Mittel gegen Sodbrennen.
A : ASS ist ein Schmerzmittel. Sind die Tabletten für Sie selbst, für die Behandlung von Schmerzen?
P : Ja. Mit ASS kenne ich mich gut aus. Ich nehme es regelmäßig und brauche deshalb keine Beratung.
Seit kurzer Zeit habe ich aber Sodbrennen, vor allem nachts. Können Sie mir da etwas empfehlen?
A : Zunächst möchte ich kurz mit Ihnen über das Schmerzmittel sprechen: Mit ASS werden Schmerzen
in der Regel nur kurzfristig behandelt. Es kann Kopfschmerzen sogar verursachen, wenn es über
einen längeren Zeitraum eingenommen wird. Welche Art von Schmerzen haben Sie denn?
P : Es sind drückende Kopfschmerzen, die mich einfach nicht in Ruhe lassen. Ich nehme schon seit
über einem Monat ASS, doch sobald ich es absetze, kehren die Schmerzen zurück. Es ist nicht zum
Aushalten. Deshalb geben Sie mir bitte die Schmerztabletten.
A : Es ist wahrscheinlich, dass Ihre Kopfschmerzen mittlerweile durch die Einnahme von ASS hervorgerufen werden. Das kann passieren, wenn Schmerzmittel dieser Art regelmäßig und hochdosiert
über einen längeren Zeitraum eingenommen werden. Deshalb empfehle ich Ihnen, zunächst einen
Arzt aufzusuchen, der die Ursache der Kopfschmerzen untersucht und ggf. eine geeignete Therapie
einleitet. Hinzu kommt, dass die längerfristige Einnahme des Schmerzmittels Nebenwirkungen wie
Sodbrennen und Magenbeschwerden hervorrufen kann. Ebenso kann die Nieren- und Leberfunktion
beeinträchtigt werden. Deshalb ist der Arztbesuch umso wichtiger.
P : Das wusste ich gar nicht, jetzt haben Sie mich zum Nachdenken gebracht. Ich werde Ihren Rat
befolgen und noch heute zu meinem Hausarzt gehen. Vielen Dank für den Hinweis und auf Wiedersehen!
A : Auf Wiedersehen!
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ZERTIFIZIERTE FORTBILDUNG
Schmerztherapie
im Rahmen der
Selbstmedikation
1
Punkt
für Apotheker/PTA
Zertifiziert von der
Apothekerkammer
334263 SADE.GIBUZ.16061683
Notizen
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