Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Kardiologie“ WS 2015/2016 Schmidt/Baars EKG Befundung 1. Vorbereitung: Korrekte Anlage des 12-Kanal-EKGs ‐ ‐ ‐ Extremitätenableitungen: ‐ schwarz: rechtes Bein ‐ rot: rechter Arm ‐ gelb: linker Arm ‐ grün: linkes Bein Brustwandableitungen: ‐ V1 (rot): 4. ICR parasternal rechts ‐ V2 (gelb): 4. ICR parasternal links ‐ V3 (grün): 5. ICR zwischen V2 und V4 ‐ V4 (braun): 5. ICR Medioclavicularlinie links ‐ V5 (schwarz): 5. ICR zwischen V4 und V6 ‐ V6 (violett): 5. ICR mittlere Axillarlinie links MERKE: im Notfall-EKG immer zusätzlich rechtspräkordiale Ableitungen (-> Hinterwandableitungen)! 2. EKG-Befundung: - Rhythmus: Sinusrhythmus: ‐ Jeder P-Welle folgt ein QRS-Komplex Vorhofflimmern: ‐ meist linksatrial um den Pulmonalvenenanulus ‐ Tachyarrhythmia absoluta: 100-150 bpm ‐ Bradyarrhythmia absoluta: < 60 bpm ‐ Vorhoffrequenz 350-600 bpm ohne wirksame Vorhofkontraktion ‐ häufigste Rhythmusstörung! Vorhofflattern: ‐ meist rechtsatrial um den Trikuspidalanulus ‐ Typ I (common type): Flatterwellen in II, III, aVF negativ, 250300 bpm, Makro-Reentry gegen den Uhrzeigersinn um den Trikuspidalklappenanulus ‐ Typ II (reverse common type): Flatterwellenin II, III, aVF positiv mit 250-450 bpm, Makro-Reentry mit dem Uhrzeigersinn ‐ verschiedene Überleitung möglich -> 2:1, 3:1, etc. ‐ CAVE: Gefahr der 1:1 Überleitung mit gefährlicher Kammertachykardie! Ventrikulärer Ersatzrhythmus: ‐ bei höhergradigen AV-Blockierungen meist bradykard 1 Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Kardiologie“ WS 2015/2016 Schmidt/Baars Ventrikuläre Tachykardie: ‐ regelmäßige, breite Komplexe > 120 ms + Tachykardie (> 100 bpm) Kammerflimmern: ‐ breite, unregelmäßige Kammerkomplexe - Frequenz: normofrequent: tachykard: bradykard: - Lagetyp: der Lagetyp ist die Ausrichtung des Summenvektors der Erregungsvektoren üRT RT ST IT LT üLT - 60–100 bpm (immer im klinischen Zusammenhang beurteilen > 100 bpm < 60 bpm Ableitung I +, I<III +, I>III + + Ableitung II + + + + - Ableitung III + +, III>I +, III<I - Ableitung aVL + + + P-Welle und PQ-Zeit: die P-Welle entspricht der Vorhoferregung ‐ die P-Welle ist positiv in I, II, III ‐ normale Zeit: < 200 ms die PQ-Zeit repräsentiert die Überleitungszeit vom Vorhof auf die Kammer, die durch den AV-Knoten in Abhängigkeit vom Nervus vagus reguliert wird -> wird vom Beginn der P-Welle bis zum Beginn der Q-Zacke gemessen! AV-Block I° ‐ PQ-Zeit > 200 ms ‐ die Erregung entspringt aus dem Sinusknoten ‐ oft harmlos, medikamentenassoziiert (z.B. ß-Blocker), immer abklären AV-Block II° ‐ Typ Wenckebach (Typ Mobitz I) ‐ bei gleichbleibender PP-Zeit werden die PQ-Intervalle länger bis eine Überleitung ausfällt, ‐ pathologisch, häufige Assoziation mit KHK, Myokarditis ‐ Typ Mobitz (Typ Mobitz II) ‐ plötzlicher Ausfall eines QRS-Komplexes nach vorangegangener P-Welle bei normaler oder konstant verlängerter PQ-Zeit, ‐ CAVE: Gefahr der Progression zum AV-Block III° absolute Schrittmacherindikation! 2 Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Kardiologie“ WS 2015/2016 Schmidt/Baars AV-Block III° ‐ totale Leitungsunterbrechung mit kompletter Dissoziation von Vorhofund Kammeraktion, normal-frequente P-Welle ohne Beziehung zu den QRS Komplexen, totale Blockierung der AV-Überleitung ‐ meist langsamer Kammerersatzrhythmus ‐ CAVE: absolute Schrittmacherindikation! - Q-Zacke: die Q-Welle entspricht der Erregung des interventrikulären Septums - QRS-Komplex: der QRS-Komplex entspricht der Kammererregung normal: < 100 ms Rechtsschenkelblock: ‐ komplett: > 120 ms, S-Zacke in I, R in V1, M-förmig aufgesplitterter Kammerkomplex ‐ ST-Strecken nur in linkspräkordialen (V3-6) Ableitungen und/oder im Vergleich zu Vor-EKGs beurteilbar Linksschenkelblock: ‐ komplett: >120 ms, breite und tiefe S-Zacke in V1+2, aufgesplitterter Kammerkomplex in V5+6, plumpe aufgesplitterte R-Zacke in I, aVL ohne Q ‐ CAVE: keine Beurteilung der ST-Strecke bei komplettem LSB möglich! -> bei Neuauftreten wie STEMI zu behandeln! RS-Umschlag: normal in V2/3 oder V3/4 - QT-Zeit: herzfrequenzabhängig, frequenzkorrigierte QT-Zeit (QTc) < 450 ms repräsentiert die Gesamtdauer der Kammererregung - ST-Strecke: Die ST-Strecke repräsentiert die beginnende Repolarisation der Kammern ‐ gemessen zwischen dem J-Punkt und je nach Frequenz 60ms (HF ≥ 130 bpm) oder 80ms (HF < 130 bpm) nach dem J-Punkt ‐ sie ist physiologisch eine isoelektrische Linie! ST-Hebungen: ‐ signifikant, wenn > 0,1 mV in mindestens 2 zueinander gehörigen Ableitungen ‐ im Verlauf eines Gefäßes (anhand der Kombination der Ableitung mit signifikanten ST-Veränderungen): akuter Myokardinfarkt, STEMIs -> sofort der Coronarangiographie zuführen ST-Senkungen: ‐ signifikant wenn > 0,1 mV: indirektes Infarktzeichen 3 Lernhilfen zur Hauptvorlesung „Kardiologie“ WS 2015/2016 Schmidt/Baars - T-Welle: die T-Welle zeigt die vollständige Kammerrepolarisation an die T-Welle ist konkordantes zur Hauptausschlagsrichtung des QRSKomplexes normal positiv, außer in aVR und V1 3. EKG-Algorithmus: 4