III. Mohammed - ein christlicher Prophet?

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Gerhard Beck
Hindenburgstr.44/4
91054 Erlangen
WS 2002/3. Hauptseminar „Biblisch – Koranische Gestalten“
Bei apl. Prof. Dr. Johannes Triebel
Schriftliches Referat, gehalten am 11.1.2003
Mohammed - ein christlicher Prophet?
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2
Inhaltsverzeichnis
I. Hinführung
II. Zur Person Mohammeds
A. Quellen
B. Von der Geburt bis zur Berufung
C. Von der Berufung bis zur Hiðra
D. Von der Zeit in Medina bis zu seinem Tod (622-632)
III. Mohammed, ein christlicher Prophet?
A. Die unabgeschlossene Reihe der Propheten
B. Mohammed: Ein Prophet aus christlicher Sicht?
IV.Versuch der Ergebnisfindung
V. Literaturverzeichnis
Gerhard Beck: „Mohammed-ein christlicher Prophet?“ Freigegeben zur Weitergabe
3
I. Hinführung
Mohammed – für Christen eine kritische Person. Mohammed wurde oft als Begründer einer Häresie angesehen, als ein Betrüger oder Antichrist. Aber auch als ein Gesetzesgeber oder ein Held.1 Wer war Mohammed? Wie können wir Christen zu ihm
stehen? Wie gehen wir mit seinem prophetischen Anspruch um? Können wir ihn als
Propheten anerkennen? Gar als einen „christlichen Propheten“? Dieses Referat versucht Klarheiten zu schaffen und Positionen zu klären.
II. Zur Person Mohammeds
A. Quellen
Über das Leben Mohammeds ist uns einiges bekannt. Die wichtigste Quelle ist der
„Hadith“, eine Sammlung von einzelnen „Hadithen“. Unter Hadithen versteht man
Geschichten aus dem Leben des Propheten. Sie geben ein Bild der „Sunna“, der
„Gewohnheit“ des Propheten. Hadithe gelten als besonders zuverlässig. Sie geben
nämlich vor dem Inhalt (matn) auch die genaue Kette der Überlieferer (`isnad) bis zur
Niederschrift an.
Im westlichen Europa, dem „Abendland“ beschäftigte man sich erst ab dem 17. Jahrhundert mit den Hadithen. Ab dem 19. Jahrhundert, mit der Ausbreitung des Buc hdrucks in der Islamischen Welt, begann in Europa die Arbeit an einer kritischen Textausgabe. Eine der wichtigsten Ausgaben der damaligen Zeit ist „Das Leben Muhammed`s nach Muhammed Ibn Ishâk bearbeitet von Abd el-Malik Ibn Hischâm“,
herausgegeben 1858 von Ferdinand Wüstenfeld. Auch wenn das Werk von el-Malik
nachbearbeitet wurde, so ist es doch für unsere Kenntnisse wichtig, da Ibn Ishaq,
geboren um 704 in Medina, schon früh anfing Hadithe zu sammeln. 2
Eine weitere wichtige Quelle ist der Koran selbst. Auch wenn er länger als die Hadithe für Nachforschungen verfügbar war, so gab es doch bis 1860 große Probleme,
da die Suren nicht wie z.B. die Evangelien chronologisch, sondern nach ihrer Länge
angeordnet sind. Außerdem beinhalten Sie keine genauen Zeit- und Ortsangaben,
was zu Interpretationen führen kann.3
Als letztes Beispiel der Quellen seien die Geschichtswerke von Ibn Gabir at Tabari
genannt (839-923). In ihnen wird eine Weltgeschichte dargestellt, die direkt von der
Schöpfung bis zu Mohammed reicht. Die Jahre 622 n.Chr. bis 915 n.Chr. sind als
Jahreschroniken dargestellt.
