Versuch II: Untersuchungen am isolierten Herzen (Straub- und Langendorff-Präparation) Praktikumsanleitung für Biochemiker und Ernährungswissenschaftler 1. Untersuchung ionaler und humoraler Effekte am isolierten Froschherzen 1.1. Aufgabenstellung In diesem Versuchsteil sollen folgende Effekte am isolierten Froschherzen untersucht werden: 1. 2. 3. 4. 5. Applikation isotonischer Kochsalzlösung Applikation von Adrenalin Erhöhung der extrazellulären K+-Konzentration Entzug von Ca2+-Ionen Applikation eines Betablockers (selektiver β1-Rezeptorenblocker) und eines Calciumantagonisten (Ca2+-Kanalblocker Verapamil) 1.2. Die Präparation des Froschherzens nach Straub Die Präparation des Froschherzens wird vor dem Praktikum durch Mitarbeiter des Institutes für Physiologie vorgenommen. Um Ihnen eine Vorstellung vom Ablauf zu geben, folgt eine kurze Beschreibung der Präparationsschritte. Man verwendet für diesen Versuch den Krallenfrosch Xenopus laevis. Das Froschherz ist etwas anders aufgebaut als das Herz eines Säugers (Abb. 1). Es besitzt zwei komplett getrennte Vorhöfe, aber nur einen Ventrikel. Der linke Vorhof erhält oxygeniertes Blut aus der Lunge; der rechte Vorhof sammelt venöses Blut aus dem Körperkreislauf. Obwohl der Ventrikel nicht wie bei den Säugetieren geteilt ist, werden sauerstoffreiches und sauerstoffarmes Blut nur teilweise durchmischt. Sauerstoffreicheres Blut wird in die Körperarterien geleitet; sauerstoffärmeres Blut gelangt in die Lungen und die Haut, wo das Blut wieder mit Sauerstoff angereichert wird. Zur Präparation wird der Truncus arteriosus mit einem Faden abgebunden. An der V. cava posterior wird mit einer Schere möglichst herzfern ein kleiner Schnitt angebracht. Eine vorher mit Ringerlösung gefüllte Straubkanüle wird an der Schnittstelle eingeführt und so weit vorgeschoben, bis sich die Spitze der Kanüle im Ventrikel befindet. Das vom Herzen in die Straubkanüle gedrückte Blut wird sorgfältig abgesaugt und durch Ringerlösung ersetzt. Mit einem Faden wird die Kanüle möglichst herzfern an der Vene fixiert, damit der Sinus venosus, der primäre Schrittmacher, nicht abgebunden wird. Nun wird das Herz zusammen mit der Straubkanüle aus dem Frosch durch Abtrennen der noch bestehenden Verbindungen herausgenommen. Für die Messungen wird die Kanüle an einem Stativ befestigt. Der mittlere Flüssigkeitspegel in der Kanüle soll bei etwa 20 mm konstant gehalten werden, damit im Herzen immer der gleiche Druck herrscht. Achten Sie während der Messungen darauf, dass keine Luftblasen in das Herz gelangen! Die Ventrikelspitze wird mittels einer elastischen Klemme mit einem am Stativ befestigten mechanischen Wegeaufnehmer verbunden, der wiederum an einen Messrechner angeschlossen ist. Der Zugfaden wird vorsichtig gespannt. Die mit der Systole verbundene Verkürzung des Herzens erzeugt so ein zeitabhängiges Signal, das so genannte Herz-Mechanogramm. - 1- Abb. 1: Blutkreislauf des Frosches (Abb. nach Storch und Welsch 1993) 1.3. Versuchsdurchführung Das Herz-Mechanogramm wird mit Hilfe einer speziellen Software erfasst und graphisch dargestellt. Machen Sie sich zunächst mit dem Programm vertraut. Ein Student pro Gruppe sollte die Bedienung des Programms übernehmen, während die anderen für die Applikation der Substanzen verantwortlich sind. Das Herz muss während des gesamten Versuches feucht gehalten werden, indem es ständig mit Ringerlösung versorgt wird. Dabei