Projekt - ITP, TU Berlin

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Technische Universität Berlin
Fakultät II Mathematik und Naturwissenschaften
Institut für Theoretische Physik
Projekt
im Rahmen der Vorlesung
Theoretische Physik VI: Statistische Physik II
zum Thema
Maxwellscher Dämon, Landauers Principle,
Thermodynamics and Information
Name:
Molnos
Vorname:
Sonja
Matrikelnr.: 320672
Röhm
André
320680
Schiersch
Maren
320996
Sommersemester 2012
Inhaltsverzeichnis
1 Idee und Geschichte des Maxwellschen Dämons
1
2 Lösungsversuche des Paradoxon
2
2.1
Mechanischer Dämon von Smoluchowski . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2
2.2
Leó Szilárd 1929 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2.3
Léon Brillouin, 1951 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
4
2.4
Rolf Landauer und Charles Bennett 1961/1982 . . . . . . . . . . . . . . . .
5
3 Landauer-Prinzip
6
4 Brownsches Teilchen im bistabilen Potential
9
5 Sagawa und Ueda (2008)
15
6 Zusammenfassung
17
Quellenverzeichnis
19
1
Idee und Geschichte des Maxwellschen Dämons
Der Maxwellsche Dämon ist ein 1871 mit dem Buch „Theory of Heat“ veröffentlichtes
Gedankenexperiment des schottischen Physikers James Clerk Maxwell (1831 – 1879) um
den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik zu entkräften bzw. ihn in Frage zu stellen.
Das Dilemma, das aus diesem Gedankenexperiment resultierte, wurde von vielen namhaften Physikern bearbeitet und führte mehrfach zu neuen Erkenntnissen. Es eröffnete den
Zusammenhang von Information und Energie: Die Mindestenergie E, um n Bit Information zu verarbeiten, beträgt E = nkB T ln 2.
Das ursprüngliche Gedankenexperiment besteht aus zwei thermisch isolierten Kästen mit
Gas von zunächst gleicher Temperatur. Die beiden Behälter sind durch ein kleines Loch
miteinander verbunden, das mit einer Klappe verschlossen werden kann. Das Loch ist so
schmal, dass üblicherweise nur ein einziges Molekül hindurchfliegen wird, sofern die Klappe
offen ist. Die Klappe wird nun von einem Dämon bedient, der sich die einzelnen Moleküle,
die auf das Loch zufliegen, anschaut. Die Bezeichnung ’Dämon’ erhielt er erst später für
seine ’übernatürlichen’ Fähigkeiten.
Der Dämon misst Position und Geschwindigkeit der Moleküle und fungiert als Türwächter.
Er öffnet und schließt nun die Verbindungstür so, dass sich die schnellen Moleküle in der
einen und die langsamen Moleküle in der anderen Hälfte des Behälters sammeln. Auf diese
Weise werden die schnellen von den langsamen Molekülen separiert und die eine Hälfte
des Behälters kühlt ab, während die andere Hälfte des Behälters wärmer wird. Maxwell
geht bei diesem Experiment von idealen Bedingungen aus, wobei weder die Messung noch
das Öffnen und Schließen der Klappe Energie verbraucht. Der Dämon schafft Ordnung
(Entropie sinkt) in Form einer Temperaturdifferenz, durch die eine Wärmekraftmaschine
betrieben werden könnte. Damit wäre ein Perpetuum mobile gefunden und der Zweite
Hauptsatz der Thermodynamik verletzt.
Abbildung 1: Gedankenexperiment vom Maxwellschen Dämon, Abbildungsquelle: Htkym, 2007, CC by 3.0, wikimedia.org
1
Damit hatte Maxwell ein tiefgreifendes Problem aufgeworfen. Es ließ sich zwar erklären, warum thermodynamische Prozesse spontan in ihrer „natürlichen“ Richtung ablaufen.
Warum es aber nicht möglich sein sollte, solch einen Prozess mit geschicktem Einsatz
technischer Mittel auch in umgekehrter Richtung zu erzwingen, war damit nicht zu erklären. Der zweite Hauptsatz, der nur ein Erfahrungssatz ist, verlangt aber genau diese
Irreversibilität. Obgleich Maxwell von einem Modell ausging, bei dem innerhalb eines Systems alle Variablen bekannt sind, wird das Dilemma, das aus diesem Gedankenexperiment
resultiert, bis in die Gegenwart von Physikern diskutiert [Lef90], [Max].
