pdf - 332kB - Institut für Feinwerktechnik und Elektronik

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9. Tagung „Zahnriemengetriebe“
am Institut für Feinwerktechnik und Elektronik-Design
der TU Dresden
Dipl.-Ing. Matthias Kulke
Dr.-Ing. Thomas Nagel
(Institut für Feinwerktechnik und Elektronikdesign, TU Dresden)
Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft
1. Einleitung
2. Motivation
3. Konventionelles Berechnen der Vorspannung
4. Einfluss der Vorspannung auf das Betriebsverhalten,
Effekte bei Vorspannungsänderung
5. Einflüsse auf die notwendige Vorspannkraft
6. Zusammenfassung
9. Tagung „Zahnriemengetriebe“
am Institut für Feinwerktechnik und Elektronik-Design, 14./15.9.2004
M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 1)
1. Einleitung
Die Vorspannkraft hat wesentlichen Einfluss auf das Betriebsverhalten des gesamten
Zahnriemengetriebes. Vor allem muss sie einen ordnungsgemäßen Eingriff des Leertrums in
die Abtriebsscheibe gewährleisten. Durch die richtig gewählte Vorspannung wird die
Reibung und somit der Reibverschleiß am Einlauf des Leertrums niedrig gehalten, das
Überspringen verhindert, das Schwingverhalten und die Geräuschentwicklung insgesamt
positiv beeinflusst. Während ein Überspringen zum Totalausfall des Getriebes führt, trägt die
Minimierung des Reibverschleißes wesentlich zum Erreichen der maximalen Lebensdauer des
Riemens bei.
Die Vorspannung kann heute mit Schwingungsmessgeräten über die Trumfrequenz des zum
Schwingen angeregten Riemens genau eingestellt werden. Die Berechnung der notwendigen
Vorspannung erfolgt dagegen vergleichsweise ungenau, weil überwiegend ein sehr einfaches
Modell zugrunde liegt. Der einzige Parameter ist die Umfangskraft (Gl. 1).
FU =
P
t⋅ z⋅n
Gl. (1)
P…Antriebsleistung, t…Teilung, z…Zähnezahl, n…Drehzahl, Fu…Umfangskraft
Das Maß für die notwendige Vorspannkraft wird jedoch auch durch die Trumlängen, den
Riementyp, die Wellenanzahl und den Umschlingungswinkel beeinflusst. Da die
Vorspannungsberechnung nach Herstellerangaben für viele Getriebe ohne Berücksichtigung
dieser Faktoren erfolgt, kann man annehmen, dass bei vielen Getriebekonfigurationen
entweder Risiken bestehen oder aber Reserven bei der zulässigen Belastung vorhanden sind.
Am IFTE wird deshalb zurzeit nach Möglichkeiten gesucht, die optimale getriebespezifische
Vorspannung zu ermitteln und Reserven bei der zulässigen Getriebebelastung sowie
Lebensdauer aufzuzeigen. Ziel der Arbeiten ist es, eine neue Berechnungsmethode für die
Größe der optimalen Vorspannkraft zu entwickeln. Der folgende Vortrag soll über den Stand
der Arbeiten berichten, wichtige Erkenntnisse und erste Ergebnisse vermitteln.
2. Motivation
Die Leistungsfähigkeit von Zahnriemengetrieben wird ständig gesteigert. Dazu wurden
Materialien, Aufbau und Geometrie der Riemen sowie das Zusammenspiel mit den Scheiben
optimiert. Mit der Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Riemen wurden auch die Vorspannund somit Lagerkräfte größer. Könnten aber ohne Leistungseinbußen im Getriebe die
Vorspannkräfte reduziert werden, hätte dies positive Wirkungen:
•
•
•
Vorteile neuer Profilformen und Materialien sind darstellbar,
Kostenreduzierung bei Lager- und Umgebungskonstruktion sowie
Geräusch- und Wärmereduzierung in den Lagern.
Die Ziele der Untersuchungen bestehen darin,
• die Frage zu klären, was ist optimal bezüglich der Vorspannkraft;
• eine Messgröße zu definieren, die eine eindeutige Aussage über das Optimum der
Vorspannung liefert;
9. Tagung „Zahnriemengetriebe“
am Institut für Feinwerktechnik und Elektronik-Design, 14./15.9.2004
M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 2)
• den Einfluß wirkender Parameter nachzuwiesen, um somit eine Berechnungsvorschrift
für die Vorspannung unter getriebespezifischen Bedingungen zu finden.
