Siddharta Gautamas Weg zum »Buddha

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Siddharta Gautamas Weg zum »Buddha«
(nach: H. Küng, Spurensuche, S. 156-160)
Gautamas Grund-Erfahrung
Geboren ist Siddharta Gautama 566 oder 563 v. als
in Lumbini (Nepal) aus dem Geschlecht der Shakya.
Auf seiner ersten Ausfahrt aus dem Palastbereich,
so die Legende, wurde der früh verheiratete Fürstensohn zum erstenmal mit jenem Leid konfrontiert, dem die Menschen nun einmal ausgesetzt
sind: Er begegnete einem Alten, einem Kranken,
einem Toten. Gautamas Einsicht: Es ist das Grundproblem allen menschlichen Daseins: Nichts im Leben ist stabil. Alles ist von anderem abhängig. Alles veränderlich und vergänglich. Alles letztendlich
leidvoll.
die Urfrage, was das Leiden ist, wie es entsteht,
wie es überwunden werden kann und welches der
Weg ist, dies zu erreichen. Das ist von jetzt ab
seine Botschaft. In diesen Vier Edlen Wahrheiten
ist alles zusammengefaßt.
Buddha stirbt 486 oder 483 v. Chr. in Kushinagara an den Folgen einer Lebensmittelvergiftung.
Gautamas Konsequenz
Zur Wende kommt es in Gautamas Leben durch die
Begegnung mit einem Bettelmönch. Das privilegierte Leben erscheint ihm auf einmal sinnlos,
wird ihm unerträglich. Mit 29 Jahren, kurz nach
der Geburt seines Sohnes, erklärt sich Siddharta
seiner Frau und Familie und Heimat. Im Gewand
des Asketen zieht er umher, um endgültig Erlösung
vom Leiden zu finden. Verschiedenen Wanderasketen schließt er sich an – ohne Erfolg. Allein übt er
sich dann in geradezu lebensgefährlichem Fasten
und Entsagen.
Buddha – der »Erwachte«
Nach sechs Jahren gibt er die Askese auf, zieht
sich zurück und übt sich in Meditation. Unter einem Baum bei Uruvelaerfährt er nach langer Zeit
in tiefer Versenkung endlich die ersehnte Erleuchtung, Erlösung, Befreiung. So ist Siddharta, zum
»Erwachten«, zum Buddha geworden. Den Baum
nennt man fortan Bodhi-Baum und Uruvela heißt
Bodh Gaya. Antwort hat Buddha so gefunden auf
CD-ROM „Spurensuche“
Neben Christus ist Buddha die am häufigsten
künstlerisch dargestellte Gestalt.
◗ Die Wölbung auf dem Scheitel (ushnisha): Zeichen der Erleuchtung; hier tritt nach indischer
Vorstellung die Seele ein und aus.
◗ Das »Dritte Auge« (urna): Symbol spiritueller
Einsicht.
◗ Verlängerte Ohrläppchen (ursprünglich wohl die
fürstlichen Ohrringe): Symbol der Weisheit.
◗
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Die Vier Edlen Wahrheiten
1. Wahrheit vom Leiden
»Was aber, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit vom
Leiden? Geburt ist Leiden, Krankheit ist Leiden,
Sterben ist Leiden, Kummer, Jammer, Schmerz,
Trübsal und Verzweiflung sind Leiden; das NichtErlangen dessen, was man begehrt, ist Leiden; kurz
gesagt: die fünf mit Anhaften verbundenen Gruppen des Daseins sind Leiden.
2. Wahrheit von der Entstehung des Leidens
Was aber, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von
der Leidensentstehung? Es ist jenes Wiederdasein
erzeugende, von Lust und Gier begleitete, bald
hier, bald dort sich ergötzende Begehren, nämlich
das sinnliche Begehren, das Daseinsbegehren, das
Selbstvernichtungsbegehren.
3. Wahrheit von der Aufhebung des Leidens
Was aber, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von
der Leidenserlöschung? Es ist eben dieses Begehrens restloses Erlöschen, Aufgeben, Loslassen,
Befreiung und Loslösung davon.
4. Wahrheit vom Weg, der zur Aufhebung des
Leidens führt
Was aber, ihr Mönche, ist die Edle Wahrheit von
dem zur Leidenserlöschung führenden edlen
Pfade? Es ist jener Edle Achtfache Pfad, nämlich:
vollkommene Erkenntnis, vollkommener Entschluß,
vollkommene Rede, vollkommenes Handeln, vollkommener Lebenserwerb, vollkommene Anstrengung, vollkommene Achtsamkeit, vollkommne
Sammlung.«
(Zit. nach: Nayanatiloka: Buddhistisches Wörterbuch, 2. rev.
