Elektrochemie

Werbung
Technische Universität Dresden
Institut für Werkstoffwissenschaft
Professur für Anorganisch-Nichtmetallische Werkstoffe
Praktikumsanleitung
Elektrochemische Herstellung und Charakterisierung keramischer Deckschichten auf
Ventilmetallen
Praktikum zur Vorlesung Keramische Werkstoffe
Ulrike Langklotz
1. Einleitung
Einige Metalle wie Aluminium, Titan, Tantal, Niob oder Wolfram etc. sind in Gegenwart von
Sauerstoff oder Wasser thermodynamisch instabil und zeigen ein großes Bestreben, sich mit
Oxidschichten zu bedecken. An trockener Luft beispielsweise entstehen spontan homogene,
dichte und weitgehend wasserfreie Passivschichten (d0,Al=2,8 – 3nm, d0,Ta= 1nm, d0,Nb=1,5nm,
d0,W=1,5nm). Diese nativen Oxidschichten stellen ein Hindernis für den Transport von Ionen
und Elektronen dar und verhindern damit ein weiteres Schichtwachstum. Diese Metalle werden
„Ventilmetalle“ genannt. Die Bezeichnung als „Ventilmetalle“ geht auf eine Entdeckung des
französischen Forschers Ducretet aus dem Jahre 1875 zurück. Er beobachtete das Phänomen,
dass man auf Aluminium in einem elektrochemischen Verfahren bei anodischer Polung (PlusPol) eine Oxidsschicht erzeugen kann, welche den elektrischen Strom in diese Richtung sperrt.
Dagegen ist bei einer kathodischen Polung (Minus-Pol) des Metalls unter H2-Entwicklung ein
ungehinderter Stromfluss möglich. Das elektrochemische Verhalten von Ventilmetallen
unterscheidet sich damit teils drastisch vom Verhalten von Nicht-Ventilmetallen (z.B.
Edelmetalle, Eisen, …).
Die Dicke der nativen Oxidfilme auf Ventilmetallen beträgt wenige Nanometer, die Schichten
können jedoch künstlich bis auf einige µm verstärkt werden, z.B. durch anodische oder
thermische Oxidation. Durch die Wahl des Oxidationsverfahrens und der Prozessparameter
werden auch die Eigenschaften der Passivfilme modifiziert, so können gezielt geschlossene,
poröse oder nanostrukturierte Oxidschichten erzeugt werden. Die Oxide zeigen die typischen
Eigenschaften von Gläsern oder keramischen Werkstoffen wie große Härte, chemische
Resistenz, geringe Lichtabsorption im Sichtbaren und extreme Behinderung des Transports von
Ladung und Materie. Letztere Eigenschaft kennzeichnet diese Oxide also als ausgezeichnete
Isolatoren.
Eine Vielzahl technischer Anwendungen dieser Sondermetalle beruht auf der Präsenz und den
Eigenschaften dieser dünnen oxidischen Deckschichten. So finden von anodischen
Oxidschichten bedeckte Ventilmetalle Anwendung
-
im Fahrzeugbau sowie Luft- und Raumfahrt (Titanlegierungen, Aluminium),
-
als Verschleißschutzschichten (Hartanodisiertes Aluminium)
-
im Medizintechnikbereich (Titanlegierungen als Implantatwerkstoff),
P
A
G
-
im Korrosionsschutz (Tantal, Niob, z.B. als Auskleidung chemischer Reaktoren)
-
in der Mikroelektronik (Aluminium-, Tantal-, Nioboxid als Isolatoren)
-
als Kondensatorwerkstoffe (Aluminium, Tantal, Niob: Material für Elkos)
Die Anwendung von Ventilmetallen als Kondensatorwerkstoff wurde bereits 1896 von Charles
Pollack vorgeschlagen. Da die einseitig stromsperrenden Oxidschichten eine sehr hohe
Spannungsfestigkeit schon bei sehr dünnen Schichten aufweisen, kam er auf die Idee, solche
Oxidschichten als Dielektrikum eines gepolten Kondensators mit hoher Kapazität in einem
Gleichstromkreis auszunutzen.
Aufgrund ihrer hohen Dielektrizitätskonstanten werden in der heutigen Industrie vor allem
Tantal und Niobium für die Herstellung von Kondensatoren eingesetzt. Des Weiteren haben
sich dünne Schichten dieser Oxide, die über Sputterprozesse hergestellt werden, in der
Halbleiterindustrie als Sperrschichten für Mikrochips etabliert. Im Rahmen dieses
Praktikumsversuches sollen die dielektrischen Eigenschaften der Oxidschichten von
Ventilmetallen und ihre Fähigkeiten zur Ionenleitung über elektrochemische Methoden
untersucht werden.
