Das Lernen und damit verbundene Prozesse Marold Wosnitza Mittwoch 8:15 bis 9:45 H222 Meine Adresse Institut für Erziehungswissenschaft der Philosophischen Fakultät Eilfschornsteinstraße 7, Raum 118, Sekretariat (Frau Zielinski) Raum 119, Büro Sprechstunde: Mi 12.00-13.00 Bitte vorher anmelden per e-mail email: [email protected] Entschuldigungen: [email protected] Organisatorisches Folien: www.ezw.rwth-aachen.de Schulpädagogik Lehre Das Lernen und damit verbundene Prozesse 1 Organisatorisches Klausur am 11.07.2007 Es ergeht eine seperate Anmeldung zur Klausur – wird angekündigt Als Kontaktadresse gilt nur die RWTH-Adresse Ziele der Vorlesung Theoretische Konzepte und die entsprechenden Forschungsbefunde zum Thema Lernen und kennen und verstehen lernen, um auf dieser Basis das Geschehen in konkreten LehrLernsituation analysieren, verstehen und besser gestalten zu können. Vorgehen in der Vorlesung Eigene Mitarbeit während der Vorlesung ist sehr wichtig, um ... • die Inhalte besser zu verstehen • sich die Inhalte besser merken und leichter erinnern zu können • die Inhalte hinsichtlich ihrer praktischen Anwendung zu reflektieren 2 Einführung Warum eigentlich das Thema „Lernen und Motivation“? Die relative Bedeutung verschiedener Faktoren für (Schul-) Leistungen Annahme: Unterschiede zwischen Lernenden in ihrer Lernleistung können durch die Wirkung verschiedener Einflussfaktoren erklärt werden außerschulische Umwelt Intelligenz (Begabung) W% X% Y% Z% schulische Umwelt Motivation Die relative Bedeutung der Motivation für Schulleistungen (Bloom, 1976) Unterricht 25% 50% Kognitive Eingangsvoraussetzungen 25% Motivation 3 Einflussfaktoren auf die schulische Leistung (Carrol, 1973) Schulische Leistung ist abhängig von 3 Schülerfaktoren... 1. Aufgabenspezifische Begabung 2. Allgemeine Fähigkeit, einem Unterricht zu folgen 3. Motivationsfaktor Ausdauer ... und 2 äußeren Bedingungsfaktoren 1. Lernzeit 2. Unterrichtsqualität Wahlbergs Produktivitätsmodell (1983) kognitive Fähigkeiten Individuelle Faktoren Motivation kogn. Entwicklungsstand Klassenklima Schulische Faktoren Qualität des Unterrichts Schulleistung Quantität d. Unterrichts Familie Außerschulische Faktoren Peer Group Medien Bedingungen schulischer Leistungen in PISA (Baumert et al., 2001) Sozio-ökonomischer Status der Eltern Lehrerexpertise - subjektive Theorie/Überzeugungen allgemeine Berufsmerkmale Klassen kontext Unterrichtsprozesse (Instruktions- / Interaktionsgeschehen) Soziales Kapital Bildungsniveau der Eltern Altersgruppe Kulturelles Ethnische Herkunft der Familie Schule/ Fachbereich Kapital Medienumwelt Individuelle Lernvoraussetzungen: kognitiv motivational sozial Individuelle Verarbeitung aktive Lernzeit Anstrengung/ Aufmerksamk. Lernstrategien Handlungskontrolle Emotionen Lernund Leistungsergebnis Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten 4 Bedingungen schulischer Leistungen in PISA (Baumert et al., 2001) Sozio-ökonomischer Status der Eltern Lehrerexpertise - subjektive Theorie/Überzeugungen allgemeine Berufsmerkmale Klassen kontext Unterrichtsprozesse (Instruktions- / Interaktionsgeschehen) Soziales Kapital Bildungsniveau der Eltern Altersgruppe Kulturelles Ethnische Herkunft der Familie Schule/ Fachbereich Kapital Medienumwelt Individuelle Lernvoraussetzungen: kognitiv motivational sozial Individuelle Verarbeitung aktive Lernzeit Anstrengung/ Aufmerksamk. Lernstrategien Handlungskontrolle Emotionen Lernund Leistungsergebnis Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten LERNEN Lernen - Beispiele • den Führer durch Frankreichs Küche auswendig lernen • Rollschuhfahren lernen • sich beherrschen lernen • sich entspannen lernen • sich abreagieren lernen • ein Auto steuern lernen 5 Definition von Lernen Lernen ist der relativ dauerhafte Erwerb einer neuen oder die Veränderung einer schon vorhandenen Fähigkeit, Fertigkeit oder Einstellung. Worauf bezieht sich der Begriff „Lernen“? Erwerb von Fähigkeiten und Fertigkeiten Erwerb neuen Wissens Aufbau und Veränderung von Verhaltensgewohnheiten Lerntheorien 6 Zwei Theoriestränge • Alles Lernen erfolgt nach einheitlichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenerwerbs ist ein Implementationsprozess. • Das Lernen erfolgt nicht nach einheit-lichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenserwerbs ist ein Konstruktionsprozess. Zwei Theoriestränge • Alles Lernen erfolgt nach einheitlichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenerwerbs ist ein Implementationsprozess. • Das Lernen erfolgt nicht nach einheitlichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenserwerbs ist ein Konstruktionsprozess. Pawlow, Iwan Petrowitsch * Rjasan 1849, † Leningrad 1936 Russ. Physiologe. Sein Hauptinteresse galt der Physiologie der Verdauung, speziell der nervalen Steuerung der dabei beteiligten inneren Sekretion. Die Beschäftigung auch mit der ›höheren Nerventätigkeit‹ führte ihn zur Unterscheidung zw. unbedingtem und bedingtem Reflex. Erhielt 1904 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin 7 Pawlow, das Team und der Hund Klassische Konditionierung Bei der Erforschung der Magensekretion stieß P. zufällig auf das Phänomen, dass der Hund, mit dem er experimentierte, schon auf die Wahrnehmung von Schritten der Person, die ihm Futter brachte, Speichel absonderte. Offensichtlich war also der Speichelfluss nicht zwingend an Geruch oder Anblick des Futters gebunden. Um dies nachzuweisen, liess er in einem Versuch gleichzeitig mit der Darbietung des Futters (und dem dadurch bedingten Speichelfluss des Hundes) einen Glockenton ertönen. Versuchsaufbau 8 Grundmuster des klassischen Konditionierens 1. Futter Ton Speichelsekretion Ohren stellen 2. Glocke + Futter Speichelsekretion 3. Glocke allein Speichelsekretion Terminologie des Klassischen Konditionierens UCS:: unkonditionierter Stimulus Reiz, der auf natürlichem Weg eine bestimmte Reaktion hervorruft z.B. Futtergabe UCR: unkonditionierte Response nicht gelernte, biologisch vorgeformte Reaktion, durch einen UCS hervorgerufen z.B. Speichelabsonderung NS: neutraler Stimulus neutraler Reiz z.B. Schritte, Glockenton OR:: Orientierungsreaktion ausgelöst durch NS Aufmerksamkeit wird darauf gerichtet z.B. Ohren stellen Terminologie des Klassischen Konditionierens CS:: CR:: konditionierter Stimulus ursprünglich neutraler Reiz (NS), der durch kontingentes Auftreten mit einem UCS die (annähernd) gleiche Reaktion hervorruft, z.B. Schritte, Glockenton konditionierte Reaktion Reaktion, die durch den CS hervorgerufen wird, z.B. Speichelabsonderung; 9 Prinzip der klassischen Konditionierung UCS UCR Futter Speichel NS OR Ton Ohren stellen NS -> CS UCS UCR -> CR Futter Speichel CS CR Ton Speichel Definition Klassische Konditionierung: Prozedur, durch die ein konditionierter Stimulus nach genügend häufiger Kombination (kontingentem Auftreten) mit einem unkonditioniertem Stimulus die (annähernd) gleiche Reaktion hervorruft wie der unkonditionierte Stimulus. Konditionierung höherer Ordnung 10 Konditionierung höherer Ordnung 1. Glocke Speichelsekretion 2. Glocke + Licht Speichelsekretion 3. Licht allein Speichelsekretion Reizgeneralisierung Phobien • Zunächst wurde sichergestellt, dass A. keinerlei Furcht vor einem Kaninchen hatte. • Dann wurde jedes Mal , wenn sich Albert dem Kaninchen näherte, hinter seinem Rücken ein lautes Geräusch erzeugt. Albert zeigte eine deutliche Schreckreaktion und zuckte zusammen. Dieses Verfahren wurde mehrmals wiederholt. 11 Phobien • Im Anschluss daran wurde A. nur mit dem Kaninchen konfrontiert. An seinem Fluchtverhalten liess sich ablesen, dass er eine Furchtreaktion erlernt hatte. • Diese Furchtreaktion wurde sogar auf Objekte übertragen, die dem Kaninchen ähnlich sahen (z. B. Mann mit Vollbart). Phobien Angstreaktionen können nach dem gleichen Muster auch wieder verlernt werden. Diese Erkenntnis ist auch eine Grundlage der Verhaltenstherapie. Gegenkonditionierung Ziel der Gegenkonditionierung ist es, eine bestehende Reiz-Reaktions-Verbindung durch eine andere (bessere) zu ersetzen. Gegenkonditionierung bedeutet, eine durch klassisches Konditionieren erlernte ReizReaktions-Verbindung durch eine weitere Konditionierung mit anderen Reizen wieder zu verlernen bzw. neu zu konditionieren. 12 Mary C. Jones *1896, † 1987 • • • In Johnstown, Pennsylvania geboren Ehemalige Studentin von J.B. Watson Untersuchung über die Beseitigung von Furchtreaktionen („Der kleine Peter“) Der Fall Peter Jones versuchte, bei einem dreijährigen Jungen eine Angstreaktion gegenüber Kaninchen abzubauen. In der entscheidenden Phase des Experiments saß der kleine Peter auf einem Stuhl und erhielt seine Lieblingsspeise, während das Kaninchen schrittweise näher gebracht wurde. Nachdem das Kind anfänglich bereits Angst hatte, wenn das Tier in den Raum gebracht wurde, war Peter am Schluss der Behandlung in der Lage das Tier auf dem Schoß zu halten und zu streicheln. Verlernen von Angst 13 Therapie – Ein Beispiel Zur Behebung der intensiven Angstgefühle eines 8- jährigen Jungen aufgrund eines Autounfalls wurde mit der Technik der graduellen Einführung des gefürchteten Objekts von Lazarus schrittweise vorgegangen: zunächst in Gesprächen über bewegte Fahrzeuge, welche später in Spielsituationen mit kleinen Autos ausgeweitet wurden. Von der blossen Vorstellung der Autos über veranschaulichte Objekte in Form von Spielzeug - Autos bis zu realen Autos auf der Strasse wurde der Junge bei jedem bewältigtem Schritt in der Hierarchie mit Schokolade belohnt. Die Verstärkung mit Schokolade wurde fortgesetzt , nachdem das Kind zunächst das stehende Auto betrat und anschliessend auch im fahrenden Auto. Nach sechs Wochen war die Phobie des Jungen völlig eliminiert. Zusammenfassung Sie müssen aufhören, jedesmal mit der Glocke zu klingeln, wenn Sie Ihn füttern, Dr. Pawlow... gestern hat er die AvonVertreterin gefressen. Operante Konditionierung 14 Skinner, Burrhus Frederic * 20.03. 1904 †18.08.1990 Er gilt als „Vater“ des „operanten Konditionierens“ und war einer der maßgeblichen Behavioristen Skinner und Pawlow Ähnlich wie Pawlow nimmt auch Skinner an, dass Lernen eine Reaktion des Organismus auf Reize ist. Skinner weist grundlegend darauf hin, dass das Verhalten eines Organismus (eines Tieres oder Menschen), das auf die Umwelt einwirkt, aktiv ist, um bestimmte Folgen zu erzielen. Diese Art des Verhaltens wird mit dem Begriff ‚operant‘ beschrieben. Pawlow: Konditionierung aufgrund eines Stimulus (z. B. Futtergeben) Skinner: Konditionierung aufgrund eines Verstärkers Skinner und Pawlow REIZ VERHALTEN (zufällig) REAKTION VERSTÄRKUNG REAKTION (erh. Auftrittswahrscheinl.) 