WISTA WIRTSCHAFTSSTATISTIK PROF. DR. ROLF HÜPEN FAKULTÄT FÜR WIRTSCHAFTSWISSENSCHAFT Seminar für Theoretische Wirtschaftslehre Vorlesungsprogramm 14.05.2013 Streuungsmaße 1. Normierte Entropie 2. Spannweite, Quartilsabstand, Boxplot 3. Standardabweichung, Variationskoeffizient Literatur: Degen, Horst / Lorscheid, Peter: Statistik-Lehrbuch, 2. Aufl., München-Wien 2002, S. 37-50. Mosler, Karl und Schmid, Friedrich: Beschreibende Statistik und Wirtschaftsstatistik, 4. Aufl., Berlin-Heidelberg-New York 2009, S. 79-109. von der Lippe, Peter: Deskriptive Statistik, Stuttgart 1993, Online Ausgabe S. 83-119. Übungsaufgaben: SS 00, A1 b); WS 00/01, A2; SS 01, A3; SS05, A1 b); WS 08/09, A2; WS 10/11, A1; WS 11/12, A1 c), A4. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 Streuungsmaße Begriff Streuungsmaß = Kennzahl zur Beschreibung der Variabilität eines Merkmals bzw. der Homogenität einer statistischen Masse Ziel: Das Streuungsmaß soll darüber Aufschluss geben, inwieweit der Mittelwert tatsächlich die zentrale Tendenz einer statistischen Masse repräsentiert. Streuungsmaße sind wichtige Ergänzungen zu Mittelwerten und können als Gütekriterium für den Mittelwert interpretiert werden. Bei geringer Streuung ist der Mittelwert eher ein typischer Wert einer Verteilung als bei einer starken Variabilität der Daten. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 2 Streuungsmaße Begriff Beispiel in Anlehnung an v. d. Lippe 1993, S. 84f: Vier Häufigkeitsverteilungen mit identischem Modus, Median und arithmetischem Mittel: Mod = Med = AM = 3. Verteilung A xi hi fi Verteilung B xi hi fi 3 2 3 4 10 1 12 2 6 2 Verteilung C xi hi fi 1 1 0,1 2 2 0,2 3 4 0,4 4 2 0,2 5 1 0,1 0,2 0,6 0,2 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 10 8 6 4 2 0 1 2 3 4 5 Verteilung D xi hi fi 1 2 0,2 2 2 0,2 3 2 0,2 4 2 0,2 5 2 0,2 10 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1 0 1 2 3 4 5 8 6 4 2 0 1 2 3 4 5 1 2 3 4 5 Die Streuung nimmt von links nach rechts zu. Bei Verteilung A (sogenannte Einpunktverteilung) ist sie Null, der Mittelwert repräsentiert die Verteilung vollständig. Verteilung D ist eine sogenannte „Gleichverteilung“ (Rechteckverteilung), alle π verschiedenen Merkmalsausprägungen sind gleich häufig ο ππ = 1/π ∀π und es gibt keinen Modalwert. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 3 Streuungsmaße Begriff In Abhängigkeit vom Skalenniveau sind folgende Paare von Mittelwert und Streuungsmaß zulässig: Ab Nominalskala: Modus – normierte Entropie Ab Intervallskala: Median – mittlerer Quartilsabstand, mittlere Spannweite Ab Intervallskala: Arithmetisches Mittel – Standardabweichung Ab Verhältnisskala: Arithmetisches Mittel – Variationskoeffizient Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 4 Streuungsmaße Entropie Die Entropie E eignet sich als Streuungsmaß bereits für nominalskalierte Merkmale, weil sie nur von den (relativen) Häufigkeiten, nicht aber von den Merkmalswerten abhängig ist. π