3. Konventionelles Berechnen der Vorspannung
Das bisher weit verbreitete Berechnungsmodell geht von einem gegebenen Nennmoment
bzw. von einer zu übertragenden Antriebsleistung aus. Damit ist auch die Umfangskraft
bestimmt (Gl. 1). Bei den meisten Herstellern wird die Hälfte dieser Umfangskraft gleich der
einzustellenden, auf den Trum bezogenen Vorspannkraft gesetzt. Da in dieser Berechnung der
Umschlingungswinkel eine Rolle spielt und außerdem die Vorspannung nicht im Lager,
sondern üblicherweise im freien Trum gemessen wird, kann die Berechnung gleich als
Trumvorspannkraft nach Gl. 2 ohne Beachten des Umschlingungswinkels erfolgen.
FTV =
FU
2
Gl. (2)
FTV…Trumvorspannkraft (auf freien Trum bezogen)
4. Einfluss der Vorspannung auf das Betriebsverhalten,
Effekte bei Vorspannungsänderung
Im einfachsten Fall geht man davon aus, dass die Leertrumkraft bei Belastung mit
Nennmoment gerade Null wird (Bild 1 – Linie Theorie). Tatsächlich führen folgende zwei
Effekte dazu, dass die Leertrumkraft niemals Null werden kann:
• Das Eigengewicht des Riemens erzeugt aufgrund eines geringen Durchhängens eine
Mindestspannkraft. Das wirkt sich besonders bei horizontaler Trumlage aus.
• Durch Reibkräfte am Einlauf der Abtriebsscheibe wird der Riemen nach außen
gedrückt. Sind die Reibkräfte größer als die durch eine kleine Leertrumspannung
erzeugten radialen Einlaufkräfte, so kann der Riemen nicht sofort in die Zahnscheibe
eingreifen. Es entsteht ein sogenannter Einlaufkeil (Bild 9).
Die Differenz zwischen Last- und Leertrumkraft (Trumkraftdifferenz) entspricht der
Umfangskraft und ist unabhängig von der Größe der gewählten Vorspannkraft bei einem
bestimmten Moment immer konstant. Die absoluten Größen der Trumkräfte sind dagegen von
einigen Faktoren abhängig und stellen sich entsprechend den wirkenden Zahnreibkräften ein.
Im Gegensatz zu berechneten Werten nach dem einfachen theoretischen Modell ergeben sich
besonders ab ca. 60% des Nennmomentes größere Unterschiede mit der Realität (Bild 1).
Steigt das Moment über die Größe des Nennmomentes an, so ist die Vorspannkraft im
Leertrum bereits vollständig abgebaut, ein weiteres Absinken der Leertrumkraft kann nicht
stattfinden. Der Anstieg der Lasttrumkraft wird ab diesem Punkt doppelt so groß wie
unterhalb des Nennmomentes.
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M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 3)
1000
900
800
Trumkraft [N]
700
600
Messung
Lasttrum
500
Messung
Theorie
400
Theorie
Nennmoment
27Nm
300
200
100
Leertrum
0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
M [Nm]
Bild 1: Last- und Leertrumkräfte, gemessen und nach einfachem Vorspannungsmodell berechnet
4.1 Zahnkraftverteilung: Unterschiede Antrieb, Abtrieb
Die Kraftübertragung der einzelnen Zähne spielt eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von
Zahnriemen-Hochleistungsprodukten. Dabei wird eine symmetrische Belastungsverteilung
bei etwa Maximalbelastung angestrebt. Hierbei spielen neben üblichen Dauerlauftests auch
Simulationen, insbesondere FEM-Analysen, eine zunehmende Rolle. Das IFTE entwickelte in
enger Zusammenarbeit mit der Arntz-Optibelt-KG ein Modell für Omega-PolychloropreneZahnriemen, an dem auch das Zusammenspiel von An- und Abtriebsscheibe untersucht
werden kann.
Bild 2 zeigt die aus der Simulation an An- und Abtriebsscheibe ermittelten
Belastungsverteilungen bei verschiedenen Vorspannungen. Bei der Antriebsscheibe
verursacht eine Reduzierung der Vorspannung um 50% keine nennenswerte
Belastungsänderung. Bei einer Erhöhung auf 150% steigt die Kraft, die vom ersten voll im
Eingriff stehenden Zahn übertragen wird, um 15%. Dies wird auf die veränderte
Riementeilung zurückgeführt.