2
2.1
Lösungsversuche des Paradoxon
Mechanischer Dämon von Smoluchowski
Im Gegensatz zu dem reinen Gedankenexperiment von Maxwell gab es auch ernsthafte
Vorschläge für die mechanische Realisierung eines solchen Dämons. Dabei wird versucht,
durch geschickte Falltüren, Federn, Ratschen oder ähnliches, die Gasteilchen nach ihrer
Geschwindigkeit zu separieren.
So entwarf Smoluchowski ein Gerät, bei dem die thermisch isolierten Behälter durch eine
Falltür verbunden sind, die sich nur zu einer Seite öffnen lässt. Die Klappe wird mit einer Feder geschlossen gehalten. Schnelle Moleküle können sich jedoch der Klappe nähern
und sie aufstoßen. So entsteht ein Temperaturgradient, wie bei Maxwells Gedankenexperiment. Es stellt sich aber heraus, dass ein rein mechanischer Dämon nicht funktioniert.
Auf Grund von mehreren statistischen brownschen Stößen wird die Klappe auch manchmal ohne schnelle Teilchen geöffnet. So können Moleküle wieder zurückgelangen. Für eine
echten Maxwellschen Dämon braucht es also jemanden, der sich die Teilchen anschaut und
eine Messung vornimmt.
Abbildung 2: Smoluchowskis Modell des Maxwellschen Dämons [Nor11].
2
2.2
Leó Szilárd 1929
Der ungarische Wissenschaftler Szilárd vereinfachte das Modell zunächst radikal, indem
er es auf ein einzelnes Molekül in einem Kasten reduzierte. Das Molekül befindet sich
entweder links oder rechts der Mitte, seine Position ist anfangs unbekannt (Abb. 3(a)).
Dann bringt Maxwells Dämon eine Trennwand in die Mitte des Behälters ein (b) und misst
die Position des Moleküls - entweder befindet es sich im rechten oder linken Behälter. Er
speichert die Information. Abhängig von dieser Messung befestigt der Dämon ein Gewicht
an der Seite der Trennwand, wo sich das Molekül befindet (c). Die isotherme Expansion
des Gases bewirkt das Heben der Last und verrichtet folglich Arbeit. Dabei wird Wärme
aus der Umgebung aufgenommen, so dass die Temperatur gleich bleibt. Die Expansion
ergibt eine Arbeit W = Q von
Z
V
kB T
V /2
1
dV = kB T ln 2.
V
Das Gebilde arbeitet folglich wie ein Kolben (d) und es bildet sich ein Zyklus. Für jeden
Zyklus muss der Dämon eine Messung vornehmen, indem er eine Hälfte des Behälters
beobachtet und feststellt, ob das Molekül drin ist oder nicht. Durch die Messung wird
eine binäre Information gewonnen. Diese Information muss aber zumindest kurzfristig in
einem Gedächtnis oder Speicher festgehalten werden. Der Faktor kB T ln 2 bekommt die
Bezeichnung „1 bit“.
Der Maxwellsche Dämon hatte somit zur Grundlage der Informationstheorie beigetragen.
Allerdings ist auch hier der zweite Hauptsatz der Thermodynamik verletzt. Als Folge
der Umwandlung der Wärme Q in Arbeit W wurde die Entropie des Wärmebades um
Q/T = W/T = k ln 2 verringert. Szilárd postulierte, dass die thermodynamische EntropieB
verringerung nur durch eine Entropieerzeugung von gleichem Betrag durch die Messung
ausgeglichen werden kann. Den Betrag dieser Entropie S berechnet Szilárd aus den thermodynamischen Vorgängen als eine grundlegende Größe zu S = kB ln2, lange bevor Shannon
die Informationstheorie 1948 begründete [KMV08].
3
Abbildung 3: Prinzip des Models von Szilárd [KMV08].
2.3
Léon Brillouin, 1951
Brillouin beschäftigte sich mit der Frage wie der Dämon die Messung durchführt und untermauerte Szilárds Behauptung noch weiter. Er betrachtete eine Abtastung des Moleküls
mit Licht um dessen Geschwindigkeit zu messen. Unter Berücksichtigung der Quantennatur des Lichts berechnete er die Wechselwirkung des Moleküls mit einem Photon durch
Stöße.
Brillouin konnte nun zeigen, dass bei dieser Informationsbeschaffung eine Entropiezunahme einhergeht, sodass der zweite Hauptsatz nicht verletzt wird. Weiterhin sah Brillouin
die Photonen als Übermittler von Information und postulierte erstmals einen direkten Zusammenhang zwischen der von Shannon eingeführten Entropie der Information und der
thermodynamischen Entropie [KMV08].