2 Allgemeine Grundlagen
2.1 Oxidationsverhalten und Leitfähigkeit
In der Regel besitzen die oxidischen Deckschichten von Ventilmetallen bei Raumtemperatur
ausschließlich eine ionische Leitfähigkeit, aber keine Elektronenleitfähigkeit. Damit
unterscheiden sie sich deutlich von Oxidfilmen auf Nicht-Ventilmetallen, die i.d.R. ausgeprägt
elektronenleitendes Verhalten zeigen. Es kann jedoch zu einer zusätzlichen
Elektronenleitfähigkeit in den Oxidfilmen auf Ventilmetallen kommen, wenn sich die Lücke
zwischen Valenz- und Leitungsband in den Oxidschichten verringert und in den Bereich der
Halbleiter kommt. Genauso kann eine wachsende Anzahl von erlaubten Besetzungszuständen
innerhalb der Bandlücke eine Elektronenleitung bewirken. So werden die Oxidschichten auf
Niob, Titan und Wolfram mit Donorkonzentrationen von 1020 bis 1021 cm-3 zu den n-Halbleitern
gerechnet. Experimentell lässt sich ohne größeren Aufwand nicht zwischen ionischer und
elektronischer Leitfähigkeit unterscheiden.
Auf die bei der Ionenleitung ablaufenden Vorgänge kann anschaulich bei der
elektrochemischen Oxidation der Metalle in wässrigen Elektrolyten eingegangen werden.
Grundsätzlich laufen in Anwesenheit eines wässrigen Elektrolyten die Oxidationsreaktionen
entsprechend folgender Beispielgleichungen ab:
2 Al + 3 H2O
2 Ta + 5 H2O
2 Nb + 5 H2O
Zr + 2 H2O
Al2O3 + 6 H+ + 6 eTa2O5 + 10 H+ + 10 eNb2O5 + 10 H+ + 10 eZrO2 + 4 H+ + 4 e-
Abbildung 1 zeigt das CV der anodischen Oxidation eines Ventilmetalls in einem wässrigen
Elektrolyten.
P
A
G
600x10-6
2
Stromdichte / A cm-2
500x10-6
400x10-6
3
300x10-6
U
200x10-6
4
100x10-6
1
U
0
-0.5
0.0
0.5
1.0
1.5
2.0
2.5
3.0
Potential gegen NHE / V
Abb. 1
Cyclovoltammogramm von Tantal in 1N H2SO4
Durch die Präsenz einer nativen Oxidschicht auf der Oberfläche der Probe beginnt die
anodische Oxidbildung nicht beim thermodynamischen Bildungspotential des Metalls (z.B.
U0,Al= -1,6 ± 0,2V, U0,Ta= -0,7 ± 0,2V), sondern erst bei deutlich positiveren Werten. Damit die
vorhandene Schicht weiterwachsen kann, müssen Kationen (MeX+) von der Metalloberfläche
und Anionen (O2-) vom Elektrolyten aus durch die Schicht hindurch wandern. Der
Ionentransport erfolgt dabei über einen Hopping-Prozess der Ionen. Jeder Sprung benötigt eine
hohe Aktivierungsenergie, so dass eine Diffusion der Ionen allein auf Grund eines Gradienten
des chemischen Potentials nicht in ausreichendem Umfang stattfindet. Es muss zusätzlich eine
ausreichend große elektrische Feldstärke an der oxidbedeckten Elektrode anliegen. Solange
die angelegte Feldstärke unterhalb eines kritischen Wertes liegt, bleibt die ionische
Leitfähigkeit der Schichten sehr klein und es findet keine Oxidation statt. Es fließt
dementsprechend nur ein vernachlässigbar geringer Strom (Bereich 1 des CVs).
Die Feldstärke im Oxid ist über die Dicke des nativen Oxids mit dem an der Probe anliegenden
elektrischen Potential verknüpft. Erreicht dieses das so genannte Schichtbildungspotential,
können sich Ionen entsprechend ihrer Ladung im elektrischen Feld durch die Schicht hindurch
bewegen. Die Folge ist ein Wachstum der Oxidschicht. Das material- und
schichtdickenabhängige Schichtbildungspotential lässt sich im CV (Abbildung 2) am Anfang
von Bereich 2 (Beginn des Anstiegs) ablesen.