Aufl., Konstanz 1976)
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Legenden von der wunderbaren Empfängnis
Buddhas und Jesu
Es war Frühling, die schönste der Jahreszeiten. Die
Bäume standen in reichem Blätterschmuck, die
herrlichsten Blüten zierten sie in Überfülle. Kälte,
Hitze, Dunkelheit und Staub waren vergangen.
Junger, weicher Rasen bedeckte den Boden.
Da ließ sich der Herr der drei Welten, der
von allen Wesen verehrte Bodhisvatta, nach genauer Prüfung, zur richtigen Zeit aus dem TushitaHimmel herab. Es war am fünfzehnten Tage des
Monats, und der Vollmond stand in Konjunktion
mit dem Sternbild Pusya.
Klar und bei vollem Bewusstsein ging er, als
ein junger weißer Elefant mit sechs Stoßzähnen,
zur rechten Seite in den Leib seiner Mutter ein, als
diese gerade Fasttage hielt … Die Königin Maya
war beseligt auf ihrem Lager eingeschlafen und
träumte … Nie vorher hatte sie etwas so Schönes
gesehen und gehört, nie ähnliche Wonne empfunden. Es war ein Gefühl körperlichen Glücks und
gleichzeitiger Beseligung des Gemüts, das wie in
tiefste Versenkung entrückt war.
Aus dem Lalitavistara
(nach: Karl-Heinz Golzio, Der Kaufmann, der eine bessere
Predigt forderte. Lesebuch zum Buddhismus, Düsseldorf 1995,
S. 26)
Im sechsten Monat wurde der Engel Gabriel von
Gott in eine Stadt in Galiläa namens Nazaret zu
einer Jungfrau gesandt. Sie war mit einem Mann
namens Josef verlobt, der aus dem Haus David
stammte. Der Name der Jungfrau war Maria. Der
Engel trat bei ihr ein und sagte: Sei gegrüßt, du
Begnadete, der Herr ist mit dir. Sie erschrak über
die Anrede und überlegte, was dieser Gruß zu bedeuten habe.
Da sagte der Engel zu ihr: Fürchte dich nicht,
Maria; denn du hast bei Gott Gnade gefunden. Du
wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären: dem sollst du den Namen Jesus geben. Er
wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt
werden. Gott, der Herr, wird ihm den Thron seines
Vaters David geben. Er wird über das Haus Jakob in
Ewigkeit herrschen, und seine Herrschaft wird kein
Ende haben.
Maria sagte zu dem Engel: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne?
Der Engel antwortete ihr: Der Heilige Geist
wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten. Deshalb wird auch
das Kind heilig und Sohn Gottes genannt werden.
Auch Elisabet, deine Verwandte, hat noch in ihrem
Alter einen Sohn empfangen; obwohl sie als unfruchtbar galt, ist sie jetzt schon im sechsten Monat. Denn für Gott ist nichts unmöglich.
Da sagte Maria: Ich bin die Magd des Herrn;
mir geschehe, wie du es gesagt hast. Danach verließ sie der Engel.
Lukas 1,26-38
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Parallelen Gautama – Jesus
(nach: H. Küng, Spurensuche, S. 161f)
Verhalten
Verkündigung
Gautama wie Jesus
◗ sprechen keine Gelehrten- oder Sakralsprache,
sondern Umgangssprache;
◗ verwenden allgemeinverständliche, eingängige
Spruchworte, Kurzgeschichten, Gleichnisse aus
dem Alltag;
◗ appellieren an die Vernunft des Menschen;
◗ sehen in Gier, Macht, Verblendung die große
Versuchung;
◗ sind durch kein Amt legitimiert;
◗ stehen in Opposition zum religiösen Establishment;
◗ scharen früh einen kleinen Jüngerkreis um sich;
◗ hinterlassen keine Niederschrift ihrer Lehre.