ist darauf zu achten, dass die Kanüle ständig mit einem konstanten Flüssigkeitslevel gefüllt ist. Außerdem sollte das Herz auch von außen mit Hilfe einer Pipette mit Ringerlösung umspült werden. Dabei sollte es jedoch nicht mechanisch gereizt werden. Achten Sie darauf, dass das Herz beim Tauschen der Lösungen keine Luft zieht. Abb. 2: Registrierung der Kontraktionsamplituden durch die Software - 2- Applizieren Sie nacheinander die folgenden Lösungen, deren Zusammensetzung in Tabelle 1 angegeben ist: Ca2+-freie Ringerlösung isotonische NaCl-Lösung. K+-reiche Ringerlösung Ringerlösung Zugabe von Adrenalin zur Ringerlösung (wenige Tropfen der bereitgestellten Lösung) Zugabe von 20-30 µl des Betablockers (Beloc i.v., Wirkstoff Metoprololtartrat). Waschen Sie anschließend die Lösung mit Ringerlösung aus. 7. Zugabe von 5-10 µl eines Ca2+-Kanalblockers (Verahexal, Wirkstoff Verapamil), Effekt beobachten 1. 2. 3. 4. 5. 6. Nach Applikation des Calcium-Kanalblockers bleibt das Herz meistens nach kurzer Zeit stehen. Da sich der Calciumkanalblocker schlecht auswaschen lässt, sollte dieser Versuchsteil unbedingt als letzter durchgeführt werden. Ringerlösung NaCl NaH2PO4 MgSO4 CaCl2 KCl NaHCO3 Glukose 100 1,0 1,6 1,6 4,0 20 5,5 100 1,0 1,6 4,0 20 5,5 2,0 1,6 55 30 5,5 2+ Ca -freie Ringerlösung Isotonische NaCl-Lösung K+-reiche Ringer- Lösung Tabelle 1: 1.4. 110 49 1,0 Zusammensetzung der im Praktikum verwendeten Lösungen. Alle Konzentrationen sind in mmol/l angegeben Auswertung Zeichnen Sie die Wirkungen mit der Software auf und tragen Sie Ihre Beobachtungen in die Protokollvorlage ein. Wie erklären Sie die beobachteten Effekte? - 3- 2. Computersimulation zur Wirkung physiologischer und pharmakologischer Substanzen am isolierten Rattenherz (Langendorff-Präparat) 2.1. Einführung Dieser Versuchsteil wird als Simulation mit der Software SimHeart durchgeführt. SimHeart ist ein realitätsnahes Programm, das keine gemessenen Versuchsergebnisse verwendet, sondern die Herzaktion nach einem mathematischen Algorithmus berechnet. Es besteht damit die Möglichkeit, auch ohne Präparation eines Tieres einige der klassischen Versuche am Langendorff-Herzen im virtuellen Labor durchzuführen. 2.2. Aufgabenstellung Die Software SimHeart umfasst drei Versuchsteile: ‘Präparation’: Drei Digitalvideos von insgesamt fünf Minuten Länge zeigen die Präparation des Langendorff Herzens ‘Vorbereitung’: In einem Chemielabor sollen die im Praktikum verwendeten Wirkstofflösungen angesetzt werden. ‘Praktikum’: In diesem Abschnitt werden die eigentlichen Versuche am isolierten Herzen durchgeführt. Abb. 3: Startbildschirm des Programms SimHeart. Präparation In kurzen Videoaufnahmen können Sie sich über die Präparation des Langendorff-Herzens informieren. Die Videoclips, die durch Anklicken auf die Liste ausgewählt werden können, umfassen drei Abschnitte: Entnahme des Herzens: Der Thorax der Ratte wird geöffnet, das Herz wird entnommen und in kalter Nährlösung aufbewahrt. Anschließen an den Perfusor: Mit einem Bindfaden wird die Aorta am Perfusorstutzen der Langendorff-Apparatur befestigt. Das Herz wird retrograd perfundiert. Anbringen des Ballonkatheters: Zur Messung der Kontraktionskraft des Herzens wird ein Ballonkatheter in den linken Ventrikel eingeführt. - 4- Vorbereitung der Lösungen Das Programm SimHeart enthält auch einen Versuchsteil, der die Vorbereitung der Wirkstofflösungen umfasst (Abb. 4). Er