Makroökonomik BIP = beschreibt die Gesamtausgaben für die produzierten Waren und Dienstleistungen und das Gesamteinkommen der betrachteten Volkswirtschaft. Somit: BIP → Gesamtheit der Einkommen, die in einer Volkswirtschaft entstehen → Summe aller Ausgaben, die für den Erwerb der produzierten Waren und Dienstleistungen anfallen. Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung: Einkommen(WE) Arbeit Haushalte Unternehmen Güter Ausgaben (WE) Die VGR ist die quantitative Darstellung der wirtschaftlichen Geschehens einer Volkswirtschaft in einer abgelaufenen Periode. ¾ dient der Analyse gesamtwirtschaftlichen Prozesse ¾ Prognoseinstrument - erfaßt lediglich die Wertschöpfung Es gilt das Kreislaufaxiom nur Stromgrößen Wertrechnung erfolgt zu Marktpreisen Wirtschaftseinheiten werden in der VGR in folgende Sektoren zusammengefaßt: • Unternehmen • Staat • private Haushalte • private Organisationen ohne Erwerbszweck Darstellung als Kreislauf, Konten, Tabellen oder Gleichungssysteme Transaktionen werden im Kreislauf aggregiert als Mengen oder Geldeinheiten pro Zeiteinheit (Stromgrößen) In der BRD hat mein ein geschlossenes Kontensystem mit den doppelten Buchungen gezeigten Vorgänge. Konten für Staat, Haushalte, Unternehmen und Ausland Konten für „ökonomische Funktionen“: - Produktionskonten - Finanzierungskonten - Einkommensverteilungskonten - Vermögensänderungskonten - Kreditänderungskonten Die VGR leistet: die Rechnungslegung über den Stand und die Entwicklung der produktiven Leistungskraft und des Wohlstandes einer Volkswirtschaft die Rechnungslegung über die Komponenten und die Determinanten der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage die Errichtung eines Ordnungsrahmens für die gesamte auf Geldwerten basierende Wirtschaftsstatistik 1/83 (2.1) Die Erfassung des Wertes der ökonomischen Aktivitäten: Das Bruttoinlandsprodukt Wesentliche Regeln zur Ermittlung des BIP: • gerechnet wird (produzierte Menge) * ([Markt-] Preis) Behandlung von gebrauchten Gütern: werden z.B. Sammlerstücke verkauft (Bild Van Gogh, so handelt es sich ausschließlich um eine Vermögenstransaktion, nicht um eine Erhöhung des volkswirtschaftlichen Einkommens (Das BIP erfaßt die in der laufenden Periode erzeugten Waren und Dienstleistungen). Behandlung von Lagerinvestitionen Die entscheidende Frage ist, was mit dem produzierten Gut passiert. → verdirbt es, dann bleibt das BIP unberücksichtigt → wird es auf Lager genommen, um zu einem späteren Zeitpunkt verkauft zu werden, so wird getan, als ob der Unternehmer das Gut kauft (BIP steigt). Einkommen steigt (da gezahlt), Ausgabe steigt (da gekauft). Was passiert, wenn dann das Gut verkauft wird? Wird behandelt, wie gebrauchte Güter. Negative Ausgabe des Unternehmers, positive Ausgabe des Konsumenten → BIP bleibt unberücksichtigt. Diese Behandlung von Lagerinvestitionen stellt sicher, daß das BIP die laufende Produktion der Volkswirtschaft beschreibt. Zwischenprodukte und Wertschöpfung Um eine Doppelzählung zu vermeiden wird auf eine gesonderte Berücksichtigung von Zwischenprodukten verzichtet. Das BIP stellt daher den Wert aller in einer Periode erzeugten Endprodukte dar. Eine Möglichkeit bleibt darin die jeweilige Wertschöpfung der Unternehmen (Produktionsstufen) zu addieren. Selbstgenutzter Wohnraum und andere unterstellte Größen Die meisten Waren und Dienstleistungen können bei der Berechnung des BIP mit ihren Marktpreisen bewertet werden. Für die keine Marktpreise existieren, ist man auf eine Schätzung angewiesen. Man spricht von imputierten, kalkulatorischen bzw. unterstellten Größen. Ein Bereich ist die Haus- und Wohnungsnutzung. Für Eigentümer von Wohnraum wird ein kalkulatorische Miete unterstellt, die sich der Eigentümer „selbst zahlt“. Ein anderer Bereich ist der Staat (Polizei, Feuerwehr, Abgeordnete,...). Als Maß zur Bewertung dieser Dienstleistungen werden die Löhne herangezogen. Es gibt Dienstleistungen, welche nicht in das BIP fließen. Dazu zählen z.B. die im Haushalt selbsterzeugten Güter (Essen, Rasenmähen,..). Oder auch die Schattenwirtschaft. Dieses ist der Teil der Wirtschaft, welcher sich dem Zugriff des Fiskus entzieht, weil es sich um illegale Aktivitäten handelt (Autoreparatur ohne Rechnung, Drogenhandel). Hieraus ergeben sich Problematiken, die ökonomische Aktivitäten zwischen verschiedenen Jahren und Ländern zu vergleichen! 