Gautama wie Jesus
◗ treten als Lehrer auf;
◗ haben eine dringende, eine frohe Botschaft (der
»Dharma«, das »Evangelium«);
◗ fordern nicht Orthodoxie, rechte Lehre, sondern
Orthopraxie, rechtes Handeln;
◗ geben keine Welterklärung oder geheime Offenbarungen;
◗ gehen aus von der Vorläufigkeit und Vergänglichkeit der Welt;
◗ zeigen einen Weg der Erlösung aus Ichsucht
und Weltverfallenheit;
◗ weisen einen Weg der Mitte: gleiche ethische
Gebote (nicht töten, lügen, stehlen, Unzucht
treiben);
◗ fordern Umkehr und Umdenken: Güte, Mitfreude, liebendes Mitleid (Buddha), mitleidende
Liebe (Jesus).
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Eine Gemeinschaft aus Mönchen und Laien
Sangha (»Menge«, »Schar«)
Grundgebote für Novizen
Buddhistische Gemeinde im engeren Sinn: Mönche, Nonnen, Novizen (Bewerber um ein Leben
im Kloster).
◗ Später: die Gemeinschaft aller Gläubigen, auch
der Laien (Nicht-Mönche).
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Mönche
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Tragen immer eine Ordenstracht.
Verzichten auf Kopfhaar und persönliches
Eigentum.
Sollen nur nur acht Gegenstände besitzen:
Almosenschale, Gürtel, Rasiermesser, Nadel,
Zahnstocher und Sieb.
Schenken dem Volk den Dharma, Buddhas Lehre.
Stehen für häusliche Zeremonien zur Verfügung:
Heirat, Totenfeier, Segnung einer neuen Wohnung.
CD-ROM „Spurensuche“
Nur einmal täglich essen.
Vergnügungen (Tanz, Festlichkeiten) meiden.
Kein Schmuck und keine Parfums.
Kein luxuriöses Bett oder Stuhl.
Kein Geld für sich selber.
Darüber hinaus, je nach Orden, zwischen 227
und 400 Regeln.
Laien
Geben den Mönchen Nahrung (in Thailand und
Birma noch heute auf offener Straße).
◗ Unterstützen einzelne Mönche mit Sachspenden
oder finanzieren ganze Klöster mit Stiftungen
und Schenkungen.
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»10 Gebote« in Buddhismus und Judentum
Buddhismus
Judentum
»Ich gelobe (übe ein) …
»Ich bin der Herr, dein Gott …
◗
Kein Leben zu zerstören.
◗
Du sollst neben mir keine anderen Götter haben.
Du sollst dir kein Gottesbild machen.
◗
Keine Dinge zu nehmen, die nicht gegeben
werden.
◗
Du sollst den Namen deines Gottes nicht mißbrauchen.
◗
Denk an den Sabbat; halte ihn heilig.
◗
Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit du
lange lebst in dem Land, das dein Gott dir gibt.
◗
Du sollst nicht morden.
◗
Du sollst nicht die Ehe brechen.
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Du sollst nicht stehlen.
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Enthaltung von unkeuschem Wandel.
Vermeidung von Lüge.
Verbot von Rausch durch den Genuss berauschender Getränke.
Verzicht auf alles Essen nach Mittag.
Abstinenz von Tanz, Gesang, Musik und Schauspielen.
◗
Verzicht auf Körperschmuck durch Blumenkränze, Wohlgerüche, Schminke und Salben.
◗
Du sollst nicht falsch gegen einen anderen
aussagen.
◗
Nichtbenutzung hoher und üppiger Betten.
◗
Du sollst nicht nach der Frau eines anderen
verlangen.
◗
Kein Gold und Silber annehmen.
◗
Du sollst nicht nach dem Haus eines anderen
verlangen oder nach irgend etwas, das dem
andern gehört.
Die ersten 5 Gebote gelten für alle, also für Laien
und Mönche, die letzten 5 Gebote nur für Mönche.
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Die drei »Fahrzeuge« des Buddhismus
Schon früh führt man im Buddhismus das Konzept
des »Fahrzeugs« ein: als »Gefährt«, mit dem der
Übende den Weg zur Erleuchtung zurücklegt. Die
bekanntesten von ihnen entsprechen jenen drei
großen Schulrichtungen, die wir heute im Buddhismus unterscheiden.
Hinayana (»Kleines Fahrzeug«)
Mahayana (»Großes Fahrzeug«)
Abwertende Bezeichnung jener konservativen
Mönche, die in den ersten Streitigkeiten um die
richtige Nachfolge Buddhas behaupteten, die
»Lehre der Ältesten« zu bewahren. Deshalb auch
Theravada (»Lehre der Ordensältesten«) genannt.
Faktisch jener »südliche Buddhismus«, der heute in
Sri Lanka, Thailand, Birma, Kambodscha und Laos
verbreitet ist.