Abbildung 4: Karikatur des Maxwellschen Dämons, die die Messung mittels
Licht betont [Lef90].
4
2.4
Rolf Landauer und Charles Bennett 1961/1982
Landauer und Bennett änderten erneut die Sichtweise auf die Funktionsweise des Dämons
und betrachteten die Rolle der Informationsspeicherung. Landauer untersuchte den Prozess
des Löschens einer Information und führte ein neues Konzept der „logischen Irreversibilität“ ein. Er konnte 1961 zeigen, dass das Löschen - im Sinne des Zurücksetzens in einen
wiederbeschreibbaren Zustand - eines Bits physikalisch gespeicherter Information immer
die bereits bekannte Entropie kB T ln 2 freisetzen muss, was heute als Landauer-Prinzip
bekannt ist.
Aber erst Charles Bennett zeigte 1982, dass mit der Anwendung des Landauer-Prinzips auf
das Gedächtnis des Maxwellschen Dämons dem Gas exakt die vermisste Entropie wieder
zugeführt wird, um den zweiten Hauptsatz zu erfüllen. Gleichzeitig untersuchte Bennett
die Möglichkeit einer Messung mit beliebig kleiner Entropiezunahme.
Das Löschen eines Speichers ist also ein logisch irreversibler Prozess, denn die vielen möglichen Zustände des Speichers werden in einen einzigen festen Zustand nach einem Löschvorgang gesetzt. Es ist unmöglich so ohne Weiteres den Zustand vor der Löschung zu
bestimmen.
Physikalisch betrachtet reduziert ein logisch irreversibler Prozess die Anzahl der Freiheitsgrade eines Systems, das wiederum eine Abnahme der Entropie impliziert. Damit dieser
Prozess physikalisch legitim ist, muss Energie in die Umgebung dissipiert werden. Landauer schlussfolgerte, dass logische Irreversibilität Dissipation beinhalten muss, daher führt
das Löschen von Information im Speicher zu einer Entropiezunahme in der Umgebung.
Diese Erkenntnis bereitete Maxwell’s Dämon sein Ende und ist als Landauer-Löschprinzip
bekannt [KMV08].
5
Abbildung 5: Wie bei Szilard wird ein einzelnes Molekül eines idealen Gases in
einem Kasten betrachtet. Das ganze ist in ein Wärmebad eingebettet.
3
Landauer-Prinzip
Das Landauer-Prinzip lässt sich leicht verständlich am Beispiel eines simplen Speichermodells motivieren. Dieses Modell ist an das binäre Teilchenmodell von Szilard angelehnt.
Man betrachtet einen Kasten in dem ein einzelnes Molekül eines idealen Gases gefangen
ist (s. Abb. 5). Das ganze ist in ein Wärmebad bei konstanter Temperatur T eingebettet. Der Speicher wird durch eine Trennwand in zwei gleichgroße Hälften geteilt. Diese
Trennwand kann ohne Energiekosten herausgenommen werden und fungiert gleichzeitig
als reibungsfreier Kolben für isotherme Expansion/Kompression.
Der Speicher kann die Zustände ’0’ und ’1’ annehmen, je nachdem ob sich das Teilchen
im linken oder rechten Kompartment befindet. Es wird also genau ein Bit an Information
gespeichert.
Man behandelt im Folgenden das Teilchen wie ein ideales Gas mit Teilchenzahl N = 1.
Da ideale Gasteilchen nicht wechselwirken, ist die Betrachtung von vielen Teilchen in
einem einzelnen Kasten analog zur Betrachtung von vielen Kästen mit je einem Teilchen.
Man kann daher das einatomige Gas als Grundbaustein eines größeren Speicherensembles
auffassen.
Die innere Energie U eines idealen Gases hängt nur von der Temperatur ab. In unseren
Betrachtungen ändert sich die innere Energie aufgrund des äußeren Wärmebades daher
nicht. Nach dem Ersten Hauptsatz dU = δQ − δW folgt mithilfe der idealen Gasgleichung:
pV = N kb T
∆W = −pdV = −
6
kb T
dV = −δQ
V
(1)
(2)
Abbildung 6: Die Schritte des Messprozesses: (a) vor der Messung, (b) Übergangsschritt, (c) gespeichertes Ergebnis im Endzustand; oben: 0->0, unten: 0->1
Bei der Kompression vom Volumen V1 auf das Volumen V2 wird also folgende Arbeit
verrichtet:
Z
V2
∆W = −
V1
kb T
V2
dV = −kb T ln( )
V
V1
(3)
Im Folgenden sollen nun die Arbeits- und Entropiebilanzen für den Mess- und Löschprozess
berechnet werden.