15 Skinnerbox Skinnerbox Verhaltensformung 16 Grundprinzip der Operanten Konditionierung Eine Reaktion, bzw. ein Reaktionsmuster entsteht oder wird verändert auf Grund von Reizen, die auf die Reaktion folgen (oder ausbleiben). Das Verhalten wird durch die „Konsequenz“ beeinflusst (verändert, stabilisiert: „verstärkt“). = Basis der „Verhaltensmodifikation“ Grundprinzip der Operanten Konditionierung Operante Konditionierung = Prozess, durch den sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens einer Reaktion in einer Stimulus-Situation als Folge von Verstärkung erhöht Verstärker = Stimulus, durch dessen Präsentation oder Beseitigung die Wahrscheinlichkeit des vorangegangenen operanten Verhaltens erhöht wird Operante Konditionierung Drei mögliche Konsequenzen • Verstärkung • Bestrafung • Extinktion (Löschung) 17 Operante Konditionierung Verstärkung Prozess, durch den die Wahrscheinlichkeit des dem Verstärker vorangegangenen Verhaltens erhöht wird. • Positive Verstärkung: – Erhöhung der Verhaltenswahrscheinlichkeit durch Darbietung eines („erwünschten“) Stimulus nach dem Response. • Negative Verstärkung: – Erhöhung der Verhaltenswahrscheinlichkeit durch Vermeidung oder Ausschaltung einer drohenden (schädlichen) Konsequenz. Operantes Konditionieren - Negative Verstärkung - • Hierbei besteht die „Belohnung“ in der Abschwächung oder Beendigung von etwas Unangenehmem, Schmerzhaftem, Negativem etc. • Das konditionierte Verhalten hilft, den aversiven Reiz zu vermeiden • Im Gegensatz zu positiven Verstärkern, deren Wirkungen erheblich vom aktuellen Sättigungsstand abhängen, wirken negative Verstärker unabhängig vom Bedürfniszustand. Operante Konditionierung Bestrafung Prozess, durch den die Wahrscheinlichkeit des der Strafe vorangegangenen Verhaltens verringert wird. 18 Operante Konditionierung Bestrafung Prozess, durch den die Wahrscheinlichkeit des der Strafe vorangegangenen Verhaltens verringert wird. • Aversive Bestrafung (Typ I): Darbietung eines aversiven Stimulus (z. B. Strafzettel). Operante Konditionierung Bestrafung Prozess, durch den die Wahrscheinlichkeit des der Strafe vorangegangenen Verhaltens verringert wird. • Aversive Bestrafung (Typ I) :Darbietung eines aversiven Stimulus (z. B. Strafzettel). • Entziehende Bestrafung (Typ II): Entfernung eines angenehmen oder geschätzten Stimulus (z. B. Führerscheinentzug). Operantes Konditionieren - Effektive Bestrafung (Azrin & Holz, 1966) - • Die Strafe sollte unmittelbar auf die fragliche Reaktion folgen (Falsch: „Warte nur, bis Vati nach Hause kommt!“). • Beachten, dass Bestrafung nicht als Belohnung wirkt (schimpfende Lehrerin, die dem auffälligen Schüler dadurch Aufmerksamkeit schenkt). • Strafstimulus muss so gesetzt werden, dass ein Ausweichen unmöglich ist. • Strafstimulus sollte so intensiv und aversiv wie möglich sein (hohe Bußgelder im Straßenverkehr). • Häufigkeit der Bestrafung sollte so hoch wie möglich sein (jede strafbare Handlung wird auch bestraft). 19 Operantes Konditionieren - Nebenwirkungen der Bestrafung - • Das Fehlverhalten wird zwar unterdrückt, gewünschtes Verhalten aber nicht aufgebaut. • Strafe ruft bei dem Bestraften Angst und Abneigung hervor, oft gefolgt von Vermeidungsverhalten, d.h. Situationen, in denen Strafen drohen, werden gemieden bzw. das unerwünschte Verhalten wird heimlich ausgeführt. • Harte Strafen können zu Aggressionen auf Seiten des Bestraften führen. • ... Operante Konditionierung Extinktion/Löschung Reduktion der Wahrscheinlichkeit des Verhaltens durch das Verhindern/Unterlassen einer (erkennbaren) Konsequenz auf das Verhalten z.B. keine Beachtung des störenden Verhaltens; Ignorieren von Diskussionsbeiträgen. Fünf „Kontingenzmuster“ (=Lernarten) Art der Konsequenz auf das Verhalten Darbietung Entzug Angenehmer Reiz oder Zustand Unangenehmer Reiz oder Zustand (Aversiver Reiz) Keine Konsequenz Löschung (Extinktion) 20 Fünf „Kontingenzmuster“ (=Lernarten) Art der Konsequenz auf das Verhalten Darbietung Entzug Angenehmer Reiz oder Zustand Positive Verstärkung Bestrafung II entziehend Unangenehmer Reiz oder Zustand (Aversiver Reiz) Bestrafung I aversiv Negative Verstärkung Keine Konsequenz Löschung (Extinktion) 1. Beispiel Familie: Da die 15-jährige Claudia wiederholt deutlich und entgegen aller Absprachen zu spät von der Party nach Hause gekommen ist, bekommt sie für die nächsten 14 Tage Hausarrest und Fernsehverbot. 2. Beispiel Straßenverkehr: Da es Herr Peters, Vertreter einer Lebensmittelfirma, wieder einmal sehr eilig hat und deshalb mit überhöhter Geschwindigkeit (55 km/h zu schnell) in eine Autobahn-Baustelle einfährt, muss er 150 € zahlen und kassiert 4 Punkte in Flensburg. 21 3. Beispiel Betrieb: Da die Praktikantin des Betriebes sehr engagiert arbeitet und in letzter Zeit viele freiwillige Überstunden gemacht hat, bekommt sie eine Gratifikation und darf an einer Fortbildung ihrer Wahl teilnehmen. 4. Beispiel Schule: Die 14-jährige Anneliese hat die englischen Vokabeln nicht gelernt. Als die Englischlehrerin Rolf zur Überprüfung der Vokabeln drannimmt, ist Anneliese sehr erleichtert. Skinners Schulkritik • Das Verhalten in der Schule ist eher von aversiven (unangenehmen) als von positiven Stimuli geprägt: Der Schüler lernt, um negative Folgen zu vermeiden. • Zwischen Verhalten und Verstärkung besteht ein zu grosser Zeitabstand: Heute wird ein Test geschrieben und nach einer Woche oder später erst wieder zurückgegeben. • Es besteht kein Programm für eine Abfolge von Verstärkungen, was seinerseits eine Gliederung des Gesamtverhaltens in kleine Einzelschritte voraussetzen würde. • Die Verstärkung erfolgt zu unregelmäßig. 22 Das Konzept des programmierten Unterrichts... ... ist gekennzeichnet durch: • Eingehen auf die Lernvoraussetzung und Lerngeschwindigkeit eines jeden Einzelnen. • Erhöhen der Lernbereitschaft und Fixieren der richtigen Reaktion durch sofortige Verstärkung • Begrenzen der einzelnen Lernschritte im Lernprogramm, so dass eine Fehlreaktion (falsche Antwort) kaum mehr eintreten kann und damit die günstige Wirkung der positiven Verstärkung voll zum Tragen kommt (Prinzip der kleinen Schritte - small steps). Behavioristische Prinzipien der Gestaltung von Lernprozessen (1) Das Unterrichten wird auf spezifische, beobachtbare Verhaltensweisen ausgerichtet. Die Lehrkraft führt dieses Verhalten, durch ihre Interventionen herbei. (2) Komplexe Lernvorgänge werden durch die Lehrkraft in einfache Lernschritte aufgegliedert, deren sinnvolle Kombination zu komplexere Verhaltensweisen führt. (3) Die Lehrkraft fördert und verstärkt richtiges Verhalten der Lernenden sofort, durch Belohnung. (4) Die Lehrkraft steuert und überwacht den Lernprozesse laufend, kontrolliert Lernfortschritt und korrigiert Fehler sofort. Progr. Unterricht - Beispiel 23 Algorithmus Verzweigender Algorithmus Promentaboy 24 Lernprogramme heute – Bsp. Vokabeln Zwei Theoriestränge • Alles Lernen erfolgt nach einheitlichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenerwerbs ist ein Implementationsprozess. • Das Lernen erfolgt nicht nach einheitlichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenserwerbs ist ein Konstruktionsprozess. Zwei Theoriestränge • Behaviouristen • Konstruktivsten 25 Zusammenfassung Behaviorismus a) Jedes Verhalten wird mit dem Reiz- ReaktionsSchema erklärt. b) Menschliches und tierisches Verhalten werden im Prinzip gleichgesetzt. c) Gründe für das Verhalten sind letztlich physiologische und chemische Eigenschaften des Organismus. d) Sinn, Wille und Motiv als handlungsbegründende Eigenschaften des Menschen werden geleugnet. e) Mensch wird als organische Maschine betrachtet. Zusammenfassung Behaviorismus f) Psychologie wird als Wissenschaft angesehen, die nur Beobachtbares gelten lässt. g) Zweck des Verhaltens ist die Anpassung des Organismus an die Umwelt. h) Aussagen über Lernen werden an das Äußern von entsprechenden Verhaltensweisen gebunden; Vorgänge dagegen, die sich nicht beobachten lassen, werden für die Theoriebildung als nicht relevant beiseite geschoben. Kritik Nach behavioristischer Auffassung ist Verhalten immer reaktiv: durch Reize ausgelöst oder auf Verstärkung hin fixiert. Aber: Der Mensch handelt nicht allein aufgrund erfahrener Reize oder Verstärkungen, sondern auch aufgrund selbst gesetzter Motive. Er handelt , weil Ziele realisiert werden sollen, Ziele, die auch gegen Widerstand bzw.in der Sprache der Behavioristen – trotz aversiver Reize zu erreichen versucht werden. 26 Kritik Es stellt einen kurzschlüssigen Reduktionismus (= Verkürzung) dar, menschliches und tierisches Verhalten gleichzusetzen. Wie die anthropologische Forschung deutlich hervorgehoben hat, bestehen grundlegende Differenzen zwischen Mensch und Tier. Der grundlegendste Unterschied ergibt sich dabei aus der Reflexivität des Menschen, von der auch die Behavioristen selbst Beweis ablegen: Tiere erforschen nicht ihr eigenes Leben, richten sich nicht auf sich selbst; damit ist eine Leistung angesprochen, die nur der Mensch erbringen kann. Kritik Die behavioristischen Theoretiker gehen von einer willkürlich gesetzten Behauptung aus: Es gibt weder Sinn noch Motiv und Wille als Handlungsgründe. Warum nicht ? – Weil man sie nicht beobachten kann! Lernen am Modell (Bandura) 27 Lernen am Modell Der Ansatz “Lernen am Modell” steht in Verbindung mit der sozial-kognitive Theorie von Albert Bandura (1963) Die klassischen Lerntheorien konnten nicht erklären, warum der Mensch in sehr ökonomischer Weise durch Beobachtung lernt. Er zeigt dabei keine aktiven Reaktionen. * 1925 Lernen am Modell Häufiger aggressives Verhalten als Kontrollgruppe Klassisches Experiment (Bandura, 1965) Lernphase: • 4-5jährige sahen Film im Einzelversuch • Handlung: Erwachsener (Modell) malträtiert große Plastikpuppe, begleitet von Verbalaggression • 3 Filmvarianten – Film A: Modell wird belohnt – Film B: Modell wird getadelt/bestraft – Film C: Modell erfährt keine Konsequenzen 28 Klassisches Experiment (Bandura, 1965) Testphase: Anschließend Kinder allein in Spielzimmer, wo u.a. Plastikpuppe a) Häufigkeit spontaner Aggressionshandlungen: Gruppe B < Gruppe C < Gruppe A b) Danach Belohnung für Nachahmung versprochen Häufigkeit spontaner Aggressionshandlungen: Gruppe B = Gruppe C = Gruppe A höher als bei a) !!! Klassisches Experiment: Interpretation • Die aggressiven Handlungen wurden gelernt, auch wenn sie nicht immer ausgeführt wurden. • Es wird nicht unmittelbar aus eigener Erfahrung gelernt, sondern stellvertretend durch Beobachtung eines Modells. • Unterscheidung von Aneignung vs. Ausführung des Verhaltens ! Weitere Experimente: • Gruppe A machte die Beobachtung eines aggressiven Erwachsenen. • Gruppe B beobachtete den gleichen Erwachsenen in einem Film. • Gruppe C wurde eine als Katze verkleidete Figur in einem Film mit gleichem aggressivem Verhalten präsentiert. • Gruppe D war Kontrollgruppe ohne aggressives Modell. Das aggressive Verhalten bestand in der Misshandlung einer großen Puppe. 