Glossar Glossar IQWiG Abschlussbericht Bezeichnung für wissenschaftliche Ausarbeitungen des IQWiG, die auf Basis eines Auftrags des Gemeinsamen Bundessauschusses oder des Bundesgesundheitsministeriums erarbeitet werden. Berichte entstehen in einem definierten Prozess und werden frei zugänglich auf der Website www.iqwig.de veröffentlicht. Berichte erfüllen die Voraussetzungen, um dem G-BA als Grundlage für Richtlinienentscheidungen zu dienen. Acetylsalicylsäure Acetylsalicylsäure (ASS) ist ein weit verbreiteter Wirkstoff, der schmerzstillend, entzündungshemmend und fiebersenkend wirkt. Außerdem hemmt ASS die Aneinanderlagerung der Blutplättchen (Thrombozyten) und wirkt so gerinnungshemmend. Das Schmerzmittel gehört zur Gruppe der sogenannten nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR). Adenom Ein Adenom ist eine gutartige Wucherung, die sich aus der obersten Zellschicht von Drüsengewebe (z.B. der Schilddrüse) oder der Schleimhaut des Magen-Darm-Traktes entwickelt. Aus einem Adenom kann sich Krebs entwickeln. Agency for Healthcare Research and Quality Die Agency for Healthcare Research and Quality (AHRQ) ist ein Institut für die Bewertung medizinischer Maßnahmen in den USA und dort dem nationalen Gesundheitsministerium angegliedert. Das Ziel dieses Instituts ist es, die Qualität, Sicherheit, Wirtschaftlichkeit und Wirksamkeit der Gesundheitsversorgung in den USA zu verbessern. Fundierte Informationen aus der Forschung der AHRQ sollen medizinische Entscheidungsprozesse unterstützen. Die AHRQ trug in der Vergangenheit den Namen AHCPR (Agency for Health Care Policy and Research). Mehr Informationen finden Sie unter: www.ahrq.gov AGREE-Instrument AGREE (Appraisal of Guidelines Research and Evaluation) beinhaltet eine Checkliste zur Qualitätsbeurteilung von Leitlinien. Das AGREE-Instrument ist ein Werkzeug für Entwickler und Anwender medizinischer Leitlinien zur Beurteilung deren methodischer Qualität. Aktinische Keratose Eine aktinische Keratose (von "aktinos", griechisch: Strahl, "aktinisch": durch Strahlung hervorgerufen) ist eine vermehrte Hautverhornung. Sie entsteht, wenn sich bestimmte Hautzellen (die sogenannten Keratinozyten) aufgrund dauerhafter intensiver UV-Strahlung krankhaft verändern und vermehren. Daher wird sie oft auch solare oder Licht-Keratose genannt, umgangssprachlich bezeichnet man sie auch als "Sonnenwarzen". Die Haut ist an häufig sonnenbestrahlten Körperstellen wie Stirn, Glatze, Nase, Wange, Ohr, Arm und Bein oder Rücken rötlich bis bräunlich gefärbt, erhaben, rau und schuppig. Die Krankheit entwickelt sich sehr langsam, kann aber nach mehreren Jahren in eine Hautkrebs-Form übergehen, in das sogenannte Plattenepithel-Karzinom, auch Spinaliom oder Stachelzellkrebs genannt. Akupunktur Akupunktur ist eine alternative bzw. komplementäre Therapieform der traditionellen chinesischen Medizin. Die Ärztin oder der Arzt sticht feine Nadeln in genau definierte Punkte des Körpers. Dies soll angenommene Blockaden im Körper auflösen oder Organe anregen bzw. beruhigen. Seite 2 von 108 Glossar IQWiG Albinismus Albinismus (von "albus", lateinisch: weiß) ist eine angeborene, nicht heilbare Stoffwechselerkrankung, bei der der Hautfarbstoff Melanin fehlt. Es gibt eine Form des Albinismus, die allein die Augen betrifft, sowie eine Form, bei der Augen, Haut und Haare keine farbgebenden Substanzen enthalten. Bei Albinismus sind die Augen gegenüber Sonnenlicht extrem empfindlich, die Sehschärfe und das räumliche Sehen eingeschränkt. Ist die Haut beteiligt, so ist sie in der Regel weiß bis blassrosa, nicht bräunungsfähig und neigt zu Sonnenbrand. Menschen mit dieser Form des Albinismus haben ein erhöhtes Hautkrebsrisiko. Alexander-Technik Die Alexander-Technik wurde Ende des 19. Jahrhunderts von dem australischen Schauspieler Frederick Matthias Alexander begründet und ist eine Methode der Körpertherapie. Sie zielt darauf ab, Haltung und Bewegungsabläufe zu verbessern. Um dies zu erreichen, sollen ungünstige Bewegungs- und Verhaltensmuster langsam durch neue Reaktionsmuster ersetzt werden. Ziel ist es, Muskelverspannungen zu lösen und die Belastungen des Bewegungsapparates zu reduzieren. Gleichzeitig soll dadurch das psychische Gleichgewicht stabilisiert werden. Die Alexander-Technik kommt beispielsweise bei der Therapie von Rücken- und Schulterschmerzen sowie im Stressmanagement zum Einsatz. Allergie Bei einer Allergie reagiert der Körper überempfindlich auf eine körperfremde Substanz. Er produziert Antikörper wie gegen einen Krankheitserreger, obwohl die Substanz keine Gefahr für den Körper darstellt. Symptome einer Allergie hängen zum Teil vom Auslöser, dem Allergen, ab. Menschen mit Allergien haben häufig Schnupfen, tränende Augen, Jucken, Hautauschläge, MagenDarm-Probleme, Asthma u.a. Typische Auslöser für eine Allergie sind Pollen, Tierhaare, Eiweiße in bestimmten Nahrungsmitteln, Kot von Hausstaubmilben. Allergisches Asthma Asthmatische Beschwerden und Asthmaanfälle, die durch eine Überreaktion des körpereigenen Immunsystems (Allergie) auf Umwelteinflüsse wie zum Beispiel Tierhaare, Pollen oder Hausstaub ausgelöst oder begünstigt werden. Allogen Allogen (von "allo", griechisch: anders, fremd, und "gen", griechisch: Herkunft) bedeutet im engeren Sinne "anderswo entstanden". In der Medizin bezeichnet man eine Übertragung von Zellen, Gewebe oder Organen eines Menschen auf eine andere Person als allogen – wie etwa bei einer Nieren- oder Lebertransplantation. Bei einer Lebendspende wird das Organ bei einer Operation entfernt und dem Empfänger eingepflanzt oder Zellen durch eine spezielle Transfusion übertragen wie beispielsweise bei der Transplantation fremder Stammzellen. Der Spender kann weiterhin ohne das entfernte Organ oder Gewebe leben. Im Unterschied dazu werden manche Spenderorgane oder -gewebe erst nach dem Tod eines Menschen transplantiert – etwa das Herz oder die Hornhaut. Seite 3 von 108 Glossar IQWiG Altersbedingte Makuladegeneration Altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist in entwickelten Ländern die häufigste Ursache von Blindheit von älteren Menschen. Patienten verlieren ihr "zentrales Sehen", werden also gerade da blind, wo gesunde Augen ihre größte Schärfe aufweisen und Details erkennen. Die Ursache ist eine Zerstörung des zentralen Teils der Netzhaut. Dieser Bereich der Netzhaut wird "Gelber Fleck" oder "Makula" genannt. Es gibt zwei Formen der AMD: Kennzeichen der "trockenen" AMD sind kleine Vernarbungen und Ablagerungen (Drusen). Ursache der "feuchten" AMD sind neue Blutgefäße, die unterhalb der Netzhaut einwachsen und sie anheben. Ärzte sprechen deshalb auch von "neovaskulärer AMD". Diese Gefäße können undicht werden, sodass Blut und Flüssigkeit in die Netzhaut sickern und die Sinneszellen schädigen. Alveolen Wenn wir atmen, strömt die Luft durch den Kehlkopf hindurch und weiter in die Luftröhre. Diese gabelt sich in die zwei Hauptbronchien. Jede der Hauptbronchien verzweigt sich weiter in Bronchien und Bronchiolen. Am Ende der Bronchien und Bronchiolen befinden sich Anhäufungen von winzigen, luftgefüllten Bläschen, die Alveolen. Alveolen werden auch als Lungenbläschen bezeichnet. Ambulant Ambulant ist jede Behandlung, für die ein Patient nicht im Krankenhaus übernachten muss. Bei ambulanten Operationen kann der Patient unmittelbar oder wenige Stunden nach der Operation wieder nach Hause. Ärzte führen ambulante Behandlungen sowohl in Praxen als auch in Kliniken durch. Das Gegenteil von ambulant ist stationär. Anamnese Gespräch zwischen Ärztin/Arzt und Patientin/Patient zur Klärung der medizinischen Vorgeschichte und der von der Patientin oder dem Patienten wahrgenommenen Krankheitszeichen. Die Informationen aus der Anamnese sind der erste Schritt auf dem Weg zu einer Diagnose und dienen als Entscheidungsgrundlage für weitere Untersuchungen. Anaphylaxie Eine Anaphylaxie (von "ana", griechisch: auf und "phylaxia", griechisch: Schutz) ist eine allergische Überreaktion des Immunsystems auf einen bestimmten Stoff, auf den der Körper in der Vergangenheit überempfindlich geworden ist. Dabei bildet der Körper bestimmte Antikörper, diese sind danach in großer Zahl vorhanden. Kommt es zum erneuten Kontakt mit dem allergieauslösenden Stoff, werden eine Reihe von Botenstoffen in Gewebe und Blut gebildet. Mögliche Folgen sind leichte Hautveränderungen wie Juckreiz, Gesichtsrötung oder Quaddeln. Auch Übelkeit, Erbrechen, Seh- und Konzentrationsstörungen können auf eine beginnende Anaphylaxie deuten. Ernst zu nehmender sind Atemprobleme durch enggestellte Bronchien oder Gewebeschwellungen im Bereich des Kehlkopfes. Beim anaphylaktischen Schock kommt es durch die allergische Reaktion zu einem lebensbedrohlichen Kreislaufzusammenbruch. Häufige Auslöser sind beispielsweise Medikamente, Nahrungsmittel oder Insektengifte. Seite 4 von 108 Glossar IQWiG Angina Pectoris Der Begriff "Angina Pectoris" kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "enge Brust". Eine Angina Pectoris entsteht meistens, weil ein oder mehrere Herzkranzgefäße verengt sind und der von diesen Blutgefäßen versorgte Teil des Herzmuskels dadurch nicht mehr ausreichend mit Blut und Sauerstoff versorgt wird. Dies kann zu plötzlich auftretenden starken Schmerzen in der Herzgegend führen, beispielsweise bei körperlicher Anstrengung oder Stress. Die Schmerzen können auch in den linken Arm, den Unterkiefer, den Oberbauch oder den Rücken ausstrahlen. Sie dauern häufig nur wenige Minuten an. Seltener bleibt der Schmerz für längere Zeit bestehen oder tritt schon im Ruhezustand auf. Dann stirbt durch den anhaltenden Sauerstoffmangel meist Herzgewebe ab und es besteht unter anderem die Gefahr, dass es zu einem Herzinfarkt kommt. Angst (Unterschied zu Furcht) Angst ist ein beklemmendes Gefühl, das durch eine unbestimmte Bedrohung entsteht. Wer nicht weiß, was im Laufe einer Krankheit oder einer Operation auf ihn zukommt, entwickelt Angst vor dem Unbekannten und malt sich die schlimmsten Dinge aus. Die Angst wird zur Furcht, sobald die Bedrohung konkreter wird, wenn man sie beim Namen nennen kann, wenn einzelne Risiken abschätzbar werden. Angst gilt landläufig auch als gesteigerte Form der Furcht. Anhörung, Erörterung, Stellungnahme Bei bestimmten Zwischenschritten während der Erstellung eines Berichts durch das IQWiG erfolgt eine Anhörung, die interessierten Personen oder Institutionen die Möglichkeit gibt, schriftlich Stellung zu nehmen. Bleiben Punkte einer Stellungnahme unklar, kann zusätzlich eine mündliche Erörterung stattfinden. Eine Anhörung findet nach der Publikation einer vorläufigen Version des Berichtsplans und eines Vorberichts statt. Anämie Anämie ist die Fachbezeichnung für Blutarmut. Von Blutarmut spricht man, wenn das Blut eines Menschen deutlich weniger rote Blutkörperchen oder roten Blutfarbstoff enthält, als es normalerweise der Fall ist. Rote Blutkörperchen transportieren Sauerstoff von der Lunge zu den Körperzellen, daher wird der Körper bei einer Anämie weniger gut mit Sauerstoff versorgt. Dies kann verschiedene Symptome auslösen, zum Beispiel Müdigkeit, schnellere Atmung oder einen beschleunigten Puls. Die Haut und Schleimhäute erscheinen blass. Eine Anämie kann verschiedene Ursachen haben, zum Beispiel einen Eisenmangel, bestimmte Bluterkrankungen oder einen Blutverlust, etwa infolge einer akuten Verletzung oder eines chronischen Magengeschwürs. Auch im Verlauf einer Krebserkrankung kommt es häufig zu einer Blutarmut. Anästhesie Anästhesie ist der medizinische Fachbegriff für Betäubung. Spezialisierte Fachärzte werden als Anästhesisten oder auch als Narkoseärzte bezeichnet. Anästhesisten sind dafür verantwortlich, dass Patienten während und nach einer Operation so wenig Schmerzen wie möglich spüren. Zu diesem Zweck können Anästhesisten entweder eine Vollnarkose, eine Ausschaltung aller bewussten Empfindungen, oder eine Teilnarkose, eine Ausschaltung der Schmerzempfindung nur für bestimmte Körperteile, anwenden. Seite 5 von 108 Glossar IQWiG Anästhesist Anästhesisten werden auch als Narkoseärzte bezeichnet. Anästhesisten sind dafür verantwortlich, dass Patienten während und nach einer Operation so wenig Schmerzen wie möglich spüren. Zu diesem Zweck können Anästhesisten entweder eine Vollnarkose, eine Ausschaltung aller bewussten Empfindungen, oder eine Teilnarkose, eine Ausschaltung der Schmerzempfindung nur für bestimmte Körperteile, anwenden. Neben der Überwachung der Lebensfunktionen während einer Operation gehört auch die Betreuung nach jeder Operation sowie die Intensivmedizin, also die medizinische Behandlung von Patienten, die Unterstützung der lebenswichtigen Körperfunktionen benötigen, zu den wichtigen Aufgaben der Anästhesisten. Daneben spielen Anästhesisten eine wichtige Rolle bei der Schmerztherapie von Menschen mit chronischen Schmerzen. Antibabypille Die Antibabypille, umgangssprachlich kurz "Pille" genannt, ist ein Hormonpräparat, das von Frauen zur Verhütung einer Schwangerschaft eingesetzt wird. Es gibt Präparate, die die beiden weiblichen Hormone Östrogen und Gestagen enthalten, und Produkte mit Gestagen allein. Regelmäßig eingenommen verhindert die Antibabypille in der Regel, dass im Eierstock ein Ei heranreift und springt. Außerdem hält sie den Schleimpfropf des Muttermundes dick, so dass beim Geschlechtsverkehr Spermien nur schwer in die Gebärmutter eindringen können. Da die Hormone zudem den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut hemmen, kann sich selbst in dem unwahrscheinlichen Fall einer Befruchtung kein Ei in der Gebärmutter einnisten. Antibiotika Antibiotika sind medizinische Wirkstoffe, die gegen Infektionen durch Bakterien und einige wenige Pilze eingesetzt werden. Antibiotika helfen nicht gegen Krankheiten, die durch Viren ausgelöst werden. Bekannte Antibiotika-Gruppen sind Peniciline, Tetrazykline und Chloramphenicole. Anticholinergika Anticholinergika sind Medikamente, die beispielsweise bei Asthma bronchiale oder Harninkontinenz eingesetzt werden. Sie hemmen die Wirkung des körpereigenen Botenstoffs Acetylcholin, der im Nervensystem Nervenimpulse weiterleitet. Dadurch bewirken Anticholinergika unter anderem, dass sich der Magen, die Blase sowie die Bronchien entspannen. Andererseits erhöhen sie unter anderem Herzfrequenz, Blutdruck und Augeninnendruck. Seite 6 von 108 Glossar IQWiG Antidepressiva Antidepressiva sind Arzneimittel, mit denen eine Depression behandelt wird. Sie heben die Stimmung, wirken aber unterschiedlich auf den Antrieb, die Motivation und die Lust, etwas zu unternehmen. Manche Antidepressiva steigern den Antrieb, manche dämpfen ihn eher, und andere verändern ihn nicht. Eine Therapie mit Antidepressiva dauert in der Regel viele Monate; die Wirkung setzt erst nach Tagen oder Wochen ein. Es gibt verschiedene Wirkstoffklassen. Grundsätzlich beeinflussen alle Substanzen die Informationsübermittlung an den Nervenzellen: Sie versuchen den Mangel an bestimmten chemischen Botenstoffen, den Neurotransmittern, zu beheben. Wichtige Wirkstoffklassen sind die trizyklischen Antidepressiva und die "SSRI", die Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Trizyklische Antidepressiva sind eine ältere Klasse von Antidepressiva, die ihren Namen der dreifachen Ringstruktur ihres chemischen Grundgerüstes verdanken. Sie werden auch Trizyklika genannt. Trizyklische Antidepressiva wirken auf verschiedene Botenstoffe an den Nervenenden. Sie haben zahlreiche Nebenwirkungen. Trizyklika waren viele Jahre die wichtigsten Medikamente gegen Depression, sie werden heute wegen ihrer Nebenwirkungen aber seltener eingesetzt. "SSRI" sind eine neuere Klasse von Antidepressiva. Sie wirken - wie der Name Selektive-SerotoninWiederaufnahme-Hemmer bereits sagt - gezielt auf den chemischen Botenstoff Serotonin. Das hat den Vorteil, dass chemische Abläufe, an denen andere Botenstoffe beteiligt sind, nicht beeinflusst werden und so weniger Nebenwirkungen entstehen. Andere Klassen von Antidepressiva wirken gezielt auf andere chemische Botenstoffe. Antigene Als Antigene (von "anti", griechisch: gegen und "gennan", griechisch: erzeugen) werden Stoffe bezeichnet, die der Körper als fremd erkennt und gegen die er beim Kontakt sogenannte Antikörper bildet. Typische Antigene sind Eiweiße auf der Zelloberfläche von Bakterien, Pilzen und Viren. Auch Bestandteile von Oberflächen eigentlich harmloser Stoffe der Umwelt wie etwa Pollen oder Hausstaubmilben können als Antigene wirken und eine allergische Reaktion auslösen. Antihypertensiva Antihypertensiva ist der Fachbegriff für Medikamente gegen Bluthochdruck. Die gängigen Antihypertensiva sind Diuretika, ACE-Hemmer, Kalzium-Antagonisten, AT1-Rezeptor-Antagonisten und Betablocker bzw. Kombinationspräparate. Allen diesen Medikamenten ist gemeinsam, dass sie einen erhöhten Blutdruck senken können, allerdings wirken sie auf unterschiedliche Weise. Antikoagulanzien Antikoagulanzien (Gerinnungshemmer) sind Medikamente, die bewirken, dass das Blut langsamer gerinnt. Ihre Anwendung soll die Bildung von Blutgerinnseln verhindern. Gerinnungshemmer werden häufig angewendet, wenn ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Blutgerinnseln und damit auch für den Verschluss eines Blutgefäßes besteht, zum Beispiel nach Operationen, bei eingeschränkter Beweglichkeit oder bei bestimmten Herzrhythmusstörungen. Antioxidantien Antioxidantien sind Substanzen, die Körperzellen vor Schäden schützen sollen, die durch bestimmte aggressive Atome oder Moleküle, sogenannte freie Radikale, entstehen. Antioxidantien machen sie unschädlich, indem sie sich mit ihnen verbinden. Die bekanntesten Antioxidantien sind Vitamine. Seite 7 von 108 Glossar IQWiG Antiphlogistika Antiphlogistika sind Wirkstoffe, die eine Entzündung hemmen. Dazu zählen körpereigene Substanzen wie das Kortison, aber auch künstliche Wirkstoffe wie die Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen, die darüber hinaus Schmerzen lindern und Fieber senken. Antiseptisch "Antiseptisch" bedeutet "Krankheitserreger abtötend". Mit dem griechischen Wort "Antisepsis" (wörtlich: gegen Fäulnis) bezeichnet man alle Maßnahmen, die die Zahl infektiöser Keime verringern und damit eine Infektion abwehren oder bekämpfen sollen. Zur Desinfektion werden vor allem chemische Mittel eingesetzt (Desinfektionsmittel oder Antiseptika). Anxiolytika Anxiolytika ist der Oberbegriff für Medikamente, die Angstzustände lindern. Sie werden auch Tranquilizer genannt. Apgar-Wert Auch Apgar-Schema oder Apgar-Index genannt. Virginia Apgar, eine Anästhesistin, hat erstmals 1953 ein Punkteschema vorgestellt, mit dem lebenswichtige Körperfunktionen eines Neugeborenen in den ersten Minuten nach der Geburt beurteilt werden können. Für Atmung, Puls, Muskelspannung, Hautfarbe und Reflexe werden jeweils null, ein oder zwei Punkte vergeben. Der Maximalwert, den ein Kind erreichen kann, beträgt also zehn Punkte. Eine niedrige Punktzahl deutet darauf hin, dass ein Kind besondere medizinische Hilfe braucht. Apnoe Als Apnoe (von "apnoia", griechisch: Nicht-Atmung) wird das Aussetzen der Atmung bezeichnet. Der Atemstillstand kann wenige Sekunden oder bis zu mehreren Minuten dauern und führt zu einem Sauerstoffmangel im Blut. Mögliche Ursachen sind blockierte Atemwege etwa durch das Einatmen eines Fremdkörpers oder dadurch, dass im Schlaf die Muskulatur im Rachen erschlafft und in sich zusammenfällt. Mehrere unbemerkte Atemstillstände in der Nacht sind ein typisches Zeichen der sogenannten Schlafapnoe (gesprochen: Schlafapnö). Auch Vergiftungen mit Schlafmitteln, Alkohol oder Kohlendioxid können bestimmte Nervenzellen, das sogenannte Atemzentrum im Gehirn beeinflussen und die Steuerung der Atmung stören. Apoplex Ein Schlaganfall (auch Gehirnschlag oder Apoplex – griechisch: „niederschlagen“), ist eine akute Erkrankung, bei der das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird. Ursache ist in den meisten Fällen ein eingeschwemmtes Blutgerinnsel, das Gefäße des Gehirns verschließt. Seltener kann auch eine Gehirnblutung zu einem Schlaganfall führen. Je nachdem, welche Gehirnregion betroffen ist, kann es zu Lähmungen einer Körperhälfte oder Teilen davon, Ausfällen der Gesichtsnerven, Sehstörungen, Gleichgewichtsproblemen und massiven Sprachstörungen kommen. Ein Schlaganfall ist ein Notfall: Die betroffenen Regionen des Gehirns müssen schnellstmöglich wieder mit Sauerstoff versorgt werden, um zu vermeiden, dass weiteres Gehirngewebe abstirbt. Das Risiko für einen Schlaganfall ist bei älteren Menschen, Menschen mit hohem Blutdruck oder chronischen Gefäßverkalkungen erhöht. Seite 8 von 108 Glossar IQWiG Asthma bronchiale Asthma (Asthma bronchiale) ist eine dauerhaft bestehende (chronische) Erkrankung mit oft anfallsartig auftretenden Beschwerden wie Husten und Atemnot. Bei Menschen mit Asthma sind die Atemwege übermäßig empfindlich. Asthma entsteht oft im Zusammenhang mit einer Überreaktion auf fremde Stoffe oder physikalische Reize, häufig im Zusammenhang mit einer Allergie. Astigmatismus Astigmatismus, auch Hornhautverkrümmung oder Stabsichtigkeit genannt, bezeichnet eine Fehlsichtigkeit aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Verkrümmung der Hornhaut des Auges. Mit gesunden Augen nehmen wir zum Beispiel eine punktförmige Lichtquelle als scharfes, ebenfalls punktförmiges Abbild wahr. Wenn die Hornhaut aber verkrümmt ist, sehen wir den Punkt verzerrt als Strich oder Stab. Astrozytom Ein Astrozytom (von "astron", griechisch: Stern und "cytos", griechisch: Zelle) ist ein Hirntumor, der von sternförmigen Zellen des Stützgewebes im Gehirn ausgeht. Astrozytome gehören zur Gruppe der Gliome. Atopie Unter einer Atopie (von "atopia", griechisch: Ortlosigkeit) versteht man die Neigung zu einer verstärkten allergischen Reaktion auf normalerweise harmlose Substanzen oder Reize aus der Umwelt. Die Beschwerden treten oft an Stellen auf, die mit der allergieauslösenden Substanz selbst nicht in Kontakt gekommen sind. Neben dem allergischen Heuschnupfen und dem allergischen Asthma gehört auch die Neurodermitis zu den möglichen Ausprägungen einer Atopie. Die Neurodermitis wird daher oft auch als "atopisches Ekzem" oder "atopische Dermatitis" bezeichnet. Atrophie Rückgang der Größe oder Masse von Körpergewebe oder eines Körperteils, oft aufgrund von Unterbelastung, zum Beispiel durch krankheitsbedingten Bewegungsmangel (Muskelschwund nach Bettlägerigkeit). Auffrischimpfung Eine Impfung regt die körpereigene Produktion von Antikörpern gegen ein bestimmtes Virus oder Bakterium an. Dies soll geimpfte Personen widerstandsfähiger machen, wenn sie den lebenden Erregern ausgesetzt sind. Allerdings lässt die impfbedingte Abwehrbereitschaft bei vielen Impfungen nach einigen Jahren nach. Dann ist eine erneute Impfung – eine sogenannte Auffrischimpfung – erforderlich, damit der Impfschutz aktiv bleibt. Augeninnendruck Zwischen Hornhaut und Linse des Auges befindet sich eine Flüssigkeit, das sogenannte Kammerwasser. Dieses sorgt für einen gleichmäßigen Druck im Augeninneren und für die Versorgung von Linse und Hornhaut mit Nährstoffen. Ist der Augeninnendruck zu hoch, kann der Sehnerv geschädigt werden. Seite 9 von 108 Glossar IQWiG Austreibungsphase Die Geburt wird in drei Phasen unterteilt. Mit dem Einsetzen regelmäßiger Wehen beginnt die so genannte Eröffnungsphase. In dieser Phase weitet sich der Gebärmutterhals und der Muttermund (Cervix) öffnet sich. Wenn er vollständig geöffnet ist, beginnt dann die sogenannte Austreibungsphase, in der sich das Kind bis zur Geburt langsam durch den Geburtskanal schiebt. In der Nachgeburtsphase löst sich durch weitere Wehen der Mutterkuchen ("Plazenta") aus der Gebärmutter. Autogenes Training Das autogene Training (von "auto", griechisch: selbst und "gen", lateinisch: erzeugen) ist eine Technik, die zu körperlicher und seelischer Entspannung durch eine Art "Selbst-Hypnose" führen soll. Wer sich mit dieser Methode entspannt, nimmt zunächst eine bequeme sitzende oder liegende Haltung ein. Danach versucht man durch kurze Formeln, die man sich im Geiste vorsagt, verschiedene Körperstellen wahrzunehmen und ein intensives Gefühl von Schwere, Wärme, Kühle und Ruhe hervorzurufen. Solche Formeln sind etwa "Meine Arme sind schwer.", "Mein Herz schlägt langsam und gleichmäßig." oder "Ich bin ganz ruhig, gelöst und entspannt.". Autoimmunreaktion Von einer Autoimmunreaktion spricht man, wenn das Abwehrsystem des Körpers eigene Zellen oder eigenes Gewebe für fremd hält und angreift. Eine solche Reaktion kann sich gegen einzelne Zellen, aber auch gegen ganze Organe richten. Es wird vermutet, dass Autoimmunreaktionen verschiedene Erkrankungen auslösen, etwa rheumatoide Arthritis, Multiple Sklerose und Typ-1-Diabetes. Beim Typ-1-Diabetes geht man beispielsweise davon aus, dass das Immunsystem die Insulin herstellenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse angreift und sie im Laufe einiger Jahre zerstört. Autolog Autolog (von „auto“, griechisch: selbst und von „log“, griechisch: Verhältnis) bedeutet im engeren Sinne „übereinstimmend, dazugehörig“. In der Medizin bezeichnet man eine Übertragung von körpereigenen Zellen oder körpereigenem Gewebe als autolog – wie etwa bei einer Eigenbluttransfusionen nach einer Operation oder bei der Transplantation eigener Haut nach Verbrennungen. Alternativ wird auch die Bezeichnung autogene Transplantation (von „auto“, griechisch: selbst und „gen“, griechisch: Herkunft) benutzt. Bakterien Bakterien sind einzellige Mikroorganismen, die im Gegensatz zu Viren eigenständig existieren können. Ein Virus kann sich dagegen nur vermehren, wenn er in eine Zelle eingedrungen ist. Die meisten Bakterien sind für den Menschen ungefährlich, einige sogar nützlich. Darmbakterien unterstützen die Darmfunktion; gelangen Darmbakterien aber in den Harnwegsbereich, können sie eine Entzündung verursachen. Gegen bakterielle Erkrankungen setzen Ärzte Antibiotika ein, die Bakterien im Wachstum hemmen oder abtöten. Es gibt auch Impfungen gegen bakterielle Erkrankungen wie Diphtherie, Tetanus oder Keuchhusten. Basisinsulin Ein Basisinsulin ist meistens ein langwirksames Insulin. Es soll den "basalen", das heißt den Insulingrundbedarf des Körpers abdecken. Es wird täglich ein- oder zweimal gespritzt. Seite 10 von 108 Glossar IQWiG Beckenbodenmuskulatur Die Beckenbodenmuskulatur schließt zusammen mit einer Bindegewebsplatte das Becken ab. Sie bildet zugleich den Boden der Bauchhöhle. Die Beckenbodenmuskulatur unterstützt die Harnröhre und die Schließmuskeln der Blase und des Afters. Bei Blasenschwäche kann es sinnvoll sein, diese Muskelgruppe durch ein spezielles Training zu stärken. Belastungsasthma Körperliche Anstrengung, die die Atmung beschleunigt, kann bei Menschen mit Asthma die typischen Beschwerden wie Husten und Atemnot auslösen. Treten Asthmasymptome oder -anfälle vor allem unter körperlicher Belastung auf, spricht man von "Belastungs-" oder "Anstrengungsasthma". Benzodiazepine Benzodiazepine sind eine große Gruppe von auf die Psyche wirkenden Medikamenten, die beruhigend, Angst mindernd und krampflösend wirken. Sie werden als Schlaf- und Beruhigungsmittel eingesetzt. Die Wirkungsdauer reicht von einigen Stunden bis zu einigen Tagen. Einer ihrer großen Nachteile ist, dass sie schon nach vergleichsweise kurzer Anwendungszeit süchtig machen können. Beobachtungsstudie In Beobachtungsstudien greifen Wissenschaftler im Unterschied zu experimentellen Studien nicht in die Anwendung von medizinischen Maßnahmen ein. In Beobachtungsstudien werden auf der einen Seite Eigenschaften und Verhalten (Exposition) der Teilnehmer registriert und auf der anderen Seite gesundheitlich bedeutende Ereignisse erhoben. Beobachtungsstudien dienen häufig zur Erfassung und Beschreibung von natürlichen Krankheitsverläufen und zur Beschreibung von Assoziationen zwischen Expositionsfaktoren und bestimmten Ereignissen. In der Regel unterscheiden sich Personen, die eine bestimmte Eigenheit aufweisen aber auch in anderen Eigenschaften vom Rest einer Teilnehmergruppe, so dass die Bedeutung einzelner Faktoren nicht sicher abgegrenzt werden kann. Beobachtungsstudien sind deshalb anfällig für Verzerrungen wie Confounding und Selektionsbias, und können in der Regel keine Ursache-Folge-Wirkung (Kausalität) belegen. Berichtsplan (vorläufige Version) Zwischenschritt in der Erstellung eines IQWiG-Berichts. Im Berichtsplan werden vorab die Eckpunkte festgelegt, wie zum Beispiel der Nutzen verschiedener medizinischer Maßnahmen bewertet werden soll. Dazu wird festgelegt, welche Gruppe von Patienten untersucht werden soll; welche medizinischen Maßnahmen miteinander verglichen und welche Behandlungsergebnisse zur Bewertung herangezogen werden sollen. Außerdem wird festgelegt, wie Studien gesucht, ausgewählt und ausgewertet werden sollen. Das IQWiG veröffentlicht zuerst einen vorläufigen Berichtsplan. Der wird dann nach einer schriftlichen Anhörung soweit notwendig überarbeitet und dann als „Berichtsplan“ publiziert. Überlebenszeitanalyse Verfahren zur Auswertung von Daten, die die Zeit bis zum Eintritt eines Ereignisses beschreiben, zum Beispiel bis zum Tod oder nächsten Krankheitsschub. Seite 11 von 108 Glossar IQWiG Überlegenheitsstudie Klinische Studie, die auf den Nachweis zielt, dass eine medizinische Maßnahme einer anderen überlegen ist. Übersicht, nicht systematische Gutachten, das nicht auf den Methoden basiert, wie sie bei systematischen Übersichten eingesetzt werden. Die Folge ist zum Beispiel eine subjektive Teilauswahl der Studien. Beta-2-Mimetika Beta-2-Mimetika sind Medikamente, die eine Erweiterung der Atemwege bewirken, indem sie die verkrampfte Atemwegsmuskulatur entspannen. Es gibt kurz- und langwirksame Beta-2-Mimetika. Erstere werden als Bedarfs- oder Notfallmedikamente gegen akute Asthmabeschwerden eingesetzt, letztere als Dauermedikation zur langfristigen Asthmakontrolle. Betablocker Betablocker, genauer gesagt Betarezeptorenblocker, sind Medikamente, die beispielsweise bei einem erhöhten Blutdruck oder zur Migräne-Prophylaxe eingesetzt werden. Sie blockieren die körpereigenen Beta-Rezeptoren, die für die Aktivierung des Sympathikus zuständig sind. Der Sympathikus ist Teil des vegetativen Nervensystems, das unsere unbewussten Körpervorgänge steuert. Ein aktivierter Sympathikus bewirkt unter anderem, dass die Blutgefäße sich verengen, das Herz schneller schlägt und somit der Blutdruck steigt. Betablocker verhindern diesen Mechanismus. Beta-Carotin Betacarotin (auch ß-Carotin) ist ein Farbstoff in Gemüse und Obst, der z.B. die Möhre (Karotte) orange-gelb färbt. Es ist die chemische Vorstufe des Vitamin A und wird deshalb auch als Provitamin A bezeichnet. Die Lebensmittelindustrie nutzt Betacarotin als Lebensmittelfarbstoff. Außerdem wird es als Nahrungsergänzungsmittel in Multivitaminpräparaten angeboten. Betreuungsverfügung In einer Betreuungsverfügung legt man fest, wer wichtige rechtliche Angelegenheiten regeln soll, wenn man dazu selbst nicht mehr in der Lage sein sollte. Man kann eine Person vorschlagen, die zum Betreuer oder zur Betreuerin bestellt werden soll. Oder auch Personen benennen, die diese Funktion eben nicht übernehmen sollen. Ein Betreuer oder eine Betreuerin wird nur vom Gericht bestellt, wenn dies unbedingt notwendig ist. Vorher wird geprüft, ob Familienangehörige, Freunde oder soziale Dienste diese Aufgaben übernehmen können. Seite 12 von 108 Glossar IQWiG Bias „Bias“ stammt aus dem Englischen, es gibt kein exakt deckungsgleiches deutsches Wort. Bezogen auf Studien wird Bias oft als „systematischer Fehler“ oder „Verzerrung“ übersetzt. Gemeint ist eine Tendenz, Ergebnisse zu produzieren, die systematisch in eine bestimmte Richtung von den wahren Werten abweichen. Das Ziel wissenschaftlicher Studien ist es, den wahren Unterschied zwischen zwei (Behandlungs- oder Diagnose-) Alternativen zu schätzen und deshalb den Einfluss anderer Faktoren auszuschließen. „Bias“ ist vorhanden, wenn das nicht gelingt, und es sichtbare oder unsichtbare Einflüsse gibt, die einen Unterschied systematisch vergrößern, verkleinern oder möglicherweise sogar umkehren, so dass der gemessene Unterschied nicht mehr alleine durch die Alternativen, sondern durch andere Faktoren bedingt ist. Bias kann so stark sein, dass er einen Nutzen vortäuscht, wo in Wahrheit sogar ein Schaden vorliegt. Studienergebnisse können durch eine Vielzahl von Einflüssen verzerrt sein (siehe Biasarten). Ohne einen angemessenen Schutz vor Bias haben Studienergebnisse deshalb keine ausreichende Ergebnissicherheit. Der Schutz vor Bias ist das zentrale Qualitätsmerkmal klinischer Studien, von der die Ergebnissicherheit abhängt. Studien sollen so geplant, durchgeführt und ausgewertet werden, dass ein Bias minimiert wird. Seite 13 von 108 Glossar IQWiG Biasarten Attrition Bias = systematischer Unterschied durch Studienabbrecher. Teilnehmer, die eine Studie abbrechen, tun das oft aufgrund von Nebenwirkungen, Unzufriedenheit oder schlechter Resultate. Wenn diese Teilnehmer aus der Auswertung herausgenommen werden, führt das unter Umständen zu einer Überschätzung einer medizinischen Maßnahme. Gegenmaßnahme: Intention-to-treatAuswertung, bei der auch Studienabbrecher mit berücksichtigt werden. Detection Bias/Informationsbias = systematischer Unterschied, weil in Gruppen unterschiedliche Verfahren zur Feststellung der Endpunkte verwendet werden. Beispiel: Zur Feststellung, ob nach einer Chemotherapie noch ein Tumor vorhanden ist, können Computertomographie, Sonographie oder auch nur eine klinische Untersuchung verwendet werden, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führen. Gegenmaßnahme: In den Studiengruppen müssen dieselben Untersuchungsverfahren eingesetzt werden. Um dies in der Praxis zu erreichen ist die beste Möglichkeit eine verblindete Erhebung der Zielgrößen. Performance Bias = systematischer Unterschied zum Beispiel, weil eine Gruppe von Patienten in einer Studie eine zusätzliche Behandlung erhält, die nicht im Rahmen der Studie untersucht wird; Angaben zur Begleittherapie sollten deshalb immer vorhanden sein, um einen eventuellen Unterschied in den Vergleichsgruppen beurteilen zu können. Gegenmaßnahme: Verblindung, um Unterschiede in begleitenden Maßnahmen zwischen den zu vergleichenden Gruppen zu vermeiden. Publication Bias = systematischer Unterschied durch die Tatsache, dass Studien, die einen negativen oder keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen der Interventions- und der Kontrollgruppe finden, seltener und später publiziert werden, als Studien mit positiven und signifikanten Resultaten. Ein systematischer Review oder eine Meta-Analyse, die sich ausschließlich auf publizierte Studien stützt, läuft Gefahr, den Effekt der untersuchten Intervention zu überschätzen. Gegenmaßnahme: Suche und Einschluss von bislang unpublizierten Studien. Selektionsbias = systematischer Unterschied aufgrund ungleicher Zusammensetzung der Vergleichsgruppen, wenn also zum Beispiel eine Gruppe älter oder schwerer erkrankt ist als die andere. Gegenmaßnahme: Zufällige (randomisierte) und verdeckte Zuteilung der Teilnehmer zu den Gruppen. Lead-Time-Bias = systematischer Unterschied bei der Beurteilung von Methoden zur Früherkennung von Krankheiten durch reine Vorverlegung einer Diagnose im Vergleich zu Patienten, bei denen die Krankheit erst nach dem Auftreten klinischer Symptome festgestellt wird. Lässt den zeitlichen Abstand zwischen Diagnose und Verschlechterung/Tod auch bei Maßnahmen als verlängert erscheinen, die keine Auswirkungen auf den Zeitpunkt des Todes haben. Gegenmaßnahme: Kontrollierte Studien, in denen alle Teilnehmer ab einem einheitlich festgelegten Zeitpunkt beobachtet werden, und nicht erst ab einer Diagnose. Length-Bias = systematischer Unterschied bei der Beurteilung von Methoden der Früherkennung von Krankheiten durch bevorzugte Diagnose von Erkrankungen, die einen langsameren, weniger aggressiven Verlauf haben. Lässt einen Nutzen einer Früherkennung dann als gegeben erscheinen, wenn Erkrankungen nicht mitbetrachtet werden, die von einer Früherkennungsuntersuchung nicht miterfasst werden. Gegenmaßnahme: Kontrollierte Studien, in denen alle Teilnehmer ab einem einheitlich festgelegten Zeitpunkt beobachtet werden, und nicht erst ab einer Diagnose. Biofeedback Biofeedback ist ein Entspannungsverfahren aus der Verhaltenstherapie. Dabei werden zum Beispiel Puls, Atemfrequenz, Körpertemperatur, Hirnströme und Muskelspannung über Sensoren gemessen und mittels eines Computers hör- und sichtbar gemacht. Im nächsten Schritt soll man lernen, über eine Rückkopplung (Feedback), in der Regel durch Entspannung, diese Werte zu beeinflussen und zu verändern. Seite 14 von 108 Glossar IQWiG Bipolare Störung Eine bipolare Störung ist eine ernsthafte Erkrankung, bei der die Stimmung zwischen zwei entgegengesetzten Polen schwankt. Die Stimmungswechsel gehen weit über das normale Maß hinaus: In extremen „Hochphasen“ sind Menschen mit einer bipolaren Störung überschwänglich und euphorisch, extrem aktiv, aber auch reizbar, sprunghaft und unruhig (Manie). Diese Hochphasen wechseln sich mit extremen Tiefphasen ab, in denen Betroffene sich niedergeschlagen und wertlos fühlen. Aktivitäten fallen dann schwer, die Menschen schlafen oft schlecht und neigen zum Grübeln (Depression). Schwere Depressionen sind häufig mit Gedanken an eine Selbsttötung verbunden. Die bipolare Störung wird aufgrund dieser Phasen auch manisch-depressive Erkrankung genannt. Es gibt aber auch Mischformen, bei denen depressive und manische Symptome nicht nacheinander, sondern gleichzeitig auftreten. Blase Die Blase wird auch Harnblase genannt. Sie ist das Organ, in dem sich der Harn oder Urin sammelt, bevor er den Körper über die Harnröhre verlässt. Aus den Nieren gelangt der Harn über die Harnleiter in die Blase. Die Blase eines Erwachsenen nimmt zwischen 0,5 bis zu einem Liter Urin auf. Der Drang, "auf die Toilette zu müssen", entsteht in der Regel aber schon bei geringeren Mengen. Die Blase passt sich dank der sie umspannenden Muskulatur an die Urinmenge an. Zurückgehalten wird der Urin durch Schließmuskeln. Wenn wir Wasser lassen, zieht die Blasenmuskulatur die Blase zusammen, die Schließmuskeln entspannen sich und öffnen die