◗ Nur Mönche können die Erlösung erlangen,
Laien können bestenfalls gute Verdienste
sammeln.
◗ Weltentsagende Mönche, die allein oder in
Klöstern ein bescheidenes Leben führen sollen
Jene, die – neben einer Neuinterpretation zentrlar
Lehren – u.a. für eine Öffnung des Sangha für
Laien eintraten und die – anders als das »Kleine«
Fahrzeug – alle Wesen (nicht nur die Mönche)
fähig zur Erlösung hielten.
◗ Bringt alle Menschen über den breiten Fluß des
Leidens zum anderen Ufer der Erlösung: Laienreligion, die auch Nicht-Mönchen, auch den
Frauen, das Erlangen der Erleuchtung verspricht.
◗ Entstehung mächtiger Mönchshierarchien mit
feierlichen Titeln (Äbte, Erzäbte, Generaläbte),
kostbaren Gewändern und großen Tempel- und
Klosterreichtümern.
Vajrayana (»Diamant-Fahrzeug«)
Um die Mitte des 1. Jahrtausends entstanden; mit
ihm flossen u.a. Magie und Ritualismus in den
Buddhismus ein; verschmilzt mit dem Mahayana
zum Tibetischen Buddhismus.
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Kaiser Ashoka (268-233 v. Chr.)
(aus: H. Küng, Spurensuche, S. 169f)
Der große Kaiser Ashoka (268-233 v. Chr.), Enkel
des Chandragupta Maurya, hat nach dem Rückzug
der Truppen Alexanders des Großen das erste indische Großreich begründet; nach einem blutigen
Krieg umfaßt es schließlich fast den ganzen Subkontinent. In der reichen zentralindischen Handelsstadt Sanchi (nahe dem heutigen Bopal) hat er
die Tochter eines Kaufmanns geheiratet, deren
Sohn Mahendra den Buddhismus nach Sri Lanka
bringt. Ashoka selber läßt in Sanchi den ursprünglichen Stupa errichten, der dem Urbild eines Grabhügels noch sehr nahesteht: ein erstes Zeichen für
den Paradigmenwechsel zur Staats- und Kultreligion (P II). …
Bis heute ist Ashoka, der als Buddhist sein
früheres Blutvergießen bereut hat, das Idealbild
eines buddhistischen Herrschers (cakravartin)
geblieben. Wiewohl mit seiner Politik nicht unumstritten, werden seine Gerechtigkeit, Menschlichkeit und Toleranz gegenüber anderen Religionen
hervorgehoben. Und in der Tat will Ashoka jetzt
nicht mehr durch das Schwert die Welt verändern,
sondern durch den Dharma, das Gesetz des Buddha, das er in große Steininschriften einmeißeln
läßt. Überall im Reich, auch in Sanchi, läßt er –
wohl nach dem Vorbild der persischen Achämeniden – durch Ediktsäulen, mit Tierfiguren bekrönt
und dem symbolischen Rad der Lehre geschmückt,
Grundsätze der buddhistischen Ethik verkünden.
Diese bis heute erhaltenen Säulen sind mit den
Felsenedikten die ältesten erhaltenen monumentalen Zeugnisse indischer Kunst.
CD-ROM „Spurensuche“
Zugleich begründet Ashoka einen Wohlfahrtsstaat mit Krankenhäusern für Menschen und
Tiere, deren Unversehrtheit er ebenfalls schützen
will. Auch vermacht er den buddhistischen Klöstern große Schenkungen, die zur Grundlage ihres
wachsenden Reichtums werden. Nur die völlige
Abschaffung der Jagd und des Tiereschlachtens
erweist sich als undurchführbar. Ashoka macht
deutlich: Die Lehre von der Überwindung des
Leidens muß für Buddhisten keine soziale Passivität zur Folge haben. Und mit all dem begründet er
die buddhistische Staatsreligion.
Ashoka ist es auch, der Reliquien des Buddha
an solche Orte des Reiches schicken läßt, wo dieser besonders tätig war. Schon bei dessen Tod gab
es unter verschiedenen Fürsten der Gegend Streit
um die Aschen- und Knochenreste des schließlich
Hochberühmten. Jetzt wird der buddhistische
Reliquienkult und Wunderglaube über das ganze
Reich verbreitet, was den Absichten des Buddha
sicher widersprach. Hier schon sehen wir also auch
die buddhistische Kultreligion ausgebildet.
