Carl-Engler-Schule Karlsruhe Messtechnik-Grundlagen 1 (5) Messtechnik-Grundlagen 1. Elektrische Signale 1.1 Messung von Spannung, Strom und Widerstand Für die Größen Spannung U in V (Volt), den Strom I in A (Ampere) und den Widerstand R in Ω (Ohm) gilt immer das sog. Ohmsche Gesetz. (Es ist eigentlich kein physikalisches Gesetz, sondern die Definition des Widerstandes.) R= U I Mit einem Multimeter lassen sich diese Größen messen. Dabei ist jeweils auf die richtige Schaltung und die entsprechende Einstellung der Messfunktion und des Messbereichs am Messgerät zu achten. Vertauscht man beim Volt- bzw. Amperemeter die Anschlüsse, wechselt das Vorzeichen des Messwerts. Spannungsmessung (Voltmeter) Ein Voltmeter wird immer parallel zum Messobjekt geschaltet, an der Schaltung selbst wird dabei nichts verändert. Es hat einen sehr großen Innenwiderstand (typisch 1MΩ bis 10GΩ), so dass das Messgerät die Messung in den meisten Fällen nicht beeinflusst. Strommessung (Amperemeter) Ein Amperemeter wird immer in Reihe mit dem Messobjekt geschaltet. Durch ein Amperemeter muss der zu messende Strom durchfließen. Dazu muss der Stromkreis an einer Stelle geöffnet werden. Das Amperemeter überbrückt dann diese Öffnung. Es hat einen sehr kleinen Innenwiderstand (typisch 1mΩ bis 10Ω), so dass das Messgerät die Messung an kleinen, empfindlichen Objekten beeinflussen kann. Widerstandsmessung (Ohmmeter) Mit einem Ohmmeter wird der Widerstand eines von der übrigen Schaltung getrennten Bauteils gemessen. Das Messgerät schickt einen Strom bestimmer Größe durch das Messobjekt und ermittelt über die dazu notwendige Spannung den Widerstandswert. Ein Ohmmeter muss also immer eine Spannungsquelle besitzen und normalerweise eine Schaltung zur Stabilisierung des Messstroms. Es wird Spannung gemessen, aber der Messwert wird in Ohm angezeigt. Der Widerstand läßt sich auch durch die separate Messung von Spannung und Strom bestimmen. messgrundlagen1-3.odt © W. Müller Nov.2008 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 1.2 Messtechnik-Grundlagen 2 (5) Signal Ein Signal ist eine veränderbare, meist elektrische (manchmal auch optische, pneumatische oder hydraulische) Größe, deren Wert eine bestimmte Bedeutung hat. Als Signalgröße bei elektrischen Signalen werden häufig Spannung, Strom, Frequenz oder Tastgrad verwendet. Ein Signal besitzt zu jedem Zeitpunkt einen bestimmten Signalwert. 1.3 Analoge Signale Bei einem Analogsignal kann die Signalgröße in einem festgelegten Bereich jeden beliebigen Zwischenwert annehmen. Den Werten der Signalgröße wird eine Bedeutung zugeordnet (z.B. I=4mA entsprechen einem Druck von p=1bar, I=20mA entsprechen p=9bar). 1.4 Digitale Signale Bei einem Binärsignal sind nur zwei unterscheidbare Zustände zugelassen (z.B. positive oder negative Spannung). Diese beiden Zustände werden meist durch die Ziffern 0 und 1 unterschieden. Beim 24VBinärsignal sind z.B. die Bereiche „1“ +13V bis +35V und „0“ -35V bis 4,5V festgelegt. Bei einem Digitalsignal sind mehrere Binärsignale zusammengefasst. Die zugehörigen Nullen und Einsen werden als Dualzahl beschrieben. Mit 8 Stellen lassen sich 2^8 = 256 Zustände erzeugen. Wenn jedem Zustand eine Bedeutung zugeordnet wird (z.B. ein Buchstabe oder Zeichen) spricht man von einem Code. Bei einem Parallel-Signal sind die einzelnen Zuständig gleichzeitig (z.B. auf verschiedenen Leitungen) vorhanden, bei einem Seriell-Signal folgen die Zustände zeitlich aufeinander (z.B. in einem festen Takt). Eine einzelne Stelle, die den Wert 0 oder 1 haben kann, wird als ein Bit (binary digit) bezeichnet. Mit der Kombination von 8 bit = 1 byte lassen sich 256 Zeichen codieren. 