Die Systematik der Honigbiene Alles Leben auf Erden, das der Pflanzen Tiere und, wenn man ihn gesondert anführen will, auch des Menschen, kommt aus dem Wasser, aus dem Weltmeer der Urzeiten. Ursprünglich, es ist viele Millionen Jahre her, gab es Leben nur im Meer. Die Entwicklung der Organismen vollzog sich in kleinsten Schritten, und vorerst blieb das feste Land noch dem Einfluß der Naturkräfte überlassen. Aber es gibt ein grundsätzliches Gesetz des Lebens: die Natur duldet keine leeren Räume. Jedes „ökologische Vakuum“ zieht verschiedenartige Lebewesen an, die den betreffenden Raum zu besiedeln versuchen. In diesen Bestreben ist jegliches Leben zäh, ausdauernd und ungemein angepaßt. Fast alle großen Tierstämme haben Anteil an der Erschließung des Landes gehabt, und alle besitzen Verwandte, die heute noch im Wasser leben. Die Würmer und Weichtiere sind erfolgreiche Erschließer des festen Landes gewesen. Überall sind sie verbreitet und gut angepaßt. Noch erfolgreicher waren zwei Tierstämme, die Gliederfüßler (Arthropodae) und die Wirbeltiere (Cordatiae), denn sie stellen heute weitaus die Mehrzahl der landbewohnenden Tiere. Die Gliederfüßler umfassen drei große Klassen: Tausendfüßler, Spinnentiere und die Kerbtiere oder Insekten. Die Insekten wiederum stellen das weitaus größte Kontingent innerhalb der gesamten Landtierwelt. Überall sind sie zu finden, dringen in alle Räume des Festlandes ein und verstehen es, alle nur irgendwie brauchbaren Nahrungsquellen zu nützen. Charakteristisch für alle Insekten ist zunächst das feste Außenskelett. Der gegliederte Körper und das Vorhandensein von drei echten Beinpaaren (Sechsfüßler). Die Gliederung in einzelne Segmente ist sehr notwendig, damit trotz der harten Panzerung aus Chitin oder Sklerotin die nötige Beweglichkeit der einzelnen Tiere erhalten bleibt. Deutlich zu unterscheiden sind: Kopf, Brust und Hinterleib. An jedem der drei Brustsegmente sitzt ein Paar gegliederter Beine. Außer den Beinen trägt der Brustteil noch zwei Paar Flügel, die während des Fluges von Muskeln, die im Inneren der Brust (Thorax) liegen, bewegt werden. Selbstverständlich weisen die Flügel, die keine echten Gliedmaßen, sondern nur Hautausstülpungen sind, große Unterschiede auf. Die reich geäderten Flügel sind häufig das Mittel, die Indentität festzustellen (bei der Biene: Cubitalindex). Die Insekten besitzen keine Lunge. Die Atmung erfolgt durch eine Anzahl von Öffnungen (Stigmen), die an den Seiten der einzelnen Segmente liegen. Durch die Stigmen gelangt die Luft in ein kompliziertes System dünnwandiger Röhren, den Tracheen. Dieses Röhrensystem reicht in vielfacher Verzweigung bis in die entlegensten Gewebe. Auf diese Weise wird der Austausch von Sauerstoff und Kohlensäure ermöglicht. 1 F/1/2 Allen Insekten gemeinsam ist das hornartige Außenskelett. Es stellt einen Panzer dar, der einen hervorragenden mechanischen Schutz bietet, aber gleichfalls ein weiteres Größenwachstum nicht zuläßt. Das nimmt großen Einfluß auf den Entwicklungsgang der Insekten, der immer vom Ei zur Made über die im Puppenzustand sich vollziehende Wandlung (Metamorphose) zum fertigen Insekt vor sich geht. Die Klassifikation der Honigbiene zeigt folgendes System: Reich (regnum) - Animalia (Tiere) Stamm (phylum) - Articulata (Gliedertiere) Unterstamm (subphilum) - Arthropoda (Gliederfüßler) Klasse (classis) - Insecta (Insekten, Kerbtiere, Sechsfüßler) Ordnung (ordo) _ Hymenoptera (Hautflügler) Unterordnung (subordo) - Aculeata (Stachelimmen). Diese benützen den Stachel als Waffe. Er ist gewöhnlich im Körper der Insekten verborgen und wird erst sichtbar, wenn das Insekt sich zur Wehr setzt. Die zweite große Gruppe der Aculeata sind die Sägeimmen (Terebrantia). Bei ihnen liegt der Stachel frei und wird nicht als Waffe, sondern meist als Legeröhre benützt. Mit Hilfe des Stachels wird das Ei entweder in einen Pflanzenteil oder den Leib eines anderen Tieres versenkt, wo es dann zur Entwicklung kommt. Alle Sägeimmen sind einzellebend und bilden keine Familie. Dazu gehören u.a. die Blatt-, Holz- und Schlupfwespen. Außer den Schlupfwespen sind alle Schädlinge. Die zahlreichen Schlupfwespenarten sind nützlich. Sie legen ihre Eier an oder in Raupen, Larven, Puppen oder Eier anderer Insekten. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven parasitieren und richten den Wirt zugrunde (biologische Schädlingsbekämpfung). Die Familie der Stachelimmen (Aculeata): 1. Staatenbildende, soziale Hautflügler, die zu Hunderten oder Tausenden in mehr oder weniger kunstvoll angelegten Nestern leben: a) Raubwespen (Sphegidae) tragen Beutetiere ein, die sie lähmen und ihre Eier daran legen, b) Goldwespen (Chrysididae) leben nur parasitisch oder als Kuckuckschmarotzer bei anderen Hautflüglern, c) Spinnentöter (Psamocharadiae) - fangen und lähmen für ihre Larven ausschließlich Spinnen. Die Unterordnung der Aculeata umfaßt noch weitere parasitierende Familien. Familien der Bienen (Apidae): 1. Solitäre Sammelbienen Die Weibchen versorgen die Brut ohne weitere Betreuung! a) Urbiene (Proapidae) - Beinsammler b) Sandbienen (Polilegidae) und Schmalbiene (Halictus) c) Bauchsammler (Gastriledae) 2. Parasitäre Bienen - solitäre Schmarotzerbienen 3. Soziale Bienen a) Honigbiene (Apis) b) Hummeln (Bombus) 2 F/1/3 c) Melliponen - Stachellose Biene, soziallebend, bildet sehr volksreiche Staaten. Während bei den Termiten und Ameisen nur in Gemeinschaft lebende Arten vorkommen, sind die meisten Wespen- und Bienenarten einzeln (solitär) lebend. Die Familie der Bienen umfaßt rund 300 Gattungen, aber nur die Hummeln, Stachellosen Bienen und Honigbienen zeigen soziales Leben. Gattung (genus) - Honigbienen (Apis). Sie umfaßt nur vier, ausschließlich staatenbildende Arten, die gut zu unterscheiden sind. Das Verwandtschaftsverhältnis ist so entfernt, das Kreuzungen nicht möglich sind. a) Honigbiene - apis mellifera b) Indische Biene - apis Indica, heute auch apis cerana c) Riesenhonigbiene - apis dorsata d) Zwergbiene - apis florea. Die Riesen - und Zwergbiene bauen nur eine Wabe auf Bäumen oder unter vorstehenden Felskanten. Sie kommen in Indien und den benachbarten Inseln vor. Nur eine Art der Bienen ist von wirtschaftlicher Bedeutung, die apis mellifica. Linnée hat sie ursprünglich apis meliffera genannt, aber diese unzutreffende Bezeichnung selbst geändert. Die Honigbiene trägt nicht Honig, sondern Nektar ein, um daraus im Stock erst Honig zu machen. Sie ist also keine Honigbringerin (meliffera), sondern eine Honigmacherin. Die eigentliche Heimat der heute über die ganze Welt verbreiteten Biene ist nicht bekannt. Manche Forscher nehmen an, daß die Biene erstmals in Vorderasien zum „Haustier“ wurde. Wir wissen, daß sich die alten Ägypter bereits auf Bienenzucht verstanden haben. Die Heimat der Gattung Apis ist das südliche Asien, wo heute noch die drei wildlebenden Arten vorkommen. Dort wird die Indische Biene heute noch als Honiglieferant bewirtschaftet, aber durch die höhere Wirtschaftlichkeit der Apis meliffera verdrängt und dadurch mit dem Aussterben bedroht. Die unterste Stufe in der Systematik der Bienen ist die Rasse. Entsprechend ihrer geographischen Verbreitung gibt es verschiedene Rassen, die als Produkt ihrer Umgebung auch verschiedene Verhaltensweisen ausgebildet haben. Afrikanische Rassen sind in Verruf wegen ihrer besonderen Stechlust, an der Carnica schätzt man die Sanftmut. Im europäischen Raum haben sich nur einige durchgesetzt, und zwar: Deutsche oder schwarze Biene - apis mellifera, mellifica Kärntner oder graue Biene - apis mellifica carnica Italienische, gelbe Biene - apis mellifera ligustica Kaukasische Biene - apis mellifera kaukasica. Stämme sind Unterrassen, zoologisch nicht zu unterscheiden, jedoch mit einem unterschiedlichen Anpassungsgrad an ökologische Verhältnisse (Sklenar, Troisek). Rassen sind untereinander kreuzbar, das Kreuzungsprodukt sind die Hybriden, die häufig in der ersten Generation blenden (luxurieren) aber in den weiteren Generationen wieder zerfallen und daher nicht nachzuchtwürdig sind. 3 F/1/4 In Österreich ist bis auf einige Randgebiete die Carnica allgemein verbreitet. Einige Bundesländer haben bereits gesetzliche Bestimmungen, welche die Verbreitung einer anderen Bienenrasse als die Carnica untersagen. 4