Blase. Von einer Blase spricht man auch in anderem Zusammenhang: Bei Verletzungen, Verbrennungen oder starker Beanspruchung der Haut kann sich zwischen den einzelnen Hautschichten Flüssigkeit ansammeln. Meistens geschieht dies zwischen der obersten Hautschicht (Epidermis) und der darunter gelegenen Lederhaut (Corium). Durch die Flüssigkeitsansammlung wird die Epidermis angehoben und eine Blase entsteht. Blaseninfektion Die Blaseninfektion ist eine Infektion der Harnblase, aus der sich eine Harnblasenentzündung entwickeln kann. Sie wird in den allermeisten Fällen durch Bakterien ausgelöst und deshalb mit Antibiotika behandelt. Die Bakterien stammen meist aus dem eigenen Darm. Typische Beschwerden einer Blasenentzündung sind Schmerzen beim Wasserlassen, häufiges Wasserlassen oder Probleme beim Wasserlassen. Frauen sind häufiger von Blaseninfektionen betroffen, weil ihre Harnröhre kürzer ist als bei Männern, Krankheitserreger können dadurch leichter bis zur Blase vordringen. Blasenkatheter Ein Blasenkatheter (von griechisch „katheter“: Sonde) hat die Funktion, Harn aus der Blase nach außen zu transportieren. Dazu wird in der Regel ein Kunststoffschlauch mit einem Aufnahmebeutel am äußeren Ende entweder durch die Harnröhre in die Harnblase eingeführt oder oberhalb des Schambeins direkt durch die Bauchdecke in die Harnblase eingebracht. Ein Blasenkatheter wird beispielsweise eingesetzt, wenn das Wasserlassen auf natürlichem Wege nicht möglich ist. Blasenkontrolle Blasenkontrolle bezeichnet die Fähigkeit, selbst den Moment zu entscheiden, wann die Blase entleert wird. Dabei geht es z.B. um die Kontrolle der Schließmuskeln, welche die Blasenentleerung verhindern oder ermöglichen. Ein Kind entwickelt die Blasenkontrolle in den ersten Lebensjahren. Die Blasenkontrolle lässt sich durch gezielte Übungen auch trainieren. Seite 15 von 108 Glossar IQWiG Blister Blister bezeichnen eine Verpackung von Tabletten. Dieser englische Begriff bedeutet auf Deutsch "Blase". In einer Blisterpackung werden die Medikamente in Vertiefungen einer Kunststofffolie platziert und mit Aluminium verschlossen. Blutgerinnung Die Blutgerinnung in unserem Körper dient dazu, Blutungen zu stillen. Die Blutgerinnung ist ein komplizierter Vorgang, der in mehreren Phasen abläuft: Ist ein Blutgefäß verletzt, lagern sich zunächst die Blutplättchen (Thrombozyten) an die verletzte Stelle der Gefäßwand. Die Plättchen ballen sich dabei fest zusammen. Dies nennt man Aggregation. Später gelangen bestimmte Eiweiße aus der Leber, die so genannten Gerinnungsfaktoren, zum verletzten Gefäß. Durch eine komplizierte Reaktionskette bewirken die Gerinnungsfaktoren die weitere Zusammenlagerung der Blutplättchen und die Reparatur der Wunde: Die Wundränder ziehen sich zusammen und Bindegewebszellen bilden neues Gewebe. Blutkörperchen Blutzellen (mikroskopisch kleine Strukturen im Blut), die entweder Sauerstoff durch den Körper transportieren (rote Blutkörperchen) oder Krankheitserreger erkennen und bekämpfen (weiße Blutkörperchen). Blutplasma Unter Blutplasma (von „plasma“, griechisch: Gebilde) versteht man den flüssigen Anteil des Blutes ohne die Blutkörperchen. Es besteht aus Wasser und aus den darin gelösten Stoffen. Dazu gehören Eiweiße, Salze wie Natrium, Kalium oder Calcium, Hormone, Glucose, Fette, Vitamine und Abbauprodukte des Stoffwechsels wie beispielsweise Harnstoff oder Milchsäure. Blutsenkungsgeschwindigkeit BSG ist die Abkürzung für Blutsenkungsgeschwindigkeit – manchmal spricht man auch von Blutkörperchen-Senkungsgeschwindigkeit (BKS ) oder Blutsenkungsreaktion (BSR ) – und bezieht sich auf die Labormethode, mit der man das Blut untersucht: In einem speziellen langen Röhrchen sinken die festen Bestandteile des Blutes langsam auf den Boden des Röhrchens. Nach einer Stunde liest man ab, wie weit die Blutkörperchen abgesunken sind. Sind im Blut vermehrt bestimmte Eiweiße vorhanden, die die Blutkörperchen aneinander haften lassen, sinken die festen Bestandteile schneller, die BSG ist erhöht. Das kann bei Entzündungen der Fall sein, aber auch bei Tumoren oder bei einer aus anderen Gründen veränderten Zusammensetzung der Bluteiweiße. Blutstammzellen Die vorwiegend im Knochenmark vorhandenen Blutstammzellen sind dafür zuständig, neue Blutzellen zu bilden. Dazu teilt sich eine Blutstammzelle in zwei neue Zellen: eine weitere Blutstammzelle und eine andere Zelle, die sich über verschiedene Stufen zu einem roten oder weißen Blutkörperchen oder Blutplättchen ausbildet. So sorgen diese Stammzellen dafür, dass der Bedarf an Blutzellen im Körper immer gedeckt ist. Blutstammzellen können nur Blutzellen bilden, keine anderen Zellen oder Gewebe. Seite 16 von 108 Glossar IQWiG Blutstammzelltransplantation Bei einer Blutstammzelltransplantation, oft auch kurz Stammzelltransplantation (SZT) genannt, werden Blutstammzellen übertragen – entweder zwischen zwei verschiedenen Menschen oder es werden eigene Stammzellen entnommen und beispielsweise nach einer hochdosierten Chemotherapie wieder zurückübertragen. Die Blutstammzellen können aus dem Knochenmark entnommen werden. Weit häufiger werden sie aber heutzutage aus dem Blut „herausgefiltert“. Bei der Transplantation werden die Zellen dann – ähnlich wie bei einer Bluttransfusion – über einen speziellen Tropf über eine Vene in den Körper zurückgegeben. Eine SZT wird angewandt, um Blutstammzellen zu ersetzen, die geschädigt sind oder nicht richtig funktionieren – etwa bei seltenen angeborenen Erkrankungen der Blutzellen oder im Rahmen einer Krebstherapie, wenn die Blutstammzellen durch eine sehr hochdosierte Chemotherapie und / oder Bestrahlung zerstört wurden. Body-Mass-Index Der BMI ist ein Maß zur Beurteilung des Körpergewichts. Er beschreibt das Verhältnis des Körpergewichts zur Körpergröße und wird nach folgender Formel berechnet: BMI = Körpergewicht (kg) / Körpergröße (m)2. Wenn Sie also 1,70 m groß sind und 60 kg wiegen, rechnen Sie wie folgt: 60 : (1,70 x 1,70) = 20,76, das heißt, Sie haben einen BMI von rund 21. Menschen mit einem BMI von 18,5 bis 24,9 gelten als normalgewichtig. Ein BMI unter 18,5 deutet auf Untergewicht und einBMI von 25 bis 29,9 auf ein Übergewicht hin. Ab einem BMI von 30 spricht man von Fettleibigkeit (Adipositas). Der BMI sagt allerdings nur etwas über das gesamte Körpergewicht aus und macht keine Angaben zum Körperfett. Zwei Menschen können den gleichen BMI , aber eine unterschiedliche Menge an Körperfett haben. Ein Bodybuilder mit viel Muskeln und wenig Körperfett kann also den gleichen BMI haben wie ein Mensch mit wenig Muskeln und viel Fett. Dennoch deutet ein BMI ab 30 in der Regel auf einen erhöhten Fettanteil im Körper hin. Bodyplethysmographie Bei einer Bodyplethysmographie (Ganzkörper-Plethysmographie) sitzt die Patientin oder der Patient in einer luftdichten Glaskammer, die an eine Telefonzelle erinnert. Mit dieser Untersuchung können Druckunterschiede und bei der Atmung bewegte Luftmengen gemessen werden. Dies kann Hinweise auf mögliche Ursachen von Atembeschwerden geben. Bowen´s Krankheit Die Bowen´s Krankheit, benannt nach ihrem Entdecker, dem Hautarzt John T. Bowen, ist die Bezeichnung für eine frühe Form eines Hautkrebses. Diese frühe Form ist auf die oberste Schicht der Haut – genannt Epidermis – beschränkt und wird deshalb auch intraepidermales Carcinoma in situ genannt (von „intra“, lateinisch: innerhalb, „epi“, griechisch: über und „derma“, griechisch: Haut). Die Hautveränderungen wachsen im Gegensatz zu anderen Hautkrebs-Formen sehr langsam. Unbehandelt kann der Morbus Bowen meist erst nach Jahren in ein sogenanntes PlattenepithelKarzinom, auch Spinaliom oder Stachelzellkrebs genannt, übergehen. Seite 17 von 108 Glossar IQWiG Bradykinin Bradykinin ist ein körpereigenes Gewebshormon mit vielfältiger Wirkung. Seine Ausschüttung führt zu einer Erweiterung der Blutgefäße und damit zu einer Senkung des Blutdrucks. Das Hormon ist auch an der Steuerung von Entzündungsvorgängen beteiligt: Es erhöht die Durchlässigkeit von Gefäßen, wodurch Flüssigkeit und Abwehrzellen aus dem Blut in das Gewebe austreten können. Zusätzlich steigert es die Schmerzempfindlichkeit an verletzten oder entzündeten Körperstellen. Außerdem zieht sich die glatte Muskulatur des Darms, der Bronchien und der Gebärmutter zusammen, wenn Bradykinin in erhöhter Menge im Gewebe freigesetzt wird. Bronchien Wenn wir Luft einatmen, gelangt diese über die Luftröhre in die Lunge. Dort wird sie durch ein verzweigtes Netz aus immer feineren Atemwegen (Bronchien) bis zu den Lungenbläschen geführt. In den Lungenbläschen findet der Austausch von Sauerstoff und Kohlendioxid statt. Bronchitis Bei einer Bronchitis sind die Atemwege, die sogenannten Bronchien, entzündet. Dies äußert sich gewöhnlich dadurch, dass über einen längeren Zeitraum fast täglich gehustet und Auswurf produziert wird. Eine Bronchitis kann akut, also vorübergehend, oder chronisch, also dauerhaft, sein. Brustzentrum Ein Brustzentrum ist ein spezialisiertes Tumorzentrum. Es ist eine Abteilung einer Klinik oder mehrere Fachabteilungen verschiedener Einrichtungen, die sich schwerpunktmäßig mit der Behandlung von Brustkrebs befassen. Hier arbeiten Expertinnen und Experten mehrerer Fachrichtungen eng vernetzt zusammen. Bruxismus Bruxismus ist der zahnmedizinische Fachbegriff für Zähneknirschen: ein unbewusstes, in der Regel nächtliches Zusammenpressen und manchmal auch Aufeinanderreiben der Zähne. Dauerhaftes Zähneknirschen schädigt die Zähne, den Zahnhalteapparat und belastet das Kiefergelenk sowie die Kiefermuskulatur. Es kann außerdem zu Kopf- und Kieferschmerzen führen. Oft sind mit dem Zähneknirschen auch Geräusche verbunden, die die Partnerin oder den Partner möglicherweise beim Schlafen stören. Schlafstörungen, Alkohol, Koffein, Rauchen, bestimmte Medikamente sowie Stress oder Angst können Zähneknirschen fördern. Auch Fehlstellungen der Zähne und ein zu hoher, nicht gut angepasster Zahnersatz können bei der Entstehung eine Rolle spielen. Bypass Ein Bypass (von „bypass“, englisch: Überbrückung, Umleitung) ist eine künstlich angelegte Umgehung einer Engstelle, beispielsweise in einem Blutgefäß. Diese Methode findet unter anderem bei verengten oder verschlossenen Herzkranzgefäßen oder Beinarterien Anwendung. Durch den Bypass entsteht eine neue Verbindung zwischen Anfang und Ende der Engstelle, so dass ein ausreichender Blutfluss wiederhergestellt wird. Für die Umgehung werden entweder körpereigene Venen oder Arterien verwendet, oder man setzt Bypässe aus Kunstgewebe ein. Diese bestehen beispielsweise aus Goretex oder Teflon. Seite 18 von 108 Glossar IQWiG Chemischer Botenstoff Ein chemischer Botenstoff ist eine Substanz im Körper, die gebraucht wird, um Informationen zwischen Zellen weiterzugeben und zu verbreiten. Bekannte chemische Botenstoffe im menschlichen Körper sind Hormone und Neurotransmitter. Hormone werden an einem Ort des Körpers hergestellt, sie werden über das Blut durch den Körper transportiert und wirken nur an den für sie vorgesehenen Stellen. Jedes Hormon hat spezielle Effekte, z.B. einen erweiternden Einfluss auf die Blutgefäße oder einen stärkenden, festigenden Einfluss auf die Gebärmutterschleimhaut. Typische Hormone sind Adrenalin, Insulin oder das Östrogen.Neurotransmitter arbeiten an den Andockstellen der Nervenzelle, dort wo eine Nervenzelle ihren Befehl an die nächste weitergibt. Typische Neurotransmitter sind Glutamat, Acetylcholin, Noradrenalin und Serotonin. Viele Medikamentenklassen wirken, weil sie die Wirkung chemischer Botenstoffe imitieren oder blockieren. Chemische Botenstoffe werden auch als Medikamente eingesetzt. Chemotherapie Unter einer Chemotherapie wird meistens die medikamentöse Behandlung von Krebserkrankungen verstanden. Bei einer Chemotherapie werden dem Körper in der Regel über eine Infusion bestimmte Medikamente zugeführt. Es gibt aber auch Präparate, die als Tablette eingenommen werden. Die Wirkstoffe werden über den Blutkreislauf transportiert und können so im ganzen Körper wirken. Die Medikamente sollen verhindern, dass die Krebszellen sich weiterhin unkontrolliert teilen und vermehren. Bei bestimmten Tumoren werden sie manchmal zusätzlich örtlich angewendet. Auch die Therapie von Entzündungen, zum Beispiel mit Antibiotika, wird gelegentlich als Chemotherapie bezeichnet. Chiropraktiker Chiropraktikerinnen und -praktiker behandeln Beschwerden und Störungen chiropraktisch, d.h. sie arbeiten nicht mit Medikamenten, sondern vor allem mit den Händen. Deshalb heißt diese Behandlungsform auch Manuelle Medizin. Um ein Leiden zu lindern, aber auch um die Ursache festzustellen, knetet, massiert, dehnt und drückt die Chiropraktikerin oder der Chiropraktiker ausgesuchte Stellen des Körpers, v.a. an der Wirbelsäule und den Gelenken, mit Händen und Fingern, um blockierte oder fehlgestellte Gelenke zu justieren. So versucht sie oder er, Beschwerden wie Taubheitsgefühle und Kribbeln, aber auch Seh- und Hörstörungen, Ohrgeräusche oder Schlafstörungen zu lindern. Die Bezeichnung "Chirotherapeut" ist auf Ärztinnen und Ärzte mit einer chirotherapeutischen Zusatzausbildung beschränkt. Chiropraktiker dürfen sich Heilpraktiker mit Zusatzausbildung nennen. Heilpraktikerinnen und -praktiker zählen nicht zu den ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten. Cholesterinspiegel Der Cholesterinspiegel ist ein Maß für die Konzentration von Cholesterin im Blut. Er wird auch als „Blutfettwert“ bezeichnet, obwohl Cholesterin selbst kein Fett ist. Das Fett befindet sich in den Transportmolekülen, mit denen Cholesterin durch das Blut schwimmt. Je nach Typ der Transportmoleküle unterscheiden Ärztinnen und Ärzte HDL-, LDL- und VLDL-Cholesterin. Der Gesamtcholesterinwert, gemessen in Milligramm pro Deziliter (mg/dl), setzt sich aus den Einzelwerten dieser drei Typen zusammen. Seite 19 von 108 Glossar IQWiG Chromatograph Ein Chromatograph (von „chroma“, altgriechisch: Farbe und „grafeïn“, griechisch: zeichnen, beschreiben) ist ein Gerät, das verwendet wird, um Stoffgemische zu trennen. Bei der Chromatographie fließen Flüssigkeiten oder Gase, die verschiedene Stoffe enthalten, über einen festen Teil des Gerätes, das die einzelnen Stoffe unterschiedlich stark bindet und somit voneinander trennt. Nach der Trennung können die einzelnen Bestandteile eingefärbt werden, um sie zu unterscheiden. Praktische Anwendung findet das Verfahren in zwei Bereichen: Zum einen in der Mengenbestimmung von Stoffen, beispielsweise in der Labormedizin, wenn gemessen werden soll, wie viel einer bestimmten Substanz im Blut enthalten ist. Zum anderen um einzelne Stoffe aus Flüssigkeiten zu entfernen, wie beispielsweise Laktose aus Milch. Chronische Venenschwäche Bei einer chronischen Venenschwäche schließen die Klappen in den Venen der Beine nicht mehr vollständig. Das hat zur Folge, dass das Blut in den Beinen, das entgegen der Schwerkraft zum Herzen hochgepumpt werden muss, immer wieder zurückfließt und sich in den Beinen staut. Die Venen erweitern sich, es entstehen Krampfadern. Die Venenklappen verhindern dieses Zurückfließen normalerweise. Die Beine betroffener Personen ermüden leicht und fühlen sich schwer an, weil sie schlecht durchblutet werden. Langes Stehen fällt diesen Betroffenen schwer. Durch eine chronische Venenschwäche steigt das Risiko für Gefäßverschlüsse, offene Wunden und andere Beschwerden. Chronisch obstruktive Lungenerkrankung COPD ist die medizinische Abkürzung für den englischen Begriff "chronic obstructive pulmonary disease ". Auf Deutsch bedeutet dies "chronisch obstruktive Lungenerkrankung". Bei einer COPD sind die Atemwege dauerhaft verengt und die Lunge ist geschädigt. Eine COPD ist kein Asthma man kann daher beide Erkrankungen gleichzeitig haben. Cluster-randomisierte Studie Studie, in der nicht einzelne Patienten zufällig auf Gruppen aufgeteilt werden, sondern in denen Einheiten (englisch cluster, Gruppen, Haufen) wie Arztpraxen oder Krankenhäuser randomisiert werden. Cluster-randomisierte Studien werden gewählt, wenn es problematisch ist, verschiedene Patienten in einer Praxis oder Klinik sehr unterschiedlich zu behandeln. Zur Analyse von clusterrandomisierten Studien müssen spezielle hierfür geeignete statistische Verfahren angewendet werden. Cochlea Die Hörschnecke (Cochlea) ist das eigentliche Hörorgan. Sie befindet sich im Innenohr und wandelt Schallwellen in elektrische Signale um. Diese werden über die Nerven zum Gehirn weitergeleitet. Seite 20 von 108 Glossar IQWiG Cochrane Collaboration Die Cochrane Collaboration ist ein internationaler Zusammenschluss von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich zusammengetan haben, um in einzelnen Teams ("Cochrane Review Groups") zu medizinischen Fragen sogenannte systematische Übersichten (Reviews) zu erstellen, mit deren Hilfe wissenschaftlich begründete Aussagen über die Wirksamkeit medizinischer Therapien möglich werden. Zu diesem Zweck haben die Mitglieder der Cochrane Collaboration Methoden entwickelt, um systematisch und umfassend die verfügbaren Informationen über klinische Studien und die Wirksamkeit medizinischer Maßnahmen zu sammeln. Das Ziel der Cochrane Collaboration ist es, Ärztinnen, Ärzten, Patientinnen und Patienten wissenschaftlich fundierte Hilfen für informierte Entscheidungen zur medizinischen Versorgung zu geben und somit medizinische Entscheidungen insgesamt zu verbessern. Die deutsche Internetadresse der Cochrane Collaboration, auf der sich die Organisation selbst vorstellt, lautet www.cochrane.de. Colitis ulcerosa Colitis ulcerosa ist eine von zwei ähnlichen Formen einer chronischen Schleimhautentzündung des Darms (neben Morbus Crohn). Betroffen ist der Dickdarm. Beschwerdefreie Phasen wechseln sich mit Zeiten ab, in denen Schmerzen im linken Unterbauch, Durchfall und Gewichtsverlust so stark sein können, dass die Betroffenen in dieser Zeit nicht ihrer Arbeit nachgehen können oder sogar ins Krankhaus müssen. Computertomografie Eine Computertomografie oder kurz CT (von „tome“, griechisch: Schnitt und „graphein“: schreiben) ist eine spezielle Röntgenuntersuchung. Bei dieser Untersuchung wird man liegend durch ein ringförmiges CT -Gerät geschoben. Dabei rotiert eine Röntgenquelle im CT -Gerät um die ausgewählte Körperregion und es wird aus unterschiedlichen Richtungen deren Dichte gemessen. Ein Computer setzt die so gesammelten Daten zusammen. So erhält man ein mehrdimensionales Schnittbild der jeweiligen Körperregion. Eine CT -Aufnahme geht wie jede andere Röntgenuntersuchung mit einer Strahlenbelastung einher. Confounder Als Confounder (Störgröße) wird ein Faktor bezeichnet, der sowohl mit einer Intervention (oder Exposition), als auch mit dem beobachteten Ergebnis einer Studie assoziiert ist. Auch im Deutschen wird oft der englische Begriff verwendet. Wenn zum Beispiel die Personen in einer Gruppe, in der Therapie A eingesetzt wird, jünger sind als die der Gruppe, in der Therapie B eingesetzt wird, ist schwer zu entscheiden, inwieweit Vorteile der Gruppe A nun auf die Therapie oder das jüngere Alter zurückzuführen sind. Alter ist dann ein Confounder. Gegenmaßnahme: Randomisierung soll solche Ungleichheiten minimieren; bekannte und in der Studie erhobene Confounder können durch Anwendung geeigneter statistischer Verfahren berücksichtigt werden (Adjustierung). CONSORT-Statement (Consolidated Standards of Reporting Trials) Das CONSORT-Statement (Consolidated Standards of Reporting Trials) beschreibt, welche Informationen standardmäßig in Publikationen über Ergebnisse aus randomisierter kontrollierten Studien enthalten sein sollten. CONSORT schließt eine Checkliste und ein Flussdiagramm ein, dem sich der Umgang mit allen Teilnehmern der Studie entnehmen lässt. Absicht ist es, sicherzustellen, dass die Publikation einer Studie die für die Bewertung der Ergebnissicherheit wichtigen Angaben enthält. Ähnliche Standards sind auch für systematische Übersichten und Meta-Analysen (QUOROM), Beobachtungsstudien (MOOSE) und Diagnosestudien (STARD) veröffentlicht. Seite 21 von 108 Glossar IQWiG Controller Asthmamedikamente, die helfen, die Erkrankung auf Dauer zu kontrollieren und Asthmaanfällen vorzubeugen. Die auch Dauermedikation genannten Mittel beeinflussen die Entzündungsreaktion der Bronchien. Sie werden nicht bei akuten Beschwerden, sondern dauerhaft jeden Tag eingenommen. Corpus luteum Der Gelbkörper entsteht im Eierstock nach dem Eisprung aus den verbliebenen Zellen der Hülle. Der Name kommt von der gelblichen Färbung dieser Zellen. Die medizinische Bezeichnung lautet Corpus luteum (von „corpus“, lateinisch: Körper und „luteus“, lateinisch: gelb). Der Gelbkörper wird in der zweiten Hälfte des weiblichen Zyklus zunächst immer größer. Er bildet eine geringe Menge Östrogen und in steigender Menge das Hormon Progesteron, das daher auch Gelbkörperhormon genannt wird. Unter der Wirkung von Progesteron wandelt sich die Gebärmutterschleimhaut so um, dass sich eine befruchtete Eizelle einnisten kann. Kommt es nicht zur Schwangerschaft, bildet sich der Gelbkörper wieder zurück und stellt immer weniger Progesteron her. Dadurch wird die Menstruationsblutung ausgelöst. Bei schwangeren Frauen bildet der Gelbkörper circa drei Monate lang Hormone, damit die Schwangerschaft weiter erhalten wird. Diese Aufgabe übernimmt ab dem dritten Schwangerschaftsmonat der Mutterkuchen. Corpus-luteum-Insuffizienz Der Gelbkörper oder Corpus luteum entsteht im Eierstock nach dem Eisprung aus den verbliebenen Zellen der Hülle. Der Name kommt von der gelblichen Färbung dieser Zellen. Der Gelbkörper sorgt durch die Bildung des Gelbkörperhormons Progesteron dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut umgewandelt wird und sich eine befruchtete Eizelle einnisten kann. Bei einer Gelbkörperschwäche (Corpus-luteum-Insuffizienz) wird zu wenig Gelbkörperhormon gebildet. Dies kann zu Zwischenblutungen in der zweiten Zyklushälfte führen. Eine Gelbkörperschwäche kann auch der Grund dafür sein, dass eine Frau nicht schwanger wird oder eine Fehlgeburt in der sehr frühen Schwangerschaft hat. Cox-2-Hemmer Cox-2-Hemmer sind eine noch neue Klasse entzündungshemmender, schmerzlindernder und fiebersenkender Wirkstoffe, die erstmals Ende der 90er Jahre auf den Markt kamen. C-reaktives Protein Das „C-reaktive Protein“ (CRP ) ist ein Eiweiß, das bei einer Entzündung im Körper vermehrt von Zellen der Leber gebildet und ins Blut abgegeben wird. Ein erhöhter CRP -Wert im Blut kann bereits frühzeitig auf eine Entzündung im Körper hinweisen, auch wenn noch kein Fieber aufgetreten ist und die weißen Blutkörperchen im Blut (Leukozyten) noch nicht erhöht sind. Auch bei einem akuten Herzinfarkt oder bei bestimmten Tumoren kann der CRP -Wert erhöht sein. Seite 22 von 108 Glossar IQWiG Cross-over-Studie In Cross-over-Studien erhalten die Teilnehmer zuerst eine und nach Ablauf der ersten Studienphase auch die alternative Therapie. In der ersten Studienphase erhalten die Probanden des ersten Studienarmes zunächst Therapie A, die Probanden des zweiten Studienarmes Therapie B. Nach einer definierten Behandlungsdauer wird zur 2. Studienphase gewechselt: Studienarm eins erhält nun Therapie B und Studienarm zwei Therapie A. Bei Cross-over-Studien wird also nicht die Therapie, sondern die Reihenfolge der Therapie den Patienten (zufällig) zugeteilt. Die Wirksamkeit der Therapien kann am Ende der Studie unter bestimmten Voraussetzungen sowohl durch den Vergleich zwischen als auch innerhalb der Gruppen bestimmt werden. In Cross-over-Studien können Therapiephasen auch mehrmals wechseln und auch mehr als zwei Behandlungen miteinander verglichen werden. Cross-sectional survey In einer Querschnittsstudie (englisch: cross-sectional survey ) wird eine Population zu einem bestimmten Zeitpunkt untersucht, zum Beispiel um Aussagen über die Häufigkeit (Prävalenz) einer bestimmten Krankheit machen zu können. Darmpolypen Darmpolypen sind gutartige Wucherungen der Darmschleimhaut, die sich aber zu einem bösartigen Tumor (Krebs) entwickeln können. Debridement Der Begriff "Debridement" stammt aus dem Französischen: "Débrider" bedeutet Entfernen von Überflüssigem. Als Debridement oder Wundtoilette bezeichnen Medizinerinnen und Mediziner die Entfernung von abgestorbenem Material und verschmutztem Gewebe aus einer Wunde. Grundsätzlich kann das Debridement mit dem Skalpell, einem Löffel oder anderen Instrumenten, also chirurgisch, chemisch mit bestimmten Eiweißen (Enzyme) oder mechanisch erfolgen. Das mechanische oder physikalische Debridement erfolgt zum Beispiel mit speziellen Wundauflagen: Überschüssige Wundflüssigkeit, Zelltrümmer und Keime werden im Verband festgehalten und mit jedem Verbandwechsel entfernt. Eine mechanische Reinigung der Wunde gelingt außerdem unter der Dusche: Mit dem Duschstrahl werden Keime und abgestorbene Zellen ebenfalls gut entfernt. Weiterhin gehören zum physikalischen Debridement die Wundreinigung mit Wasserstoffperoxid oder feuchte Umschläge. Eine alte Art des Debridements, die kürzlich wiederentdeckt worden ist, ist das "biologische" Debridement mit sterilen Fliegenlarven. Medizinisch wird Debridement häufig auch für chirurgisches "Fäden entfernen" nach Heilung der Wunde verwendet. Debriefing Debriefing (engl.) bedeutet „Nachbesprechung“ und ist eine spezielle Methode der Notfallpsychologie. Kurz nach einem möglicherweise traumatischen Erlebnis bieten psychosozial geschulte Fachkräfte Betroffenen eine Nachbesprechung an. Darin fragen sie gezielt nach dem Erlebten und den damit verbundenen Gedanken und Gefühlen. Seite 23 von 108 Glossar IQWiG Degenerative Veränderung Eine degenerative Veränderung ist eine Veränderung eines Gewebes oder eines Organs durch Abnutzung, Verschleiß, Alterung oder lange einwirkende Schädigung. Degenerativ veränderte Organe oder Gewebe funktionieren häufig nur noch eingeschränkt. So sind degenerativ veränderte Bandscheiben oder Gelenke häufig schmerzhaft und beeinträchtigen die Bewegungsfähigkeit des Betroffenen. Dekubitus Ein Druckgeschwür (Dekubitus) ist eine offene Wunde. Diese entsteht durch einen anhaltenden Druck auf die Haut. Die Schädigung kann von einer Rötung der betroffenen Stelle (Schweregrad 1 eines Druckgeschwürs) bis hin zu einer offenen Wunde (Schweregrad 2 bis 4) reichen. Druckgeschwüre entwickeln sich meist durch längeres Liegen oder Sitzen in einer Stellung bei Menschen, die sich wenig oder nicht bewegen können. Sie entstehen vor allem an den Körperstellen, an denen die Haut dem Knochen unmittelbar anliegt, beispielsweise an Schulterblättern, Steiß oder Ferse. Manchmal treten sie auch unter einem nicht richtig sitzenden Gips auf. Weitere Faktoren, die die Entstehung eines Dekubitus begünstigen, sind Durchblutungsstörungen oder chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus. Bei Menschen mit Diabetes können auch falsch sitzende Schuhe ein Druckgeschwür verursachen. Delphi-Verfahren Bezeichnung einer Umfragemethode, bei der eine ausgesuchte Gruppe von Experten gebeten wird, zu einem Thema wiederholt Stellung zu nehmen. Ein Delphi-Verfahren umfasst mehrere schriftliche Befragungsrunden, wobei nach jeder Runde die Antworten zusammengefasst und den Teilnehmern erneut zugesandt werden. Ziel ist das Erreichen eines Konsenses der Gruppe. Delphi-Verfahren werden als formales Konsensverfahren bei der Leitlinien-Erstellung verwendet. Demineralisation Wenn der Körper Mineralstoffe wie Kalzium oder Phosphat verliert, wird dies als Demineralisation bezeichnet. Davon sind vor allem Strukturen und Organe betroffen, deren Anteil an Mineralstoffen besonders hoch ist, wie zum Beispiel Knochen und Zähne. Zähne können demineralisiert sein, wenn Säuren Mineralstoffe aus dem Zahnschmelz herausgelöst haben. Bei einer Demineralisation von Knochen, wie bei der Osteoporose, ist vorwiegend die Knochensubstanz betroffen. Wenn nur der Kalziumanteil krankhaft verringert ist, spricht man auch von Dekalzifizierung (Entkalkung). Dermatologie Die Dermatologie (von „derma“, griechisch: Haut und „-logie“, griechisch: Lehre, Wissenschaft) umfasst als Teilgebiet der Medizin alle Erkrankungen der Haut sowie der Haare und Nägel. Zu diesem Fachgebiet gehören in Deutschland auch die Venerologie, die sich mit den sexuell übertragbaren Krankheiten befasst, sowie die Phlebologie, die sich mit den Erkrankungen der venösen Blutgefäße beschäftigt. Deutsches-Leitlinien-Bewertungsinstrument Das DELBI (Deutsches-Leitlinien-Bewertungsinstrument, Link) ist eine erläuterte Checkliste zur Beurteilung der methodischen Qualität von Leitlinien. DELBI ist die deutsche Adaptation des internationalen AGREE-Instruments und entspricht diesem im Wesentlichen. Herausgeber sind die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und das Ärztliche Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ). Seite 24 von 108 Glossar IQWiG Diabetesbedingte Folgeerkrankungen Folgeerkrankungen bei Diabetes entstehen durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte. Sie verursachen bleibende Schäden an den Blutgefäßen und Nerven. Dadurch können Erkrankungen an Augen, Nieren, Nerven, Beinen und Füßen auftreten. Diabetes mellitus Diabetes mellitus heißt wörtlich "süßer Urin". Zu den Kennzeichen gehört, dass der Körper Zucker ausscheidet. Umgangssprachlich wird die Krankheit auch Zuckerkrankheit genannt. Es gibt mehrere Typen des Diabetes mellitus, am bekanntesten sind Typ 1 und Typ 2. Allen Typen gemeinsam ist, dass zu viel Glukose, eine Form von Zucker, im Blut schwimmt, weil es Probleme mit dem Hormon Insulin gibt. Die langfristigen Folgen reichen von Durchblutungsstörungen, erschwerter Harnentleerung und Müdigkeit über schlecht heilende Wunden, Nervenschädigungen und Erblindung bis zu Herzinfarkt und Schlaganfall. Auch bei Patientinnen und Patienten, die noch keine lange Krankengeschichte haben, kann es durch starken Insulinmangel zu Bewusstseinsstörungen und lebensgefährlichem Koma kommen. Glukose gelangt ins Blut, weil der Körper Kohlenhydrate und Zucker aus Nahrungsmitteln wie Brot, Kuchen, Nudeln oder Kartoffeln verdaut und in seine kleinsten Bestandteile zerlegt. Außerdem produziert die Leber selbst Glukose. Die Zellen des Körpers brauchen die einfach gebaute Glukose als Energielieferanten. Das Hormon Insulin ist der "Türöffner" für Glukose: Insulin dockt an die Zelle an und bewirkt, dass sie Zucker aus dem Blut aufnimmt. Beim Typ-1-Diabetes zerstört in den meisten Fällen das eigene Immunsystem die Insulin produzierenden Zellen in der Bauchspeicheldrüse, oft schon früh in der Kindheit und Jugend. Deshalb fehlt dem Körper das Hormon, die Glukose gelangt nicht in die Zellen, der Blutzuckerspiegel ist ständig zu hoch. Beim Typ-2-Diabetes produzieren die Zellen der Bauchspeicheldrüsen zwar ausreichend Insulin, aber die Zellen, die Glukose brauchen und an die das Insulin andockt, reagieren nicht auf den "Türöffner". Sie sind Insulin-resistent und lassen die Glukose nicht hinein. Auch hier ist die Folge ein Anstieg der Blutzuckerwerte. Während Menschen mit Typ-1-Diabetes regelmäßig Insulin spritzen müssen, können Menschen mit Typ-2-Diabetes vor allem im Anfangsstadium den Blutzuckerspiegel schon durch eine angepasste Ernährung und viel Bewegung normalisieren. Ein weiterer bedeutender Diabetes mellitus ist der Gestationsdiabetes. Er heißt auch Schwangerschaftsdiabetes, weil er Frauen in der Schwangerschaft treffen kann. Meist klingt dieser Diabetes nach dem Ende der Schwangerschaft wieder ab. Diagnose Mit dem Begriff Diagnose (von „diagnosis“, griechisch: Erkenntnis, Urteil) ist das Feststellen und Benennen einer Erkrankung gemeint. Die Diagnose sollte unter anderem anhand der Vorgeschichte, der vorhandenen Beschwerden und der Untersuchungsergebnisse gestellt werden. Zu den Untersuchungen gehören sowohl eine eingehende körperliche Untersuchung als auch beispielsweise die Bestimmung von Blutwerten oder apparative Untersuchungen wie Ultraschall oder Röntgen. Diagnosis Related Groups Pauschalierte Vergütungen in Form von diagnosebezogenen Fallgruppen mit einem festen Betrag für Krankenhausaufenthalte. Der Krankenhausfall oder -aufenthalt wird abhängig von der Fallschwere und den erbrachten Leistungen mithilfe einer DRG gegenüber der Krankenkasse des Patienten abgerechnet. Seite 25 von 108 Glossar IQWiG Disease-Management-Programm Disease-Management-Programme (DMP ; disease : engl. = Krankheit) sind umfassende Behandlungsangebote für Menschen mit chronischen Erkrankungen. Sie werden seit 2002 von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland angeboten. (DMP sollen sich an den Kriterien der evidenzbasierten Medizin ausrichten und dazu dienen, Krankheiten systematisch und koordiniert zu behandeln und eine gute Lebensqualität für die Patientin oder den Patienten zu ermöglichen. Zu den Programmen gehören regelmäßige Arzttermine mit Beratungsgesprächen und Untersuchungen sowie die Vermittlung von Hintergrundinformationen zum Beispiel durch Schulungen. Derzeit werden (DMP für Menschen mit Diabetes mellitus Typ I oder II, Asthma, Chronisch Obstruktiver Lungenerkrankung (COPD ), Brustkrebs und Koronarer Herzkrankheit angeboten. Diskontierung Verfahren zur Ermittlung des Gegenwartswertes eines in Zukunft fälligen Wertes. Mithilfe der Diskontierung können verschiedene Maßnahmen, deren Nutzen und Kosten zu unterschiedlichen Zeitpunkten anfallen, durch Abzinsung miteinander verglichen werden. Diuretika Diuretika sind entwässernde Medikamente, die unter anderem zur Behandlung von Bluthochdruck eingesetzt werden: Der Körper scheidet vermehrt Wasser und Salze über die Nieren aus, dadurch ist die Flüssigkeitsmenge in den Blutgefäßen geringer und der Blutdruck sinkt. Diuretika werden auch zur Behandlung von Wassereinlagerungen bei Herzschwäche angewendet. Sie werden dann in der Regel höher dosiert als zur Bluthochdruck-Therapie. Dünndarm Der Dünndarm ist der vier bis fünf Meter lange Darmabschnitt zwischen Magenausgang und Dickdarm. Er besteht aus drei Bereichen: dem Zwölffingerdarm, dem Leerdarm und dem Krummdarm. Im Dünndarm wird die Nahrung weiter aufgespalten und die entstehenden Stoffe werden aufgenommen. DNS Die DNS ist ein riesiges Molekül, das die menschlichen Erbinformationen enthält. Sie besteht aus verschiedenen Basen sowie Phosphat und Zucker. Das Molekül hat zwei Stränge die wie eine Leiter miteinander verbunden sind und sich wie eine Spirale verdrillen. Die DNS befindet sich als Teil der Chromosomen in den Zellkernen des Körpers und speichert dort die genetischen Informationen, die unter anderem bei der Bildung neuer Zellen benötigt werden. Dreitagefieber Das sogenannte Dreitagefieber wird von Herpesviren ausgelöst und tritt meist im Kindesalter auf. Es ist durch Fieber und Krankheitsgefühl über drei bis vier Tage gekennzeichnet. Wenn das Fieber abgeklungen ist, zeigt sich typischerweise zuerst am Rumpf und dann an Armen und Beinen ein rötlich-kleinfleckiger Hautausschlag, der nach ein bis zwei Tagen verschwindet. Am Dreitagefieber kann man nur einmal erkranken, nach der Infektion ist man lebenslang immun. Dropout Teilnehmer, der aus einer klinischen Studie vor dem geplanten Ende ausscheidet (engl. Dropout). Seite 26 von 108 Glossar IQWiG Drusen Drusen sind Ablagerungen in der Netzhaut. Sie bestehen aus Abfallprodukten des Stoffwechsels der Sinneszellen. Effekt Ein Effekt im Rahmen klinischer Studien beschreibt einen Teilaspekt des klinischen und / oder funktionalen Zustandes eines Patienten, nachdem eine bestimmte Intervention angewandt wurde. Effektmaß Angabe, die die Stärke eines Effekts einer Intervention beschreibt. Zum Beispiel lassen sich die Effekte von Therapien, die Ereignisse (zum Beispiel Herzinfarkte) verhindern sollen, durch Angabe einer Risikodifferenz oder eines relativen Risikos (RR) quantifizieren. Ekzem Ekzem ist der Sammelbegriff für jede akute oder chronische Entzündung der Haut mit Juckreiz, die nicht ansteckend ist. Die Haut zeigt lokal begrenzte oder über den ganzen Körper verteilte Rötungen, Bläschen, Knötchen, Schorf u.