dient der Übung des Umganges mit dem Ansetzen und Verdünnen von Lösungen. Die Vorbereitung der verwendeten Lösungen ist für die Durchführung des Versuches nicht zwingend notwendig. Aus Zeitgründen empfiehlt es sich daher, diesen Programmteil zu überspringen oder erst nach Beendigung des (virtuellen) Versuches anzusehen. Abb. 4 : Vorbereitung der Wirkstofflösungen. Der Abschnitt ‘Vorbereitung’ stellt ein einfaches Chemielabor bereit, in dem die Wirkstofflösungen für das spätere Experiment anzufertigen sind. Der gewünschte Wirkstoff lässt sich in der Auswahlliste auswählen. Im Bild erscheint dann die entsprechende Substanzverpackung. Gleichzeitig wird die Substanzinformation unterhalb der Wirkstoffliste aktualisiert. Es erscheint ferner ein Reagenzglasständer, der die anzusetzenden Konzentrationen anzeigt. Um eine Wirkstofflösung anzusetzen, muss zunächst berechnet werden, wieviel ml der Stammlösung mit wieviel ml Krebs-Lösung aufgefüllt werden müssen, damit die gewünschte Konzentration entsteht. Im Counter ist dann die errechnete ml-Anzahl einzugeben. Durch Drücken des Pfeiles wird die eingegebene Menge in das Reagenzglas überführt. Anschließend ist die errechnete Menge an Krebs-Lösung hinzuzufügen. Hierzu muss in der Substanzliste ‘Krebs-Lsg.’ ausgewählt werden. Das weitere Vorgehen ist analog. Die so hergestellte Wirkstofflösung kann dann mit gedrückter Maustaste auf die entsprechende Position des Reagenzglashalters gezogen werden. Jede neue angesetzte Lösung erscheint in der Auswahlliste und kann damit als Stammlösung für weitere Verdünnungen verwendet werden. Praktikum In diesem Abschnitt werden die eigentlichen Versuche am isolierten Herzen durchgeführt. Im einzelnen sollen folgende Versuche durchgeführt werden: 1. 2. 3. 4. Wirkung von Adrenalin: Bestimmung der Dosis-Wirkungskurve Wirkung von Acetylcholin Wirkung des Parasympatholytikums Atropin Wirkung des Betablockers Propranolol: a. Bestimmung der Dosis-Wirkungskurve von Adrenalin in Gegenwart von 100 nmol/l Propranolol b. Wirkung des Betablockers Propranolol in Gegenwart von Adrenalin: Bestimmung der DosisWirkungskurve von Propranolol in Gegenwart von 1 µmol/l Adrenalin 5. Wirkung des Ca2+-Kanalblockers Verapamil 6. Wirkung des Digitalisglykosides Strophanthin. - 5- 2.3. Versuchsdurchführung Die Laborumgebung Machen Sie sich zunächst mit der virtuellen Versuchsumgebung vertraut. Testen Sie einige Verstärkungsstufen („Resolution“ in mV/Div = Kästchen) und Schreibergeschwindigkeiten („Speed“), um eine optimale Registrierung zu erhalten. Die Nährlösung (Perfusat) fließt aus einem Vorratsbehälter durch einen mit Carbogen durchperlten Zwischenbehälter. Das Perfusat hat eine konstante Fließgeschwindigkeit von 10 ml/min. Dem Perfusat können Pharmakalösungen mit einer variablen Flussgeschwindigkeit beigemischt werden. Das Gemisch wird über eine Kanüle in die Aorta geleitet und gelangt von dort über die Herzkranzgefäße in das Herzmuskelgewebe. Dadurch wird auch außerhalb des Organismus die Grundversorgung des Herzmuskels mit Nährstoffen und Sauerstoff gewährleistet, während gleichzeitig die Wirkung von Pharmaka untersucht werden kann. In der linken Herzkammer befindet sich ein Ballonkatheter, der über eine Flüssigkeitssäule mit dem Transducer verbunden ist. Dieser wandelt die Druckänderungen infolge der Herzkontraktionen in elektrische Signale um und gibt diese über das rote Kabel an den Verstärker