Anleitung - Physikalische Praktika

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Physikalisches Institut der Universität Bayreuth
Physikalisches Praktikum für Fortgeschrittene
SUPRALEITUNG
P. Smeibidl
Ver 8 / 07-2014
1
C. Karl
Inhalt
1. Ziel des Versuchs ............................................................................................................................. 3
2. Fragen zur Vorbereitung ................................................................................................................. 4
3. Aufbau des Versuchs....................................................................................................................... 5
3.1 Das Pumpsystem ....................................................................................................................... 5
3.2 Der kalte (untere) Teil des Kryostaten .................................................................................... 6
3.3 Der 4He-Verdampfungskryostat ............................................................................................... 8
3.4 Elektronik ................................................................................................................................... 11
4.Versuchsdurchführung ................................................................................................................... 14
4.1 Vorsichtsmaßregeln ................................................................................................................. 14
4.2 Vorbereitungen ......................................................................................................................... 15
4.3 Messung der Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes ......................... 16
4.4 TC-Bestimmung ........................................................................................................................ 16
4.5 Spezifische Wärme .................................................................................................................. 17
4.6 Bestimmung der Kühlleistung des Kryostaten und der Durchflussrate der Kapillare .... 18
4.7 Suszeptibilitätsmessung in Abhängigkeit von Temperatur und Magnetfeld ................... 19
5. Literatur ............................................................................................................................................ 20
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1. Ziel des Versuchs
Bei diesem Versuch lernen Sie einiges über den Umgang mit flüssigem Helium (T Siede = 4,2
K) und experimentelles Arbeiten mit einem kontinuierlich arbeitenden 4He - Pumpkryostaten
(bis 1,3 K). Sie werden außerdem den elektrischen Widerstand und die magnetische
Suszeptibilität von Metallen bei tiefen Temperaturen untersuchen sowie ein Experiment zur
spezifischen Wärme durchführen.
Folgende Messungen sollen bei diesem Versuch ausgeführt werden:
1. Bestimmung
des
elektrischen
Zimmertemperatur und 4,2 K.
Widerstandes
eines
Metalls
zwischen
2. Messung der spezifischen Wärme einer Nb3Sn-Probe zwischen 5 K und 25 K.
3. Feststellung des Eintritts der Supraleitfähigkeit durch Bestimmung der Temperatur,
bei der ihr elektrischer Widerstand verschwindet.
4. Messung der Kühlleistung eines kontinuierlich sich füllenden und gepumpten Bades
von flüssigem Helium bei Temperaturen zwischen 1,3 K und 4,2 K.
5. Nachweis des Übergangs einer weiteren Metallprobe in den supraleitenden Zustand
durch Messung der Temperaturabhängigkeit ihrer magnetischen Suszeptibilität.
6. Zerstörung der Supraleitung der Probe 3 durch Einschalten eines überkritischen
Magnetfeldes.
Bestimmung
der
Temperaturab-hängigkeit
des
kritischen
Magnetfeldes in diesem Supraleiter.
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2. Fragen zur Vorbereitung
Was sind die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale der Kryoflüssigkeiten Flüssigstickstoff
und Flüssighelium? Vergleichen Sie diese Parameter mit Wasser.
Wie sehen jeweils die Zusammenhänge Dampfdruck und Verdampfungs-wärme als Funktion
der Temperatur aus? (siehe dazu auch den Anhang).
Betrachten Sie die verschiedenen Wärmequellen in Gl. (2). Wie können die einzelnen
Beiträge minimiert werden? Kann man nach einer Optimierung prinzipiell beliebig kleine
Temperaturen erreichen?
Welchen Vorteil bringt die R-Messung mit Wechselstrom und Lock-In Verstärker gegenüber
der Gleichstrommessung?
Wodurch wird der elektrische Widerstand eines Metalls bestimmt? Wie variiert er mit der
Temperatur? Warum wird er unterhalb von 10 K nahezu temperaturunabhängig?
Nennen Sie Methoden zur Temperaturmessung bei tiefen Temperaturen.
Nennen Sie Kriterien zur Auswahl eines geeigneten Thermometers und der besten
Messmethode.
Warum wird in diesem Versuch statt eines Pt-100 Widerstandes ein Germanium-Widerstand
zur Temperaturmessung verwendet?
Beschreiben Sie den Meissner-Ochsenfeld-Effekt bzw. den Unterschied zwischen einem
idealen Leiter (ρ = 0) und einem Supraleiter (ρ = 0 und χ = -1).
Wodurch unterscheiden sich Supraleiter 1. und 2. Art? Nennen Sie typische Vertreter.