Vor der Messung (s. Abb. 6 (a)) muss sich unser Speicher in einem bekannten, fest definierten Standardzustand befinden, o.B.d.A. sei dies der Zustand ’0’. Ist das Ergebnis der
Messung ebenfalls ’0’ (Abb. 6 (oben)) , so muss der Zustand nicht geändert werden und
am System ändert sich nichts.
Liefert die Messung das Ergebnis ’1’, muss der Speicher den Zustand wechseln. Dies erfolgt
durch eine isotherme Expansion (Abb. 6 (b, unten), bei der die Arbeit ∆W = −kb T ln(2)
frei wird. Anschließend wird von der linken Seite isotherm komprimiert, wobei die Arbeit
∆W = +kb T ln(2) am System verrichtet werden muss.
Insgesamt ist also sowohl das Wechseln des Zustands als auch das Beibehalten kostenneutral. Der Messprozess produziert keine Entropie.
Der Löschprozess soll unseren Speicher wieder in einen allgemeinen ’Ausgangszustand’
zurückversetzen. Dabei muss die Löschroutine unabhängig von dem gespeicherten Wert
funktionieren. Jede Löschroutine, die Speicherzellen mit Werten ’0’ und ’1’ unterschiedlich
behandelt, muss sich, wenn auch nur für einen kleinen Augenblick, den Wert der gerade zu
behandelnden Zelle merken, also abspeichern. Wird die Speicherzelle dann geleert, so verbleibt die ursprüngliche Information jedoch noch immer im Gedächtnis der Löschroutine.
Man hätte die Information nur verschoben, nicht gelöscht.
Der schematische Ablauf des Löschens im Kastenmodell des Landauerprozesses ist in
Abbildung 7 gezeigt. Beim Speicher mit a priori (a) unbekanntem Wert wird (b) die
7
Abbildung 7: Die Schritte des Löschprozesses: (a) vor dem Löschen, (b) Herausziehen der Wand, (c) Teilchen im ganzen Kasten; (d) isotherme Kompression
in den Endzustand
Trennwand herausgezogen. Das Gasmolekül befindet sich dann frei im ganzen Kasten
(c). Die isotherme Kompression (d) in den Standardzustand ’0’ setzt dabei die Wärme
δQ = +kb T ln(2) frei.
Nach der Definition der reversiblen Wärme ∆S = Q
vergrößert sich die Entropie um genau
T
ein Bit, also kb ln(2). Dies ist bekannt als das ’Landauer-Prinzip’. Der Maxwellsche Dämon
wird also durch den Löschprozess im Speicher unmöglich gemacht.
8
4
Brownsches Teilchen im bistabilen Potential
Das „Landauer Prinzip“ kann man auch verallgemeinern für ein brownsches Teilchen im
bistabilen Potential, wie es auch schon im Paper [Shi95] betrachtet wurde. Hierfür kann
man sich, wie in der Abbildung 8 zusehen, ein Teilchen vorstellen, das sich nur in zwei
Zuständen des Doppelmuldenpotentials befinden kann.
Abbildung 8: Brownsches Teilchen im bistabilen Potential
Dabei wird der linke Zustand als Null und der rechte Zustand als Eins bezeichnet. Das
Löschen von Information erfolgt dadurch, dass man das Teilchen unabhängig vom Anfangszustand auf Zustand Null bringt. Somit ist es nicht mehr möglich zu entscheiden was
für einen Zustand das Teilchen vorher hatte, die Information ist gelöscht worden. Diese
Operation wird in dem Paper auch als „RESTORE TO ONE“ (RTO) bezeichnet. Dieses
Zurücksetzen auf den Zustand Null wird durch Verändern der Form des Potentials durchgeführt.