Ashoka, Repräsentant auch staatlicher Zentralisierung und Nivellierung, ist so etwas wie ein
buddhistischer Kaiser Konstantin, durch den der
Buddhismus in Indien und darüber hinaus eine
Staats-, Kult- und Volksreligion mit Reliquien
und Wunderglauben wurde. Wie Konstantin beruft
Ashoka ein Konzil ein, es ist schon das dritte
Konzil der Buddhisten. Aber auch dieses Konzil
vermochte die Spaltung nicht zu überbrücken, die
sich langsam zwischen der Schule der Älteren, den
späteren Theravada-Buddhisten, und der »Mehrheit« herausgebildet hatte.
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© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog
Die Ausbreitung des Buddhismus
(aus: H. Küng, Spurensuche, S. 172)
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Peking
Loulan
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Seoul
Jinan
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Kyoto
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Ausbreitung des Buddhismus
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P II (Theravada)
P III (Mahayana)
P IV (Tibetischer Buddhismus)
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© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog
Hohe »Buddhologie« – hohe Christologie
(nach: H. Küng, Spurensuche, S. 177f)
Buddhismus
Christentum
Ist der Buddha nur Mensch und Lehrer (so die
Theravada-Buddhisten) oder ein überweltliches
ewiges Prinzip, das mit dem Absoluten identisch
ist (so die Mahayana-Buddhisten)?
◗ Die Lehre von der Überwindung des Leidens
kann unmöglich von einem menschlichen Geist
erfunden worden sein; sie stammt von einem
überweltlichen ewigen Wesen, das im historischen Buddha Gautama eine menschliche
Gestalt angenommen hat (so die MahayanaBuddhisten).
◗ »Hohe Buddhologie« (Dreikörper-Lehre):
Sichtbarer Erscheinungskörper (nirmanakaya)
des historischen Buddha.
Körper des Entzückens (samboghakaya) im
Buddha-Paradies.
Kosmischer, ewiger Dharmakörper (dharmakaya), identisch mit dem Gesetz des Universums, mit dem Absoluten.
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Ist Jesus nur ein Mensch und die Rede von
»Gottes Sohn« Ausdruck seiner inneren Beziehung zu Gott, in dessen Wirklichkeit er mit seinem Tod einging (so die ersten Judenchristen)?
◗ Liegt die Bedeutung des Erlösers Christus nicht
gerade darin, daß er als Erlöser und »Sohn Gottes« seinem Wesen nach Teil hat an der Wirklichkeit Gottes, seit Ewigkeit bei ihm existiert
und sich im Mensch Jesus inkarniert hat (so die
ersten christlichen Apologeten und die frühen
Konzilien)?
◗ »Hohe Christologie«:
Leib des irdischen Jesus.
Leib des verherrlichten und auferstandenen
Christus.
Leib des mit Gottes ewigen Logos identischen
Christus).
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© 1999 – Hans Küng / Stephan Schlensog
Der Tibetische Buddhismus
(nach: H. Küng, Spurensuche, S. 165-167)
Zur Geschichte
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Auch »Lamaismus« genannt (tibetisch Lama =
»Höherstehender«: religiöser Meister, Verkörperung des Buddha).
Ab dem 8. Jahrhundert in Tibet, später auch in
den angrenzenden Himalaja-Königtümern.
Eigenständige Form des Mahayana, Synthese
aus Mahayana, Vajrayana und tibetischer BönReligion.
Erste Klostergründung: Kloster Samya (775)
Rituale sehr vom Tantrismus geprägt.
Farbenfroh-sinnliche Form des Buddhismus.
Nach langen Schulstreitigkeiten setzen sich im
17. Jahrhundert die »Gelbhut-Mönche« durch,
mit dem Dalai Lama als Oberhaupt.
Das Mönchsleben
Schon mit sechs oder sieben Jahren kann ein Kind
– nur Jungen, keine Mädchen – in die Klosterschule aufgenommen werden. Dies bedeutet ein großes
Verdienst und auch eine Ehre für die Eltern. Dem
Kind ist eine gute klösterliche Bildung garantiert.
