Morphinantagonisten – Stellenwert im neuro-endokrinologischen System Eckhard Beubler Institut für Exp. & Klin. Pharmakologie Medizinische Universität Graz Struktur physiologischer Rezeptoren und ihre Signaltransduktionswege Ligand-gesteuerte Ionenkanäle • nikotinische Acetylcholin-Rezeptoren Acetylcholin Na+ Griesbacher, 2000 Ligand-gesteuerte Ionenkanäle • GABAA-Rezeptoren A Gamma-Amino-Buttersäure gamma-amino-butyric acid Cl– Aufbau aus 5 Unterheiten (Typen a, b, g, d, r, e, p) Griesbacher, 2000 G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (7-TM-Rezeptoren) Thibonnier et el.: Ann. Rev. Pharmacol., 2001; 41: 175-202 Griesbacher, 2001 Mittlerfunktion des G-Proteins (Guanylnucleotid-bindendes Protein) Dopamin D1 Dopamin D2 Dosis-(Konzentrations-)-Wirkungs-Kurve Wirkung Wirkung 100% 50% ED50 EC50 pD2 = –lg[EC50] 0% 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Dosis 0,01 0,1 1 10 100 log [Dosis] Griesbacher, 2000 intrinsische Aktivität Effekt aE intrinsische Aktivität Ligand mit hoher intrinsischer Aktivität (Agonist) z.B. Morphin Ligand mit geringerer intrinsischer Akt. (partieller Agonist) z.B. Buprenorphin Ligand ohne intrinsische Aktivität (Antagonist) log [Konz.] z.B. Naloxon Griesbacher, 2000 Agonist / Antagonist -Rezeptor-Interaktion A Agonist A A Agonist Agonist aktivierter Rezeptor aktivierter Rezeptor Agonist Rezeptor R a R* R* k+1 A + R AR* k–1 „Schlüssel-Schloss-Modell“ k+2 B R BR k–2 B Antag. + Antagonist B Antag. Rezeptor Rezeptor R R Griesbacher, 2000 Agonist A kompetitiver Antagonismus + Antagonist B Effekt Agonist A allein A A A A A + B1 + B3 + B10 + B30 + B100 DR „dose ratio“ log [Konz. Agonist A] Griesbacher, 2000 kompetitiver Antagonismus: Schild-Plot log [DR–1] 4 3 2 –log10 [Antagonist] bei DR = 2 pA2 1 pA2 = 9,5 (0,3 nmol / l) 0 6 7 8 9 10 –log [Konz. Antagonist B] 1000 100 10 1 0,1 Konzentration ( nmol/l ) Griesbacher, 2000 • pA2-Wert: Parameter für Affinität eines Antagonisten = neg. dekad. Log. der Antagonistenkonz., die die Konz.-Wirkkurve des Agonisten um den Faktor 2 nach rechts verschiebt Agonist A nichtkompetitiver Antagonismus + Antagonist B Effekt Agonist A allein A + B1 A + B3 A + B10 A + B30 A + B100 log [Konz. Agonist A] Griesbacher, 2000 Opiate Hemmen Opiatrezeptoren Hemmen Freisetzung von Substanz P Hemmen die Adenylate-Cyclase Öffnen K-Kanäle Hemmen Ca-Kanäle (Aktivieren absteigende Bahnen) Opioidwirkungen über Rezeptoren Rezeptor d Analgesie Sedierung Atemdepression Sucht Antagonist: Naloxon bzw.Naltrexon Eigenschaften der Opioid-Rezeptoren - Rezeptor: überwiegend inhibitorisch wirksam - Rezeptor: vermittelt hypno-sedative Wirkung d - Rezeptor: wirkt regulierend analog Enkephalinen ORL-1/NOP – Rezeptor: endogener Ligand: Nociceptin Toll-like Rezeptor 4: erhöhen Dopamin im NA Opioid-Effekte auf TLR4 Hemmung von akuter und chronischer Analgesie Opioid-Toleranz Opioid-induzierter Hyperalgesie Belohnung Opioid-Abhängigkeit Atemdepression Opioid-Antagonist-Effekte auf TLR4 Stimulierung von akuter und chronischer Analgesie Hemmung der Opioid-Toleranz Hemmung der Opioid-induzierten Hyperalgesie Hemmung von Belohnung Hemmung von Opioid-Abhängigkeit Hemmung der Atemdepression Substitutionstherapie vermindert Konsum illegaler Drogen vermindert Euphorie vermindert Injektionen vermindert Überdosis vermindert Entzugssyndrom Arzneimittel zur Behandlung Heroinabhängiger Methadon LAAM (Levo-a-acetylmethadol) Diamorphin Morphin Buprenorphin Dihydrocodein Clonidin Nifedipin Naltrexon ( zur Absicherung) Methadon Speicherorgan: Leber Abbau: Mischfunktionelle Oxidasen Vorteile: 1x