29 Weitere Experimente: Anschließend wurden die Kinder in einen Raum gebracht, in dem sich die Spielpuppe befand. Ergebnis: Die Kinder der Experimental-gruppen A- C zeigten fast doppelt so viele aggressive Akte wie die der Kontrollgruppe. Zusammenfassung Einfluss des Verhalten des Modells am größten, wenn…. • beobachtet wird, dass das Modell verstärkt wird • Modell beliebt oder respektiert wird • Beobachter Ähnlichkeiten zwischen sich und Modell wahrnimmt • verstärkt wird, dass der Beobachter dem Modell Aufmerksamkeit schenkt • die vorhandene Kompetenz ausreicht, um das Verhalten nachzuahmen Lernen am Modell - Zusammenfassung Die sozial-kognitive Theorie von Bandura schließt die bereits vorgestellten Theorieansätze ein und ist um die Annahme erweitert, dass zwischen der Anregung eines Verhaltens durch eine Person und der Ausführung durch beobachtende Person Informationsverarbeitungsprozesse stattfinden 30 Zusammenfassung Zwei Theoriestränge • Alles Lernen erfolgt nach einheitlichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenerwerbs ist ein Implementationsprozess. • Das Lernen erfolgt nicht nach einheitlichen Lerngesetzen. Der Prozess des Wissenserwerbs ist ein Konstruktionsprozess. Selbstgesteuertes Lernen 31 Selbstgesteuertes Lernen Selbstgesteuertes Lernen Selbststeuerungsförderende Lehr-Lern-Arrangements Selbstgesteuerter Lernprozess Selbstgesteuertes Lernen Selbstgesteuertes Lernen Selbststeuerungsförderende Lehr-Lern-Arrangements Selbstgesteuerter Lernprozess Lernprozeß Bedarf (t1) Lernstrategien Handlungskontrolle Evaluation Bedarf (t2) 32 Lernprozess Bedarf (t1) Lernstrategien Handlungskontrolle Evaluation Bedarf (t2) Bedarf Bedarf (t1) (t2) Evaluation Lernstrategien Bedarf Bedarf Handlungskontrolle Evaluation (t1) BedarfLernstrategien (t2) Bedarf (t1) (t2) Evaluation Lernstrategien Handlungskontrolle Bedarf Bedarf Handlungskontrolle (t1) (t2) Evaluation Lernstrategien Handlungskontrolle Lernprozess Lernstrategien Kognitive Strategien: Wiederholung, Elaborationsstrategien, Strukturierungsstrategien Ressourcenmanagement: Informationsbeschaffung, Arbeitsplatzgestaltung, Zusammenarbeit und Hilfe Sequenzierung: Zeitplanung, Schrittfolgeplanung, Pausen Lernprozess Handlungskontrolle Konzentration Metakognitive Kontrolle: Regulation, Reflexion, Überwachung Motivationale Kontrolle Evaluation Diagnose Attribution: Kontrollierbarkeit, Stabilität, Personenabhängigkeit 33 Nun beginne ich mir einen Zeitplan zu erstellen, denn es ist wichtig rechtzeitig mit dem Lernen anzufangen. So kann ich unnötigen Zeitdruck und Lernstress vermeiden, tue mir und meinen gesamten Lernprozess etwas Gutes und kann parallel auch anderen Aufgaben nachkommen. Zu Beginn meiner Vorbereitung verschaffe ich mir einen Überblick über die Menge des Stoffes, der geprüft werden soll. Hierzu ziehe ich zunächst meine Mitschriebe aus der zugehörigen Veranstaltung heran. Wurde vom Dozenten eine Gliederung ausgeteilt, vergleiche ich meine Mitschriebe mit dieser Gliederung. Gegebenenfalls leihe ich mir auch die Mitschriebe von Kommilitonen aus, um meine Unterlagen zu vervollständigen. Wurde keine Gliederung vorgegeben, erstelle ich mir unter zu Hilfenahme einschlägiger Literatur aus der Bibliothek eine eigene Gliederung zu den vorgegebenen vier Themenbereichen. In der letzten Woche schreibe ich mir vom gesamten Thema Fragen heraus die ich ohne meinen vorbereiteten Ordner durcharbeite... immer und immer wieder. Diese Abschlussphase soll bewirken das ich auch beim sprachlichen ausdrücken so wenig Probleme wie möglichst habe. Wenn ich dann noch jemanden freiwilligen finden könnte, würde ich diesen Vorgang auch als FrageAntwort Prozess machen. Dies hilft ganz besonders um eine gewisse Hemmschwelle zu überwinden und natürlich auch für die sprachliche Kompetenz hat es viel auszusagen. Mit dieser Vorgehensweise denke ich mal das ich für meine mündliche Prüfung bereit wäre. Falls ich nach diesem Schritt den Eindruck habe, dass ich noch keinen umfassenden Überblick über dieses Thema erhalten habe, würde ich per Internet recherchieren und in die Badische Landesbibliothek gehen, um dort in weiterer Fachliteratur meine Lücken zu schließen. Selbstgesteuertes Lernen Selbstgesteuertes Lernen Selbststeuerungsförderende Lehr-Lern-Arrangements Selbstgesteuerter Lernprozess 34 Selbststeuerungsfördernde Lehr-LernArrangements – Bspe. • • • • • Leittext Computergestütztes Lernen Telelearning Lernbüro etc. Lerne mit neuen Technologien Computer Based Training (CBT) Vorgänge in der Welt simulieren Simulationsprogramme Modellbildungsprogramme Modellsteuerung Übungsprogramme Systeme erkennen d. Einfluß auf Faktoren bildet Handlungsabl. an Modellen ab Tutorialprogramme Drill & Practice richtig/falsch Hypertexte verlinkter Text Info-Frage-Info „auch Intelligente“ 35 Vor- und Nachteile von CBT Vorteile Nachteile Lerner angepasster Stoff Computer bestimmt Lehrweg Lernerbezogenes Feedback Kein Profit aus den Erfahrungen der anderen Lerner Learning by doing Reaktives Lernen Keine Hemmungen vor Mitschüler Verlust sozialer Kompetenzen Objektivierung und Standardisierung der Lehre Verlust von Menschlichkeit Web-Based-Training + Kommunikation + Online-Updates Beispiele: Beispiele: Tutorbetreuung Gruppenarbeitsräume Chat Foren Informationstafel Linksammlung aktualisierte Aufgaben eingehen auf Weltgeschehen Eingehen aus spez. Gruppe Cognitive Apprenticeship 36 Cognitive Apprenticeship Ausgangspunkt ist die Annahme, dass die Fähigkeit von Lernenden, Probleme zu lösen, in dem Maße gesteigert wird, wie es gelingt, ihnen zu vermitteln, wie ein Experte ein anstehendes Problem löst. Cognitive Apprenticeship 18 Merkmale idealer Lernumgebungen in 4 Kategorien: • • • • Inhalte Methoden Sequenzierung und Soziokultureller Kontext Cognitive Apprenticeship Inhalte • • • • Fachwissen Prozedurales Wissen Lernstrategien Kontrollstrategien 37 Cognitive Apprenticeship Methoden • Modellieren (modelling) • Training (coaching) • Unterstützen und Ausblenden (scaffolding and fading) Cognitive Apprenticeship-Ansatz Modelling: Lehrender erläutert sein Vorgehen ausführlich, was er macht und was er sich dabei denkt. Damit werden internal ablaufende kognitive Prozesse für den Lernenden beobachtbar. Coaching: Lernender befasst sich selber mit einem Problem und wird dabei vom Lehrenden betreut. Scaffolding: Kann der Lernende Aufgaben nicht allein bewäl-tigen, hilft ihm der Lehrende durch Tipps und Hinweise. Fading: Im Verlauf des Lernprozesses gewinnt der Lernende Selbstvertrauen und Kontrolle und kann zunehmend selb-ständiger arbeiten. Anzahl der Hilfestellungen nimmt ab. Cognitive Apprenticeship Sequenzierung der Lernschritte • Zunehmende Komplexität • zunehmende Vielfalt • allgemeine vor spezifischen Fertigkeiten 38 Cognitive Apprenticeship Soziokultureller Kontext • Lebensnähe (i.S. von „situated learning“) • Kultivierung von Expertenfähigkeiten („culture of expert practice“) • Intrinsische Motivation • Kooperation • Wettbewerb Ausbildungskonzept ABB-Lernzentren ABB Lernzentren ABB Schweiz: 30 unabhängige Unternehmen 12 Kleinunternehmen IT LZ PM1 PM2 PM3 PM4 EL1 AU1 AU2 AU3 AU4 EL2 CT 880 Auszubildende Administration ABB Lernzentren: unabhängiges Unternehmen Dienstleistungszentrum für ABB Unternehmen und Drittfirmen 39 Praxiseinsatz ABB Lernzentren 1. und 2. Jahr Unternehmen 3. und 4. Jahr LAP ng Grundausbildung Tei lprü fu Rekrutierungsverfahren Aufbau der Ausbildung Berufs(mittel)schule „Kleinunternehmen“ EL1 AU1 PM1 ~ 12 Erstjahr- + 12 Zweitjahr-Auszubildende + 3 Ausbilder • unabhängier Kundenkontakt • Eigene Bilanz (Umsatzvorgaben) • Auszubildende sind in alle unternehmerischen Prozesse eingebunden: Akquisition, Offertenstellung, Produktion, Lieferung, Qualitätskontrolle etc. 3 Auftragsarten: 1. Externe Aufträge 2. Interne Aufträge 3. Lernaufträge Ausbildungsziele des KleinunternehmenKonzepts Absolventen als Lebensunternehmer Entwicklung von: • Selbstregulation • selbstgesteuertem Lernen und Arbeiten • Fach-, Methoden und Sozialkompetenzen • Berufsorientierte Kreativität • Strukturelles Wissen 40 ism us og nit iv ior ion ell er K dit Tr a Ko gn iti v er Be ha v Be ha vio r ism us ism us Lehren und Lernen Behaviorismus Das Unterrichten wird auf spezifische, beobachtbare Verhaltensweisen ausgerichtet. Deshalb bestimmt die Lehrkraft das konkrete Verhalten, das Behaviorismus gelehrt wird und führt Der es durch seine Interventionen herbei. Zu diesem Zweck werden behavioristische Lernziele entworfen. Komplexe Lernvorgänge sind in einer Reihe von einfachen Lern-schritten aufzugliedern, die konkretes Verhalten beinhalten. Aufgabe der Lehrkräfte ist es, diese Lernschritte festzulegen und den Lernenden zu helfen, diese Lernschritte zu bewältigen. Daraus werden anschließend komplexere Verhaltensweisen durch eine sinnvolle Aneinanderreihung und Kombination von einfachen Lernschritten unter Anleitung der Lehrkraft aufgebaut. Kognitiver Behavoirismus Die Aufgliederung in kleine Lernschritte und damit auch behavioristische Lernziele werden beibehalten. Aber bei der Bearbeitung der einzelnen Lernschritte werden kognitionspsychologische Elemente bewusst Der kognitive Behaviorismus eingebaut (z.B. Begriffe werden systematisch entwickelt, das Neue wird in das Bekannte eingebaut oder in einzelnen Lernschritten werden Verfahren der Problemlösetechnik angewandt). Das intensive Einüben von Grundfertigkeiten ist bedeutsam, wobei einfache Grundfertigkeiten fortlaufend stärker zu kombinieren sind, damit auch anspruchsvollere Aufgaben und Probleme gelöst werden können. 41 Der traditionelle Kognitivismus Ziel des Unterrichtes ist es, Möglichkeiten zu schaffen, dass die Lernenden die reale Welt (objektives Wissen) verstehen. Deshalb sind kognitive Lernziele zu erreichen, bei denen aber nicht nur das Lernergebnis (Produkt), sondern auch der Lern- und Denkprozess bedeutsam ist (Kognition und Metakognition) Aufgabe des Unterrichtenden ist es, eine günstige Lernumgebung zu schaffen, in der Denkprozesse fortlaufend angeregt werden. Dies ist umso eher der Fall, je mehr die Lernenden die Gelegenheit zum aktiven Handeln und Denken erhalten, und je stärker durch struk-turierende Hilfen der beschränkten Aufnahmekapazität von Wissen Rechnung getragen wird (ohne die Spontaneität des Lernprozesses durch eine zu starke Steuerung in kleinen Lernschritten zu beeinträchtigen). 1. Es gibt kein objektives Wissen. Der Konstruktivismus 2. Inhaltlich muss sich der Unterricht an komplexen, lebensund berufsnahen, ganzheitlich zu betrachtenden Erlebnisund Problembereichen orientieren. 3. Lernen kann nur in einem aktiven Prozess geschehen, weil allein aus eigenen neuen Erfahrungen und Erkenntnissen das individuell vorhandene Wissen und Können als Ganzes (in seiner Struktur) verändert und personalisiert wird (auf das eigene Verstehen und Interpretieren ausgerichtet). Der Konstruktivismus 4. Wesentlich ist das Lernen in Gruppen, denn erst die Diskussion der individuellen Interpretation und des persönlichen Verstehens, der entworfenen Hypothesen und möglicher Lösungen trägt dazu bei, die eigene Interpretation zu überdenken oder die gewonnenen Erkenntnisse anders (besser) zu strukturieren. 42 5. Bei diesem selbstgesteuerten, sozialen Lernen sind Fehler - im Gegensatz zum Behaviorismus- sehr bedeutsam. Der Konstruktivismus 6. Die komplexen Lebensbereiche sind auf die Interessen der Schülerinnen und Schüler auszurichten, weil am leichtesten aus Erfahrung gelernt werden kann, die als interessant oder herausfordernd empfunden werden. 7. Konstruktivismus beschränkt sich nicht bloß auf die kognitiven Aspekte des Lehrens und Lernens. Der Konstruktivismus 8. Weil eine eigene Wissenskonstruktion und nicht die passive Wissensaufnahme und -reproduktion angestrebt wird, darf die Evaluation des Lernerfolges nicht auf Lernprodukte (mit ausschließlich richtigen und falschen Lösungen) ausgerichtet werden, sondern zu überprüfen sind die Fortschritte bei den Lernprozessen, und dies wiederum in komplexen Lernsituationen. Tr a dit ion ell er K ism us og nit iv ior ism us er Be ha v Be ha vio r Ko gn iti v us ism iv kt us ru st ism on ti v rK uk ne tr us ns ge do Ko ism r En e iv kt ch ru tis st ek on al Di rK ne e og Ex ism us Lehren und Lernen 43 Endogener Konstruktivismus Am weitesten geht der endogene Konstruktivismus. Seine Vertreter wollen ausschließlich die Lernvoraussetzungen (anregende Lernumwelt) schaffen, damit die Lernenden im Wechselspiel von neuen Erfahrungen sowie bisherigem Wissen und Können ohne wesentliche Hilfe der Lehrkraft in der Lerngruppe ihr Verständnis (Wissen und Können) ausweiten und neu konstruieren. Exogener Konstruktivismus Die exogenen Konstruktivisten befürworten eine stärkere Einwirkung der Lehrkräfte, die als Modell wirken. Die Lernenden beobachten die Lehrkraft bei ihrem Handeln und Denken und versuchen, es zu „adoptieren“. Durch diese „Adoptionsversuche“ werden bisherige Erfahrungen und Neues integriert und auf das eigene Verständnis ausgerichtet. Das von der Lehrkraft vorgegebene Modell wird also nicht nur übernommen, sondern dem eigenen Verständnis angepasst. Dialektischer Konstruktivismus Der dialektische Konstruktivismus liegt zwischen dem endogenen und dem exogenen. Dialektische Konstruktivisten sind der Überzeugung, dass ausschließlich eigenständiges Lernen im Sinne des endogenen Konstruktivismus wenig lernwirksam ist. Sie befürworten einen Unterricht, In welchem die Lehrkräfte anleitende Hilfen anbieten, aber auf dieVermittlung von fertigen Strukturen und Strategien sowie auf Modellernen verzichten. Diese Hilfen werden nur soweitgegeben, als sie von den Lernenden zum Lernfortschrittbenötigt werden. Ihr Ziel ist es, die Lernenden immer unabhängiger zu machen. 