πΈ= π=1 π 1 ππ ⋅ ππ ππ ⇔ πΈ= − ππ ⋅ ππ ππ π=1 π = Anzahl der voneinander verschiedenen Merkmalsausprägungen ππ = relative Häufigkeit der Merkmalsausprägung π₯π π = 1, … , π ππ = πππ2 = Logarithmus zur Basis 2 logarithmus dualis 0 β ππ 0 ≡ 0 Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 5 Streuungsmaße Entropie Wegen π − π ππ ⋅ ππ ππ = − π=1 1 = ⋅ π π=1 π π=1 π βπ βπ ⋅ ππ π π =− π=1 βπ ⋅ ππ βπ − ππ π π 1 [βπ ⋅ ππ π − βπ ⋅ ππ βπ ] = ⋅ π ⋅ ππ π − π π [βπ ⋅ ππ βπ ] π=1 gilt auch: πΈ = ππ π − 1 β π π βπ β ππ βπ π=1 βπ = absolute Häufigkeit der Merkmalsausprägung π₯π π π = βπ = Anzahl der Beobachtungswerte π=1 Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 6 Streuungsmaße normierte Entropie Bei einer Einpunktverteilung (keine Streuung!) ist π¬ = π. Bei einer Gleichverteilung π 1 βπ = βΊ ππ = ∀π = 1, … , π nimmt die Entropie ihren maximalen Wert π¬ = ππ (π) an. π π Also gilt für den Wertebereich der Entropie: π ≤ π¬ ≤ ππ (π) Es ist üblich, die Entropie zu normieren: π¬ππππ = π¬ ππ (π) Die normierte Entropie kann dann nur noch Werte zwischen Null und Eins annehmen: π ≤ π¬ππππ ≤ π Für die Berechnung der normierten Entropie muss nicht der duale Logarithmus, sondern es kann jeder beliebige Logarithmus, also z.B. der natürliche oder der dekadische, verwendet werden. Die Berechnung mittels Taschenrechner ist also „handlicher“. Die Formel lautet: π π=1 π¬ππππ βπ ⋅ log(βπ ) log π − π = = log(π) Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 π π=π ππ ⋅ π₯π¨π π ππ πππ(π) 7 Streuungsmaße Entropie Zahlenbeispiel Im anfangs angeführten Beispiel erhält man: Nicht normierte Entropie: Verteilung A: πΈ = 1 β ππ 1 = 0 Verteilung B: πΈ = 0,2 β ππ 1 0,2 + 0,6 β ππ 1 0,6 + 0,2 β ππ 1 0,2 = 1,3710 Verteilung C: πΈ = 0,1 β ππ 1 0,1 + 0,2 β ππ 1 0,2 + 0,4 β ππ 1 0,4 + 0,2 β ππ Verteilung D: πΈ = 5 β 0,2 β ππ 1 0,2 1 0,2 + 0,1 β ππ 1 0,1 = 2,1219 = ππ 5 = 2,3219 Normierte Entropie: Verteilung A: πΈππππ = 0 ππ 1 = 0 Verteilung B: πΈππππ = 1,3710 ππ 3 = 1,3710 1,5850 = 0,8650 Verteilung C: πΈππππ = 2,1219 ππ 5 = 2,1219 2,3219 = 0,9139 Verteilung D: πΈππππ = 2,3219 2,3219 = 1 Hinweis: In der Informationstheorie wird die Entropie als Maß für den Informationsgehalt einer Nachricht verwendet. In der Physik misst sie den Anteil gebundener, d.h. nicht mehr zur Abgabe von Arbeit verwendbarer Energie (2. Hauptsatz der Thermodynamik). Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 8 Streuungsmaße Normierte Entropie Zahlenbeispiel Nochmals: Berechnung der normierten Entropie π Verteilung B xi hi fi 2 2 0,2 3 6 0,6 4 2 0,2 πΈππππ = πΈππππ = 0,2 ⋅ log π=1 ππ β log 1 ππ log π 1 1 1 + 0,6 ⋅ log + 0,2 ⋅ log 0,2 0,6 0,2 = 0,8650 log(3) Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 9 Streuungsmaße Normierte Entropie Zahlenbeispiel Nochmals: Berechnung der normierten Entropie π Verteilung C xi hi fi 1 1 0,1 2 2 0,2 3 4 0,4 4 2 0,2 5 1 0,1 πΈππππ = 0,1 ⋅ log πΈππππ = π=1 ππ β log 1 ππ log π 1 1 1 1 1 + 0,2 ⋅ log + 0,4 ⋅ log + 0,2 ⋅ log + 0,1 ⋅ log 0,1 0,2 0,4 0,2 0,1 = 0,9139 log(5) Daumenregel: Ist πΈππππ > 0,7, dann gilt die Streuung als groß und der Modus gilt als schlechter Repräsentant der Verteilung. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 10 Streuungsmaße Spannweite Spannweite (range) R = Differenz zwischen dem größten und dem kleinsten Beobachtungswert. Berechnung der Spannweite: • Datenlage A (π Einzelwerte): π = π₯(π) − π₯(1) Geordnete Urliste π₯(1) ≤ π₯(2) ≤ β― ≤ π₯(π) • Datenlage B (Häufigkeitsverteilung, π Merkmalsausprägungen): π = π₯π − π₯1 Differenz zwischen größter und kleinster Merkmalsausprägung. • Kaum gebräuchlich bei Datenlage C (gruppierte Daten, π Klassen): π = ππ − π0 Differenz zwischen Obergrenze der letzten und Untergrenze der ersten Klasse. Eigenschaften der Spannweite: • Sehr einfache Berechnung • Beschreibt den gesamten Streubereich der Beobachtungswerte. • Nur die beiden extremen, unter Umständen atypische, Beobachtungswerte gehen in die Berechnung ein. • außerordentlich empfindlich gegenüber Ausreißern. • Anwendung bei Ausreißertests und in der statistischen Qualitätskontrolle. • wird wegen der genannten Einwände aber kaum verwendet. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 11 Streuungsmaße Quartilsabstand Quartilsabstand = πΈπ − πΈπ Der Quartilsabstand • • • misst die Differenz zwischen dem oberen und unterem Quartil. beschreibt den Bereich, in dem die mittleren 50% der geordneten Beobachtungswerte liegen. ist unempfindlich gegenüber Ausreißern. Im Zahlenbeispiel aus der Absolventenumfrage, Merkmal „Lebensalter beim Examen“ gilt: (Min ; Q1 ; Q2 ; Q3 ; Max) = (23 ; 26 ; 27 ; 29 ; 34) ο Spannweite = 34 – 23 = 11 Jahre ο Quartilsabstand = 29 – 26 = 3 Jahre Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 12 Streuungsmaße Boxplot Boxplot = Graphische Darstellung elementarer Informationen einer Häufigkeitsverteilung (Median, Quartilsabstand, Spannweite) Min Q1 Q1 – ½ Quartilsabstand Q2 Q3 Max Q3 + ½ Quartilsabstand Referenzskala • Aus dem Box-Plot lässt sich sofort ablesen, ob die Verteilung linkssteil, rechtssteil oder symmetrisch ist. • Beobachtungswerte außerhalb der Grenzen π3 + 12 ⋅ π3 −π1 bzw. π1 − 12 ⋅ π3 −π1 gelten als Ausreißerverdächtig. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 13 Streuungsmaße Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 Boxplot Beispiel 14 Streuungsmaße Boxplot einfache Häufigkeit absolut relativ hi fi 1 0,0256 1 0,0256 6 0,1538 Zahlenbeispiel kumulierte Häufigkeit absolut relativ Hi Fi 1 0,0256 2 0,0513 8 0,2051 Nr. Merkmalsausprägung i 1 2 3 xi 23 24 25 4 26 10 0,2564 18 0,4615 5 6 7 8 9 10 11 12 27 28 29 30 31 32 33 34 Summe 4 5 4 4 2 1 0 1 39 0,1026 0,1282 0,1026 0,1026 0,0513 0,0256 0,0000 0,0256 1 22 27 31 35 37 38 38 39 0,5641 0,6923 0,7949 0,8974 0,9487 0,9744 0,9744 1 22 23 24 25 26 27 28 29 30 Zahlenbeispiel Absolventenumfrage, Merkmal Alter Minimum = 23 Jahre Maximum = 34 Jahre Q1 = 26 Jahre Q2 = 27 Jahre Q3 = 29 Jahre Spannweite = 34 – 23 = 11 Jahre Quartilsabstand = 29 – 26 = 3 Jahre 31 32 33 34 35 Lebensalter beim Examen Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 15 Streuungsmaße Mittlere Spannweite Mittlere Spannweite (MSP) = πππ = − • • • • • • Wertepaar in Prozent, das darüber informiert, um wie viel Prozent der größte bzw. kleinste Wert vom Median abweicht. π2 − πππ πππ₯ − π2 ⋅ 100 ; ⋅ 100 π2 π2 MSP ist ein relatives Streuungsmaß. Das Merkmal muss mindestens verhältnisskaliert sein. MSP informiert über die Streuung insgesamt. Die Verteilung ist ο linkssteil, wenn π2 – πππ < πππ₯ – π2. ο symmetrisch, wenn π2 – πππ ≈ πππ₯ – π2. ο rechtssteil, wenn π2 – πππ > πππ₯ – π2. Da die MSP sich auf den Median bezieht, kann sie als Gütekriterium für den Median herangezogen werden. Üblich ist folgende Daumenregel: Die Streuung gilt als gering, wenn die Summe der Absolutbeträge der beiden Prozentzahlen der MSP kleiner als 200% ist. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 Im Zahlenbeispiel aus der Absolventenumfrage, Merkmal „Lebensalter beim Examen“ mit (πππ; π1; π2; π3; πππ₯) = (23; 26; 27; 29; 34) ist 27 − 23 34 − 27 ⋅ 100 ; ⋅ 100 27 27 = (−14,8% ; +25,9%) πππ = − ο linkssteile Verteilung, da 14,8% < 25,9% Da −14,8 + 25,9 = 40,7 < 200, ist der Median ein recht guter Repräsentant der Verteilung. 16 Streuungsmaße Mittlerer Quartilsabstand Mittlerer Quartilsabstand (MQA) = prozentuale Abweichung des oberen bzw. unteren Quartils vom Median. πππ΄ = − • • • • • π2 − π1 π3 − π2 ⋅ 100 ; ⋅ 100 π2 π2 MQA ist ein relatives Streuungsmaß. Das Merkmal muss mindestens verhältnisskaliert sein. MQA informiert über die Streuung und den Verteilungstyp in der Mitte der Verteilung, also über die mittleren 50% aller Beobachtungswerte. Die Verteilung ist in der Mitte ο linkssteil, wenn π2 − π1 < π3 − π2. ο symmetrisch, wenn π2 − π1 ≈ π3 − π2. ο rechtssteil, wenn π2 − π1 > π3 − π2. Daumenregel: Die Streuung gilt in der Mitte als gering, wenn die Summe der Absolutbeträge der beiden Prozentzahlen der MQA kleiner als 100% ist. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 Im Zahlenbeispiel aus der Absolventenumfrage, Merkmal „Lebensalter beim Examen“ mit (πππ; π1; π2; π3; πππ₯) = (23; 26; 27; 29; 34) ist 27 − 26 29 − 27 ⋅ 100 ; ⋅ 100 27 27 = (−3,7% ; +7,4%) πππ΄ = − ο In der Mitte linkssteil, da 3,7% < 7,4% Da −3,7 + +7,4 = 11,1 < 100, ist der Median ein recht guter Repräsentant der mittleren 50% der Verteilung. 17 Streuungsmaße Varianz und Standardabweichung Mittlere quadratische Abweichung ππ (Varianz) = durchschnittliche quadratische Abweichung der Beobachtungswerte von ihrem arithmetischen Mittel π₯ Die Berechnung hängt von der Datenlage ab: Datenlage A: Datenlage B: Datenlage C: 1 π 2 = ⋅ π 1 π 2 = ⋅ π Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 1 π 2 = ⋅ π π π₯π − π₯ π=1 π π βπ β π₯π − π₯ 2 = π=1 π=1 π π βπ β π₯π − π₯ π=1 2 2 = ππ β π₯π − π₯ 2 ππ β π₯π − π₯ 2 π=1 18 Streuungsmaße Varianz und