2/83 Reales vs. nominales BIP Das nominale BIP beschreibt die Summe aller produzierten Waren und Dienstleistungen in einem Land pro Zeitperiode. Es kann steigen aufgrund gestiegener Preise, oder weil die Mengen zugenommen haben. Es ist somit kein geeignetes Maß, um ökonomischen „Wohlstand1“ zu messen. Ein solches Maß stellt das reale BIP dar. Die zu messenden (aktuellen) Gütermengen werden dann mit dem Preis des Bezugsjahres multipliziert. Definition reales BIP: Das reale BIP beschreibt die Produktionsleistung einer Wirtschaft, bewertet zu den Preisen eines Basisjahres. Der BIP-Deflator Der BIP-Deflator wird auch als implizierter Preisindex des BIP bezeichnet und beschreibt, was mit dem allgemeinen (aller produzierter Waren und Dienstleistungen) Preisniveau einer Wirtschaft passiert. BIP-Deflator = (nominales BIP/ reales BIP) Definition BIP-Deflator: Das nominale BIP erfaßt den Euro-Wert der Produktion einer Volkswirtschaft, d.h. der im Inland produzierten Güter. Das reale BIP mißt die produzierte Menge, d.h. den Output, bewertet zu konstanten Preisen. Der BIPDeflator gibt den Preis einer typischen produzierten Einheit – relativ zum Preis eines Basisjahres – wieder. Die neuen verketteten Maße zur Erfassung des realen BIP Um kein verzerrtes Bild der Realität zu bekommen, wenn man nämlich Computerpreise von vor über zehn Jahren zugrund legt, werden die Preise, welcher der realen BIP-Berechnung zugrunde legen, in regelmäßigen Abständen aktualisiert. Die meisten Staaten haben sich auf einen Rhythmus von fünf Jahren geeinigt. Im Jahre 1995 hat das Statistische Amt der Vereinigten Staaten damit begonnen das Basisjahr kontinuierlich anzupassen (z.B. 1996 auf 1997, usw.). Die so gewonnenen jährlichen Wachstumsraten werden dann zu einer „Kette“ zusammengefaßt, so daß die gesamtwirtschaftliche Produktion zwischen zwei beliebigen Jahren verglichen werden kann. Die Ausgabekomponenten Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung teilt die im BIP erfaßten Ausgaben in vier große Kategorien ein: (1) Konsum (C) (2) Investition (I) (3) Staatsausgaben (G) → Government (4) Nettoexporte (NX) Verwndungsrechnung Bezeichnet man das BIP mit dem Symbol Y, dann gilt: Y = C + I + G + NX Da jede im BIP erfaßte Ausgabe definitorisch einer dieser Kategorien zugeordnet wird, stellt die Beziehung eine „Identität“ dar. D.h. es ist eine Gleichung, die aufgrund der Definition ihrer Variablem immer erfüllt sein muß. Man spricht auch von der Identität der Inlandsproduktberechnung. • Konsum (C) = Besteht aus der Ausgabe der Haushalte für Waren und Dienstleistungen (in den USA unterscheidet man drei Unterkategorien: Verbrauchsgüter, dauerhafte Konsumgüter und Dienstleistungen). • Investition (I) = bestehen aus Gütern, die gekauft werden, um sie in künftigen Perioden zu nutzen. In den USA werden drei Unterkategorien eingeteilt: Anlageinvestitionen ohne Wohnbauten, Wohnbauinvestitionen und Lagerinvestitionen. • Staatsausgaben (G) [genauer: Transformationsausgaben] = ergeben sich aus den Käufen von Waren und Dienstleistungen durch den Bund, die Einzelstaaten und die Gemeinden. Transferzahlungen von z.B. staatlichen Gesundheitsabsicherungsprogrammen gehören nicht dazu! • Nettoexporten (NX) = beschreiben die Ausgaben der übrigen Welt für Waren und Dienstleistungen des Inlandes, vermindert um die Ausgaben für den Bezug des Inlandes an Waren und Dienstleistungen der übrigen Welt. 1 Dem liegt zugrunde, daß die Fähigkeit einer Gesellschaft, die ökonomischen Bedürfnisse ihrer Mitglieder zu befriedigen, letztlich auf die Menge der produzierten Bücher beruht. 