Die Bewegung des Teilchens wird durch folgende Langevin Gleichung beschrieben:
m
d2 x
dx
∂V (x, t)
+ mγ
=−
+ FR (t) ,
2
dt
dt
∂x
(4)
wobei m die Masse des Teilchens, γ der Reibungskoeffizient, V (x, t) das Potential, welches
zeitabhängig angenommen wird, und FR (t) der Rauschterm ist. In diesem Modell wird
weißes gaußsches Rauschen angenommen, sodass gilt:
hFR (t1 ) FR (t2 )i = 2mγT δ (t1 − t2 ) ,
(5)
wobei T die Temperatur der Umgebung vom Speicher ist. Die Langevin-Gleichung kann
man nun mithilfe der Kramers-Moyal-Entwicklungskoeffizienten in eine Fokker-PlanckGleichung umschreiben:
9
∂
∂
∂
1 ∂V (x, t)
γT ∂ 2
f (x, u, t) = − u +
γu +
+
f (x, u, t)
∂t
∂x
∂u
m ∂x
m ∂u2
(6)
Um die untere Grenze der Wärmeproduktion bestimmen zu können, muss zunächst eine
Ungleichung für die Wärmeänderung hergeleitet werden. Hierfür führt man die Shannonvon Neumann-Entropie von der Verteilungsfunktion f zur Zeit t ein:
Z ∞
dxduf ln f
(7)
S≡−
−∞
Nach dem ersten Hauptsatz gilt:
d hEi
− Ẇ ,
dt
(8)
mu2
+ V (x, t)
2
(9)
Q̇ =
wobei
E≡
Dabei beschreibt hXi den Ensemblemittelwert für einer beliebigen Funktion X:
Z
∞
hXi ≡
dxduf (x, u, t) X (x, u, t)
(10)
−∞
Außerdem beschreibt Ẇ die gemittelte Arbeit, die vom Potential an einem Teilchen pro
Zeit verrichtet wird. Deshalb gilt für die Arbeit:
∂V (x, t)
∂t
Z
∞
=
dxduf (x, u, t)
−∞
∂V
∂t
(11)
Nun setzt man die Gleichungen (9) und (11) in (8) ein und erhält:
d
Q̇ =
dt
Z
∞
dxduf (x, u, t)
−∞
Z ∞
mu2
∂V (x, t)
+ V (x, t) −
dxduf (x, u, t)
2
∂t
−∞
(12)
Die Ableitung und das Integral kann man vertauschen, da die Ränder schnell genug konvergieren. Außerdem nutzt man die Tatsache aus, dass x und u zeitunabhängig sind, weshalb
aus der totalen Ableitung die partielle Ableitung wird:
10
Z ∞
∂V (x, t)
mu2
∂
dxduf (x, u, t)
f (x, u, t)
+ V (x, t)
−
(13)
Q̇ =
dxdu
∂t
2
∂t
−∞
−∞
Z ∞
∂
mu2
dxdu
=
f (x, u, t)
+ V (x, t) − f (x, u, t) mu + f (x, u, t) mu
(14)
∂t
2
−∞
Z ∞
∂
mu2
dxdu
f (x, u, t)
+ V (x, t)
(15)
=
∂t
2
−∞
Z
∞
Jetzt setzt man die FPE ein und erhält:
Z ∞
∂u
∂
1 ∂V (x, t)
γT ∂ 2
mu2
dxdu −
Q̇ =
+
γu +
+
f (x, u, t)
+ V (x, u, t)
∂x ∂u
m ∂x
m ∂u2
2
−∞
(16)
Z ∞
2
∂u
mu
=
dxdu −
+ V (x, u, t)
(17)
∂x
2
−∞
∂
1 ∂V (x, t)
γT ∂ 2
mu2
+
+ V (x, u, t)
(18)
γu +
+
f (x, u, t)
∂u
m ∂x
m ∂u2
2
Wieder führt man partielle Integration durch:
Z ∞
∂V (x, u, t)
Q̇ =
dxdu
uf (x, u, t)
∂x
−∞
Z ∞
1 ∂V (x, t)
γT ∂ 2
+
dxdumu
γu +
+
f (x, u, t)
m ∂x
m ∂u2
−∞
Z ∞
∂
=
dxduu γmu − γT
f (x, u, t)
∂u
−∞
Z ∞
=
dxdu γmu2 − γT f (x, u, t)
(19)
(20)
(21)
(22)
−∞
Insgesamt lautet das Ergebnis also:
Q̇ = γ T − mu2
(23)
(24)
Als nächstes berechnet man die Ableitung der Shannon-von-Neumann-Entropie nach der
Zeit, um einen Ausdruck für Q(S) zu finden:
Z ∞
∂S
∂
=−
dxdu (f ln f )
(25)
∂t
∂t
−∞
Z ∞
∂f
f ∂f
=−
dxdu
ln f +
(26)
∂t
f ∂t
−∞
Z ∞
∂f
dxdu
=−
ln f
(27)
∂t
−∞
Z ∞
∂u
∂
1 ∂V (x, t)
γT ∂ 2
=−
dxdu −
+
γu +
+
f ln f
(28)
∂x ∂u
m ∂x
m ∂u2
−∞
11
Es wird wieder partielle Integration zur Lösung verwendet:
Z ∞
∂S
∂f
1 ∂V ∂f
γT ∂ 2
1 ∂ 2f
dxdu u
=−
− γu +
−
f
f+
∂t
∂x
m ∂x ∂u
m ∂u2
f ∂u2
−∞
!