44 Themenfolie Das Wissen Wissen im täglichen Leben • • • • • • • Allgemeinwissen Fachwissen Basiswissen Grundlagenwissen Weltwissen Mathematikwissen Expertenwissen • • • • Eunuchenwissen Vorwissen Erfahrungswissen etc. Theorie des Wissens Es gibt keine allgemeingültige bzw. allgemeinakzeptierte Theorie vom menschlichen Wissen. 45 Differenzierungen - Auswahl • Epistemisches Wissen vs. heuristisches Wissen (Dörner, 1976; McCarthy & Hayes, 1969) • Sprachlich-begriffliches Wissen vs. praktisches Handlungswissen vs. bildhaft-anschauliches Wissen (Aebli, 1980) • Wissen über Sachverhalte, Fakten und Situationen vs. Handlungswissen vs. Wissen über die Verwendung von Wissen (Spada & Mandl, 1988) • Prozedurales Wissen vs. deklaratives Wissen (zurückgehend auf Ryle, 1949) Differenzierungen - Auswahl • • • Epistemisches Wissen vs. heuristisches Wissen (Dörner, 1976; McCarthy & Hayes, 1969) Sprachlich-begriffliches Wissen vs. praktisches Handlungswissen vs. bildhaft-anschauliches Wissen (Aebli, 1980) Wissen über Sachverhalte, Fakten und Situationen vs. Handlungswissen vs. Wissen über die Verwendung von Wissen (Spada & Mandl, 1988) • Prozedurales Wissen vs. Deklaratives Wissen (zurückgehend auf Ryle, 1949) Differenzierungen - Auswahl • • • Epistemisches Wissen vs. heuristisches Wissen (Dörner, 1976; McCarthy & Hayes, 1969) Sprachlich-begriffliches Wissen vs. praktisches Handlungswissen vs. bildhaft-anschauliches Wissen (Aebli, 1980) Wissen über Sachverhalte, Fakten und Situationen vs. Handlungswissen vs. Wissen über die Verwendung von Wissen (Spada & Mandl, 1988) • Prozedurales Wissen vs. Deklaratives Wissen (zurückgehend auf Ryle, 1949) 46 Deklaratives Wissen To know that... Wissen, dass... Deklaratives Wissen • Wissen über Fakten: Gesamtheit der Kenntnisse einer Person über Fakten, Sachverhalte, Ereignisse, Objekte, Personen, etc. • Deklaratives Wissen ist verbalisierbar und nicht an eine spezielle Situation gebunden • Deklaratives Wissen ist intern in proportionaler Form repräsentiert Propositionen ... sind Aussagen, deren Wahrheitsgehalt festgestellt werden kann. 1+1=2 Der Ball ist rund 3-5=12 Helmut Kohl liebt Saumagen f Merkmal X – Relation – Merkmal Y 47 Propositionsliste Merkmal X Mona Lisa Leonardo da Vinci Mona Lisa Italien Mona Lisa Schiphol Louvre Frankreich Relation Merkmal Y ist lebte Gemälde Italien ist ist hängt heißt steht in ist Oper von Max v. Schilling Land in Europa Louvre Flughafen in Amsterdam Paris Land in Europa Semantische Netzwerke Oper ist Louvre hängt im Mona Lisa ist Gemälde steht Paris lebte Italien ist Ld. in EU da Vinci Frankreich Schiphol ist Flugh. Amsterdam ist Schiphol istLisa Flughafen in Amsterdam Italien Mona Land hängt in Europa im Frankreich ist Land inLouvre Europa* Mona Lisa Gemälde Mona Lisa ist Oper Louvre steht in Paris Leo lebte inist Italien Ökonomisches Wissen 48 Ökonomisches Wissen II Wissensformen • Deklaratives Wissen • Prozedurales Wissen Prozedurales Wissen To know how... Wissen, wie... 49 Deklarativ vs. Prozedural “I know how to ride a bicycle without falling off but I cannot describe to you how I do this. I know that a bicycle has wheels, a frame, a carrier, handlebars and a bell. I know how to ride a bicycle because I have some set of procedures that allow me to adjust my bodily weight in space in order to stay upright. Unlike declarative knowledge, which I can declare (like the facts about what constitutes a bicycle), procedural knowledge often can not be stated explicitly.” (Eyseneck & Keane, S. 251). Prozedurales Wissen • Prozedurales Wissen stellt die geistige Verfügbarkeit von Operationen und Prozessen zur Verarbeitung von Informationen dar • ... Algorithmen mit einfachen Regeln oder Ifthen-Anweisungen. Schriftliches Subtrahieren 50 Deklarativ vs. Prozedural II • Deklaratives Wissen erfolgt nach dem Alles- oder nichts-, prozedurales Wissen einem Mehr- oder weniger-Prinzip • Deklaratives Wissen kann über die Möglichkeit der Mitteilbarkeit direkt vermittelt und erworben werden, prozedurales Wissen nur über das Einüben. • Deklaratives und prozedurales Wissen können auch als Endpunkte eines Kontinuum aufgefasst werden. Durch Einüben wird deklaratives Wissen in prozedurales Wissen überführt (ACT – Anderson, 1983). Bereichsspezifität Bereichsspezifisch vs. Bereichsunspezifisch • Bereichsbezogenes Wissen umfasst im engeren Sinn das Wissen eines Menschen über einen bestimmten ausgrenzbaren Teil der Realität, beispielsweise sein Wissen über Mathematik, Geschichte oder Musik, im weiteren Sinn aber auch das Wissen eines Menschen “über die Welt” schlechthin, so z.B. über sein soziales Umfeld, die Gesellschaft, die Kultur, das Tagesge-schehen. • Demgegenüber bezieht sich das bereichsunspezifische Wissen auf keinen bestimmten Sachbereich, sondern ist universell einsetzbar 51 Bereichsspezifität & Wissensarten Wissensarten Bereichsspezifität deklarativ bereichsspezifisch bereichsunspezifis ch prozedural bereichsspezifisches bereichsspezifisches deklaratives Wissen prozedurales Wissen bereichsunspezifisch bereichsunspezifisch es deklaratives es prozedurales Wissen Wissen. Komplexität Erziehungswissenschaft abn Erziehungsw. Forschungsmethoden ehm end Statistik eK Deskriptive Statistik o mp ät lexit Maße der zentralen Tendenz Arithmetisches Mittel Bereichsspezifität & Wissensarten Wissensarten Bereichsspezifität deklarativ bereichsspezifisch bereichsunspezifis ch prozedural bereichsspezifisches bereichsspezifisches deklaratives Wissen prozedurales Wissen bereichsunspezifisch bereichsunspezifisch es deklaratives es prozedurales Wissen Wissen. 52 Bereichsspezifisch vs. Bereichsunspezifisch Bereichsbezogenes Wissen umfasst im engeren Sinn das Wissen eines Menschen über einen bestimmten ausgrenzbaren Teil der Realität. Bereichsspezifität & Wissensarten Wissensarten Bereichsspezifität deklarativ bereichsspezifisch bereichsunspezifisc h prozedural bereichsspezifisches bereichsspezifisches deklaratives Wissen prozedurales Wissen bereichsunspezifische X s prozedurales Wissen. Metawissen Wir alle wissen mehr als das, wovon wir wissen, dass wir es wissen. (Thornton Wilder). Ich weiß, dass ich nichts weiß (Sokrates) 53 Metawissen ... ist das Wissen über das eigene Wissen! • Deklaratives Metawissen ist das Wissen darüber, dass man etwas über einen bestimmten Sachverhalt weiß oder nicht weiß. • Prozedurales Metawissen ist das Wissen darüber, dass man über gewisse Prozeduren verfügt oder nicht. Themenfolie Problemlösen Das Problem • „Ein Problem entsteht z. B. dann, wenn ein Lebewesen ein Ziel hat und nicht weiß, wie es dieses Ziel erreichen soll. Wo immer der gegebene Zustand sich nicht durch bloßes Handeln (Ausführen selbstverständlicher Operationen) in den erstrebten Zustand überführen lässt, wird das Denken auf den Plan gerufen. Ihm liegt es ob, ein vermittelndes Handeln allererst zu konzipieren.“ (Duncker, 1935, S. 1) 54 Das Problem • „ Ein Individuum steht einem Problem gegenüber, wenn es sich in einem inneren oder äußeren Zustand befindet, den es aus irgendwelchen Gründen nicht für wünschenswert hält, aber im Moment nicht über die Mittel verfügt , um den unerwünschten Zustand in den wünschenswerten Zustand zu überführen“ ( Dörner, 1979, S. 10). • „ Das Problem ist die Lücke zwischen dem Ort , wo du bist, und dem Ort, wo du hinwillst“ (Hayes, 1978, S. 177; Übersetzung Arbinger 1998). Problemtypen • Interpolationsprobleme oder Transformationsprobleme • synthetische Probleme • dialektische Probleme (Dörner, 1979) Dialektisches Problem Hier ist der Ausgangszustand und das Mittel bekannt, aber bezüglich des Zielzustands besteht Unklarheit. Dörner spricht hier von einem dialektischen Problem, weil der Zielzustand und damit die Lösung eine Art dialektischen Prozess erfordert, in dessen Verlauf alternative Vorstellungen über das Ziel entwickelt, geprüft, revidiert und verworfen werden, bis schließlich eine zufriedenstellende Lösung resultiert. 55 Dialektisches Problem – Beispiele • • • • Planen eines Schrankes Entwerfen eines Hauses Erstellung eines Gedichtes etc. Synthetische Probleme Ein sog. synthetisches Problem liegt vor, wenn zwar Ausgangs- und Zielzustand klar definiert sind, aber bezüglich der erforderlichen Mittel Unklarheit besteht. „Unklarheit“ kann dabei zweierlei heißen: 1. Die Mittel sind unbekannt oder nicht vorhanden und müssen erst hergestellt („synthetisiert“) werden; 2. oder sie sind zwar prinzipiell verfügbar, der Problemlöser erkennt aber nicht, dass sie für das Problem relevant sind. Synthetisches Problem Beispiele 56 If I had a hammer (Trini Lopez) ? Die Königskinder 3 Balken: 7 x 10 cm, Länge 150 cm, -15% kürzer als die zu überbrückende Strecke Die Königskinder – Lsg. 57 Interpolationsprobleme Hier sind sowohl der Ausgangs- als auch der Zielzustand klar definiert und alle Mittel zur Zielerreichung bekannt; in welcher Reihenfolge oder Kombination diese Mittel eingesetzt werden müssen, ist allerdings noch nicht klar. Dies stellt die Barriere dar, die eine lnterpolation zwischen Ausgangs- und Zielzustand bzw. eine Transformation des Ausgangs- in den Zielzustand vorerst unmöglich macht. Interpolationsproblem Beispiele 58 Turm von Hanoi Kannibalen und Missionare Dublettenproblem Mann Dann Denn ... Frau 59 Problemlösen als Informationsverarbeitung Schema aktiviert ProblemSuche nach repräsentation kein Schema einer Lsg. Ausführung der Lösung aktiviert Erfolg Misserfolg Problemlöseprozesse • • • • Versuch-Irrtum-Verhalten Mittel-Ziel-Analysen Zwischenzielbildung Vorwärts- bzw. Rückwärtsarbeiten • Verknüpfung der heuristischen Teilprozesse • Umstrukturierungsheurismen • • • • • Analogiebildung Modellbildung Abstraktion Metaphorik Imagination Zwischenzielbildung 60 Blindes Versuch-Irrtum-Verhalten MANN; WANN; WAND; WIND; KIND; KINO; KILO; KILT; KULT; KURT; FURT; FORT; FORM; FARM; WARM; WURM; TURM; .... Systematisches Versuch-IrrtumVerhalten MANN BANN – BENN, BONN – BAHN – BAND; BANG; BANK DANN – DENN, DÜNN – DAHN DAUN – DANK KANN – KINN – KAHN; KAIN – KANT; KANU TANN – TAND; TANG; TANK WANN – WENN – WAHN – WAND usw. Gedächtnis 61 Gedächtnis Gedächtnis bezeichnet nichts anderes als unsere Fähigkeit, Informationen aufzunehmen, zu speichern (aufzubewahren) und bei Bedarf wieder abzurufen. Gedächtnisprozess • Enkodieren (Enkodierung) ist die erstmalige Verarbeitung von Informationen. • Speichern (Speicherung) ist die Aufbewahrung des enkodierten Materials über die Zeit hinweg. • Abrufen (Retrieval) ist das Wiederauffinden der gespeicherten Information zu einem späteren Zeitpunkt. Gedächtnisprozess Um es einfach auszudrücken: Die Information kommt durch Enkodierung ins Gedächtnis hinein, durch Speicherung wird sie so lange aufbewahrt, bis man sie benötigt, und durch Abruf bekommt man sie wieder heraus. 