Das Maximum in Abschnitt 2 des Cyclovoltamogramms wird als Overshoot bezeichnet. Sein
Zustandekommen kann mit der Injektion mobiler Ladungsträger in die vorhandene Oxidschicht
erklärt werden. Unter dem Einfluss des elektrischen Feldes wandern die Ladungsträger, die zum
einen aus dem Metall (Mex+) und zum anderen aus dem Elektrolyten (O2-) stammen, durch die
Oxidschicht hindurch. Dadurch steigt die Stromdichte im CV stark an, da sie ein direktes Maß
für die Anzahl freier Ladungsträger im Oxid ist. Die Ionen reagieren jedoch erst an den jeweils
gegenüber liegenden Phasengrenzflächen mit entgegengesetzt geladenen Ionen zum Oxid
(Abbildung 2). Dadurch nimmt die Anzahl an Ladungsträgern im Oxid schlagartig drastisch ab,
was sich im Absinken der Stromdichte äußert. Als Folge dieser Oxidbildungsreaktion nimmt
die Schichtdicke zu und die effektive elektrische Feldstärke über die Schicht ab.
P
A
G
Abb. 2
Schematische Darstellung der Ionenwanderung während der elektrochemischen
Oxidschichtbildung auf einem Ventilmetall in wässriger Lösung unter Berücksichtigung der
verschiedenen Atomradien des Aluminiums im Fall von metallischer und ionischer Bindung.
Nach der Ladungsträgerinjektion mit Overshoot erfolgt ein dem anliegenden Potential direkt
proportionales Oxidwachstum. Das zeigt sich in Abschnitt 3 des CVs als ein weitgehend
potentialunabhängiges Stromplateau, das fast ausschließlich von der Art des Metalls abhängig
ist und durch den konstanten Strom von Metall- und Oxidionen durch die wachsende
Oxidschicht hervorgerufen wird. Zusätzliche anodische Sauerstoffentwicklung durch
Elektrolyse des wässrigen Elektrolyts findet unter den dargestellten Bedingungen nicht statt.
Im Rücklauf des CVs wird das anliegende Potential wieder auf den Anfangswert verringert
(Bereich 4). Typisch für alle Ventilmetalle ist hier ein starker Abfall der messbaren
Stromdichte. Das elektrische Feld in der Oxidschicht wird durch das Absenken des Potentials
geringer und reicht nicht mehr aus, um den Transport weiterer Ionen durch das Oxid zu
bewirken. Bedingt durch die noch hohe Konzentration an mobilen Ladungsträgern in der
Schicht hört der Stromabfall nicht abrupt, sondern innerhalb eines endlichen Zeitraums auf.
2.2 Das Hochfeldmodell
Ansätze zur modellhaften Beschreibung der anodischen Oxidbildung an Ventilmetallen gehen
zurück auf die Arbeiten von GÜNTHER SCHULZE und BETZ aus den Jahren 1931-38, die mit
galvanostatischen und potentiostatischen Messverfahren die Ionenleitfähigkeit der
Oxidschichten auf Al und Ta untersuchten. Sie entdeckten, dass der Ionenstrom exponentiell
von der Feldstärke E im Oxid abhängt. VERWEY und später MOTT und CABRERA entwickelten
das Hochfeldmodell als einen Ansatz zur Beschreibung des anodischen Oxidwachstums auf
Ventilmetallen. Dieses Modell besagt im Wesentlichen, dass sich zu jedem Elektrodenpotential
direkt proportional eine bestimmte Dicke der Oxidschicht ausbildet. Es eignet sich darüber
hinaus zur Beschreibung der ionischen Leitfähigkeit bei einer Vielfalt von Festkörpern, z.B.
NaCl, Al2O3 oder TiO2.
Das Hochfeldmodell beschreibt das Oxidwachstum als Folge von Ionentransport durch die
bestehende Oxidschicht über eine Reihe von feldunterstützten, thermisch aktivierten Sprüngen.