täglich; antagonisierbar mit Naloxon Methadon Metabolismus: N-Demethylierung zu EDDP*: 43 % N-Demethylierung zu EMDP°: 10% *Ethylidine-dimethyl-diphenyl-pyppolidin °Ethyl-diphenyl-methyl-pyrrolidine Methadon Nachteile: Arzneiform (Lösung) Metabolismus (Kumulation) verlängertes Entzugssyndrom Enzyminduktion: Entzugssyndrom (Rifampicin, Phenytoin, Methadon!) Leberfunktionsstörung: t/2 von 1836 K.I. bei schwerer Leberinsuffizienz K.I. in der Schwangerschaft Nierenfunktion: Harnausscheidung reduzierte Sexualfunktion Lungenödem bei Überdosierung hochtoxisch für Opiat-Naive Morphin Metabolismus: Morphin – 3 – Glukuronid (TLR4!) Morphin – 6 - Glukuronid Morphin Abbau: Glucuronidierung hepatisch u. extrahepatisch Morphin: Wirkung 1 M-3-G: Wirkung 1/10 M-6-G: Wirkung 2-4 fach ICV: Wirkung 40 fach Morphin Vorteile: Arzneiform 1x täglich klarer Metabolismus Anwendung bei Leberinsuffizienz Anwendung in der Schwangerschaft Antagonisierbar mit Naloxon mildes Entzugssyndrom keine Arzneimittelwechselwirkungen Nachteile: Entzugssyndrom Nierenfunktionsstörung: M-6-G Buprenorphin Buprenorphin so wirksam wie Methadon Verwendung: Kurzzeitige bis mittelfristige Substitution bei jungen Abhängigen (gute Verträglichkeit) Opioid Rezeptoren und Depression MOR DOR KOR µ Opioid Rezeptor d Opioid Rezeptor Opioid Rezeptor Akute MOR Aktivierung: Euphorie Chronische MOR Aktivierung: Depression Substitution mit MOR-Agonist: hohes Risiko für MDD (major depressive disorder) MOR Agonist kombiniert für KOR Antagonist Opioid Abhängigkeit mit DOR Agonist Depression = Buprenorphin Buprenorphin Vorteile: Nachteile: sublinguale Gabe geringe atemdepressive Wirkung geringes Suchtpotential mildes Entzugssyndrom Entzugserscheinungen schlecht antagonisierbar mit Naloxon Buprenorphin Metabolismus: N-Dealkyl-buprenorphin Konjug. N-Dealkyl-buprenorphin Buprenorphin-3-Glukuronid Buprenorphin Buprenorphine (aber nicht Morphin) Vermindert den zerebralen GlucoseStoffwechsel Buprenorphin gewisse Lebertoxizität Buprenorphin/Naloxon =Suboxone Suboxone Vorteile „Clear mind“ Fähigkeit zu beruflichen und sozialen Aktivitäten Vermeidung institutioneller Aufnahme Soziale Ausgrenzung vorgebeugt Subuxone Vorteile Niedergelassene Ärzte ohne Training: 82 % negative Urine-Drogentests 92 % negative auf Cocain 88 % positiv auf Buprenorphin Studie aus New Haven/USA Suboxone Nachteile hohe Kosten bei Patienten mit hohen Methadondosen nicht verwendbar nicht für lange Zeit-Behandlung geeignet verhindert nicht Rückfälle (ja erhöht die Inzidenz von Rückfällen) Buprenorphin hat keinen Effekt auf Hirnregionen die mit „Relapse“ verbunden sind. Naloxone hemmt den Effekt aller Opioide hemmt den DA release im Belohnungszentrum auch Buprenorphin hemmt den DA release im Belohnungszentrum führt zum „drug seeking behavior“ Naloxon wird aus Suboxon (sublingual) nicht resorbiert – kein Effekt nur im Falle parenteraler Injektion die Kinetik von Buprenorphin wird durch Naloxon nicht beeinflußt auch das Entzugssyndrom bei Opioid-Abhängigen wird unter Suboxon nur durch Buprenorphin herbeigeführt -- hohe Rezeptor-Affinität Verwendung von Naltrexon Alkoholismus Crohns disease Multiple Sklerose Fibromyalgie Selbstverletzungen Autismus Potenzstörungen Studien Studien Studien Studien Studien Studien Studien Low dose Naltrexon = 4,5 mg/Tag Opioid Antagonisten erhöhen im Hypothalamus die GnRH – Sekretion, damit die LH Freisetzung und die Testosteron - Bildung Australische Studie Kelty E and Hulse G 2012, Addiction Orales Naltrexon gegen implantiertes Naltrexon n=2155 n=2389 8,78 Todesfälle ptpy 6,59 TF. ptpy p<0,05 In den ersten 