Welche Rolle spielen die Phononen bei der Supraleitung?
Welche Einzelphänomene tragen zur spezifischen Wärme bei?
Erklären Sie die beiden wichtigsten Messmethoden zur Bestimmung der spezifischen
Wärme.
Zur Vorbereitung für diesen Versuch ist im Anhang Literatur angegeben.
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3. Aufbau des Versuchs
3.1 Das Pumpsystem
Abb. 1: Schematische Darstellung des Pumpsystems und des Heliumkreislaufs.
1 Kryostat
2 Heliumvorratskanne
3 1-K-Pumpe
7 Federbalgventil zur 1-K-Pumpe
8 Regulierventil zur 1-K-Pumpe
9,10 Ventile zum Kryostaten
4 Vakuumpumpe
5 Heliumdruckflasche
6 Druckminderer und Ventil
11 Überdruck-Sicherheitsventil
12 Penningmessröhre
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3.2 Der kalte (untere) Teil des Kryostaten
A
Kryostatrohr
S
Strahlungsschilde
F
Filter
B
4.2K-Platte
I
Vakuumflansch
mit Indiumdichtung
V
Vakuumbereich
K
Kapillare (Impedanz)
D
Vakuumdose
P
Pumprohr
H
Heizerwicklung
T
1-K-Topf mit Probe1
M
Supraleitende
Magnetfeldspule
C
Probenspule mit
Primär- und Sekundärspule
sowie Probe 2
N
Nb3Sn-Probe (Probe 3) für
spezifische Wärmemessung
Abb. 2 Schematischer Aufbau des Messstabes
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Der Kryostat wurde so gebaut, dass er in die Öffnung einer Heliumkanne passt und somit ins
flüssige Helium (4,2 K) getaucht werden kann. Über einen Filter (F) (gesintertes
Kupferpulver) und eine Kapillare (K), die als Impedanz wirkt, gelangt kontinuierlich flüssiges
Helium aus der Kanne in den Verdampfer (1K-Topf). Das verdampfende Helium kann über
die Pumpleitung von einer heliumdichten Rotationspumpe abgesaugt werden.
Am 1K-Topf sind die Proben, das Germaniumthermometer (No.1), Messspulen sowie ein
Heizer thermisch angekoppelt. Da der Topf durch Abpumpen des in ihm verdampfenden
Heliums eine niedrigere Temperatur erreichen soll als das bei 4,2 K siedende Helium in der
Vorratskanne, muss er von diesem gut thermisch isoliert werden. Deshalb befindet sich der
Kryostat in einer Vakuumdose, die durch einen Flansch mit einer Indiumdichtung
vakuumdicht verschlossen werden kann. Aus demselben Grund werden auch schlechte
Wärmeleiter (Manganin, Edelstahl) als Verbindung vom 1-K-Topf zur 4,2K-Platte
(Vakuumflansch) verwendet.
Von den Experimenten am Topf führen 0,1 mm dicke Manganindrähte zur 4,2K-Platte, wo
sie thermisch sehr gut angekoppelt sein müssen. Machen Sie sich klar, warum das so ist.
Die Drähte gehen dann weiter durch die Strahlungsschilde zu den vakuumdichten Steckern
am Kopf des Kryostaten. Für diesen Weg wählt man ebenfalls möglichst dünne Manganinoder Konstantandrähte. Eine Ausnahme bilden die Stromzuführungen der Feldspule, die aus
Kupferdrähten bestehen. Die Feldspule befindet sich außen auf dem Vakuumbehälter, also
im flüssigen Helium der Vorratskanne. Von den beiden 14-poligen Steckern am Kryostatkopf
(farbig markiert; nicht vertauschen!) führen die Leitungen zu einem Verteilerkasten, und von
dort zu den einzelnen Messgeräten.
Am Vakuumteil im Kopf des Kryostaten sind eine Piranimessröhre, ein Überdruckventil und
ein Ventil (V9) zum Abpumpen bzw. Einlassen des Austauschgases angebracht.
Austauschgas im Vakuumteil des Kryostaten ist nötig, um die inneren Teile schneller von
Raumtemperatur auf 4,2 K abzukühlen. Die Heliumpumpleitung wird über ein Wellrohr
(flexibel) und feststehende Rohre an der Wand zur Heliumpumpe weitergeführt. Kurz davor
sind zwei parallel zueinander liegende Ventile (Bypass) in der Leitung, mit denen die
Pumpleistung geregelt werden kann (Nadelventil für kleine Leistung, Federbalgventil für
maximale Pumpleistung).