Die Ionen (Mex+, O2-) befinden sich im Kristallgitter auf Minima der potentiellen Energie, wie
normalen Gitterpositionen oder Zwischengitterplätzen. Ionen können über die Barriere mit der
Aktivierungsenergie W zum nächsten Minimum über eine Sprungdistanz a springen. Die
nachfolgende Abbildung 3 zeigt schematisch die von den Ionen bei der Wanderung zu
überwindenden Energiebarrieren W innerhalb einer Oxidschicht. Ohne ein elektrisches Feld ist
P
A
G
die Aktivierungsenergie über die gesamte Schichtdicke hinweg konstant und zu hoch, um eine
Ionenwanderung durch Diffusion zu bewirken. Durch Anlegen eines elektrischen Feldes E in
der Größenordnung von 106–107 V cm-1 kommt es in der Oxidschicht zu einem Potentialabfall
ox, der die Aktivierungsenergie um den Betrag azFox/d absenkt. Bei der kritischen
Feldstärke Ekrit ist Ladungstransport in Form einer Ionenwanderung ermöglicht, wie im
vorhergehenden Abschnitt diskutiert. Dann sind Stromdichten in Größenordnungen einiger 100
µA cm-2 messbar, die ein Wachstum der Oxidschicht anzeigen.
a
a
a
a
zFox 
d
Energie
Ohne Feld
zFox 
a
d
Mit Feld
 zF  ox x
Abstand x (0,1nm-Bereich)
Abb. 3
Einfluss eines elektrischen Feldes auf die Aktivierungsenergie beim Transport von Ionen (Me x+
und O2-) durch eine Oxidschicht
Abbildung ist nur schematisch !!
Die Ionenbewegung laut Hochfeldgesetzlässt sich durch folgende Gleichung beschreiben:
W

   a  z  F  ox 
  (1   )  a  z  F  ox  
i  a     e RT   exp 
  exp 
 
R T  d
R T  d





Term 1……
……. Term 2……….
(1)
…………Term 3…………
mit a : Sprungdistanz der Ionen
z : Ladungszahl der Ionen
F : Faraday-Konstante
ox : Potentialdifferenz über der Oxidschicht
d : Dicke der Oxidschicht
R : Allgemeine Gaskonstante
Die Stromdichte i ist ein Maß für die Anzahl der beweglichen Ladungsträger im Oxid, d.h.
vereinfacht die Anzahl der migrierenden Ionen. Diese Stromdichte hängt zunächst von der
Häufigkeit der erfolgreichen Sprünge der Ionen in der Schicht ab (Term 1 in Gleichung (1)).
Die Anzahl erfolgreicher Sprünge hängt wiederum von der Sprungdistanz a, der Zahl der
Sprungversuche , der Ladungsdichte  und einem Boltzmann-Faktor mit der
Aktivierungsenergie W, ab.
P
A
G
Der Wert für a hängt zusätzlich von der Form der Energiebarriere ab. Für die Ladungsdichte 
gilt  c z F, mit c der Konzentration der beweglichen Ladungsträger. Für den Fall, dass
im Festkörper sowohl Anionen und Kationen wandern können, müssen i und  in ihre
kationischen (i+, +) und ihre anionischen Anteile (i-, -) zerlegt werden:
i = i+ + i- und  = + + -
Die Terme 2 und 3 beschreiben die Verringerung der Aktivierungsenergie durch das zusätzlich
anliegende elektrische Feld um den Betrag azFox/d, wie bereits erwähnt. Dabei gibt das
Verhältnis ox/d = E die elektrische Feldstärke an. Die Konstante  bezeichnet man auch als
Durchtrittsfaktor, sie gibt das Verhältnis der transportierten Kationen und Anionen im Oxid (0<
 < 1) an. Der Durchtrittsfaktor beschreibt die Symmetrie der Barriere und hat für den
symmetrischen Fall den Wert 0.5. Für homogene Oxidschichten auf Ventilmetallen genügt eine
eindimensionale Beschreibung der Ionenbewegung, da hier die Richtung des elektrischen
Feldvektors senkrecht zur Oberfläche ist.