Z ∞
2
γT ∂f
γT
∂2
dxdu γf +
=−
+
f 2f
m ∂u
m
∂u
−∞
!!
Z ∞
2
γT ∂ 2 f
1 ∂f
dxdu
= −γ −
+
m ∂u2 f ∂u
−∞
Z ∞
γT 1 ∂ 2 f
= −γ +
dxdu
m f ∂u2
−∞
Z ∞
γT f ∂ 2 f
= −γ +
dxdu
m f 2 ∂u2
−∞
" *
+
#
2
T
∂ ln f
=γ
−1
m
∂u
Um eine Gleichung für Q zu finden subtrahiert man (23) von (34):
" *
#
2 +
2 dS
T
∂ ln f
= γ T − mu
Q̇ − T
− Tγ
−1
dT
m
∂u
"
#
*
2 +
γ 2 2
∂
ln
f
=−
m u + T2
+ 2γT
m
∂u
"
#
*
2 + Z ∞
1
γ 2 2
∂f
∂
ln
f
dxdu2γT u
=−
m u + T2
+
f
m
∂u
f ∂u
−∞
"
*
#
2 + Z ∞
∂
ln
f
γ 2 2
∂
ln
f
dxdu2γT uf
=−
m u + T2
+
m
∂u
∂u
−∞
*
+
2
γ
∂ ln f
=−
T
+ mu
≤0
m
∂u
(29)
(30)
(31)
(32)
(33)
(34)
(35)
(36)
(37)
(38)
(39)
⇔
Q̇ ≤ T
dS
dt
(40)
Daher erhält man die unterste Grenze für den Wärmetransport zwischen zwei Zeiten ti
und tf :
Z tf ∆Qout (ti , tf ) =
−Q̇ dt ≥ T [S (ti ) − S (tf )]
(41)
ti
Nun kann man die untere Grenze der Wärmeproduktion, verursacht durch das Löschen
von einem Bit, berechnen. Hierfür betrachtet man ein Ensemble, welches aus (N >> 1)
12
Speicher besteht. Des Weiteren nimmt man an, dass zu jedem Zeitpunkt ti jeder Speicher
1 Bit als Information aufbewahrt. Jetzt führt man zum Einen die Verteilungsfunktionen
f0 (x, t) und f1 (x, t) für die Speicherwerte 1 und 0 ein und zum Anderen p1 N und p0 N
als die Zahlen der Speicher, welche die Werte 1 und 0 besitzen.
Dann ist die Anzahl der Teilchen, dessen Orte und Geschwindigkeiten innerhalb von x ∼
x + dx und u ∼ u + du gegeben sind, wie folgt berechenbar:
N p0 f0 (x, u) dxdu + N p1 f1 (x, u) dxdu = N [p0 f0 (x, u) + p1 f1 (x, u)] dxdu
(42)
Deshalb ist die Shannon-von Neumann Entropie (da man N und dx dt trennen konnte)
für ein Ensemble pro Speicher gegeben durch:
Z
∞
Sinit = −
dudx (p0 f0 + p1 f1 ) ln (p0 f0 + p1 f1 )
(43)
dudxp0 f0 ln (p0 f0 + p1 f1 ) + p1 f1 ln (p0 f0 + p1 f1 )
(44)
∞
Z
∞
=−
∞
Nun geht man davon aus, dass der Schnittbereich, indem sich beide Verteilungen f0 (x, t)
und f1 (x, t) überlappen, sehr klein ist und deshalb vernachlässigbar. Diese Annahme ist
physikalisch sinnvoll, da es sonst nicht möglich wäre zu entscheiden auf welcher Seite des
Potentials sich das Teilchen befindet und der Speicher seinen Zweck verlöre. Daher folgt,
dass das Produkt beider Verteilungen Null ergibt. Aus diesem Grunde vereinfacht sich der
Term auf folgende Weise:
∞
Z
Sinit = −
dudxp0 f0 ln (p0 f0 + 0) + p1 f1 ln (0 + p1 f1 )
(45)
dudx [p0 f0 ln p0 f0 + p1 f1 ln p1 f1 ]
(46)
∞
Z
∞
≈−
∞
= p0 S [f0 ] + p1 S [f1 ] + S [p0 , p1 ] ,
(47)
wobei
Z
∞
S [fk ] ≡ −
dxdufk ln fk (k = 0 oder 1)
(48)
pi ln pi
(49)
−∞
und
S [p0 , p1 ] ≡ −
X
i=0,1
13
Hier entspricht S [fk ] der Entropie, die aufgrund der Verteilung im Phasenraums entsteht,
wenn der Speicher einen bestimmten Wert aufbewahrt. S [p0 , p1 ] ist die Entropie, die durch
die Verteilung der gespeicherten Werte entsteht, also der physikalisch nutzbaren Information.
