Vergleichende licht- and

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Path. vet. 6: 273-286 (1969)
Aus dcrn Institut fur Pathologic dcr 'I'icrarzrlichcn Hochschule, Hannover
(Direktor: Prof. Dr. L.-CL. SCllULZ)
Vergleichende licht- und elektronenmikroskopische
Untersuchungen am iibertragbaren venerischen
Sarkom und Histiozytom des Hundes
W. DROMMER und L.-CL. SCHULZ
Im Jahre 1876 ge1ang dem russischen Tierarzt NOWINSKy15 zum
erstenmal der exakte Nachweis, dass Tumoren iibertragbar sein konnen. Als Modell diente ihm u.a. der venerische Tumor des Hundes,
der seit dern Jahre 1904 nach einer griindlichen Bearbeitung durch den
deutschen Pathologen STICKER20 in der Fachliteratur als «StickerSarkorn » bezeichnet wird. Synonyma sind: venerisches Sarkom, venerisches Granulom, infektioses Lymphosarkom, medullares Myxosarkom, Canine Condyloma, apolares Neoplastom und Histiozytom.
Wegen der nicht vollig geklarten Histiogenese wird dieser Tumor,
der in Norddeutschland selten anzutreffen ist, besonders im angelsachsischen Schrifttum als iibertragbares venerisches Sarkom des
Hundes bezeichnet. Wir wollen uns dieser Nomenklatur anschliessen.
Das Histiozytom, das in Deutschland haufiger in der Haut des
Hundes vorkommt, ist mikroskopisch dem venerischen Sarkom sehr
ahnlich, Diese morphologische Ahnlichkeit wirft die Fragen auf, ob
es sich beim Histiozytom um den gleichen Tumor in extragenitaler
Lokalisation handelt, oder, wenn es zwei verschiedene Neoplasmen
sind, welche licht- und elektronenmikroskopischen Unterscheidungsmerkmale bestehen.
Das histologische Bild des venerischen Sarkoms wurde von
STEWART et aU 9, BLOOM et al.7, BARRON et a1. 6 , HIGGINSlO, RESSANG
et aU7 und anderen, das Histiozytom unter anderen von HEAD9,
MOULTON 14 sowie WILSON und DAvm 21 beschrieben. In der nun vorgelegten Arbeit soll iiberwiegend die unterschiedliche histologische
und elektronenmikroskopische Struktur beider Tumoren besprochen
werden, um eine klare morphologische Abgrenzung zu errnoglichen.
274
DROMMER/SClllJLZ
Material und Methode
Es wurden 25 venerische Sarkome, von dcnen23 aus Siidamerika *
stammen, und 22 Histiozytome aus unserem Sektionsmaterial untersucht. Nach Formalinfixierung (10%ig) und Paraplasteinbettung
wurden 5 fh dicke Schnitte angefertigt und mit Harnalaun-Eosin und
Kresylechtviolett, nach Gomori und van Gieson gefarbt sowie eine
PAS-Reaktion durchgefiihrt. Elektronenmikroskopische Untersuchungen erfolgten an 5 veneris chen Sarkomen und 3 Histiozytornen.
4 venerische Sarkome wurden in Sudarnerika mit Glutaraldehyd
(5%ig, pH 7,2), das wir zu dies em Zweck nach Santiago de Chile
schickten, vorfixiert. Die vorfixierten Gewebsstiicke wurden nach Spulen mit Phosphatpuffer in 1%igem Osmiumtetroxyd fur zwei Stunden
nachfixiert. Die Einbettung erfolgte in Vestopal-W nach standardisierter Dehydrierung mit Azeton. Zur Vororientierung wurden von
den Blacken 1 fh dicke Sernidunnschnitte angefertigt und mit Toluidinblau gefarbt. Die Auswertung der ca. 600 A dicken Schnitte, die mit
Uranylacetat und Bleizitrat nach REYNOLDS18 kontrastiert wurden,
erfolgte mit einern Siernens-Elmiskop I bei 80 kV.
