Aufgabe a) Man bestimme das gyromagnetische Verhältnis des

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A 52 GRUNDLAGEN DER NMR
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(DER KERN-ZEEMAN-EFFEKT)
Aufgabe
a) Man bestimme das gyromagnetische Verhältnis des Protons durch Messungen der
Kernresonanzfrequenzen einer protonenhaltigen Probe in einem magnetischen Feld. Man
errechne daraus das magnetische Moment des Protons, den Kern-g-Faktor, die ZeemannAufspaltung im Feld sowie die Besetzung der Energieniveaus.
b) Man bestimme die Modulationsfrequenz νm=
ωm
, mit der das Magnetfeld periodisch
2π
variiert wird.
Grundlagen
Voraussetzung zur erfolgreichen Durchführung des Versuchs ist die Kenntnis der
theoretischen Grundlagen des Kern-Zeemann-Effekts und der magnetischen Resonanz
(„Nuclear Magnetic Resonance“: NMR) (siehe Lehrbücher). Die im folgenden aufgeführten
Grundlagen können nur Hinweise geben.
Viele Elementarteilchen, darunter Protonen, Elektronen und Neutronen besitzen einen
Eigendrehimpuls (Spin). Der Spin eines Kerns setzt sich vektoriell aus den Spins der Kernbausteine,
den Nukleonen (Proton und Neutron), zusammen, wobei in vielen Fällen ein nicht-verschwindender
Gesamt-Kernspin resultiert. Der Drehimpuls unterliegt den Regeln der Quantenmechanik, die für den
r
Betrag des Drehimpulses P die Quantenbedingung
r
P = h I(I + 1)
(1)
voraussagt, wobei h ⋅ 2π = h = 6.626 ⋅ 10 −34 Js das Planck´sche Wirkungsquantum und I die
Kernspinquantenzahl ist. I kann ganz- oder halbzahlige Werte annehmen, für Protonen, also
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r
die Kerne des Wasserstoffes 1H, ist I= 1 2 . Der Eigendrehimpuls P lässt sich als Vektor
beschreiben, dessen Richtung parallel zur Drehachse ist. Da Atomkerne elektrisch geladen
r
sind, erzeugt der Drehimpuls ein magnetisches Kerndipolmoment μ , das proportional zu
r
P ist:
r
r
μ = γ ⋅P
(2)
r
μ = γ ⋅ h ⋅ I( I + 1)
(3)
und damit
γ ist eine für die Kernsorte charakteristische Konstante und heißt gyromagnetisches
Verhältnis. Kombination der Gleichungen (1) und (2) zu (3) zeigt, dass als Folge der
Drehimpuls-quantelung auch der Betrag des magnetischen Moments gequantelt ist. In
Analogie zur Behandlung des Elektronenspins wird das gyromagnetische Verhältnis oft durch
das Kern-magneton und den Kern-g-Faktor ausgedrückt:
h ⋅ γ = μN ⋅ g I
(4)
mit dem Kernmagneton μN = e·h / (2mP) = 5.051·10-27 J T-1; e ist die Elementarladung und mp
die Masse des Protons. (T (Tesla) ist das Maß für die magnetische Flussdichte in SIEinheiten, siehe auch hinten).