Der Ausgang dieser Pumpe ist fest an die Heliumrückgewinnung angeschlossen. Zusätzlich
ist an beiden Pumpsystemen eine Heliumdruckflasche angeschlossen, die einerseits für das
Austauschgas in der Vakuumdose und andererseits für Überdruck in der Heliumpumpleitung
und im 1K-Topf benötigt wird.
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3.3 Der 4He-Verdampfungskryostat
Seit der Verflüssigung von 4He (1908 durch H. Kamerlingh Onnes) können Temperaturen bis
hinab zu 1 K durch Pumpen eines Heliumbades erreicht werden. Durch die Erniedrigung des
Dampfdrucks wird die Siedetemperatur einer Flüssigkeit abgesenkt (siehe Fig. 1).
4
Fig. 1: Phasendiagramm von He
Im Fall des flüssigen Heliums ist dies möglich, da die molare Verdampfungswärme L (~ 80
J/mol) zwischen 1 K und 5 K (außer in der Nähe des suprafluiden Überganges, λ-Punkt)
wesentlich größer ist, als die spezifische Wärmekapazität cp (~25 J/mol K) (siehe Fig. 2).
Dies bedeutet, dass ein großer Teil der Verdampfungswärme zur Kühlung des Heliums
verwendet werden kann.
Fig. 2: Spezifische Wärmekapazität und molare Verdampfungswärme von flüssigem 4He
Fig. 3 zeigt das Schema eines kontinuierlich arbeitenden 4He-Verdampfungskryostaten.
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4
Fig. 3: Schematische Darstellung eines kontinuierlichen He-Pumpkryostaten
Zur genaueren Betrachtung der Wirkungsweise des Topfes stellen wir uns diesen oberhalb
von 4.2 K vor. Der Topf enthält keine Flüssigkeit, und es tritt Kühlung durch das umgebende
Heliumbad in Form von Wärmeleitung und Strahlung auf. Um eine bestimmte Temperatur
konstant zu halten und der Temperaturerniedrigung entgegenzuwirken, muss man heizen.
Wird zusätzlich am Topf gepumpt, so muss die Heizleistung entsprechend erhöht werden.
Liegt die Temperatur unterhalb von 4,2 K, so ist dieser Sachverhalt anders. Ist der Topf mit
flüssigem Helium gefüllt und man pumpt daran, sinkt die Temperatur, der Dampfdruckkurve
in Fig. 1 folgend. Schließlich erreicht man eine konstante Temperatur, die sich aus der Bilanz
von Kühlung durch Verdampfen des Heliums und Wärmezufuhr ergibt. Die Kühlung ist
gegeben durch
̇
̇
(1)
wobei
̇ die abgesaugte Flüssigkeitsrate in mol/s ist. Der Kühlung entgegen wirkt die
Wärmezufuhr, die sich zusammensetzt aus:
a) Wärmeleitung (Drähte, Rohre, He-Restgas...) QLeit
b) Joulesche Aufheizung (durch die Experimente) QHeiz
c) Wärme durch zufließendes wärmeres Helium QLHe
d) Wärmestrahlung QS
e) Wärmeleitung durch suprafluiden Heliumfilm QFilm
f) Wärmeleitung durch He-Flüssigkeitssäule QSäule
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Ist die Temperatur des Topfes kleiner als 2,17 K (λ-Punkt), so liefern außer QHeiz der
suprafluide Heliumfilm am Pumprohr und die Flüssigkeitssäule den größten Beitrag zur
Wärmezufuhr.
Fassen wir obige Punkte zusammen, so sieht die Wärmebilanz wie folgt aus:
̇ Leit
̇
̇ Heiz
̇ LHe
̇S
̇ Film
̇ Säule
(2)
wobei ̇ (h) die Wärmezufuhr durch die Flüssigkeitssäule bzw. den He-Film (falls T < 2,17 K)
in Topf und Rohr ist, da ̇ S und ̇ Leit vernachlässigbar klein sind.
Um die Leistung der Apparatur zu bestimmen, die von der Saugleistung der Pumpe und von
der Geometrie des Kryostaten (Kapillare, Pumprohr etc.) abhängt, führt man den Begriff
Kühlleistung ein. Kühlleistung wird betragsmäßig definiert als die maximale von außen
zugeführte Heizleistung, die stationär keine nennenswerte Temperaturerhöhung (zur
minimalen Temperatur ohne Heizung) verursacht. Sie ist eine charakteristische Größe des
Kryostaten, welche die maximal zulässige Wärmezufuhr der Experimente bestimmt.
Überschreitet man diesen Wert, so steigt die Temperatur des Kryostaten an (Fig. 4).