1024 byte = 1kbyte (nicht 1000 byte) und 1024 kbyte = 1Mbyte beschreiben größere Informationsmengen. Hexadezimalzahlen können jeweils ein byte durch zwei (von 16) Zeichen darstellen (0, 1, 2, ...9, A, B, C, D ,E, F). Messwerte werden häufig im sog. ASCII-Code übertragen oder gespeichert, bei dem jedes Zeichen mit einem eigenen byte dargestellt wird. messgrundlagen1-3.odt © W. Müller Nov.2008 Carl-Engler-Schule Karlsruhe Messtechnik-Grundlagen 2. Eigenschaften von Messsystemen 2.1 Messgröße und Messbereiche 3 (5) Ein Messgerät reagiert auf eine physikalische Größe, die Messgröße (z.B. Spannung, Druck, Temperatur) und zeigt einen zugehörigen Messwert an. Gibt es mehrere Messbereiche, muss ein geeigneter ausgewählt werden. Man beginnt mit einem Bereich, der den erwarteten Messwert sicher enthält und schaltet zu empfindlicheren Bereichen herunter. Nicht alle Messgeräte sind mit einem Schutz gegen Überlastung gesichert. Der kleinste Bereich, der den Messwert noch enthält, bietet normalerweise die höchste Genauigkeit. Das eigentliche Messsystem kann die Messgröße meist nur in einem kleinen Bereich messen. Unterschiedliche Messbereiche erhält man durch Verstärkung bzw. durch Abschwächung der Messgröße. Für ein Messgerät sind die Bereiche "Anzeigebereich", "Kalibrierbereich" und "Messbereich" (mit abnehmender Länge) typisch. 2.2 Verstärkung In der elektrischen Messtechnik geht es vor allem um die Verstärkung (amplification) bzw. Abschwächung (attenuation) von Spannungs-Signalen. Der Verstärkungsfaktor v wird durch das Verhältnis von Ausgangsspannung Ua zu Eingangsspannung Ue definiert. Verstärkung v= Ua Ue Eine Abschwächung kann auch als Verstärkung mit v<1 angegeben werden (nicht als negative Verstärkung). Für die Abschwächung bzw. Verstärkung gibt es auch die logaritmische Maßeinheit dB (Dezibel). Manchmal ist es notwendig, einen Spannungsbereich zu verschieben. Kann z.B. ein Analog-DigitalUmsetzer Spannungen im Bereich von 0V bis 5V verarbeiten, möchte man aber Spannungen im Bereich von -10V bis +10V messen, dann muss die Spannung um den Faktor 4 abgeschwächt (v=0,25 ergibt -2,5V bis +2,5V) und um 2,5V angehoben werden. Das selbe Ergebnis erhält man, wenn die Spannung zuerst um 10V angehoben und dann mit v=0,25 abgeschwächt wird. Eine Verschiebung am Eingang, vor der Verstärkung, nennt man „bias“, eine Verschiebung am Ausgang, nach der Verstärkung, „offset“. 2.3 Analog-Digital-Umsetzung Ein Analog-Digital-Umsetzer (ADU) erzeugt aus einer Spannung an seinem Eingang ein Digitalsignal, das aus einer festen Anzahl n von Binärstellen (Nullen und Einsen) besteht. Der Wert n wird auch als Auflösung des ADU bezeichnet. Die Umsetzung wird durch ein Startsignal (Trigger) ausgelöst. Das Digitalsignal bleibt bis zur nächsten Umsetzung bestehen. Bei n Binärstellen gibt es 2n unterschiedliche Digitalsignale. Ein ADU mit z.B. n=6 bit kann damit 26=64 verschiedene Zahlen darstellen. Es gibt also nur 64 mögliche verschiedene Messergebnisse. Der gesamte Messbereich von z.B. 0V bsi 5V wird in 64 Stufen eingeteilt. Jede Stufe hat damit eine Höhe von 5000mV/64=78,1mV. Ändert sich die Eingangsspannung innerhalb einer solchen Stufe, bleibt das Ausgangssignal gleich. 2.4 Auflösung und Übertragungsfaktor Als Auflösung wird der kleinste unterscheidbare Schritt am Ausgang (oder in der Anzeige) bezeichnet. Bei einer vierstelligen Digital-Anzeige eines Voltmeters im 20V-Bereich ergibt sich eine Auflösung von 10mV. Bei ADUs wird als Auflösung die Anzahl der bits angegeben. Statt des bisher gebräuchlichen Begriffs Empfindlichkeit sollte der gleichwertige Begriff Übertragungsfaktor benutzt werden. Der Übertragungsfaktor ist definiert als Quotient von Anzeigenänderung (am Ausgang) dividiert durch die Änderung des Eingangssignals. Für einen Drucksensor könnte die Angabe des Übertragungsfaktors z.B. 2mA/bar heißen. Bei einem Verstärker oder Abschwächer sind Übertragungsfaktor und Verstärkung gleich. messgrundlagen1-3.odt © W. Müller Nov.2008 Carl-Engler-Schule Karlsruhe 2.5 Messtechnik-Grundlagen 4 (5) Genauigkeit, Präzision und Richtigkeit Die Genauigkeit setzt sich zusammen aus der Präzision und der Richtigkeit. Die Präzision gibt an, wie stark die