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Die Frühentwicklung
2 Allgemeine Embryologie
Abb. 2.13 Haftstiel zwischen viszeralem und parietalem Blatt des extraembryonalen Mesoderms (Vergrößerung aus Abb. 2.12; zur Allantois
s. S. 30).
2
MERKE
Die Blutbildung beginnt in der Dottersackwand.
2.3.3.1 Die Entstehung der dreiblättrigen Keimscheibe
Der Primitivstreifen
Etwa zu Beginn der dritten Woche erscheint auf der
2.3.3 Die dritte und die vierte Woche
Epiblastenoberfläche am kaudalen Ende der Keimscheibe eine längliche Verdickung, der Primitivstreifen. Dieser median gelegene Primitivstreifen wächst
In der dritten Woche finden Zellproliferationen und -bewegungen statt, die zur Bildung
der dreiblättrigen Keimscheibe führen. Verfolgen Sie, wie kurz danach durch die Abfaltung des Keims aus der Scheibenform der
Embryonalkörper entsteht (Formgebung).
nach kranial aus, etwa bis zur Mitte der Keimscheibe
(Abb. 2.15). An seinem kranialen Ende entsteht eine
rundliche Verdickung, der Primitivknoten. Im Primitivstreifen entwickelt sich eine längliche Vertiefung,
die Primitivrinne, im Primitivknoten eine rundliche
Einsenkung, die Primitivgrube.
Beachte: Durch die Entstehung des Primitivknotens
ist erkennbar, wo kranial und kaudal an der Keimscheibe ist. Auch kann jetzt zwischen rechter und
linker Seite unterschieden werden. Das heißt, nun
sind die Körperachsen festgelegt: Die zur Amnionhöhle gerichtete Epiblastschicht ist die Dorsalseite,
aus: Ulfig, Kurzlehrbuch Embryologie (ISBN 9783131395825) © 2009 Georg Thieme Verlag
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Abb. 2.14 Sekundärer Dottersack. (a) Entstehung des sekundären Dottersackes durch Abschnürung eines Teils des primären Dottersackes; (b) sekundärer (definitiver) Dottersack und Exozoelzyste
(13. Tag).
2
die zum Dottersack weisende Hypoblastschicht stellt
akte und werden zu amöboid beweglichen Zellen
die Ventralseite der Keimscheibe dar.
(epithelio-mesenchymale Umwandlung). Diese Zellen
wandern auf beiden Seiten zwischen Epi- und Hypo-
Die Invagination
blast aus (Invagination). Durch Proliferation und
Innerhalb des Epiblasten kommt es zu Zellprolifer-
Wanderung bilden sie eine neue Zelllage zwischen
ationen. Die Epiblastzellen wandern auf den Primi-
Epiblast und Hypoblast, das (intraembryonale) Meso-
tivstreifen zu und in die Primitivrinne hinein. Hier
lösen die epithelialen Epiblastzellen ihre Zellkont-
derm (Abb. 2.16).
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Beachte: Am Rand der Keimscheibe grenzt das Mesoderm an das extraembryonale Mesoderm. Der Prozess der Zellinvagination bei der Bildung der dreiblättrigen Keimscheibe wird auch als Gastrulation
bezeichnet.
Die Entstehung des Entoderms und der Chorda dorsalis
2
Auch vom Primitivknoten wandern Epiblastzellen
aus. Sie verhalten sich jedoch anders als die des
Primitivstreifens. Sie bilden zwei Strukturen, nämlich
das Entoderm und die Chordadorsalis.
Das Entoderm (inneres Keimblatt, auch Endoderm)
entsteht aus Zellen, die vom Primitivknoten in die
Hypoblastschicht wandern und den Hypoblasten dabei immer weiter verdrängen.
Andere am Primitivknoten auswandernde Zellen bilden einen nach kranial wachsenden Strang aus epithelialen Zellen. Dieser Strang liegt in der Medianebene und zunächst im Hypoblasten; er wird als
Abb. 2.15 Dreiblättrige Keimscheibe: (a) Dorsalansicht der
Keimscheibe nach Entfernung des Amnions (Anfang 3. Woche):
Bildung des Primitivstreifens; (b) Querschnitt durch die Keimscheibe. oben = dorsal, unten = ventral.
Chordafortsatz
(auch
Kopffortsatz)
bezeichnet
(Abb. 2.17). Auf der Ventralseite des Chordafortsatzes
entsteht eine Rinne, die zunehmend tiefer wird und
deren Ränder schließlich verschmelzen. Es entsteht
ein Rohr, die Chorda dorsalis. Gleichzeitig wandern
von lateral Entodermzellen vor die Chorda dorsalis
(und
vervollständigen
die
ventrale
Entoderm-
schicht). Die Chorda dorsalis kann als primitiver Achsenstab des Embryonalkörpers aufgefasst werden.