3/83 Verteilungsrechnung Sie greift auf das Inländerkonzept (BSP) zurück und unterscheidet Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit (ca. 70%) und aus Unternehmertätigkeit und Vermögen (ca. 30%) Volkseinkommen + indirekte Steuern - Subventionen Nettosozialprodukt zu Marktpreisen + Abschreibungen Bruttosozialprodukt zu Marktpreisen - Einkommen von Inländern im Ausland + Einkommen von Ausländern im Inland BIP Andere Einkommensmaße Die Sozialproduktberechnung weist noch andere Einkommenskonzepte aus: - Bruttoinlandsprodukt (BIP) (Gesamtheit der Einkommen, die in einer Volkswirtschaft entstehen und die Summe aller Ausgaben, die für den Erwerb der produzierten Waren und Dienstleistungen anfallen) - Bruttonationaleinkommen (BNE) BIP + aus der übrigen Welt empfangene Primäreinkommen – geleistete Primäreinkommen (Während das VIP das im Inland entstandene Gesamteinkommen erfaßt, mißt das BNE das den Inländern zugeflossene Gesamteinkommen. Als Inländern bezeichnet man alle natürlichen und juristischen Personen, die ihren (Wohn-)Sitz im Inland haben (Nationalität spielt keine Rolle). Das BNE löst das BSP (Bruttosozialprodukt) ab, mit dem es inhaltlich weitgehend übereinstimmt. - Nettonationaleinkommen (NNE) BNE – Abschreibungen Die Abschreibungen geben den Teil des Bestandes einer Volkswirtschaft an Bauten und Ausrüstungen wieder, der in einem Jahr durch Verschleiß ausscheidet. -Nettoproduktionsabgaben Produktions- und Importaushaben werden mit den Subventionen saldiert. (Die Produktions- und Importausgaben treiben eine Keil zwischen den Preis, den ein Konsument für ein Gut zu zahlen hat und den Preis, den der Unternehmer bekommt. Weil die Unternehmen diese Differenz nicht erhalten, ist sie auch kein Teil ihres Einkommens. Die Subventionen wirken genau umgekehrt. - Volkseinkommen (VE) NNE - Nettoproduktionsabgaben (Das Volkseinkommen beschreibt, wie viel die Inländer in einer Periode verdient haben. Es erfolgt die Unterscheidung in Arbeitnehmerentgelte sowie Unternehmens- und Vermögensentgelte.) - verfügbares Einkommen Volkseinkommen – Transferzahlungen – direkte Steuern 4/83 (2.2) Die Erfassung der Lebenshaltungskosten: Der Preisindex der Lebenshaltung aller privaten Haushalte Der Anstieg des allgemeinen Preisniveaus bezeichnet man als Inflation. Der Preis eines Warenkorbs Der Preisindex für die Lebenshaltung verdichtet die Preise einer Vielzahl von Gütern in einem Index, der das gesamtwirtschaftliche Preisniveau beschreibt. Das Statistische Bundesamt (in Nürnberg) gewichtet die verschiedenen Güter, indem es den Preis eines Warenkorbs berechnet, der von einem durchschnittlichen Konsumenten gekauft wird. Der Preisindex stellt dann das Verhältnis aus dem aktuellen Preis des Warenkorbs und dem Preis des Warenkorbs in einem Basisjahr dar. Der Preisindex der Lebenshaltung ist aber nicht der einzige Preisindex. Es gibt z.B. den Großhandelspreisindex,.. Preisindex der Lebenshaltung vs. BIP-Deflator Unterscheidungen: (1) Der BIP-Deflator erfaßt die Preise aller Güter, während der Preisindex der Lebenshaltung nur die Preis von Waren und Dienstleistungen berücksichtigt, die von den privaten Haushalten gekauft werden. (2) Der BIP-Deflator enthält nur die Güter, die im Inland erzeugt worden sind. Aus dem Ausland importierte Güter sind kein Bestandteil des BIP und tauchen daher auch nicht im BIP-Deflator auf. Der CPI dagegen erfaßt auch importierte Güter. (3) Der Preisindex der Lebenshaltung weist den Preisen der verschiedenen Güter feste, der BIP-Deflator dagegen veränderliche Gewichte zu. Anders gesagt, ist der Warenkorb unveränderlich, der BIP-Deflator läßt Veränderungen des Warenkorbs zu. Schwächen des Preisindex der Lebenshaltung (CPI) Der Preisindex der Lebenshaltung überzeichnet tendenziell die Inflation. Dieses beruht auf drei Einflußfaktoren: (1) Ein Einflußfaktor ist die Substitutionsverzerrung. Bei der Berechnung des Warenkorbs bleibt unberücksichtigt, daß Konsumenten die Möglichkeit haben, relativ teurer gewordene Güter durch relativ billiger gewordene zu substituieren. (2) Zweiter Einflußfaktor ergibt such aus dem Auftreten von neuen Gütern. Wenn ein neues Produkt am Markt eingeführt wird, stellt dies eine Verbesserung der Lage der Konsumenten dar, denn sie können nun aus einer größeren Produktpalette wählen. (3) Dritter Einflußfaktor sind nicht erfaßte Qualitätsänderungen. Ändert sich die Qualität eines Produktes, dann reflektiert eine Preisänderung dieses Produktes nicht oder zumindest nicht ausschließlich eine Erhöhung der Lebenshaltungskosten. Laspeyres-/ Paasche-Indizes Ein Preisindex mit festem Gewichtungsschema und festem Warenkorb