Einführung in die Physik I Wärmelehre/Thermodynamik Wintersemester 2007 Vladimir Dyakonov #9 am 23.01.2007 Folien im PDF Format unter: http://www.physik.uni-wuerzburg.de/EP6/teaching.html Raum E143, Tel. 888-5875, eMail: [email protected] Frage des Tages Halten Sie das Gummiband lose mit den beiden Händen und fühlen Sie seine Temperatur mit den Lippen. Nun ziehen Sie das Gummiband plötzlich auseinander und spüren erneut mit den Lippen seine Temperatur. Sie sollten einen Temperaturanstieg wahrnehmen. Erklären Sie den Temperaturanstieg. • Durch das plötzliche Anspannen des GB, hat die Wärme keine Zeit, ins System hinein- oder aus dem System herauszufließen. • => ∆Q=0 • Wir leisten Arbeit am System, führen Energie zu (=>1. HS) • Innere Energie U nimmt zu => U=3/2kT => T steigt 1 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik d) Adiabatischer Prozess (Q = constant) ∆U = ∆W • dQ ≡ 0 ! • Hierbei findet kein Austausch von Wärmeenergie mit der Umgebung statt ! bei schnellen Änderungen von V, p (Wärmeaustausch hängt nach) bei thermischer Isolation - T Thermische Isolation Luftpumpe 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik d) Adiabatischer Prozess (Q = constant) • dQ ≡ 0 ! ∆U = ∆W (Z. B. schnelle Änderungen von V, p bei Schallwellen) • dU = - p dV = CV dT mit p V = R T folgt: - R (1 / V) dV = CV (1/T) dT Integration: CV ln T = -R ln V + const. 2 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik d) Adiabatischer Prozess (dQ = 0) 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik d) Adiabatischer Prozess (dQ = 0) dU = dQ + dW = dW = − pdV C p pdV + CV dpV = 0 mit dU = νCV dT und pV = vRT → dpV + pdV = vRdT nach dT lösen dT dpV + pdV vR 1 1 1 , , CV V p C p dV dp + =0 CV V p mit γ ≡ Cp CV und ∫ dT ersetzen γ ln V + ln p = const ⎛ dpV + pdV ⎞ vCV ⎜ ⎟ + pdV = 0 vR ⎝ ⎠ ln pV γ = const (CV + R ) pdV + CV dpV = 0 pV γ = const 3 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik d) Adiabatischer Prozess (dQ = 0) Erinnerung: CP - C V = R Adiabatenindex γ = CP / CV T ⋅ V γ −1 = const. p ⋅ V γ = const. Adiabatengleichung/ Poissongleichung 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik Einschub: „T-P“ Zusammenhang kann ebenfalls gezeigt werden 4 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik d) Adiabatischer Prozess (dQ = 0) 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik d) Adiabatischer Prozess (Q = constant) In einem p-V-Diagramm verlaufen die Adiabatenkurven p(V)~1/Vγ steiler als die Isothermen p(V)~1/V, da γ = CP / CV > 1 gilt. Adiabatischer Prozess: Fahrradpumpe 5 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik Nebenbemerkung: Die in der Realität vorkommenden Zustandänderungen verlaufen meist weder isotherm noch adiabatisch. Solche polytropen Zustandsänderungen verlaufen zwischen diesen beiden Grenzfällen, d.h. bei polytropen Zustandsänderungen kann Wärme teilweise mit der Umgebung ausgetauscht werden: p Vn = konstant mit 1 < n < γ isotherm adiabatisch 10.7 Anwendungen des 1. Hauptsatz der Thermodynamik Zustandsänderungen sind auf verschiedenen Wegen möglich. Dabei werden unterschiedliche Wärmemengen ausgetauscht und unterschiedlich viel Arbeit verrichtet Zustandsänderung von A nach B p A dU A→B = δ Q1 + δ W1 T B dU B → A = δ Q 2 + δ W 2 V Geht man den einen Weg von A nach B hin und den anderen Weg zurück, kann Wärme in Arbeit umgewandelt werden: → Kreisprozeß: Da δQ und δW keine Zustandsgrößen sind, kann Wärme δQ in Arbeit δW verwandelt werden 6 10.8 Entropie & 2. Hauptsatz der Thermodynamik • In welcher Richtung laufen Umwandlungsprozesse von mechanischer Arbeit und Wärmeenergie ab ? • Welcher Bruchteil der Wärmeenergie eines Systems kann in mechanische Energie umgewandelt werden ? • Kann mechanische Energie vollständig in Wärmeenergie umgewandelt werden ? • Aus bisheriger Erfahrung wissen wir, dass gewisse Umwandlungsprozesse nicht-umkehrbar (irreversibel) ablaufen: -Wärme fließt vom wärmeren zum kälteren Körper, nie umgekehrt - Mechanische Arbeit kann vollständig über Reibung in Wärmeenergie umgesetzt werden, nicht aber Wärmeenergie in mechanische Energie 10.8 Entropie & 2. Hauptsatz der Thermodynamik Prozesse, die nur in eine Richtung ablaufen, nennt man „irreversibel“; d.h. die Prozesse können durch kleine Änderungen in der Umgebung nicht rückgängig gemacht werden können Aber: Keiner dieser Prozesse würde die Energieerhaltung verletzen ! Und: In einem abgeschlossenen System lässt sich aus dem Energieerhaltungssatz keine Richtung für irreversible Prozesse ablesen Gesucht: (Thermodynamische) Größe, die ein Maß für die (Ir)reversiblität darstellt 7 10.8 Entropie (Verwandlungsgröße) • Richtung eines Prozesses ist durch eine Eigenschaft des Systems bestimmt die man als Entropie S bezeichnet Entropiepostulate (1. mögliche Formulierung des 2. Hauptsatzes): (1) Findet in einem abgeschlossenen System ein irreversibler Prozess statt, so nimmt die Entropie S dieses Systems immer zu ∆S > 0 (2) Findet in einem abgeschlossenen System ein reversibler Prozess statt, so bleibt die Entropie S dieses Systems konstant ∆S = 0 (3) Die Entropie nimmt niemals ab ! 