Die Novizen lernen die heiligen Texte auswendig
aus schmalen, breitformatigen Büchern, die, wie
im alten China üblich, mit Holzmatrizen bedruckt
sind. … Das Leben im Sangha umfaßt aber neben
Meditation und Zeremonien auch das gründliche
Studium der autoritativen buddhistischen Schriften. Doch die Studenten sollen den Dharma nicht
nur studieren, sondern auch praktizieren und,
wenn sie nicht das meditative Leben wählen, ihn
an andere weitergeben. Während der Debatten
sitzt der Prüfling. Der Prüfer, im Ausfallschritt,
wirft ihm die Frage zu und beendet sie jedesmal
mit lautem Klatschen. So werden Dialektik und
Rhetorik gelernt, schnelles analytisches Denken
und rhetorische Überzeugungskraft. …
CD-ROM „Spurensuche“
Vor allem die Mönche Tibets, die viel vom indischen Tantrismus gelernt haben, verstehen es, in
verschiedenster Gestalt kleine und große Meditationsbilder herzustellen: Mandalas (Sanskrit für
»Kreis«, »Ring«, »Bogen«, »Abschnitt«). Diese Diagramme verbinden konzentrische Kreise mit Quadraten. Sie wollen kosmische Kräfte, die Götterwelt oder auch die psychische Persönlichkeitsstruktur des Übenden, oft in ihrer wechselseitigen
Abhängigkeit, zur Darstellung bringen. Ein ganzes
mystisches Universum oder einer seiner Aspekte
wird hier entfaltet, Symbole der äußeren kosmischen wie der inneren spirituellen Ordnung. Buddhas, Bodhisattvas, Schutzgottheiten und Schutzheilige sollen helfen, um die Leere der Welt und
ihrer Erscheinungen zu durchschauen und Erleuchtung zu finden. …
Der Meditierende konzentriert seine Gedanken auf bestimmte Aspekte des Mandala, in dem
alles gleichnishaft und geheimnisvoll ist, und
vertieft sich darin: in Einheit von Innenwelt und
Außenwelt ein Weg zur Einheit mit einer letzten
Wirklichkeit. In langen Jahren der Übung hat er es
gelernt, Farben, Formen und Gestalten in endlosen
Reihen zu verknüpfen und alle möglichen Symbole
zu assoziieren …
Im Westen sind vor allem die höchst komplexen farbigen, auf Reispapier gemalten Rollbilder (thankas) bekannt, von Buddhas, Bodhisattvas, Gottheiten, vom Rad der Zeit und vom Kosmos. Oft arbeiten mehrere Mönche tagelang an
einem großen Sandmandala: Verschiedenfarbiger
feinster Sand wird mit Hilfe nadeldünner Trichteröffnungen minutiös gestreut zur Herstellung
eines kunstvoll-komplexen Meditationsbildes. Dieses wird aber dann, um die Vergänglichkeit alles
Seins zu demonstrieren, wieder in alle Winde
zerstreut oder in einen Fluß geschüttet.
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Der ZEN-Buddhismus
»Zen« ist eine Abkürzung des japanischen »zenna«,
chinesisch ch‘ann-na, einer Übersetzung des Sanskrit-Wortes dhyana – »Sammlung des Geistes«.
Seinen Ursprung hat der Zen-Buddhismus in
einer Mahayana-Reformbewegung (ch‘an) des 6./
7. Jahrhunderts in China: eine Synthese aus Meditations-Buddhismus (dhyana) und Daoismus. Er
gelangt im 13. Jahundert nach Japan.
Im »kleinen Fahrzeug«, dem Hinayana, ging
man davon aus, daß die menschliche Existenz ver-
CD-ROM „Spurensuche“
gänglich, ohne Bestand, leidvoll und damit letztlich »leer« sei. Die Erlösung, das »Nirvana« (Sanskrit
»Verlöschen«) besteht in der Überwindung von
Haß, Gier und Verblendung; damit wird der
Mensch frei von der Determiniertheit durch die
eigenen Taten (karma).
Im »großen Fahrzeug« und besonders im Zen
gelangte man zu der Überzeugung, die gesamte
Wirklichkeit sei Nicht-Wesenheit: nichts existiere
aus sich selbst, ja nichts habe ein »Selbst«, alles sei
im Grunde »leer«. Die Erlösung, das Nirvana bestehe in der unmittelbaren Erfahrung dieser »Leere«
(shunyata) als dem Urgrund allen Seins.
Dazu dient im Zen-Buddhismus das Za-Zen:
das absichtslose, stille Sitzen in Versunkenheit zur
inneren Sammlung und Leerwerden des Geistes;
Pardoxe Rätsel, Koans, sollen helfen, aus den
Zwängen des Denken auszubrechen: loszulassen,
leerzuwerden, den Urgrund des Seins zu erkennen.
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