gehört zur Klasse der Laspeyres-Indizes, ein Preisindex mit veränderlichem Gewichtungsschema und veränderlichem Warenkorb zur Klasse der PaascheIndizes. Laspeyres-Index n ⎛ p .x ⎜ i , t i ,0 PI tL = ⎜ pi ,0 ⋅ xi ,0 i =1 ⎝ Paasche-Index ∑ ⎞ ⎟= ⎟ ⎠ n ∑ [(Preis Berichtsperiode ⋅ Menge Basisperiode) /(Preis Basisperiode ⋅ Menge Basisperiode)] i =1 n ∑P i,e ⋅ xi,t PItP = i=n1 ⎛ n ⎛n Preis Berichtsperiode⋅Menge Berichtsperiode) ÷ ⎜ Preis Basisperiode⋅Menge Berichtsperiode) =⎜ ⎜ ⎜ i =1 i =1 ⎝ ⎝ Pi,0 ⋅ xi,t ∑ ∑ ∑ i =1 5/83 Schwächen des Laspeyres- und des Paasche-Index Wenn sich die Preise verschiedener Güter in unterschiedlichem Maße erhöhen, weist ein Laspeyres-Index eine Tendenz zur Überschätzung, ein Paasche-Index dagegen eine Tendenz zur Unterschätzung des wahren Anstiegs der Lebenshaltungskosten auf. Ein Laspeyres-Index benutzt einen festen Warenkorb und berücksichtigt daher nicht, daß die Konsumenten die Möglichkeit haben, die teurer gewordenen Güter durch billigere zu substituieren. Zudem werden Qualitätsverbesserungen nicht berücksichtigt. Im Gegensatz dazu berücksichtigt der Paasche-Index diesen Substitutionsvorgang, er läßt jedoch außer acht, daß sich in der Regel das Wohlfahrtniveau aufgrund dieses Substitutionsvorgangs vermindert. Im Gegensatz hierzu unterschätzt der BIP-Deflator die Preisentwicklung, weil er ein Paasche-Index ist. (2.3) Erfassung der Unterbeschäftigung: Die Arbeitslosenquote Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Lage einer Nation ist die Frage, in welchem Ausmaß diese ihre Ressourcen nützt. Wichtigste Ressource ist die Arbeitskraft, insofern zählt ein hoher Beschäftigungsgrad zu den bedeutendsten wirtschaftspolitischen Zielen. Definition Arbeitslosenquote: Die Arbeitslosenquote ist diejenige statistische Maßzahl, die angibt, welcher Prozentsatz der Personen die arbeiten möchte, keine Arbeit hat. In Deutschland gibt es die sog. registrierte Arbeitslosigkeit. Dies bedeutet, daß nur diejenigen Arbeitslosen in die statistische Maßzahl der Arbeitslosenquote kommen, welche sich bei einem Arbeitsamt arbeitssuchend registriert haben. Zu den Arbeitslosen zählen auch die, die nur kurzzeitig beschäftigt sind. Die Quote erfaßt jedoch nicht diejenigen, die aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind oder die, die sich in ABM- oder Umschulungsmaßnahmen befinden. Davon zu unterscheiden ist die Erwerbslosigkeit. Diese wird im Rahmen eines Mikrozensus2 vom Stat. Bundesamt ermittelt. Definition erwerbslos: Als erwerbslos gelten alle Personen, die nichtbeschäftigt sind und sich nach eigenen Angaben um eine Arbeitsstelle bemühen, unabhängig davon, ob sie beim Arbeitsamt registriert sind oder nicht. Definition erwerbstätig: Als erwerbstätig gelten alle Personen, die einer Erwerbstätigkeit nachgehen, und zwar unabhängig von der Dauer der tatsächlich geleisteten oder vertragsmäßig zu leistenden Arbeitszeit. Zu den Erwerbstätigen zählen abhängig Beschäftigte (Arbeiter, Beamte, Angestellte, geringfügig Beschäftigte, etc.), Selbständige (freiberuflich Tätige, Bauern, Eigentümer von Personengesellschaften) und mithelfende Familienangehörige. Erwerbspersonen = Erwerbslose + Erwerbstätige Arbeitslosenquote = Arbeitslose ⋅100 Erwerbspersonen Allerdings ist dies nicht die einzige Definition der Arbeitslosenquote. Daneben werden die Arbeitslosen auch ins Verhältnis mit en abhängigen Erwerbspersonen (= Summe der Arbeitslosen und abhängig Beschäftigten). Somit ist es sehr wichtig, immer zu berücksichtigen welcher Personenkreis im Nenner steht. Eine weitere statistische Maßzahl ist die Erwerbsquote. Die Erwerbspersonen stehen auf dem Arbeitsmarkt sofort zur Verfügung oder arbeiten bereits. Rentner, Kinder, Studenten, Hausfrauen, ABM-Beschäftigte sind keine Erwerbspersonen. Erwerbsquote= Erwerbspersonen ⋅100 Wohnbevöl ker ung 2 Der Mikrozensus ist eine statistische Stichprobe, bei der jährlich ein Prozent der Bevölkerung unter anderem nach Erwerbstätigkeit bzw. Erwerbslosigkeit gefragt wird. 6/83 Okunsches3 Gesetz Beschäftige Arbeitnehmer tragen dazu bei, Güter und Dienstleistungen zu erzeugen. Arbeitslose nicht, was impliziert, daß ein Anstieg der Arbeitslosenquote zu einer Abnahme des realen Inlandsprodukts führt. Diese tatsächliche Beziehung nennt man Okunsches Gesetz. Prozentuale Änderung des realen BIP = 3% - 2 * (Änderung der Arbeitslosenquote {z.B. 8-6}) Im Beispielfalle sagt das Okunsche Gesetz aus, daß das BIP um einen Prozentpunkt sinken wird (Ein Zeichen dafür, daß sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet). 