Fig. 4: Skizze der Kurve T( ̇ ) zur Bestimmung der Kühlleistung
Die Steigung der Gerade für ̇
̇ c ist fast null. In diesem Bereich gilt:
̇ Heiz
̇
Da
̇
konstant ist, ändert sich
(Selbstregulierung).
Im
Topf
macht
̇
̇
(3)
entsprechend zur eingestellten Heizleistung
sich
Flüssigkeitsspiegels bemerkbar (Wenn ̇ Heiz
dies
durch
Änderung
der
Höhe
folgt, dass ̇
des
maximal ist durch hohen
Flüssigkeitsspiegel und somit großer Wärmeeintrag). Die Steigung der Geraden für ̇
ist groß. Am Schnittpunkt beider Geraden befindet sich der Topf in dem Zustand, wo
einströmendes flüssiges Helium sofort verdampft. Hier gilt im stationären Zustand:
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̇c
̇ Heiz,c
(4)
wobei ̇
angenommen wird, da keine Flüssigkeit mehr im Topf ist. Dadurch lässt sich
die Durchflussrate der Kapillare für flüssiges Helium experimentell abschätzen, da die molare
Verdampfungswärme bekannt ist.
̇ c zunächst noch Flüssigkeit im Topf, so
Hat man aber bei einer großen Heizleistung ̇
muss diese erst verdampfen, um dann die dem stationären Zustand entsprechende
Temperatur ablesen zu können. Der Topf verträgt also für eine gewisse Zeit eine größere
Heizleistung als ̇ . Für diese Zeit, in der das flüssige Helium verdampft, befindet sich der
Topf im sog. „Overload”-Zustand. Beachten Sie dies bei der Aufnahme der Kurve T( ̇ ).
(Bestimmung der Kühlleistung in Punkt 4.5)!
3.4 Elektronik
a) Temperaturmessung und -regelung am He-Topf (1K-Topf)
Zur Bestimmung der Temperatur wird der elektrische Widerstand einer kleinen
Germaniumprobe gemessen. Die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes
dieser Probe ist bekannt und liegt als Tabelle am Messplatz aus.
Das Prinzip des Aufbaus für die Widerstandsmessung und –regelung wird in Fig. 5
schematisch dargestellt.
Fig. 5: Elektronische Schaltung der Temperaturmessung
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Eine Stromquelle schickt
einen konstanten Strom
durch den geeichten,
temperaturabhängigen Ge-Widerstand, an dem die Spannung mit einem Digitalmultimeter
abgegriffen wird (4-Punkt-Methode).
Es ist darauf zu achten, dass für Messungen bei tiefen Temperaturen stets 1 μA
Anregungsstrom eingestellt ist, um Joulesche Aufheizung des Thermometers zu vermeiden.
Bei Raumtemperatur muss der Anregungsstrom auf 100 μA erhöht werden. Mit dem Heizer,
bestehend aus einem bifilar gewickelten Manganindraht mit Widerstand R und / oder einer
bestimmten Pumpleistung, lässt sich die Temperatur des Topfes einstellen. Messen Sie den
Widerstand der Heizerwicklung bei Raumtemperatur.
b) Elektrischer Widerstand R(T) und Eintritt der Supraleitfähigkeit von Probe 1
Fig. 6: Schematische Darstellung der Schaltung zur Messung von R(T)
Hier wird der elektrische Widerstand einer aufgedampften Metallprobe ebenso mit der 4Punkt-Methode gemessen. Statt Gleichstrom wird jetzt Wechselstrom verwendet, der vom
Funktionsgenerator des Lock-In-Verstärkers geliefert wird. (Auf Kanal 1 wird die an der
Probe abfallende Spannung vom Lock-In-Verstärker gemessen. Statt Gleichstrom wird jetzt
Wechselstrom verwendet, den der Funktionsgenerator im Lock-In-Verstärker liefert.) Als
Spannungsmessgerät dient ebenso der Lock-In Verstärker.
c) Suszeptibilität χ(T) und Eintritt der Supraleitfähigkeit bzw. kritisches Magnetfeld von
Probe 3
Figur 7. zeigt den Schnitt durch eine Probenspule und den Aufbau für die χ(T, H)-Messung
zur Bestimmung von HC(T).