Ergebnisse
Die untersuchten venerischen Sarkome sind vorwiegend am
Penis, in der Vagina und an der Vulva lokalisiert, nur in 2 Fallen sowohl am Penis als auch in der Nasenhohle sowie bei einer Hundin im
Bereich der Milchdruse. Die Grosse der Tumoren variiert zwischen
bohnen- und walnussgross. Die iiberwiegende Zahl der Neoplasmen
sitzt dem Gewebe breitflachig auf. Nur bei 3 Tieren (2 weibliche, 1
mannliches Tier) ist der Tumor gestielt. Das Alter von 18 Tumortragern schwankt zwischen 4 und 12 Jahren. Die restlichen 7 Tiere
(5 weibliche und 2 mannliche Hunde) sind weniger als 3 Jahre alt
(Tabelle I).
Die Histiozytorne sind bevorzugt im Bereich des Kopfes, der
Extrernitaten und an der seitlichen Brustwand als breitflachige subkutane Umfangsvermehrungen lokalisiert. Die Grosse variiert zwi-
* Berm Dr. HEBEL, Institut fur Vctcrinarpathologie der Chilcnischen Staatsunivcrsitat in Santiago de Chile, sci an diescr Stelle fur die Ubersendung dcr 23
venerischen Sarkome gedankt.
Vergleichende licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen ... 275
schen linsen- und hiihnereigross. Im Gegensatz zum venerischen Sarkom ist auffallend, dass der Tumor bei 16 von 22 Tieren in einern
Alter zwischen 6 Monaten und 3 Jahren angetroffen wird. Nur 6
Tumortrager sind 4-8 Jahre alt (Tabelle I). Eine Rassenspezifitat der
zwei Tumorarten ist nicht festzustellen. Die Geschlechtsverteilung
zeigt, dass im vorliegenden Material das venerische Sarkom mehr bei
weiblichen Tieren, das Histiozytom dagegen hau£lger bei mannlichen
Hunden anzutreffen ist.
Histologische Untersuchungen
Die Tumorzellen in beiden Neoplasmen sind durch runde bis
ovale blaschenformige Kerne und ein azidophiles Zytoplasma gekennzeichnet. Histologisch unterscheiden sich das venerische Sarkom und
das Histiozytom in der Deutlichkeit der Zellabgrenzung und in der
Anzahl der Mitosen. Die uniforrnen runden bis polygonalen dichtgepackt liegenden Zellen des veneris chen Sarkoms zeigen schon bei
Hamalaun-Eosin-Farbung deutliche Zellgrenzen, die besonders gut
bei der PAS-Reaktion sichtbar werden (Abb. 1). Beim Histiozytom
sind die Zellgrenzen nach Hamalaun-Eosin-Farbung nicht und nach
PAS-Reaktion nur andeutungsweise nachweisbar (Abb. 2). Weiterhin
ist bei 8 Histiozytomen im Bereich der umgebenden Haut eine herdforrnige eitrige Dermatitis zu beobachten. Die Tumorzellen, die bis
an den Entzundungsprozess heranreichen, sind von Leukozyten und
Lymphozyten umgeben. Da die Dermatitis purulenta nur bei einern
Teil der von uns untersuchten Histiozytome zu finden ist, stellt sic
kein typisches Unterscheidungsmerkmal dar.