Gleichung (1) ähnelt formal der BUTLER-VOLMER-Gleichung für die Durchtrittsreaktion an der
Phasengrenze. Wie bei dieser kann bei hohen Feldstärken die Bewegung der Ionen in
Gegenrichtung zum Feld vernachlässigt werden. Damit entfällt Term 3, und die Gleichung
vereinfacht sich zu:
   a  z  F  ox 
 W 
i  a     exp 

  exp 
R T  d
 R T 


(2)
Führt man die beiden Konstanten i0 und  ein, entspricht Gleichung (2) dem empirisch
gefundenen Hochfeldgesetz:
Hochfeldgesetz:
   ox 
i  i0 exp 

 d

(3)
 a zF
 W 
mit i0  a     exp  
 und  
R T
 R T 
Nach Gleichung 3 ist die Stromdichte i konstant für ein konstantes Verhältnis ox/d. Daraus
folgt, dass die Dicke einer Oxidschicht linear mit dem anliegenden Elektrodenpotential
ansteigen sollte:
d  k  ox
(4)
Der Proportionalitätsfaktor k wird Schichtbildungsfaktor genannt und ist eine wichtige
Kenngröße zur Beschreibung der anodischen Oxidation von Ventilmetallen. Allerdings zeigt
k ebenfalls eine Abhängigkeit von den Anodisierbedingungen (Elektrolyt, Prozessführung,
Temperatur, …), was die Bestimmung dieser Größe für verschiedene Werkstoffe und
experimentelle Bedingungen notwendig macht.
2.3 Kapazitive Eigenschaften der Oxidschichten
Wie in Abschnitt 1 erwähnt, finden die Oxide ausgewählter Ventilmetalle (vor allem
Aluminium, Tantal und Niob) Verwendung als Dielektrika in Kondensatoren. Im einfachsten
Fall besteht ein Kondensator aus zwei parallel zueinander angeordneten Elektroden, die
räumlich durch ein Dielektrikum voneinander getrennt sind. Seine Kapazität ist direkt
P
A
G
proportional zu seiner Fläche und umgekehrt proportional zum Abstand der Elektroden. Eine
wichtige Kenngröße des zwischen den Elektroden befindlichen Dielektrikums stellt die relative
Dielektrizitätszahl (r) dar. Sie ist das Maß für die kapazitiven Eigenschaften dieses Materials.
Dieser Zusammenhang wird durch die Kondensatorgleichung beschrieben:
C  r 0 
A
d
(5)
mit C : Kapazität [A s / V]
A : Fläche der Elektroden [m2]
d : Dicke des Dielektrikums [m]
0 : absolute Dielektrizitätskonstante [F m-1]
r : relative Dielektrizitätskonstante [ - ]
Das elektrochemische System aus Metall-Metalloxid in einem leitfähigen Elektrolyten kann
vereinfacht als ein solcher Kondensator betrachtet werden. Zur Ermittlung der Kapazität der
Oxidfilme auf Ventilmetallen wird in diesem Versuch die elektrochemische
Impedanzspektroskopie (EIS) genutzt. Bei dieser Messung wird das elektrochemische System
mit einer Wechselspannung variierter Frequenz beaufschlagt, der resultierende Wechselstrom
gemessen und aus beiden Größen die frequenzabhängige Impedanz der Schicht bestimmt. Die
Impedanz ist der komplexe Widerstand, der sich aus ohmschen (Wirkwiderstand) und nichtohmschen
(Blindwiderstand)
Anteilen
zusammensetzt.
Ein
charakteristisches
Impedanzspektrum eines oxidbedeckten Ventilmetalls in der so genannten Bode-Darstellung
ist in Abbildung 4 zu sehen.
Abb.4:
Typisches EIS eines Ventilmetalls in Kontakt mit Elektrolyt, mit entsprechendem Ersatzschaltbild und
Zuordnung der Frequenzbereiche.
Es ist charakterisiert durch ohmsches Verhalten im Hoch- und Niederfrequenzbereich, was auf
die ohmschen Widerstände des Elektrolyten (<104Hz) und des Oxids (>10-3Hz) zurückzuführen
ist. Der mittlere Frequenzbereich wird durch kapazitives Verhalten dominiert, zu erkennen am
Phasenwinkel von -90° sowie dem linearen Anstieg der Impedanz. Durch Auswertung dieses
kapazitiven Bereiches kann die Kapazität des Oxidfilms, Cox, aus Gleichung (6) berechnet
werden:
P
A
G
| Z | 90 
1
1

  C 2   f  C
(6)
mit: |Z|=-90° = Impedanzbetrag bei maximaler Phasenverschiebung

= Kreisfrequenz
C
= Oxidkapazität
f
= Frequenz
Wenn zusätzlich die Dicke der Oxidschicht bekannt ist, kann die materialspezifische
Dielektrizitätskonstante nach Gleichung (5) ermittelt werden.
In Abhängigkeit von der Art des Ventilmetalls besitzen die sich ausbildenden Oxidschichten
unterschiedliche dielektrische Eigenschaften (r) und Durchbruchsspannungen- bzw.