Wenn man voraussetzt, dass der Speicher nach der Löschung sofort wieder eindeutige
Werte annimmt und der Anteil der Speicher, der eins ist und der Anteil der Speicher der
Null ist, konstant bleibt, kann man die Entropie nach der Löschung leicht berechnen:
Sset = p0 S [f0 ] + p1 S [f1 ]
(50)
Der Term S [p0 , p1 ] taucht in Gleichung (50) nicht mehr auf, weil jeder Speicher einen bestimmten Wert annimmt, und wir volles Wissen über die Zustände des Speichers besitzen.
Setzt man diese Gleichung (50) in (41) ein, erhält man als Gleichung:
∆Qout (ti , tf ) = T (Sinit − SSet )
(51)
= p0 S [f0 ] + p1 S [f1 ] + S [p0 , p1 ] − p0 S [f0 ] + p1 S [f1 ]
(52)
= S [p0 , p1 ]
(53)
14
Abbildung 9: Das bistabile Potential (oben) wird im Grenzfall unendlich hoher
Potentialwände zum einfachen Kastenpotential. Dies ist analog zu einem einatomigen idealen Gas in einer abgeschlossenen Box.
5
Sagawa und Ueda (2008)
Takahiro Sagawa und Masahito Ueda lieferten 2008 noch eine weitere Erklärung zur Lösung
des Maxwellschen Paradoxon. In ihrem Paper ?? behandeln sie neben den thermodynamischen Kosten von Speichereinheiten auch die Effekte von Störungen, fehlerhaften Messergebnissen und insbesondere asymmetrischen Potentialen. Sie kommen dabei zu einem
anderen Ergebnis als Landauer und zeigen auf, dass nicht jedes Löschen von Information
zwangsläufig Arbeit ∆Weras = kb T ln2 dissipiert.
Ihre zum Großteil quantenmechanischen Berechnungen können im Rahmen dieser Ausarbeitung nicht behandelt werden, da sie gehobene Kenntnisse von Quantensystemen im
Nichtgleichgewicht vorraussetzen. Ihr Hauptargument lässt sich jedoch auch an dem bereits eingeführten Boxmodell mit einatomigem idealen Gas diskutieren.
Das in Abschnitt 4 behandelte Modell eines bistabilen Potentials wird im Grenzfall unendlich hoher Wände zum einfachen Kastenpotential. Alle nachfolgenden Betrachtungen
gelten daher analog auch für das Boxmodell (s. Abb. 9). Die Potentialschwelle lässt sich
absenken, entsprechend die Trennwand herausziehen; beide lassen sich verschieben. Dies
soll wieder als allgemeines Modell eines ’Speichers’ dienen.
Das Volumenverhältnis sei V1 /V2 = t. Der Zustand, dass sich das Teilchen im linken
Kompartment befindet, sei ’0’ und für den rechten Teil ’1’ (s. Abb. 10). Das ganze ist an
15
Abbildung 10: Das Verhältnis der Volumina sei t. Der linke Zustand wird als
Zustand ’0’ bezeichnet, der rechte als Zustand ’1’
Abbildung 11: Die Schritte des Messprozesses: (a) vor der Messung, (b) Übergangsschritt, (c) gespeichertes Ergebnis im Endzustand; oben: 0->0, unten: 0->1
ein Wärmebad angeschlossen.
Die thermodynamischen Kosten lassen sich dabei für das ideale Gas wie in Abschnitt 3
berechnen. Es folgen nun ganz analog die Schritte, wie bei der Motivierung des LandauerPrinzips.
Vor dem Messprozess befindet sich unser Speicher im Referenzzustand ’0’ (s. Abb. 11),
und muss abhängig vom Ergebnis in einen gewissen Endzustand überführt werden. Ist das
Ergebnis der Messung ’0’, so befindet sich das Teilchen bereits im korrekten Kompartment.
Für das Messergebnis ’1’ erfolgt wieder ein Zustandswechsel, aufgrund der asymmetrischen
Form ändern sich jedoch die Kosten der Teilschritte.