Ein weiterer deutlicher Unterschied zwischen beiden Neoplasmen
besteht in der Anzahl der Mitosen. Wir haben bei 320facher Vergrosserung die Mitosen pro Blickfeld ausgezahlt. Von jedem Tumor sind
15 Blickfe1der beurteilt worden. Dabei zeigt sich, dass beim venerischen Sarkom der Mittelwert und die doppelte Standardabweichung
(x ± 2 S) 5,31±2,58 Mitosen pro Blickfeld, beim Histiozytom dagegen 1,39± 1,96 Mitosen betragen. Die Differenz der Mitosenmitte1werte ist hoch signi£lkant p < 0,001. Besonders hervorzuheben ist,
dass beirn venerischen Sarkom in jedem Feld mindestens 2-3 Mitosen,
vielfach sagar 8-12 gesehen werden. Irn Gegensatz dazu sind in zahlreichen Blickfeldern beim Histiozytom keine Mitosen zu finden. Die
Anzahl der Mitosen diirfte aber auch erheblich vorn Zeitpunkt der
276
DR O M M E R j S C I I U L Z
Abb. 1. Vcnerisches Sarkom mit zahlrcichcn Mitoscn und deutlicher Zellab grenzun g. Haernalaun-Eosin-Farbung, Vcrgrosserung 480 x .
Abb. 2. Turnorzellen des Histiozytoms ohne erkennbare Zcll grcnzen. HaemalaunEosin-Farbung, Vcrgrosserung 480 x .
Abb. 3. Elektronenmikroskopischc Ubcrsichtsaufnahme vo rn vcncrischcn Sarkom
des Hundes ; im schmalen Intcrzellularspalt in typischer Anordnung
massenhaft ineinander verflochtene mikrovilliahnlichc Ausstulpungcn dcr
Zellmembran (MI), die den Turnorzcllcn dicht anliegen; im breiten Interzellularra urn ku gclformige Zytoplasmaanschnitte (Z) .
Vakuolen (V), Mitochondricn lM), Nucleus (N), Nucleolus (NC). Verg ro sserung : 6110 x . Ausschnittvergrosscrung zu Abb. 3: Dichte Lagerung
dcr mikrovilliahnlichen Ausstiilpungen (MI). Vergrosserung. 13290 x ,
Ve rg leichende lichr- und elek tro ne nmikros ko pische Un tersuc hu ng en . . . 277
3
278
DROMMERjSClJULZ
Fixierung post operationem beeinfiusst werden; damit finden die erheblichen Schwankungen zwischen den einzelnen Tumoren eine Erklarung.
Das Tumorstroma ist bei beiden Neoplasmen unterschiedlich
stark ausgebildet und unterteilt den Tumor in kleinere und grossere
Zellgruppen. Venerische Sarkome von alteren Tieren (5-10 Jahre)
besitzen meist ein starker entwickeltes und vaskularisiertes Stroma.
In den Randbezirken des Stromas sind zahlreiche Lymphozyten, Plasmazellen sowie vereinzelt Mastzellen und eosinophile Granulozyten
zu beobachten. Retikulumfasern sind in gering- bis mittelgradiger
Menge in beiden Tumoren zu sehen sowie zwischen den Tumorzellen
in variabler Haufigkeit Lymphozyten, Plasmazellen, Mastzellen und
Granulozyten.
Elektronenmikroskopische Untersuchungen
Die Substruktur der Zellen des venerischen Sarkoms und des
Histiozytoms entspricht der Zytoplasmaorganisation von Histiozyten.
Die beim venerischen Sarkom dicht aneinander liegenden Zellen haben
eine ovale bis polygonale Form und zeigen nur schmale Interzellularraume, in den en zahlreiche mikrovilliartige Ausstulpungen der Zellmembran beobachtet werden, in einer fur das venerische Sarkom typischen Anordnung (Abb. 3). Da der Interzellularraum sehr schmal ist,
liegen diese .Ausstiilpungen meist dicht in mehreren Lagen ubereinandergestapelt. Durch diese Obereinanderlagerung der Mikrovilli entsteht ein mehrschichtiges interzellulares Lamellensystem, das mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fur die lichtrnikroskopisch
deutliche Zellabgrenzung beim venerischen Sarkom verantwortlich
ist.