Sie entwickelt sich nicht zu speziellen Organen, induziert aber benachbarte Strukturen (s. paraxiales
Mesoderm S. 27 und Neurulation S. 31).
MERKE
Später bildet sich die Chorda dorsalis bis auf Reste in
den Zwischenwirbelscheiben (Nucleus pulposus) zurück.
Von der Chorda dorsalis sezernierte Faktoren sind
für die Bildung der Neuralrinne von essenzieller Bedeutung (s. S. 31).
Weitere Strukturen der dreiblättrigen Keimscheibe
Von der Primitivgrube kann eine röhrenförmige Einsenkung nach ventrokranial wachsen. Diese EinsenAbb. 2.16 Auswanderung der Epiblastzellen (Invagination,
16. Tag). (a) Dorsalansicht; (b) Querschnitt durch die Keimscheibe.
kung kann sich vorübergehend als Canalis neurentericus in den Dottersack öffnen (durch/nach
Verschmelzung des Chordafortsatzes mit dem Entoderm). Der Canalis neurentericus, der seinen Eingang
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an der Primitivgrube hat, verbindet also vorübergehend Amnionhöhle und Dottersack.
Kranial von der Chorda dorsalis sowie kaudal vom
Primitivstreifen findet sich jeweils ein rundlicher
Bezirk, der mesodermfrei ist. Das heißt, an diesen
Stellen liegen Ektoderm und Entoderm direkt aneinander. Der kraniale Bezirk heißt Buccopharyngeal-
2
membran (Rachenmembran, Oropharyngealmembran; auch häufig Prächordalplatte genannt, s. u.);
der kaudale Bezirk heißt Kloakenmembran.
Beachte: Die Gleichsetzung von Prächordalplatte und
Buccopharyngealmembran ist nicht ganz korrekt,
aber meist üblich, denn die Prächordalplatte ist eigentlich eine Mesodermplatte kaudal vor der Buccopharyngealmembran.
Ob es einen Canalis neurentericus beim Menschen regelmäßig gibt, ist eher unwahrscheinlich. Danach wird aber gelegentlich in
Prüfungen gefragt.
Abb. 2.17 Entwicklung des Chordafortsatzes (16. Tag). (a)
Medianschnitt; (b) Querschnitt durch die Keimscheibe.
Chorda dorsalis exprimiertes Signalmolekül induziert. Am Ende der 3. Woche beginnt sich dieser Zellstrang in rundliche Gebilde, die Somiten, umzuwan-
2.3.3.2 Die Differenzierung des Mesoderms
deln (Abb. 2.18, vgl. auch Abb. 2.21). Zwischen dem 20.
Im Folgenden wird das intraembryonale Mesoderm
und 30. Tag entstehen in kranio-kaudaler Richtung
nur noch als Mesoderm bezeichnet. Es grenzt am
immer neue Somitenpaare. Sie bedingen die seg-
Rand der Keimscheibe an das extraembryonale Me-
mentale Gliederung des Körpers, die Metamerie
soderm. Zusammen mit dem Ektoderm (s. u.) und
(s. S. 4). Insgesamt bilden sich 42 bis 44 Somiten-
dem Entoderm ist es Bestandteil der dreiblättrigen
paare aus (4 okzipitale, 8 zervikale, 12 thorakale, 5
Keimscheibe. Wenn vom extraembryonalen Meso-
lumbale, 5 sakrale, 8 bis 10 kokzygeale Somiten). Sie
derm die Rede ist, wird es immer als solches genannt.
bestehen aus epithelialen Zellen und besitzen kurzzeitig einen Hohlraum (Myocoel). Während sich kaudal noch Somiten bilden, kommt es kranial bereits zu
Schlagen Sie ggf. die Entstehung des Mesoderms nochmals nach (s. S. 21).
einer Untergliederung der Somiten (bedingt durch
Signalmoleküle aus den Nachbarschaftsstrukturen
Ektoderm und Chorda dorsalis). Die Somiten gliedern
Durch Proliferation und Differenzierung gliedert sich
das Mesoderm in
paraxiales Mesoderm (beidseits der Chorda dorsalis)
sich dann in:
Sklerotom (ventromediale Portion)
Dermomyotom (Dermatom + Myotom, dorsolate-
intermediäres Mesoderm (lateral vom paraxialen
rale Portion, Abb. 2.18).