r
Wird der Kern mit Drehimpuls P in ein statisches Magnetfeld gebracht, so stellt die Richtung
des Magnetfeldes eine „Vorzugsrichtung“ dar und der Drehimpuls orientiert sich so, dass
seine Komponente in Feldrichtung, Pz , ein ganz- oder halbzahliges Vielfaches von h ist:
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Pz = m ⋅ h ,
Pz =
1
2
h
m =
1
(5)
Pz = h
2
m = +1
m =0
Pz = 0
Pz = − 1 2 h
m = − 12
Pz = − h
m = −1
Abb.1: Richtungsquantelung der z-Komponente des Drehimpulses für die beiden
Kernspinquantenzahlen I = ½ und I = 1
wobei die magnetische Quantenzahl m ganzzahlige Werte von −I bis +I, d.h. 2I+1 Werte,
annehmen kann (m = −I, −I+1, ...., I−1, I). Man bezeichnet dieses Verhalten als
Richtungsquantelung. In Abb. 1 sind Beispiele für die Richtungsquantelung für Kerne mit I =
1 2 und I = 1 gegeben. Damit erhält man für die Komponente des magnetischen
Dipolmoments in Feldrichtung
μz = m ⋅h ⋅γ
(6)
r
Beschreibt man das Magnetfeld durch die magnetische Flussdichte B mit den Komponenten
Bx= By= 0 und Bz= B0 (Einheit 1 T = 1 Tesla = 1 Vsm-2), so ist nach klassischer Beschreibung
r
r
das magnetische Kerndipolmoment μ mit B über das Vektorprodukt
r r r
L= μxB
(7)
r
verknüpft, wobei das Feld ein Drehmoment L verursacht, das das magnetische
r
Kerndipolmoment in Feldrichtung auszurichten versucht. Dabei dreht sich der Dipol μ nicht
einfach in die Feldrichtung, sondern versucht nach den Kreiselgesetzen (da der Kern ja auch
r
einen Drehimpuls P hat) senkrecht zu der auf ihn wirkenden Kraft auszuweichen und
r
präzediert dann um B (Abb. 2).
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r
B
r
L
r
μ
r
r
Abb: 2: Präzession des magnetischen Kerndipolmoments μ um B
r
r
Mit μ präzediert der Drehimpuls P des Kerns mit der sog. Larmor-Frequenz (ω in rad·s-1, ν
r
in s-1) um B
ω0 = 2πν0 = γ·B0
(8)
Im Unterschied zum klassischen Kreisel sind aber für den präzedierenden Kern wegen der
r
Richtungsquantelung (Abb.1) nur bestimmte Winkel zu B erlaubt. Weiterhin ist die Energie
des magnetischen Dipols im Magnetfeld durch
E = − μz B0 = − m γ h B0
(9)
gegeben. Damit ergeben sich für einen Kern 2I+1 Energiezustände im Feld, die als KernZeeman-Niveaus bezeichnet werden. Die Energiedifferenz zwischen den Niveaus ist
proportional zu B0 (siehe Abb. 3). Für das Proton erhält man entsprechend der beiden Werte
m = +1/2 und m = −1/2 zwei Energiewerte Eα und Eβ
Eα = E + 12 = − 1/2 γ h B0
(10)
Eβ = E − 12 = + 1/2 γ h B0
wobei im α-Zustand μz parallel zur Feldrichtung steht (energetisch günstigste Anordnung), im
Zustand ß antiparallel:
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m = − 1 2 (β - Zustand)
E
ΔE
0
m = +1 2 (α - Zustand)
B0
B
Abb. 3: Kern-Zeemann-Aufspaltung ΔE im Magnetfeld B0
Die Aufspaltung der Energiezustände und die damit verbundenen „Resonanzeffekte“ bei
Übergängen zwischen den Energieniveaus bilden die physikalische Grundlage der NMRSpektroskopie.
Bezeichnet man die Zahl der Kerne in den jeweiligen Niveaus mit N, ist die Besetzung zweier
Nachbarniveaus α und β nach der Boltzmann-Verteilung durch
Nβ /Nα = exp(−ΔE/kT) ≈ 1 − ΔE/kT = 1 − γ h B0/kT
(11)
gegeben, wobei k = 1.3805⋅10-23 J K-1 die Boltzmann-Konstante und T die absolute
Temperatur ist (wegen ΔE << kT ist die lineare Nährung in Gl. (11) erlaubt). Im
Kernresonanz-experiment werden Übergänge zwischen den Niveaus erzeugt, indem über eine
„Sendespule“ Energie der Frequenz
ΔE = h ω0 = γ h B0
(12)
eingestrahlt wird. Nach den aus der Quantenmechanik folgenden Auswahlregeln sind nur
Übergänge mit Δm = 1 erlaubt. Die entsprechende Frequenz liegt im Hochfrequenzbereich,
d.h. im Vergleich zu anderen Spektroskopiearten (wie z.B. UV, VIS oder IR) bei sehr
niedrigen Frequenzen. Die magnetische Kernresonanz (NMR) ist damit eine Spektroskopieart
bei sehr niedrigen Energien und daher gilt auch ΔE << kT, man spricht von „Radiofrequenzspektroskopie“.