Die Belastungsspitze ist am Abtrieb auch bei 100% Vorspannung größer als am Antrieb (Bild
2). Bei Vorspannungssenkung wird der Einlaufkeil am Abtrieb deutlich sichtbar, die
Auswirkungen auf die Belastungsverteilung sind erkennbar. Das Maximum ändert sich
gegenüber 100% jedoch nicht. Eine höhere Vorspannung führt zwar zum Verschwinden des
Einlaufkeils, die Belastung des auslaufenden Zahnes steigt dafür aber deutlich an, obwohl das
Moment nicht verändert wurde.
Die Vorspannungsänderungen wirken sich also deutlich stärker auf die Zahnkräfte der
Abtriebsscheibe aus.
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M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 4)
100
80
80
70
70
60
50
40
Einlauf
90
Zahnkraft [N]
Zahnkraft [N]
90
100
Auslauf
Einlauf
30
60
50
40
Einlaufkeil
30
20
20
Antrieb
10
Abtrieb
10
0
0
0
50
100
150
200
0
50
100
Drehwinkel [°]
50%
100%
150
200
Drehwinkel [°]
150%
50%
100%
150%
Bild 2: Belastungsverteilung auf dem Umschlingungsbogen bei Nennmoment und unterschiedlichen Vorspannungen
(100% bedeutet, Vorspannkraft nach Herstellerangaben; 50% entsprechend reduzierter Wert)
4.2 Spannungsverteilung im Basismaterial
Im Bild 3 sind jeweils die Maximalspannungen (nach Mises) dargestellt, die im Basismaterial
an jedem Zahn auftreten. Diese Maximalspannungen können zur Beurteilung der
Beanspruchung des Basismaterials genutzt werden.
Am Antrieb führt eine Vorspannungsreduzierung um 50% nur zu geringer Absenkung der
Spannungsbelastung. Eine Vorspannungserhöhnung hat aber einen deutlichen
Spannungsanstieg am Einlauf zur Folge. Obwohl die Teilungsabstimmung zwischen Riemen
und Antriebsscheibe optimal ist (siehe Bild 2), ergeben sich derartige Spannungsspitzen. Ob
diese Spannungsspitzen schon als negativ einzustufen sind und Auswirkungen auf die
Lebensdauer haben, kann noch nicht eingeschätzt werden, da zulässige Reverenzwerte fehlen.
Einlauf
1600
Auslauf
Einlauf
1400
1400
1200
1200
Spannung [mN/mm²]
Spannung [mN/mm²]
1600
1000
800
600
400
200
0
-
100
1000
800
600
400
Einlaufkeil
200
Antrieb
50
Auslauf
150
200
0
-
Abtrieb
50
Drehwinkel [°]
50%
100%
150%
50%
100
150
Drehwinkel [°]
100%
150%
Bild 3: Spannungsverteilung auf dem Umschlingungsbogen bei Nennmoment und unterschiedlichen
Vorspannungen. Dargestellt ist jeweils die Mises-Vergleichsspannung für den Gummi des am meisten
belasteten Punktes des jeweiligen Zahnes.
200
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M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 5)
Am Abtrieb ergibt sich ein etwas anderes Bild. Vorspannungsänderungen gegenüber 100%
führen hier immer zu höheren Spannungsspitzen am Auslauf. Dabei prägt sich der Einlaufkeil
bei geringeren Vorspannungen deutlich mehr aus, verschiebt somit auch die
Belastungsverteilung hin zur höheren Belastung der verbliebenen Zähne und verursacht
höhere Spannungsbelastungen auf dem restlichen Umschlingungsbogen. Bei Erhöhung der
Vorspannung verschwindet der Einlaufkeil, die Spannungsbelastungen auf großen Teilen des
Umschlingungsbogens sinken, jedoch am Auslauf wird das ohnehin vorhandene Maximum
noch etwas größer.
Es lässt sich also feststellen, dass sich bei diesem Getriebe und normaler Vorspannung
(100%) eine gute Spannungsverteilung einstellt. Der Riemen wird an An- und
Abtriebsscheibe etwa gleich stark belastet. Eine Vorspannungsabsenkung führt nur zu
geringer Erhöhnung der Maximalspannungen. Wenn damit Vorteile verbunden wären (z.B.
hinsichtlich Lagerbelastung usw.), müsste lediglich geprüft werden, ob die Reserve gegenüber
der zulässigen Spannung groß genug ist.