Standardabweichung Standardabweichung π = positive Quadratwurzel aus der Varianz • π = + π 2 • s besitzt dieselbe Dimension wie das Untersuchungsmerkmal. • Informationen über die Größenordnung der Werte gehen bei der Berechnung von s bzw. s2 verloren. Beispiel: (200-400)² = (2200 – 2400)² = 40.000. • Konstruktionsprinzip: durchschnittliche Abweichung der Merkmalswerte vom arithmetischen Mittel π₯. • Da die Summe der einfachen Abweichungen von π₯ gleich Null ist (Schwerpunkteigenschaft), nimmt man die quadratischen Abweichungen. • Da das arithmetische Mittel die Summe der quadratischen Abweichungen minimiert (Minimaleigenschaft von π₯), passen π bzw. π 2 besonders gut zum arithmetischen Mittel. • Normalverteilung: Lage der Wendepunkte. Ferner gilt: Im Bereich π₯ ± π liegen ca. 68% der Beobachtungswerte. Im Bereich π₯ ± 2π liegen ca. 95% der Beobachtungswerte. Im Bereich π₯ ± 3π liegen ca. 99% der Beobachtungswerte, also praktisch alle. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 19 Streuungsmaße Variationskoeffizient Variationskoeffizient π π£= π β 100 π₯ • π£ = Standardabweichung in Prozent des arithmetischen Mittels. • π£ setzt die Streuung in Beziehung zur Größenordnung der Merkmalsausprägungen. • π£ ist ein relatives Streuungsmaß und erst ab Verhältnisskalenniveau sinnvoll zu berechnen. • π₯ muss von Null verschieden und positiv sein, damit π£ sinnvoll interpretiert werden kann. • π£ ist dimensionslos und damit maßstabsunabhängig. π£ kann daher zum Vergleich der Streuung unterschiedlicher statistischer Massen herangezogen werden. • Daumenregel: Die Streuung gilt als gering, wenn π£ < 100% ist. Das arithmetische Mittel gilt in diesem Fall als guter Repräsentant der Verteilung. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 20 Streuungsmaße Standardabweichung, Variationskoeffizient Zahlenbeispiel Zahlenbeispiel Absolventenumfrage, Merkmal „Alter“ Nr. i 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 Merkmalsausprägung xi 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 Summe einfache Häufigkeit absolut hi 1 1 6 10 4 5 4 4 2 1 0 1 39 relativ fi 0,0256 0,0256 0,1538 0,2564 0,1026 0,1282 0,1026 0,1026 0,0513 0,0256 0,0000 0,0256 1 kumulierte Häufigkeit absolut relativ Hi Fi 1 0,0256 2 0,0513 8 0,2051 18 0,4615 22 0,5641 27 0,6923 31 0,7949 35 0,8974 37 0,9487 38 0,9744 38 0,9744 39 1 Es liegt Datenlage B vor. Passende Formel: 1 π 2 = ⋅ π π βπ β π₯π − π₯ 2 π=1 bzw. π π 2 = ππ β π₯π − π₯ 2 π=1 Zur Berechnung der Standardabweichung und des Variationskoeffizienten stellt man zweckmäßigerweise eine Arbeitstabelle auf, die die notwendigen Spalten enthält. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 21 Streuungsmaße Standardabweichung, Variationskoeffizient Zahlenbeispiel Arbeitstabelle zum Zahlenbeispiel Absolventenumfrage i xi 1 23 2 24 3 25 4 26 5 27 6 28 7 29 8 30 9 31 10 32 11 33 12 34 Summe π₯= 1069 = 27,41 39 2 hi βπ β π₯π π₯π − π₯ π₯π − π₯ 1 1 6 10 4 5 4 4 2 1 0 1 39 23 24 150 260 108 140 116 120 62 32 0 34 1 069 -4,4103 -3,4103 -2,4103 -1,4103 -0,4103 0,5897 1,5897 2,5897 3,5897 4,5897 5,5897 6,5897 19,4504 11,6298 5,8093 1,9888 0,1683 0,3478 2,5273 6,7068 12,8863 21,0657 31,2452 43,4247 π 2 = 215,4359 = 5,52 39 Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 π = βπ β π₯π − π₯ 2 Formel: 1 π 2 = ⋅ π 19,4504 11,6298 34,8560 19,8882 0,6732 1,7390 10,1091 26,8271 25,7725 21,0657 0,0000 43,4247 215,4359 5,52 = 2,35 π£= π βπ β π₯π − π₯ π=1 2,35 ⋅ 100 = 8,57% 27,41 22 2 Streuungsmaße Standardabweichung Verschiebungssatz Zur Berechnung der Standardabweichung Liegen n Einzelwerte vor (Datenlage A), kann die Varianz π 2 wegen 1 π 2 = β π π π₯π − π₯ π=1 2 1 = ⋅ π π π₯π2 − 2 ⋅ π₯π ⋅ π₯ + π₯ 1 = ⋅ π 2 π=1 auch mit der Formel 1 π 2 = β π π π=1 2⋅π₯ π₯π2 − ⋅ π π π=1 2 π⋅π₯ 1 π₯π + = ⋅ π π π 2 π₯π2 − 2 ⋅ π₯ + π₯ 2 π=1 π π₯π 2 − π₯ 2 π=1 berechnet werden. Liegen die Daten als Häufigkeitstabelle vor (Datenlage B und C), gilt entsprechend: 1 π 2 = β π bzw. π βπ β π₯π 2 − π₯ 2 π=1 π π 2 = ππ β π₯π 2 − π₯ 2 π=1 mit π = 1, … , π verschiedenen Merkmalsausprägungen π₯π (Datenlage B) bzw. π = 1, … , π Klassen mit den Mittelpunkten π₯π (Datenlage C). Für die Berechnung der Standardabweichung in der Praxis haben diese Formeln den Vorteil, dass man die Abweichungen der Beobachtungswerte vom arithmetischen Mittel nicht kennen muss. Die letzte Formel (mit relativen Häufigkeiten) hat darüber hinaus den Vorteil, dass im Zuge der Berechnung nicht so große Zahlen entstehen. Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 23 Streuungsmaße Standardabweichung, Variationskoeffizient Zahlenbeispiel Arbeitstabelle zum Zahlenbeispiel Absolventenumfrage i xi 1 23 2 24 3 25 4 26 5 27 6 28 7 29 8 30 9 31 10 32 11 33 12 34 Summe π₯= 1069 = 27,41 39 hi βπ β π₯π π₯π 2 βπ β π₯π 2 1 1 6 10 4 5 4 4 2 1 0 1 39 23 24 150 260 108 140 116 120 62 32 0 34 1 069 529 576 625 676 729 784 841 900 961 1 024 1 089 1 156 529 576 3 750 6 760 2 916 3 920 3 364 3 600 1 922 1 024 0 1 156 29 517 π 2 = 29517 − 27,412 = 5,52 39 Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 π = Formel: 1 π 2 = ⋅ π 5,52 = 2,35 π βπ β π₯π 2 − π₯ 2 π=1 π£= 2,35 ⋅ 100 = 8,57% 27,41 24 Streuungsmaße Standardabweichung, Variationskoeffizient Zahlenbeispiel Arbeitstabelle zum Zahlenbeispiel Absolventenumfrage i xi 1 23 2 24 3 25 4 26 5 27 6 28 7 29 8 30 9 31 10 32 11 33 12 34 Summe π₯ = 27,41 fi ππ β π₯π π₯π 2 0,0256 0,0256 0,1538 0,2564 0,1026 0,1282 0,1026 0,1026 0,0513 0,0256 0,0000 0,0256 1,0000 0,5897 0,6154 3,8462 6,6667 2,7692 3,5897 2,9744 3,0769 1,5897 0,8205 0,0000 0,8718 27,4103 529 576 625 676 729 784 841 900 961 1 024 1 089 1 156 π 2 = 756,8462 − 27,412 = 5,52 ππ β π₯π 2 π = Formel: π 13,5641 14,7692 96,1538 173,3333 74,7692 100,5128 86,2564 92,3077 49,2821 26,2564 0,0000 29,6410 756,8462 π 2 = 5,52 = 2,35 π£= ππ β π₯π 2 − π₯ 2 π=1 2,35 ⋅ 100 = 8,57% 27,41 Klausuraufgabe … Prof. Dr. Rolf Hüpen | Modul „Statistik I“ | Sommersemester 2013 25