Auf der Probenspule sind zwei verschiedene Spulensysteme - die Primärspule und die
Sekundärspulen - gewickelt. Die Primärspule induziert durch den Wechselstrom des
Funktionsgenerators im Spannung in den Sekundärspulen. Diese sind so geschaltet, dass
ohne Probe im Inneren die resultierende Spannung Null wird. (Die beiden äußeren
identischen Spulen sind gleichsinnig, aber gegensinnig zur mittleren, doppelt so langen
Spule gewickelt). Sitzt im Zentrum der mittleren Sekundärspule eine Probe, so sind die
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Sekundärspulen „verstimmt” und ihr Signal am Lock-In Verstärker ist proportional zur
Suszeptibilität der Probe.
Fig. 7: Elektronischer Aufbau zur Messung der Suszeptibilität und des kritischen Feldes
Der genaue Schaltplan zu der bereits vorliegenden Verdrahtung von den einzelnen Proben
über die Stecker am Kryostatenkopf zum Experimentierrack liegt im Praktikumsraum aus
d) spezifische Wärme
Fig. 8: Schematische Darstellung der Messapparatur zur Messung der spezifischen Wärme
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Figur 8 zeigt links den prinzipiellen Aufbau des Experimentes im Kryostaten, sowie auf der
rechten Seite die elektrische Verdrahtung der Einzelkomponenten (Heizer, Thermometer) zu
den benötigten Messgeräten.
Die Nb3Sn-Probe hängt über eine schwache thermische Kopplung am 1-K-Topf des
Kryostaten. Die Abkühlung bis auf eine Temperatur von etwa 5 K erfolgt mit Hilfe von
Austauschgas im Vakuumbehälter. Nach Abpumpen des Austauschgases ist die Probe
thermisch von ihrer Umgebung entkoppelt. Mit Hilfe des Heizers (Konstantstromquelle No. 2)
können bekannte Energiemengen in die Probe gebracht werden. Aus der sich ergebenden
Temperaturerhöhung, die mit Hilfe des ebenfalls an der Probe befindlichen GeThermometers No. 2 festgestellt wird, kann die spezifische Wärme bei der jeweiligen
Temperatur ermittelt werden.
4.Versuchsdurchführung
4.1 Vorsichtsmaßregeln
Da der Umgang mit verflüssigten, kalten Gasen bei falschem Verhalten gefährlich sein kann,
sind folgende Vorsichtsmaßregeln aufmerksam zu lesen und zu befolgen.
Das flüssige Helium, mit dem die für diesen Versuch notwendigen Temperaturen erzeugt
werden, befindet sich in einer vakuumisolierten Kanne mit 100 l Inhalt. Verdampft das Helium
eines solchen Tanks, der nur 0,5 bar Überdruck standhält, so fallen ca. 75 000 l Gas bei
Normaldruck und Normaltemperatur an. Wird also in einem abgeschlossenen Volumen
(Kanne oder Kryostat) flüssiges Helium sehr schnell durch zu große Wärmezufuhr
verdampft, so kann dies zu einer Explosion führen, falls ein Sicherheitsventil die anfallende
Gasmenge nicht schnell genug ableiten kann (dabei kann 1 Watt Wärmezufuhr schon die
Menge von 1,4 l LHe/h verdampfen lassen).
Für die Praxis bedeutet dies:
1. Der Versuch und insbesondere die Heliumkanne dürfen nur mit dem
Betreuer und nach Anleitung in Betrieb genommen werden.
2. Achten Sie darauf, dass die Abgasleitung der Kanne und der 1K-Pumpe mit dem
Helium-Rückgewinnungssystem verbunden und bei Betrieb mit Helium die Ventile
geöffnet sind. Als zusätzliche Sicherheit sind an der Kanne und am Kryostaten
Überdruckventile angebracht, die niemals blockiert werden dürfen !
3. Heliumkanne vorsichtig herumschieben. Sie darf unter keinen Umständen gekippt
werden !!! (Umfallen hätte katastrophale Folgen, da das gesamte Helium verdampfen
würde).
4. Langsames Eintauchen des Kryostaten in die Kanne und damit langsame Abkühlung
(Ausnutzung der Enthalpie des kalten Gases!) und geringe Verdampfung. Befestigen
Sie das Kryostatenrohr ausreichend mit der Halterung am Aufsatz des Kannenhalses
(Der Kryostat darf auf keinen Fall durchrutschen!).
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5. Langsames Aufwärmen des Kryostaten unter ständiger Kontrolle des Druckes im
Vakuum- und Pumpsystem. Helium könnte schlagartig verdampfen, falls ein Leck im
Vakuummantel aufgetreten ist und deshalb Helium in die Vakuumkanne
einkondensiert wurde.
6. Helium ist teuer und wird deshalb durch die Heliumrückgewinnung in einen GasZwischenspeicher verdichtet und dann wieder verflüssigt. Um weder Helium zu
verlieren noch Luft in die Heliumrückgewinnung zu bringen, dürfen keine
Verbindungen ohne den Betreuer geöffnet werden.