4.3 Gleitweg, Kontaktdruck und Reibarbeit
2.0
Einlauf
1.8
1.6
Gleitweg [mm]
1.4
1.2
1.0
0.8
Abtrieb
0.6
•
•
0.4
0.2
•
0.0
0
20
40
60
80
100
Umschlingungswinkel [°]
50%
100%
Auslauf der Abtriebsscheibe
Gleitweg als Säulendiagramm an der
Zahnkontur aufgetragen
Balkenlänge ist ein Maß für die Länge
des Gleitweges einzelner
Flankenabschnitte, Maximum: 1.1mm
150%
Bild 4: Funktion des Gleitweges über dem Umschlingungswinkel
für das Element mit dem größten Weg bei Nennmoment
Bild 5: Gleitweg bei Nennmoment und
normaler Vorspannung (100%)
Für das Getriebeverhalten sind die Kontaktgrößen „Gleitweg“ und „Kontaktdruck“ von
Bedeutung. Es steht zu erwarten, dass man diese Größen nutzen kann, um Aussagen über das
Reibverhalten und somit auch über den Reibverschleiß zu gewinnen. Auch dafür liefert nur
die FEM-Simulation die notwendigen detaillierten Informationen, die man auf anderem Wege
nicht bekommen kann.
Im Bild 4 ist der Gleitweg für den Punkt der Flanke der Abtriebsscheibe gezeichnet, der am
weitesten gleitet. Bei geringer Vorspannung und somit relativ großem Einlaufkeil muß der
Riemenzahn größere Gleitstrecken zurücklegen. Es besteht demzufolge ein direkter
Zusammenhang zwischen Gleitweg, Einlaufkeil und Vorspannung. Die Elemente an der
Flankenmitte eines Riemenzahnes besitzen dabei den größten Gleitweg (Bild 5).
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M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 6)
Die Änderung der Vorspannung wirkt sich auf den Kontaktdruck (Flächenpressung)
erstaunlicherweise weniger stark aus als auf den Gleitweg (Bild 6). Geringere Vorspannung
bedeutet auch einen geringeren Kontaktdruck. Die Maximalwerte treten am Auslauf der
Abtriebsscheibe
auf.
Eine
Vorspannungsänderung
um
50%
bewirkt
eine
Kontaktdruckänderung von nur ca. 15% beim Auslauf. Der größte Kontaktdruck tritt am
Übergang vom Steg zur Flanke auf (Bild 7).
120
Kontaktdruck Summen [%]
Einlauf
100
80
60
40
Abtrieb
20
•
•
0
0
50
100
150
200
Umschlingungswinkel [°]
50%
100%
•
Auslauf der Abtriebsscheibe
Kontaktdruck als Säulendiagramm
an der Zahnkontur aufgetragen
Balkenlänge ist ein Maß für die
höhe des Kontaktdruckes
150%
Bild 6: Summe der Kontaktdrücke aller Kontaktelemente der
belasteten Flanke an Abtriebscheibe bei Nennmoment
Bild 7: Kontaktdruck bei Nennmoment
und normaler Vorspannung (100%)
Gleitweg und Kontaktdruck sollten bei Ein- und Auslauf gemeinsam betrachtet werden. Ein
großer Gleitweg bei geringem Kontaktdruck führt wahrscheinlich zu geringerem Abrieb der
Gewebeschicht. Gleiches geschieht bei großem Kontaktdurck und haftendem Riemen. Für die
Beurteilung des Verschleißverhaltens könnte also die Reibarbeit als Zusammenhang zwischen
Druck und Gleitweg nützlich sein. Diese erhält man nach Gl. (3):
W
= µ ∫ p ds
A
Gl.(3)
W…Reibarbeit, A…Fläche, µ…Reibwert, p…Kontaktdruck, s…Gleitweg
Dem Bild 8 ist zu entnehmen, dass die Reibarbeit am Abtrieb stark von der Vorspannung
abhängt. Der größte Teil der Reibarbeit wird beim Einlauf verrichtet. Ein stark ausgeprägter
Einlaufkeil verursacht entsprechend viel Reibarbeit. Ein nicht ganz unerheblicher Teil der
Reibarbeit wird bei dem verwendeten Beispiel auch am Auslauf der Abtriebsscheibe
verrichtet, wenn der Zahn unter großer Belastung ausläuft. Es ist also zu erwarten, dass eine
Vorspannungsabsenkung einen Anstieg der Reibarbeit verursacht.