weiter. Abb. 5: Die Laborumgebung. Das Herz ist bereits in die Langendorff-Apparatur eingespannt und wird mit einer Nährlösung perfundiert, deren Temperatur durch einen Thermostaten auf 37 °C gehalten wird. Der Fluss der Nährstofflösung ist auf 10 ml/min fest eingestellt. Über den Perfusor, lassen sich der Nährstofflösung definierte Mengen der Wirkstofflösung zuführen. Hierzu muss bei gedrückter Maustaste das Reagenzglas mit der gewünschten Konzentration in einen der beiden Perfusor-Schächte gezogen werden. Am Zählwerk ist dann die gewünschte Stromstärke einzustellen. Der eingestellte Wert wird durch Drücken der Pfeiltaste übernommen. Die Leuchtdiode leuchtet dann grün. Damit die Wirkstofflösung appliziert wird, ist anschließend ist die Flusstaste zu drücken. Der Verstärker, der an seinem Ausgang 1 mV pro 2mmHg liefert, ist bereits eingeschaltet; lediglich der Papierschreiber muss noch aktiviert werden. Über den Drehschalter ‘Speed’ stellt man die gewünschte Papiergeschwindigkeit in cm/s ein. Hierbei entspricht ein Kästchen auf dem Messstreifen einem cm. Über den Regler ‘Resolution’ wählt man eine brauchbare Verstärkung. Über den Schieber lässt sich die Grundlinie des Schreibers auf die gewünschte Höhe verstellen. - 6- Applikation von Substanzen Das Herz wird ständig mit einer physiologischen Lösung (Krebslösung) mit einer Flussrate von 10 ml/min umspült. Bei der Applikation von Substanzen wird ein zusätzlicher Flüssigkeitsstrom in diese Krebslösung geführt. Bei der Festlegung der Konzentration muss beachtet werden, dass die eingestellten Konzentrationen durch die ständig fließende Krebslösung noch einmal verdünnt werden. Wenn Sie beispielsweise eine Konzentration von 10-4 M mit einer Flussrate von 10 µl/min einstellen, so erfolgt eine Verdünnung durch die Krebslösung um den Faktor 1000, da diese Krebslösung konstant mit 10 000 µl/min fließt. Die endgültige Konzentration der Substanz am Herzen ist also nicht 10-4 M sondern 10-7 M. Stellen Sie dagegen eine Flussrate von 100 µl/min ein, so ist der Verdünnungsfaktor nur 100. Die endgültige Konzentration beträgt also 10-6 M. Die Zufuhr der Substanzen erfolgt mit Hilfe des Perfusors. Es können 2 unterschiedliche Wirkstoffe gleichzeitig appliziert werden. Gehen Sie wie folgt vor: 1. Wirkstoff auswählen 2. Bei gedrückter Maustaste wird das Reagenzglas mit der gewünschten Konzentration aus dem Reagenzglasständer in einen der beiden Perfusorschächte überführt. 3. Am Zählwerk den gewünschten Fluss in µl/min einstellen. Durch die rote Leuchtdiode unterhalb des Zählwerkes wird signalisiert, dass der eingestellte Wert nur im Zählwerk eingegeben, aber noch nicht vom Perfusor übernommen ist. 4. Pfeiltaste neben der roten Diode drücken. Die Diode wird grün. Der Wert wird vom Perfusor übernommen und erscheint im Display der Flusstaste. 5. Zur Applikation der Substanz wird die Flusstaste gedrückt. 6. Durch Drücken der Stop-Taste wird die Applikation beendet. Achten Sie darauf, dass zwischen den einzelnen Teilversuchen ausreichend Kontrolllösung (Krebslösung) appliziert wird, um das Herz von Substanzresten zu befreien und somit den Ausgangszustand wiederherzustellen. Beim parallelen Zugeben von zwei Substanzen müssen zeitgleich beide Perfusoren angeschaltet sein. Auslesen der Messwerte Über die Taste ‘Analyse’ in der Laborumgebung kann man in die In die Auswerteumgebung gelangen. Es öffnet sich ein Schreibtisch mit verschiedenen