62 Gedächtnisverlust ? Stellen Sie sich vor, was passieren würde, wenn Sie eines Morgens aufwachen und feststellen, dass Sie Ihr komplettes Gedächtnis verloren haben. Damit Sie sich diese Situation besser vorstellen können, versuchen Sie folgende Fragen zu beantworten: Gedächtnisverlust ? • Was machen Sie normalerweise an einem Tag, was Sie nach einem Gedächtnisverlust nicht mehr tun könnten? Zum Beispiel, wenn Sie wissen müssen, wie Sie heißen, wie alt Sie sind und wo Sie wohnen. • Was könnten Sie nicht mehr tun, wenn Sie Ihre Freunde oder Familienmitglieder nicht mehr erkennen könnten? • Welche Erfahrungen würden Sie vermissen, wenn Sie sich nicht mehr an Fernsehprogramme oder Zeitungsartikel erinnern könnten? • Wenn Sie nicht mehr in der Lage wären, sich daran zu erinnern, was Sie einen Moment zuvor noch gedacht haben, wie würden Sie Ihren Tag planen? Gedächtnisstruktur • Sensorisches Gedächtnis • Kurzzeitgedächtnis • Langzeitgedächtnis 63 Sensorisches Gedächtnis • Die Sinnesorgane haben eine begrenzte Möglichkeit, Informationen über ihre Umwelt zu speichern, und dies in einer ziemlich unverarbeiteten Weise und für weniger als eine Sekunde. • Coltheart et al (1974) haben festgestellt, dass das kurzzeitige „Einfrieren“ von visuellen Inputs die Selektion der Aspekte des Inputs erlaubt, welche in die weitere Gedächtnisverarbeitung gehen sollen. Sensorisches Gedächtnis • Ikonisches Gedächtnis • Echoisches Gedächtnis Sensorisches Gedächtnis Ikonisches Gedächtnis Neisser (1967) hat für das sensorische Gedächtnis im visuellen Bereich den Begriff des ikonischen Gedächtnisses eingeführt (Neisser 1967). Das ikonische Gedächtnis erlaubt uns, sehr große Informationsmengen für eine sehr kurze Zeit zu speichern. Eine visuelle Erinnerung („icon“) bleibt ungefähr ½ sec lang bestehen. 64 Sensorisches Gedächtnis Echoartiges (echoisches) Gedächtnis Das sensorische Gedächtnis in der auditiven Modalität, also das sensorische Gedächtnis für Laute, wird als echoartiges Gedächtnis oder auch als echoisches Gedächtnis bezeichnet. Warum sensorische Erinnerungen kurzlebig und leicht ersetzbar sind? Die Erklärung liegt darin, dass diese Eigenschaften zu unserer Interaktion mit der Umwelt passen. Wir machen ständig Erfahrungen mit neuen visuellen und auditiven Stimuli. Diese neuen Informationen müssen verarbeitet werden. Sensorische Erinnerungen sind beständig genug, um uns einen Sinn für Kontinuität zu geben, sie sind jedoch nicht eindringlich genug, um mit neuen Sinneseindrücken zu interferieren. Kurzzeitgedächtnis Das Kurzzeitgedächtnis ist ein System, um Informationen für kurze Zeitabschnitte zu speichern. Spezifische Aspekte sind dabei: • die Kapazität • die Dauer • das Enkodieren Peterson und Peterson (1959) haben gezeigt, dass Inhalte zwischen 15 und 30 sec. im Kurzzeitgedächtnis verbleiben, wenn sie nicht wiederholt werden. 65 Kurzzeitgedächtnis Diese Übung zeigt, dass das Kurzzeitgedächtnis über eine begrenzte Kapazität verfügt, das heißt, wir können nur eine kleine Menge an Items zur gleichen Zeit behalten. Kurzzeitgedächtnis Die Magische Zahl 7 Wie die meisten Menschen werden Sie zwischen 5 und 9 „Gedächtnisitems“ (hier: Ziffern, Buchstaben) erinnern. George Miller (1956) hat festgestellt, dass 7 (+/-2) die „magische Zahl“ ist, die die menschliche Gedächtnisleistung für Reihen zufällig angeordneter, vertrauter Items begrenzt. Kurzzeitgedächtnis Umgang mit Kapazitätsgrenzen • Wiederholen • Chunking 66 Kurzzeitgedächtnis Umgang mit Kapazitätsgrenzen Chunking Chunking ist der Prozess der Neuanordnung (Rekodierung) einzelner Gedächtnisitems. Die Rekodierung kann durch Gruppierung auf der Basis von Ähnlichkeit oder einem anderen Organisationsprinzip erfolgen. Sie kann aber auch in der Neukombination der Items zu größeren Mustern auf der Grundlage von Informationen bestehen, die im Langzeitgedächtnis gespeichert sind. Langzeitgedächtnis Das Langzeitgedächtnis enthält eine riesige Menge von Informationen, die für eine lange Zeit gespeichert werden kann. Die Informationen sind sehr verschieden und umfassend und beinhalten unsere persönlichen Erinnerungen, unser Wissen und unsere Vorstellungen von der Welt sowie unsere Pläne für die Zukunft. Die Kapazität scheint unendlich; dies konnte bisher jedoch noch nicht gemessen werden. Gedächtnisformen nach zeitlicher Perspektive Sensorisches Gedächtnis Kurzzeitgedächtnis Langzeitgedächtnis 67 Informationen Reize Mehrspeichermodell Wiederholen Sensorisches Gedächtnis Kurzzeit Gedächtnis Langzeit Gedächtnis Vergessen Arbeitsgedächtnismodell Einer der Kritikpunkte am Mehr-Speicher-Modell ist, dass es stark vereinfachend ist und annimmt, dass das Kurzzeitgedächtnis und das Langzeitgedächtnis als einheitliche Speicher agieren. Es ist aber wahrscheinlicher, dass beide Gedächtnissysteme in getrennte Komponenten unterteilt sind, die verschiedene Funktionen haben. Modell des Arbeitsgedächtnisses nach Baddeley visueller und räumlicher Speicher Geräuche (inneres Ohr, innere Stimme) Zentrale Exekutive Visuellräumlicher Notizblock überwacht und koordiniert die Operationen Phonologische Schleife 68 Verbesserung der Gedächtnisleistung Beispiele für sog. Mnemotechniken • • • • • Reime Sprüche und Merksätze Akronyme Akrosticha Schlüsselwortmethode ? Schlü Schlüsselwortmethode (1) (2) (3) Suche nach einem Wort der eigenen Sprache, das eine gewisse Klangä Klangähnlichkeit mit Teilen des zu lernenden Begriffs aufweist = Schlü Schlüsselwort z. B. espinilla (span.) – Spinne Erzeugung eines Vorstellungsbilds aus dem Schlüsselwort und der Übersetzung des Begriffs (= Schienbein) z. B. eine dicke Spinne krabbelt ganz langsam über das eigene Schienbein Abruf durch folgende Schritte: fremder Begriff Vorstellungsbild Übersetzung 69 Themenfolie Intelligenz 1. Gut urteilen, gut verstehen, gut denken (Binet & Simon, 1905). Intelligenzdefinitionen 2. Intelligenz ist die allgemeine Fähigkeit eines Individuums, sein Denken auf neue Forderungen einzustellen; sie ist allgemeine geistige Anpassungsfähigkeit an neue Aufgaben und Bedingungen des Lebens (Stern, 1912, S.3). 3. Intelligenz ist die Fähigkeit zur Erfassung und Herstellung von Bedeutung, Beziehung und Sinnzusammenhängen (Wenzel, 1957). 4. Intelligenz ist die zusammengesetzte und globale Fähigkeit des Individuums, zweckvoll zu handeln, vernünftig zu denken und sich mit seiner Umgebung wirkungsvoll auseinanderzusetzen (Wechsler 1964). Intelligenzdefinitionen 5. Intelligenz ist die Fähigkeit des Individuums, anschaulich oder abstrakt in sprachlichen, numerischen oder raumzeitlichen Beziehungen zu denken; sie ermöglicht die erfolgreiche Bewältigung vieler komplexer und mit Hilfe jeweils besonderer Fähigkeitsgruppen auch ganz spezifischer Situationen und Aufgaben (Groffmann, 1964). 70 6. Intelligenz ist das Resultat von Prozessen der Aneignung, Gedächtnisspeicherung, Lokalisierung, Zusammenfügung, Vergleichung und des Gebrauchs...von Informationen und von konzeptuellen Fertigkeiten (Humphreys, 1979). Intelligenzdefinitionen 7. Intelligenz ist nicht nur die Fähigkeit der Informationsverarbeitung und des logischen Denkens, sondern auch die Fähigkeit des Aneignens, Organisierens und Gebrauchs von Kulturwissen (Baltes, 1983). 8. Intelligenz ist der Oberbegriff für die hierarchisch strukturierte Gesamtheit jener allgemeinen geistigen Fähigkeiten (Faktoren, Dimensionen), die das Niveau und die Qualität der Denkprozesse einer Persönlichkeit bestimmen und mit deren Hilfe die für das Handeln wesentlichen Eigenschaften einer Problemsituation in ihren Zusammenhängen erkannt und die Situation gemäß dieser Einsicht entsprechend bestimmten Zielstellungen verändert werden kann (Guthke,1988). Intelligenzdefinitionen „Intelligenzvorkommen“ Eindimensional Mehrdimensional 71 „The evidence in favor of „g“ is that abilities are correlated with each other. Individuals who are good at learning one thing are likely, on the average, to be good at learning other things. The correlations are consistent enough to say that there are not a thousand completely separate intelligences....“ (Gustafsson, 1994) Eindimensionales Intelligenzverständnis Urteilsbildung Sprachliches Denken (Induktion) Kombinations -fähigkeit Sprachliches Denken (Abstraktion) Merkfähigkeit Praktisch rechner -isches Denken Theoretisch rechner -isches Denken Vorstellungsfähigkeit Urteilsbildung Korrelation Signifikanz 1,00 Sprachliches Denken (Induktion) Korrelation Signifikanz ,458 ,000 1,00 Kombinations -fähigkeit Korrelation Signifikanz ,424 ,000 ,268 ,000 1,00 Sprachliches Denken (Abstraktion) Korrelation Signifikanz ,399 ,000 ,306 ,000 ,448 ,000 1,0 Merkfähigkeit Korrelation Signifikanz ,193 ,008 ,091 ,212 ,180 ,013 ,264 ,000 1,0 Praktisch rechnerisches Denken Theoretisch rechnerische s Denken Korrelation Signifikanz ,340 ,000 ,286 ,000 ,506 ,000 ,397 ,000 ,239 ,001 1,0 Korrelation Signifikanz ,093 ,201 ,078 ,284 ,260 ,000 ,235 ,001 ,196 ,007 ,512 ,000 1,0 Vorstellungsfähigkeit Korrelation Signifikanz ,113 ,125 ,225 ,002 ,249 ,001 ,294 ,000 ,118 ,112 ,443 ,000 ,316 ,000 1,0 Räumliches Vorstellungsvermögen Korrelation Signifikanz ,219 ,003 ,212 ,004 ,185 ,012 ,309 ,000 ,097 ,191 ,322 ,000 ,313 ,000 ,419 ,000 Räumliches Vorstellungsvermögen 1,0 Blau: Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,01 (2-seitig) signifikant Rot: Die Korrelation ist auf dem Niveau von 0,05 (2-seitig) signifikant 1. Satzergänzung SE 2. Wortauswahl WA Intelligenz-Struktur-Test 3. Analogien (IST 70) AN 4. Gemeinsamkeiten GE 5. Rechenaufgaben RA 6. Zahlenreihen ZR 7. Figurenauswahl FA 8. Würfelaufgaben WÜ 9. Merkaufgaben ME 72 Probleme mit IQ-Tests Unzulänglichkeit von Vergleichen: Welche beiden Begriffe gehören zusammen: APFEL, ESSEN, SINGEN, ORANGE Der Test verlangt Gruppierung nach Kategorie Obst: Apfel und Orange Das westafrikanische Volk der Kpelle gruppiert nach Funktion Apfel und Essen oder Orange und Essen „The evidence in favour of „g“ is that abilities are correlated with each other. Individuals who are good at learning one thing are likely, on the average, to be good at learning other things. The correlations are consistent enough to say that there are not a thousand completely separate intelligences, but they are not nearly consistent enough to say that there is only one general intelligence.