B. Von der Geburt bis zur Berufung
Über die Geburt Mohammeds und seine Jugend ist nur wenig bekannt. Man kann
sich manche Daten allerdings an Hand seiner Auswanderung nach Medina im Jahre
622 und seinem Todesjahr 632 errechnen. Nach einer Koraninterpretation der Sure
105 wurde er im „Jahr des Elefanten“, also 547 geboren. Wahrscheinlich ist dies aber
nur ein Symbol für ein denkwürdiges Datum. Ibn Isaq legt die Geburt auf das 23. Jahr
1
2
3
Vgl. Bobzin, S.9-22
Vgl. zu der Arbeit Ibn Isaqs: Bobzin, S. 35-39
Vgl. Bobzin, S.29
Gerhard Beck: „Mohammed-ein christlicher Prophet?“ Freigegeben zur Weitergabe
4
nach dem Jahr des Elefanten, also 570 fest. Dafür gibt es auch noch weitere Hinweise4, die hier zu erörtern aber zu weit führen würde.
Mohammed gehörte zum Stamm der Quraischiten und kam als Waise in die Obhut
seines Onkels Abu Talib. Dieser gab ihn kurz nach seiner Geburt zu einer Amme
namens Halima. Von der Zeit bei ihrem Stamm berichtete Mohammed von einer Vision, in der zwei Engel sein Herz reinigen. Mit 8 Jahren wurde er im Hause seines
Onkel Abu Talib aufgenommen, der ihn mit auf Handelsreisen nahm. Auf einer dieser
Reise begegnete er dem christlichen Mönch Bâhîra, der ihm –so berichtet Ibn Isaq als den von Jesus gesendeten Tröster (Joh 15,26-27) ansieht. Mehr darüber ist uns
nicht bekannt.
Mit 25 heiratete er die 40jährige, reiche Kaufmannsfrau Chadidscha, die ihm ein oder
zwei Söhne und vier Töchter gebar. Allerdings starben die Söhne im Kindesalter.
Wichtig ist, dass von einer der Töchter, Fâtima, die einzig männlichen Nachkommen
Mohammeds geboren wurden.
C. Von der Berufung bis zur Hiðra
Die Sure 10,16 gibt Aufschluss auf das Alter Mohammeds bei seiner Berufung: „Ein
Lebensjahr“5 – eine im damaligen Arabien typische Bezeichnung für 40 Jahre. Berichte über seine Berufung gibt es einige. Wohl bemühte er sich - wie viele seiner
Mitmenschen die man „Hanif“ nannte in der Einsamkeit der Wüste um das Erkennen
des wahren Gottes. Hierbei wurde ihm nach islamischer Tradition vom Engel Gabriel
als Erstes die Sure 96 offenbart:
1. Lies im Namen deines Herren, der erschaffen hat,
2. den Menschen erschaffen hat aus einem Embryo.
3. Lies. Dein Herr ist der Edelmütigste,
4. der durch das Schreibrohr gelehrt hat,
5. den Menschen gelehrt hat, was er nicht wusste.6
Zu diesem Erlebnis gibt es mehrere Varianten, dennoch ist man sich einig, dass diese Erlebnis an sich wohl echt war und keine nachträgliche Fälschung.7
Als erstes schloss sich seine Frau Chadîdscha dem neuen Glauben an, danach erst
einige Männer. Ein besonderes Motiv des Anschlusses schien nicht nur die neue Soziallehre, sondern auch die Schönheit der Sprache gewesen sein. So berichtet Ibn
Isaq von der Bekehrung eines Gegners nach Vortrag der Sure 20: „Wie schön ist
diese Rede und wie edel!“8
Mohammed begann nun in seiner Heimatstadt Mekka zu lehren. Ein Teil der Lehre
war die Abkehr vom Polytheismus. Dies führte zu Ärger mit wichtigen Sippen der
Stadt: Die Abkehr vom Polytheismus störte die traditionelle Wallfahrt Hagg, und die
Pilger waren eine wichtige Einnahmequelle. Außerdem bezog sich die Macht Mohammeds nicht auf alte Werte, sondern auf eine göttliche Offenbarung. Dies verschob das Machtverhältnis zu Gunsten seiner Sippe. So machte er sich viele Feinde.