Die Sklerotomzellen wandern nach medial in Rich-
Mesoderm, Abb. 2.18)
tung Chorda dorsalis und bilden hier mit den Sklero-
Seitenplattenmesoderm (lateral vom intermediä-
tomzellen der Gegenseite die Anlage der Wirbel.
ren Mesoderm, Abb. 2.18).
Auch die Dermatomzellen wandern aus, und zwar
in Richtung Oberflächenektoderm; sie bilden später
Das paraxiale Mesoderm
das Bindegewebe der Haut. Das Myotom unterglie-
Das paraxiale Mesoderm ist eine strangförmige Ver-
dert sich dann noch weiter in Epimer (dorsal) und
dichtung von Mesodermzellen neben der Chorda
Hypomer (ventral). Das Epimer verbleibt an seiner
dorsalis. Seine Entstehung wird durch ein von der
Entstehungsstelle; aus ihm entsteht die autochthone
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Abb. 2.18 Somitendifferenzierung, intermediäres Mesoderm
und Seitenplattenmesoderm. Querschnitte: (a) 21. Tag; (b) 26. Tag; (c)
28. Tag; (d) 30. Tag. Das Entoderm
kennzeichnet die ventrale Seite des
Embryos.
2
(bodenständige) Rückenmuskulatur. Die Zellen des
tenplattenmesoderm (Abb. 2.18). Aus dem interme-
Hypomers wandern aus und bilden das Material für
diären Mesoderm gehen die Harnorgane hervor. Im
die Muskeln der vorderen und seitlichen Rumpf-
Hals- und oberen Brustbereich entstehen segmental
wand. Ferner wandern Hypomerzellen in die Extre-
angeordnete Zellhaufen, die Nephrotome. Kaudal da-
mitätenanlagen ein.
Zum zeitlichen Ablauf dieser Differenzierungen siehe
von bildet sich der nephrogene Strang aus. Der nephrogene Strang ist ein sog. unsegmentiertes Blastem.
Legende zu Abb. 2.18.
Unter einem Blastem versteht man undifferenziertes
Gewebe (Mesenchymverdichtung aus Stammzellen),
MERKE
das als Ausgangsmaterial dient und aus dem durch
– Aus dem paraxialen Mesoderm (Somiten) entstehen u. a. Wirbelkörper und –bögen, Rippen,
Material der Zwischenwirbelscheiben, Skelettmuskulatur (einschließlich Myoblasten der Extremitäten) und Bindegewebe der Haut.
– Die aus dem Epimer (dorsaler Anteil des Myotoms) stammende Muskulatur wird vom Ramus
dorsalis des Spinalnerven innerviert.
Proliferation, Differenzierung, Musterbildung und
Umwandlung in epitheliales Gewebe Organanlagen
hervorgehen (z. B. Urniere, Nachniere, s. u.).
Aus dem intermediären Mesoderm entstehen von
kranial nach kaudal (zeitlich hintereinander) die Vorniere, die Urniere und die Nachniere (s. S. 115).
Das Seitenplattenmesoderm
Das (laterale) Seitenplattenmesoderm ist unsegmentiert. In ihm treten bald Spalten auf, die zu einem
Das intermediäre Mesoderm
größeren Hohlraum, dem intraembryonalen Zölom
Das intermediäre Mesoderm (auch Somitenstiel genannt) liegt zwischen dem paraxialen und dem Sei-
(= Leibeshöhle), zusammenfließen. Dadurch wird
das Seitenplattenmesoderm in zwei Blätter geteilt:
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das parietale Mesoderm (parietales Blatt des Mesoderms, Somatopleura, dem Ektoderm anliegend) und
das viszerale Mesoderm (viszerales Blatt des Mesoderms, Splanchnopleura, dem Entoderm anliegend).
Die Frühentwicklung
allen drei Keimblättern ableiten, nachweisbar sein können (Neuralgewebe, Muskulatur, Fettgewebe, Bronchialepithel). Es kann in Hoden bzw. Ovar, im KreuzSteißbeinbereich oder auch in den Körperhöhlen vorkommen. Teratome können undifferenziertes Gewebe
enthalten, das bösartig entarten kann.
Das parietale Mesoderm ist das Ausgangsgewebe für
2
das Bindegewebe der vorderen und seitlichen
Rumpfwand. Ferner entwickeln sich in ihm die Brustbeinanlagen (s. S. 59).