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Schließlich ist für das Experiment noch von Wichtigkeit, dass nach der Einstrahlung von
Energie der Besetzungsunterschied aufgehoben wird. Damit wäre das System „gesättigt“ und
nach einiger Zeit keine Absorption mehr beobachtbar, wenn nicht Relaxationsprozesse
stattfänden, durch die das System die Tendenz erhält, wieder zur ursprünglichen Verteilung
zurückzukehren.
Durchführung
Messprinzip:
In der speziellen hier angewandten Form des Kernresonanzexperiments (Anordnung siehe
Abb. 4) werden in einem Oszillator elektromagnetische Wellen im Radiofrequenzbereich
erzeugt. Die Wasserstoff (Protonen)-haltige Probe (hier Glycerin) befindet sich im
Magnetfeld innerhalb einer Spule, die über eine Hochfrequenzbrücke mit dem Sender
verbunden ist. Die Brücke ist so abgeglichen, dass kein Strom fließt. Tritt Resonanz auf, wird
von der Spule Energie an die Probe abgegeben, dadurch ändert sich der
Wechselstromwiderstand der Brücke und der Resonanzfall wird nachweisbar.
Abb. 4: Schematische Darstellung des Versuchaufbaus.
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Dazu wird die Frequenz des Hochfrequenzgenerators in die Nähe der Resonanzfrequenz
gebracht, und das Feld durch eine zusätzliche sinus-förmige Modulation B(t) = Bm+ΔB
sin(ωmt) in einem gewissen Bereich um den Mittelwert Bm periodisch durchgefahren
(„durchgesweept“). Entspricht für die eingestellte Frequenz der Momentanwert des Felds zur
Zeit t, B(t), gerade der Resonanzfeldstärke B0= 2πν0/γ nach Gleichung (8), erscheint ein
Signal im Oszilloskop. Wegen des periodischen Durchgangs durch die Resonanz wird man
also im Oszilloskop eine Serie von Linien sehen (siehe Abb. 5 und Erläuterungen). Entspricht
die Resonanzfeldstärke B0 genau dem Mittelwert Bm, sind diese Linien äquidistant. In diesem
Fall zeigt der Frequenzzähler die exakte Resonanzfrequenz an.
Zur Inbetriebnahme sind die Netzstecker von Oszilloskop, Stromversorgung der
Modulationsspulen, Stromversorgung der zusätzlichen Magnetspulen, des
Hochfrequenzgenerators und des Frequenzzählers einzustecken und die Schalter „power“
dieser vier Geräte auf „on“ zu bringen.
Oszilloskop: günstigerweise wird mit einer „time-base“ von 10 ms/cm und einer y-Amplitude
von 1 V gearbeitet.
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a)
B2
Bm
B0
B1
A
B
C
D
t
t
b)
B2
Bm
B1
B0
A
B
C
t
t
Abb. 5: Durch eine sinus-förmige Modulation wird das Feld um einen Mittelwert Bm
zwischen einem oberen Wert B1 und unteren Wert B2 variiert, d.h. ΔB = B2−B1.
Entspricht der Momentanwert B(t) gerade der Resonanzfeldstärke B0= 2πν0/γ, tritt
Energieabsorption auf. Dies ist in den Punkten A, B, C, D, usw. der Fall, so dass im
Oszilloskop das in Abb. 5a skizzierte Bild zu sehen ist. Fällt B0 gerade mit Bm
zusammen, so sind die Punkte A, B, C, D äquidistant, siehe Abb. 5b.
NMR-Stromversorgung („power supply“): Die Modulation ist einzuschalten („on“).
Drehknöpfe „Modulation“ und „H.T.“ sollen so eingestellt sein, dass schwarzer und weißer
Strich zur Deckung kommen.
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Frequenzmessgerät: Knopf „Frequenz A“ gedrückt
Knopf „kHz“ eindrücken.
Stromquelle zur Feldvariation: Vor Einschalten des Gerätes darauf achten, dass das
Potentiometer auf 0 eingestellt ist und die zu den Zusatzmagnetspulen führenden Kabel ihrer
Farbe entsprechend angeschlossen sind. Der pro Skaleneinheit einstellbare Strom entnehme
man dem am Arbeitsplatz liegenden Datenblatt.