Ä. Embolie Wenn plötzlich ein Blutgefäß durch einen sogenannten Embolus (von „ballein“, griechisch: werfen) verstopft wird, spricht man von einer Embolie. Ein Embolus entsteht meist aus einem eingeschwemmten Blutgerinnsel, dann spricht man von einer Thromboembolie. Aber auch Luft, Gewebe- oder Kalkablagerungen können eine Embolie verursachen. Ein Blutgerinnsel kann sich an einer Stelle im Gefäßsystem bilden, ablösen und dann mit dem Blutstrom weitergetragen werden. Es setzt sich dann in einem kleineren Gefäß fest, blockiert dort den Blutfluss und damit die Versorgung des Gewebes hinter der blockierten Stelle. Eine Lungenembolie wird zum Beispiel meist durch ein Blutgerinnsel ausgelöst, das in den Bein- oder Beckenvenen entstanden ist. Auch Schlaganfälle können durch Embolien verursacht werden. Emphysem Bei einem Emphysem ist Luft an einer ungewohnten Körperstelle zu finden, oder aber es befindet sich eine unüblich große Luftmenge an einer bestimmten Körperstelle. Ein bekanntes Emphysem ist das Lungenemphysem. Beim Lungenemphysem sind die Lungenbläschen zerstört. Die eingeatmete Luft kann nicht mehr vollständig ausgetauscht werden, sodass sich Luft in der Lunge ansammelt. Emulgatoren Emulgatoren sind Mittel, die es schaffen, zwei nicht miteinander mischbare Flüssigkeiten zu verbinden. Es entsteht eine sehr fein verteilte stabile Mischung der wässrigen und fettreichen Anteile - die Emulsion. Emulgatoren werden sowohl in der Nahrungsmittelindustrie, beispielsweise bei der Produktion von Speiseeis, Schokolade oder Desserts, als auch bei der Herstellung von Cremes und Salben benutzt. Oft entstammen sie natürlichen Stoffen, beispielsweise findet man Lezithin in Sojabohnen oder in Eigelb. Seite 27 von 108 Glossar IQWiG Endorphine Endorphine sind körpereigene Substanzen, die von der Hirnanhangsdrüse im Gehirn ausschüttet werden. Reize, die zur Ausschüttung führen, können unter anderem Aktivitäten oder Dinge sein, die ein Wohlgefühl auslösen, beispielsweise Ausdauersport, Lachen oder ein gutes Essen. Umgangssprachlich wird deshalb oft von „Glückshormonen“ gesprochen. Die Bezeichnung „Endorphine“ setzt sich aus zwei Begriffen zusammen: „Endo“, griechisch: innen, innerhalb und „Morphin“, einer aus Opium gewonnenen Droge. Dieser Name rührt daher, dass körpereigene Endorphine im Nervensystem dieselben Rezeptoren besetzen wie von außen zugeführte Opiate (beispielsweise Morphin). Hierauf werden von einigen Experten die Morphinähnlichen Wirkungen der Endorphine wie Schmerzstillung und Euphorie zurückgeführt. Wie genau Endorphine wirken, konnte bisher jedoch nicht geklärt werden. Endoskop Mit einem Endoskop kann eine Ärztin oder ein Arzt in das Innere von Körperhöhlen und -öffnungen wie Magen, Darm, Lunge oder Blase hineinschauen. Endoskope verfügen meist über eine Lichtquelle und eine kleine Kamera, sie sind je nach Verwendungszweck kurze, steife Rohre, die etwa zur Inspektion der Blase oder der Scheide eingesetzt werden, oder lange, flexible Schläuche, mit denen zum Beispiel Magen und Darm untersucht werden können. Endpunkte Endpunkte bezeichnen Ergebnisse oder Ereignisse, die sich in den Kategorien dichotom und kontinuierlich differenzieren lassen. Dichotome oder binäre Endpunkte sind Ereignisse, die für einen Patienten nur eintreten oder nicht eintreten können. Teilnehmer haben entweder einen Herzinfarkt oder sie haben keinen Herzinfarkt, sie haben bis zum Ende der Studie überlebt oder sie haben nicht überlebt. Der Begriff dient der Abgrenzung zu kontinuierlichen Endpunkten. Kontinuierliche Endpunkte sind Ergebnisse, die auf einer kontinuierlichen Werteskala gemessen werden, wie zum Beispiel die Höhe des Blutdrucks. Entblindung Aufhebung der Verblindung während oder am Ende einer verblindeten Studie. Enterisches Nervensystem Das enterische Nervensystem (ENS – von „enteron“, altgriechisch: Darm) ist ein Teil des unwillkürlichen Nervensystems. Es besteht aus einem Nervengeflecht innerhalb der Darmwand, das weitgehend unabhängig die Bewegung des Darmes bei der Verdauung reguliert. Entscheidungshilfen Entscheidungshilfen sind Hilfsmittel, die eine Patientin oder einen Patienten dabei unterstützen, auf Grundlage verschiedener Gesichtspunkte eine Entscheidung zu treffen. Eine Entscheidungshilfe liefert zum Beispiel Informationen darüber, wie hoch das Risiko von Komplikationen einer Operation ist, welche Alternativen es zu einer Operation gibt oder mit welchen Folgen man leben muss, wenn man eine Operation nicht durchführen lässt. Seite 28 von 108 Glossar IQWiG Entzündung (Abwehr-) Reaktion des Körpers auf eine Verletzung, Reizung oder Infektion. Um den Körper zu schützen, wird die betroffene Körperstelle stärker durchblutet. Dadurch fühlt sie sich wärmer an, schwillt an, rötet sich und wird meist empfindlich. Sind Schleimhäute entzündet, sondern sie zudem mehr Flüssigkeit ab als sonst. Dies hilft, eingedrungene Keime auszuschwemmen. Entzündungsmarker Entzündungsmarker sind Blutwerte, mit denen man ungezielt nach einer Entzündung im Körper suchen kann. Dazu gehört die Laborbestimmung der Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG ) und des Creaktiven Proteins (CRP ). Zusätzlich kann auch eine erhöhte Zahl an weißen Blutkörperchen (Leukozyten) in Blut, Urin oder anderen Körperflüssigkeiten auf eine Entzündung hinweisen. Enuresis Enuresis ist der medizinische Fachbegriff für das regelmäßige Einnässen von Kindern, bei denen dies eigentlich nicht mehr passieren sollte. Das nächtliche Bettnässen wird Enuresia nocturna genannt. Macht das Kind regelmäßig tagsüber in die Hose, handelt es sich um eine Enuresia diurna. Passiert dies wieder, nachdem das Kind eigentlich keine Probleme mehr damit hatte, spricht man von einer sekundären Enuresis. Die Ursachen für Enuresis sind unklar, sie können psychischer, aber offenbar auch genetischer Natur sein. Organische Ursachen sind bei einer echten Enuresis nicht vorhanden. Ependymom Ein Ependymom (von „epi“, griechisch: auf, an und „endyma“, griechisch: Gewand, Kleid) ist ein Hirntumor, der von bestimmten Zellen im Gehirn ausgeht. Diese Ependymzellen kleiden als dünne Schicht alle inneren Hohlräume des Gehirns und den Rückenmarkskanal von innen aus. Sie trennen die Hirnflüssigkeit, den Liquor, vom eigentlichen Nervenzellgewebe. Ependymome gehören zur Gruppe der Gliome. Epidemiologische Studien Epidemiologische Studien nennt man Untersuchungen an größeren Bevölkerungsgruppen, die systematisch im Hinblick auf eine Erkrankung oder eine Schädigung beobachtet werden. Durch Vergleich unterschiedlicher Gruppen, die der vermuteten Ursache in unterschiedlichem Maße ausgesetzt sind, kann man begründete Vermutungen über Zusammenhänge von schädlichen Einflüssen und Erkrankungen anstellen. EQ-5D Krankheitsübergreifendes Instrument zur Erhebung von gesundheitsbezogener Lebensqualität unter Verwendung folgender fünf Dimensionen: Beweglichkeit / Mobilität, für sich selbst sorgen, allgemeine Tätigkeit, Schmerzen / körperliche Beschwerden, Angst / Niedergeschlagenheit. Erbanlagen Erbanlagen ist die umgangssprachliche Bezeichnung für die Gene, die jeder Mensch in seinen Zellen trägt. Gene sind die Einheiten, die die genetische Erbinformation eines Menschen speichern. Seite 29 von 108 Glossar IQWiG Eröffnungsphase Die Geburt wird in drei Phasen unterteilt. Mit dem Einsetzen regelmäßiger Wehen beginnt die sogenannte Eröffnungsphase. In dieser Phase weitet sich der Gebärmutterhals und der Muttermund (Cervix) öffnet sich. Wenn er vollständig geöffnet ist, beginnt dann die sogenannte Austreibungsphase, in der sich das Kind bis zur Geburt langsam durch den Geburtskanal schiebt. In der Nachgeburtsphase löst sich durch weitere Wehen der Mutterkuchen ("Plazenta") aus der Gebärmutter. Ergebnissicherheit Ergebnissicherheit ist eine Eigenschaft einer Einzelstudie oder einer systematischen Übersicht/Meta-Analyse. Sie bezeichnet das Vertrauen, das ein in der (den) Studie(n) gefundenes Ergebnis nahe am wahren Ergebnis liegt. Die Ergebnissicherheit ergibt sich aus der Bewertung des Verzerrungspotenzials einer Studie und der Größe der statistischen Unsicherheit. Ergometertraining Das Ergometertraining ähnelt dem Training auf einem Heimtrainer, also einem Fahrrad für Innenräume. Der Unterschied ist, dass ein Ergometer automatisch die Belastung verändern kann, also z.B. die Belastung vermindert, wenn der Puls zu hoch steigt. Das verhindert, dass sich ein Patient zu stark anstrengt. Erythrozyten Der Begriff „Erythrozyten“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet „rote Zellen“. Erythrozyten spielen bei der Sauerstoffversorgung eine wichtige Rolle: Sie nehmen den Sauerstoff in der Lunge auf und transportieren ihn über den Blutkreislauf zu den Organen und Geweben, wo sie ihn an die Zellen abgeben. Erythrozyten leben nur wenige Monate und werden dann hauptsächlich in der Milz abgebaut. Um sie zu ersetzen, produziert der Körper täglich mehrere hundert Millionen Vorläuferzellen, sogenannte Retikulozyten. Diese reifen dann zu neuen Erythrozyten heran. Eukalyptusöl Eukalyptusöl ist ein intensiv riechendes ätherisches Öl, das aus verschiedenen Eukalyptus-Arten gewonnen wird. Es wird vielseitig verwendet, in flüssiger Form, als Tabletten, Dragees oder in Badezusätzen. Eukalyptusöl wird vor allem bei Erkrankungen der Atemwege verwendet, aber auch bei rheumatischen Beschwerden und Entzündungen im Mundraum. Evidenz Evidenz nennt man wissenschaftliche Belege aus gut durchgeführten, hochwertigen wissenschaftlichen Studien, die sorgfältig zur Beantwortung spezifischer Fragen geplant wurden. Für verschiedene Arten von Fragen sind jeweils unterschiedliche wissenschaftliche Untersuchungsmethoden (Studientypen) am besten geeignet, solide Antworten auf diese Fragen zu finden. So sind beispielsweise randomisierte kontrollierte Studien die beste Möglichkeit, um zuverlässige Evidenz über die Wirksamkeit von Behandlungsmaßnahmen (Interventionen) zu bekommen. Dieser Studientyp stellt allerdings nicht für alle denkbaren Fragen die beste Form von Evidenz dar und liefert auch nicht für jede Art von Fragen die besten Antworten. So gibt es z.B. so genannte epidemiologische Studien, die sehr geeignet sind, fundierte Belege für die Ausbreitung von Krankheiten in der Bevölkerung zu erbringen. Seite 30 von 108 Glossar IQWiG Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung Die Anwendung der Methoden der evidenzbasierten Medizin in der breiten Patientenversorgung führt zur evidenzbasierten Gesundheitsversorgung. In einem solchen Gesundheitsversorgungssystem werden Entscheidungen auf der Grundlage von Evidenz getroffen, d.h. wissenschaftlich und nachvollziehbar begründet, um so die jeweils bestmögliche Behandlung auszuwählen und für Patienten anzubieten. Evidenzbasierte Medizin Der Begriff „evidenzbasierte Medizin“ (EbM) beschreibt Anwendungen medizinischer Leistungen, die sich nicht alleine auf Meinungen und Übereinkünfte stützen, sondern „Evidenz“ einbeziehen – Belege, die mit möglichst objektiven wissenschaftlichen Methoden erhoben wurden. EbM umfasst Werkzeuge und Strategien, die vor Fehlentscheidungen und falschen Erwartungen schützen sollen. Evidenzgrade Skalen zur abgestuften Einordnung der Ergebnissicherheit der vorliegenden Evidenz. International werden unterschiedliche Skalen und Definitionen verwendet, die nicht standardisiert sind. Im Allgemeinen haben Studien mit einer hohen Anfälligkeit für Bias einen niedrigeren Evidenzgrad als Studien mit einem kleinen Risiko für Bias. Qualitative gute randomisierte kontrollierte Studien haben zum Beispiel in der Regel einen höheren Evidenzgrad als Beobachtungsstudien oder Fallserien. Exazerbation Eine Exazerbation beschreibt einen Krankheitsschub. Viele chronische Krankheiten wie chronische Lungenerkrankungen, rheumatische Erkrankungen oder chronisch entzündliche Darmerkrankungen können sich vorübergehend deutlich verschlechtern, also exazerbieren, manchmal sehr plötzlich. Exposition In Beobachtungsstudien verwendete Bezeichnung für den Faktor, dessen Auswirkungen erfasst werden sollen. In Studien, die zum Beispiel gesundheitliche Auswirkungen von Vitaminpräparaten analysieren sollen, wird die Einnahme von Vitaminen als Exposition erfasst. Extrakt Ein Extrakt (von „extrahere“, lateinisch: herausziehen) ist eine Substanz, die aus einem Stoffgemisch mit Hilfe eines Lösungsmittels wie Wasser, Alkohol oder Öl „herausgezogen“ wird. Oft werden hitzeempfindliche Substanzen wie Antibiotika oder Naturstoffe aus Heilpflanzen als Extrakt gewonnen. Dieser Auszug kann flüssig oder vakuumgetrocknet sein – etwa ein Presssaft aus frischen oder ein Pulver aus getrockneten Pflanzenteilen. Aromastoffe in Nahrungsmitteln werden ebenfalls durch Extraktion aus dem ursprünglichen Zustand herausgelöst und konzentriert. So werden beispielsweise die Aromastoffe aus gerösteten Kaffeebohnen bei der Zubereitung in einer haushaltsüblichen Filter-Kaffeemaschine extrahiert und sind dann in Wasser gelöst. Extraktionsbogen Vordefiniertes Formular, auf dem Studienergebnisse/-charakteristika eingetragen werden. Fallbericht Ein in Fachzeitschriften publizierter Bericht über einen einzelnen Patienten mit einer Besonderheit. Seite 31 von 108 Glossar IQWiG Fall-Kontroll-Studie Fall-Kontroll-Studien gehen üblicherweise von erkrankten Personen aus und suchen passende Personen aus einer Gruppe ohne diese Erkrankung. Beide werden dann befragt oder die Krankengeschichten analysiert, um herauszufinden, ob es in der Vergangenheit Unterschiede gab, die als Risikofaktoren für eine Erkrankung in Frage kommen. Fallserie Ein in Fachzeitschriften publizierter Bericht über mehrere Patienten mit einer Besonderheit. Fallzahlplanung Abschätzung vor Beginn einer Studie, um die Zahl der Teilnehmer und die Laufzeit der Studie festzulegen, so dass eine gute Aussicht besteht, einen tatsächlich vorhandenen Effekt auch zu erkennen. Familienanamnese Die Anamnese (von „anamnesis“, griechisch: Erinnerung) ist ein Gespräch zwischen Ärztin oder Arzt und Patientin oder Patient, in dem es um die medizinische Vorgeschichte und die aktuellen Beschwerden geht. Die Informationen unterstützen die Diagnosefindung und dienen auch als Entscheidungsgrundlage für weitere Untersuchungen. Zur Anamnese gehört auch die Familienanamnese, in der nach Besonderheiten und Erkrankungen von Verwandten gefragt wird. Dies gibt wertvolle Hinweise auf ein möglicherweise vererbtes Risiko oder die Neigung zu bestimmten Erkrankungen. Gefragt wird beispielsweise nach dem Auftreten von Krebserkrankungen, Herzinfarkt, Schlaganfall oder Bluthochdruck in der Familie. Familiäre adenomatöse Polyposis Die familiäre adenomatöse Polyposis (FAP ) ist eine erbliche Erkrankung des Dickdarms und Mastdarms, bei der sich schon in jungen Jahren sehr viele Polypen im Darm bilden. Aus einigen wird mit großer Wahrscheinlichkeit Darmkrebs entstehen. Familiär vererben "Familiär vererben" bedeutet, dass eine besondere Fähigkeit - eine körperliche Eigenschaft oder die Anfälligkeit für eine Krankheit - in den Genen der Mitglieder einer Familie verankert ist. Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass diese genetische Basis von den Eltern an die Kinder weitergegeben wird. Dies kann über viele Generationen geschehen. Dass diese Gene vererbt werden, bedeutet allerdings nicht, dass alle Mitglieder einer Familie betroffen sein müssen. Fatigue Mit Fatigue (französisch: Müdigkeit) wird eine lähmende körperliche und geistige Erschöpfung bezeichnet, die mit einer hohen emotionalen Empfindlichkeit einhergehen kann. Im Gegensatz zu normaler Müdigkeit lässt sich die Fatigue nur sehr begrenzt durch Ruhe und Schlaf verringern. Seite 32 von 108 Glossar IQWiG Fehlbildung des Harntrakts Fehlbildungen des Harntrakts betreffen die Nieren, die beiden Harnleiter, die Harnblase oder die Harnröhre. Es sind angeborene Abweichungen von der normal entwickelten Form des Organs. Zum Beispiel kann die Harnröhre enger als normal ausgebildet sein, oder bei Mädchen mündet der Harnleiter nicht in die Blase, sondern direkt in die Scheide. Fehlbildungen des Harntrakts lassen sich oft durch einen chirurgischen Eingriff korrigieren. Harnproduktion beschreibt den Schritt, bei dem Abfallstoffe des Körpers in den Nieren aus dem Blut gefiltert werden. Aus diesen rund 150 Litern, die täglich an Primärharn in den Nieren erzeugt werden, zieht der Körper so viel Wasser und Mineralstoffe, dass am Ende nur noch rund 1,5 Liter Urin ausgeschieden werden. Die Harnproduktion kann durch Medikamente, bestimmte Getränke oder auch Erkrankungen gesteigert oder gedrosselt werden. Feigwarzen Feigwarzen sind gutartige Gewebswucherungen, die zu den Hautwarzen zählen. Sie werden in der Regel wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter groß. Feigwarzen sind rot, braun oder weiß, treten zuerst einzeln auf, wachsen sich aber schnell zu Gruppen aus. Am häufigsten bilden sich Feigwarzen im Genitalbereich und am Darmausgang. Sie werden von sogenannten humanen (den Mensch betreffenden) Papillomviren (HPV) verursacht, wobei die Viren auch nachgewiesen werden können, ohne dass Feigwarzen entstehen. Papillomviren werden häufig beim Geschlechtsverkehr oder anderen intimen Kontakten weitergegeben; daher zählen Feigwarzen zu den sexuell übertragbaren Infektionen. Feldenkrais-Methode Die Feldenkrais-Methode geht auf den Physiker und Neurophysiologen Moshé Feldenkrais zurück. Es handelt sich bei der Feldenkrais-Methode um eine Behandlungsart, die das Gefühl für den Körper und den Umgang mit dem Körper verbessert. Beispielsweise macht sich ein Patient mit Nackenproblemen in Gegenwart eines Bewegungslehrers bewusst, welche eingeschränkten Bewegungen er mit seinem Hals ausführt. Er erlernt dann weitgehend selbstständig, in kleinen, vorsichtigen Bewegungen, einen neuen Bewegungsspielraum. Die Methode kann als Einzelbehandlung, aber auch in Form einer Gruppenbehandlung angewendet werden. Fermentation Bei einer Fermentation (von „fermentum“, lateinisch: Gärung) werden mithilfe von Bakterien oder Pilzen biologische Stoffe zersetzt und in neue Verbindungen umgewandelt. Für die eigentliche Umwandlung sind aber nicht die Bakterien selbst, sondern Enzyme (Fermente) verantwortlich, die von den Bakterien freigesetzt werden. Fermentation spielt in der Verarbeitung von Lebensmitteln eine wichtige Rolle – beispielsweise bei der Herstellung von Sauerkraut, Käse, Joghurt, Salami oder auch von alkoholreichen Getränken wie Wein. Auch im Darm findet Fermentation statt. Dabei entstehen Gase und Flüssigkeiten, die für Blähungen, Durchfall und Bauchschmerzen verantwortlich sind. Fernmetastasen Von einer Metastase (von „meta“, griechisch: weg und „stase“, griechisch: Ort) spricht man, wenn sich bösartige Tumorzellen vom eigentlichen Tumor (Primärtumor) lösen und an einem anderen Ort im Körper ansiedeln. Dabei unterscheidet man die Ausbreitung über ein Blutgefäß (hämatogene Metastase) von der über Lymphgefäße (lymphogene Metastase). Eine Fernmetastase entsteht beispielsweise, wenn Tumorzellen vom Ursprungsort über das Blut an einen entfernten Ort im Körper gelangen und dort neues Tumorgewebe wächst. So können etwa Zellen eines Lungenkrebses über das Blut in das Gehirn gelangen, sich dort ansiedeln und Gehirnmetastasen bilden. Seite 33 von 108 Glossar IQWiG Fertilität Unter Fertilität (fertil, lateinisch: „fruchtbar“) oder Fruchtbarkeit versteht man die Fähigkeit, Kinder zu zeugen (Mann und Frau) und auszutragen (Frau). Bei der Frau dauert die Zeit der Fruchtbarkeit normalerweise von der ersten Periodenblutung (Menarche) bis zur Menopause (letzte Periodenblutung). Männer können normalerweise von der Pubertät bis ins hohe Alter Kinder zeugen. Im Gegensatz dazu bedeutet Infertilität (Unfruchtbarkeit) im Speziellen bei der Frau die Unfähigkeit, eine Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen. Fissur In der Zahnmedizin ist Fissur die Sammelbezeichnung für die Furchen und Täler in der Kaufläche von Backenzähnen. Allgemein bezeichnet der Begriff Fissur in der Medizin sowohl natürliche Furchen oder Spalten in der Oberfläche eines Organs, als auch Risse durch Verletzungen (zum Beispiel Haarrisse in Knochen). Flimmerhärchen Die Innenwand der Bronchien ist mit kleinen beweglichen Härchen ausgekleidet. Man kann sich diese sogenannten Flimmerhärchen wie einen Teppich vorstellen, der über der Innenwand der Bronchien liegt. Die Flimmerhärchen sind von einer dünnen Schleimschicht bedeckt. An dieser Schleimschicht bleiben unerwünschte Partikel aus der Luft (wie Krankheitskeime und Staub) hängen, so dass sie nicht in die Lunge gelangen können. Die Flimmerhärchen sind ständig in Bewegung und transportieren die unerwünschten Partikel aus den Bronchien in Richtung Rachen, von wo aus sie heruntergeschluckt oder ausgehustet werden können. Fluorid Fluorid ist die Sammelbezeichnung für Salze der Fluorwasserstoffsäure. Als Zusatz zum Beispiel in Zahncreme und Speisesalz dringen Fluoride aus dem Speichel in den Zahnschmelz ein und machen ihn widerstandsfähiger gegen Karies. Wenn Kinder aber zuviel Fluorid herunterschlucken, kann das über das Blut die Bildung des Zahnschmelzes beeinträchtigen. Sichtbares Zeichen sind weiße Flecken auf den Zähnen. Kinderzahncremes enthalten deshalb deutlich weniger Fluorid als Cremes für Erwachsene. Fokusgruppe Eine Gruppe von in der Regel 8 bis 12 Individuen, die gebeten werden, sich in einer moderierten Diskussion zu vorgegebenen Fragen zu äußern. Die Ergebnisse der Fragerunde können aufgrund der geringen Fallzahl der Befragten nie repräsentativ sein, es lassen sich aber grundlegende Argumente und die dahinterliegenden Begründungen/Motive ableiten. Fokusgruppen werden zum Beispiel in der Erarbeitung von Informationsbroschüren und Fragebögen eingesetzt. Folat Folat ist das Salz des Vitamins Folsäure. Follow-up Beobachtungsdauer einer Studie, während der das Auftreten von Ereignissen bei den Teilnehmern registriert wird. Seite 34 von 108 Glossar IQWiG Folsäure Folsäure ist ein wasserlösliches Vitamin. Blattsalate, Gemüse (unter anderem Spinat und Broccoli), Leber, Eigelb und vor allem Weizenkeime sind reich an Folsäure. Ein Folsäuremangel führt zu Blutarmut, in der Schwangerschaft kann es zu einer Fehlbildung des Fötus kommen. Deshalb wird Schwangeren empfohlen, zur Ergänzung Folsäurepräparate einzunehmen. Fontanelle Bei Babys ist der Schädel noch kein durchgehender Knochen, sondern besteht aus einzelnen Platten, die durch Bindegewebe miteinander verbunden sind. Die Lücken zwischen den Knochenplatten heißen Fontanellen. Die auffälligste ist die große Fontanelle oben auf dem Schädel. Die Fontanellen verleihen dem Schädel eine gewisse Flexibilität, die für die Geburt nötig ist. Bis etwa zum zweiten Lebensjahr verschließen sie sich ganz von alleine. Forest-Plot Eine grafische Aufbereitung zur Darstellung (a) der Ergebnisse aus Einzelstudien, die in eine MetaAnalyse einfließen, und (b) des Ergebnisses der zusammenfassenden Meta-Analyse dieser Studien. Fortgeschrittener Brustkrebs Als fortgeschrittener Brustkrebs wird ein Brustkrebs bezeichnet, der bereits Tochtertumoren (Metastasen) außerhalb des Brustgewebes in anderen Organen entwickelt hat. Seite 35 von 108 Glossar IQWiG frühe Nutzenbewertung Seit Anfang des Jahres 2011 durchlaufen in Deutschland die meisten Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen eine Bewertung des sogenannten Zusatznutzens, sobald sie auf den Markt kommen. Vom Ergebnis dieser frühen Nutzenbewertung hängt später der Preis des neuen Arzneimittels ab, der zunächst frei vom Hersteller festgelegt wird. Das Verfahren erlaubt es Herstellern, neue Arzneimittel wie bisher schnell nach der Zulassung auf den Markt zu bringen. In der Bewertung wird geprüft, ob das Arzneimittel patientenrelevante Vorteile hat gegenüber einer bereits verfügbaren Behandlung, der sogenannten zweckmäßigen Vergleichstherapie. Das können zum Beispiel andere Arzneimittel sein. Welche Vergleichstherapie „zweckmäßig“ ist, wird vorab vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA ) festgelegt. Für die frühe Nutzenbewertung müssen die Hersteller dem G-BA mit der Markteinführung ein Dossier vorlegen, in dem sie die Ergebnisse aller relevanten Studien zu dem neuen Wirkstoff zusammenfassen. Der G-BA reicht dieses Dossier dann in der Regel an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG ) zur Bewertung weiter. Innerhalb von drei Monaten prüft das Institut das Dossier und erstellt ein Gutachten („Dossierbewertung“), in dem es die Vor- und Nachteile des neuen Wirkstoffs im Vergleich zur zweckmäßigen Vergleichstherapie bewertet. Dieses Gutachten wird vom G-BA und vom IQWiG veröffentlicht. Der Hersteller und andere vom G-BA bestimmte Institutionen können dann in Stellungnahmen das Gutachten kommentieren. Der G-BA wertet diese Stellungnahmen aus und fasst nach insgesamt weiteren drei Monaten einen Beschluss darüber, ob ein Zusatznutzen für das neue Arzneimittel vorliegt oder nicht. Dieser Beschluss wird vom G-BA veröffentlicht. Auf Basis dieses G-BA -Beschlusses wird der Preis für das neue Arzneimittel festgelegt. Abhängig davon, ob ein Zusatznutzen vorliegt, wird der Preis zwischen dem Hersteller und dem Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV -Spitzenverband) verhandelt oder direkt festgelegt. Spätestens 12 Monate nach Markteinführung sollen sich Hersteller und GKV -Spitzenverband geeinigt haben. Gelingt dies nicht, entscheidet eine Schiedsstelle innerhalb von weiteren 3 Monaten über den Erstattungspreis. Spätestens 15 Monate nach Markteinführung gilt also zukünftig für jedes neue Arzneimittel ein festgelegter Erstattungsbetrag. Friktionskostenansatz Der Friktionskostenansatz berücksichtigt bei der Bestimmung der Produktivitätsverluste durch Krankheit die Zeitdauer bis zur Neubesetzung der frei gewordenen Arbeitsstelle. Dieser Zeitraum wird als Friktionsperiode bezeichnet. Seite 36 von 108 Glossar IQWiG Funnel-Plot Eine grafische Aufbereitung in Meta-Analysen zur Untersuchung von Publication-Bias. Falls bestimmte Muster gefunden werden, kann das ein Hinweis darauf sein, dass es unpublizierte Daten gibt. Furcht (siehe Angst) Furcht ist eine Form der Angst, die im Gegensatz zur Angst auf eine konkrete Bedrohung gerichtet ist. Landläufig wird Furcht auch als abgemilderte Form der Angst betrachtet. Fußzonenmassage Die Fußzonenmassage ist auch als Fußreflexzonenmassage bekannt. Diese Massageform beruht auf der Vorstellung, dass bestimmte Zonen der Füße mit bestimmten Körperbereichen oder Organen über Energiebahnen in Verbindung stehen, z.B. der große Zeh mit dem Kopf. Durch Massage der Zonen am Fuß sollen Beschwerden in den entsprechenden Körperteilen und Organen gelindert werden. Galaktosämie Die Galaktosämie (von „galaktos“, griechisch: aus der Milch und „äma“, griechisch: Blut) ist eine seltene angeborene Stoffwechselstörung, bei der sich zu viel Galaktose im Blut befindet. Galaktose ist ein Zucker, den man in vielen Lebensmitteln findet, vor allem in der in Milch enthaltenen Laktose (Milchzucker). Laktose ist ein Zweifachzucker und wird im Dünndarm in Glukose (Traubenzucker) und Galaktose gespalten. Bei der Galaktosämie kann die Galaktose im Körper nicht umgewandelt und zur Energiegewinnung genutzt werden. Dadurch lagern sich der Zucker und einige Abbauprodukte ab und können verschiedene Organe schädigen. Da Galaktose auch in der Muttermilch enthalten ist, zeigen sich bei Säuglingen mit Galaktosämie die Beschwerden schon in den ersten Lebenstagen. Die Folgen können schnell lebensbedrohlich werden, deswegen gehört in Deutschland ein Bluttest auf Galaktosämie zu den gesetzlich festgelegten Untersuchungen bei Neugeborenen. Geburtszange Eine Geburtszange besteht aus zwei großen Metalllöffeln, die so geformt sind, dass sie den Kopf des Kindes möglichst schonend umfassen können. Die Geburtszange kommt zum Einsatz, wenn der Kopf bereits eine zur Geburt geeignete Position hat, die Presswehen aber nicht mehr stark genug sind, um das Kind ohne technische Hilfe gebären zu können. Gelbkörperhormon Bei Frauen spielen zwei Arten von Geschlechtshormonen eine wichtige Rolle: Östrogene und Gestagene – beide sind auch die wirksamen Bestandteile in Antibaby-Pillen. Die Gestagene werden nach ihrem Entstehungsort auch Gelbkörperhormone genannt. Nach dem Eisprung bildet sich aus verbliebenen Zellen der Hülle im Eierstock ein sogenannter Gelbkörper. Dieser hat die Fähigkeit, Gestagene zu bilden. Der Hauptvertreter ist dabei das Progesteron. Seite 37 von 108 Glossar IQWiG Gemeinsamer Bundesausschuss Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA ) ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen. Seine Aufgaben sind seit 2004 im 5. Sozialgesetzbuch geregelt. Er bestimmt in Form von Richtlinien den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV ) und legt damit fest, welche medizinischen Leistungen die gesetzlichen Krankenkassen bezahlen. er besteht aus Vertretern der Patienten, der Krankenkassen, der Ärzte und Zahnärzte, der Krankenhäuser und aus drei unabhängigen Vorsitzenden. Generalauftrag Um die wissenschaftliche Unabhängigkeit des Institutes zu verstärken, hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) im Dezember 2004 einen Generalauftrag erteilt. Er ermöglicht es dem IQWiG, eigenständig Themen aufzugreifen und wissenschaftlich zu bearbeiten. Wissenschaftliche Arbeiten im Rahmen des Generalauftrags werden als "Arbeitspapiere" bezeichnet. Genodermatosen Genodermatosen (von „derma“, griechisch: Haut und von „genos“, griechisch: Gattung) sind eine Gruppe von erblich bedingten Hauterkrankungen, die nur durch Veränderung eines oder mehrerer Gene verursacht werden und immer zu einer Erkrankung führen. Zu den Genodermatosen gehört beispielsweise der Albinismus, sogenannte Ichthyosen – eine Gruppe von angeborenen Verhornungsstörungen der Haut – und das Rombo-Syndrom, bei dem es zu Hautirritationen, Verfärbungen der Haut und häufig zur Entstehung von Basalzelltumoren im Gesicht kommt. Gestagene Bei Frauen spielen zwei Arten von Geschlechtshormonen eine wichtige Rolle: Östrogene und Gestagene – beide sind auch die wirksamen Bestandteile in Antibaby-Pillen. Die Gestagene werden nach ihrem Entstehungsort auch Gelbkörperhormone genannt. Nach dem Eisprung bildet sich aus verbliebenen Zellen der Hülle im Eierstock ein sogenannter Gelbkörper. Dieser hat die Fähigkeit, Gestagene zu bilden. Der Hauptvertreter ist dabei das Progesteron. Gestationsdiabetes Diabetes, der während der Schwangerschaft auftritt. Etwa 2 bis 5 Prozent der Schwangeren haben einen Gestationsdiabetes (Gestation = Schwangerschaft). Meistens normalisiert sich der Blutzucker nach der Geburt wieder. Gingivitis Gingivitis ist der medizinische Begriff für Zahnfleischentzündung. Kennzeichen sind Schwellung, Rötung oder Blutungen im Bereich des Zahnfleischrandes. Auslöser sind oft nicht gründlich genug entfernte Reste von Zahnbelag, in denen sich Bakterien vermehren. GKV-Spitzenverband Zentrale Interessenvertretung der GKV, der alle Krankenkassen angehören. Er vertritt die Belange der gesetzlichen Krankenversicherung auf Bundesebene und übernimmt alle gesetzlichen Aufgaben der GKV, bei denen gemeinsam und einheitlich gehandelt werden muss. Seite 38 von 108 Glossar IQWiG Glaukom Glaukom ist der medizinische Begriff für "Grüner Star". Die Krankheit kann unbehandelt zu einer Schädigung des Sehnervs und zu Erblindung führen, oft haben Patienten erhöhten Augeninnendruck. Glia Gliazellen (von „Glia“, griechisch: Leim) bilden ein Stütz- und Haltegerüst für die Nervenzellen und isolieren die Nervenfasern, damit elektrische Signale nicht ungeregelt weitergeleitet werden. Glioblastom Ein Glioblastom (von „Glia“, griechisch: Leim und „Blastos“, griechisch: Keim, Spross) ist ein Hirntumor, der von bestimmten Zellen des Stützgewebes im Gehirn ausgeht, den Gliazellen. Tumoren aus diesen Zellen werden allgemein als Gliome bezeichnet. Die Zellen von Glioblastomen ähneln jungen, nicht ausgereiften Zellen, die man allgemein „Blasten“ nennt. Diese sind gleichzeitig sehr stoffwechselaktiv und können rasch wachsen. Gliom Ein Gliom ist ein Hirntumor, der von einer bestimmten Zellart – den Gliazellen – ausgeht. Gliazellen (von „Glia“, griechisch: Leim) bilden ein Stütz- und Haltegerüst für die Nervenzellen und isolieren die Nervenfasern, damit elektrische Signale nicht ungeregelt weitergeleitet werden. Es gibt verschiedene Gliazellen, aus denen Tumore entstehen können. Wie diese bezeichnet werden, hängt davon ab, welchem Zelltyp die Tumorzellen am ähnlichsten sind. Gliome sind vergleichsweise selten. Glukose Glukose, ein anderer Name für Traubenzucker, ist ein Einfachzucker. Gesunde Menschen haben normalerweise zwischen 60 (3,3 mmol/l) und 140 mg/dl (7,7 mmol/l) Glukose im Blut. GnRH-Analoga GnRH steht für „Gonadotropin Releasing Hormon“, das bedeutet „Geschlechtshormone freisetzendes Hormon“ (von „Gonaden“: Hoden, Eierstöcke und „Releasing“, englisch: Freisetzen). GnRH-Analoga sind synthetisch hergestellte Substanzen, die diesem Hormon sehr ähnlich sind. Sie blockieren die Bindungsstellen des körpereigenen GnRH und verhindern bei kontinuierlicher Gabe so, dass die Eierstöcke oder Hoden Geschlechtshormone bilden. Goldstandard Bezeichnung für die Methode, Prozedur oder das Messverfahren, das allgemein als die treffsicherste verfügbare Methode zur Diagnose oder die beste Methode zur Therapie akzeptiert ist und mit der neue Entwicklungen verglichen werden sollten. Good Clinical Practice Ein in einem schriftlichen Regelwerk festgelegter Standard für Design, Durchführung, Überwachung, Analyse und Publikation von klinischen Studien. Diese Regeln (GCP)sollen sicherstellen, dass die Daten und Ergebnisse richtig und glaubwürdig sind, und dass die Rechte der Teilnehmer geschützt bleiben. Seite 39 von 108 Glossar IQWiG Gorlin-Goltz-Syndrom Beim Gorlin-Goltz-Syndrom handelt es sich um eine vererbbare Erkrankung, bei der sich vorwiegend im Alter von 20 bis 30 Jahren zahlreiche weiße Hauttumore (sogenannte Basaliome) bilden. Diese Tumore entstehen vor allem an Hautstellen, die der Sonne ausgesetzt sind. In der Regel haben Menschen mit dem Gorlin-Goltz-Syndrom charakteristische Fehlbildungen des Skelettund Nervensystems, zum Beispiel Kieferzysten, eine auffällige Schädelform und Rippen- oder Wirbelkörper-Veränderungen. Diese erbliche Veranlagung ist zum ersten Mal 1960 vom Genetiker Robert James Gorlin und vom Hautarzt Robert William Goltz beschrieben worden. Grading Mit Grading (von „grade“, englisch: einteilen, ordnen) wird ein Vorgang bezeichnet, bei dem Tumorzellen danach beurteilt und eingeteilt werden, inwieweit sie sich von gutartigen normalen Gewebezellen unterscheiden. Dafür werden Tumorzellen unter dem Mikroskop untersucht. Man unterscheidet die Grade G1 bis G3, in manchen Einteilungen auch bis G4. Je höher der Grad, desto stärker sind die Tumorzellen verändert. Dabei gilt oft: Je stärker sie verändert sind, desto schneller wachsen sie und dringen in das umliegende Gewebe ein. Grindflechte Impetigo contagiosa, im Volksmund auch Eiter- oder Grindflechte genannt, ist eine oberflächliche Entzündung der Haut. Oft tritt die Grindflechte im Kopf-, Hals- und Gesichtsbereich auf. Kleinkinder sind am häufigsten betroffen. Typisch ist ein gelblicher Schorfbelag auf zum Teil offenen oder bläschenbildenden Hautstellen, die jucken können und stark ansteckend sind. Ursache sind meist Bakterien wie Staphylokokken oder Streptokokken. Unbehandelt heilt eine milde Grindflechte in der Regel innerhalb von Wochen narbenfrei ab. Komplikationen, wie z. B. Fieber oder ein Übergreifen der Infektion auf tiefere Hautschichten und die Lymphknoten, sind selten. Gruppentherapie Gruppentherapie ist eine psychologische Behandlungsform, an der im Gegensatz zur Individualtherapie mehrere Patientinnen und Patienten - meist mit der gleichen oder einer ähnlichen Krankheit - über einen bestimmten Zeitraum teilnehmen. Guillain-Barré-Syndrom Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine seltene Erkrankung, die als Komplikation im Anschluss an eine Virus- oder Bakterieninfektion auftreten kann. Vermutlich handelt es sich dabei um eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem irrtümlich den eigenen Organismus angreift. Das Guillain-Barré-Syndrom befällt die Nerven und kann sich anfangs durch Kribbeln und Taubheit in den Gliedern äußern. Es kann schnell zu extremer Muskelschwäche der Beine fortschreiten, die das Gehen unmöglich macht. Die Lähmungserscheinungen breiten sich dann oft von den Beinen nach oben aus. Auch die Atmung kann betroffen sein. Viele Menschen erholen sich innerhalb von einigen Wochen, aber es handelt sich trotzdem um eine lebensbedrohliche Erkrankung. Die Krankheit betrifft häufiger ältere als junge Menschen. Seite 40 von 108 Glossar IQWiG Hauttransplantation Ist eine Wunde so groß, dass sie nicht von alleine heilt, kann der Defekt durch Haut von einer anderen Stelle des Körpers gedeckt werden. Eine Hauttransplantation ist häufig bei Verbrennungswunden notwendig. Ist die entnommene Haut nicht groß genug, um die Wunde zu decken, kann das Hautstück mit der so genannten Mesh graft (mesh=Masche, netz)-Technik vergrößert werden: Der Hautlappen wird über eine Messerwalze geführt und durch Auseinanderziehen in ein rautenförmiges Gitter verwandelt. Mit diesem netzartigen Transplantat kann der Chirurg Wunden decken, die bis zu dreimal größer sind als die Stelle, an der er den Hautlappen entnommen hat. Hautwarzen Hautwarzen, oder kurz Warzen, sind meist kleine, gutartige Gewebewucherungen in der obersten Hautschicht. Sie können ganz unterschiedliche Formen haben: Flachwarzen sind beispielsweise wie ihr Name schon sagt - flache Erhebungen, während Dornwarzen wie ein Dorn in die Tiefe wachsen. Warzen werden durch Viren verursacht, die meist durch direkten Hautkontakt übertragen werden, und können einzeln oder in Gruppen entstehen. Von der Ansteckung mit dem Virus bis zur Warzenbildung können oft Wochen bis Monate vergehen. Menschen mit vorgeschädigter Haut oder einer geschwächten Immunabwehr sind anfälliger für Warzen als andere Menschen. HbA1c HbA1c ist ein Teil des roten Blutfarbstoffs (Hämoglobin), an dem Glukosemoleküle (Blutzucker) chemisch anhaften können. Jeder gesunde Mensch hat eine bestimmte Menge von "verzuckertem" rotem Blutfarbstoff. Der Anteil von HbA1c beträgt normalerweise bis zu 6 Prozent. Die Höhe des HbA1c ist ein Zeichen dafür, wie gut der Blutzucker bei Diabetes eingestellt ist: Der HbA1c-Wert gibt an, wie hoch der Blutzucker in den letzten drei Monaten im Durchschnitt war und ob die Behandlung zufriedenstellend war oder ob sie verändert werden sollte. Höchstbetrag Betrag, bis zu dem Arzneimittel mit nachgewiesenem patientenrelevantem therapeutischem Zusatznutzen, die nicht einer Festbetragsgruppe zuzuordnen sind, von der GKV erstattet werden. Der Höchstbetrag wird durch den GKV-Spitzenverband für das jeweilige Arzneimittel festgelegt. Dies kann auch im Einvernehmen mit den pharmazeutischen Unternehmen erfolgen. Grundlage der Festsetzung eines Höchstbetrages kann eine Kosten-Nutzen-Bewertung des IQWiG sein. Head-to-Head-Vergleiche Direkte Vergleichsstudien, bei denen zwei oder mehrere (zugelassene) Arzneimittel oder andere Gesundheitstechnologien für ein Indikationsgebiet miteinander verglichen werden. Health Literacy Health Literacy (engl. für „Gesundheitskompetenz”) bezieht sich auf jene kognitiven und sozialen Kompetenzen, die die Motivation und Fähigkeiten eines Individuums bestimmen, sich Zugang zu Informationen zu verschaffen, diese zu verstehen und in einer Weise zu nutzen, die Gesundheit fördert und erhält. Gesundheitskompetenz bestimmt sich „als die Fähigkeit des Einzelnen, im täglichen Leben Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken - zu Hause, am Arbeitsplatz, im Gesundheitssystem und in der Gesellschaft ganz allgemein. Gesundheitskompetenz stärkt die Gestaltungs- und Entscheidungsfreiheit in Gesundheitsfragen und verbessert die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen und in Handeln umzusetzen." Seite 41 von 108 Glossar IQWiG Health Technology Assessment Neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren können weitreichende Auswirkungen auf die gesundheitliche Versorgung eines Landes haben. Seit den 1970er Jahren werden in vielen Ländern Wissenschaftler beauftragt, solche Auswirkungen in besonderen Berichten zusammenzufassen: Diese Berichte werden Health Technology Assessment (HTA), HTA-Berichte oder Gesundheitstechnologie-Bewertung genannt. Themen