Beim Histiozytom werden Mikrovilli im Gegensatz zum venerischen Sarkom nur in geringer Menge lose in weiten Interzellularraumen gesehen, die der Zellmembran nicht anliegen und haufig kolbig aufgetrieben sind (Abb. 4). In schmalen Interzellularraumen sind
Abb. 4. Tumorzellen vorn Histiozytom, die nur im breiten 1nterzellularspalt (I)
mikrovilliahnlichc, meist geringgradig kolbig aufgetriebene Fortsatze
(MI) erkennen lassen (siehe Bildausschnitt); Zellorganellen iiberwiegend
paranuclear gelegen. Endoplasmatisches Rerikulum (ER), Mitochondrien
(M), Cytosomen (C), Nucleus (N). Vcrgrosserung : 11 660 x. Vergrosserung des Bildausschnittes: 8450 X .
Vc rglcichc nd c licht- und clck rro ncn mik ro s ko pisc hc
nt crsuchung cn . . . 279
4
280
DROMMERjSCHULZ
keine Mikrovilli nachweisbar. Diese unterschiedliche Anordnung der
Mikrovilli in beidenNeoplasmen ist das hauptsachlichste substrukturelle
Unterscheidungsmerkmal. Das helle bis strukturlose Hyaloplasma beider Tumoren zeigt besonders beim venerischen Sarkom massenhaft
Polyribosomen (Abb. 5). Feine tonofilamentare Strukturen liegen bei
beiden Neoplasmen in geringer Menge diffus im Hyaloplasma verstreut. Paranuklear befindet sich haufig ein Golgi-Komplex, der beim
Histiozytom besonders gross ist, Ovale bis langliche Mitochondrien,
die eine gering- bis mittelgradige Schwellung aufweisen konnen, mit
doppelter Aussenmembran und variabler Anzahl von Cristae mitochondrales sind beim venerischen Sarkom und Histiozytom in gleicher
Zahl zu sehen. Die Mitochondrien liegen beim Histiozytom bevorzugt
paranuklear, so dass das ubrige periphere Hyaloplasma wenige Organellen enthalt (Abb. 4). Das endoplasmatische Retikulum ist beim
Histiozytom stellenweise hochgradig vesikular transformiert, zeigt nur
einen sparlichen Ribosomenbesatz und ist schwer von Vakuolen im
Zytoplasma zu trennen (Abb. 6). Beim veneris chen Sarkom findet man
dieses hochgradige blasige endoplasmatische Retikulum nicht. Die fur
Histiozyten typischen Vakuolen im Zytoplasma, die von einer einschichtigen Membran umgeben werden, sind ebenfalls bei beiden
Tumorarten zu beobachten, jedoch ist die Zahl der Vakuolen beim
Histiozytom gri)sser. Weiterhin sind zwischen den Tumorzellen
Lymphozyten, Plasmazellen in unterschiedlichen Ausreifungsstadien
sowie Granulozyten zu beobachten. Sie heben sich deutlich von dem
dominierenden histiozytaren Zelltyp abo Die runden bis ovalen Kerne
beider Neoplasmen gleichen sich annahernd in ihrer Struktur. Die
etwas grosser erscheinenden Nucleoli des venerischen Sarkoms sind
relativ dicht, zeigen eine scharfe Abgrenzung gegenuber der Kernsubstanz und im Zentrum flockenformige Aufhellungen. Beim HistioAbb. 5. Obereinandergestapclte Mikrovilli (Ml) im schmalen lnterzellularspalt
beim venerischen Sarkom, im Zytoplasma massenhaft Polyribosomen (P).
Vergrosserung : 16 200 x .
Abb. 6. Zahlreiche Vakuolen (V) und Vesikcl im Zytoplasma einer Histiozytomzclle, wobei das glatte endoplasmatische Rctikulurn und die Vesikcl nicht
voneinander zu unterscheiden sind. 1 - brciter Intcrzcllularraum, M Mitochondrien, N - Nucleus. Vergrosserung : 25680 X.