3 Arthur M. Okun stellte 1962 fest, daß in den USA der Abstieg der Arbeitslosenquote mit einer Abnahme des BIP verbunden ist. 7/83 Teil II: (3.0) Die Volkswirtschaft bei langfristiger Betrachtung (3.1) Die Produktion von Waren und Dienstleistungen Das Volumen der Waren – und Dienstleistungsproduktion einer Wirtschaft – ihr BIP – hängt von der Menge der Inputs (Produktionsfaktoren) und die Fähigkeit dien Inputs und Output zu transformieren. Dieses Transformation wird durch die Produktionsfunktion beschrieben. Die Produktionsfaktoren die beiden wichtigsten Produktionsfaktoren: Menge aller produzierten Produktionsmittel, die bei der Gütererzeugung eingesetzt werden. Kapital (K): Arbeit (L): Menge aller Zeiteinheiten, die arbeitend verbracht werden (Im vorliegenden Beispiel geht man von der Prämisse aus, daß Arbeit und Kapital vollbeschäftigt sind.) Die Produktionsfunktion Die verfügbare Produktionstechnologie bestimmt, wieviel Output sich mit einem gegebenen Kapital- und Arbeitsvolumen erzeugen (transformieren) läßt. Dieses wird durch die Produktionsfunktion ausgedrückt: Y=F(K,L) Eine Produktionsfunktion hat konstante Skalenerträge, wenn eine Erhöhung des Einsatzes aller Produktionsfaktoren um den gleichen Prozentsatz, zu einer Outputsteigerung führen, die zu dem gleichen Prozentsatz führt. Formal läßt sich erkennen, daß die Produktionsfaktoren und die Produktionsfunktion das Güterangebot bestimmen: Y = F (K , L ) =Y 8/83 (3.2) Die Aufteilung Produktionsfaktoren des Gesamteinkommens auf die Das obige Kreislaufdiagramm zeigt, daß das Gesamteinkommen über die Faktormärkte an die Haushalte fließt. Die Erklärung der Verteilung des Einkommens über die Faktormärkte ist Gegenstand der neoklassischen Verteilungstheorie4. Faktorpreise Einkommensverteilung wird durch die Faktorpreise bestimmt. Faktorpreis: der Betrag, den die Produktionsfaktoren für die abgegebene Leistung erhalten (Lohnsatz des Arbeitsnehmers, Zinssatz des Kapitaleigentümers) Der Preis für die Leistung eines Produktionsfaktors hängt von der Faktornachfrage und dem –angebot ab. Im Beispiel (rechts) besteht eine fest vorgegebene Faktormenge. Näher betrachtet werden Produktionsfaktoren. soll die Nachfrage nach Das Entscheidungsproblem eines Wettbewerbsunternehmens Neoklassisches Verteilungsmodell: Annahmen: • vollständige Ressourcenausschöpfung • polypolistischer Wettbewerb • Preis ist ein Datum • Partialanalyse mit exogenen Variablen K und L • Unternehmen sind Gewinnmaximierer Wichtigste und einfachste Annahme ist, daß die Unternehmen im Wettbewerb stehen. Das wesentlichste Merkmal einer wettbewerblichen Unternehmung ist ein: • derart kleiner Marktanteil, • daß der Marktpreis nicht zu beeinflussen ist. Æ Der Marktpreis wird als exogen betrachtet. Ein wettbewerbliches Unternehmen stellt Arbeitnehmer zum Marktpreis ein und entlohnt sie. Da es nur eines unter vielen Unternehmungen ist, kann • sie kann keinen Einfluß auf den Marktpreis ausüben, • analoges gilt für den Gütermärkten Æ Marktpreise werden als exogen betrachtet. Unternehmung benötigt zwei Produktionsfaktoren: Kapital und Arbeit, um ein Produkt (=Output) zu erzielen. Y = F(K,L) Y (= Yield, Anzahl hergestellter Produkte), K (=Kapitaleinsatz) und L (=Labor, Arbeitseinsatz) Die Unternehmung verkauft das Produkt zu einem Preis P, stellt Arbeitnehmer zu einem Lohn W ein und leiht sich Kapital zum Satz von R aus. Das Ziel der Unternehmung ist die Gewinnmaximierung. Der Gewinn ergibt sich als Differenz von Erlös (P*Y) und Kosten, bestehend aus Arbeitskosten (W*L) und Kapitalkosten (R*K). G(y) = P*Y – W*L – R*K Der Gewinn hängt vom Einsatz der Produktionsfaktoren ab! Gewinn = P*F(K,L) – W*L – R*K 4 Schon Karl Marx hat viel Zeit darauf verwandt, die Einkommen von Kapital und Arbeit zu erklären. Die neoklassische Theorie stellt die Theorie dar, welche von der Mehrheit der Ökonomen