Werkzeugen zur Archivierung, zur Beschriftung und zum Ausdruck von Meßstreifenabschnitten. Es empfiehlt sich aber, diesen Teil der Software nicht zu nutzen und die Auswertung direkt in der Laborumgebung vorzunehmen. Gehen Sie dabei wie folgt vor: 1. Stellen Sie Geschwindigkeitsregler und Verstärker so ein, dass die einzelnen Kontraktionen gut sichtbar sind. Mit dem Schieberegler verschiebt man die Grundlinie so, dass sie mit einer Linie des Meßstreifens zusammenfällt. Die Kontraktionsamplitude lässt sich dadurch besser abschätzen. 2. Nach Erreichen eines ‘steady states’ wird der Geschwindigkeitsregler auf Null gedreht oder der Netzschalter des Schreibers ausgestellt. Der Papiervorschub wird dadurch gestoppt und die Messung lässt sich direkt auswerten. 3. Gehen Sie zur Bestimmung der Herzfrequenz und der Kontraktionsamplituden so vor, wie es in Abb. 6 beschrieben ist. Bei der Amplitudenauswertung ist zusätzlich zu beachten, dass der Verstärker an seinem Ausgang 1 mV pro 2 mm Hg liefert. Das heißt die errechneten Amplituden in mV müssen anschließend durch Multiplikation mit dem Faktor 2 in mmHg umgerechnet werden. - 7- Anzahl der Kontraktionen im betrachteten Zeitintervall : 19 Anzahl der Kästchen im betrachteten Zeitintervall : 15 Abb. 6: Die Auswertung des Meßstreifens (Teil II) A) Bestimmung der Herzfrequenz 1.) Es empfiehlt sich, zwei Kontraktionsamplituden auszuwählen, die mit einer vertikalen Linie des Meßstreifens zusammenfallen. Man zählt dann in dem so bestimmten Zeitintervall die Anzahl der Kontraktionen (In dem hier dargestellten Beispiel sind es 19) und die Anzahl der Kästchen (hier sind es 15) aus. 2.) Anschließend errechnet man die Anzahl der Kontraktionen, die auf ein Kästchen entfallen. Wenn man diesen Wert mit der Schreibergeschwindigkeit multipliziert, erhält man die Anzahl der Kontraktionen pro Sekunde. (In diesem Beispiel sind es 19/15 Kontraktionen/cm x 2 cm/s = 2.53 Kontraktionen/s) 3.) Durch Multiplikation mit 60 erhält man die Herzfrequenz (In diesem Beispiel ergibt sich also eine Herzfrequenz von 2.53 1/s x 60 s/min = 152 1/min.) B) Bestimmung der Kontraktionsamplitude 1.) Dadurch, dass die Grundlinie mit dem Schieberegler so verschoben wurde, dass sie mit einer horizontalen Linie des Meßstreifens zusammen fällt, ist die Abschätzung der Kontraktionsamplitude leicht. (In dem hier dargestellten Beispiel sind es 6 Kästchen). 2.) Der ausgemessene Wert muss mit der Auflösung des Papierschreibers (hier sind es 5 mV pro Kästchen) und dem Umsetzungsfaktor des Verstärkers (konstant 1 mV pro 2 mmHg) multipliziert werden. (In diesem Beispiel ergibt sich also eine Kontraktionsamplitude von 6 Div x 5 mV/Div x 2mmHg/mV = 60 mmHg). - 8- Versuchsablauf Im einzelnen sollen folgende Versuche durchgeführt werden: 1. 2. 3. 4. Bestimmung der Dosis-Wirkungskurve von Adrenalin Beurteilung der Wirkung von Acetylcholin Beurteilung der Wirkung des Parasympatholytikums Atropin Bestimmung der Wirkung des Betablockers Propranolol: a. Bestimmung der Dosis-Wirkungskurve von Adrenalin in Gegenwart von 100 nmol/l Propranolol b. Bestimmung der Dosis-Wirkungskurve von Propranolol in Gegenwart von 1 µmol/l Adrenalin 5. Beurteilung der Wirkung des Ca2+-Kanalblockers Verapamil 6. Beurteilung der Wirkung des Digitalisglykosides Strophanthin. Die Konzentrationen der Wirkstoffe, die anzuwenden sind, gehen aus folgender Tabelle hervor. Ihre Messwerte können Sie hier oder