Feldstärken, bei denen eine elektrolytische Sauerstoffbildung einsetzt. Im Fall von Tantal
können diese Spannungen bis zu mehreren hundert Volt betragen. Bei anderen Ventilmetallen
dagegen setzt die Sauerstoffentwicklung bereits bei deutlich geringeren Spannungen ein. Dieses
Verhalten steht für eine geringere Durchschlagsfestigkeit der Oxidschichten und schränkt die
Eignung dieser Materialien als Kondensatorwerkstoffe deutlich ein.
3.
Experimentelles
Der Versuch ist als „Schauversuch“ konzeptioniert, die Ausführung liegt entsprechend beim
Praktikumsbetreuer. Trotzdem sollen die Versuchsdurchführung und die experimentellen
Bedingungen im Folgenden kurz beschrieben werden.
Der Versuchsaufbau besteht aus einer elektrochemischen Messzelle in 3-Elektrodenanordnung.
Für Potentialkontrolle, Strom- und Impedanzmessungen steht ein Potentiostat zur Verfügung.
3.1.1 Elektrochemische Oxidation eines Ventilmetalls
Ein 0,5mm dicker Draht aus Tantal wird in der Messzelle als Arbeitselektrode geschaltet. Als
Elektrolyt dient Essigsäure-Natriumacetatpuffer (ca. 1M, pH = 5.9).
Die anodische Oxidation erfolgt durch Cyclovoltammetrie, wobei in abgestufter Form 5 CVs
in folgender Reihe aufgenommen werden:
Startpotential: -0,5V (vs. Ag/AgCl-Elektrode)
Endpotentiale: 2V, 4V, 6V, 8V und 9,5V (vs. Ag/AgCl-Elektrode)
Vorschubrate: 100 mVs-1
3.1.2
Bestimmung der Kapazität der Oxidschichten
Direkt nach jedem CV wird ein Impedanzspektrum der frisch entstandenen Oxidschicht
aufgenommen.
Die Einstellungen für die Impedanzspektren sind bei allen 5 Messungen gleich:
Frequenz: 100kHz - 0,1Hz
Gleichspannung: 1V
Wechselspannung: 10mV
P
A
G
Hinweise zur Auswertung
Die Schichtdickenbestimmung der Oxidfilme erfolgt über Coulometrie. Zunächst ist die
umgesetzte Ladung durch Integration der Fläche unter den gemessenen CVs zu bestimmen.
Entsprechend dem Faradayschen Gesetz kann aus der Ladungsmenge die Schichtdicke
berechnet werden:
(7)
Q   idt  nzF
d
Q  Vm
A z  F
(8)
mit Q
i
t
Vm
A
z
F
Umgesetzte Ladung
Stromdichte
Zeit
Molares Volumen der Oxide
Elektrodenfläche
Umgesetzte Elektronen entsprechend Reaktionsgleichung
Faraday-Konstante
Die Berechnungen sind unter Zuhilfenahme von Excel und den bekannten Beziehungen für
numerische Integrationen vorzunehmen.
Die Kapazitäten sind aus den Impedanzspektren zu berechnen. Die Impedanz |Z| bei maximaler
Verschiebung des Phasenwinkels fmax wird direkt aus dem Spektrum abgelesen. Aus diesem
Wert ermittelt man anschließend die Kapazität der Oxidschicht C nach Gleichung (6). Für die
Auswertung aller fünf EIS ist die Frequenz fmax zu benutzen, die aus dem Spektrum des 2VOxidfilms abgelesen wurde.
3.1.2
Relevante Daten zu Ventilmetallen und ihren Oxiden
Ta/Ta2O5
Ti/TiO2
Al/Al2O3
Nb/Nb2O5
Zr/ZrO2
3.1.3
-
M / g/mol
442
80
102
266
123
k / nm/V
1,3 – 2,4
1,3 – 2,8
0,8 – 2,0
2,1 – 3,7
1,7 – 3,0
r
28
56
11
43
20
 / g/cm³
8,2
4,2
3,2
4,8
5,7
0 / VSSE
-0,9
-0,9
-1,7
-0,6
-1,5
Praktikumsschwerpunkte
3-Elektroden-Anordnung bei elektrochemischen Messungen
Faradaysches Gesetz
Cyclovoltammogramm
Funktionsweise eines Kondensators
Was ist Impedanz?
Was ist eine Kapazität?
Was ist ein Dielektrikum?
P
A
G
Herunterladen