akzeptiert wird. 9/83 Die Faktornachfrage der Unternehmung Unternehmung möchte soviel Arbeit und Kapital beschäftigen, um den Gewinn zu maximieren. Gewinnmaximale Einsatzmenge? Das Grenzprodukt der Arbeit (MPL = marginal product of labor) Ist die zusätzliche Outputmenge die durch den Einsatz von einer zusätzlichen Einheit Arbeit erzielt werden kann (unter Konstanz des Kapitaleinsatzes K ). MPL = F(K,L+1) – F(K,L) Die meisten Produktionsfunktionen weisen abnehmende Grenzprodukte auf. Vom Grenzprodukt der Arbeit zur Arbeitsnachfrage Lohnt sich eine Produktionsausweitung (durch Erhöhung des Faktors Arbeit)? Gewinnzuwachs = Erlöszuwachs – Kosten Gewinnzuwachs = (P*MPL) –W W für die Einheit mehr Arbeit (=Lohn) Zur Darstellung der Beziehung wird umgestellt zu MPL = W/P Der Quotienten bezeichnet man auch als Reallohn. Der Reallohn gibt die Entlohnung nicht in Geldeinheiten wieder, sondern in Kaufkraft. Æ Um den Gewinn zu maximieren, stellt die Unternehmung so lange Arbeitskräfte ein, bis das Grenzprodukt der Arbeit mit dem Reallohn überstimmt. Æ Entlohnung nach Grenzproduktivität Das Grenzprodukt des Kapitals und die Kapitalnachfrage (MPK = marginal product of capital) Ist die zusätzliche Outputmenge die durch den Einsatz von einer zusätzlichen Einheit Kapital hergestellt werden kann(unter Konstanz des Arbeitseinsatzes L ). MPK = F(K+1, L) – F(K, L) Lohnt sich eine Produktionsausweitung (durch Erhöhung des Faktors Kapital)? Gewinnzuwachs = Erlöszuwachs – Kosten Gewinnzuwachs = (P*MPK) –R R für die Einheit mehr Kapital (=Mietpreis5) Zur Darstellung der Beziehung wird umgestellt zu MPL = R/P Der Quotienten bezeichnet man auch als reale Mietpreis. Der reale Mietpreis gibt den Mietpreis in Gütereinheiten anstelle von Geldeinheiten. Zusammenfassend: Die Unternehmung dehnt ihre Nachfrage nach dem jeweiligen Produktionsfaktor soweit aus, bis dessen Grenzprodukt auf den realen Faktorpreis abgesunken ist. 5 Mietpreis für Ausleihen und Einsetzen einer zusätzlichen Maschine 10/83 Die Verteilung des Nationaleinkommens Dies hat folgende Bedeutung bei der gesamtwirtschaftlichen Betrachtung: Wenn es sich in der Volkswirtschaft um Wettbewerbsunternehmen , die ihren Gewinn maximieren, erhält jeder Produktionsfaktor seinen marginalen Beitrag zum Produktionsprozeß. Der Reallohn entspricht gerade dem Grenzprodukt der Arbeit, der reale Mietpreis entspricht gerade dem gesamte reale Lohnsumme MPL * L Grenzprodukt des Kapitals. ⇒ gesamter realer Kapitalertrag MPK * K Der Teil des Gesamteinkommens, welcher übrig bleibt, nachdem die Produktionsfaktoren entlohnt wurden, wird als ökonomischer Profit oder Unternehmensgewinn bezeichnet. Unternehmensgewinn = Y – (MPL*L) – (MPK*K) auch als Y = ((MPL*L) – (MPK*K) + Unternehmensgewinn Wie groß ist der Unternehmensgewinn? Wenn die Produktionsfunktion konstante Skalenerträge aufweist gleich null!! Diese Aussage folgt mathematisch dem Eulerschen Theorem6. Denn falls jeder Faktor genau in Höhe seines Grenzproduktes entlohnt wird, entspricht die Summe der Faktorentlohnung genau der Gesamtproduktion. Zusammenfassend: Eine Produktionsfunktion mit konstanten Skalenerträgen impliziert bei Zielsetzung der Gewinnmaximierung und vollkommener Wettbewerb zusammen einen Unternehmensgewinn von null. Jedoch gehören in der Realität den Unternehmungen meist auch das eingesetzte Kapital. Weil Unternehmenseigentümer und Kapitaleigentümer dann dieselben Personen sind, wird der Kapitalertrag oft mit dem ökonomischen Profit in einem Betrag zusammengefaßt. Bezeichnet man diesen umfassenden Gewinn als buchhalterischen Gewinn, gilt Buchhalterischere Gewinn = Unternehmensgewinn + (MPK * K) Die Gesamtproduktion wird daher in Abhängigkeit von den jeweiligen Grenzprodukten auf die Entlohnung von Kapital und Arbeit verteilt. 