können zum Beispiel Diagnoseverfahren und Therapien sein, aber auch neue Versorgungsstrukturen. Den HTA-Berichten liegt meist ein fester Fragenkatalog zugrunde, zum Beispiel: Was sind medizinische Vor- und Nachteile eines Verfahrens? Ist es besser als bisherige Alternativen? Was kostet es? Sind ethische Aspekte zu beachten? Hat das Verfahren gesellschaftliche Auswirkungen? Die Autorinnen und Autoren des HTA-Berichts recherchieren die wissenschaftliche Literatur zu den Fragen, bewerten deren Ergebnisse und geben auf dieser Grundlage Empfehlungen ab. Typischerweise werden HTA-Berichte von Institutionen in Auftrag gegeben, die über die Leistungen und Struktur eines Gesundheitswesens entscheiden. Die Ergebnisse von HTA-Berichten können deshalb direkte Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben. Health Utility Index Der Health Utility Index (HUI) ist ein krankheitsübergreifender eindimensionaler Indexwert zur Messung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität, dessen Berechnungsalgorithmus auf Präferenzen der kanadischen Bevölkerung basiert. Hepatitis Hepatitis ist der medizinische Fachbegriff für eine Entzündung der Leber. Die Entzündung kann durch eine Infektion mit bestimmten Viren, die mit Buchstaben bezeichnet werden (Hepatitis A bis E und G), verursacht werden, aber beispielsweise auch durch Bakterien, Parasiten oder Gifte (etwa bei Alkoholmissbrauch). Eine Hepatitis-B-Infektion kann zu einer akuten oder chronischen Leberentzündung führen. Anzeichen für eine Leberentzündung können Appetitlosigkeit, Bauchschmerzen und andere Magen-Darm-Beschwerden sowie gelblich verfärbte Haut und Augen sein. Eine Hepatitis kann man durch eine erhöhte Zahl von Leberenzymen (sogenannte „Leberwerte“) im Blut feststellen, die freigesetzt werden, wenn Leberzellen durch die Entzündung zerstört werden. Hereditäres nichtpolypöses kolorektales Karzinomsyndrom Das hereditäre nichtpolypöse kolorektale Karzinomsyndrom (HNPCC ) ist eine erbliche Form von Dickdarm- oder Mastdarmkrebs, ohne dass sich vorher zahlreiche Polypen (Wucherungen) bilden, wie es etwa bei der familiären adenomatösen Polyposis (FAP ) der Fall ist. Seite 42 von 108 Glossar IQWiG Herzinsuffizienz Die Herzinsuffizienz wird auch Herzmuskelschwäche oder Herzversagen genannt. Bei einer Herzinsuffizienz sind das Herz insgesamt oder Teile des Herzens zu schwach, um ausreichend Blut in den Blutkreislauf zu pumpen, Organe und Muskeln werden schlecht versorgt. Eine Herzinsuffizienz kann Menschen in ihrer Leistungsfähigkeit so stark einschränken, dass schon jede Bewegung Luftnot, Schmerzen und andere Beschwerden hervorruft. Es gibt Menschen, die eine akute, kurzfristige Herzmuskelschwäche als Folge eines Herzinfarktes oder von Herzrhythmusstörungen haben. Andere sind von einer chronischen Form betroffen, ausgelöst etwa durch andauernden Bluthochdruck oder weil die feinen Gefäße, die das Herz mit Blut versorgen, geschädigt sind. Herzschrittmacher Herzschrittmacher sind kleine elektronische Geräte zur Implantation unter die Haut, die über Drähte Kontakt zum Herzmuskel haben. Sie messen, ob das Herz regelmäßig und im richtigen Tempo schlägt, und geben bei Störungen elektrische Impulse ab, um den richtigen Rhythmus wiederherzustellen. Herzsportprogramm Ein Herzsportprogramm ist ein Trainingsprogramm, das gezielt auf die Bedürfnisse von Menschen mit Herzkrankheiten zugeschnitten ist. Es soll ihre Leistungsfähigkeit steigern. Vor allem Ausdauersportarten wie Gehen oder Fahrradfahren sind geeignet, weil sie das Herz gleichmäßig belasten. Das Programm wird von einem Arzt erstellt und überwacht. Während des Trainings wird regelmäßig der Puls kontrolliert, um eine Überbelastung zu vermeiden. Heterogenität / Homogenität Beschreibung der Variabilität der Ergebnisse oder der Stärke der Unterschiede zwischen Einzelstudien in systematischen Übersichten, die über die statistische Unsicherheit hinausgehen. Ursache der Heterogenität können zum Beispiel Unterschiede im Design der Studien oder in der Auswahl der Teilnehmer sein. Bei Heterogenität, die ein bestimmtes Ausmaß überschreitet, ist es in aller Regel nicht sinnvoll, Studien in einer Meta-Analyse zusammenzufassen. Heterogenität zwischen Studien lässt sich statistisch erfassen, z. B. durch das I2-Maß. Mit geeigneten Testverfahren lässt sich überprüfen, ob die Abweichungen zwischen den Studien so groß sind, dass ihr zufälliges Zustandekommen unwahrscheinlich ist. Das ist dann ein Hinweis, dass es zwischen verschiedenen Studien unerkannte Unterschiede gibt, die wesentlichen Einfluss auf die Ergebnisse haben. Hirntumor Hirntumore bestehen aus wuchernden Zellen des Gehirns und können gutartig oder bösartig sein. Es gibt viele Symptome eines Hirntumors, beispielsweise Doppelbilder, Gesichtslähmungen, Gangunsicherheit, epileptische Anfälle, Persönlichkeitsveränderungen und ungewohnte Kopfschmerzen oder Übelkeit. Da der Schädel den Raum für das Gehirn begrenzt, können auch gutartige Hirntumore durch den Druck, den sie verursachen, zu ernsthaften Beschwerden führen. Andererseits kann jemand auch trotz Hirntumor lange Zeit beschwerdefrei sein. Seite 43 von 108 Glossar IQWiG Histamin Histamin ist ein Gewebshormon, das vielfältige Aufgaben im Körper hat. Es kommt in sehr vielen Gewebearten vor, vor allem in Haut, Lunge, Magen, Darm und im Zwischenhirn. Durch Histamin werden die Blutgefäße erweitert und dadurch lokal die Blutzufuhr gesteigert. Außerdem ist es wie das Gewebshormon Bradykinin an Entzündungsprozessen beteiligt. Eine große Bedeutung hat der Wirkstoff auch im Gehirn: Dort wirkt Histamin als Nervenbotenstoff, der unter anderem den Schlaf-Wach-Rhythmus steuert. Eine Histaminausschüttung kann auch zu unangenehmen Reaktionen des Körpers führen: Es ist für die Bildung von Blasen und Quaddeln bei Allergien verantwortlich; bei Migräne kann die gefäßerweiternde Wirkung von Histamin eine Rolle spielen. Die Bronchien werden durch Histamin verengt, sodass es zu asthmaähnlichen Beschwerden kommen kann; im Magen bewirkt Histamin eine erhöhte Magensäure-Bildung. Entzündungen, Allergien, Gifte, Medikamente oder auch Koffein und Alkohol können die körpereigene Histaminfreisetzung verstärken. Auch bestimmte Lebensmittel wie Rotwein, Schokolade oder reifer Käse enthalten größere Mengen an Histamin und können bei empfindlichen Menschen Unverträglichkeitsreaktionen auslösen. Hämatologie Die Hämatologie (von griechisch „haem“: Blut) beschäftigt sich mit der Blutentstehung, dem Blut sowie den Erkrankungen des Blutes. Dazu gehören beispielsweise Störungen der Blutbildung im Knochenmark, Blutarmut, Gerinnungsstörungen sowie bösartige Erkrankungen des Blutes wie die Leukämie. Hämorrhagie Eine Hämorrhagie ist ein medizinischer Begriff für Blutung. Von Hämorrhagie spricht man, wenn Blut aus Gefäßen als Folge einer Verletzung oder eines Gefäßprozesses in das umliegende Gewebe austritt. Je nachdem, wo sie auftritt, kann eine Blutung harmlos oder gefährlich sein. Blutungen im Gehirn zum Beispiel können einen Schlaganfall auslösen. Bei Menschen mit einer herabgesetzten Gerinnungsfähigkeit des Blutes treten Hämorrhagien schneller auf und dauern länger an. Hämorrhoiden Hämorrhoiden hat eigentlich jeder Mensch, denn es ist die Bezeichnung für die stark durchbluteten Aderpolster, die als Teil des natürlichen Verschlusssystems des Darms den Enddarm zusätzlich abdichten. Diese können aus verschiedenen Gründen unnatürlich vergrößert sein, was zu Beschwerden führen kann. Der Ausdruck „Hämorrhoiden haben“ bezieht sich dann auf Beschwerden wie Bluten, Jucken, Nässen, Schmerzen oder das Heraustreten der Venen aus dem After. Seite 44 von 108 Glossar IQWiG Homöopathie Homöopathie ist eine Behandlungsform der alternativen/komplementären Medizin. Sie geht auf den Mediziner Samuel Hahnemann zurück, der die Prinzipien Ende des 18. Jahrhunderts entwickelt hat. Die Homöopathie geht davon aus, dass Substanzen, die bei einem gesunden Menschen bestimmte Symptome auslösen, dieselben Symptome bei Kranken lindern, nach dem Leitsatz "Heile Ähnliches durch Ähnliches". Nach diesem Prinzip soll z.B. Kaffee ein Heilmittel gegen Schlaflosigkeit sein. Neben den Symptomen bezieht die Therapeutin oder der Therapeut auch die Persönlichkeitsmerkmale der Patientin oder des Patienten in die Therapie mit ein. Arzneien werden in stark verdünnten Konzentrationen in Milchzuckerkügelchen, den Globuli, verabreicht, aber auch in flüssiger Form und als Tabletten. Die errechneten Konzentrationen können so niedrig ausfallen, dass sie tatsächlich keinen Wirkstoff mehr enthalten. Hormone Hormone sind der Sammelbegriff für verschiedene Klassen von Botenstoffen des Körpers. Sie werden in bestimmten Organen oder Geweben gebildet und über das Blut- oder Lymphsystem im Körper verteilt. Hormone wirken nur an Stellen im Organismus, an denen die passenden Andockstellen vorhanden sind. Dadurch entwickeln Hormone auch ganz spezifische Wirkungen. Bekannte Hormone sind z.B. Insulin, Östrogene, Oxytocin, Vasopressin und Thyroxin. Viele medizinische Wirkstoffe imitieren die Wirkung von Hormonen. Hormonspirale Die Hormonspirale ist ein hormonelles Verhütungsmittel für die Frau. Früher bestand sie aus einem T-förmigen Stäbchen aus Kunststoff, heute gibt es auch viele andere Formen. Die Hormonspirale wird von Ärztin oder Arzt über die Scheide direkt in die Gebärmutter eingeführt. Dort verbleibt sie für längere Zeit (in der Regel ungefähr 5 Jahre) und gibt kontinuierlich und gleichmäßig Hormone ab (meist Gestagen). Die Hormonmenge, die die Spirale abgibt, ist viel geringer als die, die dem Körper durch eine Antibabypille zugeführt wird. Durch diese geringe Hormondosis kommt es trotz Schwangerschaftsverhütung weiterhin zum Eisprung und einer Regelblutung. Hornhaut Die Hornhaut des Auges, der medizinische Begriff ist Cornea, ist die äußere durchsichtige Deckhaut des Augapfels, auf dem die Augenlider aufliegen. Die Hornhaut schützt das Auge vor Fremdkörpern. Sie wird durch Tränenflüssigkeit feucht gehalten. Hornhauterosionen Hornhauterosionen sind oberflächliche Verletzungen der Hornhaut des Auges, die normalerweise in ein bis zwei Tagen von selbst ausheilen. Solche Kratzer werden oft durch Fremdkörper verursacht, die zum Beispiel unter ein Augenlid geraten sind. Hospiz Ein Hospiz (von „hospitium“, lateinisch: Herberge) ist eine Pflegeeinrichtung für schwerstkranke Menschen. Sie werden dort bis zum Lebensende begleitet und von einem Team unter anderem aus Ärzten, Sozialarbeitern, Psychologen und Pflegenden versorgt. Es gibt ambulante, teilstationäre oder vollstationäre Hospize. Hospize sind meist kleinere, wohnliche Einrichtungen. In der Regel arbeiten sie mit niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zusammen. Außerdem unterstützen häufig ehrenamtliche Mitarbeiter, die speziell für die Sterbebegleitung geschult sind, die hauptamtlichen Fachkräfte. Die Angehörigen werden in einem Hospiz immer mit einbezogen. Seite 45 von 108 Glossar IQWiG HTA-Bericht Neue Untersuchungs- und Behandlungsverfahren können weitreichende Auswirkungen auf die gesundheitliche Versorgung eines Landes haben. Seit den 1970er Jahren werden in vielen Ländern Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beauftragt, solche Auswirkungen in besonderen Berichten zusammenzufassen: Diese Berichte werden Health Technology Assessment (HTA), HTABerichte oder Gesundheitstechnologie-Bewertung genannt. Themen können zum Beispiel Diagnoseverfahren und Therapien sein, aber auch neue Versorgungsstrukturen. Den HTA-Berichten liegt meist ein fester Fragenkatalog zugrunde, zum Beispiel: Was sind medizinische Vor- und Nachteile eines Verfahrens? Ist es besser als bisherige Alternativen? Was kostet es? Sind ethische Aspekte zu beachten? Hat das Verfahren gesellschaftliche Auswirkungen? Die Autorinnen und Autoren des HTA-Berichts recherchieren die wissenschaftliche Literatur zu den Fragen, bewerten deren Ergebnisse und geben auf dieser Grundlage Empfehlungen ab. Typischerweise werden HTA-Berichte von Institutionen in Auftrag gegeben, die über die Leistungen und Struktur eines Gesundheitswesens entscheiden. Die Ergebnisse von HTA-Berichten können deshalb direkte Auswirkungen auf die Patientenversorgung haben. Humaninsulin Humaninsulin ist Insulin, wie es von der menschlichen Bauchspeicheldrüse produziert wird. Humaninsulin kann auch auf zwei verschiedene Arten industriell hergestellt werden: entweder mithilfe von Bakterien bzw. Hefen in gentechnischen Verfahren oder durch chemische Veränderung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse vom Schwein. Humankapitalansatz Der Humankapitalansatz bewertet den Produktionsausfall bei der Berechnung der indirekten Kosten durch den erwarteten zukünftigen Verdienst. Bei der Ausfallschätzung wird vernachlässigt, ob die Arbeit von anderen übernommen werden kann, wenn eine Person krank ist oder stirbt. HWI-Symptome HWI-Symptome sind die Anzeichen einer Harnwegsinfektion. Dazu zählen etwa Schmerzen und Brennen beim Wasserlassen oder häufiges Verlangen, auf die Toilette zu müssen. HWS-Manipulation Bei der HWS-Manipulation versucht der Therapeut die Beschwerden der Muskulatur und Wirbel der Halswirbelsäule (HWS) durch kurzes schnelles, ruckartiges Ziehen, Dehnen oder Drücken mit der Hand zu lindern. Zu den ausgelösten Beschwerden zählen Nacken- und Kopfschmerzen, aber auch andere Leiden wie Schwindel, Seh- und Hörstörungen. Eine Manipulation darf nur von einem Arzt ausgeführt werden, nicht von einem Physiotherapeuten. Seite 46 von 108 Glossar IQWiG HWS-Mobilisation Bei der HWS-Mobilisation versucht der Therapeut Beschwerden, die von der Muskulatur oder den Wirbeln der Halswirbelsäule (HWS) ausgehen, durch langsames Ziehen, Dehnen und Drücken mit der Hand zu lindern. Dazu zählen Nacken- und Kopfschmerzen, aber auch andere Leiden wie Schwindel, Seh- und Hörstörungen. Eine Mobilisation darf sowohl von einem Arzt als auch einem Physiotherapeuten durchgeführt werden. Hydrokolloidverband Hydrokolloidverbände bestehen aus einer wasserabweisenden Matrix. In diese sind wasserliebende Partikel wie Zellulose, Pektine oder Gelatine eingelagert. Außen hat der Verband eine Schicht aus einer halbdurchlässigen, keim- und wasserdichten Folie aus Polyurethanfolie. Diese schützt die Wunde von außen. Das Grundprinzip des Hydrokolloidverbandes ist ein Druckgradient: Die Partikel nehmen Wundsekret auf, quellen auf und entwickeln sich zu einem Gel. Dieses Gel hält die Wunde feucht. Das Gel kann solange Wundsekret aufsaugen, bis die Hydrokolloide gesättigt sind. Dies erkennt man dann daran, dass sich der Verband blasenförmig ausformt. Mit jedem Verbandwechsel werden abgestorbene Zellen, überschüssiges Sekret und Keime entfernt. Hydrolyse Bei einer Hydrolyse (von „hydor“, griechisch: Wasser und „lysis“, griechisch: Lösung, Auflösung) wird eine chemische Verbindung durch Reaktion mit Wasser in zwei Bestandteile gespalten. Im Stoffwechsel von Lebewesen und Pflanzen werden viele Stoffe mithilfe von Enzymen durch Hydrolyse gespalten, beispielsweise Eiweiße, Fette oder Mehrfachzucker. Hyperbare Sauerstofftherapie Mit der hyperbaren Sauerstofftherapie (HBO) atmet ein/e Patient/in reinen Sauerstoff mit einem Druck von über 100 kPa (> 1 bar) ein. In der Lunge nimmt das Blut den Sauerstoff auf und transportiert ihn zu den Organen und Geweben. Hyperglykämie Bei einer Überzuckerung ist der Glukosespiegel im Blut über 200 mg/dl (11,1 mmol/l) angestiegen. Der medizinische Begriff ist Hyperglykämie. Hypertonie Hypertonie ist der medizinische Begriff für Bluthochdruck. Ein erhöhter Blutdruck verursacht in der Regel keine Beschwerden. Meist nur bei sehr hohen Werten können Symptome wie zum Beispiel innere Unruhe, Schwindel oder Kopfschmerzen auftreten. Menschen mit chronisch erhöhtem Blutdruck haben jedoch ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere HerzKreislauf-Erkrankungen. Bei den meisten Menschen mit Bluthochdruck lässt sich keine eindeutige Ursache dafür feststellen. Manchmal kann eine Hypertonie eine Begleiterscheinung von anderen Erkrankungen sein, zum Beispiel von Nierenkrankheiten. Eine Schwangerschaft oder manche Medikamente können den Blutdruck ebenfalls vorübergehend erhöhen. Hypnose Mit Hypnose wird versucht, das Bewusstsein eines Menschen so zu beeinflussen, dass er Teile seiner Wirklichkeit, z.B. Schmerzen, nicht mehr wahrnimmt. Unter Hypnose ist die Aufmerksamkeit eingeschränkt, man reagiert nur auf bestimmte Signale der Therapeutin oder des Therapeuten. Seite 47 von 108 Glossar IQWiG Hypoglykämie Bei einer Unterzuckerung liegt der Blutzuckerspiegel unter 60 mg/dl (3,3 mmol/l). Der medizinische Begriff ist Hypoglykämie. Menschen mit einer Unterzuckerung sind blass, haben einen schnellen Puls, sind kaltschweißig, zittern und können sich schlecht konzentrieren. Einige haben Kopfschmerzen oder sind verwirrt. Bei sehr niedrigem Blutzucker kann das Bewusstsein beeinträchtigt sein. Dies bezeichnet man als schwere Hypoglykämie. Hyposensibilisierung Hyposensibilisierung ist ein älterer Begriff für die spezifische Immuntherapie, einer Behandlung für Patienten mit allergischen Erkrankungen wie Heuschnupfen oder allergischem Asthma bronchiale. Bei einer Allergie reagiert der Körper mit einer übermäßigen Abwehrreaktion auf einen eigentlich unschädlichen Auslöser (Allergen) wie zum Beispiel Pollenstaub. Hier setzt die spezifische Immuntherapie an: Nachdem ein Auslöser festgestellt wurde, wird dieser in der Regel monatlich in kleinen Dosen unter die Haut gespritzt. Die Behandlung erstreckt sich meist über 3 bis 5 Jahre. Dadurch soll das Abwehrsystem „hyposensibilisiert“ werden, d.h. der Körper soll sich langsam an das Allergen gewöhnen und nicht mehr so stark darauf reagieren. Hypothese Allgemein ist mit Hypothese eine Aussage, Behauptung oder Theorie gemeint, deren Zutreffen oder Nicht-Zutreffen mit Hilfe einer Studie oder eines Experiments geprüft werden soll. Man unterscheidet einseitige und zweiseitige Hypothesen. Erstere beschreibt eine Festlegung vor Beginn einer Studie, dass Maßnahme A sich in einer bestimmten Richtung von Maßnahme B unterscheidet, also zum Beispiel überlegen sein soll. Zweitere beschreibt eine Festlegung vor Beginn einer Studie, dass Maßnahme A sich in einer beliebigen Richtung von Maßnahme B unterscheiden kann. Hypotonie Hypotonie ist der medizinische Fachbegriff für niedrigen Blutdruck. Ibuprofen Ibuprofen ist ein Wirkstoff, der schmerzstillend, entzündungshemmend und fiebersenkend wirkt. Er zählt wie Acetylsalicylsäure (ASS) zur Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika. IDDM Die Abkürzung IDDM bedeutet "insulin dependent diabetes mellitus" (deutsch: insulinabhängiger Diabetes mellitus). Menschen mit IDDM haben Diabetes Typ 1. Sie bilden selber nicht mehr genug Insulin in ihrer Bauchspeicheldrüse und sind auf das Spritzen von Insulin angewiesen. IGeL IGeL ist die Abkürzung für sogenannte „individuelle Gesundheitsleistungen“. Diese Leistungen werden von vielen Ärztinnen und Ärzten angeboten, jedoch nicht von der gesetzlichen Krankenkrankenversicherung bezahlt. Dabei kann es sich etwa um Impfberatungen vor Fernreisen oder Sportuntersuchungen bei Gesunden handeln, die in der Regel von der Patientin oder dem Patienten nachgefragt werden. Manchmal werden derartige Leistungen auch vom Arzt oder der Ärztin empfohlen, etwa ein Test zur Glaukomfrüherkennung oder ein PSA-Test zur ProstatakrebsFrüherkennung. Seite 48 von 108 Glossar IQWiG I²-Maß Angabe, die zur Abschätzung des Ausmaßes von Heterogenität von Studienergebnissen in MetaAnalysen dient. Das I²-Maß beschreibt, welcher Anteil der Variabilität der Ergebnisse verschiedener Studien auf Heterogenität zurückzuführen ist und nicht auf zufällige Schwankungen. Immunsystem Das Immunsystem, oft auch Abwehrsystem genannt, hat die Aufgabe, in den Körper eingedrungene Krankheitserreger sowie entartete Körperzellen (zum Beispiel Krebszellen) unschädlich zu machen. Das Immunsystem ist sehr komplex und noch nicht in allen Details verstanden. Man unterscheidet zwei Komponenten: die zelluläre Immunabwehr (zum Beispiel "Fresszellen", "Killerzellen") und die durch Moleküle (zum Beispiel "Antikörper") vermittelte Immunabwehr. Impfung Eine Impfung regt die körpereigene Produktion von Antikörpern gegen ein bestimmtes Virus oder Bakterium an. Dies macht geimpfte Personen widerstandsfähiger, wenn sie den lebenden Erregern ausgesetzt sind. Eine Impfung zielt darauf ab, das Abwehrsystem des Körpers gezielt in Gang zu setzen, ohne die infektionsbedingte Erkrankung auszulösen. Je nach Impfstoff kann es einige Zeit dauern, bis sich eine Immunität entwickelt hat. Bei den meisten Impfungen ist eine mehrmalige Impfstoffgabe notwendig. Allerdings kann die impfbedingte Abwehrbereitschaft nach einer Zeit nachlassen. Daher müssen viele Impfungen nach einigen Jahren wiederholt werden, damit der Impfschutz aktiv bleibt. Es gibt verschiedene Arten von Impfstoffen. Manche sind "inaktiviert" oder "abgetötet" - das bedeutet, selbst wenn sie zum Beispiel aus dem Virus hergestellt wurden, enthalten sie keine lebenden Virusanteile. Ein inaktivierter Impfstoff kann keine Infektion verursachen. Andere Impfstoffe sind "abgeschwächte" Lebendimpfstoffe. Die in diesen Impfstoffen enthaltenen Erreger wurden in ihrer Wirkung so stark abgeschwächt, dass sie keine Symptome auslösen sollten. Individualtherapie Individualtherapie ist eine psychotherapeutische Behandlungsform, an der im Gegensatz zur Gruppentherapie nur ein Patient teilnimmt; es findet also im Prinzip eine Art Zwiegespräch zwischen Therapeut und Patient statt. Therapeutische Ziele können z.B. darin bestehen, dem Patienten Hoffnung und Mut zu machen, sein Selbstbewusstsein zu stärken und ihm Wege zur alltäglichen Problembewältigung aufzuzeigen. Infektion Von einer Infektion spricht man in der Medizin, wenn sich eine Person mit einem Krankheitserreger angesteckt hat. Dieser Erreger kann z.B. ein Bakterium, ein Virus, ein Pilz oder auch ein Wurm sein. Der Erreger vermehrt sich, breitet sich im Körper aus oder befällt nur ein bestimmtes Organ. Solange die Person noch keine Anzeichen einer Krankheit zeigt, sprechen Ärztinnen und Ärzte von einer asymptomatischen Infektion. Sobald der Körper auf die Erreger reagiert, was sich in Krankheitssymptomen bemerkbar macht, handelt es sich um eine symptomatische Infektion, eine Infektionskrankheit. Der Zeitraum vom ersten Befall des Körpers durch den Erreger bis zu den ersten Krankheitssymptomen bezeichnet die Medizin als Inkubationszeit. Sie kann wenige Stunden oder Tage, aber auch viele Jahre dauern. Eine Infektion muss nicht in jedem Fall zum Ausbruch einer Krankheit führen. Seite 49 von 108 Glossar IQWiG Infusion Infusion ist eine Variante der Injektion, bei der eine Kanüle längere Zeit im Körper verbleibt, sodass dem Patienten nach und nach über einen Schlauch größere Flüssigkeitsmengen verabreicht werden können. Umgangssprachlich werden Infusionen auch "Tropf" genannt. Inhalatives Insulin Insulin zum Inhalieren besteht aus einem Trockenpulver. Das Medikament wird in einem Inhalator mithilfe von Druck zerstäubt. Der Anwender atmet das Medikament tief in die Lunge ein. Dort gelangt das Insulin in die kleinen Lungenbläschen, die von Blutgefäßen netzartig überspannt sind. Über diese Blutgefäße gelangt das inhalierte Insulin in den Blutkreislauf. Inhalator Ein Inhalator ist ein Gerät, mit dem man Medikamente einatmet und über die Lunge aufnimmt. Der Wirkstoff liegt häufig in Pulverform vor, wird im Inhalator fein zerstäubt und über ein Mundstück eingeatmet. Über die Bronchien gelangt der Wirkstoff in die kleinen Lungenbläschen (Alveolen), wo er in das Blut aufgenommen wird. Mit Inhalatoren können Menschen mit Asthma, Bronchitis oder anderen Erkrankungen der Atemwege ihre Beschwerden behandeln. Inkontinenz Inkontinenz ist der medizinische Fachbegriff dafür, wenn jemand Stuhl oder Urin nicht willentlich zurückhalten kann. Meistens wird der Begriff für die Harn- oder Blaseninkontinenz verwendet, bei der die Kontrolle über die Blasenentleerung gestört ist. Es gibt unterschiedliche Formen der Inkontinenz: Wenn etwa beim Husten oder Niesen Urin ungewollt abgeht, spricht man von Stress- oder Belastungsinkontinenz. Ursache hierfür ist meist ein schwacher Harnblasenverschluss, wie er etwa bei Frauen mit geschwächter Beckenbodenmuskulatur vorkommt. Neurologische Erkrankungen wie multiple Sklerose oder Demenz, aber auch eine Prostatavergrößerung beim Mann können zu der sogenannten Dranginkontinenz führen: Dabei können nur kleine Mengen Urin in der Harnblase gespeichert werden, bevor das Bedürfnis entsteht, Wasser zu lassen. Bei einer Schädigung des Rückenmarks, etwa bei Menschen mit Querschnittslähmung, ist der Blasenschließmuskel direkt gestört. Hier spricht man von Reflexinkontinenz. Inkontinenz-Produkte Inkontinenz-Produkte sind Produkte, die Menschen verwenden, die keine sichere Kontrolle über ihre Blase haben. Dazu zählen Windeln, feuchtigkeitsbindende Einlagen und Unterlegmatten für das Bett, aber auch Blasenkatheter und Auffangbeutel für Urin. INR-Wert Die Abkürzung INR steht für „International Normalised Ratio“. Der INR-Wert ist ein Wert für die Gerinnungsdauer des Blutes. Er wird regelmäßig bei Menschen gemessen, die bestimmte Medikamente zur Gerinnungshemmung einnehmen. Je höher der Wert ist, desto langsamer gerinnt das Blut. Normalwerte liegen um 1, bei der Einnahme von Blutgerinnungshemmern sind die Werte höher. Ein INR-Wert von 2 bedeutet, dass das Blut zur Gerinnung doppelt so lange braucht wie normalerweise. Seite 50 von 108 Glossar IQWiG Insulin Das Hormon Insulin wird in bestimmten Zellen der Bauchspeicheldrüse, den so genannten Betazellen, gebildet. Die Bauchspeicheldrüse setzt mehr Insulin frei, wenn wir Kohlenhydrate mit der Nahrung aufnehmen. Insulin führt dazu, dass die Blutglukose (Blutzucker) von der Leber oder den Muskeln aufgenommen, verwertet oder gespeichert wird. Außerdem fördert Insulin die Produktion von Eiweiß, fördert das Wachstum und reguliert den Fettstoffwechsel. Insulinanaloga Ein Insulinanalogon ist ein gentechnisch hergestelltes Insulin mit einer veränderten chemischen Struktur. Hierbei werden bestimmte Aminosäuren ausgetauscht. Je nachdem, welche Aminosäuren verändert sind, wirken Insulinanaloga schneller und kürzer als Normalinsuline bzw. langsamer und länger als NPH -Verzögerungsinsuline. Insulin-Antikörper Insulin-Antikörper werden durch das Immunsystem gebildet. Antikörper sind Eiweiße, die körperfremde Substanzen abwehren, um den Körper zu schützen. Insulin, das von außen zugeführt wird und sich von körpereigenem Insulin unterscheidet, erkennt der Körper manchmal als Fremdstoff. Dies kann zur Bildung von Insulin-Antikörpern führen. Insulinbolus Ein Insulinbolus ist eine Insulinmenge, die vor dem Essen gespritzt wird, zum Beispiel der Mahlzeitenbolus ("Bolus" ist das lateinische Wort für "Stoß") oder der Korrekturbolus, eine Insulinmenge, die zur sofortigen Korrektur des Blutzuckers bestimmt ist. Ein Bolus wird mit schnellwirkendem Insulin gegeben. Insulin-Pen "Pen " ist Englisch und bedeutet "Stift". Insulin-Pens sind so genannte Injektionshilfen: An einem Dosierknopf wird die gewünschte Insulinmenge eingestellt. Wie beim Spritzen von Insulin wird die Nadel des "Stiftes" in das Unterhautgewebe eingestochen. Durch einen Knopfdruck wird das Insulin abgegeben. Es gibt nachfüllbare Pens , bei denen das Insulin wie bei einem Füllfederhalter in einer Patrone eingelegt wird, und Fertig-Pens , die nach Gebrauch weggeworfen werden. Insulin-Pens sehen häufig aus wie "normale" Stifte oder Füllfederhalter und fallen daher im Alltag kaum auf. Die Nadeln der Insulin-Pens sind sehr dünn und so scharf geschliffen, dass man den Einstich kaum spürt. Seite 51 von 108 Glossar IQWiG Insulinpumpen Eine Insulinpumpe ist ein Gerät, das etwa so groß ist wie ein Mobiltelefon oder eine Zigarettenschachtel. Die Insulinpumpe trägt der Anwender außen am Körper. Im Gerät befindet sich ein Insulinreservoir, das durch einen dünnen Schlauch (Katheter) mit einer Nadel verbunden ist. Der Anwender führt die dünne Nadel in das Unterhautfettgewebe ein. Das Gerät versorgt den Körper dann rund um die Uhr mit Insulin. Die Technik wird deshalb "kontinuierliche subkutane Insulininfusion" genannt. Auf Englisch heißt dies "continuous subcutaneous insulin infusion", die Abkürzung dafür lautet CSII. Die Insulinampulle der Pumpe kann schnellwirkendes Normalinsulin oder Insulinanaloga enthalten. Die Pumpe gibt regelmäßig eine vorprogrammierte Menge an Insulin ab, die über den Schlauch in das Unterhautfettgewebe und in die Blutgefäße gelangt (Basalrate). Zusätzlich zu jeder Mahlzeit drückt der Anwender auf einen Knopf der Pumpe und erhält zusätzliches Insulin (Bolus). Der Anwender bestimmt, wie viel Insulin er sich zuführt. Die Menge hängt davon ab, wie viel er isst und wie hoch sein Blutzuckerspiegel ist. Nach ein bis drei Tagen werden üblicherweise Nadel und Katheter gewechselt. Insulinwirkung Insulin bindet sich auf den Körperzellen an einen Rezeptor. Diese Bindung verursacht in der Zelle verschiedene biochemische Reaktionen. Diese Reaktionen führen dazu, dass die Blutglukose in die Zellen aufgenommen und verwertet werden kann. Intensivpflege Mit Intensivpflege wird die medizinische und pflegerische Betreuung von schwerkranken Menschen in besonders dafür ausgestatteten Krankenstationen (Intensivstationen) bezeichnet. Intensivstationen sind von der personellen und technischen Ausstattung (beispielsweise Beatmungsmaschinen) so eingerichtet, dass akute und lebensbedrohliche Zustände behandelt werden können. Intention-to-Treat-Prinzip Intention-to-Treat-Prinzip (ITT-Prinzip) bezeichnet eine Vorgehensweise zur Auswertung der Ergebnisse von kontrollierten Studien. Auch wenn Teilnehmer im Laufe einer Studie ausscheiden oder die Therapie wechseln, sollten sie trotzdem in ihrer Gruppe zur Endauswertung eingeschlossen bleiben, so wie es zu Beginn der Studie die “Intention” war. Das soll die Gefahr minimieren, dass eine Gruppe bevorteilt wird. Wenn Teilnehmer zum Beispiel aufgrund unerwünschter Ereignisse, durch einen Wechsel der Therapie oder durch Tod ausscheiden, könnte das mit der in der Studie erhaltenen Behandlung zusammenhängen. Das Intention-to-Treat-Prinzip stärkt die Verlässlichkeit von Studienergebnissen: Wenn sich nach einer ITT-Analyse ein Unterschied zeigt, erhöht das die Sicherheit, dass der Unterschied tatsächlich auf die überprüfte Therapie zurückzuführen ist. Die Alternative ist die „Per-Protokoll-Analyse”. Interaktion Situation, in der sich zwei Faktoren gegenseitig verstärken oder abschwächen. Liegt zum Beispiel vor, wenn eine Behandlung bei einem Geschlecht einen stärkeren Effekt hat als beim anderen. Intervention In der Medizin: Sammelbegriff für Maßnahmen, die den Verlauf einer Erkrankung verändern können oder sollen. Dazu gehören Therapien, aber auch vorbeugende Maßnahmen oder diagnostische Untersuchungen, die zu Verhaltensänderungen führen können. Seite 52 von 108 Glossar IQWiG Interventionsstudie Studie, in der Teilnehmer geplant verschiedenen Interventionen zugeordnet werden. Zur Unterscheidung von Beobachtungsstudie, in der nicht vorab bestimmt wird, wie Interventionen zugeteilt werden, sondern eine Beobachtung der Teilnehmer ohne externe Beeinflussung erfolgt. Inzidenz Inzidenz beschreibt die in einem bestimmten Zeitraum neu aufgetretene Anzahl an Krankheitsfällen in einer definierten Population. Irrtumswahrscheinlichkeit alpha, beta Alpha ist die vorgegebene maximale Wahrscheinlichkeit, in einer Studie durch Zufall einen Unterschied zu beobachten, der in Wahrheit nicht vorhanden ist (= Fehler erster Art, siehe auch pWert). Beta ist die Wahrscheinlichkeit, in einer Studie einen tatsächlich vorhandenen Effekt wegen zu kleiner Stichprobengröße nicht zu beobachten (= Fehler zweiter Art, siehe auchPower) Ischialgie Als Ischialgie (von „ischio“, griechisch: Hüfte und „algos“, griechisch: Schmerz) werden Schmerzen bezeichnet, die durch eine Reizung des Ischias-Nerven oder der Nervenwurzeln im Bereich der unteren Lendenwirbel auftreten. Sie können längere Zeit bestehen oder plötzlich Probleme verursachen. Die Reizung kann beispielsweise durch die Vorwölbung einer Bandscheibe bedingt sein oder knöcherne Veränderungen an der Wirbelsäule drücken auf die Nervenwurzel. Typisch für eine Ischialgie ist ein ziehender oder reißender Schmerz, der vom Gesäß, über die Rückseite des Oberschenkels bis in die Kniekehle, in seltenen Fällen auch bis in den Fuß ausstrahlt. Oft verstärkt sich der Schmerz beim Husten oder Pressen. Manchmal begleiten Empfindungsstörungen der Haut wie Kribbeln oder ein Kälte- und Wärmegefühl die Schmerzen. Oft wird die Ischialgie mit einem „Hexenschuss“ (Lumbago) verwechselt. Ischialgie und Hexenschuss können auch gleichzeitig auftreten. Dann spricht man von einer Lumbo-Ischialgie. Der Übergang ist fließend, deswegen werden beide Begriffe oft verwechselt. Ischämie Eine Ischämie (von „ischein“, altgriechisch: zurückhalten und „haima“, griechisch: Blut) ist eine verminderte oder fehlende Durchblutung von Gewebe. In der Folge kommt es durch die mangelnde Durchblutung zu einem Sauerstoffmangel in den Zellen. Ist die Ischämie nur vorübergehend, kann sich das minderversorgte Gewebe wieder erholen. Bei länger andauerndem Sauerstoffmangel sterben allerdings die Zellen ab. Die Folge: ein sogenannter Gewebeinfarkt – wie etwa bei einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. Ursache einer Ischämie können beispielsweise Gefäßverschlüsse durch Arteriosklerose-Ablagerungen oder weitergeleitete Pfropfen (Embolie) sein. Aber auch eine Herzschwäche oder ein Kreislaufversagen kann zu einer Mangeldurchblutung führen. Kaiserschnitt Auch "Sectio" oder "Schnittentbindung" genannt. Ein Kaiserschnitt ist eine Operation, bei der unter Narkose Bauchdecke und Gebärmutter der Schwangeren geöffnet werden, um das Kind zur Welt zu bringen. Ein Kaiserschnitt kann nötig werden, wenn sich das Kind nicht in die geeignete Position dreht, oder wenn eine normale Geburt so lange dauern würde, dass die Gesundheit von Mutter oder Kind gefährdet wäre. Seite 53 von 108 Glossar IQWiG Kalium Kalium ist ein für den Körper wichtiger Mineralstoff. Er ist hauptsächlich im Zellinneren vorhanden und für die Funktionsfähigkeit aller Zellen, vor allem aber von Nerven- und Muskelzellen notwendig. Kalium ist unter anderem für den Zellstoffwechsel, den Flüssigkeitsgehalt der Zellen sowie für die Erregbarkeit von Muskel- und Nervenzellen wesentlich. Kaliumreiche Lebensmittel sind unter anderem Bananen, Bohnen, Fleisch und Fisch, Spinat und Kartoffeln. Kalzium Kalzium ist ein für den Menschen wichtiger Mineralstoff. Es ist ein Aufbaustoff für Knochen und Zähne, notwendig für die Blutgerinnung, die Muskelerregung und Nervenreizung. Kalzium ist vor allem in Milch und Milchprodukten und grünem Blattgemüse enthalten. Ein Kalziummangel kann z.B. entstehen durch eine chronische Darmentzündung, Schwangerschaft oder die Stillphase. Kardiovaskulär Kardiovaskulär (von „kardio“, griechisch: Herz und „vas“, lateinisch: Gefäß), heißt übersetzt „das Herz und das Gefäßsystem betreffend“. Das kardiovaskuläre System wird auch Herz-KreislaufSystem genannt. Typische kardiovaskuläre Erkrankungen sind beispielsweise Arteriolosklerose und Schlaganfall. Ausdauersportarten wie Schwimmen, Laufen und Rad fahren, die das Herz und den Kreislauf über längere Zeit moderat und gleichmäßig belasten, werden auch als kardiovaskuläres Training bezeichnet. Karies Mit Karies (lateinisch caries: Fäulnis) ist meist die Zahnkaries gemeint, auch Zahnfäule genannt. Karies wird durch Bakterien verursacht, die sich im Zahnbelag ansiedeln. Sie bilden aus dem Zucker in Speisen und Getränken Säuren, die den Zahn angreifen. Diese Säuren schädigen zuerst den Zahnschmelz, später auch die tieferen Teile des Zahns, und man verspürt gelegentliche oder dauerhafte Schmerzen. Wird die Karies nicht behandelt, droht der Verlust des Zahns. Karzinogen Als karzinogen (von „karzino“, griechisch für Krebs und „gen“ für erzeugen) bezeichnet man Stoffe und Strahlungen, die Krebs erzeugen oder eine Krebserkrankung wahrscheinlicher machen. Dies kann dadurch geschehen, dass man Stoffe einatmet, verschluckt oder über die Haut aufnimmt. Karzinogen sind beispielsweise bestimmte Viren, radioaktive Strahlung und chemische Stoffe wie Asbest. Katarakt Als Katarakt ("Grauer Star") wird eine Eintrübung der Linse bezeichnet. Die Anzeichen können verschwommenes Sehen sowie "Wie-durch-einen-Nebel-Sehen" sein. Die betroffene Linse kann durch eine Operation entfernt und durch eine künstliche Linse ersetzt werden. Katheter Katheter ist die medizinische Bezeichnung für dünne Röhrchen oder Schläuche, die in Körperöffnungen eingeführt werden und dort oft für längere Zeit verbleiben. Über Medikamentenkatheter lassen sich zum Beispiel Schmerz- oder Betäubungsmittel gezielt in bestimmte Körperregionen leiten. Andere Katheter dienen dazu, Flüssigkeiten aus dem Körper zu befördern. Seite 54 von 108 Glossar IQWiG Kieferchirurgie Ein Kieferchirurg hat sowohl ein Studium der Medizin als auch der Zahnmedizin abgeschlossen und eine fünfjährige Weiterbildung zum Facharzt für Kieferchirurgie mit einer Facharztprüfung absolviert. Kieferorthopädie Der Begriff Kieferorthopädie leitet sich von den griechischen Begriffen "ortho" (gerade, aufgerichtet) und "paideia" (Erziehung) ab und wird auch als "Orthodontie" bezeichnet. Die Kieferorthopädie beschäftigt sich mit der Erkennung, Verhütung (Prophylaxe) und Behandlung von Fehlbildungen des Gebisses, das heißt von Zahnfehlstellungen oder einer veränderten Lagebeziehung der Kiefer zueinander. Ein Kieferorthopäde ist ein Zahnarzt, der eine Weiterbildung im Fach Kieferorthopädie absolviert und eine Prüfung abgelegt hat. Klimakterium Als Wechseljahre oder Klimakterium werden die Jahre unmittelbar vor und nach der letzten Regelblutung im Leben einer Frau bezeichnet. Die meisten Frauen sind dann zwischen 40 und 58 Jahre alt. Während der Wechseljahre verändern die Eierstöcke ihre Hormonproduktion und das hormonelle Gleichgewicht im Körper verschiebt sich. Damit können verschiedene Beschwerden einhergehen. Nach der letzten Regelblutung, auch