Messung:
Man stelle die Frequenz mit dem Drehschalter „FINE TUNE“ auf der Oberseite des
Oszillators auf 15000 kHz (entspricht: 15 MHz) ein. Falls die Frequenzanzeige den Wert Null
anzeigt, wird der Drehschalter „OSZILLATOR FEEDBACK“ soweit nach rechts gedreht, bis
die Frequenz am Zähler gerade erscheint. Nun erhöhe man mit dem Schalter „FINE TUNE“
die Frequenz langsam, wobei u.U. der Schalter „FEEDBACK“ so nachzuregulieren ist, dass
die Frequenz am Zähler sichtbar ist, das Rauschen auf dem Schirm jedoch minimiert ist. Das
zunächst erscheinende Absorptionssignal entspricht demjenigen in Abb. 5a. Danach
verändere man durch vorsichtiges Drehen die Frequenz bis der Abstand der Peaks äquidistant
wird (vgl. Abb 5b), und lese die Frequenz ab. Für Teilaufgabe b) benötigt man den zeitlichen
Abstand dreier aufeinanderfolgender Peaks. Dieser kann mit Hilfe der „time-base“ des
Oszilloskops berechnet werden. Beide Vorgänge wiederhole man für eine bessere Statistik 10
mal.
Danach verändere man den durch die zusätzlichen Spulen fließenden Strom mit Hilfe der
Stromquelle zur Feldvariation und wiederhole den oben beschriebenen Messvorgang. Dabei
soll der Strom in 100 mA Schritten in einer messtechnisch sinnvollen Reihenfolge verändert
werden, bis zu einem Maximalstrom von 1 A (z.B. 100, 300 ,..., 900, 200, 400, ..., 1000 mA).
Danach ist das Potentiometer auf „Null“ zu stellen, die Stromquelle auszuschalten und die
Polung der Zuleitungen an der Stromquelle zu vertauschen (roter Stecker in schwarze
Gerätebuchse und schwarzer Stecker in rote Gerätebuchse). Die gesamte Messung ist zu
wiederholen.
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Anfänger
Versuchsanleitungen zum Praktikum Physikalische Chemie für
Auswertung
a) Man bestimme aus der abgelesenen Frequenz ν0 in Hz zunächst die Kreisfrequenz ω0.
Danach trage man die Kreisfrequenz ω0 als Funktion des jeweils eingestellten Magnetfeldes
auf. Für I = 0A ist das Magnetfeld B0= 0.432398 T und läßt sich in positiver und negativer
Richtung um 2.8112 mT pro Ampere verändern (einstellbare Stromwerte: Siehe Datenblatt
am Arbeitsplatz). Durch diese Auftragung kann aus der Steigung mit Hilfe der
Resonanzbedingung (8) das gyromagnetische Verhältnis berechnet werden. Weiter errechne
man den Kern-g-Faktor und diskutiere die Unterschiede zwischen dem Kern-g-Faktor und
dem g-Faktor des Elektrons. Man bestimme das magnetische Moment des Protons und die
Zeemann-Aufspaltung ΔE im Feld B0. Schließlich bestimme man das Verhältnis der
Besetzungszahlen der beiden Niveaus und diskutiere das Ergebnis.
b) Aus den zeitlichen Abständen dreier aufeinanderfolgender Peaks berechne man die
Frequenz νm der sinus-förmigen Modulation des Magnetfeldes.
Was man wissen sollte
Quantisierung des Drehimpulses, Richtungsquantelung, Zeeman-Effekt, kernmagnetische
Resonanzbedingung, Aufbau eines Kernresonanzspektrometers, chemische Verschiebung,
wichtigste Anwendungen der magnetischen Kernresonanz.
Lehrbücher:
Atkins, P.W.: Physical Chemistry, Oxford University Press
Günther, Harald: NMR-Spektroskopie, Eine Einführung in die Protonenresonanz-Spektroskopie und ihre Anwendungen in der Chemie, Georg Thieme Verlag Stuttgart (*)
Friebolin, Horst: Ein und zweidimensionale NMR-Spektroskopie, Eine Einführung
VCH Verlagsgesellschaft (*)
Harris, Robin K: Nuclear Magnetic Resonance Spectroscopy, Longman Scientific&Technical (*)
(*) Diese Bücher sind in der Praktikumsbibliothek vorhanden.
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