“ (Gustafsson, 1994) Mehrdimensionales Intelligenzverständnis Mehrdimensionale Intelligenz nach Gardner 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. Sprachliche Intelligenz Logisch-Mathematische Intelligenz Musikalische Intelligenz Räumliche Intelligenz Körperlich-Kinästhetische Intelligenz Interpersonelle Intelligenz Intrapersonelle Intelligenz Naturalistische Intelligenz Existentielle Intelligenz 73 1. Sprachliche Intelligenz Beherrschung der Sprache, die Liebe zu ihr und das Bestreben, sie zu erforschen. Sprachliche Intelligenz Dichter, Schriftsteller und Sprachwissenschaftler: Johann Wolfgang von Goethe Jacob und Wilhelm Grimm Sprachliche Intelligenz Arno Schmidt Thomas Stearns Eliot 74 2. Logisch-mathematische Intelligenz Die Fähigkeit, Gegenstände und Abstraktionen einander gegenüberzustellen, zu bewerten und dabei ihre Beziehungen und zugrunde liegenden Prinzipien zu erkennen. Logisch-mathematische Intelligenz Mathematiker, Philosophen, Naturwissenschaftler: Henri Poincaré Albert Einstein Logisch-mathematische Intelligenz Pierre und Marie Curie 75 3. Musikalische Intelligenz Die Fähigkeit, Stücke zu komponieren und aufzuführen; ein besonderes Gespür für Intonation, Rhythmik und Klang, aber auch en subtiles Gehör dafür. Sie könnte mit anderen Intelligenzen wie der sprachlichen, räumlichen oder kinästhetischen zusammenhängen. Musikalische Intelligenz Komponisten, Dirigenten, Musiker, Musikkritiker: Ludwig van Beethoven Leonard Bernstein Musikalische Intelligenz Yehudi Menuhin Igor Strawinsky 76 4. Räumliche Intelligenz Die Fähigkeit, die sichtbare Welt akkurat wahrzunehmen, Wahrnehmungsresultate zu transformieren und abzuwandeln sowie visuelle Erfahrungen selbst in Abwesenheit physikalischer Reize nachzuschaffen. Räumliche Intelligenz Architekten, Künstler, Bildhauer, Kartographen, Seefahrer, Schachspieler: Pablo Picasso mit einem seiner Werke Räumliche Intelligenz Werk von Michelangelo Werk von Matthäus Merian 77 Räumliche Intelligenz Bauwerke von Frank Lloyd Wright Räumliche Intelligenz Garry Kasparow 5. Körperlich-kinästhetische Intelligenz Die Beherrschung, Kontrolle und Koordination von Körperbewegungen und der geschickte Umgang mit Gegenständen. 78 Körperlich-kinästhetische Intelligenz Tänzer, Sportler, Pantomimen und Schauspieler: Rudolf Nurejew und Margot Fonteyn Martha Graham Körperlich-kinästhetische Intelligenz Marcel Marceau 6. und 7. Inter- und intrapersonelle Intelligenz Die Fähigkeit, Stimmungen , Gefühle und weitere psychische Zustände bei sich selbst (intrapersonelle Intelligenz) und bei anderen (interpersonelle Intelligenz) akkurat zu erfassen und das Verhalten dementsprechend auszurichten. 79 Inter- und intrapersonelle Intelligenz Psychiater, Politiker, religiöse Führer, Anthropologen: Sigmund Freud Eleanor Roosevelt Inter- und intrapersonelle Intelligenz Mahatma Gandhi 8. Naturalistische Intelligenz Das Erkennen und Klassifizieren natürlicher Objekte Berühmte Beispiele spezieller Intelligenzen 80 Naturalistische Intelligenz Biologen und Naturforscher: Charles Darwin Carl von Linné 9. Existentielle Intelligenz (als potentielle Intelligenzform): Berühmte Beispiele spezieller Das Erfassen und Durchdenken vonIntelligenzen grundlegenden Fragen der Existenz. Es bedarf jedoch weitere Belege, um zu bestimmen, ob es sich dabei um eine eigene Intelligenz handelt. Existentielle Intelligenz Geistige Führer und philosophische Denker: Jean-Paul Sartre Soren A. Kierkegaard 81 Existentielle Intelligenz Dalai Lama Bedingungen schulischer Leistungen in PISA (Baumert et al., 2001) Sozio-ökonomischer Status der Eltern Lehrerexpertise - subjektive Theorie/Überzeugungen allgemeine Berufsmerkmale Klassen kontext Unterrichtsprozesse (Instruktions- / Interaktionsgeschehen) Soziales Kapital Bildungsniveau der Eltern Altersgruppe Kulturelles Ethnische Herkunft der Familie Schule/ Fachbereich Kapital Medienumwelt Individuelle Lernvoraussetzungen: kognitiv motivational sozial Individuelle Verarbeitung aktive Lernzeit Anstrengung/ Aufmerksamk. Lernstrategien Handlungskontrolle Emotionen Lernund Leistungsergebnis Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten Ausgewählte Emotionen Angst Liebe, Verliebtsein und Ärger Zuneigung Trauer Überraschung Freude und Glück Peinlichkeit, Scham Erheiterung und Schuld Neid und Eifersucht Ekel und Verachtung 82 Emotionen im Lernprozess gegebene Lernsituation Appraisal I Erfahrungen allgemeine Überzeugungen allgemeine Ziele individuelle Lernziele ... keine Bedeutsamkeit für den Lerner in gegebener Lernsituation keine Emotionen Appraisal II Appraisal I Beurteilung Bedeutsamkeit Auftreten der zur für den Lerner von Verfügung in Emotionen stehenden gegebener HandlungsLernsituation alternativen keine oder Routinehandlung Entscheidung Innere Bedingungen Handlung welt num Ler Klassifikation von Lernemotionen in leistungsthematischen Situationen (Pekrun 1998, 234) Bezugsnorm Emotionsausprägung positiv tätigkeitsbezogen Lernfreude Langeweile prospektiv Hoffnung Vorfreude Angst Hoffnungslosigkeit retrospektiv Ergebnisfreude Erleichterung Stolz Traurigkeit Enttäuschung Scham / Schuld Dankbarkeit Empathie Bewunderung Sympathie Liebe Ärger Neid Verachtung Antipathie Haß aufgabenbezogen sozial negativ Themenfolie Angst 83 Angst lässt sichvon definieren als ein Definition Angst „affektiver Zustand des Organismus, der durch erhöhte Aktivität des autonomen Nervensystems sowie durch die Selbstwahrnehmung von Erregung, das Gefühl des Angespanntseins, ein Erlebnis des Bedrohtwerdens und verstärkte Besorgnis gekennzeichnet ist“ (Krohne, 1996, S.8) Modell einer differenzierten Leistungsängstlichkeit Leistungsangst Angstauslösung Angsterscheinungsweisen Angstverarbeitung Angststabilisierung RepertoireUnsicherheit Physiologische Manifestation Gefahrenkontrolle Externale Stabilisierung Wissensbezogene Angstauslösung Emotionale Manifestation Situationskontrolle Internale Stabilisierung Sozialbezogene Angstauslösung Kognitive Manifestation Angstkontrolle Angstunterdrückung Modell einer differenzierten Leistungsängstlichkeit Leistungsangst Angstauslösung Angsterscheinungsweisen Angstverarbeitung Angststabilisierung RepertoireUnsicherheit Physiologische Manifestation Gefahrenkontrolle Externale Stabilisierung Wissensbezogene Angstauslösung Emotionale Manifestation Situationskontrolle Internale Stabilisierung Sozialbezogene Angstauslösung Kognitive Manifestation Angstkontrolle Angstunterdrückung 84 Auslösebedingungen Repertoire-Unsicherheit Als relativ stabile, angstvorbereitende und angsteinleitende Faktoren sind jene Situationen anzuführen, in denen sich eine Person darüber im unklaren ist, welche Anforderungen an sie gestellt werden und ob sie über die zur Aufgabenlösung notwendigen Fertigkeiten verfügt, bzw. nicht weiß, wie sie jene effektiv einsetzen soll. Nicht wenige Personen sind deshalb prüfungsängstlich, weil sie sich aufgrund fehlender oder mangelhafter Arbeits- und Lerntechniken nicht hinreichend vorbereitet fühlen. Wissensbezogene Angstauslösung „Wissensbezogene Angstauslösung“ betrifft die individuelle Einschätzung des Individuums, intellektuellen Leistungsanforderungen und Auslösebedingungen Bewährungssituationen, wie sie vor allem durch Prüfungen repräsentiert werden, nicht ausreichend gewachsen zu sein. Die Bedrohung resultiert aus dem erlebten bzw. objektiv vorhandenen Kompetenzdefizit, sei es infolge eines deutlich wahrgenommenen Mangels an kognitiven Fähigkeiten oder sei es aufgrund der Tatsache, dass man sich nicht in ausreichendem Maße mit dem Lernstoff auseinandergesetzt hat. Sozialbezogene Angstauslösung In öffentlichen Situationen wird häufig Angst empfunden, wenn Leistung vor anderen Personen Auslösebedingungen präsentiert werden muss. Aus einem möglichen Versagen resultierende selbstwertbedrohende Kognitionen werden dabei antizipiert. Somit handelt es sich hierbei um einen auf Leistungssituationen bezogenen Spezialfall sozialer Ängstlichkeit. Auftritte vor anderen Personen allein können schon angstinduzierend wirken, weitgehend unabhängig von inhaltlichen Aspekten. 85 Modell einer differenzierten Leistungsängstlichkeit Leistungsangst Angstauslösung Angsterscheinungsweisen Angstverarbeitung Angststabilisierung RepertoireUnsicherheit Physiologische Manifestation Gefahrenkontrolle Externale Stabilisierung Wissensbezogene Angstauslösung Emotionale Manifestation Situationskontrolle Internale Stabilisierung Sozialbezogene Angstauslösung Kognitive Manifestation Angstkontrolle Angstunterdrückung Physiologische Manifestation Leistungsangst kann sich in differenten körperlichen Veränderungen äußern. Manifestationen Physiologisch bedingten Erscheinungen, die aktuell in einer als bedrohlich erlebten Situation innerhalb von Sekunden auftreten (Kurzzeitsysteme: z.B.: Herzklopfen, Schwitzen, Erröten). Physiologischen Reaktionen, die mit längerer Latenz vor oder nach einer Bedrohung manifest werden und gegebenenfalls sogar zur Chronifizierung neigen (Langzeitsysteme: z.B.: Magenschmerzen, Schlaflosigkeit, Übelkeit, Kopfschmerzen etc.). Emotionale Manifestation Angst schlägt sich schließlich affektiv-emotional nieder. Mit der Wahrnehmung und Bewertung der bei ausgelöster Angst vor sich gehenden physiologische, Manifestationen behavioralen und kognitiven Veränderungen korreliert eine besondere subjektive Stimmungslage. Emotionale Manifestation beinhaltet Unsicherheitsgefühle, Hilflosigkeitsaspekte, Verletzlichkeit und depressive Verstimmungen sowie Angstgefühle. 86 Kognitive Manifestation Hinter dem kognitiven Bereich verbirgt sich insbesondereManifestationen der Bereich des Grübelns und SichSorgens. Das sogenannte „worry“-Konzept der Angstreaktion. Daneben gibt es noch den Bereich der Aufgeregtheit der der kognitiven Manifestation zuzuordnen ist. Modell einer differenzierten Leistungsängstlichkeit Leistungsangst Angstauslösung Angsterscheinungsweisen Angstverarbeitung Angststabilisierung RepertoireUnsicherheit Physiologische Manifestation Gefahrenkontrolle Externale Stabilisierung Wissensbezogene Angstauslösung Emotionale Manifestation Situationskontrolle Internale Stabilisierung Sozialbezogene Angstauslösung Kognitive Manifestation Angstkontrolle Angstunterdrückung Gefahrenkontrolle durch produktives Arbeitsverhalten Gefahrenkontrolle entspricht bei Ängstlichkeit dem Angstverarbeitung frühzeitigen Einsatz und der Verbesserung des Lernund Arbeitsverhaltens (Antizipationsphase), da die Steigerung angemessenen Studierverhaltens eine Verbesserung des Leistungsergebnisses wahrscheinlich macht, wenn auch nicht garantiert. 87 Situationskontrolle durch Vermeiden und Mogeln Kann während der Antizipationsphase die angezielte angemessene Vorbereitung - aus welchen Gründen auch immer - nicht erreicht werden, bleibt der Person Angstverarbeitung nur noch die Möglichkeit, in der Konfrontationsphase (Prüfungen, Klassenarbeiten) direkt oder indirekt auszuweichen. Wegen organisatorischer Rahmenbedingungen kann sich nämlich das Individuum den in der Regel extern definierten Leistungsanforderungen nicht durchgängig durch Vermeidung („krankmelden“) entziehen, ihre Bedrohlichkeit aber wohl kontinuierlich durch den Einsatz unerlaubter Hilfen („mogeln“) zu reduzieren versuchen. Angstkontrolle durch Relaxation und Antizipation Mit Angstkontrolle benennen wir Vorgehensweisen, bei denen der Prüfling durch geeignete Maßnahmen eine Angstverarbeitung anhaltend wirksame Verringerung des physischen und psychischen Angstpegels herbeizuführen versucht. Erfolgversprechend sind hierfür Entspannungsverfahren sowie gedankliche Vorwegnahmen und Auseinandersetzung mit der Bewährungssituation. Angstunterdrückung durch Ablenkung und Bagatellisierung Mit Situationsabwertung und Bagatellisierung wird Angstverarbeitung häufig nur kurzfristig Entlastung erreicht, ohne das Angstpotential direkt zu modifizieren. Emotional unterstützend mögen sich Selbstberuhigungsversuche und Selbstaufwertungen auch durch soziale Vergleiche - auswirken, die eigentlich angsterzeugenden Aspekte werden jedoch nicht unmittelbar angegangen. 