Menopause genannt, ist eine Schwangerschaft nicht mehr möglich. Wenn die Regelblutung in zwölf aufeinander folgenden Monaten ausgeblieben ist, kann man davon ausgehen, dass die letzte Blutung die Menopause war. Klingelhöschen Klingelhöschen sind Unterhöschen oder Hosen für Kinder, die nachts ins Bett machen. Die Höschen sind mit feinen Drähten ausgestattet, die auf Feuchtigkeit reagieren und einen Alarmton auslösen, der das Kind wecken soll. So soll es über mehrere Wochen lernen, bei voller Blase selbstständig wach zu werden und auf die Toilette zu gehen. Klingelmatten Klingelmatten sind feuchtigkeitsempfindliche Bettunterlagen, die ein Kind mit einem Alarmton wecken, sobald die Sensoren Urin feststellen. Damit sollen bettnässende Kinder über mehrere Wochen lernen, bei voller Blase selbstständig wach zu werden und auf die Toilette zu gehen. Knochenmark Das Knochenmark ist ein schwammartiges Gewebe, das sich im Inneren einiger Knochen befindet. Bei der Geburt enthalten die Knochen nur rotes Knochenmark, das für die Produktion von Blutzellen wichtig ist. Im Laufe des Lebens wird das rote Knochenmark zu großen Teilen vom sogenannten gelben Knochenmark verdrängt und bleibt nur noch in wenigen Knochen erhalten, zum Beispiel in den Rippen, dem Brustbein und dem Becken. Das gelbe Knochenmark enthält viele fetthaltige Zellen und produziert keine Blutzellen mehr, kann sich bei Bedarf aber in rotes Knochenmark zurückbilden. Seite 55 von 108 Glossar IQWiG Koffein Koffein ist eine Substanz mit anregender oder sogar aufputschender Wirkung, außerdem wirkt Koffein Harn treibend, d.h. es regt den Körper an, mehr Urin herzustellen. Der Harn treibende Effekt von Koffein ist allerdings gewöhnungsabhängig - Menschen, die regelmäßig große Mengen Koffein zu sich nehmen, bemerken ihn also kaum oder gar nicht. Koffein ist in vielen Getränken wie Kaffee, Cola oder Energydrinks enthalten, aber auch in Schokolade. Schwarzer Tee enthält ebenfalls Koffein, allerdings in kleineren Mengen. Koffeinhaltige Getränke Koffeinhaltige Getränke sind Getränke, die Koffein in unterschiedlichen Konzentrationen enthalten und vor allem wegen der anregenden Wirkung des Koffeins getrunken werden. Kaffee und Tee enthalten zwischen 100 und 400 Milligramm Koffein pro Liter. Das sind zwischen 50 und 100 Milligramm pro Tasse Kaffe oder bis zu 50 Milligramm pro Tasse Tee. Energydrinks und Alcopops enthalten 120 bis 320 Milligramm pro Liter, meist um 300 Milligramm pro Liter, darüber hinaus weitere anregende Substanzen wie z.B. Taurin. Cola-Getränke enthalten zwischen 65 und 250 Milligramm pro Liter, meist aber unter 150 Milligramm. Kognitive Störung Bei kognitiven Störungen haben Personen zeitweise oder andauernd Probleme mit der geistigen Leistungsfähigkeit. Typische Beschwerden sind z.B. zunehmende Vergesslichkeit, herabgesetzte Aufmerksamkeit, Konzentrationsprobleme, Sprachstörungen, Orientierungsprobleme oder Gedächtnisverlust. Kognitive Störungen können nach einer Operation, im Rahmen einer Erkrankung oder im Gefolge eines allgemeinen Abbaus im hohen Lebensalter auftreten. Kognitive Verhaltenstherapie Die kognitive Verhaltenstherapie ist eine Behandlungsform der Psychotherapie. Ein wesentliches Ziel dieser Therapieform besteht darin, den Patientinnen und Patienten eine andere Sichtweise zu vermitteln, sie beispielsweise darauf hinzuweisen, wo ihnen vielleicht Denkfehler unterlaufen oder wo falsche Vorstellungen zu Erkrankungen beitragen. Kognitive Verhaltenstherapie kann dazu beitragen, dass Patientinnen und Patienten lernen, ihre Situation anders einzuschätzen, und so ihre Symptome als weniger quälend erleben, ihr Verhalten ändern und insgesamt an Lebensqualität gewinnen. Kohorten-Studie Eine Kohorte ist eine Gruppe von Personen, die über eine definierte Zeitspanne beobachtet wird, um zum Beispiel das Auftreten einer bestimmten Erkrankung festzustellen. Kohortenstudien können prospektiv oder retrospektiv durchgeführt werden. Kollagen Der Wortteil "Kolla" stammt aus dem Griechischen und bedeutet Leim. Kollagen ist ein Eiweiß, das als Stützsubstanz verschiedener Gewebe dient. Kollagen kommt zum Beispiel im Bindegewebe, in Sehnen, Bändern, Knorpel, Knochen oder im Zahnbein vor. Seite 56 von 108 Glossar IQWiG Kolon Das Kolon ist eigentlich der Hauptteil des Dickdarms, zu dem auch der Blinddarm zählt. Der Begriff wird aber auch synonym für Dickdarm verwendet. Im Kolon wird der Nahrungsbrei eingedickt, indem ihm Wasser und Mineralsalze entzogen werden. Gleichzeitig sondert der Darm Schleim ab, um den Stuhlgang zu erleichtern. Das Kolon wird auch Grimmdarm genannt. Kolorektales Karzinom Als „kolorektales Karzinom“ wird Krebs im Bereich des Dick- und/oder Enddarms bezeichnet. Die Silben „Kolo“ stehen für den Dickdarm, der auch „Kolon“ genannt wird; „rektal“ für den Enddarm, der auch als „Rektum“ bezeichnet wird. Das kolorektale Karzinom ist eine der häufigsten Krebsarten in Deutschland. Komplementärmedizin Komplementär bedeutet „ergänzend“, das heißt, diese Art von Heilkunde wird häufig zusätzlich zur medizinischen Versorgung („Schulmedizin“) angewendet. In Deutschland versteht man unter Komplementärmedizin vor allem alternative Arzneimittel und Heilverfahren wie Homöopathie und Naturheilverfahren, aber auch Akupunktur. Die traditionelle chinesische Medizin, bestimmte Ernährungstheorien, Bachblütentherapie und bioenergetische Verfahren werden ebenfalls zur Komplementärmedizin gerechnet. Konfidenzintervall Ein Konfidenzintervall ist ein Bereich, in dem der „wahre“ Wert zum Beispiel des Effektes einer Behandlung mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (üblicherweise 95%-Konfidenzintervall). Das bedeutet, dass die Konfidenzgrenzen mit fünfundneunzigprozentiger Wahrscheinlichkeit den wahren Wert einschließen. Konsensustechniken Konsensusverfahren sind informelle oder formelle Methoden, um innerhalb von Gruppen mit anfangs divergierenden Meinungen am Ende Einigkeit herzustellen. Zu den wichtigsten formellen Konsensverfahren gehören die Delphi-Methode und der Nominale Gruppenprozess. kontinuierlicher Atemwegsüberdruck CPAP steht für „continuous positive airway pressure “. Übersetzt bedeutet das: kontinuierlicher Atemwegsüberdruck. Bei der CPAP -Therapie wird während des Schlafes mit einem leichten Überdruck Raumluft über eine Maske in die Atemwege gepumpt. Eingesetzt wird sie zur Behandlung vorübergehender nächtlicher Atemstillstände. Die einströmende Luft verhindert dabei, dass die Rachenmuskulatur in sich zusammenfällt und die oberen Atemwege verschließt. Während es bei der CPAP -Therapie also darum geht, die erschlaffte Muskulatur des Rachens durch den leichten Überdruck der Atemluft zu stabilisieren, wird die CPAP -Beatmung hingegen auf Intensivstationen oder im Rettungsdienst bei Menschen mit Lungen- oder Herzerkrankungen eingesetzt. Hier erleichtert der leichte Überdruck das Einatmen und sorgt dafür, dass mehr Luft in die Lunge strömt. Seite 57 von 108 Glossar IQWiG Koronare Herzkrankheit Bei einer Koronaren Herzkrankheit, kurz KHK, wird das Herz schlecht mit Sauerstoff versorgt, weil die Blutgefäße durch Ablagerungen geschädigt sind und weniger Blut durchlassen als gesunde Gefäße. Betroffene leiden immer wieder an Schmerzen in der Brust - einer Angina pectoris -, weil der Herzmuskel für eine Belastung zu wenig Sauerstoff erhält. Die Folgen einer KHK können Herzinfarkt, Herzschwäche, Herzrhythmusstörungen oder der "Plötzliche Herztod" sein. Mediziner unterscheiden eine stabile von einer instabilen Variante. (Siehe Stabile Koronare Herzkrankheit und Akute Koronare Herzkrankheit) Koronarsyndrom Akutes Koronarsyndrom ist ein Sammelbegriff für verschiedene schwere Erkrankungen des Herzens, die jederzeit zu einer lebensbedrohlichen Situation führen können oder gerade geführt haben, wie etwa ein Herzinfarkt oder der "Plötzliche Herztod". Kortikoid Kortison (Kortikoid) ist ein Wirkstoff, der entzündungs- und wachstumshemmend wirkt und die körpereigene Abwehr unterdrückt. Er zählt zu der Gruppe der Glukokortikoide. Kortison ist ein Hormon, das auch natürlicherweise im menschlichen Körper vorkommt. Krebsregister Krebsregister sind Einrichtungen der Bundesländer, die systematisch Informationen zu Krebserkrankungen sammeln. Es werden Daten über die Verbreitung von Krebsfällen und die Sterblichkeitsraten an den verschiedenen Krebsarten erhoben. In einigen Registern werden auch die individuellen Krankheitsdaten von Patientinnen und Patienten anonym erfasst. Die Informationen dienen der Ursachenforschung, der Bewertung und Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Krebs. Kurzatmigkeit Kurzatmigkeit ist auch unter den Begriffen "Atemnot" oder "Luftnot" bekannt. Eine Person hat zeitweise oder ständig das Gefühl, zu wenig Luft beim Atmen zu bekommen. Bei starker Luftnot haben Menschen ein beklemmendes Gefühl oder sogar die Angst, zu ersticken. Sie atmen angestrengt, das Durchatmen fällt ihnen schwer. Atemnot erfahren Menschen mit Lungenkrankheiten wie Asthma oder einer Lungenentzündung, aber auch während eines Herzinfarkts oder bei extremem Übergewicht. LDL-Cholesterin LDL-Cholesterin ist neben HDL- und VLDL-Cholesterin einer von drei verschiedenen Komplexen aus Cholesterin und seinem Transportmolekül. LDL ist die Abkürzung für Low-Density-Lipoprotein, zu Deutsch etwa Fett-Eiweiß-Molekül mit geringer Dichte. Ohne die verschiedenen Transportmoleküle kann Cholesterin nicht durch das Blut befördert werden. LDL-Cholesterin wird als "schlechtes Cholesterin" bezeichnet, weil das LDL-Molekül zur Arterienverkalkung beitragen soll und somit das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht. Seite 58 von 108 Glossar IQWiG Lebensqualitätsscore Eindimensionaler Ergebniswert, der sich durch die summarische Zusammenfassung verschiedener Dimensionen bei der Erfassung von Lebensqualität sowohl durch krankheitsübergreifende als auch durch krankheitsspezifische Instrumente ergibt. Die Dimensionen müssen dabei nicht notwendigerweise gleich gewichtet sein. Leberzirrhose Unter Leberzirrhose versteht man einen Prozess, bei dem das Lebergewebe zerstört und in Narben und funktionsloses Bindegewebe umgewandelt wird - bis hin zur kompletten Leberschrumpfung. Die Ursache für eine Leberzirrhose sind meist nicht ausgeheilte Lebererkrankungen unterschiedlichen Ursprungs. Dazu zählen beispielsweise Leberschäden aufgrund langjährigen Alkoholkonsums oder eine chronische Virushepatitis. Die Vorstufe der Leberzirrhose nennt man Leberfibrose. Dabei wird vermehrt Bindegewebe in die Leber eingebaut. Bei der Leberzirrhose geht das Lebergewebe dann zugrunde und es entsteht knotiges Ersatzgewebe, welches die Funktion der Leberzellen nicht mehr übernehmen kann. Langfristig kommt es zum Leberausfall. Die Leberzirrhose hat nichts mit einer Fettleber gemein, bei der die Leber insgesamt mehr Fettzellen enthält, aber noch normal arbeitet. Leitlinie Leitlinien sind im Idealfall systematisch entwickelte, wissenschaftlich begründete und praxisorientierte Entscheidungshilfen über eine angemessene Vorgehensweise bei speziellen gesundheitlichen Problemen. Sie sind Orientierungshilfen im Sinne von Handlungs- und Entscheidungskorridoren, von denen in begründeten Fällen abgewichen werden kann oder sogar muss. Lendenwirbelsäule Die Wirbelsäule des Menschen besteht normalerweise aus 33 Wirbeln. Die ersten sieben bilden die Halswirbelsäule, dann folgen zwölf Brustwirbel. Unterhalb des Brustkorbs beginnt die aus fünf Wirbeln bestehende Lendenwirbelsäule. Sie wird beim Bücken und Heben besonders stark belastet. Die Wirbel in Hals-, Brust- und Lendenbereich sind durch flexible Bandscheiben miteinander verbunden, im Bereich von Becken und Steißbein sind jeweils mehrere Wirbel miteinander zu einem Knochen verwachsen. Leukozyten Der Begriff "Leukozyten" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "weiße Zellen". Die auch als "weiße Blutkörperchen" bezeichneten Zellen gehören zum Immunsystem und sind die "Gesundheitspolizei" unseres Körpers: Sie bekämpfen Krankheitserreger wie Bakterien, Viren, Tumorzellen oder giftige Stoffe und schützen unseren Körper so vor vielen Krankheiten. Die Leukozyten nutzen den Blutstrom, um den Körper nach diesen Krankheitserregern abzusuchen. Gesunde Erwachsene haben zwischen 4.000 und 10.000 Leukozyten pro Mikroliter Blut. Bei Infektionen kann dieser Wert auf ein Vielfaches ansteigen. Likelihood-Quotient Wahrscheinlichkeitsverhältnis (Likelihood Ratio, LR): Beschreibt die Güte eines diagnostischen Tests. Das Verhältnis der Wahrscheinlichkeit, dass ein positives (oder negatives) Testergebnis bei einer Person mit der Erkrankung auftritt zur Wahrscheinlichkeit, dass dieses positive (oder negative) Testergebnis bei einer Person ohne diese Erkrankung auftritt. Die LR ermöglicht eine Aussage darüber, wie stark sich durch das Testergebnis die Wahrscheinlichkeit für oder gegen das Vorliegen einer Erkrankung ändert. Seite 59 von 108 Glossar IQWiG Linse Die Linse des Auges liegt unmittelbar hinter der Pupille. Sie ist gewölbt und bricht die einfallenden Lichtstrahlen so, dass auf der Netzhaut ein scharfes Abbild der Umwelt entsteht. Liquor Das Gehirn enthält mehrere mit Flüssigkeit gefüllte Kammern. Außerdem ist es mit dem Rückenmark zum Schutz gegen Erschütterungen in ein gemeinsames Flüssigkeitspolster eingebettet. Diese Flüssigkeit wird "Liquor" genannt. Literatur, graue Als “graue Literatur” wird Informationsmaterial bezeichnet, das nicht in per Computerrecherche leicht zugänglichen Zeitschriften oder Datenbanken publiziert ist. Dazu gehören zum Beispiel Zusammenfassungen (Abstracts) von Tagungen. Lokalrezidiv Ein Rezidiv oder Rückfall (von „recidere“, lateinisch: zurückfallen) bedeutet das Wiederauftreten von Beschwerden oder einer Erkrankung nach einer zunächst erfolgreichen Behandlung oder Besserung. Bei einem Lokalrezidiv eines Tumors wachsen erneut Krebszellen an dem Ort, an dem er bereits beim ersten Mal aufgetreten ist. lokoregionär Mit dem Begriff lokoregional (von „locus“, lateinisch: Ort, Stelle und “regio“, lateinisch: Gebiet) wird in der Medizin ein Geschehen beschrieben, das auf eine bestimmte Körperstelle oder auf einen eng begrenzten Körperbezirk beschränkt ist. Die Bezeichnung „lokoregionär“ hat die gleiche Bedeutung. Lumbago Als Lumbago (von „lumbus“, lateinisch: Lende und „algos“, griechisch: Schmerz) werden starke Rückenschmerzen im Bereich der Lendenwirbel bezeichnet, die plötzlich einsetzen. Sie gehören zu den häufigsten Rückenschmerzen überhaupt. Ursache sind vielfach Muskelzerrungen, eine verminderte Beweglichkeit einzelner Rückenwirbel oder ein Bandscheibenvorfall. Anzeichen sind Kreuzschmerzen, die stark von der Körperhaltung abhängig sind. Im Gegensatz zum IschiasSchmerz ist die Lumbago ein reiner Rückenschmerz und strahlt nicht bis in das Bein aus. Lumbago und Ischias-Schmerzen können auch kombiniert auftreten. Man spricht dann von einer LumboIschialgie. Der Übergang ist fließend, deswegen werden beide Begriffe oft verwechselt. Seite 60 von 108 Glossar IQWiG Lungenkollaps Von einem Lungenkollaps spricht man, wenn ein Lungenteil oder ein ganzer Lungenflügel zusammensinkt. Dadurch steht dieser Teil der Lunge nicht mehr für die Atmung zur Verfügung. Anzeichen für einen Lungenkollaps können schnelle Atmung, Atemnot, Ohnmacht oder plötzliche stechende Schmerzen im Brust- und Oberbauchbereich sein. Ein Lungenkollaps entsteht, wenn Luft in den sogenannten Pleuraspalt eindringt. Der Pleuraspalt ist der sehr schmale Raum zwischen dem Rippenfell, das unter anderem den Brustkorb von innen auskleidet, und dem Lungenfell, das die Lungenflügel überzieht. In diesem Spalt befindet sich normalerweise nur ein dünner Flüssigkeitsfilm. Kommt es zum Beispiel in Folge einer chronischen Lungenerkrankung zu einem Defekt im Lungengewebe und im Lungenfell, kann Luft aus den Lungenbläschen in den Pleuraspalt eindringen. Eine andere Ursache kann eine Verletzung des Rippenfells von außen sein, zum Beispiel durch einen Unfall oder eine Stichverletzung. Dann kann Luft von außen in den Pleuraspalt eindringen und so zu einem Lungenkollaps führen. Ein Lungenkollaps ist in der Regel ein Notfall. Lymphödem Bei einem Lymphödem (von „lympha“, lateinisch: klares Wasser und „ödema“, griechisch: Schwellung) schwillt meist ein Arm oder ein Bein an, weil sich Lymphflüssigkeit darin staut. Es können aber auch eine Brust oder ein anderes Körperteil betroffen sein. Die Lymphe ist eine klare Flüssigkeit, die durch den ganzen Körper fließt und unter anderem eine Rolle im Abwehrsystem spielt. Ein Lymphödem entsteht, wenn der Fluss der Lymphe durch Schädigung von Lymphgefäßen oder Lymphknoten gestört ist und sich Lymphflüssigkeit im Gewebe sammelt. Lymphdrainage Die Lymphdrainage (von „drainage“, französisch: Entwässerung) ist eine spezielle, sanfte Massagetechnik, die dabei hilft, angestautes Gewebewasser über Lymphgefäße abzutransportieren. Diese Behandlung wird beispielsweise angewandt, wenn bei der Operation eines Brusttumors auch benachbarte Lymphknoten entfernt wurden. Lymphozyt Lymphozyten (von „lympha“, lateinisch: klares Wasser und „zyto“, griechisch: Zelle) gehören zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten). Sie werden im Knochenmark gebildet, reifen dort in der unter dem Brustbein gelegenen Thymusdrüse heran und entwickeln sich in den sekundären lymphatischen Organen weiter – beispielsweise in der Milz, den Rachenmandeln und Lymphknoten. Lymphozyten sind wichtige Bestandteile unseres Immunsystems: Die so genannten T-Lymphozyten produzieren Botenstoffe, die unter anderem verschiedene körpereigene Abwehrzellen dazu bringen, körperfremde Zellen, Bakterien oder Viren – so genannte Antigene – zu bekämpfen. B-Lymphozyten produzieren Antikörper, die diese Antigene als "fremd" markieren. Eine als natürliche Killer-Zelle bezeichnete Gruppe von Lymphozyten kann Antigene direkt bekämpfen. Bei einem gesunden Menschen machen die Lymphozyten etwa 25 % der weißen Blutkörperchen aus. Magnetresonanztomografie Die Magnetresonanztomografie (MRT ) oder Kernspintomografie ist eine bildgebende Untersuchung, bei der mehrere Schichtbilder erstellt werden (von „tome“, griechisch: Schnitt und graphein“: schreiben). Die Methode arbeitet mit Magnetfeldern und Radiowellen und misst, wie stark die Wassermoleküle des Körpers durch einen starken Magneten abgelenkt werden. Im Gegensatz zu Röntgenuntersuchungen geht eine MRT mit keiner Strahlenbelastung einher. Seite 61 von 108 Glossar IQWiG Makula Die Makula (Gelber Fleck) liegt im Zentrum der Netzhaut des Auges. In der Makula sind die Sinneszellen besonders dicht gepackt, sodass sie der Bereich des schärfsten Sehens ist. Malheur "Malheur" ist die umgangssprachliche Bezeichnung für ein Missgeschick, das "mal passiert", aber nicht regelmäßig vorkommt, z.B. wenn ein Kind gelegentlich in die Hose macht. Das Wort stammt aus dem Französischen und bedeutet "schlechte Stunde" (mal-heur) im Sinne von "Pech haben". Maligne Lymphome Maligne Lymphome sind Krebserkrankungen des Lymphsystems. Sie können zu Lymphknotenschwellungen, Fieber, Nachtschweiß, Leistungsminderung und Gewichtsverlust führen. Bei malignen Lymphomen kommt es zu einer unkontrollierten Vermehrung von bösartigen Lymphzellen, die sich im fortgeschrittenen Stadium auch auf andere Organe ausbreiten können. Je nachdem, ob die entarteten Zellen bestimmte Merkmale aufweisen oder nicht, spricht man auch von Hodgkin-Lymphomen oder Non-Hodgkin-Lymphomen. Mammographie Als Mammographie (von „mamma“, lateinisch: Brust und „graph“, griechisch: aufzeichnen) bezeichnet man die Röntgenuntersuchung der Brust. Sie wird zur weiteren Abklärung bei einem Tumorverdacht, z.B. bei einem tastbaren Knoten in der Brust, und zur Früherkennung von Brustkrebs bei Frauen eingesetzt. Bei der Untersuchung wird die Brust zwischen zwei strahlendurchlässige Plexiglasscheiben gelegt und kurz zusammengedrückt. Eine Mammographie geht wie jede andere Röntgenuntersuchung mit einer Strahlenbelastung einher. Für Frauen zwischen dem 50. und 69. Lebensjahr ist die Mammographie in Deutschland Bestandteil des Krebsfrüherkennungsprogramms. Marginale Zahlungsbereitschaft Geldbetrag, den der Kostenträger bzw. Patient bereit ist, für eine zusätzliche Nutzeneinheit, die er durch eine neue Gesundheitstechnologie innerhalb einer Indikation gewinnt, zu bezahlen. Masseur Masseure sind Therapeuten, die zwar keine akademische Ausbildung (wie z.B. Ärzte) haben, jedoch eine zweieinhalbjährige Ausbildung zum "Masseur und medizinischen Bademeister" absolviert und innerhalb dieser Ausbildung auch medizinische Grundlagen erworben haben. Masseure dürfen keine Diagnose erstellen - im Unterschied etwa zu den Chirotherapeuten, die zwar auch Körperbereiche mit den Händen bearbeiten, aber über eine Ausbildung und Zulassung als Arzt verfügen müssen. Während Chirotherapeuten vor allem die Muskulatur des Rückens und der Gelenke bearbeiten, erstreckt sich eine Massage auf alle Körperbereiche. Masseure bearbeiten die Körperpartien gemäß den Diagnosen und den Anweisungen von Ärzten .Massagen sollen vor allem Schmerzen lindern, die Durchblutung und den Stoffwechsel des Körpers verbessern und den Körper beweglich halten. Median Der Wert, der in einer nach Größe geordneten Reihenfolge von Messwerten, in der Mitte liegt. Seite 62 von 108 Glossar IQWiG Meningitis Meningitis ist der medizinische Begriff für Hirnhautentzündung. Sie kann durch Krankheitserreger wie Viren und Bakterien, selten auch durch Pilze ausgelöst werden. Anzeichen sind hohes Fieber, Kopfschmerzen, Verwirrtheit und ein steifer Nacken, Geräusch- und Lichtempfindlichkeit sowie Übelkeit und Erbrechen bis hin zur Teilnahmslosigkeit und Bewusstlosigkeit. Eine Meningitis ist eine gefährliche Erkrankung, die so schnell wie möglich behandelt werden muss. Messfehler Messfehler sind Abweichungen von wahren Ergebnissen eines Experiments oder einer Messung. Je nach Ursache werden systematische und zufällige Messfehler unterschieden. Zufällige Fehler kommen durch wechselnde Umstände und Ungenauigkeiten zustande und verfälschen ein Ergebnis mal in die eine und mal in die andere Richtung. Systematische Messfehler sind (oft unerkannte) Eigenschaften einer Messmethode, die sich konstant in eine Richtung auswirken. Meta-Analyse Statistisches Verfahren, um im Rahmen einer systematischen Übersicht die Ergebnisse mehrerer Studien, die die gleiche Frage bearbeiten, quantitativ zu einem Gesamtergebnis zusammenzufassen und dadurch die Aussagekraft (Ergebnissicherheit) gegenüber Einzelstudien zu erhöhen. Meta-Regression Statistisches Verfahren, um in einer systematischen Übersicht den Zusammenhang zwischen Eigenschaften der Studien oder Studienteilnehmer (zum Beispiel verdeckte Zuteilung, Basischarakteristika der Teilnehmer) und den Ergebnissen der Studie zu untersuchen. Metastasen Metastasen, auch Tochtergeschwülste genannt, sind Absiedelungen eines bösartigen Tumors an einer anderen Stelle des Körpers. Vom griechischen „Metastas = Auswanderung“ abgeleitet entstehen sie, indem sich Zellen von einem bösartigen Tumor ablösen und in der Regel über die Lymphbahnen oder über Blutgefäße an einen anderen Ort wandern. Beispielsweise können Zellen eines Darmkrebses in die Leber gestreut werden, es entsteht eine sogenannte Lebermetastase. An diesem neuen Standort wächst die Metastase örtlich weiter und zerstört auch hier gesundes Gewebe. Metastasierung Metastasierung bedeutet, dass sich Zellen von einem bösartigen Tumor ablösen und auf Wanderschaft gehen: Die Tumorzellen werden über Blutgefäße oder Lymphbahnen weitergeleitet und siedeln sich dann an einem anderen Ort im Körper an. Dort vermehren sie sich und bilden eine Metastase, ein Tochtergeschwulst des ursprünglichen Tumors. Die Fähigkeit, auch an anderen Stellen des Körpers aufzutauchen, ist ein Kennzeichen bösartiger Tumoren, also von Krebs. Mitogenität Dieser Begriff beschreibt, welchen Einfluss eine Substanz auf die Zellteilung hat. Ein Stoff hat eine hohe Mitogenität, wenn er die Zellteilung in einem Organismus beschleunigt. Die so angeregten Zellen wachsen dann schneller und breiten sich stärker aus. Seite 63 von 108 Glossar IQWiG Mittelwert Die Summe aller Werte geteilt durch die Anzahl der Werte. Mobilisation Mobilisation ist eine Behandlungstechnik der manuellen Medizin. Die Therapeutin oder der Therapeut versucht, Einschränkungen der Bewegung - z.B. durch einen Hexenschuss - zu beseitigen, indem sie oder er den betroffenen Körperteil behutsam in Richtung oder entgegen der Schmerzgrenze bewegt, um so einen größeren Bewegungsspielraum für die Patientin oder den Patienten zu gewinnen. Modell Für den Begriff „Modell“ im Kontext des Gesundheitswesens finden sich verschiedene Definitionen. Modelle sind analytische Werkzeuge, die dazu verwendet werden, Systeme in der realen Welt zu verstehen, verschiedene Zielgrößen in Abhängigkeit eines gegebenen Sets von Inputparametern zu schätzen und die Auswirkungen von Veränderungen auf das System zu modellieren. Modelle sind als Abbild der Wirklichkeit zu verstehen, die aus einem reduzierten Satz von Komponenten bestehen und vereinfachende Annahmen erfordern. Die Validität eines Modells ist entscheidend davon abhängig, ob das von ihm repräsentierte System hinreichend widergespiegelt wird. Im Rahmen der Modellierung werden für Zeiträume, zu welchen keine studienbelegte Nutzen- und Kostenverläufe von gesundheitlichen Interventionen vorliegen, Daten aus Primär- oder Sekundärquellen mittels verschiedener mathematischer Techniken simuliert. Modellierung kann auch zur Übertragung von kontextfremden Studienergebnissen auf einen spezifischen nationalen Kontext angewendet werden. Modelleffekte Modelle sind in Meta-Analysen verwendete statistische Verfahren zur Berechnung des Effektschätzers und seiner Unsicherheit. Man unterscheidet zwischen Modellen mit zufälligen oder festen Effekten. feste Effekte: Geht von der Annahme aus, dass die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der betrachteten Studien alleine auf Zufall beruhen. zufällige Effekte: Schließt zur Berechnung auch systematische Unterschiede zwischen den einzelnen Studien mit ein. Morbidität Rate der nicht-tödlichen Krankheitsereignisse. Morbus Bowen Morbus Bowen, benannt nach seinem Entdecker, dem Hautarzt John T. Bowen, ist die Bezeichnung für eine frühe Form eines Hautkrebses. Diese frühe Form ist auf die oberste Schicht der Haut – genannt Epidermis – beschränkt und wird deshalb auch intraepidermales Carcinoma in situ genannt (von „intra“, lateinisch: innerhalb, „epi“, griechisch: über und „derma“, griechisch: Haut). Die Hautveränderungen wachsen im Gegensatz zu anderen Hautkrebs-Formen sehr langsam. Unbehandelt kann die Bowen's Krankheit meist erst nach Jahren in ein sogenanntes PlattenepithelKarzinom, auch Spinaliom oder Stachelzellkrebs genannt, übergehen. Seite 64 von 108 Glossar IQWiG Morbus Crohn Morbus Crohn ist eine von zwei ähnlichen Formen einer chronischen Schleimhautentzündung des Darms (neben Colitis ulcerosa). Bei Morbus Crohn ist vor allem der Dünndarm betroffen, seltener der Dickdarm. Beschwerdefreie Phasen wechseln sich mit Zeiten ab, in denen Schmerzen im rechten Unterbauch, Durchfall und Gewichtsverlust so stark sein können, dass die Betroffenen in dieser Zeit nicht ihrer Arbeit nachgehen können oder sogar ins Krankenhaus müssen. Mortalität Rate der tödlichen Krankheitsereignisse, bezogen auf die Gesamtbevölkerung. Multiple Sklerose Multiple Sklerose – kurz MS – ist eine chronische, nicht heilbare entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems. Der Begriff Multiple Sklerose leitet sich vom Lateinischen „multiplex“ (vielfach) und „skleros“ (hart) ab. Denn bei MS treten an verschiedenen Stellen des Gehirns und / oder des Rückenmarks akute Entzündungsherde auf, die nach Abheilung eine Verhärtung hinterlassen. Je nachdem an welcher Stelle des zentralen Nervensystems die Entzündung auftritt, können die Krankheitszeichen von Sehstörungen, über Gefühlsstörungen und Schmerzen in Armen und Beinen bis hin zu Lähmungserscheinungen, Schwindel und Zittern reichen. Menschen mit MS können auch zu spontanen Stimmungsschwankungen neigen. Häufig verläuft die Erkrankung schubweise mit beschwerdefreien Intervallen zwischen den akuten Krankheitsphasen. Bei anderen Verläufen fehlen diese beschwerdefreien Intervalle. Bei allen Verlaufsformen kann es zu bleibenden Funktionseinschränkungen wie beispielsweise Gehund Sehstörungen kommen. Mutterpass Einen Mutterpass erhalten alle schwangeren Frauen in Deutschland bei der Feststellung der Schwangerschaft von ihrem Frauenarzt. In den Mutterpass werden unter anderem alle wichtigen Informationen zur Gesundheit der Mutter (zum Beispiel die Blutgruppe), zum Schwangerschaftsverlauf (zum Beispiel das Gewicht und der Blutdruck der Schwangeren), zum Zustand des Kindes (zum Beispiel die Lage in der Gebärmutter oder die Herztöne), zum Verlauf der Geburt und über den Zustand des Neugeborenen nach der Geburt eingetragen. In Notfällen kann anhand dieses Passes schnell reagiert werden. Myokardinfarkt Bei einem Herzinfarkt (Myokardinfarkt) wird ein Teil des Herzens plötzlich nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt, so dass es zu dauerhaften Schäden am Herzmuskelgewebe kommen kann. Ursache eines Myokardinfarkts (von „myokard“, griechisch: Herzmuskel und „infarct“, lateinisch: hineingestopft) ist in der Mehrzahl der Fälle ein kleines Blutgerinnsel, das eines oder mehrere Herzkranzgefäße verschließt. Plötzlich auftretende starke Schmerzen in der Brustgegend, die oft in den linken Arm, den Oberbauch und den Unterkiefer ausstrahlen, Übelkeit, Kreislaufprobleme bis hin zum Kollaps, Todesangst und Luftnot sind typische Zeichen für einen Herzinfarkt. Aber auch andere, weniger typische Krankheitszeichen wie Bauch- oder Rückenschmerzen können auf einen Herzinfarkt hinweisen. Seite 65 von 108 Glossar IQWiG Nahrungsergänzungsmittel Nahrungsergänzungsmittel sind Konzentrate aus zum Beispiel Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen, Ballaststoffen und / oder anderen Substanzen, die die Nahrung ergänzen sollen. Ihre Befürworter behaupten, dass sie im Körper eine bestimmte, häufig vorbeugende oder stärkende, Wirkung entfalten. Sie werden zum Beispiel als Kapseln, Tabletten, Pulver oder Ampullen angeboten. Nahrungsergänzungsmittel zählen rechtlich zu den Lebensmitteln und benötigen daher – im Gegensatz zu Arzneimitteln – keine behördliche Zulassung. Weitere Informationen finden Sie auf der Seite des Bundesinstituts für Risikobewertung. Nahrungsmittelintoleranz Bei einer Nahrungsmittelintoleranz entwickelt der Körper aus unterschiedlichen Gründen Beschwerden, z.B., weil er eine bestimmte Substanz nicht verdauen kann, weil ihm dazu ein bestimmter Stoff, ein Enzym, fehlt. Menschen mit einer Milchzucker-Intoleranz fehlt das Verdauungsenzym Laktase. Deshalb können sie den Milchzucker in Milchprodukten nicht verdauen. Bei einer Intoleranz bildet der Körper keine Antikörper wie bei einer Allergie. Typische Beschwerden einer Intoleranz sind Magen-Darm-Probleme und Durchfall. Nahrungsmittelunverträglichkeit Nahrungsmittelunverträglichkeit bedeutet, dass der Körper einer Person mit bestimmten Beschwerden reagiert, sobald sie ein bestimmtes Nahrungsmittel isst oder trinkt. Entweder hat diese Person eine Nahrungsmittelallergie oder eine Nahrungsmittelintoleranz. Der Begriff "Nahrungsmittelintoleranz" wird häufig auch synonym mit Nahrungsmittelunverträglichkeit verwendet. Bei einer Nahrungsmittelallergie reagiert der Körper überempfindlich auf eine bestimmte körperfremde Substanz. Genau wie gegen einen Krankheitserreger bildet er Antikörper, um die Substanz zu bekämpfen, obwohl der Stoff keine Gefahr für den Körper bedeutet. Allergieauslösende Stoffe in Nahrungsmitteln können bestimmte Eiweiße oder Lebensmittelzusatzstoffe sein. Anzeichen einer Nahrungsmittelallergie sind Magen-Darm-Probleme, Hautausschläge, aber auch Schnupfen oder ein asthmatischer Anfall. Typische Nahrungsmittel, bei denen Allergien auftreten, sind Kuhmilch, Eier, Nüsse oder Fisch. Naht Es gibt verschiedene Möglichkeiten, eine Wunde mit einer Naht zu verschließen. Ärztinnen und Ärzte können dabei den Faden fortlaufend führen oder die Wunde mit einzelnen Nähten verschließen. Bei dieser Einzelknopfnaht verknotet die Ärztin oder der Arzt den Faden nach jedem Stich und schneidet ihn ab. Damit die Narbe später möglichst unauffällig wird, werden manche Wunden mit einer Intrakutannaht verschlossen: Hierbei sticht man nicht durch die Haut, sondern in die Unterhaut und zieht die Wundränder eng zusammen. Ärztinnen und Ärzte verwenden verschiedene Materialien zum Nähen: Es gibt Nahtmaterial, das sich im Körper nach einer gewissen Zeit auflöst (resorbierbares Nahtmaterial), und welches, das sich nicht auflöst (unresorbierbar). Bei der Klammernaht werden Klammern aus einer Klammerpistole verwendet. Damit kann man die Wunde schnell schließen, eine Klammernaht ist aber viel teurer als die Naht per Hand. Narkose Die Narkose wird auch Vollnarkose oder Allgemeinanästhesie genannt. Sie ist eine von der Narkoseärztin oder vom Narkosearzt künstlich herbeigeführte und kontrollierte Bewusstlosigkeit, durch die man angst- und schmerzfrei und mit entspannter Muskulatur operiert werden kann. Seite 66 von 108 Glossar IQWiG Nüchtern-Blutzucker Der Nüchtern-Blutzuckerwert ist der Glukosewert, der im nüchternen Zustand, etwa acht Stunden nach der letzten Mahlzeit, gemessen wird. Er beträgt bei Gesunden normalerweise weniger als 110 mg/dl (6,1 mmol/l). Nächtliche Polyurie Nächtliche Polyurie bedeutet, dass die Nieren nachts viel mehr Urin (poly-urie) produzieren, als sie es normalerweise tun. Dies kann zu Bettnässen führen. Nekrose Nekrose ist der medizinische Fachbegriff für abgestorbenes Gewebe in einem lebenden Körper. Der Begriff kommt aus dem Griechischen vom Wortstamm "nekro", was "tot, gestorben" bedeutet. Hautnekrosen können zum Beispiel bei chronischen Druckgeschwüren entstehen. Dabei werden die betroffenen Zellen nicht mehr ausreichend mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt und sterben ab. Auch Gifte und Bakterien können zum Zell- und Gewebetod führen. Die abgestorbenen Zellen werden meistens durch nachwachsende Zellen komplett ersetzt, manchmal entsteht nach einer Nekrose aber auch Narbengewebe. Neurodermitis Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung. Die Haut ist an typischen Stellen rot, trocken, rau und kann stark jucken. Am häufigsten sind die Arm- und Kniebeugen, das Gesicht und der Nacken betroffen. Die Haut ist sehr empfindlich und kann leicht durch Bakterien oder Chemikalien, beispielsweise in Körperpflegeprodukten, oder andere Stoffe noch weiter gereizt werden. Der Begriff Neurodermitis stammt aus der Zeit, als man davon ausging, dass eine Nervenentzündung die Ursache der Hautauschläge sei (von „neuron“, griechisch: Nerv und von „derma“, griechisch: Haut). Diese Auffassung ist inzwischen widerlegt, der Begriff wird aber weiterhin verwendet. Bei Menschen mit Neurodermitis reagiert das Immunsystem überempfindlich auf Stoffe, die eigentlich harmlos sind. Die Abwehr entsendet spezielle Zellen in die Haut und es kommt dort zu einer Entzündungsreaktion. Dadurch werden bestimmte Nervenfasern irritiert und verursachen einen starken Juckreiz. Neuropathie „Neuropathie“ (griechisch) bedeutet übersetzt „Nervenerkrankung“. Dabei sind Nervenbahnen des Körpers geschädigt. Menschen mit Neuropathie können Missempfindungen, Schmerzen, Lähmungserscheinungen sowie Kreislauf- oder Verdauungsbeschwerden haben. Eine Neuropathie ist oft Folge einer anderen Erkrankung, zum Beispiel einer Autoimmunerkrankung, einer Entzündung oder eines Diabetes. Aber auch akute Vergiftungen, Verletzungen oder Unfälle können zu einer Neuropathie führen. nicht-steroidale Antirheumatika Nicht-steroidale Antiphlogistika sind eine Klasse von Schmerzmitteln, die entzündungshemmend und fiebersenkend wirken. Sie werden auch als nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR ) oder englisch nonsteroidal antiinflammatory drugs (NSAID ) bezeichnet. Ursprünglich gab es nur Abkömmlinge der Acetylsalicylsäure (ASS ). Eine neue Variante ist die Gruppe der COX-2-Hemmer, die nicht von Acetylsalicylsäure abgleitet sind. Seite 67 von 108 Glossar IQWiG Nicht-Unterlegenheitsstudie Klinische Studien zielen meist auf den Nachweis, dass eine medizinische Maßnahme einer anderen überlegen ist. Nicht-Unterlegenheitsstudien zielen demgegenüber auf den Nachweis, dass eine medizinische Maßnahme gegenüber einer anderen nur höchstens so wenig schlechter abschneidet, dass der Unterschied klinisch ohne Bedeutung ist oder dass diese Maßnahme gegenüber der anderen sogar besser ist. Dazu muss schon bei der Planung der Studie eine NichtUnterlegenheitsgrenze festgelegt werden, oberhalb derer eine Maßnahme als mindestens gleichwertig bewertet wird. NIDDM Die Abkürzung NIDDM steht für "non insulin dependent diabetes mellitus" (= nicht insulinabhängiger Diabetes mellitus). Menschen mit NIDDM haben Diabetes Typ 2. Sie können ihren erhöhten Blutzucker zunächst ohne zusätzlich gespritztes Insulin behandeln, zum Beispiel durch Gewichtsabnahme oder Tabletten. Bei fortschreitender Erkrankung brauchen auch Menschen mit NIDDM häufig zusätzlich gespritztes Insulin. Niereninsuffizienz Bei einer Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) ist die Nierenfunktion eingeschränkt, sodass Abfallprodukte des Stoffwechsels nicht mehr ausreichend aus dem Körper ausgeschieden werden. Stoffe, die nicht mehr mit dem Urin aus dem Körper transportiert werden können, sammeln sich dann im Blut. Auch der Wasserhaushalt kann nicht mehr ausreichend reguliert werden, so dass es zu Wasseransammlungen im Körper kommt. Eine chronische (dauerhafte) Niereninsuffizienz verursacht meist lange keine Beschwerden. Erst bei fortgeschrittener Nierenschwäche kann es zu Appetitlosigkeit, Übelkeit oder Kopfschmerzen kommen. Weitere Anzeichen können Antriebslosigkeit und verstärkte Müdigkeit sein. Eine Niereninsuffizienz kann plötzlich auftreten (akute Niereninsuffizienz) oder sich über einen längeren Zeitraum entwickeln (chronische Niereninsuffizienz). Sie wird häufig durch Diabetes mellitus, Bluthochdruck oder Nierenentzündungen verursacht. Nominaler Gruppenprozess Verfahren zur Erzielung von Konsens. Kernelemente eines Nominalen Gruppenprozesses (NGP) sind: Vorlage zuvor produzierter Texte/Elemente, Kommentar jedes Gruppenmitgliedes zu einem bestimmten Aspekt (Empfehlung der Leitlinie, Begründungstext o. a.), Sammlung aller Kommentare durch Moderator/Leiter, Zusammenfassung ähnlicher Kommentare, Abstimmung über Diskussionspunkte/Priorisierung, Diskussion aller Kommentare mit ggf. daraus resultierender Überarbeitung des Entwurfes, Anschließend erneute Diskussion des Entwurfes, ggf. erneute Diskussionsrunde. Non-Hodgkin-Syndrom Non-Hodgkin-Lymphome sind Krebserkrankungen des Lymphsystems. Es gibt langsam wachsende, weniger aggressive und schnell wachsende, aggressive Non-Hodgkin-Lymphome. Symptome der Erkrankung sind unter anderem Schwellungen der Lymphknoten, Leistungsminderung, Infekte und Blutungsneigung. Seite 68 von 108 Glossar IQWiG Normalflora Als Normalflora (von „flora“, italienisch: Pflanzenwelt) wird in der Medizin die Gesamtheit aller Mikroorganismen bezeichnet, die sich dauerhaft auf der menschlichen Haut und Schleimhaut angesiedelt haben. Diese Bezeichnung stammt aus einer Zeit, als man Bakterien noch zum Pflanzenreich zählte. Eigentlich nennt man den Bestand aller Pflanzen in einer Region „Flora“, abgeleitet von der römischen Göttin der Blumen. Die Normalflora beim Menschen besteht überwiegend aus harmlosen Bakterien, vor allem auf der Haut und Schleimhaut von Mund, Nase, Rachen, Vagina und Dickdarm. Die Art und Zusammensetzung der Bakterien und Pilze unterscheidet sich je nach Körperregion sehr stark. Die Bakterien der Normalflora versuchen, ihren Lebensraum gegen andere Erreger zu verteidigen und können so einen gewissen Schutz vor einer Infektionen durch fremde Bakterien bieten. So wandeln beispielsweise die Corynebakterien auf der Haut die von den Talgdrüsen produzierten Fette in Fettsäuren um. Diese Fettsäuren bilden den sogenannten Säureschutzmantel der Haut, der das Wachstum vieler Krankheitserreger aus der Umwelt hemmt. Normalinsulin Gelöstes Insulin ohne weitere Zusatzstoffe wird als Normalinsulin bezeichnet. Das Insulin wird aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen oder Rindern gewonnen oder gentechnisch hergestellt. Normalinsulin wirkt innerhalb von 15 bis 20 Minuten. Nach etwa zwei Stunden ist die maximale Wirkung erreicht. Normalinsulin wirkt etwa sechs Stunden lang. Wegen der kurzen Wirkdauer wird Normalinsulin als "kurzwirksames Insulin" und wegen der rasch einsetzenden Wirkung daneben auch als "schnellwirkendes" Insulin bezeichnet. NPH-Insulin NPH -Insulin ist das gebräuchlichste Verzögerungsinsulin. Dem Insulin wird ein bestimmtes Eiweiß ( Neutral-Protamin-Hagedorn) beigemischt. Dadurch wird das gespritzte Insulin langsamer aus der Unterhaut vom Körper aufgenommen. Nullhypothese Voraussetzung zur Durchführung statistischer Signifikanztests in einer Studie ist, dass vorab zwei Aussagen (Nullhypothese, Alternativhypothese) formuliert werden, die sich gegenseitig ausschließen. Die Nullhypothese enthält zum Beispiel die Aussage, dass bezüglich des interessierenden Endpunkts zwischen den Gruppen einer Studie kein Unterschied besteht. Nach Abschluss der Studie wird die Nullhypothese mit Hilfe geeigneter statistischer Verfahren überprüft. Wenn der p-Wert den vorab definierten alpha-Fehler unterschreitet, wird die Nullhypothese verworfen und die Alternativhypothese akzeptiert. Number-Needed-to-Treat Angabe, wie viele Personen im Mittel mit einer bestimmten Therapie behandelt werden müssen, damit bei einer Person ein ungünstiges Ereignis vermieden wird. Ein Number-Needed-to-Treat (NNT) von 20 bedeutet, dass im Mittel eine von 20 behandelten Personen bezüglich einer bestimmten Zielgröße (zum Beispiel Vermeidung eines Herzinfarktes) einen Vorteil hat. In der Regel bezieht sich die Angabe auf eine bestimmte Behandlungsdauer (zum Beispiel fünf Jahre), die dann angegeben werden sollte. Seite 69 von 108 Glossar IQWiG Nutzen Der Begriff „Nutzen“ wird in der gesundheitsökonomischen Literatur weit und eng verwendet. In seiner engen Bedeutung lehnt er sich an die EbM an und spiegelt den reinen medizinischen Nutzen zur Beurteilung einer Maßnahme wider (= Gesundheitseffekte / Outcomes). In seiner weiten Bedeutung umfasst der Begriff „Nutzen“ nicht nur die Gesundheitseffekte einer Intervention per se, sondern berücksichtigt auch den Wert, den der Patient diesem Effekt zuschreibt (sogenannte Nutzwerte / Utilities). Diese Nutzwerte können zur Gewichtung von Effekten genutzt werden und hierdurch die Bedeutung eines Effektes aus Sicht der Betroffenen erhöhen oder reduzieren. Obstipation Obstipation ist der medizinische Fachbegriff für Verstopfung des Darms. Verstopfung entsteht z.B., weil eine Person zu wenige Ballaststoffe wie unverdauliche Pflanzenfasern isst, sich im Urlaub anders ernährt als zu Hause, zu wenig trinkt oder sich zu wenig bewegt. Verstopfung kann aber auch durch Medikamente oder krankhafte Veränderungen des Darms verursacht sein. Menschen, die unter Verstopfung leiden, können nur selten auf die Toilette, der Stuhlgang fällt schwer, der Stuhl selbst ist hart. Sie haben ständig das Gefühl eines vollen Bauchs, manche fühlen sich auch müde und abgekämpft. Obstruktiv Obstruktiv (von „obstruere“, lateinisch: verschließen) wird in der Medizin als Fachbegriff verwendet, um einen Verschluss oder eine Verengung von Gefäßen, Kanälen oder Hohlorganen (beispielsweise Speiseröhre, Darm etc.) zu bezeichnen. Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) etwa sind die Atemwege aufgrund einer chronischen Entzündung dauerhaft verengt. obstruktives Schlafapnoe-Syndrom OSAS ist die Abkürzung für obstruktives Schlafapnoe-Syndrom. Betroffene haben während des Schlafes regelmäßig eine flache Atmung und Atemaussetzer (Apnoe), die länger als zehn Sekunden dauern. Der Sauerstoffmangel führt zu einer kurzen Aufwachreaktion, damit die Atmung wieder einsetzt. Dadurch sind Menschen mit einem OSAS tagsüber oft müde, unkonzentriert und leicht reizbar. Die Atemaussetzer entstehen dadurch, dass die Muskulatur im Rachen erschlafft und in sich zusammenfällt. Der Atemweg ist verengt oder sogar ganz blockiert (von „obstructio“, lateinisch: Verschluss). Seite 70 von 108 Glossar IQWiG Odds-Ratio Odds bezeichnet im Englischen umgangssprachlich die Quote einer Wette, im Sinne von: „Die Quote steht 9 zu 1“. Analog bezeichnet der Begriff in der Medizin das Verhältnis der Personen einer Gruppe mit einem Endpunkt zu den Personen ohne diesen Endpunkt. Wenn also 30 von 100 Teilnehmern den Endpunkt aufweisen (und 70 nicht), beträgt die Odds „30 zu 70“ oder 0,43. Das "Odds-Ratio" ("OR", Chancenverhältnis) bezeichnet das Verhältnis (Ratio) der Odds, dass ein Ereignis in der experimentellen Gruppe eintritt, zu den Odds, dass das Ereignis in der Kontrollgruppe eintritt. Beispiel: In der Kontrollgruppe liegen die Odds , wie oben, bei 30 zu 70 (0,43), in der experimentellen Gruppe weisen aber nur 20 von 100 Personen den Endpunkt auf. Daraus ergibt sich die Odds „20 zu 80“ = 0,25. Die Odds-Ratio errechnet sich dann aus 0,25 / 0,43 = 0,58. Odds sind nicht identisch mit Wahrscheinlichkeit. Die Wahrscheinlichkeit errechnet sich aus dem Verhältnis der Personen einer Gruppe mit einem Endpunkt zu allen Personen der Gruppe. Wenn also 30 von 100 Teilnehmern den Endpunkt aufweisen, beträgt die Wahrscheinlichkeit „30 von 100“ oder 0,30. Analog zur Odds-Ratio wird beim Vergleich von Gruppen das relative Risiko als Verhältnis der Wahrscheinlichkeiten der beiden Gruppen berechnet: 0,20 / 0,30 = 0,66. Das Beispiel zeigt, dass Odds-Ratio und relatives Risiko zwar denselben Informationsgehalt haben, dennoch nicht verwechselt werden dürfen. Allerdings werden die Unterschiede bei kleinen Risiken (ab 1 zu 100) vernachlässigbar. Off-Label-Use „Off-Label-Use “ bzw. "Off-Label -Anwendung" bedeutet sinngemäß: "Nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch". Gemeint ist damit der Einsatz eines Arzneimittels gegen eine Krankheit, für die das Medikament von den Zulassungsbehörden keine Genehmigung hat – wenn also zum Beispiel ein Medikament, das nur zur Behandlung von Menschen mit Blutkrebs erprobt und zugelassen ist, auch zur Behandlung von Menschen mit Magenkrebs eingesetzt wird. Wenn ein Arzt ein Medikament im Off-Label-Use anwendet, ist fraglich, wer für eventuelle Nebenwirkungen haftbar ist. Die Haftung liegt normalerweise beim Hersteller des Arzneimittels. Patienten müssen über mögliche Konsequenzen aufgeklärt werden. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten für Medikamente, die im Off-Label-Use angewendet werden, nur in Ausnahmefällen. Oligodendrogliom Ein Oligodendrogliom ist ein Hirntumor, der von bestimmten Zellen des Stützgewebes im Gehirn ausgeht, den Gliazellen. Tumoren aus diesen Zellen werden allgemein als Gliome bezeichnet. Die entsprechenden Zellen heißen Oligodendrozyten (von „Oligo“, griechisch: wenig, „dendro“, griechisch: Baum und „cytos“, griechisch: Zellen). Sie ähneln unter dem Mikroskop Bäumen mit wenigen Ästen. Diese astförmigen Zellfortsätze legen sich um die Nervenfasern und isolieren diese, damit elektrische Signale im Gehirn nicht ungeregelt weitergeleitet werden. Ophthalmoskop Das Ophthalmoskop (aus dem Griechischen: ophthalm = Auge, skopein = Betrachten) ist ein Gerät, mit dem das Auge untersucht werden kann. Mit seiner Hilfe können krankhafte Veränderungen des Auges, vor allem der Netzhaut und der sie versorgenden Blutgefäße, entdeckt werden. Die Untersuchung nennt man Ophthalmoskopie, Funduskopie (lateinisch fundus = Hintergrund), Augenspiegelung oder auch Augenhintergrunduntersuchung. Seite 71 von 108 Glossar IQWiG Opportunitätskosten Wert, den die für eine Technologie beanspruchten Ressourcen in alternativer Verwendung für die Gesellschaft haben. Grundidee ist, dass jede Geldeinheit nur einmal ausgegeben werden kann und eine Entscheidung für eine medizinische Maßnahme immer mit einem Verzicht auf eine andere Leistung verbunden ist. Osteoporose Osteoporose oder Knochenschwund ist eine Stoffwechselerkrankung der Knochen. Knochengewebe wird vermehrt abgebaut oder vermindert aufgebaut. Die Knochendichte nimmt dadurch ab, sodass die Knochen weniger stabil sind und leichter brechen. Insbesondere die Knochen der Wirbelsäule (Wirbelkörper) können leicht einbrechen. Bei einer fortgeschrittenen Osteoporose ist der typische Rundrücken ein deutliches Zeichen dieser Einbrüche. Von Knochenschwund betroffen sind vor allem ältere Menschen und Frauen nach der Menopause. Östrogenmangel, Untergewicht und mangelnde Bewegung begünstigen das Entstehen einer Osteoporose ebenso wie Langzeittherapien mit bestimmten Medikamenten, zum Beispiel mit Kortison. Outcome Ein Outcome ist ein einer bestimmten Intervention zuschreibbarer Effekt, d. h. hier wird von einer Kausalität zwischen Intervention und Effekt (= Outcome) ausgegangen. Outcomes werden gemessen, um die Effektivität / Wirksamkeit einer Intervention einzuschätzen. Ozon Ozon ist ein Gas, das aus drei Sauerstoffatomen besteht (O3), es gibt der Ozonschicht ihren Namen, die die Erde in einer Höhe von circa 15 bis 50 Kilometern umschließt. Die Ozonschicht hat eine wichtige Funktion für den Menschen: Sie filtert die aggressive UV-Strahlung fast vollständig aus dem Sonnenlicht heraus. Durch eine erhöhte Belastung mit Schadstoffen in der Luft nimmt die Ozonschicht aber ab, dadurch erhöht sich das Risiko, an Hautkrebs zu erkranken. Wenn Ozon in Bodennähe entsteht, wird aus dem schützenden Stoff allerdings ein unerwünschtes Umweltgift: Bei sonnigem Sommerwetter fördert die starke UV-Strahlung der Sonne die Bildung von Ozon, indem schädliche Stickstoffgase vor allem aus dem Straßenverkehr zerfallen und sich mit dem LuftSauerstoff verbinden. Typische Beschwerden sind Kopfschmerzen, Atemprobleme, Hustenreiz, tränende Augen und vermehrte Asthma-Neigung. Palliativmedizin Die Palliativmedizin (von „pallium“, lateinisch: Mantel – im Sinne von: umgeben, lindern) ist ein Teilbereich der Medizin, der sich mit der Behandlung von Menschen mit einer schweren, nicht mehr heilbaren Erkrankung befasst. Das hauptsächliche Augenmerk liegt auf der Linderung von Schmerzen oder anderen Beschwerden. Zusätzlich geht es auch darum, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten so gut wie möglich zu erhalten und ihnen zu seelischen und sozialen Belangen zur Seite zu stehen. Auch Fragen zum Lebenssinn und der Gestaltung des weiteren Lebens können hier besprochen werden. Seite 72 von 108 Glossar IQWiG Palliativstation Eine Palliativstation ist eine Spezialabteilung von Kliniken. Eine palliative Behandlung (von „pallium“, lateinisch: Mantel – im Sinne von: umgeben, lindern) hat nicht die Heilung einer Erkrankung zum Ziel, sondern eher die Linderung von Symptomen bei unheilbaren und fortgeschrittenen Erkrankungen. Ziel ist die Erhaltung der bestmöglichen Lebensqualität. Grund für eine Aufnahme sind beispielsweise starke Schmerzen, ausgeprägte Übelkeit oder Beschwerden wie Luftnot. Im Gegensatz zu Intensivstationen steht auf Palliativstationen nicht medizinische Technik, sondern Pflege und Zuwendung im Mittelpunkt. Die Zimmer sind meist wohnlich eingerichtet. Angehörige können oft den ganzen Tag beim erkrankten Patienten sein und auch dort übernachten. Zusätzlich zu Ärzten und Pflegenden steht ein Team aus Fachleuten wie Seelsorgern, Sozialarbeitern, Physiotherapeuten oder Psychologen zur Verfügung. Die Betreuung auf einer Palliativstation ist zeitlich begrenzt, Ziel ist die Entlassung nach Hause oder wenn dies nicht möglich ist, in ein Hospiz oder eine Pflegeeinrichtung. Pankreas Die Bauchspeicheldrüse ist ein etwa 16 bis 20 cm langes Organ und liegt unterhalb des Magens quer im Oberbauch. Sie produziert einen Verdauungssaft mit Verdauungsenzymen, der durch einen Gang im Inneren der Bauchspeicheldrüse in den Darm fließt. Dort helfen die Enzyme bei der Verdauung zum Beispiel von Fett. Weiterhin liegen in der Bauchspeicheldrüse die Langerhans'schen Inseln mit verschiedenen Zellen, die Hormone für den Stoffwechsel produzieren. Die Hormone werden nicht wie die Verdauungsenzyme in den Darm, sondern in das Blut abgegeben. In den Alphazellen entsteht das Glukagon, in den Betazellen das Insulin und in den Deltazellen das Somatostatin. Diese sind die drei wichtigsten Hormone für die Regulierung des Glukosestoffwechsels. Pap-Test Bei einem Pap-Abstrich – auch Pap-Test genannt – wird mit einem Wattetupfer oder Bürstchen eine Zellprobe vom Muttermund (dem Übergang der Scheide zum Gebärmutterhals) entnommen und mikroskopisch untersucht. Mithilfe dieses Abstrichs kann relativ einfach festgestellt werden, ob die Zellen des Gebärmutterhalses normal entwickelt oder verändert sind. So können Entzündungen und bösartige Zellen nachgewiesen werden. Das Ergebnis wird nach dem sogenannten Klassensystem eingeteilt: Es reicht von Pap I (normales Zellbild) bis Pap V (Nachweis bösartiger Krebszellen). Der Pap-Test ist nach dem Arzt George Papanicolaou benannt, der ihn 1928 entwickelte. Der Test ist Teil der Früherkennungsuntersuchung auf Gebärmutterhalskrebs. Parasymphatikus Der Parasympathikus (von „para“, griechisch: gegen, neben und „sympatheín“, griechisch: mitleiden, mitempfinden) ist ein Teil des unwillkürlichen Nervensystems. Das parasympathische Nervensystem kümmert sich um die Körperfunktionen in Ruhe: Es aktiviert die Verdauung, kurbelt verschiedene Stoffwechselvorgänge an und sorgt für Entspannung. Der Gegenspieler dazu ist das sympathische Nervensystem (Sympathikus). Parasympathikus und Sympathikus wirken aber nicht immer entgegengesetzt; bei manchen Funktionen ergänzen sich beide Nervensysteme. Seite 73 von 108 Glossar IQWiG Parkinson „Parkinson“, oder genauer die Parkinsonsche Krankheit (Morbus Parkinson) ist eine langsam fortschreitende Schädigung von Nervenzellen, die nach ihrem Entdecker, dem englischen Arzt James Parkinson benannt ist. Meist erkranken Menschen erst in einem höheren Alter an ihr. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Typische Zeichen einer Parkinsonerkrankung sind Gangunsicherheit, Fallneigung, Abbau der Gedächtnisleistung, Bewegungsarmut, fehlende Mimik, eine erhöhte Muskelspannung und Zittern im Ruhezustand. Aufgrund dieser Symptome spricht man auch von einer „Schüttellähmung“. Weitere Symptome sind unter anderem ein allgemeiner Leistungsabfall, Unsicherheiten beim Stehen und Gehen sowie Gliederschmerzen. Diese Parkinsonsymptome werden dadurch verursacht, dass im Gehirn Nervenzellen absterben, so dass ein bestimmter Botenstoff (Dopamin) nicht mehr ausreichend produziert wird. Parkinsonsymptome können aber auch bei anderen Erkrankungen wie beispielsweise Hirntumoren oder als Nebenwirkung bei der Einnahme bestimmter Medikamente auftreten. Parodontitis Die Parodontitis ist eine meist durch im Zahnbelag lebende Bakterien ausgelöste Entzündung des Zahnbetts. Sie ist oft schmerzlos und kann sich aus einer Zahnfleischentzündung entwickeln. Wenn sie unbehandelt bleibt, können Bindegewebe und Knochen, die dem Zahn seinen Halt geben, so beschädigt werden, dass er schließlich ausfällt. Die Erkrankung wird oft auch "Parodontose" genannt. Patientenrelevanter Endpunkt Im Rahmen der Nutzenbewertung wird Nutzen als kausal begründeter positiver Effekt, Schaden als kausal begründeter negativer Effekt einer medizinischen Intervention, bezogen auf patientenrelevante Endpunkte, bezeichnet. Patientenrelevant meint in diesem Zusammenhang, wie ein Patient fühlt, seine Funktionen und Aktivitäten wahrnehmen kann oder überlebt. Es werden in erster Linie Endpunkte berücksichtigt, die zuverlässig und direkt konkrete Änderungen des Gesundheitszustandes abbilden. Hierunter fallen z.B. die Gesamtsterblichkeit und Herzinfarkte (siehe auch „Zielgrößen“). Patientenverfügung In einer Patientenverfügung – auch Patiententestament genannt – kann festgelegt werden, ob und wie man ärztlich behandelt werden möchte – und zwar für den Fall, dass man später durch Unfall, Krankheit oder Alter nicht mehr in der Lage ist, selbst zu entscheiden oder seinen Willen auszudrücken. Wichtig ist, möglichst konkrete Krankheitssituationen und medizinische Eingriffe zu beschreiben und festzulegen, ob man in die jeweilige Behandlung einwilligt, diese komplett untersagt oder nur in bestimmten Fällen zustimmen möchte. Inhalt kann etwa sein, wann lebenserhaltende Maßnahmen wie Wiederbelebung, künstliche Beatmung und Ernährung gewünscht sind. Auch eine kurze Schilderung persönlicher Wertvorstellungen über das eigene Leben und Sterben und religiöser Anschauungen helfen dabei, die Verfügung im Sinne der Patientin oder des Patienten zu deuten. Die Verfügung muss eigenhändig mit Vor- und Zunamen unterzeichnet werden. Sie kann jederzeit formlos – auch mündlich – widerrufen werden. Die Verfasserin oder der Verfasser muss volljährig sein. Seite 74 von 108 Glossar IQWiG Pädiatrische Onkologie Die pädiatrische Onkologie (von griechisch „paed“: Kind und „onko“: Geschwulst) beschäftigt sich mit bösartigen Tumorerkrankungen im Kindes- und Jungendalter. Zu diesen Erkrankungen gehören beispielsweise Leukämien (Krebs der weißen Blutkörperchen), Lymphknotenkrebs sowie bösartige Geschwulste der Knochen, der Nieren und des Gehirns. Peak-Flow-Messung Die Messung der maximalen Strömungsgeschwindigkeit der Luft beim Ausatmen. Peer Review Peer, englisch: Gleichgestellter, Ebenbürtiger; review, englisch: Begutachtung. Peer Review bezeichnet einen Begutachtungsprozess für wissenschaftliche Arbeiten in dem Experten eines Feldes wechselseitig die Qualität und Wichtigkeit ihrer Arbeiten (zum Beispiel zur Publikation eingereichte Manuskripte) beurteilen. Periduralanästhesie Periduralanästhesie (PDA) nennt man eine Methode zur Schmerzdämpfung oder zur völligen Betäubung einer Körperregion. Sie wird auch "Epiduralanästhesie" genannt. Dabei wird ein Betäubungsmittel entweder im Bereich der Brust- oder Lendenwirbel in den sogenannten Periduralraum gespritzt, der das Rückenmark umgibt. Je nach Dosis dämpfen die Medikamente eine Zeit lang die Übertragung von Schmerz- und Nervensignalen im Rückenmark oder unterbrechen sie vollständig, wodurch abwärts gelegene Körperteile gelähmt werden. Periduralraum Gehirn und Rückenmark sind von insgesamt drei Schutzhüllen umgeben. Die äußere Hülle trägt den Namen "harte Rückenmarkshaut", medizinisch: "Dura mater". Im Bereich des Rückenmarks spaltet sich diese Hülle in zwei Schichten auf, zwischen denen der mit Blutgefäßen und Bindegewebe gefüllte Periduralraum liegt. "Peridural" bedeutet "um die Dura herum". Periphere arterielle Verschlusskrankenheit Bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit, kurz paVk genannt, sind die großen Blutgefäße meist im Becken und den Beinen verengt. Dadurch ist die Durchblutung gestört und verursacht Beschwerden, zum Beispiel in Form von Schmerzen beim Laufen von kurzen Strecken oder aber in Ruhestellung. Auch schlecht heilende Wunden oder Amputationen können Folgen einer paVk sein. Ursachen für eine paVk sind unter anderem Rauchen, unbehandelter Bluthochdruck, hohe Blutfette und Diabetes mellitus. Peripheres Nervensystem Nach der Lage der Nervenbahnen im Körper unterscheidet man zwischen einem zentralen und einem peripheren Nervensystem. Die Funktion beider Systeme ist jedoch eng miteinander verknüpft. Das periphere Nervensystem oder PNS (von „peripheres“, lateinisch: sich herum bewegend, am Rand gelegen) beinhaltet die Gesamtheit der Nerven und deren Leitungsbahnen außerhalb des Gehirns und Rückenmarks. Es verbindet das zentrale Nervensystem mit allen Organen und Geweben. Man kann die Gesamtheit des PNS deswegen auch als Leitungskabel mit allen Verzweigungen betrachten, die Informationen aus dem gesamten Körper zum Gehirn leiten oder Impulse vom Gehirn empfangen und weiterleiten. Seite 75 von 108 Glossar IQWiG perkutan Als perkutan (von „per“, lateinisch: durch und „cutis“, lateinisch: Haut) wird in der Medizin der Weg von Medikamenten, Injektionsnadeln oder anderen medizinischen Geräten durch die Haut hindurch bezeichnet. So werden Kanülen zur Blutabnahme oder Katheter in Gefäße perkutan, also durch die Haut, eingestochen. Auch andere Hohlorgane, wie beispielsweise der Magen oder das Nierenbecken, können perkutan mit einem Katheter erreicht werden. Und auch Medikamente in Salben wirken durch die Haut hindurch. Per-Protokoll-Analyse Analyse, bei der nur die Teilnehmer ausgewertet werden, die eine Studie wie im Studienprotokoll geplant abgeschlossen haben. Sie führt eher zur Überschätzung von Unterschieden. Person-Trade-off Technik zur Bewertung des gesellschaftlichen Werts verschiedener medizinischer Interventionen. Der Befragte entscheidet sich zwischen zwei verschieden großen Personengruppen; in der einen Gruppe befinden sich x Personen in Krankheitszustand A, in der anderen y Personen in Krankheitszustand B. Es kann jedoch nur einer Gruppe geholfen werden. Die Anzahl der Personen in den Gruppen wird nun so lange variiert, bis beide Alternativen gleichwertig erscheinen. Phagozyten Phagozyten oder Fresszellen sind Zellen, die tote Zellen und Keime entfernen können. Die Phagozyten werden im Blutstrom transportiert. Photodynamische Therapie Bei einer photodynamischen (von „photo“, griechisch: Licht) Behandlung wird ausgenutzt, dass sich bestimmte Stoffe durch eine Bestrahlung mit Licht in wirksame Medikamente umwandeln lassen. Bei der Behandlung wird zunächst die Vorstufe des jeweiligen Medikaments zum Beispiel in eine Vene gespritzt, so dass sich der Stoff im Körper verteilen kann. Anschließend wird dann das erkrankte Organ oder Gewebe gezielt mit Laserlicht bestrahlt, so dass nur dort das eigentliche Medikament entsteht. Auf diese Weise sollen unerwünschte Wirkungen vermindert werden. Physikalische Maßnahmen Physikalische Maßnahmen sind Behandlungsformen, bei denen ein Therapeut nicht mit Medikamenten oder psychotherapeutischen Techniken arbeitet. Zu diesen Maßnahmen zählen Massage, Wärme- und Kältebehandlungen, Elektrotherapeutische Maßnahmen, Krankengymnastik, Ultraschall, Fangopackungen und Schlammbäder, Wassertherapien usw. Sie werden ergänzend zu den anderen Behandlungsformen, aber auch alleine angewandt. Physiotherapeuten Physiotherapeutinnen und -therapeuten üben einen anerkannten medizinischen Beruf aus, der aber keine medizinisch-akademische Ausbildung, wie z.B. ein Medizinstudium, voraussetzt. Sie haben eine dreijährige Ausbildung zu absolvieren, während der sie auch medizinische Grundlagen lernen. Sie dürfen aber keine medizinischen Diagnosen stellen, sondern wenden die verschiedenen Therapieformen auf Grundlage der Diagnose und Anweisung einer Ärztin oder eines Arztes an. Physiotherapeutinnen und -therapeuten nutzen vor allem sogenannte physikalische Maßnahmen wie die Krankengymnastik, Massagetherapie, Ultraschall oder Lichttherapie u.a. Seite 76 von 108 Glossar IQWiG Phytotherapie Behandlung mit Arzneimitteln auf pflanzlicher Basis, zum Beispiel mit Kräuterextrakten oder Tees. Placebo Ein Placebo ist eine therapeutische Intervention, die von der aktiven Therapie nach Art der Verabreichung, Aussehen, Farbe, Geschmack und Geruch nicht zu unterscheiden ist, aber keinen spezifischen bekannten Wirkmechanismus hat. Meist wird der Begriff „Placebo“ im Zusammenhang mit Medikamentenstudien verwendet. Placebos werden in Studien eingesetzt, um Teilnehmer und Ärzte im Ungewissen zu lassen, wer welche Behandlung erhält (Verblindung). Demselben Zweck dienen Scheinbehandlungen (Sham), die zur Verblindung bei Operationen und Eingriffen verwendet werden können. Placeboeffekt Sammelbezeichnung für zum Teil psychologisch bedingte Einflüsse, die auf den Umständen der Gabe einer Therapie beruhen und nicht auf einer spezifischen Wirkung der Therapie. Plaque Zahnbelag ist ein pelziger Überzug des Zahns meist am Rand zum Zahnfleisch. Medizinerinnen und Mediziner sprechen in diesem Fall von "Plaque". Zahnbelag entsteht dort, wo sich auf den Zähnen eine klebrige Eiweißschicht ablagert. An diese erste Schicht heften sich dann Mundbakterien, die sich stark vermehren und dabei Schleim absondern, der zu einem festen Überzug verklebt. Plazenta Die Plazenta (Mutterkuchen) entwickelt sich in der Gebärmutter, nachdem sich eine befruchtete Eizelle eingenistet hat. Sie wächst zu einem scheibenförmigen Organ mit einem Gewicht von etwa 500 g heran. Die Plazenta ist über die Nabelschnur mit dem Fetus verbunden und sorgt für seine Ernährung. Nach der Geburt des Kindes wird der Mutterkuchen als "Nachgeburt" ausgestoßen. Pneumokokken Pneumokokken sind bestimmte Bakterien, die Infektionen hervorrufen können, beispielsweise eine Lungenentzündung. Pneumonie Pneumonie („pneu“ aus dem Griechischen bedeutet „Hauch“) ist der medizinische Begriff für Lungenentzündung. Sie kann durch Viren, Bakterien und Pilze ausgelöst werden, die über die oberen Atemwege bis in die Lunge gelangen. Betroffen sind häufiger alte und sehr junge Menschen sowie andere Personen mit schwachem Immunsystem. Zu den Krankheitsanzeichen gehören Husten, Auswurf, Atemnot, Brustschmerzen und Fieber. Die Atmung ist beschleunigt und kann von Rasselgeräuschen begleitet sein. Polypen Polypen sind Wucherungen der Schleimhaut, z.B. im Darm oder in den Nasennebenhöhlen. Der Begriff wird meist für gutartige Wucherungen verwendet. Seite 77 von 108 Glossar IQWiG Population Gruppe von Personen. Populationen können zum Beispiel definiert sein durch geographische Grenzen, Alter, Geschlecht oder bestimmte Erkrankungen. Zur Beantwortung von Forschungsfragen wird nach Möglichkeit eine Stichprobe einer Population untersucht, die für die Gesamtgruppe repräsentativ ist. Positronen-Emissions-Tomografie Die Positronen-Emissions-Tomografie (PET ) ist eine bildgebende Untersuchung, bei der mehrere Schichtbilder erstellt werden (von „tome“, griechisch: Schnitt und graphein“: schreiben). Die Methode arbeitet mit einer schwach radioaktiven Substanz. Diese Substanz wird in eine Armvene gespritzt und verteilt sich über das Blut im Körper. Das PET -Gerät kann den Weg dieser Substanz im Körper genau verfolgen und die ausgesendete Strahlung messen. Mithilfe der PET kann man ermitteln, wie aktiv der Stoffwechsel eines Gewebes ist, und insbesondere Gewebe mit hohem Energiebedarf darstellen – beispielsweise das Gehirn oder Herzmuskelzellen, aber auch entzündetes Gewebe oder Tumoren. Eine PET geht mit einer Strahlenbelastung einher. Postthrombotisches Syndrom Das Postthrombotische Syndrom ist der medizinische Fachbegriff für die Auswirkungen eines Verschlusses einer Bein- oder Beckenvene. In der Folge schwillt das Gewebe an, die Haut verhärtet sich. Später entzünden sich einzelne Bereiche und es können offene entzündliche Stellen entstehen, in denen Gewebe zerstört ist. Power Die Fähigkeit einer Studie, einen vorhandenen Unterschied zum Beispiel zwischen zwei Therapien tatsächlich statistisch signifikant nachzuweisen. Die Power einer Studie hängt unter anderem von der Größe des Unterschieds und von der Häufigkeit des Ereignisses ab, anhand derer die Therapien verglichen werden. Pragmatische Studie Eine Studie, in der experimentelle Behandlungen möglichst unter Alltagsbedingungen erprobt werden, indem es kaum Einschränkungen bei Auswahl der Teilnehmer und sonstiger Behandlung gibt. Steht im Gegensatz zu Studien, in denen Therapien unter Idealbedingungen erprobt werden, um festzustellen, ob eine Therapie unter günstigen Umständen das Potenzial zu einem Nutzen hat. Progesteron Progesteron ist ein Geschlechtshormon, das zur Gruppe der Gestagene (Gelbkörperhormone) gehört. Es wird vermehrt nach dem Eisprung in den Eierstöcken einer Frau gebildet. Progesteron hat unterschiedliche Aufgaben: Das Hormon spielt vor allem eine wichtige Rolle bei der Vorbereitung und Erhaltung einer Schwangerschaft. Es sorgt dafür, dass die Gebärmutterschleimhaut aufgelockert wird und sich eine befruchtete Eizelle somit besser in der Gebärmutter einnisten kann. Während einer Schwangerschaft ist die Konzentration von Progesteron stark erhöht, da es dann im Mutterkuchen und außerdem weiterhin im Eierstock produziert wird. Dort verhindert es, dass erneut Eizellen heranreifen. Zusätzlich fördert Progesteron unter anderem den Knochen- und Muskelaufbau. Seite 78 von 108 Glossar IQWiG Prognose Prognose bedeutet soviel wie „Voraus-Wissen“. Sie ist in der Medizin die Vorhersage darüber, wie eine Krankheit wahrscheinlich verlaufen wird. Für eine Prognose wird der gegenwärtige Stand einer Erkrankung kritisch beurteilt. Dafür ziehen Ärztinnen und Ärzte statistische und wissenschaftliche Kriterien, aber auch ihre Erfahrung heran. Die Prognose kann sich im Verlauf einer Erkrankung ändern. Progressive Muskelrelaxation Die progressive Muskelrelaxation (von „progressus“, lateinisch: Fortschreiten und „relaxare“, lateinisch: erschlaffen, entspannen) ist eine weit verbreitete Methode, durch die schrittweise Entspannung eintreten soll. Bei dieser Technik legt oder setzt man sich bequem hin und konzentriert sich in einer bestimmten Reihenfolge auf einzelne Muskelpartien: Zunächst spannt man sie für eine Weile bewusst an, hält die Spannung kurz und entspannt sie anschließend wieder vollständig. So können die Muskeln im gesamten Körper gelockert werden. Eingesetzt wird die progressive Muskelentspannung bei körperlichen Beschwerden wie Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Stress, aber auch als Begleitung einer Verhaltenstherapie oder bei Angststörungen. Prospektive Studie In einer prospektiven Studie ist das den Forscher interessierende Ereignis (zum Beispiel eine bestimmte Krankheit) zum Zeitpunkt des Studienbeginns noch nicht eingetreten. Forscher haben die Möglichkeit, vorab die Ereignisse, die sie messen wollen, und die interessierenden Einflussgrößen präzise zu definieren. Prostaglandin Prostaglandine sind Gewebshormone, dass heißt, sie werden von Zellen im Gewebe und nicht von speziellen Drüsen gebildet. Man unterscheidet mehrere Gruppen mit zum Teil gegensätzlichen Wirkungen. Prostaglandine der Gruppe 1 zum Beispiel wirken entzündungshemmend, Prostaglandine der Gruppe 2 fördern dagegen Entzündungen und verstärken die Schmerzwahrnehmung. Daher wirken viele Schmerzmittel wie zum Beispiel Acetylsalicylsäure (ASS) dadurch, dass sie unter anderem die Bildung von Prostaglandinen der Gruppe 2 hemmen. Provitamine Provitamine sind noch unwirksame Vorstufen von Vitaminen, die im Körper in das entsprechende Vitamin umgewandelt werden. Dabei stellt der Körper nur die Menge an Vitamin her, die der Stoffwechsel gerade benötigt. Beispiel für ein Provitamin ist der Pflanzenfarbstoff Beta-Karotin, eine Vorstufe von Vitamin A. Beta-Karotin ist vor allem in roten und orangefarbenen Früchten und Gemüsen wie Tomaten oder Möhren enthalten. Ein anderes wichtiges Provitamin ist das Provitamin D. Es wird in der Haut durch die UV-Strahlung des Sonnenlichts aktiviert und in weiteren Schritten zu Vitamin D umgewandelt. Prävalenz Der Anteil von Menschen mit einem bestimmten Merkmal (zum Beispiel einer Erkrankung) zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten Population (siehe auch Querschnittsstudie). Seite 79 von 108 Glossar IQWiG Prävention Vorbeugung von Krankheiten und deren Folgen, mit dem Ziel der Vermeidung oder zumindest der Verschiebung des Auftretens. Je nach Zeitpunkt im Verlauf einer Krankheit, lassen sich primäre, sekundäre und tertiäre Prävention unterscheiden: primär: Maßnahmen, die das Auftreten einer Krankheit verhindern oder verzögern, indem sie Krankheitsursachen beseitigen oder verringern. Dazu zählen zum Beispiel Impfungen, Benutzung von Kondomen, Trinkwasserhygiene, Vermeidung von Übergewicht. Primäre Prävention findet meist als Teil des Alltagslebens außerhalb des Gesundheitswesens statt. sekundär: Maßnahmen, die eine bereits begonnene Krankheit erkennen, bevor Symptome auftreten, und die das Fortschreiten verhindern oder abbremsen sollen. Dazu zählen zum Beispiel Krebsfrüherkennungsuntersuchungen. tertiär: Maßnahmen, die nach Auftreten einer Krankheit die weitere Verschlechterung verhindern oder abbremsen oder die Häufigkeit von Komplikationen reduzieren sollen. Beispiele sind der Einsatz von ASS, Betablockern oder Statinen nach einem Herzinfarkt. Psychoonkologie Die Psychoonkologie ist ein noch relativ neuer Bereich der Psychologie, der sich mit den Auswirkungen einer Krebserkrankung beschäftigt. Die Betroffenen bekommen Unterstützung, um mit den seelischen und sozialen Belastungen der Krebserkrankung und der Behandlung besser umgehen zu können. Belastend können etwa die Diagnose selbst, die Angst vor einem erneuten Auftreten oder dem Fortschreiten der Krankheit sein. Aber auch die Auswirkungen der Behandlung beispielsweise einer Chemotherapie oder Bestrahlung vor allem auf das soziale Leben sind ein wichtiges Thema. Bei einer psychoonkologischen Betreuung werden, soweit gewünscht, immer auch die Angehörigen miteinbezogen. Die Betreuung übernehmen verschiedene Berufsgruppen wie z.B. Psychologen, Mediziner aus den Bereichen Psychosomatik, Psychiatrie oder Onkologie (Krebsmedizin) – aber auch Sozialarbeiter, Physiotherapeuten, Pflegende oder Kunsttherapeuten. Psychopharmaka Psychopharmaka ist die Sammelbezeichnung für Medikamente, die zur Behandlung psychischer Störungen wie zum Beispiel Depressionen und Angsterkrankungen eingesetzt werden. Pulmonal Pulmonal (von „pulmo“, lateinisch: die Lunge) bedeutet wörtlich „die Lunge betreffend“. Unter pulmonalen Erkrankungen etwa versteht man Erkrankungen der Lunge und im weiteren Sinne auch der Atemwege. Wenn Medikamente beispielsweise in Form von Sprays oder per Inhalation verabreicht werden, wird dies auch als pulmonale Anwendung bezeichnet. Im Gegensatz dazu können Arzneimittel unter anderem auch über den Mund („oral“) oder über die Haut („perkutan“) verabreicht werden. Pumpleistung Die Pumpleistung ist die Menge des Blutes, die das Herz innerhalb einer bestimmten Zeit in den Blutkreislauf pumpt. Das gesunde Herz eines erwachsenen Menschen pumpt in Ruhe etwa 5 bis 6 Liter pro Minute. Bei einer körperlichen Belastung steigt dieses Herzminutenvolumen auf 20 bis 25 Liter. Krankheiten können die Pumpleistung des Herzens unnatürlich senken oder steigern. In der Folge wird der Körper schlecht versorgt oder der Herzmuskel und das Blutgefäßsystem werden belastet oder sogar geschädigt. Seite 80 von 108 Glossar IQWiG Pupille Die Pupille ist eine runde Öffnung in der Iris, der Regenbogenhaut. Die Pupille reagiert auf die Helligkeit. Sie verengt sich bei hoher Lichteinstrahlung und erweitert sich bei geringem Lichteinfall. p-Wert Salopp formuliert beschreiben p-Werte („p“ von probability) die Wahrscheinlichkeit, dass der in einer Studie beobachtete Effekt alleine auf Zufall beruhen könnte. p-Werte können zwischen 0 und 1 liegen. Je kleiner der p-Wert, desto unwahrscheinlicher ist Zufall als Erklärung für ein Ergebnis. Per Übereinkunft wird für die meisten Fragestellungen ein p-Wert gleich oder kleiner 0,05 als „statistisch signifikant“ angesehen (entspricht einer Wahrscheinlichkeit für ein zufälliges Ergebnis von höchstens 5 Prozent). Pyelonephritis Eine Pyelonephritis ist eine Entzündung des Nierenbeckens (von griechisch „nephros“: Niere, „pýlos“: Becken und „-itis“: Entzündung). Auslöser einer Pyelonephritis sind meist Bakterien, die über die Harnröhre und Harnblase durch den Harnleiter bis ins Nierenbecken gelangt sind. Einer akuten Nierenbeckenentzündung kann daher eine Blaseninfektion vorausgegangen sein. Die Pyelonephritis kann sich durch Schmerzen in der Nierengegend, hohes Fieber sowie allgemeine Schwäche äußern und zu Veränderungen des Urins führen. Heilt eine akute Pyelonephritis nicht vollständig aus, kann sie in eine chronische Nierenbeckenentzündung übergehen, bei der möglicherweise Nierengewebe unwiderruflich geschädigt wird. QALY Auf der Erwartungsnutzentheorie basierendes Nutzenkonzept, in dem erzielte oder erwartete Lebensjahre und die Veränderung der in Nutzwerten ausgedrückten (gesundheitsbezogenen) Lebensqualität in einem Index zusammengefasst werden. Jeder Gesundheitszustand erhält seinen eigenen, bei Betroffenen oder anderen Referenzbevölkerungen erhobenen Nutzwert. Die QALYs einer Person werden bestimmt, indem man die erwartete Dauer jedes Gesundheitszustandes mit dem Nutzwert dieses Zustandes gewichtet. Das QALY bewegt sich in einem Skalenbereich von 1 bis 0, wobei ein QALY von 1 ein Jahr in voller Gesundheit bedeutet, während ein QALY von 0 dem Tod entspricht. Der Nutzen einer Intervention ergibt sich durch den von ihr erreichten Zugewinn an QALYs. Äquivalenzbereich Vorab definierter Wertebereich, innerhalb derer Ergebnisse unterschiedlicher medizinischer Maßnahmen als gleichwertig betrachtet werden. Äquivalenzhypothese Zur Planung von Studien formulierte Festlegung, unter welchen Bedingungen zwei medizinische Maßnahmen im Ergebnis als gleichwertig betrachtet werden können. Seite 81 von 108 Glossar IQWiG Äquivalenzstudie Klinische Studien zielen meist auf den Nachweis, dass eine medizinische Maßnahme einer anderen überlegen ist. In Äquivalenzstudien wird jedoch untersucht, ob zwei oder mehr medizinische Maßnahmen sich so wenig unterscheiden, dass dies klinisch ohne Bedeutung ist. Liegt der beobachtete Unterschied inklusive der statistischen Unsicherheit innerhalb eines vordefinierten Wertebereichs (Äquivalenzbereichs), können die Maßnahmen als gleichwertig betrachtet werden. QUOROM-Statement Das QUOROM-Statement (Quality of Reporting of Meta-analyses) beschreibt, welche Informationen Publikationen von Meta-Analysen klinischer Studien standardmäßig enthalten sollten. Zentrale Elemente sind eine Checkliste und ein Flussdiagramm, das den Umgang mit identifizierten Studien beschreibt. Radioaktiv Als radioaktiv (von „radius“, lateinisch: Strahl und „activus“, lateinisch: tätig) wird die Eigenschaft von chemischen Stoffen bezeichnet, ohne Einwirkung von außen zu zerfallen und dabei Strahlung abzugeben. Einige Stoffe sind von Natur aus radioaktiv, die freigesetzte Strahlung wird natürliche Strahlung genannt. Radioaktive Substanzen werden auch in der Medizin angewandt, beispielsweise in der Diagnostik, aber auch bei der Therapie meist bösartiger Erkrankungen. Radiofrequenztherapie Zur Radiofrequenztherapie zählen verschiedene Verfahren, bei denen Körpergewebe durch Wärmeeinwirkung verödet wird. Die dafür nötige Wärme wird durch elektromagnetische Wellen erzeugt. Das Wärmefeld wird beispielsweise mit einer Sonde oder Nadel direkt an das Gewebe herangeführt. Die Radiofrequenztherapie wird zum Beispiel bei der Behandlung von Krampfadern und atmungsbedingten Schlafstörungen angewendet. Randomisierte kontrollierte Studien Eine randomisierte kontrollierte Studie ist ein spezieller Typ einer wissenschaftlichen Studie, die es erlaubt, die Wirksamkeit einer Behandlung zu untersuchen. Die Studienteilnehmer werden per Zufall unterschiedlichen Gruppen zugeordnet, sodass nicht vorhersehbar ist, wer in welche Gruppe kommt. Dann erhält beispielsweise die eine Gruppe ein Medikament A, die andere Gruppe ein Medikament B. Die zufällige Zuordnung zu den Gruppen ist notwendig, damit ein wirklicher Vergleich zwischen den Medikamenten möglich ist. Wenn die Zuteilung nicht zufällig, sondern z.B. durch eine Person vorgenommen wird, dann kann diese Person das Ergebnis der Studie im Vorhinein stark beeinflussen. Diese Person könnte z.B. besonders kranke Menschen vor allem mit dem Medikament A und weniger kranke mit dem Medikament B behandeln. Dann hätte das Medikament B einen deutlichen Vorteil, und es wäre am Ende der Studie nicht klar, ob Medikament B wirklich besser als Medikament A ist. Die zufällige Zuteilung in einer randomisierten kontrollierten Studie bewirkt, dass man sich ziemlich sicher sein kann, dass die Unterschiede in den Ergebnissen der Gruppen am Ende der Studie tatsächlich auf die untersuchte Behandlung zurückzuführen sind und nicht auf irgendeine andere Ursache. Seite 82 von 108 Glossar IQWiG Randomisierung Verfahren, um Teilnehmer einer kontrollierten Studie frei von subjektiven Einflüssen auf die Untergruppen der Studie zu verteilen, zum Beispiel auf eine Interventions- und eine Kontrollgruppe. Damit soll sichergestellt werden, dass beide Gruppen möglichst gleich zusammengesetzt sind, also sich zum Beispiel in Alter der Teilnehmer und Schwere der Erkrankung nicht unterscheiden. Wenn sich zwischen den beiden Gruppen im Laufe der Studie ein Unterschied zeigt, kann dieser kausal auf die experimentelle Intervention zurückgeführt werden. Randomisierung, stratifizierte Variante der Randomisierung, bei der die Teilnehmer zuerst anhand von wichtigen Eigenschaften in Untergruppen aufgeteilt werden. Dann werden die Teilnehmer jeder Untergruppe per Zufall den Studiengruppen zugeteilt. Das soll sicherstellen, dass Faktoren mit besonders starker Bedeutung für eine Krankheit auch tatsächlich gleich auf die Studiengruppen verteilt werden. Rapid Report „Rapid Report“ bezeichnet einen Publikationstyp des IQWiG. Rapid Reports werden vorrangig mit dem Ziel einer kurzfristigen Information über relevante Entwicklungen im Gesundheitswesen einschließlich neuer Technologien erstellt. Dabei ist meist eine schnelle Bearbeitung notwendig. Der Ablauf der Erstellung von Rapid Reports unterscheidet sich von dem der Berichtserstellung in zwei wesentlichen Punkten: 1. Es werden keine Berichtspläne und Vorberichte veröffentlicht, 2. Es erfolgt keine Anhörung. Rapid Reports werden im Auftrag des G-BA oder BMG erstellt. Rückenschule Als Rückenschule werden Kurse bezeichnet, die Informationen und Übungen zur Rückengesundheit vermitteln. Ziel der Kurse ist, Rückenproblemen vorzubeugen, bereits bestehende Rückenschmerzen zu lindern und zu verhindern, dass sie chronisch werden. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen, wie man sich rückenschonend bewegt und die Rücken- und Bauchmuskulatur durch gezielte Übungen stärkt. Auch psychischer Stress, Bewegungsmangel und Haltungsprobleme, beispielsweise am Arbeitsplatz, die mit Rückenbeschwerden in Verbindung gebracht werden, sind bei der Rückschule ein Thema. Menschen mit Rückenproblemen sollen durch die Rückenschule auch die Angst vor körperlicher Bewegung verlieren. Receiver Operating Characteristic Oft grafisch aufbereitete Präsentation des Zusammenhangs zwischen Sensitivität (Anteil der richtigpositiven Ergebnisse) und des Anteils der falsch-positiven Ergebnisse eines diagnostischen Verfahrens. Reflexologie Die Reflexologie ist eine therapeutische Richtung, die davon ausgeht, dass durch gezielte Massage bestimmter Reflexzonen an den Füßen (aber auch an den Händen, der Nase, den Ohren) Beschwerden in anderen Bereichen des Körpers gelindert werden können. Reflexologen gehen davon aus, dass die Reflexzonen und entsprechende Organe über Energiebahnen verbunden sind. Durch die Massage soll ein innerer Energiestau aufgelöst und ein Gleichgewicht im Körper wiederhergestellt werden. Seite 83 von 108 Glossar IQWiG Regressionsanalyse Statistisches Verfahren um Art und Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei oder mehr Faktoren zu beschreiben, zum Beispiel die Abhängigkeit einer Krankheit vom Alter. Regressionsmodell, multifaktoriell Statistisches Verfahren um Art und Stärke des Zusammenhangs zwischen mehr als zwei Faktoren zu beschreiben, zum Beispiel die Abhängigkeit einer Krankheit von Alter, Körpergewicht und Rauchverhalten. Rehabilitationsprogramm Ein Rehabilitations- oder kurz Reha-Programm ist ein Paket von Maßnahmen, die erkrankten Personen helfen sollen, soweit zu gesunden, dass sie z.B. wieder arbeiten oder überhaupt ein so weit wie möglich unabhängiges Leben führen können. Bei Menschen mit einer chronischen Krankheit sollen Reha-Programme helfen, dass sich ihre Krankheit nicht weiter verschlimmert. RehaProgramme sind auf die jeweilige Krankheit abgestimmt. Je nach Krankheit zählen zu den Maßnahmen Ausdauersport, gymnastische- oder Koordinationsübungen oder auch Sprachtraining. Reizdarmsyndrom Das Reizdarmsyndrom ist eine anhaltende Erkrankung, die zu Bauchschmerzen und Blähungen führt und mit Verstopfung und / oder Durchfall einhergeht. Das Reizdarmsyndrom ist nicht gefährlich, es kann aber sehr unangenehm sein und das tägliche Leben belasten. Die Beschwerden können unter Umständen lange andauern. In der Regel verschwinden sie jedoch nach einiger Zeit von selbst. Die genauen Ursachen des Reizdarmsyndroms sind nicht bekannt. Bei manchen Menschen scheinen aber bestimmte Lebensmittel oder Stress ein Auslöser zu sein. Reizstromtherapie Die Reizstromtherapie zählt zu den Verfahren der so genannten Elektrotherapie, bei der über Sonden schwache elektrische Signale in menschliches Gewebe geschickt werden. Ziel ist unter anderem, die Muskeln und Nerven zu stimulieren, Schmerzen zu lindern und die Durchblutung zu verbessern. Rektum Rektum ist der medizinische Begriff für Mastdarm oder Enddarm. Der Name bezeichnet die letzten 15 bis 20 Zentimeter des Dickdarms, die im After enden. Reliever Reliever sind Asthmamedikamente, die bei Asthmabeschwerden das Atmen erleichtern (engl. "to relieve" = erleichtern), indem sie die Atemwege erweitern. Die Mittel werden meist inhaliert. Schnell wirksame Medikamente können die Beschwerden innerhalb weniger Minuten lindern. Werden sie nur bei akuten Symptomen eingesetzt, heißen sie auch Bedarfsmedikamente. Seite 84 von 108 Glossar IQWiG Reminiszenztherapie Die Reminiszenztherapie, auch Erinnerungstherapie genannt, ist ein Verfahren, das speziell für ältere Menschen mit Gedächtnisstörungen oder Demenz entwickelt wurde. Sie beruht darauf, dass im Alter vor allem die im Langzeitgedächtnis gespeicherten Erinnerungen gut verfügbar sind. Die Personen sollen sich in der Therapie an Erlebnisse und Erfahrungen aus ihren vergangenen Tagen erinnern und sie lebendig halten, zum Beispiel mithilfe eines „Erinnerungskoffers“, der etwa Fotos, alte Briefe und persönliche Gegenstände enthält. Dadurch sollen das Erinnerungsvermögen bewahrt und die Lebensqualität verbessert werden. Resistenz Von einer Resistenz oder Widerstandsfähigkeit wird in der Medizin gesprochen, wenn ein Organismus zum Beispiel vor Viren oder Giften geschützt ist. Beim Menschen gibt es Resistenzen, die den Körper vor Infektionen schützen. Aber auch Krankheitserreger selbst können Resistenzen entwickeln. Zum Beispiel können Bakterien gegen Antibiotika resistent werden; diese Mittel wirken dann weniger gut oder gar nicht mehr gegen diese resistenten Bakterien. Responder 1. Personen, die auf eine spezifische Behandlung in der erwarteten Weise reagieren. Zum Beispiel Patienten mit erhöhtem Blutdruck, bei denen nach Einnahme eines Medikaments der Blutdruck deutlich sinkt. 2. Personen in Befragungen, die einen zugesandten Fragebogen zurücksenden. Retard Retard (von „retardare“, lateinisch: verzögern, verlangsamt wirkend) bezeichnet eine Arzneimittelform, bei der Wirkstoffe erst verzögert und über einen längeren Zeitraum freigegeben werden. Dies sind beispielsweise Tabletten oder Wirkstoffkügelchen in Kapseln, die einen speziellen Überzug haben, der der Magensäure längere Zeit widersteht, so dass der enthaltene Wirkstoff nur langsam freigesetzt und auch erst später in den Blutkreislauf aufgenommen wird. Dadurch setzt die Wirkung des Arzneimittels verzögert ein und hält dafür oft länger an, sodass die Einnahmehäufigkeit verringert werden kann. Retina Die Netzhaut (Retina) kleidet die Rückwand des Augapfels aus, auf die die Linse ein Abbild der Umwelt wirft. In der Netzhaut befinden sich lichtempfindliche Zellen, die Farben und Helligkeit des Bildes in Nervensignale umwandeln, die das Gehirn verarbeiten kann. Retrospektive Studie In einer retrospektiven Studie ist die Erkrankung (das Ereignis) zu Beginn der Studie schon eingetreten, und es wird rückblickend nach Risikofaktoren für die Erkrankung gesucht. Seite 85 von 108 Glossar IQWiG Reye-Syndrom Das Reye-Syndrom ist eine sehr seltene, lebensbedrohliche Erkrankung, bei der es vor allem zu einer Schädigung des Gehirns und der Leber kommt. Seine Ursachen sind noch nicht genau erforscht. Man hat aber beobachtet, dass es vor allem bei Kindern auftritt, die an einem Virusinfekt erkrankt sind und Acetylsalicylsäure (ASS) einnehmen. Deshalb soll ASS bei Kindern nur in Ausnahmefällen und unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt werden. In seltenen Fällen tritt das Syndrom aber auch auf, ohne dass das erkrankte Kind ASS eingenommen hat. Erwachsene sind nur in Ausnahmefällen betroffen. Die Erkrankung kann bei rechtzeitiger Diagnose und Therapie folgenlos ausheilen. Das Reye-Syndrom ist nach dem australischen Wissenschaftler benannt, der es als erstes beschrieben hat. Rezeptor Unter einem Rezeptor (von „recipere“, lateinisch: annehmen, aufnehmen) versteht man allgemein entweder Zellen oder bestimmte Zellbestandteile, die auf Einflüsse reagieren und ein Signal weitergeben. Dazu gehören zum einen Sinnesorgane wie das Auge oder die Nase, bei der die Reize Licht beziehungsweise Geruch von speziellen Zellen, den Sinnesrezeptoren erfasst und an das Gehirn weitergeleitet werden. Zum anderen werden in der Medizin auch bestimmte Eiweiße als Rezeptoren bezeichnet, die sich meist auf der Oberfläche von Zellen befinden. An diese Eiweiße binden sich Hormone oder andere Botenstoffe, die wie eine Art Schlüssel nur in das jeweilige Schloss passen. Durch diese Bindung werden im Inneren der Zelle weitere Reaktionen ausgelöst. So gibt es beispielsweise für das Stresshormon Adrenalin zahlreiche Rezeptoren an unterschiedlichen Stellen im Körper. Befindet sich mehr Adrenalin im Blut, kommt es durch das vermehrte Andocken des Hormons beispielsweise zu einem Anstieg des Blutdrucks, der Herzschlag beschleunigt sich und die Bronchien weiten sich. Bestimmte Medikamente wie Beta-Blocker blockieren genau diese Rezeptoren und verhindern damit die Wirkung des Botenstoffes. Sie werden etwa gegen Bluthochdruck eingesetzt. Rezidiv Das Wiederauftreten einer Krankheit nach zunächst erfolgreicher Behandlung oder spontaner Verbesserung wird als „Rezidiv“ oder auch „Rückfall“ bezeichnet. Rheumatoide Arthritis Rheumatoide Arthritis, auch primäre chronische Polyarthritis oder Rheuma genannt, ist eine chronisch entzündliche Gelenkerkrankung. „Arthritis“ steht dabei für eine Gelenkentzündung (von „arthros“, griechisch: Gelenk und „itis“, Entzündung). „Rheuma“ kommt ebenfalls aus dem Griechischen und bedeutet „fließen“. Früher stellte man sich vor, dass bei Rheuma schleimige Ströme vom Kopf in den Körper fließen und dort Krankheiten auslösen. Heute verbinden wir mit Rheuma dem „fließenden“ Charakter ausstrahlender Schmerzen und Beschwerden, die von einem Gelenk zum anderen wandern. Typische Symptome einer rheumatoiden Arthritis sind Schmerzen in den Gelenken, vor allem der Finger und Zehen, aber auch der Knie, Schulter und Hüfte. Die Krankheit verläuft in der Regel in Schüben. Bei einem akuten Schub werden die Gelenke warm, schwellen an und sind unbeweglich, besonders morgens (sogenannte Morgensteifigkeit). Mit den Jahren versteifen die Gelenke durch die chronische Entzündung zunehmend. Da es sich um eine Erkrankung des Immunsystems handelt, können auch Organsysteme wie das Herz-Kreislaufsystem von den Entzündungsreaktionen betroffen sein. Seite 86 von 108 Glossar IQWiG Rinder-Insulin Schweine- oder Rinder-Insulin wird aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen oder Rindern gewonnen. Schweine-Insulin unterscheidet sich vom menschlichen Humaninsulin chemisch durch einen Eiweißbaustein (Aminosäure). Rinder-Insulin hat drei andere Aminosäuren als Humaninsulin. Risiko absolutes: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes Ereignis bei einem einzelnen Menschen in einer bestimmten Zeit eintritt. Der Bereich liegt zwischen 0 (das Ereignis wird überhaupt nicht auftreten) und 1 (das Ereignis wird auf jeden Fall auftreten). Zum Beispiel bedeutet ein absolutes Risiko von 0,6, dass die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Ereignisses 60% beträgt. Von 100 Personen werden also 60 betroffen sein. relatives: Angabe zur Quantifizierung eines Therapieeffekts bei Endpunkten, die nur in zwei Ausprägungen vorliegen können (dichotome Endpunkte). Das relative Risiko basiert auf dem Vergleich von zwei absoluten Risiken. Wenn zum Beispiel in der Kontrollgruppe einer Studie 30 von 100 Teilnehmern gestorben sind, beträgt das Risiko „30 von 100“ oder 0.30. Wenn in der Therapiegruppe 20 von 100 Teilnehmern gestorben sind, liegt das Risiko bei 0,20. Das relative Risiko ist das Verhältnis dieser beiden Risiken: 0,20 / 0,30 = 0,66. Wird oft auch in Prozent angegeben: „Das relative Risiko beträgt 66 Prozent.“ Ein relatives Risiko von 1 bedeutet, dass zwischen den Vergleichsgruppen kein Unterschied besteht. Bei Werten kleiner 1 ist das Risiko verringert, bei Werten größer 1 erhöht. Risikoreduktion, absolute Angabe zur Quantifizierung eines Therapieeffekts bei Endpunkten, die nur in zwei Ausprägungen vorliegen können (dichotome Endpunkte). Die absolute Risikoreduktion beschreibt die Differenz der Ereignisraten in Kontroll- und Therapiegruppe, wenn die Therapie einen Nutzen hat. Wenn zum Beispiel in der Kontrollgruppe einer Studie 30 von 100 Teilnehmern gestorben sind, beträgt das Risiko „30 von 100“ oder 0.30. Wenn in der Therapiegruppe 20 von 100 Teilnehmern gestorben sind, liegt das Risiko bei 0,20. Die absolute Risikoreduktion beträgt 0,3 – 0,2 = 0,1. Wird oft auch in Prozent angegeben: „Die absolute Risikoreduktion beträgt 10 Prozent.“ Der Kehrwert der ARR ergibt die Number Needed to Treat (1/ARR = NNT). Rombo-Syndrom Das Rombo-Syndrom ist eine sehr seltene erbliche Hauterkrankung. Die ersten Merkmale der Erkrankung zeigen sich ungefähr ab dem siebten Lebensjahr: Lippen und Hände verfärben sich bläulich-rot, an der Wangenhaut entstehen viele kleine Grübchen; später können Augenbrauen und Wimpern ausfallen. Im Erwachsenenalter zeigen sich zahlreiche hautgrießähnliche Knötchen, Hornpfropfen und Pusteln der Haut am ganzen Körper, vermehrt an den Streckseiten der Oberarme und an den Unterschenkeln. Auch gutartige Gewebstumoren können entstehen. Bei Menschen mit Rombo-Syndrom ist wahrscheinlich das natürliche Reparatursystem der Erbgutinformation (DNA) gestört. Dadurch kommt es bei Lichteinwirkung zu Irritationen der Haut- und Gewebszellen. Aufgrund des fehlerhaft arbeitenden Reparatursystems bekommen die Betroffenen häufig ab dem 35. Lebensjahr Basalzelltumoren, vor allem im Gesicht. Sauerstoffaufnahme Unter Sauerstoffaufnahme versteht man im medizinischen Zusammenhang die Menge Sauerstoff, die ein Körper aufnimmt und verbraucht. Sie ist abhängig von Atemfrequenz und Atemtiefe, von der Funktion des Sauerstoff-Transportsystems im Blut sowie der Fähigkeit der Muskeln, den Sauerstoff aufzunehmen und zu verwerten. Ärztinnen und Ärzte messen die maximale Sauerstoffaufnahme, um die Ausdauer einer Person zu ermitteln. Seite 87 von 108 Glossar IQWiG Saugglocke Eine Saugglocke ist über einen Schlauch mit einer Pumpe verbunden, die innerhalb der Glocke einen Unterdruck erzeugen kann. Die Saugglocke kommt zum Einsatz, wenn der Kopf des Kindes zwar schon eine zur Geburt geeignete Position hat, die Presswehen aber nicht mehr stark genug sind, um das Kind ohne technische Hilfe gebären zu können. Die Glocke wird dann so auf dem Kopf aufgesetzt, dass sie dort fest anhaftet, sodass das Kind mit den Wehen herausgezogen werden kann. Scaling Beim Scaling in der zahnärztlichen Praxis werden die Zähne mit einem Spezialgerät manuell abgeschabt oder per Ultraschall gereinigt. Dabei können Zahnbelag, Zahnstein und Flecken auf den Zähnen entfernt werden. Ein Scaling reinigt nicht nur die sichtbare Oberfläche des Zahns, sondern auch die Wurzeloberfläche in der Zahnfleischtasche. Schlafapnoe Der Begriff "Schlafapnoe" bezeichnet kurze Atemstillstände während des Schlafs. Treten sie regelmäßig auf und dauern länger als zehn Sekunden, sprechen Medizinerinnen und Mediziner vom Schlafapnoe-Syndrom. Der kurzfristige Sauerstoffmangel lässt den Blutdruck steigen und die Person kurz aufwachen, woran sie sich aber am folgenden Morgen nicht erinnern muss. In der Folge sind Betroffene tagsüber schläfrig und haben Probleme, sich zu konzentrieren. Schleudertrauma Ein Schleudertrauma bekommen Personen, deren Kopf schnell und heftig nach hinten und dann nach vorne geschleudert wurde, wie es z.B. bei einem Auffahrunfall passiert. Dabei wird die Halsmuskulatur so stark überdehnt und gezerrt, dass die oder der Betroffene einige Zeit nach dem Unfall Nacken- und auch Kopfschmerzen bekommt. Die Schmerzen sind zum Teil so stark, dass man den Hals fast nicht mehr bewegen kann. Schmerzbewältigungstherapie Eine Schmerzbewältigungstherapie ist eine Methode aus der Verhaltenstherapie. Es geht darum, den Umgang mit langandauernden starken Schmerzen zu lernen. Oft hat sich ein Teufelskreis aus verstärkter Schmerzwahrnehmung, Angst vor den Schmerzen, körperlicher Schonung und weiterer Schmerzverstärkung entwickelt. In den meisten Fällen finden Gruppengespräche statt, ergänzt durch gelegentliche Einzelgespräche. Zu einer Schmerzbewältigungstherapie gehören Entspannungstechniken und Übungen, bei denen man lernt, die Schmerzen bewusst wahrzunehmen, um dann die Aufmerksamkeit vom Schmerz wegzulenken. Schutzimpfung Eine Impfung, auch Schutzimpfung genannt, ist eine Maßnahme, die vor Infektionskrankheiten schützen soll, die durch Bakterien oder Viren ausgelöst werden. Bei einer Impfung wird ein Impfstoff in den Körper gebracht. Dieser soll den Körper zur Bildung von Abwehrstoffen gegen bestimmte Bakterien oder Viren anregen. Seite 88 von 108 Glossar IQWiG Schwangerschaftshormone Bei Frauen spielen zwei Arten von Geschlechtshormonen eine wichtige Rolle: Östrogene und Gestagene – beide sind auch die wirksamen Bestandteile in Antibaby-Pillen. Die Gestagene werden nach ihrem Entstehungsort auch Gelbkörperhormone genannt. Nach dem Eisprung bildet sich aus verbliebenen Zellen der Hülle im Eierstock ein sogenannter Gelbkörper. Dieser hat die Fähigkeit, Gestagene zu bilden. Der Hauptvertreter ist dabei das Progesteron. Schweine-Insulin Schweine- oder Rinder-Insulin wird aus der Bauchspeicheldrüse von Schweinen oder Rindern gewonnen. Schweine-Insulin unterscheidet sich vom menschlichen Humaninsulin chemisch durch einen Eiweißbaustein (Aminosäure). Rinder-Insulin hat drei andere Aminosäuren als Humaninsulin. Screening Ein Screening ist ein Früherkennungsprogramm (aus dem Englischen: Screening = Durchsiebung). Es richtet sich an Menschen, die sich nicht krank fühlen, und hat das Ziel, Krankheiten zu entdecken, bevor sie Beschwerden verursachen. Dies soll eine frühzeitige und dadurch erfolgreichere Behandlung ermöglichen. Ein Beispiel für ein Screening-Programm ist das Röntgen der Brust (Mammographie) zur Früherkennung von Brustkrebs bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren. Screening-Studie Studie, in der Vor- und Nachteile eines Screening-Verfahrens untersucht werden. Sedativa Sedativa ist der medizinische Fachbegriff für Beruhigungsmittel. Diese Medikamente können einerseits beruhigen, gleichzeitig aber das Reaktionsvermögen und das Denken beeinträchtigen. Selen Selen ist ein für den Menschen notwendiger Mineralstoff, der vor allem enthalten ist in Fisch, Fleisch, Getreide, Nüssen und Innereien. Selenmangel kann entstehen durch eine chronische Magen-Darm-Erkrankung, Nierenversagen oder eine unausgewogene Ernährung. Der Körper braucht Selen, um bestimmte lebensnotwenige Stoffe herzustellen, die Körperzellen schützen. Sensitivität Die Sensitivität (Empfindlichkeit) ist ein Begriff, der angibt, wie zuverlässig ein medizinisches Diagnoseverfahren erkennt, ob man erkrankt ist. Ein Test hat eine hohe Sensitivität, wenn er bei der Suche nach einer bestimmten Krankheit möglichst viele erkrankte Menschen auch als krank erkennt. Das heißt, dass er nur wenige kranke Menschen übersieht. Ein Beispiel: Wenn Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf eine bestimmte Krankheit zur Bestätigung einen Test anordnen, hat dieser eine sehr hohe Sensitivität, wenn er 95 von 100 Menschen entdeckt, die die Krankheit wirklich haben. Sensitivitätsanalyse Verfahren, um festzustellen, wie empfindlich (sensitiv) eine Modellrechnung oder eine Meta-Analyse auf Veränderungen der Methodik reagiert – wenn also zum Beispiel einzelne Studien aus einer Auswertung herausgenommen werden. Seite 89 von 108 Glossar IQWiG Sepsis Bei einer Sepsis werden Krankheitserreger, meist Bakterien, von einem lokalen Entzündungsherd, zum Beispiel einer Hautinfektion oder bei Verletzungen, über die Blutbahnen gestreut. So lösen sie im ganzen Körper eine Infektion aus. Eine Sepsis geht unter anderem mit hohem Fieber, Schüttelfrost und allgemeinem Schwächegefühl einher. In der Folge kann es zum Ausfall von Organen kommen. Ohne Behandlung ist eine Sepsis lebensgefährlich. Sinneszellen Die Netzhaut (Retina) des Auges enthält mehr als 120 Millionen Sinneszellen, die die einfallenden Lichtstrahlen in Nervensignale umwandeln. Es gibt zwei Typen: "Stäbchen" ermöglichen das "Schwarz-Weiß"-Sehen während der Dämmerung und nachts. "Zapfen" ermöglichen das Sehen von Farben. Die Zapfen sind in der Makula, der Zone des schärfsten Sehens, besonders dicht gepackt. Skiaskopie Unter Skiaskopie versteht man objektive Methoden zur Bestimmung der Brechkraft der Augen. Mit der Brechkraft ist die Sehstärke gemeint. Sie wird in Dioptrien mit Plusvorzeichen (Weitsichtigkeit) oder Minusvorzeichen (Kurzsichtigkeit) in Abweichung von der hundertprozentigen Sehkraft angegeben. Eine geübte Fachkraft kann die Skiaskopie durchführen, indem sie bestimmte Lichtphänomene in der Pupille beobachtet und verschiedene Gläser vor das Auge hält. Oft übernimmt diese Aufgabe jedoch ein spezielles Instrument, das Skiaskop. Es wirft zur Bestimmung der genauen Brechkraft einen Lichtstrahl ins Auge und überprüft die Reflexion des Lichtes mechanisch, indem verschiedene Korrekturlinsen in den Lichtstrahl geschoben werden. Sklerosierung Sklerosierung, auch Sklerotherapie oder Verödung genannt, ist ein medizinisches Verfahren, um krankhaft veränderte Adern zu verschließen. Es wird zum Beispiel bei Krampfadern (Varizen) der Beine, der Speiseröhre oder des Afters (Hämorrhoiden) angewendet. Dabei wird eine Substanz in das betroffene Gefäß gespritzt, die eine lokale Entzündung der Gefäßwand hervorruft. Dadurch verkleben die Wände miteinander und die Ader wird auf diese Weise verschlossen. Somatisches Nervensystem Das somatische Nervensystem (von „soma“, griechisch: Körper, Leib) steuert alle Vorgänge, die uns bewusst sind und die wir willentlich beeinflussen können. Dies sind zum Beispiel gezielte Bewegungen von Armen, Beinen und anderen Körperteilen. Deswegen wird es auch als willkürliches Nervensystem bezeichnet. Sonne-Wolken-Kalender (Belohnungssystem) Der "Sonne-Wolken-Kalender" ist eine Methode, um Kindern das Bettnässen abzutrainieren. Für jeden Tag, an dem das Kind nachts nicht ins Bett gemacht hat, malt es zur Belohnung eine Sonne in seinen Kalender. An den anderen Tagen einen Mond. Die Sonne soll ein positiver Anreiz für das Kind sein, nicht ins Bett zu machen. Seite 90 von 108 Glossar IQWiG Sonographie Mit einer Ultraschalluntersuchung (Sonographie) kann das Innere des Körpers sichtbar gemacht werden. Dazu werden Schallwellen oberhalb des menschlichen Hörbereichs verwendet, deren „Echos“ sich in Bilder umwandeln lassen. Mit einem bestimmten Gerät werden diese Wellen in den zu untersuchenden Körperteil gesendet und dort je nach Gewebeart stark (z.B. flüssigkeitsgefüllte Körperhöhlen), schwach oder gar nicht (z.B. Knochengewebe) reflektiert. Das Ultraschallgerät macht aus dem Echo auf einem Leuchtschirm ein räumliches Abbild der untersuchten Körperregion. Typische Einsatzgebiete der Sonographie sind unter anderem Schwangerschaftsdiagnostik, Diagnostik von Erkrankungen des Bauchraums wie Gallen- und Nierenerkrankungen sowie Schilddrüsen- und Gefäßuntersuchungen. Spezifität Die Spezifität ist ein Begriff, der angibt, wie zuverlässig ein medizinisches Diagnoseverfahren erkennt, ob man nicht erkrankt ist. Ein Test hat eine hohe Spezifität, wenn er bei der Suche nach einer bestimmten Krankheit die nicht erkrankten Menschen mit einer hohen Wahrscheinlichkeit erkennt. Das heißt, dass er nur sehr wenige Menschen fälschlicherweise für krank hält. Ein Beispiel: Wenn Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf eine bestimmte Krankheit zur Bestätigung einen Test anordnen, hat dieser eine sehr hohe Spezifität, wenn er bei 95 von 100 nicht erkrankten Menschen richtig erkennt, dass sie die gesuchte Krankheit nicht haben. Spinaliom Das Spinaliom (von „spino“, lateinisch: Stachel), auch Stachelzellkrebs oder Plattenepithelkarzinom genannt, entsteht in den sogenannten Stachelzellen der obersten Hautschicht. Diese Schicht wird auch als verhornendes Plattenepithel bezeichnet. Daher auch die alternative Bezeichnung Plattenepithelkarzinom. Im Gegensatz zum Melanom, dem „schwarzen Krebs“, der von den dunklen Melanozyten der obersten Hautschicht ausgeht, wird das Spinaliom auch als „heller Hautkrebs“ bezeichnet. Als Auslöser gilt vor allem zu lange und zu häufige Einwirkung von Sonnenlicht, wobei hellhäutige Menschen am stärksten gefährdet sind. Der Stachelzellkrebs kann rasch in andere Hautschichten und in das umgebendes Gewebe wachsen. Die Hautveränderungen sind unscharf begrenzt und rau, durch zunehmende Verhornung weiß gefärbt und können bei fortgeschrittenem Verlauf blumenkohlartige Hautwucherungen bilden. Spirometrie Die Spirometrie ist ein medizinisches Verfahren, mit dem die Lungenfunktion gemessen wird. Das dazu genutzte medizinische Gerät heißt Spirometer. Bei einer Spirometrie wird erfasst, wie viel und wie schnell Luft ein- beziehungsweise ausgeatmet werden kann. Dies geschieht, indem nach Anweisung in ein Mundstück geatmet und die Menge sowie die Geschwindigkeit an ein- und ausgeatmeter Luft erfasst wird. Sprachtherapie Bei der Sprachtherapie werden einerseits Stimm- und Sprechstörungen wie Stottern, und Lispeln behandelt. Andererseits betreuen Sprachtherapeuten auch Kinder, bei denen die Sprachentwicklung verzögert oder die Sprachwahrnehmung gestört ist. Älteren Patientinnen und Patienten helfen Sprachtherapeutinnen und -therapeuten zum Beispiel nach einem Schlaganfall das Sprechen wiederzuerlernen und Schluckprobleme zu bewältigen. Spritz-Ess-Abstand Der Spritz-Ess-Abstand ist der Zeitraum zwischen der Injektion des Insulins und dem Beginn des Essens. Seite 91 von 108 Glossar IQWiG Spurenelemente Spurenelemente sind Nährstoffe, die nur in kleinen Mengen (in „Spuren“) vom Körper benötigt und mit der Nahrung aufgenommen werden. Jod, Zink, Selen oder Eisen sind zum Beispiel Spurenelemente. Eine zu geringe Zufuhr an Spurenelementen über einen längeren Zeitraum kann zu gesundheitlichen Problemen führen. So kann Jodmangel die Arbeit der Schilddrüse beeinträchtigen oder Eisenmangel zu Blutarmut führen. Stabile Koronare Herzkrankheit Eine Stabile Koronare Herzkrankheit ist eine Form der Erkrankung der Herzkranzgefäße, die man als kontrollierte Form bezeichnen könnte. Beschwerden wie Brustschmerzen treten vorhersagbar bei Belastung auf, hören aber auf, sobald der Betroffene sich weniger belastet oder ganz zur Ruhe kommt. Ärzte unterscheiden vier Schweregrade. Bei Schweregrad Vier spürt der Patient schon Schmerzen bei leichten alltäglichen Aktivitäten. Zu den Betroffenen zählen auch Personen, die bereits einen Herzinfarkt hatten. Stammzellen Stammzellen sind Zellen, die sich zu verschiedenen Zellen oder Gewebstypen ausbilden können. Grundsätzlich unterscheidet man embryonale und erwachsene (adulte) Stammzellen. Embryonale Stammzellen können beim Ungeborenen in einem frühen Stadium alle Zell- oder Gewebstypen bilden. Die auch beim Erwachsenen noch im Körper vorhandenen Stammzellen nennt man adulte Stammzellen. Sie können im Gegensatz zu den embryonalen Stammzellen jedoch nicht mehr sämtliche Zell- und Gewebetypen ausbilden, sondern sind auf die Neubildung bestimmter Zellen oder Gewebe spezialisiert. Die vorwiegend im Knochenmark vorhandenen Blutstammzellen sind zum Beispiel dafür zuständig, neue Blutzellen zu bilden, können aber beispielsweise kein neues Nervengewebe bilden. Standardabweichung Die Standardabweichung ist ein Maß für die Streuung von Messwerten; sie berechnet sich aus der Quadratwurzel der Varianz. Standardfehler Der Standardfehler ist ein Maß für die Präzision von Schätzwerten. Er ist z.B. hilfreich bei der Konstruktion von Konfidenzintervallen. Standard Gamble Verfahren zur direkten Erhebung der Präferenzen für Gesundheitszustände, damit QALYs bestimmt werden können. Hierbei sollen sich die Probanden ein hypothetisches Szenario vorstellen, in dem sie aufgrund einer Krankheit in einen bestimmten Gesundheitszustand versetzt werden. Eine mögliche Behandlung könnte sie nun mit der Wahrscheinlichkeit p vollständig heilen oder mit der Wahrscheinlichkeit (1 - p) zum sofortigen Tod führen. Die Frage lautet nun, bei welcher Wahrscheinlichkeit p die Befragten beide Alternativen als gleichwertig erachten (indifferent). Daraus wird auf die Präferenz für den Gesundheitszustand geschlossen. Statine Statine bilden eine Klasse von Wirkstoffen, die vor allem als „Cholesterinsenker“ bekannt sind (senken die „Blutfettwerte“). Statine greifen in den Fettstoffwechsel des Körpers ein, der in der Folge weniger Cholesterin produziert. Seite 92 von 108 Glossar IQWiG Sterberegister Im Sterberegister werden Daten zu Verstorbenen gesammelt – unter anderem Name, Wohnsitz, Familienstand, Ort und Zeitpunkt des Todes. Bisher lief diese Erfassung noch über Sterbebücher, die in den Standesämtern verwaltet werden. Seit 2009 erfolgt der Übergang in ein elektronisches Sterberegister. Stichprobe Teilmenge einer Population. Stichproben werden stellvertretend für eine Population untersucht, wenn eine Untersuchung der gesamten Population nicht möglich oder zu aufwendig ist. Um repräsentativ für die Gesamtpopulation zu sein, muss die Stichprobe ausreichend groß und ohne Verzerrung ausgewählt worden sein. Idealerweise geschieht diese durch zufällige Auswahl. Stoffwechselerkrankung Alle Vorgänge im menschlichen Körper beruhen letztlich auf chemischen Reaktionen, bei denen Stoffe auf-, ab- oder umgebaut werden. Die Gesamtheit dieser Reaktionen nennt man Stoffwechsel. Der Stoffwechsel sorgt beispielsweise dafür, dass der Körper ausreichend mit Energie versorgt wird, und er hält so die Körperfunktionen aufrecht. Von einer Stoffwechselerkrankung oder Stoffwechselstörung spricht man, wenn der gesamte Stoffwechsel oder Teilbereiche nicht mehr richtig funktionieren. Die Ursache ist meistens, dass für den Stoffwechsel wichtige Enzyme oder Hormone fehlen. Dies ist beispielsweise bei Typ-1-Diabetes der Fall, bei dem es an dem Hormon Insulin mangelt. Dadurch gerät der gesamte Zuckerstoffwechsel aus dem Gleichgewicht. Andere Beispiele sind Gicht, bei der der Harnsäurestoffwechsel gestört ist, und eine Schilddrüsenunterfunktion, bei der es an lebenswichtigen Schilddrüsenhormonen mangelt. Stoffwechselstörungen können angeboren sein oder sich erst später im Leben entwickeln. Strahlentherapie Die Strahlentherapie wird auch als Radiotherapie oder Radioonkologie bezeichnet. Bei der Strahlentherapie wird ein Tumor gezielt mit Röntgen- oder Elektronenstrahlung behandelt, um so die Tumorzellen zu schädigen. Sie soll im Gegensatz zur medikamentösen Chemotherapie lokal, also nur in der unmittelbaren Umgebung des Tumors wirken. Um die Bestrahlung möglichst verträglich zu machen, wird die notwendige Strahlendosis nicht auf einmal verabreicht, sondern auf mehrere Tage innerhalb einiger Wochen verteilt. Die Strahlentherapie wird je nach Krebsart mit den anderen Therapieformen kombiniert. Subgruppenanalyse Auswertung, ob sich in einer Studie der Effekt einer Intervention zwischen verschiedenen Untergruppen unterscheidet (zum Beispiel Geschlecht, Alter). Subgruppen-Analysen bringen in der Regel keine verlässlichen Ergebnisse, wenn sie nicht von vorneherein beim Entwurf einer Studie eingeplant wurden. Subkutan Der Begriff kommt aus dem Lateinischen und bedeutet "unter der Haut". In der Medizin wird subkutan häufig mit den Buchstaben "s. c." abgekürzt. Menschen mit Diabetes spritzen sich das Insulin in das subkutane Gewebe (Unterhaut). Von dort wird es in die Blutgefäße aufgenommen. Seite 93 von 108 Glossar IQWiG Supportivtherapie Eine Supportivtherapie (von „supportare“, lateinisch: unterstützen) umfasst alle Maßnahmen, die die Nebenwirkungen einer Behandlung oder Krankheitsfolgen lindern sollen. Bei einer Krebsbehandlung fallen darunter etwa die vorbeugende Gabe von Medikamenten gegen Übelkeit oder die Schmerztherapie. Auch die Ernährung oder Haut- und Mundpflege zählen dazu. Suprakonstruktion Eine Suprakonstruktion ist der nach außen sichtbare Teil eines implantatgetragenen Zahnersatzes. Dies kann eine Krone, Brücke, Teil- oder Vollprothese sein. Nach einem Zahnverlust wird zunächst ein Implantat aus Titan oder Keramik als künstliche Wurzel in den Kiefer eingesetzt. Eine Suprakonstruktion (von “supra“, lateinisch: über, oberhalb und „construere“: zusammenbauen) kann dann am Implantat befestigt werden und so einen oder mehrere fehlende Zähne ersetzen. Surrogatparameter Endpunkte, die selbst nicht von unmittelbarer Bedeutung für einen Patienten sind, aber mit patientenrelevanten Endpunkten assoziiert sind (zum Beispiel Senkung des Blutdrucks als Surrogatparameter für Vermeidung eines Schlaganfalls). Surrogatendpunkte sind oft physiologische oder biochemische Messwerte, die sich relativ schnell und einfach bestimmen lassen. Surrogatparameter werden oft dann eingesetzt, wenn patientenrelevante Endpunkte relativ selten oder erst mit einer längeren zeitlichen Verzögerung auftreten. Auch wenn ein Surrogatparameter mit einem Endpunkt assoziiert ist, muss keine kausale Beziehung zwischen beiden bestehen. Solange ein kausaler Zusammenhang nicht explizit belegt ist, kann aus Veränderungen eines Surrogatparameters nicht auf Veränderungen von patientenrelevanten Endpunkten geschlossen werden. Survey Umfrage, Bestandsaufnahme, Studie. Sympathikus Der Sympathikus (von „sympatheín“, griechisch: mitleiden, mitempfinden) ist ein Teil des unwillkürlichen Nervensystems. Das sympathische Nervensystem bereitet den Organismus auf körperliche und geistige Leistungen vor. Es sorgt beispielsweise