4
Vgl. Bobzin, S.67f
so übersetzt Bobzin. Khoury : „ein Leben“. Dies ist jedoch ein philologisches Problem und ändert –
auch wegen der Verbindlichkeit des Korans in Arabischer Sprache – nichts an der Interpreation.
6
Sure 96, 1-5 aus: Khoury
7
„An einem kann jedenfalls kein Zweifel bestehen: Das Berufungserlebnis war kein abgekartetes
Gaukelspiel, wie man im Abendland lange Zeit glaubte.[...] Sie [Parallelen der unterschiedlichen Überlieferungen] zeigen, dass an der Echtheit des prophetischen Erlebens von Mohammed nicht gezweifelt werden kann“ Bobzin, S.78
8
Bobzin, S.81
5
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5
Um seine Anhänger zu schützen, schickte er 615 einige von ihnen in das christliche
Äthopien ins Exil. Nach dem Tode seines Beschützers und Onkels Abu Talib kam es
zur Hiðra („Auswanderung“), der Übersiedlung nach Jathrib, das spätere Medina,
kam. Mohammed kam am 24.9.622 in Medina an. Mit diesem Datum beginnt auch
die islamische Zeitrechnung.
D. Von der Zeit in M edina bis zu seinem Tod (622-632)
In Medina gab es zwei arabische sowie drei jüdische Stämme, die untereinander zerstritten waren. Mohammed wird zum Schlichter bestimmt und richtet dort die „Umma“
(„Gemeinde“) auf. Sie ist eine neue Stammesföderation, die sich von allen anderen
durch ihren monotheistischen Glauben unterscheidet. Auch musste Mohammed als
Gesandter Gottes anerkannt werden. Die Verweigerung dessen ist sicher einer der
Gründe, warum Mohammed verschiedene Anlässe hernahm um gegen die jüdischen
Stämme der Umma vorzugehen. Zwei vertrieb er aus Medinaa, einen ließ er ganz
ausrotten. Hier zeigt sich ganz deutlich auch eine politische Macht. Diese spielt er bei
den Feldzügen gegen Mekka und das Umland aus. Mekka war für ihn wohl deswegen so wichtig, da es in ganz Arabien als Wallfahrtsort bekannt war und Mohammed
sich besonders als der arabische Gesandte Gottes verstand.
Drei Feldzüge führte Mohammed gegen Mekka bis es zu dem Abkommen von Hudaibiya kommt, indem ihm und seinen Anhängern die Wallfahrt zur Kaaba, dem Heiligtum in Mekka erlaubt wird. Seine Anhängerschaft hatte in der Zwischenzeit stark
zugenommen, anscheinend verließen auch viele Mekkaner die Stadt, um sich Mohammed anzuschließen. Bei einem weiteren Feldzug in der Gegend von Mekka – ob
der Feldzug Mekka selbst galt ist unklar – wurde die Stadt ohne Blutvergießen übergeben. Er reinigt nach kurzer Zeit die Kaaba und hält dabei eine Predigt, in der es
um die Gleichheit aller Menschen vor Gott und dessen Einzigartigkeit geht. Eine Besonderheit in dieser Zeit und in dieser Gegend.
Der Koran berichtet in Sure 9,25f von einem Kampf, der sich kurz nach der Einna hme Mekkas ereignet haben muss. Er war nur mit göttlichem Eingreifen zu gewinnen
und ging gegen benachbarte Stämme. Diese schickten in dem nächsten Jahr viele
Gesandtschaften zu ihm. In der islamischer Geschichtsschreibung wird es heute
noch das „Jahr der Gesandtschaften “ genannt. Mohammed betrieb eine diplomatische Heiratspolitik und war zum Schluss mit 13 Frauen verheiratet.