4.2 Vorbereitungen
Zunächst ist mit dem Füllstandsmesser zu überprüfen, ob sich genug Helium in der
Vorratskanne befindet. Zu Beginn des Versuchs sollten dies nicht weniger als 60 Liter sein.
Danach sollte die Elektronik getestet werden, um eventuelle Kurzschlüsse oder abgerissene
Drähte noch rechtzeitig zu beheben. Die Widerstände der Germaniumthermometer No. 1
und No. 2 betragen bei Raumtemperatur
9,7 Ω und 3,7 Ω.
(Bei der Suszeptibilitätsmessung können Sie keine Absolutmessung durchführen, sondern
nur beobachten, wie sich die Spannung an der Anzeige des Lock-In Verstärkers ändert,
wenn Sie den Strom durch die Primärspule variieren.) Jetzt ist eine gute Gelegenheit, sich
mit der Einstellung des Lock-In Verstärkers vertraut zu machen und gegebenenfalls bei
Unklarheiten den Betreuer zu fragen.
Als nächstes wird der Betreuer die Indiumdichtung am Flansch (I) der Vakuumdose
anbringen und die Schrauben festziehen. Bevor der Kryostat abgekühlt werden kann,
müssen das Vakuum- und das Heliumsystem des Kryostaten, dabei vor allem Filter und
Kapillare zum 1-K-Topf evakuiert werden. Beim Abkühlen würden Verunreinigungen
ausfrieren und die feine Kapillare verstopfen. (Sie besteht aus einem ca. 20 cm langen
Edelstahlröhrchen mit Innendurchmesser von 0,15 mm, in dem sich zur Erhöhung der
Impedanz noch ein 0,1 mm dicker Draht befindet). Um Filter und Kapillare evakuieren zu
können, wird der Filter von außen mit Kunststoffisolierband etwas abgedichtet. Dann werden
Vakuum- und Heliumleitung mit den beiden zugehörigen Pumpen evakuiert. Nach einer
Pumpzeit von ca. 20 min sollte ein Druck von 10-2 mbar im Vakuumsystem
erreicht sein. Ist der Druck deutlich höher, so liegt sehr wahrscheinlich ein Leck vor und der
Betreuer ist zu Rate zu ziehen. Nach Erreichen des genannten Druckes werden in die
Vakuumdose ungefähr 1 mbar He als Austauschgas (um innere Teile des Kryostaten schnell
abkühlen zu können), und in die Pumpleitung einschließlich 1K-Topf 1100 bis 1200 mbar
Helium aus der Heliumdruckflasche geleitet. Der Überdruck in der Pumpleitung und im 1KTopf ist nötig, um Filter und Kapillare laufend von He durchströmen zu lassen und so frei
von Luft zu halten, nachdem man das Isolierband abgenommen hat. Erst dann kann der
Kryostat vom Betreuer in den oberen Teil des Kannenhalses der Heliumkanne eingeführt,
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und, nach Schließen des Klammerflansches am Kannenhals, langsam abgelassen werden
(Abdampfrate des Heliums an der Gasuhr kontrollieren! Sie darf 2 l/s nicht überschreiten!)
Für Messung 4.3 und 4.4 darf der Stick nicht komplett ins Helium eingefahren werden!
Fahren Sie den Messrechner hoch und melden Sie sich an. Starten Sie nun den Windows
Explorer und legen Sie unter D:\daten ein neues Unterverzeichnis an (Beispiel:
D:\daten\2012Gruppe3). Starten Sie die Anwendung „Versuche zur Supraleitung“.
ACHTUNG! Alle Messgeräte müssen vor Programmstart eingeschaltet sein!
Im Menü können Sie die jeweiligen Messungen aufrufen.
4.3 Messung der Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstandes
Starten Sie das Unterprogramm „M1 + M4
Resistivity“. Überprüfen Sie den Widerstand
bei Raumtemperatur, die Anzahl der
Messpunkte und die Zeit dazwischen. Klicken
Sie danach auf „aquire“ und starten Sie die
Messung. Stellen Sie sicher, dass die
Autospeicherung aktiv ist. Sobald eine
Temperatur von 4,2 K erreicht ist, kann die
Messung durch den „cancel meas.“-Button
gestoppt werden. Messen Sie R(T)-Werte der
aufgedampften Metallprobe in Stellung „1” am
Verteiler im Temperaturbereich von 100 K bis
ca. 4,2 K. Verwenden Sie den funktionalen Zusammenhang um aus dem GE Widerstand die
Temperatur zu berechnen.