Bei der isothermen Expansion (b, unten) wird die Energie ∆W = −kb T ln( 1t ) frei. Die
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anschließende isotherme Kompression (c) muss hingegen die Energie ∆W = +kb T ln( 1−t
)
t
aufgewendet werden. Der Zustandswechsel kostet somit ∆W = +kb T ln( 1−t ).
Das Speichern des Messergebnisses ist also im Allgemeinen nicht mehr kostenneutral. Wenn
wir davon ausgehen, dass genau ein Bit an Information vermessen wird, d.h. p0 = p1 = 1/2,
t
wird durchschnittlich die Arbeit ∆Wmes = + kb2T ln( 1−t
) benötigt.
Auch der Löschprozess muss aufgrund der Asymmetrie leicht modifiziert werden (s. Abb. 12).
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Abbildung 12: Die Schritte des Löschprozesses: (a) Verschieben der Wand zur
Mitte, (b) Herausziehen der Wand, (c) Teilchen im ganzen Kasten; (d) isotherme
Kompression in den Endzustand
Zunächst wird die Trennwand zur Mitte verschoben (a). Dieser Schritt wird von Sagawa
und Ueda jedoch nicht motiviert. Warum er eine Notwendigkeit sein soll, ist uns daher
nicht ersichtlich. Es sei jedoch noch einmal betont, dass sie mit ihrer quantenmechanischen
Betrachtung dasselbe Ergebnis erhalten.
Das Verschieben der Trennwand kostet durchschnittlich ∆W = + kb2T [ln(2t) + ln(2(t − 1))],
wenn eine Gleichverteilung der Zustände vor dem Löschen angenommen wird, also pro
Zelle ein Bit Information verloren geht. Die Trennwand wird herausgezogen (b) und das
Teilchen kann sich frei im gesamten Kasten bewegen (c). Bei der anschließenden isothermen
Kompression muss die Arbeit ∆W = −kb T ln(t) aufgebraucht werden.
Das Löschen kostet somit ∆Weras = kb T ln(2) −
kb T
t
ln( 1−t
).
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Insgesamt ist der ’Datenverarbeitungs-Prozess’ die Ursache für die Entropieerhöhung durch
Maxwells Dämon:
∆Weras + ∆Wmes = kb T ln(2)
(54)
Die Wärme wird also durch Messen/Speichern und Löschen gemeinsam emittiert. Für
den symmetrischen Spezialfall t = 1/2 folgt das Landauer-Prinzip zu ∆Weras = kb T ln(2),
für andere Aufteilungen jedoch nicht. So wird beispielsweise für t = 4/5 das Löschen
kostenfrei, während die Messung die gesamte Wärme freisetzt.
Dieses Ergebnis muss jedoch erst von anderen Gruppen bestätigt werden.
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Zusammenfassung
Der Maxwellsche Dämon hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Es wurde zu fast allen Zeiten angenommen, man habe jetzt endlich sein wahres Wesen verstanden, nur so
dass sich anschließend doch wieder ein anderer Aspekt offenbarte. Von der vermuteten
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Realisierbarkeit, über die verschiedenen Erklärungsversuche seiner Unmöglichkeit hat er
namhafte Physiker beschäftigt.
Mechanisch ist er nicht realisierbar, ein rein automatischer Dämon ohne Datenverarbeitung kann aufgrund der brownschen Bewegung nicht funktionieren. Entgegen früher Vermutungen lassen sich Messungen theoretisch kostenfrei ausführen und auch das lange Zeit
anerkannte Landauer-Prinzip gilt nicht uneingeschränkt. Die neuesten Ergebnisse von Sagawa und Ueda werden in den nächsten Jahren sicherlich noch häufig diskutiert werden.
Bis dahin scheint dem Dämon die Arbeit durch generelle ’Datenverarbeitungskosten’ unmöglich gemacht.
Es steht aber zu vermuten, dass er auch in Zukunft noch für die ein oder andere Erkenntnis
nützlich sein wird.
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Quellenverzeichnis
[KMV08] Koji Maruyama, Franco N. ; Vedral, Vlatko: The physics of Maxwell’s
demon and information. 2008
[Lef90]
Leff, Harvey S.: Maxwell’s Demon - Entropy, Information, Computing. HilgerVerlag, 1990
[Max]
Maxwell’scher Dämon. – http://daimon.myzel.net/Maxwell%27scher_D%C3%A4mon
[Nor11]
Norton, John D.: Waiting for Landauer. In: Studies in History and Philosophy
of Modern Physics 42 (2011), S. 191
[Shi95]
Shizume, Konsuke: Heat generation required by information erasure. In: Phys.
Rev. E 52 (1995), S. 3495–3499
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