632 unternahm Mohammed ein letztes Mal eine Wallfahrt zur Kaaba. Mit dieser letzten Wallfahrt wurden die alten, nicht-muslimischen Wallfahrtsriten abgeschafft und
seine letzte Wallfahrt wurde die Norm für die islamische Pilgerfahrt. In ihr hielt er eine
Predigt in der möglicherweise folgender Satz aus der Sure 5,3 vorkommt: „Heute habe ich eure Religion vervollkommnet und meine Gnade an euch vollendet, und Ich
habe daran Gefallen, dass der Islam eure Religion sei.“
Noch im gleichen Jahr, am Montag, dem 8.Juni 632 starb Mohammed an Fieber.
III. Mohammed - ein christlicher Prophet?
A. Die unabgeschlossene Reihe der Propheten
„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“.(Mt 7,16) Dieser Satz aus dem Matthäusevangelium gilt als das Entscheidungskriterium für wahre und falsche Prophetie im
Neuen Testament. Als was zählt aber Mohammed? Ein „Christlicher“ Prophet? Einen, den Christen als Propheten Gottes anerkennen können, der aber Christus nicht
Gerhard Beck: „Mohammed-ein christlicher Prophet?“ Freigegeben zur Weitergabe
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anerkannt hat? Ein Häretiker, ohne Beziehung zu Gott? Kann es nach Jesus noch
Propheten geben?
Zur Klärung der Frage müssen wir uns zuerst fragen: Was ist ein Prophet? Eine Erklärung würde dieses Referat sprengen, als Versuch einer Antwort hier ein Auszug
aus den Worterklärungen der Lutherbibel:
„Prophet: Nach unserem Sprachgebrauch ist ein ‚Prophet' jemand, der die Zukunft
kennt. Das Wesentliche beim biblischen Prophetentum liegt jedoch nicht in der Zukunftsschau. Der Prophet ist ein Mensch, den Gott (oder der Geist Gottes) zu seinem
Sprecher gemacht hat. Die Propheten verkünden dem Volk Gottes oder einzelnen
aus diesem Volk, besonders den führenden Kreisen, was Gott ihnen in einer bestimmten Situation zu sagen hat. Das kann Mahnung, Trost oder Gerichtsdrohung
sein.“
Dass die Reihe der Propheten mit Jesus nicht abgeschlossen ist, das ist im Urchristentum klar. So gilt die Prophetische Rede als eine der Geistgaben. Sie kommt in der
Apostelgeschichte genauso vor wie in den Briefen des Paulus. Besonders im ersten
Korintherbrief im 14. Kapitel finden sich hierzu Ausführungen. 9
Es ist also möglich, dass es nach Jesus weitere prophetische Gestalten gegeben
haben kann und geben kann. Man muss also prüfen, ob Mohammed als eine solche
betrachtet werden kann
B. Mohammed: ein Prophet aus christlicher Sicht?
„Der Prophet ist ein Mensch, den Gott sich zu seinem Sprecher gemacht hat“, so die
Erklärung der Lutherbibel. Wenn wir daran glauben, dass es nur einen Gott gibt, und
wenn wir davon ausgehen, dass Mohammeds Gotteserlebnisse echt sind, so muss
er diese mit unserem Gott gehabt haben.
Hans Küng sieht in seinem Buch „Christentum und Weltreligionen – Islam“ auch für
einen Christen viele Parallelen zwischen alttestamentlichen Propheten und Mohammed, von denen ich die überzeugendsten anführen will:
• Mohammed wirkt – wie die Propheten Israels - auf Grund seiner persönlichen
Beziehung zu Gott.
• Er spricht ebenfalls in die konkrete religiös-gesellschaftliche Krise eines Volkes. Dies in Opposition zur herrschenden Schicht.
• Er sieht sich nur als ein Sprachrohr Gottes.
• Er verkündet den Monotheismus. Gott ist gütiger Schöpfer und barmherziger
Richter.