direkt in Ihrer Protokollvorlage eintragen. Die Messaufgaben können Sie auch zwischen den einzelnen Gruppen aufteilen. Zur Bestimmung der DosisWirkungskurven sollten die Werte von mindesten drei Gruppen vorliegen. Wichtig : Vor Beginn und nach Ende einer Versuchsreihe unbedingt eine Kontrollmessung durchführen ! Alle Perfusoren ausschalten ! Acetylcholin-Perfusor angeschaltet lassen ! (Konz. = 10-6 mol/l) Alle Perfusoren ausschalten ! Atropin-Perfusor angeschaltet lassen ! (Konz. = 10-6 mol/l) Applizierte Substanz Konzentration [mol/l] Kontrolle + Adrenalin --1 x 10-09 1 x 10-08 5 x 10-08 1 x 10-07 5 x 10-07 1 x 10-06 5 x 10-06 1 x 10-05 5 x 10-05 1 x 10-04 5 x 10-04 1 x 10-03 Kontrolle + Acetylcholin --1 x 10-07 1 x 10-06 1 x 10-07 1 x 10-06 1 x 10-05 + Adrenalin Kontrolle + Atropin --1 x 10-07 1 x 10-06 1 x 10-08 1 x 10-07 1 x 10-06 + Acetylcholin Alle Perfusoren ausschalten ! - 9- Herzfrequenz [1/min] Amplitude [mmHg] Applizierte Substanz Adrenalin-Perfusor angeschaltet lassen ! -6 (Konz. = 10 mol/l) Alle Perfusoren ausschalten ! Konzentration [mol/l] Kontrolle + Adrenalin + Propranolol --1 x 10-06 1 x 10-09 1 x 10-08 1 x 10-07 1 x 10-06 1 x 10-05 1 x 10-04 1 x 10-03 Kontrolle + Propranolol + Adrenalin --1 x 10-07 1 x 10-09 1 x 10-08 5 x 10-08 1 x 10-07 5 x 10-07 1 x 10-06 5 x 10-06 1 x 10-05 5 x 10-05 1 x 10-04 5 x 10-04 1 x 10-03 Kontrolle + Adrenalin + Verapamil --10-06 10-06 10-05 10-04 Kontrolle + g-Strophanthin --10-08 10-07 Acetylcholin-Perfusor angeschaltet lassen ! -6 (Konz. = 10 mol/l) Kontrolle + Acetylcholin + g-Strophanthin --10-06 10-08 10-07 Adrenalin-Perfusor angeschaltet lassen ! (Konz. = 10-6 mol/l) Kontrolle + Adrenalin + g-Strophanthin --10-06 10-08 10-07 --- Alle Perfusoren ausschalten ! Unbedingt warten, bis die Kontraktionsamplitude der Kontrolle entspricht. Kontrolle 2.4. Herzfrequenz [1/min] Amplitude [mmHg] Auswertung Übertragen Sie die Messwerte in die Protokolldatei und interpretieren sie Ihre Beobachtungen. Fertigen Sie die geforderten Graphen an. Wenn auch ein Teil der Daten gemeinsam erhoben wurde, so sollte jeder Student die Auswertung alleine durchführen. - 10 - 3. Wirkungsweise der pharmakologischen Substanzen 3.1. Adrenalin Positiv inotroper Effekt: Adrenalin aus dem Nebennierenmark und Noradrenalin aus den Nervenendigungen des Sympathikus binden an adrenerge β1-Rezeptoren des Arbeitsmyokards. Über eine G-Protein-Kaskade wird die Adenylatzyklase aktiviert, was zu einem Anstieg des intrazellulären cAMP führt. cAMP aktiviert die Proteinkinase A, die über eine Phosphorylierung des L-Typ-Ca2+-Kanals diesen aktiviert und somit einen vermehrten Ca2+-Einstrom bewirkt. Die erhöhte Ca2+-Konzentration bewirkt eine erhöhte Kontraktionskraft. Positiv chronotroper Effekt: Adrenalin und Noradrenalin binden gleichzeitig an β1-Rezeptoren der Sinusknotenzellen. Es findet auch in diesen Zellen die oben beschriebene cAMP-Kaskade statt. Der erhöhte cAMP-Spiegel aktiviert direkt den Schrittmacherstrom If, der durch cAMP-gesteuerte unspezifische Kationenkanäle getragen wird. Parallel kommt es wie in den Myokardzellen auch hier zu einem gesteigerten Ca2+-Einstrom (Phosphorylierung durch Proteinkinase A). Die Aktivierung der Schrittmacherkanäle und der Ca2+-Kanäle führt zu einer schnelleren diastolischen Depolarisation und zu einem steileren Aufstrich des Aktionspotentials im Sinusknoten. Abb. 7: Wirkungsmechanismus von Adrenalin 3.2. Acetylcholin