Messwerte schwanken, wenn das Eingagssignal konstant ist. Die Richtigkeit gibt an, wie stark der Mittelwert der angezeigten Messwerte vom richtigen Wert abweicht. Die Genauigkeit ∆U wird meist aus dem quadratischen Mittel der beiden Werte berechnet. U = U P 2 U R 2 2.6 Skalierung, Kalibrierung und Eichung Bei der Skalierung wird festgelegt, was die Werte der Signalgröße eines Sensors oder Messystems zu bedeuten haben. Dies geschieht durch die Festlegung einer mathematischen Funktion, mit der aus dem Signalwert eines Sensors der Merkmalswert der zu messenden Größe (oder auch umgekehrt) berechnet werden kann. Bei einem Messgerät wird entsprechend eine Beziehung zwischen Eingangs- und Anzeigewert hergestellt. Bei der Kalibrierung wird diese Beziehung durch Vergleich mit gesicherten Standardwerten ermittelt. Bei der Eichung wird eine Kalibrierung durch eine amtlich autorisierte Stelle (mit Protokollurkunde und Stempelung) durchgeführt. Typische Formen der mathematischen Beziehung sind in den Diagrammen dargestellt: 14 Skalierungsfunktionen 12 Signalwert Signalwert 10 8 6 4 proportional 2 linear 0 0 2 4 6 8 10 20 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Skalierungsfunktionen stückweise linear mit Polynom-Interpolation 0 12 2 Merkmalsw ert 2.7 4 6 8 Merkmalswert 10 12 Rechenfunktionen Rechenfunktionen können sowohl auf der analogen als auch auf der digitalen Seite im Messsystem vorhanden sein, werden aber häufig auch erst in einem Auswerteprogramm ausgeführt. Typische Funktionen sind: Gleichrichtung Glättung 2.8 Begrenzung Filterung Offset Klasseneinteilung Effektivwert Frequenzanalyse Datenspeicher Für jeden Messwert wird mindestens die durch den ADU festgelegte Speichergröße benötigt. Bei einem 16bit-ADU sind es z.B. 16 bit = 2 byte. Für einen Datenlogger, der z.B. 24h lang jede Sekunde einen Messwert aufzeichnet, sind somit 60*60*24*2 byte = 172800 byte = 168,75 kbyte erforderlich. 2.9 Schnittstellen Zur Kommunikation mit anderen Geräten bzw. mit einem Computer gibt es viele unterschiedliche Systeme. In der Messtechnik verbreitet sind: Serielle Schnittstelle RS 232 Serielle Schnittstelle RS 485 USB-Schnittstelle IEC-Bus messgrundlagen1-3.odt (alt, einfach, billig, gut) (universelles Bussystem in Labor und Prozessautomatisierung) (sehr verbreitet, schnell) (bewährt, teuer, meist nur für Laborgeräte) © W. Müller Nov.2008 Carl-Engler-Schule Karlsruhe Messtechnik-Grundlagen 3. Aufgaben 3.1 Messungen mit dem Multimeter 5 (5) An der Schaltung sollen der Gesamtstrom, der Strom durch R3 und die Spannung an R4 gemessen werden. Zeichnen Sie die Schaltung mit den erforderlichen Messgeräten. R2 R1 R3 R4 3.2 Auflösung und Übertragungsfaktor Ein Temperatursensor hat einen Übertragungsfaktor (Empfindlichkeit) von 10mV/K im Messbereich von -20°C bis +80°C. Die Sensorspannung wird von einem ADU mit einer Auflösung von 10-bit mit einem Eingangsbereich von 0V bis 1V in ein digitales Signal umgesetzt. a) In welchem Spannungsbereich liegt die Sensorspannung? b) Welche Spannung wird bei einer Temperatur von 20°C ausgegeben? c) Welche kleinste Spannungsänderung kann noch unterschieden werden? d) Welche kleinste Temperaturänderung kann noch unterschieden werden? e) Welchen Übertragungsfaktor hat das gesamte System aus Sensor und ADU? f) Welche Dualzahl ergibt sich bei einer Temperatur von 20°C? 3.3 Verstärkung, Bias und Offset Für eine Steuerung muss ein Spannungsbereich von -100mV bis +100mV auf den Bereich 0V bis 24V verstärkt werden. a) Geben Sie die erforderlichen Werte für Bias und Verstärkung an. b) Geben Sie die erforderlichen Werte für Verstärkung und Offset an. 3.4 Präzision und Richtigkeit Die Ergebnisse einer Mehrfachmessung sind in der Grafik dargestellt. Schätzen Sie ab, wie groß bei einem Eingangswert von 12,0V die Präzision (∆UP), die Richtigkeit (∆UR) und die daraus berechnete Genauigkeit ∆U des Messgeräts sind. messgrundlagen1-3.odt © W. Müller Nov.2008