• Er fordert den unbedingten Gehorsam (Islam) gegenüber dem einzigen Gott
• Er fordert, begründet auf seinen Glauben, auch soziale Gerechtigkeit und verbindet diese Forderung mit dem endgültigem Gericht.
Auch wenn man – anders argumentierend als Küng - Mt 7,16 als Kriterium sieht, so
kann man nicht viel gegen die positiven Früchte des Islam sagen: Die Religion verändert sich vom Polytheismus zu Monotheismus, Mohammed ist einer der großen
Sozialreformer seiner Zeit und es ist Tatsache , „daß hier ein geschichtlich wirkungsmächtiger Versuch unternommen wurde, das Zusammenleben der Menschen in der
Verantwortung vor Gott zu regeln und zu gestalten.“ 10
9
Apg 11,27-28;1 Kor 12-14, besonders 14, 26-32; 1 Thess 5, 20-21 u.a.
Leuze, S.33
10
Gerhard Beck: „Mohammed-ein christlicher Prophet?“ Freigegeben zur Weitergabe
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Küng kommt folglich zu dem Ergebnis: „Aber vom Neuen Testament her gesehen
muß man sich nicht von vornherein dogmatisch dagegen wehren, wenn sich Muhammad als ein echter Prophet nach Jesus verstand, der beanspruchte, mit ihm in
grundlegender Übereinstimmung zu sein.“
Hier sind wir bei einem Formulierungsproblem und bei einem Knackpunkt unserer
Fragestellung angelangt: Was meint Küng mit „nach“ Jesus? Meint nur die Tatsache,
dass Mohammed nach Jesus lebte oder sieht er Mohammed in der Nachfolge Christi?
Gehen wir zuerst davon aus, dass Küng sich auf die zeitliche Variante bezieht. Wir
haben einige Anhaltspunkte dafür gefunden, Mohammed als Propheten zu betrachten. Kann die Tatsache, dass er Christus nicht als Sohn Gottes anerkennt, gegen
sein Prophetentum sprechen? Reinhard Leuze setzt sich intensiv mit diesem Problem auseinander und schreibt: „Nun kann man freilich den Einwand erheben, es sei
ein Unterschied, ob man das Zukünftige nicht wisse, oder ob man das Vergangene,
also Bekannte in der ihm gegebenen Deutung nicht akzeptiere. So richtig dieser
Einwand auch sein mag, so wichtig ist auf der anderen Seite die Feststellung, daß
das Kriterium wahrer Prophetie nicht auf dem Weg der Christologischen Frageste llung ermittelt werden kann. Wollte man die alttestamentlichen Propheten auf diese
Betrachtungsweise einengen, so wäre das eine unzulässige Vereinfachung, die ihrem vielfältigen Wirken nicht gerecht werden könnte.“ 11 Und in einer Fußnote erörtert
Leuze: „Konstruieren wir einmal einen zugegebenermaßen recht hypothetischen Fall:
Der Prophet Jesaja kehrt nach Jahrhunderten auf die Erde zurück und sieht sich dem
Wirken Jesu von Nazareth konfrontiert. Hätte der diesen als Erfüller seiner Weissagungen erkannt? Wir können hier keine eindeutigen Aussagen machen. Die historische Möglichkeit, daß er, dem jüdischen Glauben gemäß, sich den Messias anders
vorgestellt hätte, wird man nicht a priori verneinen dürfen.“ 12
So schlussfolgert Leuze: „Fassen wir zusammen: Es gibt keine zureichenden theologischen Argumente, die den Anspruchs Mohammeds, Prophet des einen Gottes zu
sein, widerlegen können. Umgekehrt sprechen viele Überlegungen dafür, daß das
Selbstbewußtsein Mohammeds auf keiner Täuschung beruht.“ 13
Dieser Argumentation folgend müssen wir Mohammed als einen Propheten anerkennen. Dennoch bleibt die Frage: Ist er ein „christlicher“ Prophet? Sieht er sich als Prophet „nach Jesus“ in der Nachfolge Jesu?