Abb. 7. Ovale Gebilde von ca. 0,2-0,4 fl Grosse mit doppelt konturierter Mernbran
im Zytoplasma des venerischen Sarkoms. lhr osmiophiles und granuliertes
Internum differenziert sich zu 50-60 mp, grossen virusahnlichcn Partikelchen (V) mit doppelter Membran und zentraler Aufhellung aus. Vergrosscrung : 136 490 x .
Vc rg lcichc ndc licht- lind cIck tro ncnmikrosk o pisc hc Unte rsu ch ungen .. . 281
5
6
7
282
DROMMERjSCIIULZ
zytom ist die Abgrenzung der Nucleoli zum Karyoplasma weniger
deutlich.
Bei einern venerischen Sarkom sind runde bis ovale Gebilde mit
doppelter Membran im Zytoplasma beobachtet worden, deren granuliertes osmiophiles Internum zu runden Korpuskeln ausdifferenziert
(Abb. 7). Diese korpuskularen Strukturen, die auch frei im Hyaloplasma vorkommen, besitzen eine Grosse von 50-60 m,u und lassen
eine zentrale Aufhellung erkennen. Inwieweit es sich bei den hier
beobachteten Strukturen um spezifische Viruselernentarkorperchen
handelt, karin aufgrund der elektronenmikroskopischen Untersuchungen nicht ausgesagt werden.
Diskussion
Die wichtigsten Unterscheidungsmerkmale beider Tumoren sind
in Tabelle I zusammengefasst. Schon die Anamnese zeigt, dass in der
Lokalisation der Tumoren und im Alter der Tumortrager deutliche
Unterschiede zu beobachten sind. Das venerische Sarkom wird hauptsachlich an den Genitalien und bei Tieren tiber3 Jahren angetroffen1, 11.
Dagegen ist das Histiozytom tiberwiegend bei Hunden unter 3 Jahren
am Kopf, an Extremitaten und Thorax Iokalisiertts- 8.
Fasst man die histologischen und elektronenmikroskopischen
Befunde beider Neoplasmen zusammen, so wird deutlich, dass beide
Tumoren tiberwiegend aus histiozytaren Zellen aufgebaut sind und
sich morphologisch zweifellos ahneln, J eder Tumor weist aber typische Strukturmerkmale auf, die eine morphologische Abgrenzung
errnoglichen. Lichtmikroskopisch sind beim venerischen Sarkom die
uberaus deutlichen Zellgrenzen und die zahlreichen Mitosen (5,31
± 2,58 Mitosen pro Blickfeld bei 320facher Vergrosserung) hervorzuheben, auf die auch STICKER20, STEWART19 und andere aufmerksam
gemacht haben. Auch die von uns untersuchten Metastasen im Bereich
der Nase und der Mamma zeigen das gleiche Bild. Das Histiozytom
lasst dagegen nur sehr undeutliche Zellgrenzen14 und wenige Mitosen
(1,39 ± 1,96 Mitosen pro Blickfeld bei 320facher Vergrosserung) erkennen, so dass aufgrund dieser Kriterien beide Neoplasmen ohne
Schwierigkeit zu unterscheiden sind. HIGGINS10 hebt beim venerischen Sarkom die prominierenden grossen Nucleoli hervor, einen
Befund, den wir auch licht- und elektronenmikroskopisch bestatigen
konnen. Um diese Beobachtung jedoch als weiteres Unterscheidungs-
Verglcichende licht- und clcktroncnmikroskopischc Untersuchungen ... 283
Tabelle J. Die wichtigsten Untcrschcidungsmcrkrnalc zwischen dem ubcrtragbaren vcncrischcn Sarkom und Histiozytom dcs Hundcs im vorliegenden Untcrsuchungsrnatcrial
Anamnese
Histologischer
13efund
Venerisches
Sarkom
J-listiozytom
+
+++
++
-I
+++
+
Alter
6 Mon.-3 Jahre
4--12 Jahre
Geschlcchtsverteilung
weiblich
marinlich
Tumorlokalisation
Genitalien
Kopf, Thorax,
Extremi ta ten
-I
Zellabgrenzung
deutlich
+++
Anzahl der
Mitoscn
P <:0,001
1-
++
+ 1+
++-1
+ 1+
Dicht ubcrcinandcrucstapcltc
Elcktroncnmikroskopischer
Befund
rnikro villiahnlichc Zcllausliiufcr
++-1
Anzahl der mikrovilliartigen
Ausstu lpungcn
+++
+
Dichte Zellagerung
-I +-1
+
Anzahl der Polyribosomen
++
+
Zellorganellen paranuklcar
+
+++
Vcsi kuljir transformiertes,
endoplasmatisches Retikulum
+
++-1
kriterium fur die Differentialdiagnose heranziehen zu konnen, mussten
erst vergleichende metrische Untersuchungen durchgefuhrt werden.