2.3.3.3 Die Abfaltung der Keimscheibe
Aus dem viszeralen Mesoderm entstehen das Binde-
Die Abfaltungen (Krümmungen) finden fast gleich-
gewebe und die glatte Muskulatur des Magen-Darm-
zeitig in zwei Ebenen statt:
Traktes. Im lateralen Teil des viszeralen Mesoderms
in der Longitudinalebene: kraniokaudale Abfal-
entwickeln sich Blutinseln, aus denen Gefäßzellen
tung
(Endothel) und Blutzellen hervorgehen.
in der Transversalebene: laterale Abfaltung.
Bei den Abfaltungsprozessen kommt es zu einem
Einrollen der Ränder der Keimscheibe. Dabei bilden
Pleura meint hier „die Seite“ (nicht das Brustfell, das auch so heißt).
– Splanchno-Pleura: Seite (Blatt) zu den Eingeweiden hin
– Somato-Pleura: Seite (Blatt) zum Körper
(zur Körperoberfläche) hin.
Die direkt an das Zölom grenzenden Zellen der So-
sich das Darmrohr und die Leibeswand.
MERKE
Das intraembryonale Zölom steht am seitlichen
Rand der Keimscheibe zunächst mit dem extraembryonalen Zölom (Chorionhöhle) in direkter Verbindung. Bei den Abfaltungsprozessen geht diese Verbindung verloren.
matopleura und Splanchnopleura ordnen sich zu einem Plattenepithel an, dem Mesothel der serösen
Häute der Bauch-, Brust- und Herzhöhle:
Die kraniokaudale Abfaltung
die parietale seröse Haut (aus der Somatopleura)
Bedingt durch das starke Wachstum des Neuralroh-
liegt innen an der Körperhöhlenwand
res krümmt sich die Keimscheibe und wölbt sich in
die viszerale seröse Haut (aus der Splanchno-
die Amnionhöhle vor (Abb. 2.19). Es kommt zur kra-
pleura) liegt an der Oberfläche des Darmrohres
und anderer innerer Organe.
niokaudalenAbfaltung.
Durch die Krümmungen (Einrollungen) entstehen
Die Entwicklung der serösen Häute wird auf S. 101 ff.
kranial und kaudal die Kopffalte und die Schwanz-
ausführlich besprochen.
falte. Durch diese Abfaltung wird ein großer Teil der
Dottersackwand in den Embryonalkörper einbezo-
MERKE
gen (Abb. 2.19c). Es entsteht im kranialen Bereich
– Das extraembryonale Zölom (die Chorionhöhle)
entsteht im extraembryonalen Mesoderm
(s. S. 21).
– Das intraembryonale Zölom (die Leibeshöhle, die
sich später ausbildet) entsteht im Seitenplattenmesoderm.
der Vorderdarm und im kaudalen Bereich der Hinterdarm. Der Bereich dazwischen, der Mitteldarm, steht
über den weiten Dottergang (Ductus vitellinus‚ Ductus omphaloentericus) mit dem Dottersack in Verbindung (Abb. 2.19d). Der Übergang zwischen Mittelund Vorderdarm heißt vordere Darmpforte, der zwischen Mittel- und Hinterdarm hintere Darmpforte.
Im Laufe der weiteren Entwicklung wird der Ductus
Klinischer Bezug
Teratom: Ein Teratom ist eine Geschwulst, bei der
histologisch unterschiedlichste Gewebe, die sich aus
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vitellinus schnell enger und obliteriert schließlich.
Dadurch wird der Dottersack von der embryonalen
Darmanlage getrennt.
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Abb. 2.19 Kraniokaudale Abfaltung (Krümmung) des Embryos.
Beachte die Auswirkung der Abfaltung auf die Ausbildung des
Darmrohres und die Lage des Herzens. Medianschnitte: (a) 21. Tag;
(b) 23. Tag; (c) 26. Tag; (d) Ende
des 1. Monats
2
MERKE
Mit der Abfaltung des Embryos beginnt die Trennung der (intraembryonalen) Darmanlage vom Dottersack.
wand aus. In vergleichbarer Weise wachsen im Inneren der Embryonalanlage das Entoderm und das
viszerale Blatt des Mesoderms von lateral aufeinander zu. Damit wird die bei der kraniokaudalen Abfaltung entstandene Darmrinne bis auf die Abgangs-
Das kraniale Ende des Vorderdarms ist durch die
stelle
Bukkopharyngealmembran (Rachenmembran) ver-
verschlossen.