Auswertung:
Diagramm
des Widerstandsverlaufs bzgl. der Temperatur.
4.4 TC-Bestimmung
Starten Sie nun wieder im Menü das Unterprogramm „M1 + M4 Resistivity“. Wechseln Sie
wieder den Speicherpfad auf ihr Unterverzeichnis und geben Sie ihren Gruppennamen ein.
Vergewissern Sie sich, dass der Verteiler auf Stellung 1 gestellt ist.
Geben Sie hier den Widerstand der Metallprobe bei Raumtemperatur ein. Klicken Sie auf
den „monitor“ Modus um geeignete Parameter für die Messung des Phasenübergangs zu
finden. In diesem Modus ist eine Speicherung der Daten nicht möglich.
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Suchen Sie geeignete Einstellungen für den
Heizer, die Anzahl ihrer Messpunkte und die
Zeit zwischen zwei Messwerten. Sobald Sie
die optimalen Parameter für die Messung von
TC gefunden haben, gehen Sie in den „aquire“
Modus über und stellen Sie sicher, dass die
Datenspeicherung aktiv geschalten ist.
Wiederholen Sie die Messung mit ihren
Parametern in diesem Modus. Der Übergang
soll in beiden Richtungen aufgenommen
werden. Tritt Hysterese auf?
Auswertung:
Geben Sie TC mit Fehler an. Wodurch entsteht die Breite des Übergangs? Um welche
Verbindung könnte es sich handeln? Wie groß ist die Breite Δ TC des Übergangs (10% - 90%
des Sprungsignals)?
4.5 Spezifische Wärme
Jetzt muss das He-Austauschgas in der Vakuumdose durch den Betreuer abgepumpt
werden, damit der 1K-Topf und die Experimente thermisch vom flüssigen Helium in der
Vorratskanne entkoppelt werden. Nur dann kann der 1K-Topf unter 4,2 K abgekühlt werden.
Nachdem man sichergestellt hat, dass die Leitung zur Pumpe evakuiert ist, kann das Ventil
am Kryostaten geöffnet und mit dem Abpumpen begonnen werden. Der Kryostat darf hierzu
nicht ins flüssige Helium der Vorratskanne eingetaucht sein. Sobald das Ge-Thermometer
No. 2 an der Nb3Sn-Probe eine Temperatur zwischen 4 K und 5 K erreicht hat, wird mit dem
Abpumpen begonnen. Beim Beginn des Pumpens bemerkt man eine schnellere Abkühlrate
der Nb3Sn-Probe, die sich nach kurzer Zeit verlangsamt und in eine langsame Erwärmung
übergeht. Dann kann mit der Messung begonnen werden:
Rufen Sie dazu über das Menü das
Unterprogramm „M2 Specific Heat“ auf.
Wechseln Sie den Speicherpfad auf Ihr
Unterverzeichnis und geben Sie ihren
Gruppennamen ein. Überprüfen Sie die Zeit
zwischen zwei Messpunkten und drücken Sie
auf „start aquire“. Stellen Sie sicher, dass die
Speicherung
der
Daten
aktiv
(grün)
geschalten ist. Nun kann der Heizstrom IH2
eingestellt werden. Nachdem ca. 25 K erreicht
sind kann die Messung durch den „immediate
stop“-Button abgebrochen werden
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Zum Start der Driftmessung Heizer einschalten. Verfolgen Sie den Temperaturverlauf der
Aufwärmkurve ca. 25 K bei einem Heizstrom von 1 bis 2 mA.
Auswertung:
1) Diagramm T(t) der Temperatur gegen Zeit. Deuten sie die unterschiedlichen
Steigungen. Gibt es Bereiche in denen die Steigung konstant ist? Begründung?
2) Berechnen Sie die spezifische Wärme mit Hilfe der Daten des Diagramms T(t).
Diagramm c(T) der spezifischen Wärme gegen Temperatur. Hinweis: Ohne Benutzung
eines PC ist diese Berechnung recht mühsam. Alternativ ist auch die Benutzung einer
Tabellenkalkulation möglich.(Heizwiderstand RH = 361,9 , Masse der Probe m = 29
g)
3) Bestimmen Sie aus c(T) die Sprungtemperatur der Probe und vergleichen Sie diese
mit Literaturwerten.
4) Fitten Sie ihre Daten mit einer geeigneten Funktion im supraleitenden und im
normalleitenden Zustand.
4.6 Bestimmung der Kühlleistung des Kryostaten und der Durchflussrate der Kapillare
Nach Schließen des Ventils 9 am Kryostaten wird dieser nun langsam auf den Boden der
Kanne heruntergelassen und kurz darüber mit dem Quetschring am Kannenaufsatz fixiert.