6 Eulersches Theorem: zY = F(zK, zL), Ableitung nach z bilden und die Stelle z = 1 betrachten 11/83 (3.3) Die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen Fragestellung ist, wie der Output verwendet wird. Betrachtet wird eine geschlossene Volkswirtschaft (Nettoexporte sind null). in einer geschlossenen Volkswirtschaft gibt es nur drei Verwendungsmöglichkeiten. Y=C+I+G Einzelne Betrachtung: Konsum (C) • Die Haushalte beziehen Einkommen aus ihrer Arbeit und aus dem Besitz von Kapital; • sie entrichten Steuern an den Staat (Staat erhebt Steuern in Höhe von T) Das Einkommen nach Steuern wird als verfügbares Einkommen bezeichnet (Y-T); • entscheiden welcher Teil des Einkommens konsumiert wird und welcher gespart. Annahme: Konsum hängt von der Höhe des verfügbaren Einkommen ab. Je höher das Einkommen, desto höher der Konsum: C = C(Y-T) Die Beziehung zwischen Konsum und verfügbarem Einkommen heißt Konsumfunktion. Den Zuwachs des Konsums bei einer Erhöhung des Einkommens um eine Mark bezeichnet man als marginale Konsumneigung (MPC, marginal prospensity to consume) Die marginale Konsumneigung liegt zwischen null und eins. Was im Beispiel bedeutet: Beträgt die marginale Konsumneigung 0,6, dann wird von einer Mark 0,6 Pfennig konsumiert und 0,4 Pfennig gespart. Investition (I) Die Höhe von der privaten Investitionsgüternachfrage hängt vom Zinssatz7 ab, der die Kosten der Investitionsfinanzierung widerspiegelt. Die Investitionsentscheidung der Unternehmen ändert sich auch dann nicht, wenn sie über einen Kapitalstock verfügt. Das Unternehmen kann ja jederzeit das Geld anlegen und Zinseinnahmen erzielen. Die Beziehung läßt sich beschreiben: I = I(r) Unterschieden wird zwischen realem Zinssatz (inflationsbereinigtem)und nominalem Zinssatz (von den Investoren zu entrichten). Staatsausgaben (G) Dritte Komponente der Nachfrage sind die Käufe Staates (Waren und Dienstleistungen). Transferzahlungen stellen keine direkte Verwendung für produzierte Waren oder Dienstleistungen dar. Aus diesem Grund sind sie nicht in der Variablen „G“ enthalten. Allerdings berühren Transferzahlungen die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen auf indirekte Weise. Sie werden in die Variable „T“ mit aufgenommen. Das verfügbare Einkommen Y-T kann somit einen positiven Effekt der Transferzahlungen sowie einen negativen der Steuern haben. Die beiden Variablen werden als außerhalb des Modells festgelegt angenommen: G= G T= T Im nachfolgenden Abschnitt werden die Auswirkungen auf die endogenen Variablen beleuchtet. 7 Zusatzinformation: Unterschiede in den Zinssätzen hauptsächlich aufgrund dreier Faktoren: • Fristigkeit, • Risiko, • steuerliche Behandlung 12/83 (3.4) Gleichgewicht und Zinssatz Untersucht wird im folgenden der Mechanismus untersucht, welcher dafür sorgt, daß die Summe von Konsum-, Investitions- und Staatsausgaben gerade mit der produzierten Menge an Waren und Dienstleistungen übereinstimmt. Im klassischen Modell spielt der Zinssatz eine Rolle: zwei Ansatzpunkte: - wie beeinflußt der Zinssatz Güterangebit und Güternachfrage - wie beeinflußt Kreditangebot und Kreditnachfrage Im nachfolgenden wird sich zeigen, daß die beiden Ansatzpunkte eins sind. Gleichgewicht am Gütermarkt: Das Angebot und die Nachfrage für den Output einer Volkswirtschaft Werden Konsumfunktion und Investitionsfunktion in die Kreislaufgleichung eingegeben ergibt sich: Y = C(Y-T) + I(r) + G Da die Variablen G, T exogen festgeschrieben sind (politisch festgelegt): bisherige Annahmen: Y = C (Y − T ) + I (r ) + G Dieses besagt, daß das Angebot an Gütern mit seiner die sich als Summe aus den Konsum-, Investitions- und Staatsausgaben ergibt. Man beachte, daß der Zinssatz r die gelegt ist. Im klassischen Modell die Schlüsselrolle: einzige Variable ist, Y =C + I +G C = C (Y − T ) I = I (r ) Nachfrage G=G Tdie= T noch übereinstimmt, nicht Y = F (K , L ) = Y Je höher der Zinssatz, desto niedriger ist das Investitionsniveau, und desto geringer ist somit die Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen (C+I+G). fest- Produktionsfunktion! Æ Ist der Zinssatz zu hoch, dann sind die Investitionen zu gering, die Nachfrage ist kleiner als das Angebot. Æ Ist der Zinssatz zu niedrig, ist das Investitionsniveau zu groß, du die Nachfrage übersteigt das Angebot. ⇒ Nur beim gleichgewichtigen Zinssatz stimmen Angebot und Nachfrage überein. Gleichgewicht auf den Finanzmärkten: Angebot und Nachfrage für Kredite Der Zinssatz stellt die Kosten für die Kreditaufnahme und den Ertrag der Kreditvergabe dar. Zum besseren Verständnis wird der Finanzmarkt betrachtet: Y–C–G=I • (Y-C-G) Outputmenge, die