88 Modell einer differenzierten Leistungsängstlichkeit Leistungsangst Angstauslösung Angsterscheinungsweisen Angstverarbeitung Angststabilisierung RepertoireUnsicherheit Physiologische Manifestation Gefahrenkontrolle Externale Stabilisierung Wissensbezogene Angstauslösung Emotionale Manifestation Situationskontrolle Internale Stabilisierung Sozialbezogene Angstauslösung Kognitive Manifestation Angstkontrolle Angstunterdrückung Externale Stabilisierung Bei der Aufrechterhaltung der Leistungsangst durch externe Kontingenzen legt das Individuum Verhaltensweisen an den Tag, die die signifikanten Bezugspersonen veranlassen, in spezifischer Art und Weise zu reagieren. An hervorragender Stelle stehen dabei solche Verhaltensweisen, die aus der Umwelt Verständnis, Rücksicht, Schonung, soziale Zuwendung, Unterstützung und Mitleid hervorlocken und damit die Entwicklung leistungsbezogenen Meidungsverhaltens begünstigen. Es geht also weniger um materielle Konsequenzen als um die Befriedigung sozialer Bedürfnisse, die zur Kompensierung bedrückender, realer oder virtueller Erfahrungen von Leistungsversagen dient und zu einem Schutz oder gar zur Aufwertung des leistungsbezogenen Selbstwertgefühls werden kann. Angststabilisierung Internale Stabilisierung Hier stehen verstärkt geistig-seelische Prozesse wie z.B. Selbstverbalisationen, Erwartungshaltungen und Vorstellungen über zukünftig eintretende Ereignisse im Vordergrund. Sei beeinflussen im Sinne verdeckter instrumenteller Handlungen das Verhalten des Angststabilisierung Individuums. Aufgrund angstbesetzter Erfahrungen in einer Leistungssituation wird vermehrt über die auslösenden Bedingungen und erlebten Gefühle gegrübelt, dem ein Sinnieren über die befürchteten Konsequenzen folgt. Solche nachwirkenden Kognitionen können ein beträchtliches Beharrungsvermögen zeigen und sich zur Gewohnheit ausbilden und wie ein automatisierter Prozess ablaufen. 89 Niedrigängstliche Hochängstliche Merkmale Hoch- und Niedrigängstlicher (nach Wine 1980, 377) Selbstwerterhaltende Kausalattribution Beschäftigung mit relevanten Merkmalen der Situation und mit adaptiven Handlungen Selbstwertmindernde Kausalattribution Antizipation negativer Handlungsergebnisse und Bewertungen durch andere Selbsgerichtetheit Handelnd Beobachtend Problemlösungsversuche Statische Kognitionen (rezeptiv) Aktiv Passiv Selbstwirksamkeitsüberzeugung Mangelnde Selbstwirksamkeitsüberzeugung Gegenwartsorientierung Situationsspezifische Kognitionen Abschweifen von der Situation Aufgeregtheit- interpretiert als produktive Energiequelle Aufgeregtheit- interpretiert als Ängstlichkeit und Bedrohung Sachorientierung Ich-Orientierung Themenfolie Motivation 90 In einfachster Weise lässt sich sagen, dass „Motivation“ eine Sammelbezeichnung darstellt für alle Prozesse Konstrukte, mittels derer Wasund ist Motivation? das „WARUM“ menschlichen Verhaltens zu klären versucht wird. Dieses „WARUM“ wird Motiv oder Motivsystem bezeichnet Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow (1970) Selbstverwirklichung Motive sind hierarchisch geordnet Wertschätzung & Selbstachtung Bedürfnis nach Liebe & sozialer Bindung Streben nach Sicherheit Biologische Bedürfnisse Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow (1970) Selbstverwirklichung Wertschätzung & Selbstachtung Bedürfnis nach Liebe & sozialer Bindung Streben nach Sicherheit Biologische Bedürfnisse Bedürfnisse nach Wasser, Nahrung, Sauerstoff, Schlaf, Sexualität, körperlichem Wohlbefinden. 91 Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow (1970) Selbstverwirklichung Wertschätzung & Selbstachtung Bedürfnis nach Liebe & sozialer Bindung Streben nach Sicherheit Bedürfnis nach Sicherheit, Freiheit von Angst, Bedürfnis nach Ruhe und Ausgeglichenheit. Biologische Bedürfnisse Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow (1970) Selbstverwirklichung Wertschätzung & Selbstachtung Bedürfnis nach Liebe & sozialer Bindung Streben nach Sicherheit Bedürfnisse nach sozialer Zugehörigkeit, Beziehungen mit anderen, soziale Integration, Bedürfnis zu lieben und geliebt zu werden. Biologische Bedürfnisse Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow (1970) Selbstverwirklichung Wertschätzung & Selbstachtung Bedürfnis nach Liebe & sozialer Bindung Positive Selbstwertschätzung, Selbstvertrauen, Gefühl eigener Kompetenz, Wertschätzung und Anerkennung durch andere. Streben nach Sicherheit Biologische Bedürfnisse 92 Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow (1970) Selbstverwirklichung Wertschätzung & Selbstachtung Bedürfnis, das eigene Potential auszuschöpfen, wichtige Ziele setzen und erreichen können, kognitive Bedürfnisse der Neugier und des Verstehens, ästhetische und kreative Bedürfnisse, Selbstaktualisierung. Bedürfnis nach Liebe & sozialer Bindung Streben nach Sicherheit Biologische Bedürfnisse 2 Theorieansätze • Volitionsansätze • intrinsisch vs. extrinsisch Motivation durch Erwartung und Anreiz • Lewins Feldtheorie • Hullsche Triebtheorie • Atkinsons Theorie der Leistungsmotivation 93 Lewins Feldtheorie Lewins Feldtheorie 6 Charakteristika: 1. Analyse von Verhalten muss von der Gesamtsituation ausgehen. 2. Erklärungsansatz muss psychologisch sein. 3. Kopplung von Reiz-Reaktions-Assoziation ist nicht ausreichend. 4. Nicht nur Klassifikation-Anwendung - eine konstruktiven Methode. 5. Verhalten ist eine Funktion in einem gegenwärtigen Feld. (Künftige oder vergangene Ereignisse bestimmen das Verhalten nicht Durch Erinnerung Vergegenwärtigt). 6. Psychologische Situationen sind möglichst mathematisch darzustellen. Zwei Modelle nach Lewin Lewin 1. Personenmodell 2. Umweltmodell 94 Theorieansätze • Motivation durch Erwartung und Anreiz • Volitionsansätze • intrinsisch vs. extrinsisch Volitionsansatz Motivationsforschung Die Motivationsforschung lässt sich im Kontext von Handlung in zwei Bereiche teilen: Die Bildung von Intentionen (Motivation) Die Realisierung von Intentionen (Volition) 95 Kuhl`s Theorie der Handlungskontrolle Kuhl unterscheidet zwischen: motivationalen und volitionalen Fragen. Er spricht von . Selektionsmotivation versus Realisationsmotivation Die Realisierung bedarf Handlungskontrollprozesse Vermittelnde Prozesse der Handlungskontrolle Es gibt 7 Arten von Prozessen, die alle die Realisierung einer anstehenden Intention fördern: Vermittelnde Prozesse der Handlungskontrolle 1. Selektive Aufmerksamkeit 2. Enkodierkontrolle 3. Emotionskontrolle 4. Motivationskontrolle 5. Umweltkontrolle 6. Sparsame Informationsverarbeitung 7. Mißerfolgsbewältigung 96 Vermittelnde Prozesse der Handlungskontrolle 1. Selektive Aufmerksamkeit Die Aufmerksamkeit richtet sich auf jene Informationen, die die augenblickliche Intention stützen. 2. Enkodierkontrolle Insbesondere solche Aspekte der einkommenden Informationen werden tiefer verarbeitet, die mit der augenblicklichen Intention verbunden sind. 3. Emotionskontrolle Der Realisierung förderliche Emotionen werden erzeugt. Vermittelnde Prozesse der Handlungskontrolle 4. Motivationskontrolle Diese Strategie verbessert die Stärke der Motivationstendenz noch, die der Intention zugrunde liegt. Es wird ein erneuter Motivierungsprozeß eingeschoben, indem man sich günstige Erwartungen oder positive Anreize vor Augen hält. 5. Umweltkontrolle Dies ist eine Vorsorge, die gegen unerwünschte Versuchungen schützt , indem man etwa Gegenstände, die zu Tätigkeiten einladen, die man meiden will, aus seiner täglichen Umgebung entfernt. Vermittelnde Prozesse der Handlungskontrolle 6. Sparsame Informationsverarbeitung Die Elaboration von Erwartungs- und Wertaspekten kann prinzipiell endlos fortgesetzt werden, ohne dass weitere Klärungsfortschritte erreicht würden. 7. Mißerfolgsbewältigung Hier geht es darum, nicht lange einem Misserfolg in Gedanken nachzuhängen, sondern sich vielmehr von unerreichten Zielen abzulösen. 97 Zustände des Kontrollsystems Handlungsorientierung versus Lageorientierung Die Lageorientierung ergibt sich aus 1. Die erste Bedingung sind Inkongruenzen in der aufgenommenen Information, die zur Lageorientierung Überraschung führen und geklärt sein müssen, ehe gehandelt werden kann. Lageorientierung 2. Diese Bedingung betrifft den Zustand der infragestehenden Intention. Intentionen haben eine Reihe von Elementen, die er sich als propositionale Netzwerke vorstellen kann. Fehlen einzelne Elemente oder sind sie ungenügend repräsentiert, so läßt sich die Handlung nicht umsetzen. 98 Das Rubikon-Modell (nach Heckhausen, 1989) Wählen MOTIVATION 1 Rubikon Intentionsbildung Intentionsinitierung IntentionsIntentionsrealisierung deaktivierung präaktionale Phase Handeln Bewerten VOLITION VOLITION MOTIVATION 2 3 4 Theorieansätze • • Motivation durch Erwartung und Anreiz Volitionsansätze • intrinsisch vs. extrinsisch Intrinsische und extrinsische Motivation Intrinsische Motivation besagt, dass der Anreiz für ein Verhalten in der Person selbst liegt. Das Verhalten wird demnach auch dann begonnen und aufrechterhalten, wenn mit ihm keine externen Belohnungen (wie z.B. monetäre, materielle Anreize) einhergehen. Die Belohnung erfolgt vielmehr durch (körperinterne) kognitive und affektive Prozesse. Als extrinsisch motiviert bezeichnet man Tätigkeiten, die nicht "um ihrer selbst willen" ausgeübt werden, sondern zum Beispiel für Geld oder Anerkennung. Intrinsische und extrinsische Motivation schließen sich nicht notwendigerweise gegenseitig aus. 99 Extrinsisch und Intrinsisch sind nicht Intrinsische undadditiv. extrinsische Motivation Wird einem intrinsischen Reiz ein extrinsischer hinzugefügt, kommt es zu einer Über-Veranlassung. -> Dies führt zu einem Abfall der Motivation Lernmotivation Ausmaß an Motivation Interessiertes Lernen Intrinsisch motiviertes Lernen Identifiziertes Lernen Introjiziertes Lernen Externales Lernen Amotiviertes Lernen Lernmotivation Amotiviertes Lernen bezeichnet Zustände ohne gerichtete Lernmotivation, von Gleichgültigkeit bis Apathie. 100 Lernmotivation Externales Lernen bedeutet, es wird nur gelernt, um Bekräftigungen oder Belohnungen zu erlangen oder um drohende Bestrafungen zu vermeiden. Dieses Lernen aufgrund externaler Kontingenzen ist fremdbestimmt. Amotiviertes Lernen Lernmotivation Introjiziertes Lernen heisst, das äussere Bekräftigungssystem wurde gewissermaßen „verinnerlicht“, weshalb nun ohne unmittelbaren Druck von aussen, allerdings mit innerem Zwang (und deshalb noch nicht selbstbestimmt) gelernt wird. Externales Lernen Amotiviertes Lernen Lernmotivation Identifiziertes Lernen bezeichnet Lernen, bei dem sich die Person auf Inhalte und Tätigkeiten einlässt, die für sie nicht als reizvoll oder gar belastend, wohl aber notwendig und wichtig sind, um selbstgesetzte Ziele zu erreichen. Das Lernen erfolgt aus freien Stücken und weitgehend selbstbestimmt.. Introjiziertes Lernen Externales Lernen Amotiviertes Lernen 101 Lernmotivation Intrinsisch motiviertes Lernen erfolgt unabhängig von externalen Kontingenzen und selbstbestimmt, aufgrund von Anreizen, die in Inhalten und Tätigkeiten wahrgenommen werden. Identifiziertes Lernen Introjiziertes Lernen Externales Lernen Amotiviertes Lernen Lernmotivation Interessiertes Lernen heißt Inhalte nicht nur aufgrund intrinsischer Anreize, sondern aufgrund der subjektiven und allgemeinen Bedeutung des Gegenstands und gegenstandsspezifischer Kompetenzen zu erschliessen. Intrinsisch motiviertes Lernen Identifiziertes Lernen Introjiziertes Lernen Externales Lernen Amotiviertes Lernen Bedingungen schulischer Leistungen in PISA (Baumert et al., 2001) Sozio-ökonomischer Status der Eltern Lehrerexpertise - subjektive Theorie/Überzeugungen allgemeine Berufsmerkmale Klassen kontext Unterrichtsprozesse (Instruktions- / Interaktionsgeschehen) Soziales Kapital Bildungsniveau der Eltern Altersgruppe Kulturelles Ethnische Herkunft der Familie Schule/ Fachbereich Kapital Medienumwelt Individuelle Lernvoraussetzungen: kognitiv motivational sozial Individuelle Verarbeitung aktive Lernzeit Anstrengung/ Aufmerksamk. Lernstrategien Handlungskontrolle Emotionen Lernund Leistungsergebnis Elterliches Erziehungs- und Unterstützungsverhalten 102 LERNUMWELT PISA • Umwelt und Leistung Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und mathematischer Kompetenz in allen Staaten. In Deutschland sehr enge Kopplung • Wahrnehmung d. dt. Schulleitungen Keine Beeinträchtigung des Lernens durch Ausstattungsmängel, sondern eher durch Lehrkräftemangel • Wahrnehmung der Schüler Mangelnde Unterstützung durch die Lehrkräfte • Das Verhältnis eines Schülers zu seinen Lehrkräften wird insgesamt im Wesentlichen durch dessen Verhältnis zu seinen Lehrkräften im ersten Schuljahr geprägt. (Birch & Ladd, 1988). • Das Lehrer-Schüler-Verhältnis beeinflusst die schulische Leistung (Birch & Ladd, 1997). 