Negativ inotroper Effekt: Der direkte Einfluss von Acetylcholin aus dem Parasympathikus ist auf die Strukturen des Vorhofes beschränkt. Im Vorhofmyokard bindet es an muskarinerge AChRezeptoren. Dies bewirkt über ein inhibitorisches G-Protein die Hemmung der Adenylatzyklase, wodurch der cAMP-Spiegel der Zelle sinkt und die Phosphorylierung der Ca -Kanäle durch die Proteinkinase A verringert wird. Die Konsequenz ist ein verminderter Ca -Einstrom, was die verminderte Kontraktionskraft erklärt. Negativ chronotroper Effekt: Durch den hemmenden Einfluss auf die Adenylatzyklase in den Sinusknotenzellen hat Acetylcholin eine Verminderung des Schrittmacherstromes zur Folge. Depolarisationen werden dadurch verzögert. Gleichzeitig kommt es zu einer rezeptorgesteuerten Aktivierung eines Kaliumkanals, was über die βγ-Untereinheit des inhibitorischen G-Proteins vermittelt wird. Es kommt dadurch zu einem vermehrten Kaliumausstrom, was die Verschiebung des Membranpotentials zu negativeren Werten unterstützt. 2+ 2+ - 11 - Abb. 8: Wirkungsmechanismus von Aceteylcholin 3.3. Atropin Atropin ist ein giftiges Alkaloid aus Nachtschattengewächsen, das in der Notfallmedizin (z.B. als Gegengift) und in der Augenheilkunde eingesetzt wird. In hohen Dosen kann es zur Atemlähmung führen. Es wirkt parasympatholytisch, d.h. es vermindert die Wirkung von Acetylcholin, indem es die Bindungsstellen an muskarinartigen Acetylcholin-Rezeptoren besetzt. Abb. 9: Wirkungsmechanismus von Atropin 3.4. Propranolol Propranolol gehört zur Gruppe der β-Rezeptorenblocker. Es konkurriert mit Adrenalin um die Bindungsstelle und hat infolgedessen eine antagonistische Wirkung. Abb. 10: Wirkungsmechanismus von Atropin - 12 - 3.5. Verapamil Verapamil ist ein Ca2+-Kanalblocker. Es wirkt einerseits auf die Zellen des Myokards, wo es durch den verminderten Ca2+-Eintritt eine Verringerung der Schlagkraft bewirkt. Außerdem führt die Verschiebung der Membranspannung zu negativeren Werten zu einer Verringerung der Herzfrequenz. Verapamil wirkt auch in den Blutgefäßen. Die glatten Gefäßmuskelzellen entspannen und die Gefäße werden erweitert. Dies führt zu einer Verbesserung der Durchblutung und zu einem verminderten Blutdruck. Abb. 11: Wirkungsmechanismus von Verapamil 3.6. Strophantin Strophanthin (Ouabain) gehört zu den Digitalisglykosiden. Sie hemmen die Na+/K+-ATPase, die für den Na+-Transport aus der Zelle heraus und den K+-Transport in die Zelle hinein verantwortlich ist. Durch ihre verminderte Aktivität erhöht sich die Konzentration an Na+ in der Zelle. Dies vermindert die treibende Kraft für den Na+/Ca2+Austauscher, der den Na+ Gradienten ausnutzt, um Ca2+ aus der Zelle herauszutransportieren. Es kommt dadurch zu einer Erhöhung der Ca2+-Konzentration in der Zelle. In einem bestimmten Konzentrationsbereich führt dies zu einer gesteigerten Kontraktionskraft. Zu hohe Konzentrationen wirken jedoch als Zellgift. Abb. 12: Wirkungsmechanismus von Herzglykosiden 4. Literaturempfehlungen Klinke, R., Pape, H-C., Kurtz, A., Silbernagl, S. (Hrsg.): Physiologie 6. Auflage, Thieme, Stuttgart-New York, 2010 Kapitel 5: Das Herz Schmidt, Lang, Heckmann (Hrsg.): Physiologie des Menschen 31. Auflage, Springer, 2010 Kapitel 25: Herzerregung; Kapitel 26: Herzmechanik Speckmann, E-J., Hescheler, J., Köhling, R. (Hrsg.): Physiologie 5. Auflage: Urban & Fischer Verlag München, 2008 Kapitel 8: Herz-Kreislauf-Funktion - 13 -