4 Monaten der Behandlung 26,28 TF ptpy 7,34 TF ptpy Tod durch Opioid-Überdosis 17, 22 vs. 0,67 Methadon: 94,47 Todesfälle ptpy 2 Wochen nach Naltrexon: 221 Todesfälle ptpy (Toleranz herabgesetzt) Oral Naltrexon (Revia®) Schlechte Adherence Hohe Rückfallsquote Hohe Todesrate (8.78 per 1000 Pat. Jahr) Nach 4 Monaten 26.28 ptpy Weniger Depression als nach Methadon Naltrexone Implantate Verhindert Rückfall für die Dauer der Wirkung Todesraten höher als bei Opioid Substitutions-Therapie (6.59 ptpy) Nach 4 Monaten 7.34 ptpy Naltrexon chronisch Rezeptor-up-regulation durch RezeptorBlockade Die Folge ist eine Überempfindlichkeit auf Opioide nach Absetzen der Therapie Probleme mit Naltrexon Noncompliance (oral) verminderte Toleranz auf Opioide nach Absetzen Nebenwirkungen von Naltrexon Übelkeit Erbrechen Oberbauchschmerzen Leberfunktionsstörung (Dosis) Depression bis Gedanke an Selbstmord Zentral nervöse Störungen Dysphorie, Unruhe, Angst Kopfschmerz Gelenkschmerzen Hemmung des Atemzentrums Nebenwirkungen von Naltrexon Sehr häufig: Häufig: Angstzustände Nervosität Schlafstörungen Reizbarkeit Gemütskrankheit Andere Opioid-Antagonisten Nalmefene LY2196044 ALKS-29 ALKS-33 Hillemacher T et al. Expert Opin. Investig. Drugs 20: 1073, 2011 Dopamin-System Unterfunktion (genetisch) = Prädisposition, Substanzen oder Verhalten zu suchen, die mesolimbische dopaminerge Zentren aktivieren Alkohol, Opiate, Psychostimulantien, Nikotin, Kohlenhydrate, Cannabis, Spiel, Sex etc. Blum K et. al.: Mol Neurobiol 2011, 44; 250 Belohnungssystem im Hypothalamus Serotonin-freisetzende Neurone Freisetzung von Met-Enkephalin (ventrale Tegment-Areal) Hemmung der Freisetzung von GABA (in Substantia Nigra) ermöglicht normale Freisetzung von DA im Nucleus accumbens DA – Freisetzung in Nucleus accumbens Belohnung Chronischer Mißbrauch Inaktivierung der Belohnungskaskade: Neurotransmitter Synthese-Hemmung Depletierung etc. Craving-Verhalten Rimonabant (Acomplia) AM, die DA Freisetzung und RezeptorAktivierung hemmen wie Rimonabant führen zu depressiver Verstimmung bis Selbstmord-Risiko Belohnungssystem im Hypothalamus Serotonin-freisetzende Neurone Freisetzung von Met-Enkephalin (ventrales Tegment-Areal) Opioid-Antagonist ------------------------------------- Hemmung der Freisetzung von GABA (in Substantia Nigra) ermöglicht normale Freisetzung von DA im Nucleus accumbens Genetische Polymorphismen: erhöhtes Risiko für Suchtverhalten reward deficiency syndrom (RDS) Dopamin - Agonist Genetic dopaminergic polymorphism DRD2 A 1 Allele niedr. D2 Rezeptor Dichte aber erhöhte Belohnungs-Sensitivität als DRD2 A 2 Allele A1-Allele verbunden mit erhöhter Aktivität der striatalen L-aminosäureDecarboxylase Protektion gegen geringere D2-RezeptorDichte = erhöhte DA Synthese-rate Dopamin Niedrige D2 Dichte + Polymorphismus des D2 Gens: Assoziiert mit hohem Risiko für Rückfälligkeit betreffend: Alkohol, Heroin, Cocain, Nikotin etc. Antikörper geg. Drogen Es wurden Vaccine gegen eine Reihe von Conjugaten entwickelt: Nicotin Cocain Morphin Heroin Oxycodon Pravetoni M et al. JPET 341: 225 – 232, 2012 Dopaminerge Neurotransmission im ventralen Tegmentum Vermehrte Bereitstellung von Serotonin Durch SSRIs aktiviert 5-HT2c – Rezeptoren Diese aktivieren exzitatorische GABA – Neurone verminderte dopaminerge Transmission im ventr. Tegmentum Vor allem Escitalopram und Citalopram Diamorphin Metabolismus: 6-Monoacetyl-morphin Morphin M-3-G M-6-G Diamorphin Vorteile: gute Verträglichkeit verwendbar in Schwangerschaft und Stillzeit reduziertes Entzugssyndrom beim Neugeborenen Nachteile: illegal