9. Tagung „Zahnriemengetriebe“
am Institut für Feinwerktechnik und Elektronik-Design, 14./15.9.2004
M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 7)
160
Einlauf
140
Abtrieb
Reibarbeit [%]
120
100
80
60
40
20
Auslauf
0
0
50
100
150
200
Umschlingungswinkel [°]
50%
100%
150%
Bild 8: Vergleich der Reibarbeit an der Abtriebsscheibe bei unterschiedlichen
Vorspannungen
4.4 Einlaufkeil
Wie oben erwähnt, hat die Vorspannkraft einen sicheren und optimalen Eingriff des Riemens
in die Abtriebsscheibe unter allen Belastungen bis hin zur Maximalbelastung zu
gewährleisten. Um die Frage nach optimaler Vorspannkraft unter verschiedensten
Getriebekonfigurationen und Riemenkonstruktionen zu beantworten, ist eine messtechnische
Größe, die die Güte des Einlaufes widerspiegelt, von Bedeutung. Die Güte des Einlaufes als
Maß für die Güte des Zusammenspiels von Riemen- und Scheibenverzahnung kann durch die
radiale Relativverschiebung (oder auch Einlaufkeil ∆h, siehe Bild 9a) messtechnisch
bestimmt werden.
Der Einlaufkeil konnte bisher rechnerisch nicht dargestellt werden. Mit dem am IFTE
entwickelten FE-Modell lässt sich das Hochlaufen des Riemens am Leertrumeinlauf und
damit auch der Einlaufkeil erstmalig durch Simulation berechnen (Bilder 9a-f). Damit
existiert jetzt ein wichtiges Werkzeug, um die Vorgänge in Zahnriemengetrieben, so auch das
Vorspannungsproblem, detaillierter untersuchen zu können. Wie die bereits beschriebenen
Diagramme zeigen, kann das FE-Modell genutzt werden, Einflussanalysen für eine Vielzahl
von Parametervariationen durchzuführen. Damit können die Anzahl notwendiger Versuche
auf ein Mindestmaß zur Validierung, also zur Überprüfung der Modelle, reduziert werden.
Der Einlaufkeil kann messtechnisch gut erfasst werden, indem der ortsabhängige Parameter
∆h an den verschiedenen Zähnen gemessen wird. Das kann z.B. durch Lasersensoren mit
hoher Präzision auch erfolgen. Die Ergebnisse (Bild 11) zeigen, dass im Arbeitsbereich
näherungsweise ein linearer Zusammenhang zwischen Einlaufkeil und Vorspannkraft besteht.
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M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 8)
∆h
Fv=50%
Fv=50%
Bild 9b
Bild 9a
Fv=100%
Fv=100%
Bild 9c
Bild 9d
Fv=150%
Fv=150%
Bild 9f
Bild 9e
Bild 9a-f: Simulationsergebnisse im Vergleich mit Fotos des realen Getriebes,
Leertrumeinlauf am Abtrieb bei verschiedenen Vorspannkräften FV
1000
900
800
700
Kraft [N]
600
500
Nennmoment
400
Trumkraft 100%
300
Trumkraft 50%
200
Achskraft 100%
100
Achskraft 50%
0
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
M [Nm]
Bild 10: Achskräfte und gemessene Trumkräfte (Last- und Leertrumkräfte)
bei 100% und 50% Vorspannkraft
50
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M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 9)
3000
Einlaufkeil dh [µm]
2500
2000
Vorspannung nach
Katalog (100%)
1500
1000
500
0
0
200
400
600
800
1000
Vorspannkraft [N]
Bild 11: Gemessene Werte des Einlaufkeils an der Abtriebsscheibe bei
verschiedenen Vorspannungswerten und jeweils Nennmoment
5. Einflüsse auf die notwendige Vorspannkraft
Wie schon in Abschnitt 3 festgestellt wurde, sinkt die Leertrumkraft des realen Getriebes
niemals auf Null. Deshalb wird die nach dem einfachen konventionellen Berechnungsmodell
ermittelte Achskraftkennlinie tatsächlich nicht entstehen. Bei geringen Momenten beginnt die
Kennlinie horizontal und nähert sich mit zunehmendem Moment der Lasttrumkraft an.