des
Ductus
vitellinus
zum
Darmrohr
schlossen. Durch das Wachstum der Gehirnanlage
verlagert sich die Rachenmembran in die Tiefe, es
entsteht die Mundbucht, das Stomatodeum. Wenig
später reißt die Rachenmembran, sodass die Mundbucht (und damit auch die Amnionhöhle) und der
Vorderdarm in Verbindung stehen. Entsprechend ist
das kaudale Ende des Hinterdarms durch die Kloa-
MERKE
Mit der Abfaltung beginnt auch der Descensus des
Herzens (s. S. 82). Außerdem ist mit den Abfaltungen die Entwicklung der Nabelschnur (und Nabelbildung) und die Entfaltung der Amnionhöhle eng
verbunden (s. S. 33).
kenmembran verschlossen. Durch Mesenchymproliferation um die Membran entsteht eine Einsenkung,
die Afterbucht, Proktodeum. Die Kloakenmembran
reißt später; sie gliedert sich in Anal- und Urogenital-
2.3.3.4 Die Allantois
membran (s. S.128).
Dottersackwand am kaudalen Embryonalpol eine
Schon am 16. Tag bildet sich aus der entodermalen
Aussackung, die sich in den Haftstiel erstreckt, das
Die laterale Abfaltung
Allantoisdivertikel (vgl. Abb. 2.13, S. 24). Es steht spä-
Bei der lateralen Abfaltung wachsen das Oberflä-
ter mit der Harnblase in offener Verbindung, bildet
chenektoderm und das parietale Blatt des Meso-
sich bald zum Urachus zurück. Der Urachus bleibt als
derms von den seitlichen Rändern der Keimscheibe
Falte, Plica umbilicalis mediana, an der Innenseite der
nach ventral und vereinigen sich hier (Abb. 2.20). Dadurch bilden sie die seitliche und vordere Körper-
vorderen Bauchwand zurück.
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dung mit Öffnung am Nabel). Beide bedingen einen
nässenden Nabel beim Neugeborenen. Die beiden Fisteln müssen differenzialdiagnostisch unterschieden
werden:
– Urachusfistel (fehlende Rückbildung der Allantois):
Fistel zwischen Nabel und Harnblase
– Fistel des Ductus vitellinus: Fistel zwischen Nabel
und Darm.
2
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MERKE
– Bei einer Urachusfistel kann es zum Austritt von
Flüssigkeit aus dem Nabel kommen.
– Die Allantois dringt in den Haftstiel ein.
2.3.3.5 Die Neurulation
Ab der 3. Woche entsteht aus dem mittleren Abschnitt des Ektoderms das Nervensystem. Dabei
wird die Differenzierung durch die darunter gelegene Chorda dorsalis induziert.
Die Bildung der Neuroektodermzellen
Die Induktion der Entstehung des Nervensystems ist
eigentlich eine (komplizierte) Inhibition: Erhalten
die Ektodermzellen keine Signalmoleküle, werden
sie alle zu Neuralzellen. Durch intraektodermale Signale (bone morphogenetic proteins, BMPs) wird
diese Differenzierungsrichtung zunächst in allen Ektodermzellen unterdrückt. Von den Zellen der
Chorda dorsalis werden nun die Polypeptide Noggin und Chordin sezerniert, die als BMP-Antagonisten
wirken. Dadurch werden die über der Chorda dorsalis gelegenen Ektodermzellen zu Neuroektodermzellen.
Die Bildung des Neuralrohrs
Abb. 2.20 Laterale Abfaltung des Embryos. Beachte die Ausformung des Embryonalkörpers. Querschnitte: (a) 21. Tag; (b)
25. Tag; (c) 28. Tag. Zum Begriff „Meso“ s. S. 101.
Die Neuroektodermzellen proliferieren und bilden
ein mehrreihiges Neuroepithel, das sich in Form der
Neuralplatte anordnet. Im Folgenden senkt sich der
mittlere Teil der Neuralplatte ein, gleichzeitig entstehen seitlich (beidseits) Erhebungen, die Neuralfal-
Klinischer Bezug
ten (Neuralwülste). Dadurch ist die Neuralrinne ent-
Urachusfistel und Fistel des Ductus vitellinus. Wenn
standen, die parallel zur Chorda dorsalis verläuft
sich der Urachus oder der Ductus vitellinus nicht zurückbilden, entsteht eine Urachusfistel bzw. eine Fistel
des Ductus vitellinus (Fistel: röhrenförmige Verbin-
aufeinander zu und fusionieren dann in der Mittel-
(Abb. 2.21a und Abb. 2.21c). Die Neuralfalten wachsen
linie zum Neuralrohr. Der Verschluss zum Rohr beginnt auf Höhe des 4. Somiten und zieht sich von
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