Zur weiteren Kühlung kann jetzt das Ventil 7 am Eingang der Heliumpumpe vorsichtig
geöffnet werden.
Rufen
Sie
über
das
Menü
das
Unterprogramm „M3 Cooling Power“ auf.
Vergessen Sie nicht den Speicherpfad auf ihr
Unterverzeichnis zu wechseln und geben Sie
ihren Gruppennamen ein. Überprüfen Sie, bei
welchem Startstrom (start current) Sie
beginnen möchten und bei welchem
Endstrom (end current) Sie die Messung
beenden möchten. Sobald der „start“-Button
gedrückt wurde, gibt ihnen das Programm die
einzustellen Werte für IH1 vor. Warten Sie den
stationären Zustand ab und drücken Sie auf
„aquire“ um einen Punkt aufzunehmen Warten Sie etwa 5 Minuten, bis sich der Topf bei
minimaler Temperatur etwas gefüllt hat und nehmen Sie dann zu den eingestellten
Heizströmen die Temperaturen auf (Heizleistung: 0 - 25 mW, Heizwiderstand RH = 427 Ω.
Einheit am Strommessgerät beachten!). Es ist darauf zu achten, dass für Messungen bei
tiefen Temperaturen stets 1 μA Anregungsstrom eingestellt ist, um Joulesche Aufheizung
des Thermometers zu vermeiden. Vergleichen Sie die Thermometeranzeige für
unterschiedliche Anregungsströme bei Minimaltemperatur!
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Auswertung:
Diagramm mit ̇
, Angabe der ermittelten Werte der Leistung in Abhängigkeit von der
Temperatur. Wie groß ist die Kühlleistung des Kryostaten? Bestimmen Sie die
Durchflussrate des flüssigen Heliums in mol / s.
4.7 Suszeptibilitätsmessung in Abhängigkeit von Temperatur und Magnetfeld
Für die Messung der Suszeptibiliät der Probe
3 rufen Sie über das Menü das
Unterprogramm „M5 + M6 Susceptibility“ auf.
Wechseln Sie auf ihr Unterverzeichnis und
geben Sie ihren Gruppennamen ein. Nehmen
Sie jeweils zu einem festen Strom IFC durch
die Feldspule den Übergang zur Supraleitung
auf. Nach einem Doppelklick auf „Plot 0“
werden
Sie
aufgefordert
einen
Anregungsstrom IFC [mA] einzutragen.
Es sollen hier mind. 6 Messungen im Bereich
0 < B < BC bei festem IFC aufgenommen
werden. Bei einem Klick auf „save data / clear
all plots“ können einzelne oder mehrere Plots
in einem Datensatz gespeichert werden.
Achtung: Imax = 1A !
Auswertung:
Zeichnen Sie in ein Diagramm die Abhängigkeit IFC von TC und von (TC)2. Wie groß ist
BC(T=0) der Probe, wenn die Spulenkonstante 0,098 T/A ist? Überprüfen Sie graphisch die
Beziehung:
(
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( ) )
(5)
5. Literatur
Zur Vorbereitung:
Supraleitung:
W. Buckel: „Supraleitung”, (Physik Verlag),
Wichtigste Kapitel: Einleitung, Kap 1 bis Kap. 3.3.2, Kap. 4.1 und 4.2, Kap. 5, Kap. 8.7
Spezifische Wärme und Supraleitung:
C. Kittel: „Einführung in die Festkörperphysik”, (Oldenburg), Kap. 12,
nur teilweise (bezüglich spez. Wärme): Kap. 5 und Kap. 6
Tieftemperaturphysik:
C. Enss, S. Hunklinger: „Low-Temperature Physics”, (Springer, 2005), Kap. 1, Kap. 6.1, Kap.
7.1 + 7.2, Kap. 10, Kap. 12
F. Pobell: „Matter and Methods at Low Temperatures”, Kap. 2, Kap. 3, Kap. 5, Kap. 12
Zusatzliteratur (Ausgabe durch Betreuer):
F. J. Morin, J. P. Maita, „Specific Heat of Transition Metal Superconductors”, Phys. Rev., Vol
129, 1115 (1963)
V. Guritanu et al., „Specific heat of Nb3Sn: The case for a second energy gap”, Phys. Rev. B,
Vol 70, 184526 (2004)
L. J. Vieland and A. W. Wicklund, „Specific Heat of Niobium-Tin”, Phys. Rev., Vol. 166,
424 (1968)
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