10.8 Entropie (Verwandlungsgröße) Wichtig: -Die Entropie, im Gegensatz zur Energie, genügt keinem Erhaltungssatz - Energie eines abgeschlossenen Systems ist eine Erhaltungsgröße - Entropie eines abgeschlossen Systems nimmt bei irreversiblen Prozessen immer zu - Entropie ist eine Zustandsgröße und ihre Änderung ist nur von ihrem Anfangs- und Endzustand abhängig Wichtig: Entropieänderungen definieren den Zeitpfeil 8 10.8 Entropie • Es gibt 2 Ansätze die Entropieänderungen eines Systems zu definieren: (1) durch die Temperatur und die aufgenommene bzw. abgegebene Wärme eines Systems (2) statistische Interpretation Definition der Entropieänderung: e ∆S = S e − S a = ∫ a dQ T - Q = vom System aufgenommene/abgegebene Wärmeenergie - T = Temperatur des Systems in Kelvin (immer +) → Vorzeichen von ∆S und Q identisch 10.8 Entropieänderung • Freie Expansion eines Gases geschlossener offener Hahn p Gas Vakuum Gas a Gas e Gleichgewichtszustand am Anfang Gleichgewichtszustand am Ende V Wärmeisolierung • Ua = Ue, d.h ∆U = 0 • Problem: System durchläuft keine definierten Gleichgewichtswerte d.h. es können keine Zwischenzustände angegeben werden. 9 10.8 Entropieänderung • Freie Expansion eines Gases: Beschreibung durch reversiblen Ersatzprozess, bei dem die Zwischenzustände (p, V) angegeben werden können Gleichgewichtszustand am Anfang Wärmebad T Q Gleichgewichtszustand am Ende Wärmebad T Stempel Gas Gas reversible isotherme Ausdehnung p a T Isotherme e V 10.8 Entropieänderung • Freie Expansion eines Gases: Beschreibung durch reversiblen Ersatzprozess e ∆S = S e − S a = ∫ a e dQ 1 Q = ∫ dQ = T T a T Entropieänderung, isotherme Ausdehnung Fazit: Zur Bestimmung der Entropieänderung bei einem irreversiblen Prozess in einem abgeschlossenen System kann man diesen Prozess durch irgendeinen anderen reversiblen Prozess mit demselben Anfangs- und Endzustand ersetzen und somit berechnen, s.o. ! 10 10.8 Entropie: Statistische Deutung • Entropie ∆S=∆Q/T ist eine aus makroskopischen Größen errechnete Maßzahl, mit der man reversible von irreversiblen Zustandsänderungen unterscheiden kann • Ein Prozess in einem geschlossenen System ist nur dann ohne Energiezufuhr von außen rückgängig zu machen, wenn die Bilanz der Änderungen der Entropie zwischen Anfangs- und Endzustand null ist 10.8 Entropie: statistische Interpretation • Entropie ist ein Maß für die thermodynamische Wahrscheinlichkeit eines Systems • Atomistisch gedeutet hat diese Wahrscheinlichkeit etwas mit der Anordnung der Teilchen im System zu tun • Als sinnvolles Maß zur Beschreibung der Ordnung, und damit der Wahrscheinlichkeit eines Zustands, definierte Ludwig Boltzmann die Entropie: S = k lnP P = Wahrscheinlichkeit für einen Makrozustand des Systems k = Boltzmann-Konstante d.h. die Entropie eines Zustands ist der Logarithmus der Wahrscheinlichkeit diesen Makrozustand anzutreffen Sie gibt ein Kriterium für sich selbst einstellende Gleichgewichte: Das System stellt sich so ein, dass die Entropie maximal wird. 11 10.8 Entropie: Statistische Deutung Entropie ist eine additive Zustandsgröße: Die Wahrscheinlichkeit für den Zustand von 2 voneinander unabhängigen Systemen ist das Produkt der Wahrscheinlichkeit der Zustände der einzelnen Systeme. P = P1⋅ P2 S = k ⋅ ln(P1⋅ P2) = k ⋅ lnP1+k ⋅ lnP2 S = S1+ S2 Die Entropie ist eine additive Zustandsgröße, wie z. B. die Energie eines Systems. 10.8 Entropie in Aktion: Carnotscher Kreisprozeß (Gedankenexperiment, 1824): • Carnot-Prozess stellt die Arbeitsläufe einer Wärmekraftmaschine dar • Wichtiger (idealisierter) Prozess (ideales Gas, reversible Zustandsänderungen) , da sich mit ihm die Grenzen der Umwandelbarkeit von Wärme in Arbeit aufzeigen lassen • Carnot-Prozess setzt eine obere Grenze für die Arbeitsfähigkeit realer Maschinen • System des idealen Gases durchläuft durch Expansion und nachfolgender Kompression zwei isotherme und zwei adiabatische Prozesse um dann wieder am Ausgangszustand zurückzukommen p ∆ Q1 (4) ∆ Q3 (1) (2) (3) V 1796-1832 12 10.8 Entropie in Aktion: Carnotscher Kreisprozeß Frage: Was ist längs einer Adiabaten konstant ? - Alle Prozesse reversibel - Es geht keine Energie durch Reibung, Turbulenzen oder Ähnlichem verloren 13