103 • Lehrkräfte, die im Unterricht ein niedriges Kontrollniveau aufweisen und ihren Lernern ausreichend Freiraum für eigenständiges Lernen gewähren, fördern die Motivation ihrer Lerner (Pelletier, Séguin-Lévesque & Legault, 2002; Skinner & Belmont, 1993; Stefanou, Perencevich, DiCinto & Turner, 2004). • Lehrkräfte, die im Unterricht ein niedriges Kontrollniveau aufweisen und ihren Lernern ausreichend Freiraum für eigenständiges Lernen gewähren, erreichen einen höheren Einsatz von Tiefenstrategien. Dies hängt auch mit einem hohen Selbstkonzept der Lerner zusammen (Dart, Burnett, Boulton-Lewis, Campbell, Smith & McCrindle, 1999). • Es gibt einen Zusammenhang zwischen der gewährten Freiheit und dem Lernerfolg (Seifried, 2004). • Studierende bevorzugen wenig hierarchische DozentenStudierendenbeziehungen und Veranstaltungsformen, bei denen sie sich aktiv beteiligen können und die mehr auf Verständnis und Anwendung angelegt sind und weniger auf reine Reproduktion abzielen (vgl. z. B. Wierstra, Kanselaar, Linden & Lodewijks, 1999). 104 • Die soziale Eingebundenheit in die Gruppe weist einen starken Einfluss auf Motivation und Interesse auf (Krapp & Lewalter, 2001; Straka, 2001; Wosnitza & Nenniger, 2001) • Das individuelle Verhalten von Schülern wird stark durch die Peer-Kultur der Klasse beeinflusst (Breidenstein & Kelle, 2002). • Ein gutes unterstützendes Klima ist bedeutsam für die emotionale Erfahrung im Studium (Entwistle, 2003). • Ein positives Klima fördert die Leistung und die Zufriedenheit der Lerner (Nolen, 2003). • Ein positives Klima fördert die Leistungsmotivation der Lerner (Wosnitza, 2004). • Mit Blick auf die Gruppengröße und die Leistung von Lernern ergibt sich dem gegenüber nur ein sehr uneinheitliches Bild (zusammenfassend v. Saldern, 1992). • Die Klassengröße hat keinen oder nur einen geringen Einfluss auf die Leistung und den Unterricht (vgl. z. B. Schrader, Helmke, Hosenfeld & Ridder, 2001). 105 • Lerner in größeren Klassen neigen eher dazu, sich mit Dingen zu beschäftigen, die nichts mit den von der Lehrkraft gestellten Aufgaben zu tun haben (Blatchford, 2003). • In kleineren Klassen können insbesondere die ethnischen Unterschiede bei der Leseleistung und geschlechtsspezifische Leistungsunterschiede in Mathematik reduziert werden (Nye, Hedges & Konstantopoulos, 2004). • Bei großen Klassen fällt das Gefühl für persönliche Verantwortung und Aktivität auf Seiten der Lernenden geringer aus und bei den Lehrenden sinkt die Gelegenheit, ihr Lehren auf den einzelnen Lerner abstimmen zu können. Dabei wird aber zugleich deutlich, dass der Lehr-Lernerfolg weniger von der Klassengröße selbst als von der Passung der didaktischen Methode für die jeweilige Lernergruppe abhängt (McKeachie, 1990). • Übermäßiger Lärm – noch verstärkt durch dessen unregelmäßiges Auftreten – beeinflusst das Bearbeiten von komplexen Aufgaben negativ (vgl. zusammenfassend Bonnes & Secciaroli, 1995; Gifford, 2002). • Kinder, die zu Hause einem großen Ausmaß an Lärm ausgesetzt waren, zeigten Lese- und Zuhörschwierigkeiten (Cohen, Glass & Singer, 1973). 106 • Wirkungen der Beleuchtung auf das individuelle Lernen sind – das zeigte bereits die HawthorneStudie (vgl. Mayo, 1933) – bis heute nicht eindeutig festzustellen (vgl. zusammenfassend Gifford, 2002). • Bei Arbeiten am PC hat die Art der Beleuchtung einen Einfluss auf das Lernen (vgl. z. B. Schuh & Ziefele, 2001). • Auch das Raumangebot, in dem sich das Lernen vollzieht, hat Auswirkungen auf den Lernprozess. Dieser Einfluss ist vor allem den Einschränkungen der Einsatzmöglichkeiten bestimmter Lernformen auf Grund zu kleiner oder zu großer Räume zuzuschreiben (vgl. zusammenfassend Gifford, 2002). • Einengende äußere Bedingungen (z.B. durch Curricula, durch Performancestandards oder durch Kollegen) vermindern das Gefühl der Selbstbestimmtheit bei den Lehrenden und führen dazu, dass diese die Schüler stärker kontrollieren und dadurch wiederum die Schüler niedriger intrinsisch motiviert sind (Pelletier, et al., 2002). 107 Was könnte dazu beitragen, dass aus einer extrinsischen Lernmotivation eine eher „selbstbestimmte Lernmotivation“ wird? "Cognitive Evaluation Theory” (CET) Psychologische Bedürfnisse als motivationale Einflussfaktoren • Theorie zur Erklärung von Faktoren die für die Entstehung bzw. den Übergang von einer Motivationsstufe zur nächsten funktional bedeutsam sind • Grundannahme: die motivationale Energie beruht auf grundlegenden psychologischen Bedürfnissen • drei grundlegende Bedürfnisse (basic needs) nach Kompetenz, Autonomie (Selbstbestimmung) und sozialer Eingebundenheit Psychologische Bedürfnisse • Annahme: Lernhandlungen, die es einer Person ermöglichen ihre Bedürfnisse nach Autonomie, Kompetenz und sozialer Eingebundenheit zu befriedigen, tragen dazu bei, dass externale Werte und Ziele zunehmend in das Selbst internalisiert und integriert werden • Sie erleichtern das Auftreten einer intrinsischen Motivation • Begriffe Kompetenz und Autonomie bzw. Selbstbestimmung werden im Kontext des Lernens in sehr unterschiedlicher Weise verwendet 108 Kompetenz (motivational-affektiv) • Bestreben einer Person, sich angesichts aktueller oder zukünftiger Anforderungen in Lern- und Arbeitssituationen als handlungsfähig zu erleben • Sie möchte die gegebenen und absehbaren Aufgaben oder Probleme aus eigener Kraft bewältigen können Autonomie (motivational - affektiv) • Bestreben, sich als eigenständig handelnd zu erleben • Individuum möchte die Ziele und Vorgehensweisen des eigenen Tuns selbst bestimmen. • Autonomiebedürfnis entspricht jedoch nicht dem Streben nach möglichst großer Freiheit oder Unabhängigkeit von Beeinflussungen durch andere • Autonomie wird erlebt, wenn zwischen den aktuellen Wünschen, Bedürfnissen und Zielen eines Lernenden und den Anforderungen der Lernsituation eine prinzipielle Übereinstimmung besteht Soziale Eingebundenheit (motivational - affektiv) • Generelle Betrachtungsebene: der Mensch hat ein starkes Bestreben nach befriedigenden Sozialkontakten • Er/sie kann ohne ein individuell unterschiedliches Mindestmaß an erlebter sozialer Geborgenheit nicht existieren • Elementares Bestreben des Menschen nach sozialer Akzeptanz in einer von ihm als relevant erachteten Bezugsgruppe (vgl. Affiliationsbedürfnis, Harlow, 1958). 109 Soziale Eingebundenheit • Dieses Bedürfnis bildet häufig eine Art allgemeinen Erlebenshintergrund und den Ausgangspunkt für die Bereitschaft, sich freiwillig und angstfrei einem neuen Tätigkeits- oder Wissensgebiet zuzuwenden. • Der Wunsch nach Eingebundenheit basiert stets auf einer Identifikation mit bestimmten Personen oder Personengruppen. • Streben nach sozialer Anerkennung ist ein wichtiger Antriebsmotor zur Erweiterung der individuellen Fähigkeiten, Einstellungen, Werthaltungen und Interessen. Das Mehrebenenmodell nach Bronfenbrenner Systeme Mikrosystem Mesosystem Exosystem Makrosystem 110 Systeme Das Mikrosystem Ein Mikrosystem ist ein Muster von Tätigkeiten und Aktivitäten, Rollen und zwischenmenschlichen Beziehungen, die die in Entwicklung begriffene Person in einem gegebenen Lebensbereich mit den ihm eigentümlich physischen und materiellen Merkmalen erlebt. Systeme Das Mesosystem Ein Mesosystem umfasst die Wechselbeziehungen zwischen den Lebensbereichen, an denen die Person aktiv beteiligt ist (für ein Kind etwa die Beziehungen zwischen Elternhaus, Schule und Kameradengruppen in der Nachbarschaft; für einen Erwachsenen die zwischen Familie, Arbeit und Bekanntenkreis). Systeme Das Exosystem Unter Exosystem verstehen wir einen Lebensbereich oder mehrere Lebensbereiche, an denen Person nicht selbst beteiligt ist, in denen aber Ereignisse stattfinden, die beeinflussen, was in ihrem Lebensbereich geschieht, oder die davon beeinflusst werden. 111 Systeme Das Makrosystem Der Begriff Makrosystem bezieht sich auf die grundsätzliche formale und inhaltliche Ähnlichkeit der Systeme niedriger Ordnung (Mikro,- Meso- und Exo-), die in der Subkultur oder der ganzen Kultur bestehen oder bestehen könnten, einschließlich der ihnen zugrunde liegenden Weltanschauungen und Ideologien. Mehrperspektivische Betrachtung von Mikrosystemen Perspektive Objektiv Subjektiv physisch A B Sozial C D Objekt 112 Perspektive Objektiv Subjektiv physisch A B Sozial C D Objekt Objektive Sichtweise der Physisch Realität (Feld A) Bei der objektiven Beschreibung der physischen Realität von Lernumgebungen werden Gegenständlichkeiten der Lernumgebung mit objektiven Verfahren wie Auszählen, Vermessen, etc. beschrieben. Beispiele • Feststellung der Anzahl vorhandener Bücher zu einem speziellen Fachgebiet in der Universitätsbibliothek, • das Vermessen des Seminarraums • das Auszählen der verfügbaren und funktionierenden Overheadprojektoren Perspektive Objektiv Subjektiv Physisch A B Sozial C D Objekt 113 Subjektive Sichtweise der physischen Realität (Feld B) Bei der subjektiven Beschreibung der physischen Realität von Lernumgebungen wird die gegenständliche Umgebung durch subjektive Einschätzungen beschrieben. Beispiele • Feststellung der subjektiven Wahrnehmungen vorhandener Lernressourcen • Subjektive Wahrnehmung des Sicherheitsstandards der Seminarräume. Perspektive Objektiv Subjektiv Physisch A B Sozial C D Objekt Objektive Sichtweise der sozialen Realität (Feld C) Bei der objektiven Beschreibung der sozialen Realität von Lernumgebungen werden die sozialen Aspekte der Lernumgebung durch objektive Verfahren beschrieben. Beispiele • Feststellung der Anzahl der Lehrer-Schüler-Interaktionen • die Anzahl und Art von Leistungsrückmeldungen durch einen Lehrer • Klassengröße 114 Perspektive Objektiv Subjektiv Physisch A B Sozial C D Objekt Subjektive Sichtweise der sozialen Realität (Feld D) Bei der subjektiven Beschreibung der sozialen Realität von Lernumgebungen werden die sozialen Aspekte der Lernumgebung auf der individuellen Wahrnehmungsebene beschrieben. Beispiele • Feststellung des subjektiv wahrgenommenen Autonomieerlebens • subjektiv wahrgenommenen Studierender-Dozenten-Beziehung einzelner Studierender. Klima Lehrerverhalten ClassTeacher Teacher StudentClass StudentTeacher Anforderungsniveau Class Student Soziale Eingebundenheit Autonomieempfinden 115 Perspektive Objekt Objektiv Subjektiv Physisch A B Sozial D E Formal G H Eignung des NCs Studienordnung Umwelt-Würfel Makro objektiv Perspektive Exo Systemebene subjektiv Meso Mikro physischmateriell sozial formal Gegenstand 116