Diese Frage können wir mit einem klaren Nein beantworten. Der Islam und Mohammed erkennen Jesus als einen Gesandten an, wie man z.B. in der Sure 2,87 sehen
kann: „Und Wir ließen Jesus, dem Sohn Marias, die deutlichen Zeichen zukommen
und stärkten ihn mit dem Geist der Heiligkeit.“ Es werden aber weder christliche
Grundinhalte des Glaubens wie der Kreuzestod Jesu anerkannt14, noch dass Jesus
Gottes Sohn und unser Erlöster ist: „Christus Jesus, der Sohn Marias ist doch nur der
Gesandte Gottes und sein Wort, das Er zu Maria hinüberbrachte , und ein Geist von
Ihm. So glaubt an Gott und seine Gesandten. Und sagt nicht: Drei. Gott ist doch ein
einziger Gott. Preis sei Ihm, und erhaben ist Er darüber, daß er ein Kind habe.“ 15
11
Leuze, S.29
ebd., S.29
13
ebd., S.34
14
Sure 4,157
15
Sure 4,171
12
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8
Also sieht Mohammed Jesus als seinen Vorgänger, er hat aber nicht die gleiche
Sicht wie wir Christen. Er versteht sich ausdrücklich nicht als Christ und kann als solcher nicht gesehen werden. Deshalb kann er aber auch kein christlicher Prophet
sein.
IV.
Versuch der Ergebnisfindung
Viele Fragen gab es am Anfang. Dabei ist die Frage wichtig: Ist Mohammed ein
christlicher Prophet? Wie oben erläutert: Meiner Meinung nach kann er dies nicht
sein.
Ist aber Mohammed dennoch ein Prophet Gottes? Leuze schreibt: „Mohammed – ein
Prophet? Die christliche Theologie wird nicht umhin können, diese Anerkennung
auszusprechen.“ 16 Wie können wir als Christen damit umgehen, was bedeutet dies
für unser Jesusbild?
Kurz davor schreibt Leuze: „Wir können ohne weiteres das prophetische Selbstbewußtsein Mohammeds anerkennen, ja, wir können ihm zugestehen der letzte der
Propheten, das Siegel der Propheten zu sein, Jesus war etwas anderes und es
kommt für uns darauf an, dieses Andere deutlich zu machen.“ 17
Küng schreibt als sein Ergebnis: „Letztlich geht es sowohl im Islam wie im Christe ntum um eine Glaubensentscheidung, die man aber vor sich selber und anderen vernünftig zu verantworten hat. Als Christ kann ich dabei aber der Überzeugung sein,
daß ich, wenn ich für mein Leben und Sterben Jesus als den Christus gewählt habe,
seinen Nachfolger Mohammed, insofern er sich auf den einen und selben Gott und
auf Jesus beruft, mitgewählt habe.“ 18
Es ist eine Glaubensentscheidung und diese Entscheidung muss wohl jeder für sich
selbst fällen. Dabei müssen dann auch kritisch individuelle Anfragen gestellt werden,
wie Küng und Leuze „Prophetentum“ definieren und wie man das Gottesverständnis
der Religionen sieht.
16
17
18
Leuze, S.39
Leuze, S.37
Küng, S. 189
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9
V. Literaturverzeichnis
Hartmut Bobzin : Mohammed, 2., durchgesehene Auflage, München 2002-12-22
Hans Küng/ Josef van Ess: Christentum und Weltreligionen. Islam, 3. Auflage, München 1998
Reinhard Leuze: Christentum und Islam, Tübingen 1994
Lutherisches Kirchenamt der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschland/ Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland (Hrsg.): Was jeder
vom Islam wissen muß, 6. überarbeitete Auflage, Gütersloh 2001
Adel Theodor Khoury/ Muhammad Salim Abdullah: Der Koran, 3., durchgesehene
Auflage. Gütersloh 2001
Die Bibel nach der Übersetzung von Martin Luther in der revidierten Fassung von
1984, Stuttgart 1985
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