Unsere e1ektronenmikroskopischen Befunde beim venerischen
Sarkom stimmen weitgehend mit den Beobachtungen von AJELL02
sowie LOMBARD und CABANIE12 ubercin. Das Histiozytom und das
venerische Sarkom unterscheiden sich substrukturell vorwiegend in
der Anordnung und in der Anzahl der Mikrovilli. Wegen des schmalen
Interzellularraumes beim veneris chen Sarkom legen sich die zahlreichen mikrovilliartigen Auslaufer der Zellmembran den Tumorzellen
dicht an. Sie erscheinen dabei miteinander verflochten oder uberein-
284
D
RO MME R/S C IlULZ
ander gestapelt. Diese fur das venerische Sarkom des Hundes typische
Anordnung der Mikrovilli, die zu einer interzellularen mehrschichtigen Lamellenstruktur fuhrt, ist beim Histiozytom nie zu beobachten.
Die lichtmikroskopisch deutliche Zellabgrenzung beim venerischen
Sarkom erklart sich durch diese lamellare Anordnung zahlreicher Mikrovilli im schmalen Interzellularspalt.
Als weitere Kriterien der Abgrenzung konnen die zahlreichen
Polyribosomen im Zytoplasma des veneris chen Sarkoms sowie beim
Histiozytom die teilweise hochgradige vesikulare Transformation des
glatten endoplasmatischen Retikulums, die paranuklear liegenden Zellorganellen und die in ca. 30% unserer Faile beobachtete Dermatitis
purulenta, wie sie auch MOULTON14 beschreibt, herangezogen werden.
Bei Berucksichtigung aller Unterscheidungsmerkmale ist eine eindeutige Abgrenzung zwischen dem venerischen Sarkom und dem Histiozytom des Hundes moglich,
Die Atiologie des Histiozytoms ist unbekannt. Beim venerischen
Sarkom wird ein onkogenes Virus vermutet, obwohl nach LOMBARD
und CABANIE12 noch keine azellulare Dbertragung durchgefUhrt worden ist. Fur die Virusgenese spricht auch die Beobachtung von
POWER16, der Hunde gegen das Agens des venerischen Sarkoms sowohl passiv als auch aktiv immunisieren konnte. Dagegen zeigen die
Dbertragungsversuche von AJELLO und GIMB05 mit zwei Tumorfraktionen, die durch Zentrifugation gewonnen wurden, dass nur mit
dem Niederschlag ein Tumorwachstum erzeugt werden kann. Obwohl die Verfasser vermuten, dass in der schwebenden Fraktion die
Viruskonzentration zu gering ist, um ein Tumorwachstum auszulosen,
ware auch denkbar, dass lebende Zellen fur die Dbertragung notig sind.