Bild 10 zeigt gemessene Achskraftkennlinien für unterschiedliche Vorspannungen. Beim
Übertragen eines Drehmomentes mit unterschiedlich eingestellten Vorspannkräften ergeben
sich unterschiedliche Achskräfte. Bei Drehmomenten deutlich oberhalb des
Nenndrehmomentes werden diese Unterschiede immer geringer.
Dies soll mit den Daten aus Bild 10 an einem Beispiel verdeutlicht werden: Bei Nennmoment
führt eine Absenkung der Vorspannkraft auf 50% zu einer Abnahme der Achs- bzw.
Wellenkraft auf nur 85%. Die Reduzierung der Vorspannung wirkt sich also nur wenig auf
die Wellenkraft aus. Obwohl sich die Lagerbelastung in gleichem Maße nur wenig ändert,
führt diese relativ kleine Verringerung zu einer deutlichen Lebensdauererhöhung der Lager,
da die Radialkraft in der dritten Potenz in die Lebensdauerberechnung von Kugellagern
eingeht. Eine Absenkung der Radialkraft um z.B. 10% würde zu einer
Lebensdauerverlängerung um 37% führen. Es bleibt also zu überlegen, in wie weit eine
Absenkung der Vorspannkraft Vorteile bei den Lagerungen mit eventuellen Nachteilen bei
der Reibarbeit ins Verhältnis gesetzt werden kann.
Zu den Einflussparametern auf die notwendige Vorspannkraft zählt u.a. auch die
Riemenlänge, die anders als in den meisten Berechnungsvorschriften der Hersteller, einen
deutlichen Einfluß besitzt. Messungen sollen dies belegen (Bild 12).
Bei einem längeren Riemen (L = 1280mm) wird der Riemen unter vorgeschriebenen
Bedingungen bei Nennlast 1000µm am Abtrieb herausgedrückt. Das Getriebe funktioniert bei
diesem Wert einwandfrei. Man könnte dieses Getriebe somit als Referenzgetriebe benutzen.
Bei einem kürzeren Riemen (L = 800mm) beträgt das gemessene ∆h bei gleichem Moment
9. Tagung „Zahnriemengetriebe“
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M. Kulke: Nutzung des Einlaufkeils für das Bestimmen der optimalen Vorspannkraft (Seite 10)
nur 650µm. Für eine ordnungsgemäße Funktion können offensichtlich aber 1000µm erlaubt
werden. Der kurze Riemen könnte also mit geringerer Vorspannung beaufschlagt werden. Bei
diesem Beispiel könnte der 800mm-Riemen mit 75% Vorspannung die gleiche Leistung
übertragen. Bei einem längeren Riemen müsste bei gleichem Moment und bei gleichem
Teilungsverhältnis (Riemen-Scheibe) ∆h größer werden. Demzufolge müssten Getriebe mit
längeren Riemen mit relativ großen Vorspannungen betrieben werden. Dieser Gedanke ist
grundsätzlich nicht neu, jedoch eine quantitative Bewertung durch geeignete Messwerte
sowie eine Möglichkeit, Variantenrechnungen effektiv zu gestalten, fehlten bisher. Hier bietet
die Methode des Bestimmens des Einlaufkeils sowie die Simulationen ganzer
Zahnriemengetriebe einen vielversprechenden Ansatz, verbesserte Berechnungsvorschriften
für die Vorspannkraft entwickeln zu können.
3000
Einlaufkeil dh [µm]
2500
2000
1500
Vorspannungsreserve ca. 25%
1000
500
0
0
50
100
Vorspannkraft [%]
STD 1280-S8M-20 CXP III
150
200
STD 800-S8M-30 CXP III
Bild 12: Gemessener Einlaufkeil in Abhängigkeit von der Vorspannkraft
5. Zusammenfassung
Dieses exemplarische Beispiel zeigt, dass es Einflussparameter auf die notwendige
Vorspannkraft gibt, bei deren Kenntnis und Berücksichtigung Vorteile beim Betrieb des
Getriebes erwartet werden können. Diese Parameter zu erkennen, ihre Wirkungsweise zu
untersuchen und letztendlich eine Empfehlung zur Größe der notwendigen Vorspannkraft in
Abhängigkeit jeweiliger Getriebekonfigurationen zu erarbeiten, ist Gegenstand der
Untersuchungen am IFTE. Um dabei den messtechnischen Aufwand zu reduzieren (Getriebe
mit z.B. verschiedenen Zugstrangmaterialien müssten gefertigt und untersucht werden), sind
Simulationsrechnungen eine sinnvolle Ergänzung.
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