dafür, dass das Herz schneller und kräftiger schlägt, dass sich die Atmung beschleunigt und die Atemwege erweitern. So kann der Körper mehr Sauerstoff aufnehmen und transportieren. Die Leistungsfähigkeit verbessert sich. Gleichzeitig wird unter anderem die Verdauungstätigkeit gehemmt. Der Gegenspieler dazu ist das parasympathische Nervensystem (Parasympathikus). Sympathikus und Parasympathikus wirken aber nicht immer entgegengesetzt; bei manchen Funktionen ergänzen sich beide Nervensysteme. Symptom Ein Symptom (von „symptoma“, griechisch: Zufall, Begleiterscheinung) ist in der Medizin ein Krankheitszeichen, das auf eine Erkrankung hinweist. Symptome können Beschwerden sein, die Betroffene selbst wahrnehmen, oder Anzeichen, die die Ärztin oder der Arzt durch eine Untersuchung feststellt. Im weiteren Sinne zählen auch durch Messungen erfasste Veränderungen dazu, die durch eine Krankheit oder Verletzung bedingt sind. Seite 94 von 108 Glossar IQWiG Systematische Übersicht Zusammenfassende Forschungsarbeit zu einer klar formulierten Frage, die auf definierten Methoden und einem systematischen, reproduzierbaren Vorgehen basiert. Vorhandene Studien zu einer Frage werden recherchiert, auf Relevanz geprüft und kritisch bewertet. Aus den (aufgrund vorab definierter Kriterien) identifizierten Studien werden die Ergebnisse extrahiert und, wenn sinnvoll, mit statistischen Methoden (Meta-Analyse) zusammengefasst. Szintigrafie Eine Szintigrafie (von „szintillare“, lateinisch: blitzen, funkeln und „grafein“, griechisch: zeichnen, beschreiben) ist eine Untersuchungsmethode, mit der man beispielsweise ermitteln kann, wie aktiv der Stoffwechsel eines bestimmten Organes oder Gewebes ist. Bei der Untersuchung wird eine schwach radioaktive Substanz in eine Vene gespritzt. Diese Substanz gelangt über das Blut auch in das zu untersuchende Organ oder Gewebe. Über eine spezielle Kamera wird die Strahlung, die von der radioaktiven Substanz ausgeht, mithilfe eines Kristalls erfasst: Der Kristall erzeugt jedes Mal einen Lichtblitz, wenn ein Strahlungsteilchen auf den Kristall auftrifft. Diese Lichtblitze werden elektronisch erfasst und zu einem Bild zusammengesetzt. So kann man sehen, ob in dem untersuchten Gewebe besonders viel der Substanz angereichert wird oder eher wenig. Eine typische Farbszintigrafie stellt Stellen mit hoher Strahlenaktivität rot dar, solche mit geringer Aktivität blau. Die Szintigrafie wird beispielsweise zur Untersuchung der Schilddrüse, des Skeletts oder des Herzens eingesetzt. Tagesklinik Eine Tagesklinik ist eine Art Krankenhaus, in dem Patientinnen und Patienten nur für einige Stunden täglich betreut werden. Die Nächte und einige Tagstunden verbringen sie typischerweise zu Hause. So ermöglicht eine Tagesklinik ein höheres Maß an Selbstständigkeit als ein vollstationärer Aufenthalt und erleichtert die "Abnabelung" vom Krankenhaus. Tai Chi Tai Chi ist eine in China entwickelte Kampfkunst, die auch chinesisches Schattenboxen genannt wird. Typisch für Tai Chi sind langsame, fließende Bewegungen, die traditionell morgens im Freien geübt werden. Ursprünglich als Selbstverteidigungsstrategie entwickelt, wird Tai Chi heute sowohl in China als auch in der westlichen Welt vornehmlich praktiziert, um die Konzentration zu erhöhen, zu entspannen, die Gesundheit zu fördern und chronische Beschwerden zu lindern. TENS TENS ist die Abkürzung für „transkutane elekrische Nervenstimulation“. TENS-Geräte werden bei der Schmerzbehandlung eingesetzt. Sie übertragen elektrische Reize über die Haut auf das Nervensystem. Dadurch soll die Weiterleitung des Schmerzes ans Gehirn gemindert und die Bildung des körpereigenen, schmerzlindernden Hormons Endorphin angeregt werden. Seite 95 von 108 Glossar IQWiG Therapeutischer Zusatznutzen Das IQWiG ist laut Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz − GKV-WSG 139a (3) SGB V) mit der Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln beauftragt. Die Art der Bewertung des Nutzens und der Kosten von Arzneimitteln wird in § 35b (1) SGB V näher bestimmt. Danach hat eine Bewertung durch den Vergleich mit anderen Arzneimitteln und Behandlungsformen unter Berücksichtigung des therapeutischen Zusatznutzens für die Patienten im Verhältnis zu den Kosten zu erfolgen. Nutzen bzw. Schaden wird im Vergleich mit Placebo (oder einer andersartigen Scheinbehandlung) oder keiner Behandlung festgestellt. Bei einem Vergleich der zu evaluierenden medizinischen Intervention mit einer anderen, eindeutig definierten medizinischen Intervention spricht das IQWiG im Falle eines höheren Nutzens von „Zusatznutzen“. Therapie Als Therapie (von „therapeia“, griechisch: Pflege, Heilung) wird in der Medizin die Behandlung von Krankheiten, einzelnen Beschwerden oder Verletzungen bezeichnet. Genauer sind damit die einzelnen Maßnahmen zur Behandlung einer Erkrankung gemeint. Diese Maßnahmen umfassen beispielsweise eine Änderung der Ernährungsweise, die Einnahme von Medikamenten, Operationen oder Krankengymnastik. Das Ziel einer Therapie ist Heilung oder zumindest eine Verbesserung der Beschwerden. ätherische Öle Ätherische Öle sind ölige, leicht verdampfende Extrakte aus Pflanzen oder Pflanzenteilen mit einem starken, für die Herkunftspflanze charakteristischen Geruch. Sie sind häufig in Medikamenten, Kosmetika und Lebensmitteln enthalten. Es gibt viele nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel mit Wirkstoffen aus ätherischen Ölen, zum Beispiel aus Pfefferminz- und Eukalyptusblättern, Kamillenblüten, Fenchelfrüchten oder Kiefernnadeln. Die Anwendungsgebiete der ätherischen Öle sind von Pflanze zu Pflanze unterschiedlich. Thrombophilie Menschen mit einer Thrombophilie neigen zur Bildung von Blutgerinnseln in den Gefäßen (von „thrombos“, altgriechisch: Klumpen und von „phileein“, griechisch: lieben). Ursache für die Gerinnselbildung kann eine veränderte Zusammensetzung des Blutes sein: Normalerweise sind gerinnungsfördernde und gerinnungshemmende Stoffen im menschlichen Blut im Gleichgewicht. Werden aber zu wenig gerinnungshemmende oder zu viel gerinnungsfördernde Substanzen gebildet, gerät das Blut ins Stocken. Auch bei Veränderungen der Blutzellen oder der Blutplättchen – den Thrombozyten – können sich leichter Blutgerinnsel bilden. Thrombozyten Thrombozyten (von „thrombos“, altgriechisch: Klumpen und von „zytos“, altgriechisch: Hülle) sind die kleinsten Zellen des Blutes und werden aufgrund ihres Aussehens auch Blutplättchen genannt. Sie unterstützen die Blutgerinnung, indem sie sich bei der Verletzung eines Blutgefäßes an die offene Stelle und das Bindegewebe in der Nähe anheften und verklumpen. Dadurch wird die verletzte Stelle und somit das Gefäß abgedichtet. Zusätzlich produzieren Thrombozyten gerinnungsfördernde Stoffe, um die Blutung vor Ort schnell zu stoppen. Blutplättchen entstehen im Knochenmark und gelangen von dort ins Blut. Nach acht bis zwölf Tagen werden sie vor allem in der Milz abgebaut. Seite 96 von 108 Glossar IQWiG Thyreotropin-Releasing-Hormon Das TSH-Releasing -Hormon (von „release “, englisch: freigeben) wird vom Hypothalamus, einem Teil des Zwischenhirns, gebildet. Es regt die Hirnanhangsdrüse an, mehr Thyroidea stimulierendes Hormon (TSH ) ins Blut abzugeben. TSH gelangt dann über das Blut in die Schilddrüse und fördert dort die Bildung und Freisetzung von Schilddrüsenhormonen. Neben seiner Hauptwirkung auf die Schilddrüsenhormone stimuliert TRH auch die Freisetzung von Prolaktin, einem Hormon, welches das Wachstum der weiblichen Brust während der Schwangerschaft und die Milchproduktion anregt. Thyroidea stimulierendes Hormon Das Thyroidea stimulierende Hormon (TSH ) regt die Schilddrüse an, mehr Schilddrüsenhormone zu bilden. Es wird von der Hirnanhangsdrüse produziert und gelangt über das Blut in die Schilddrüse. Die Bildung von TSH in der Hirnanhangsdrüse wird wiederum vom Zwischenhirn gesteuert. Dort entsteht die Substanz TRH , die dazu führt, dass mehr TSH freigesetzt wird. Ist die Menge an Schilddrüsenhormonen im Blut zu hoch, wird die TSH -Bildung gehemmt. Dadurch bleibt der Schilddrüsenhormonhaushalt bei einem gesunden Menschen im Gleichgewicht. TIA TIA ist die Abkürzung für transitorische ischämische Attacke. Es handelt sich hierbei um eine vorübergehende („transitorische“) Durchblutungsstörung („Ischämie“) von Hirngefäßen, deren Anzeichen sich innerhalb von 24 Stunden wieder zurückbilden. Eine TIA kann sich durch schlaganfallähnliche Symptome bemerkbar machen, wie beispielsweise eine halbseitige Lähmung von Arm oder Bein, oder Sehstörungen. Diese Anzeichen können wenige Minuten bis mehrere Stunden andauern. Eine TIA kann Vorbote eines Schlaganfalls sein. Tiefe Beinvenenthrombose Bei einer tiefen Beinvenenthrombose ist nicht eine oberflächlich Vene direkt unter der Haut, sondern eine Vene im Inneren des Beins oder auch des Beckens teilweise oder vollständig verschlossen, sodass kein oder nur noch wenig Blut durch diese Vene fließt. Der medizinische Fachbegriff ist Phlebothrombose. Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie hat sich aus der klassischen Psychoanalyse entwickelt. Wie die Psychoanalyse geht auch diese Therapierichtung davon aus, dass die Ursache psychischer Probleme in unbewussten seelischen Konflikten liegt, die in der Therapie genauer ergründet werden sollen. Dahinter steckt die Annahme, dass man die Probleme im täglichen Leben besser bewältigen kann, wenn man sich darüber im Klaren ist, wo sie herrühren. Im Vergleich zur klassischen Psychoanalyse, bei der die einzelnen Sitzungen frei und ohne eine vorgegebene Struktur verlaufen, ist die tiefenpsychologische Psychotherapie stärker zielgerichtet. Der Ausgangspunkt sind aktuelle psychische oder soziale Konflikte. Von dort aus werden Erinnerungen an Kindheits- und Jugenderlebnisse aufgegriffen und in Zusammenhang mit der aktuellen Situation gebracht. Eine tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie dauert in der Regel sechs Monate bis zwei Jahre. Seite 97 von 108 Glossar IQWiG Time-Trade-off Methode zur direkten Erhebung der Präferenzen für Gesundheitszustände, damit QALYs bestimmt werden können. Hierbei werden die Befragten mit einem hypothetischen Szenario konfrontiert, in dem sie aufgrund einer Krankheit in einen bestimmten Gesundheitszustand versetzt werden. Eine Behandlung könnte die Krankheit vollständig heilen, doch die Befragten müssten eine Verkürzung ihrer Lebensdauer in Kauf nehmen. Die Frage lautet nun, bei wie vielen Jahren Lebensdauerverlust die Probanden beide Alternativen als gleichwertig erachten (indifferent). Daraus wird sind auf die Präferenz für den Gesundheitszustand geschlossen. Totimpfstoffe Totimpfstoffe sind Impfstoffe, die im Gegensatz zu Lebendimpfstoffen mit stark abgeschwächten Erregern getötete Krankheitserreger oder deren Bestandteile enthalten. Derartige Impfstoffe können keine Infektionen mehr auslösen. Sie regen den Körper aber dennoch an, einen Schutz gegen eine Infektion mit dem jeweiligen Erreger aufzubauen. Die meisten üblichen Impfungen werden inzwischen mit Totimpfstoffen durchgeführt. Tranquilizer Tranquilizer werden Medikamente genannt, die beruhigen, den Schlaf fördern, Angst dämpfen und/oder die Muskulatur entspannen. Eine bedeutende Wirkstoffklasse von Tranquilizern sind die Benzodiazepine, zu denen z.B. Diazepam gehört. Transplantation Bei einer Transplantation (von „transplantare“, lateinisch: versetzen) werden Zellen, Gewebe oder ganze Organe verpflanzt. Je nach Herkunft der Zellen unterscheidet man dabei die autologe Transplantation von der allogenen: Autolog bedeutet, dass der Spender und Empfänger des Gewebes dieselbe Person ist. Dies wird etwa angewandt bei Hauttransplantation nach schweren Verbrennungen oder bei einem verstopften Herzkranzgefäß unter Verwendung eines Beinvenenstücks (Bypass). Bei der allogenen Transplantation dagegen stammt das gespendete Gewebe von einer anderen Person. Zu den allogenen Transplantationen gehören beispielsweise die Nieren-, Herz-, Leber- oder Lungentransplantation. Trigger Englisches Wort für "Auslöser". In der Medizin werden die Auslöser von Krankheitszuständen und Symptomen als "Trigger" bezeichnet. Asthmatische Beschwerden zum Beispiel können von physikalischen "Triggern" wie kalter Luft ausgelöst werden. Tumorzentrum Ein Tumorzentrum koordiniert die Betreuung von Krebspatienten in einer Region. Hier arbeiten Experten verschiedener Fachrichtungen eng zusammen und treffen sich zu sogenannten Fallbesprechungen, um die Behandlung eines an Krebs erkrankten Menschen zu planen. In einem Tumorzentrum werden Patienten mit unterschiedlichen Krebsarten behandelt. Daneben bieten Tumorzentren oft auch eine Beratung für Betroffene und Angehörige an. Sie forschen über die Entstehung, Vorbeugung und Behandlung von Krebs und sind an der Entwicklung von Behandlungsleitlinien beteiligt. Tumorzentren wurden in den 1990er Jahren auf Initiative der Bundesregierung gegründet. Mittlerweile ist die jeweilige Landesregierung für sie zuständig. Seite 98 von 108 Glossar IQWiG Ulcus cruris Offenes Bein oder "Ulcus cruris" ist ein Geschwür am Unterschenkel. Dieses Geschwür entsteht häufig bei einer chronischen Venenschwäche, seltener bei Durchblutungsstörungen der Arterien, bei langjährigem Diabetes oder bei verschiedenen anderen Krankheiten. Ulkus Der Begriff "Ulcus" stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Geschwür. Ein Ulkus ist ein Defekt der Haut oder der Schleimhaut, der bis in das Unterhautgewebe reicht. Ein Ulkus kann an verschiedenen Stellen des Körpers auftreten, zum Beispiel im Magen (Ulcus ventriculi), im Zwölffingerdarm (Ulcus duodeni), an den Beinen (Ulcus cruris) oder an druckbelasteten Körperstellen bei bettlägerigen Patienten wie Steißbein oder Ferse (Dekubitus, Druckulkus). Bestimmte Faktoren können die Entstehung eines Ulkus fördern, beispielsweise Durchblutungsstörungen, Infektionen, Tumore, Diabetes oder Gefäßerkrankungen wie zum Beispiel eine arterielle Verschlusskrankheit. Ein Ulkus ist häufig sehr schmerzhaft und es dauert oft lange, bis er heilt. Ultraschalltherapie Bei der Ultraschalltherapie werden Schallwellen eingesetzt, um Schmerzen zu lindern und die Selbstheilungskräfte zu fördern. Auf die Körperstelle, die behandelt werden soll, wird ein sogenanntes Kontaktgel aufgetragen. Dann wird ein Schallkopf über diese Stelle geführt, der Schallwellen überträgt. Die Schallwellen lösen eine Vibration des Gewebes aus, eine sogenannte „Mikromassage“. Außerdem erwärmen sie das behandelte Gewebe. Die Ultraschalltherapie wird unter anderem bei Muskel- und Sehnenschmerzen, Knochenbrüchen und zur Behandlung von Narbengewebe angewendet. Unerwünschtes Ereignis Ein schädliches Ereignis, das nach oder während des Einsatzes einer Intervention wie zum Beispiel der Einnahme eines Medikaments eintritt, ohne dass beurteilt wird, ob es sich um eine kausale Folge handelt. Unerwünschte Wirkung Ein schädliches Ereignis, bei dem zumindest ein begründeter Verdacht auf eine kausalen Zusammenhang mit dem Einsatz einer Intervention besteht. Urologe Urologen sind Fachärzte, die auf Erkrankungen der Harnwege spezialisiert sind, angefangen bei den Nieren über den Harnleiter und die Blase bis zur Harnröhre. Außerdem sind Urologen die vorrangigen Behandler bei Symptomen und Erkrankungen im Bereich der männlichen Geschlechtsorgane. Für die Erkrankungen der weiblichen Geschlechtsorgane sind in der Regel Gynäkologen zuständig. Uterus Der Uterus (die Gebärmutter) ist ein Teil der weiblichen Geschlechtsorgane. Wenn eine Frau schwanger wird, nistet sich in der Gebärmutter die befruchtete Eizelle ein und entwickelt sich dort weiter zum Embryo. Der Uterus liegt hinter der Scheide und ist über zwei Eileiter mit den Eierstöcken (Ovarien) verbunden. Seite 99 von 108 Glossar IQWiG U-Untersuchung Vorsorgeuntersuchungen des Kindes werden U-Untersuchungen genannt. Die insgesamt 11 Untersuchungen sollen jeweils in einem bestimmten Alter stattfinden, beginnend unmittelbar nach der Geburt (U1) bis zur U11 im 11. Lebensjahr. Sie sind ein Screeningprogramm zur Früherkennung kindlicher Entwicklungsstörungen. In der Regel führt sie die Kinderärztin oder der Kinderarzt durch. UV-Strahlung UV-Strahlung ist die Abkürzung für ultraviolette Strahlung. Sonnenlicht beispielsweise enthält UVA, UV-B und UV-C-Strahlung, wobei A einen geringen, B einen mittleren und C einen hohen Energiegehalt hat. Die natürlichen UV-A-Strahlen der Sonne treffen überall mit der gleichen Intensität auf die Erdoberfläche. Sie bewirken eine schnelle, nur kurzfristige Bräunung der menschlichen Haut und lassen sie vorschnell altern. Auch künstliches UV-Licht der Sonnenbänke enthält hauptsächlich UV-A-Strahlung. UV-B-Strahlen dringen nur zu einem geringen Prozentsatz zur Erde durch; ihre Intensität ist von der geografischen Lage, der Jahres- sowie Tageszeit abhängig. Sie bräunen die Haut langsamer und nachhaltiger, was der Haut einen gewissen Eigenschutz vor weiterer Sonnenstrahlung gibt. UV-B-Strahlung benötigt der Körper, um das lebenswichtige Vitamin D zu bilden. Die UV-C-Strahlung der Sonne wird fast vollständig von der Erdatmosphäre abgefangen. Alle UVStrahlen können die menschliche Haut schädigen und Hautkrebs auslösen. Allerdings wird in der Medizin auch kontrolliert dosierte UV-Strahlung zur Therapie chronisch entzündlicher Hauterkrankungen eingesetzt. Vakuumsversiegelungstherapie Bei einer Vakuumversiegelungstherapie wird eine Wunde einem Unterdruck ausgesetzt. Wie bei jeder chronischen Wunde säubern Ärztinnen, Ärzte oder Pflegekräfte zunächst die Oberfläche und die Ränder der Wunde und entfernen abgestorbenes Gewebe und Wundsekret. Danach bedecken sie die Oberfläche der Wunde mit einem sterilen Schwamm und fixieren ihn mit einer Folie luftdicht auf der umliegenden Haut. Aus dem Schwamm führt ein kleiner Schlauch nach außen, der an eine Pumpe mit einem Behälter angeschlossen ist. Durch die Versiegelungstherapie wird die Wunde ständig gleichmäßig feucht gehalten, ohne zu nass zu sein. Validation Die Validation ist eine spezielle Methode für den Umgang mit Menschen mit Demenz. Es gibt zehn Grundsätze, die im Gespräch und im Umgang mit den erkrankten Menschen eingehalten werden sollen. Unter anderem sollen Verhaltensweisen nicht bewertet und kritisiert, sondern akzeptiert werden. Außerdem soll den Gefühlen, Werten und Erfahrungen des demenzkranken Menschen genügend Platz eingeräumt werden. Validität Man unterscheidet zwischen interner und externer Validität einer Studie. Zur Bewertung der internen Validität muss überprüft werden, inwieweit der Einfluss verzerrender Faktoren durch die Machart der Studie minimiert wurde, ob also Ergebnisse tatsächlich auf die untersuchte Therapie zurückzuführen sind. Die externe Validität beschreibt die Übertragbarkeit (Generalisierbarkeit) der Studienergebnisse auf Patientengruppen oder Bedingungen der Routineversorgung. Die Generalisierbarkeit hängt zum Beispiel von der Auswahl der Studienteilnehmer und von der Qualifikation der beteiligten Ärzte ab. Seite 100 von 108 Glossar IQWiG Varianz Ist ein Maß für die Streuung mehrere Messwerte. Zur Berechnung wird (a) zu jedem Messwert die Differenz zum Mittelwert gebildet, (b) diese Differenz quadriert, (c) die Quadrate dann aufaddiert und (d) die Summe durch die Anzahl der Werte minus 1 dividiert. Vasopressin Vasopressin ist ein Hormon, das die Niere dazu veranlasst, vermehrt Wasser aus dem Harn zurückzugewinnen. Es wird nachts verstärkt ausgeschüttet und sorgt so dafür, dass weniger Urin produziert wird. Vasopressin wird auch als antidiuretisches Hormon (ADH) bezeichnet, also eine Substanz, die antidiuretisch ("Harnbildung unterbindend") wirkt. Vegetatives Nervensystem Das vegetative oder auch autonome Nervensystem (von „vegetare“, lateinisch: beleben, anreizen und von „autonomia“, altgriechisch: selbstständig) regelt die Abläufe im Körper, die man nicht mit dem Willen steuern kann. Es ist ständig aktiv und reguliert beispielsweise den Herzschlag, die Darmtätigkeit und den Stoffwechsel. Hierzu empfängt es Signale aus dem Gehirn und sendet sie an die entsprechenden Organe. In der Gegenrichtung überträgt das vegetative Nervensystem Meldungen des Körpers zum Gehirn, zum Beispiel wie voll die Harnblase ist oder wie schnell das Herz schlägt. Das vegetative Nervensystem kann sehr rasch die Funktion des Körpers an veränderte Bedingungen anpassen: Ist uns beispielsweise warm, wird die Haut stärker durchblutet und mehr Schweiß gebildet, um den Körper abzukühlen. Verblindung, doppel-blind Maßnahme während einer Studie, um die Patienten aber auch Ärzte, Pflegepersonal und/oder Wissenschaftler bis zum Ende im Unwissen zu lassen, welche Patienten welche medizinische Maßnahme erhalten haben. Ziel der Verblindung ist es, Verzerrungen zu minimieren, die entstehen können, wenn die Bewertung einer Behandlung durch die Kenntnis der Behandlung beeinflusst werden könnte. Oft gibt es Vorurteile, die bei Patienten oder Ärzten zur Überschätzung einer der Alternativen führen können. Möglich ist zudem, dass Ärzte Patienten einer Gruppe für benachteiligt halten und bei ihnen dann zusätzliche Maßnahmen ergreifen, die dann ebenfalls das Ergebnis verzerren können. Verblindung lässt sich in Therapiestudien zum Beispiel aufrechterhalten, indem eine Gruppe der Teilnehmer eine identisch erscheinende Schein- oder Placebobehandlung erhält, zum Beispiel identisch aussehende Tabletten. Verblindung ist auch dadurch möglich, dass dem Studienpersonal, das die Untersuchungsergebnisse auswertet, nicht mitgeteilt wird, zu welchen Patienten die Ergebnisse gehören. In einfach-blinden Studien wissen nur die Patienten nicht über ihre Zuordnung Bescheid, in doppelblinden Studien bleibt die Zuordnung dem Patienten, dem behandelnden Arzt sowie dem Erheber der Endpunkte verborgen. Die Terminologie ist hier jedoch nicht einheitlich, so dass in einer verblindeten Studie besser klar beschrieben werden sollte, wer genau verblindet ist. Seite 101 von 108 Glossar IQWiG Verdeckte Zuteilung Verdeckte Zuteilung (engl.: Allocation Concealment) ist der Sammelbegriff für Maßnahmen, die vor Beginn einer randomisierten kontrollierten Studie sicherstellen sollen, dass die Teilnehmer tatsächlich zufällig auf die Vergleichgruppen aufgeteilt werden. Wenn Studienteilnehmer oder Forscher vorab wissen oder vorhersagen können, welcher Gruppe der nächste Teilnehmer zugeteilt wird, können sie zum Beispiel bestimmte Patienten von der Teilnahme an einer Studie abhalten. Das verhindert, dass die Gruppen zufällig zusammengesetzt sind und erhöht die Gefahr eines Selektionsbias (Verzerrung durch Auswahl). Die Frage, ob eine Zuteilung tatsächlich verdeckt ist, ist ein wichtiges Kriterium für die Qualitätsbeurteilung einer randomisierten kontrollierten Studie. Verhaltenstherapie Die Verhaltenstherapie (VT) ist ein psychotherapeutisches Verfahren, bei dem es vor allem um die konkrete Lösung von Problemen geht. Sie geht davon aus, dass Verhaltensweisen erlernt und auch wieder verlernt werden können. Indem man an bestehenden Verhaltensmustern arbeitet und sie ändert, versucht man, seelische und soziale Probleme zu lindern und zu beheben. Die Verhaltenstherapie wird häufig bei Angststörungen, Depressionen und Suchterkrankungen eingesetzt. Verum Verum ist die wissenschaftliche Bezeichnung für ein „echtes“ Medikament – das heißt, für ein Mittel mit einem oder mehreren Inhaltsstoffen (Wirkstoffen), die eine Wirkung auf den Organismus haben. Placebos (Scheinmedikamente) dagegen enthalten keinerlei wirksame Inhaltsstoffe. Verzögerungsinsulin Verzögerungsinsulin, zum Beispiel NPH-Insulin, ist ein Insulin, das langsam vom Unterhautfettgewebe in das Blut gelangt und zur Wirkung kommt. Verzögerungsinsulin wird auch als Basalinsulin bezeichnet, das den Grundbedarf an Insulin abdecken soll. Vierfeldertafel Tabelle zur vergleichenden Darstellung der Ergebnisse von zwei Therapie- oder Diagnoseverfahren. Der Kern besteht aus zwei Spalten und zwei Zeilen, die vier Tabellenfelder ergeben. Für diagnostische Verfahren lassen sich zum Beispiel Sensitivität und Spezifität aus einer Vierfeldertafel ableiten. Virus Viren sind Krankheitserreger, die zu ihrer Vermehrung in Zellen (pflanzliche, tierische oder menschliche Zellen) eindringen. Beispiele für Krankheiten, die durch Viren verursacht werden, sind Pocken, Influenza, Erkältungen, Hepatitis, Herpes und AIDS. Seite 102 von 108 Glossar IQWiG Vitamine Vitamine sind Stoffe, die der Körper mit wenigen Ausnahmen nicht selbst bilden kann, die wir aber zum Leben benötigen. Sie müssen daher zum größten Teil über die Nahrung aufgenommen werden. Die Vitamine werden in zwei Gruppen eingeteilt: Fettlösliche Vitamine wie zum Beispiel Vitamin K oder E können im Körper gespeichert werden. Man kann sie also „auf Vorrat“ zu sich nehmen. Wasserlösliche Vitamine wie Vitamin C müssen dagegen regelmäßig über die Nahrung zugeführt werden, da der Körper die überschüssige Menge direkt wieder ausscheidet. Vitamine spielen eine wichtige Rolle bei vielen Stoffwechselabläufen im Körper, zum Beispiel der Bildung neuer Zellen oder bestimmter Faktoren der Blutgerinnung. Vitamin C ist wasserlöslich und wird auch als Ascorbinsäure bezeichnet. Es ist das Vitamin, von dem der Mensch täglich die größten Mengen benötigt. Es ist vor allem in frischem Gemüse und Obst enthalten. Vitamin C schützt Zellen vor Schäden durch bestimmte aggressive Atome und Moleküle und zählt deshalb zu den Antioxidantien. Die Lebensmittelindustrie setzt es häufig als Konservierungs- und Säuerungsmittel ein. Ein massiver Mangel führt zu Müdigkeit und Reizbarkeit sowie zu Beschwerden an Knochen, Knorpel und Zähnen. Vitamin D gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. Es wird entweder über die Nahrung aufgenommen oder in der Haut mithilfe von UV-Strahlung aus dem Sonnenlicht gebildet. Es ist wichtig für die Knochenbildung, sorgt für die Härtung der Zähne und hält den Kalziumgehalt im Blut im Gleichgewicht. Vitamin D ist vor allem in fettreichem Fisch wie Makrele oder Lachs enthalten, außerdem in Avocado, Pilzen, Eigelb und Milch. Vitamin E bezeichnet eigentlich eine ganze Gruppe von acht verschiedenen fettlöslichen Vitaminen. Sie schützen Zellen vor Schäden durch aggressive Atome und Moleküle und zählen deshalb zu den Antioxidantien. Vitamin E ist vor allem enthalten in Nüssen und kaltgepressten pflanzlichen Speiseölen (z. B. Sonnenblumenöl, Distelöl und vor allem Weizenkeimöl). Die Lebensmittelindustrie setzt es als Konservierungsstoff ein. Weil es nicht wasser-, sondern fettlöslich ist, nimmt der Körper Vitamin E nur auf, wenn es von Fetten in der Nahrung begleitet wird. Vorbericht Zwischenschritt in der Erstellung eines IQWiG-Berichts. Der Vorbericht beschreibt die vorläufigen Ergebnisse der Arbeit des IQWiG. An die Veröffentlichung eines Vorberichts schließt sich eine Anhörung an. Vorhofflimmern Vorhofflimmern ist eine Form der Herzrhythmusstörung, bei der die Vorhöfe des Herzens sehr schnell und unregelmäßig schlagen. Das ist in der Regel nicht akut lebensbedrohlich, kann auf Dauer aber das Schlaganfallrisiko erhöhen, da sich in den Vorhöfen leichter Blutgerinnsel bilden können, weil die normale Blutströmung gestört wird. Vorsorgevollmacht In einer Vorsorgevollmacht kann man bestimmen, wer wichtige beispielsweise gesundheitliche Angelegenheiten regeln soll, wenn man dazu selbst nicht mehr in der Lage sein sollte. Als Erweiterung einer Patientenverfügung regelt die Vorsorgevollmacht auch, welche Personen die in der Verfügung benannten Entscheidungen treffen dürfen und dafür sorgen sollen, dass der Patientenwille umgesetzt wird. Soll zusätzlich die gesetzliche Vertretung geregelt werden, ist statt einer Vorsorgevollmacht eine Betreuungsverfügung nötig. Seite 103 von 108 Glossar IQWiG Wachstumsfaktoren Wachstumsfaktoren sind Eiweiße, die auf vielfältige Weise die Wundheilung beeinflussen können: Wachstumsfaktoren locken Entzündungszellen (Leukozyten) und Bindegewebszellen (Fibroblasten) in die Wunde. Die Entzündungszellen bekämpfen Bakterien, die Bindegewebszellen fördern die Bildung von neuem Gewebe. Weiterhin stimulieren Wachstumsfaktoren die Bildung neuer Zellen und Blutgefäße. Walking Der Begriff „Walking“ kommt aus dem Englischen und heißt übersetzt „gehen“. Hierzulande ist damit eine Ausdauersportart gemeint: ein zügiges Gehen, bei dem in der Regel die Arme bewusst mitgeschwungen werden. Im Unterschied zum Joggen hat man beim Walken immer mit einem Fuß Bodenkontakt. Dadurch ist die Stoßbelastung für die Gelenke geringer. Beim Nordic Walking werden zur Unterstützung des Oberkörpers zusätzlich Walking-Stöcke eingesetzt, die Ski- oder Wanderstöcken ähneln. Durch die besondere Lauf- und Stocktechnik wird ein erweitertes Training erreicht, das die Muskulatur von Brust, Schultern, Hals und Rücken mit einbezieht. Weckgerät Ein Weckgerät ist ein System, das ein Kind aufwecken soll, sobald es eine volle Blase hat. Damit soll das Kind lernen, bei voller Blase wach zu werden und auf die Toilette zu gehen, anstatt ins Bett zu machen. Das Weckgerät reagiert, sobald es erstmals Urin registriert. Dann löst es ein Warnsignal aus, z.B. ein Klingeln. Weckgeräte gegen Bettnässen gibt es in verschiedenen Varianten, etwa als Klingelhöschen, Klingelmatten oder in Form von Sensoren, die im Schlafanzug angebracht werden. Weisheitszähne Weisheitszähne sind die letzten (hintersten) Zähne auf jeder Seite des Gebisses. Die Zähne brechen als letzte der drei Mahlzähne (Molaren) durch, in der Regel erst zwischen dem 17. und 24. Lebensjahr. Häufig brechen Weisheitszähne jedoch gar nicht oder nur unvollständig durch. Dies ist der Fall, wenn nicht genügend Platz im Kiefer ist oder andere Zähne im Weg stehen. Dies wird als "Retention" (von dem lateinischen Begriff "retenere" = zurückhalten) bezeichnet. Weltgesundheitsorganisation Die Weltgesundheitsorganisation (engl. World Health Organization , WHO ) ist eine Organisation der Vereinten Nationen mit Hauptsitz in Genf, die sich auf internationaler Ebene mit Fragen der öffentlichen Gesundheit befasst. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, für alle Menschen weltweit eine bestmögliche Gesundheit zu erreichen. Gesundheit wird dabei als „ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen“ verstanden. Um dies zu erreichen, entwickelt die WHO unter anderem in gesundheitsbezogenen Bereichen Leitlinien und Standards, koordiniert Aktivitäten im Kampf gegen übertragbare Krankheiten, lanciert globale Impfprogramme und analysiert weltweite Gesundheitsund Krankheitsdaten. Die WHO im Internet: http://www.who.int/en/ Seite 104 von 108 Glossar IQWiG Werte, prädiktive Positiver prädiktiver Wert: Anteil der Personen mit positivem Testergebnis, bei denen die gesuchte Krankheit auch tatsächlich vorliegt. Negativer prädiktiver Wert: Anteil der Personen mit negativem Testergebnis, die tatsächlich frei von der gesuchten Krankheit sind. Beide Werte hängen zum einen von der Sensitivität und Spezifität des Diagnoseverfahrens, zum anderen von der Prävalenz der Erkrankung in der untersuchten Gruppe ab. Xeroderma pigmentosum Xeroderma pigmentosum (XP) ist eine sehr seltene, vererbbare Hautkrankheit, bei der die Haut extrem empfindlich auf UV-Licht reagiert (von „xero“, griechisch: trocken und „derma“, griechisch: Haut sowie von „pigmentum“, lateinisch: Farbe). Die Ursache ist ein Mangel eines ReparaturEnzyms in den Hautzellen. Dieses Enzym behebt normalerweise fortlaufend Schäden an der Erbsubstanz, die durch UV-Strahlung oder andere schädliche Reize verursacht wurden. Die Erkrankung wird umgangssprachlich auch als „Mondscheinkrankheit“ bezeichnet, da sich die Menschen nie dem Sonnenlicht aussetzen dürfen und viele nur nachts das Haus verlassen. Schon nach kurzem Aufenthalt in der Sonne reagiert die Haut mit sonnenbrandähnlichen Rötungen, die wochenlang bestehen bleiben. Später kommen Pigmentflecken und sichtbar erweiterte Hautgefäße hinzu, die Haut trocknet aus und schrumpft – deswegen wird gelegentlich auch von „LichtschrumpfKrankheit“ gesprochen. Das Hautkrebsrisiko von Menschen mit XP ist mehr als zweitausendmal so hoch wie das gesunder Menschen. Bisher kann diese Erkrankung nicht geheilt werden. Zahnfleischentzündung Anzeichen einer Zahnfleischentzündung (Fachausdruck: Gingivitis) sind Schwellung, Rötung oder Blutungen im Bereich des Zahnfleischrandes. Auslöser sind oft nicht gründlich genug entfernte Reste von Zahnbelag, in denen sich Bakterien vermehren. Zahnhals Der Zahnhals ist die Übergangsstelle vom Schmelz der Zahnkrone (dem sichtbaren Teil des Zahns) zur Zahnwurzel. Bei einem gesunden Zahn ist der Zahnhals vom Zahnfleisch bedeckt. Eine Entzündung des Zahnbetts (Parodontitis) kann jedoch dazu führen, dass sich das Zahnfleisch zurückbildet und die Zahnhälse freiliegen. Zahnschmelz Der Zahnschmelz ist die äußerste Schicht des Zahns. Er überzieht den sichtbaren Teil des Zahns, die Zahnkrone, wie eine Glasur. Der Zahnschmelz ist die härteste Substanz des menschlichen Organismus. Er besteht vor allem aus Mineralien wie Phosphat, Fluor und Kalzium. Zahnstein Als Zahnstein bezeichnet man harte Ablagerungen auf den Zähnen, die sich durch Zähneputzen nicht entfernen lassen. Er entsteht dadurch, dass sich Mineralien aus dem Speichel mit dem Zahnbelag verbinden. Zahnstein kann Entzündungen des Zahnfleischs begünstigen, weil sich auf seiner rauen Oberfläche leicht Bakterien ansiedeln können. Seite 105 von 108 Glossar IQWiG Zahnwurzel Die Zahnwurzel ist der Teil eines Zahnes, der im Ober- oder Unterkieferknochen steckt. Zähne haben unterschiedlich viele Wurzeln: Schneide- und Eckzähne haben meist eine Wurzel, Backenzähne bis zu vier. Durch die Wurzeln verlaufen auch die Zahnnerven und -gefäße. Zelle Eine Zelle ist der kleinste Baustein eines Lebewesens. Eine Zelle ist ein System, das einen eigenen Stoffwechsel hat, mit seiner Umgebung im Stoffwechselaustausch steht, sich vermehren und auf Reize reagieren kann. Eine Zelle wird von einer Zellmembran umgeben und besteht aus einem Zellkern und einem Zellleib mit Zellorganen. Die Gesamtzahl der Zellen eines erwachsenen Menschen wird auf rund 10 bis 100 Billionen geschätzt (das ist eine 1 mit 13 bzw. 14 Nullen). Zentrales Nervensystem Nach der Lage der Nervenbahnen im Körper unterscheidet man zwischen einem zentralen und einem peripheren Nervensystem. Die Funktion beider Systeme ist jedoch eng miteinander verknüpft. Das zentrale Nervensystem oder ZNS (von „centrum“, lateinisch: Mitte, Hauptsache) umfasst alle Nerven und Nervenbahnen im Gehirn und Rückenmark. Es befindet sich sicher eingebettet in unserem Schädel und dem Wirbelkanal in der Wirbelsäule. Alle anderen Nervenbahnen des Körpers gehören zum peripheren Nervensystem (PNS ). Sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem können nur zum Teil willentlich gesteuert werden. Denn das Nervensystem regelt auch Vorgänge wie die Atmung und Verdauung, die unbewusst ablaufen. Zervix Die Zervix (der Gebärmutterhals) ist der Ausgang der Gebärmutter. Er befindet sich am Ende der Scheide und enthält Schleim bildende Drüsen. Der Schleim dient zum Beispiel dazu, während einer Schwangerschaft die Gebärmutter zu verschließen und das Kind vor einer Infektion zu schützen. Zielgrößen Krankheits- oder behandlungsbedingte Veränderungen können in Bezug auf verschiedene Zielgrößen gemessen werden. Zielgrößen sind z. B. Mortalität, Morbidität und gesundheitsbezogene Lebensqualität. Eine Zielgröße umfasst meist verschiedene Endpunkte. Beispielsweise kann die Zielgröße Mortalität den Endpunkt „Gesamtsterblichkeit“ und den Endpunkt „Mortalität bedingt durch koronare Herzerkrankung“ umfassen. Morbidität kann zum einen den Endpunkt „nicht tödlicher Herzinfarkt“ und zum anderen den Endpunkt „unerwünschte Ereignisse“ umfassen. Seite 106 von 108 Glossar IQWiG Zöliakie Die Zöliakie (von „koilia“, griechisch: Bauch, Unterleib und von „koilos“ griechisch: hohl, leer) ist eine chronische Erkrankung des Dünndarms, die auf einer Überempfindlichkeit der Darmschleimhaut gegenüber Gluten beruht. Gluten ist ein Eiweiß, das in vielen Getreidesorten vorkommt, beispielsweise in Weizen, Dinkel und Roggen. Bei der Zöliakie – auch einheimische Sprue genannt – können Nährstoffe und Mineralien vom Körper nicht mehr gut aufgenommen werden, so dass es zu einer Mangelernährung kommt und die unverdaute Nahrung im Darm Beschwerden verursacht. Die Symptome können je nach Alter sehr unterschiedlich sein. Kinder bekommen oft schnell einen vorgewölbten Bauch und Durchfall mit Blähungen, wenn sie zum ersten Mal Getreideprodukte essen. Auch können sie keinen Appetit haben, sich erbrechen oder misslaunig sein. Bei älteren Kindern und Erwachsenen sind die Beschwerden viel schwächer ausgeprägt und gleichzeitig vielfältiger. Bei ihnen können beispielsweise Durchfall, starke Erschöpfung, eine verminderte Knochendichte und Eisenmangel, aber auch Depressionen, Unfruchtbarkeit oder Gelenkschmerzen auf eine Zöliakie hinweisen. Zyste Eine Zyste (von „kystis“, griechisch: „Blase“) ist ein Hohlraum im Körpergewebe, der durch eine Haut, eine sogenannte Kapsel, von der Umgebung abgetrennt wird. Diese Kapsel kann wenige Millimeter bis mehrere Zentimeter groß sein, unter Umständen mehrere Kammern enthalten und ist meist mit Flüssigkeit gefüllt. Zysten können in jedem Körpergewebe und aus ganz unterschiedlichen Gründen entstehen. So können beispielsweise chronische Entzündungen, Tumore oder Erbkrankheiten zu Zysten führen. Zystoskopie Eine Zystoskopie (von „kystis“ griechisch: Blase und „skopein“: betrachten) ist eine Blasenspiegelung, das heißt eine optische Untersuchung des Inneren der Harnröhre und der Harnblase. Dabei wird ein schlauch- oder stabförmiges Sichtgerät, ein so genanntes Zystoskop, über die Harnröhre in die Blase eingeführt. Auf diese Weise kann die Beschaffenheit der Harnröhre und der Harnblase untersucht werden. Gleichzeitig lassen sich unter anderem mögliche Engen in der Harnröhre beseitigen sowie Steine oder Polypen aus der Blase entfernen. Seite 107 von 108 Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG Im Mediapark 8 (Köln Turm) 50670 Köln Tel. 0221-35685-0 Fax 0221-35685-1 E-mail: [email protected] www.iqwig.de www.gesundheitsinformation.de Powered by TCPDF (www.tcpdf.org)