Elektronenmikroskopische Untersuchungen uber Viruspartikel beim
veneris chen Sarkom liegen von AJELL03, AJELLO und GIMB04, LOMBARD und CABANIE12 sowie LOMBARD et al.l 3 vor. AJELLO und GIMB04
haben in einer Mitochondrienfraktion kleine mitochondrienahnliche
Gebilde gesehen, die in ihrem Internum eine Differenzierung in runde,
50-60 mil grosse Partikel erkennen lassen. Diese Partikel entsprechen
in Grosse und Form annahernd denen, die wir bei einem unserer
Tumoren nachweisen konnten. Inwieweit es sich um wirkliche Viruspartikel handelt, kann aufgrund der bisherigen Untersuchungen noch
nicht gesagt werden. Da die derzeitig beschriebenen Viruspartikel eine
unterschiedliche Struktur aufweisen und noch nicht ausreichende virologische Untersuchungen vorliegen, muss die Frage nach der Virusgenese des venerischen Sarkoms noch offen bleiben.
Verglcichende licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen ... 285
Zusammenfassttn/!,
Durch vergleichende lichr- und clcktronenmikroskopischc Untersuchungen
am ubertragbarcn venerischen Sarkorn und Histiozytom des Hundes, konncn vcrschicdcnc morphologische Unterscheidungsmerkmale aufgezeigt werden. Lichtmikroskopisch sind beim vcncrischcn Sarkom deutliche Zellabgrenzungen und
zahlreiche Mitoscn (5,31 ±2,58 pro Blickfeld bci 320facher Vergrbsserung), beim
Histiozytom meist nicht sichtbare Zellgrenzen und wenige Mitosen (1,39 ± 1,96
pro Blickfeld bei 320facher Vergrbsserung) zu beobachten. Die Differenz der
Mitosenmittelwerte beidcr Turnorcn ist hoch signifikant p <0,001. Elckrroncn
mikroskopisch Iasst das venerische Sarkom cine typische Anordnung der Mikrovilli erkennen, indem in schmalen Interzellularspalten zahlreiche, ineinander vcrflochtcnc und dcr Zellmembran dicht anliegende mikrovilliartige Ausstulpungcn
zu findcn sind, die das Bild cines intcrzcllularen Lamellensystems vermitteln, Diese
Anordnung dcr Mikrovilli, die bcirn Histiozytom nicrnals zu beobachten ist, wird
fur die lichtmikroskopisch deutliche Zellabgrenzung beim vcncrischcn Sarkom
verantwortlich gemacht. Weiterhin zeigt das Histiozytom im Gegensatz zum
venerischen Sarkorn haufig cine hochgradige vcsi kularc Transformation des
glatten endoplasmatischen Retikulums und eine paranuklcarc Lagerung dcr Zytoplasmaorganellen.
Summary
A comparative light and electron microscopic study performed on the canine
transmissible venereal sarcoma and histiocytoma revealed several morphological
differential characteristics. On light microscopy sharp cellular demarcations and
many mitoses (5.311:2.58 per field using a 320 x magnification) were found in
the venereal sarcoma, whereas the histiocytoma usually had no visible cell borders
and fewer mitotic figures (1.39 ± 1.96 per field). The difference of the mean mitotic
figures of both tumors is statistically significant (p <0.001). On electron microscopy the venereal sarcoma had a characteristic arrangement of microvilli with
microvilli-like projections in narrow intercellular spaces. The projections were in
elose apposition to the cellular membrane, giving the impression of a multilayered membranous system between the cells. This arrangement of the microvilli
is apparently responsible for the sharp cellular demarcation in the venereal sarcoma
in contradistinction to the histiocytoma. Furthermore, the histiocytoma frequently
showed a marked vesicular transformation of the smooth endoplasmic reticulum
and a paranuclear location of the cytoplasmic organelles.
Acknowledgements
Den med.-techn. Assistentinnen, Fraulein KATIIE STACK und Frau GERTRUD
SCHNEIDER, danken wir fur fleissige und gewissenhafte Mitarbeit.
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DROMMElt~
Instirut fur Pathologic dcr Tieritrztlichcn I-Iochschulc, Bischofsholer Damm
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