S T O F F W E C H S E L + E N E R G I E H A U S H A LT Grundlagen des Zellstoffwechsels Enthalpie und Entropie. Die Wärmeenergie, die bei der Verbrennung von Glucose (s. Abb. 170.1) an die Umgebung abgegeben wird, ist gleich der Differenz des Energieinhalts (innere Enthalpie) der Ausgangsstoffe und der Endprodukte der Reaktion. Diese Reaktionswärme wird nur beim Verbrennen als Wärme frei (Abb. 152.1). In der Zelle kann sie Nutzarbeit leisten. Daher nennt man sie besser Enthalpieänderung DH. Die molare Enthalpieänderung der Verbrennung von Glucose beträgt also DH = − 2820 kJ. Das negative Vorzeichen sagt aus, dass Energie bei der Verbrennung an die Umgebung abgegeben wird. Beim Verbrennen von Glucose verschwindet deren hoch geordnete räumliche Struktur und es entstehen je Glucose zwölf kleine Moleküle (CO2, H2O) in Form von Gasen mit geringem Ordnungsgrad. Auch das ist eine Art Energiefreisetzung. Die Entstehung von Ordnung oder von Unordnung bei einer Reaktion muss also bei genauer Betrachtung in die Energieüberlegung mit einbezogen werden. Wird Ordnung hergestellt, so ist dafür Energie aufzuwenden. Entsteht – wie bei der Verbrennung von Glucose – Unordnung, so wird mehr Energie frei, als der im Kalorimeter gemessenen Reaktionswärme (Enthalpieänderung) entspricht. Dem trägt man Rechnung durch Einführung der Größe Entropie. Wie bei der Enthalpie kann man aber keinen absoluten Wert, sondern nur eine Differenz, die Entropieänderung DS angeben. Beim Glucose-Abbau treibt die Zunahme der Entropie die Reaktion zusätzlich in Richtung der einfachen Moleküle. Wenn Wasser verdunstet, gehen Moleküle in die ungeordnete Gasphase über; die Entropie nimmt zu. Daher läuft die Reaktion ab, obwohl die Auflösung der Molekülverbände des flüssigen Wassers Wärmeenergie benötigt.Verdunstung von Wasser führt daher zur Abkühlung (»Verdunstungskälte«). – + elektrische Zündung Rührer Thermometer Isolierung Wasser Brennkammer mit Sauerstoff gefüllt (unter Überdruck) Bombe Gefäß mit Probe (organischer Stoff, dessen Energiegehalt gemessen wird) Abb. 152.1: Schema eines Kalorimeters. Die bei der Verbrennung freiwerdende Wärmemenge erwärmt das umgebende Wasser. Eine Temperaturerhöhung um 1 °C je Liter Wasser entspricht 4,19 kJ (= 1 kcal). 152 Den Energiebetrag, den eine bestimmte Glucosemenge maximal zur Verrichtung von Arbeit zur Verfügung stellen könnte, bezeichnet man als maximale Nutzarbeit. Dieser Wert kann unter tatsächlichen Bedingungen nicht erreicht werden, da stets Wärmeverluste auftreten. Die Enthalpieänderung DH einer Reaktion ist zusammengesetzt aus der maximalen Nutzarbeit DG und der temperaturabhängigen Entropieänderung: DH = DG + TDS oder: DG = DH – TDS Beim Glucoseabbau ist DH negativ (Freisetzung von Energie, bei vollständigem Abbau von 1 Mol: –2820 kJ) und DS positiv (Zunahme der Entropie, TDS bei Zimmertemperatur + 55 kJ). Daher ist DG negativer als DH (− 2875 kJ), der Betrag der maximalen Nutzarbeit ist infolge der Entropiezunahme höher als der DH-Wert. Wenn Zellen Arbeit verrichten, z. B. sich bewegen oder Stoffe umsetzen, kann Wärmeenergie nicht genutzt werden. Wärmeenergie kann nur dann Arbeit verrichten, wenn ein Temperatur- und Druckgefälle besteht. Dies zeigen die Wärmekraftmaschinen (Dampfmaschine), bei denen ein Teil der Wärmeenergie in mechanische Arbeit umgewandelt wird. Bei Reaktionen, die unter Energiefreisetzung ablaufen, erhält DG ein negatives Vorzeichen, weil die Energie vom System abgegeben wird. Man nennt solche Reaktionen exergonische Reaktionen. Diese laufen »freiwillig« ab. Umsetzungen, die der Energiezufuhr bedürfen, nennt man endergonisch; ihr DG-Wert ist positiv. Ist die Entropieänderung DS positiv, so nimmt die Unordnung zu, ist DS negativ, so nimmt der Ordnungsgrad zu. Bringt man zwei Körper verschiedener Temperatur zusammen, so erfolgt ein Temperaturausgleich. Dieser Vorgang ist nicht umkehrbar (irreversibel), d. h. Wärme geht nicht von selbst von einem kälteren auf einen wärmeren Körper über, obwohl dies nach dem Energieerhaltungssatz möglich wäre. Ebenso sind Diffusionsvorgänge irreversibel. Auch der Nichtumkehrbarkeit dieser Reaktionen trägt die Entropiegröße Rechnung; sie nimmt bei irreversiblen Reaktionen zu. Im Organismus kommt es durch die Stoffwechselreaktionen nicht zu einer Zunahme der Entropie, sondern es wird die Ordnung, z. B. der Zellen, aufrechterhalten. Wenn ein Lebewesen durch Vermehrung der Zahl der Zellen (mit geordneten Strukturen) wächst, wird die Ordnung sogar vermehrt. Die Lebewesen nutzen aber die Energie des Sonnenlichts oder der organischen Nahrung, überführen sie letztlich in die qualitativ »schlechtere« Energieform der Wärme (mit höherer Entropie) und geben sie ab. Lebewesen bauen ihre Ordnung auf, indem sie die Entropie in ihrer Umgebung vermehren. ■