verbleibt, wenn die Nachfrage der Konsumenten und es Staates befriedigt wird. Sie wird als volkwirtschaftliche Ersparnis oder einfach als Ersparnis (S) bezeichnet. Unterteilung der Ersparnis in zwei Komponenten: privater Sektor und öffentlicher Sektor: (Y – T - C) + (T – G) = I • (Y-T-C) stellt das verfügbare Einkommen abzüglich Konsum dar und entspricht daher der privaten Ersparnis. • (T-G) stellt die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben des Staates, die als staatliche oder öffentliche Ersparnis bezeichnet wird dar. Um nun die Rolle des Zinses zu Untersuchen, werden zunächst die Konsumund die Investitionsfunktion in die Verwendungsgleichung des Einkommens eingesetzt und G und T exogen festgeschrieben. 13/83 Y − C (Y − T ) − G = I (r ) ( ) Y − C Y − T − G = I (r ) S = I (r ) Beim gleichgewichtigen Zinssatz stimmen Ersparnis und Investitionen sowie Kreditangebot und Kreditnachfrage überein. Der Zinssatz paßt sich so lange an, bis Investitionen und Ersparnis übereinstimmen. Ist der Zinssatz zu niedrig, wollen Investoren einen größeren Anteil an der Produktion einer Volkswirtschaft als es den Sparwünschen entspricht. Gleichbedeutend mit der Kreditnachfrage, die größer ist als das Kreditangebot. In diesem Fall werden die Investoren den Zinssatz in die Höhe treiben. Und umgekehrt. Veränderungen der Ersparnis: Die Wirkungen der Fiskalpolitik Fiskalpolitische Maßnahmen wirken direkt auf die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und damit auf Ersparnis, Investitionen und gleichgewichtigen Zinssatz. Eine Zunahme der Staatsausgaben Unmittelbare Folge ist eine Erhöhung der Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen um ∆G . Da die Gesamtproduktion jedoch durch die vorhandenen Produktionsfaktoren festgelegt ist, muß die Erhöhung der Staatsnachfrage durch den Rückgang einer anderen Nachfragekomponente ausgeglichen werden. Da sich das verfügbare Einkommen (Y-T) nicht ändert, bleibt auch der Konsum (C) gleich. Die Zunahme der staatlichen Güternachfrage muß daher durch eine gleich hohe Abnahme der Investitionen kompensiert werden. Damit die Investitionen sinken, muß der Zinssatz steigen. Die Zunahme der staatlichen Güterkäufe führt daher zu einem Anstieg des Zinssatzes und zu einem Rückgang der Investitionen. Die zusätzlichen staatlichen Staatsausgaben verdrängen also die privaten Investitionen. Æ Man spricht von einem Verdrängungseffekt oder „Crowding out“. Da die Zunahme der Staatsausgaben nicht mit einer Zunahme der Steuern einhergeht, finanziert der Staat die zusätzlichen Ausgaben durch Verschuldung. D.h. durch eine Verminderung der staatlichen Ersparnis. Da die private Ersparnis konstant bleibt, vermindert die zusätzliche Kreditaufnahme des Staates die gesamtwirtschaftliche Nachfrage. Durch eine Verminderung der gesamtwirtschaftlichen Ersparnis kommt es zu einer Linksverschiebung (siehe Bild) des Kreditangebotes, das für die Investitionen verfügbar ist. Der gleichgewichtige Zinssatz übersteigt die Kreditnachfrage nun das Kreditangebot. Der gleichgewichtige Zinssatz steigt bis zu dem Punkt, an dem die Investitionsfunktion die neue Sparfunktion schneidet. Eine Erhöhung der Staatsausgaben führt zu einem Anstieg der Zinsen! Eine Verminderung der Steuern Eine Verminderung der Steuern um ∆T , führt zu einer direkten Erhöhung im gleichen Maße des verfügbaren Einkommens. Der Konsum steigt um ∆T multipliziert mit der marginalen Konsumquote. Da die gesamtwirtschaftliche Produktion durch die Produktionsfaktoren festgelegt ist und das Niveau der Staatsausgaben durch die Regierung bestimmt wird, muß die Erhöhung des Konsums mit einer Verminderung der Investitionen einhergehen. Damit die Investitionen sinken, muß der Zinssatz steigen. Folglich führt eine Verminderung der Steuern genau wie eine Erhöhung der Staatsausgaben zu einer Verdrängung der privaten Investitionen und zu einem Anstieg des Zinssatzes (siehe obiges Bild). 14/83 Änderung der Investitionsnachfrage Bisher wurde gezeigt, auf welche Weise Fiskalpolitik die gesamtwirtschaftliche Ersparnis beeinflußt. Nun die Frage: Warum ändert sich die Investitionsnachfrage und wie sehen die Auswirkungen aus? Investitionsnachfrage ändert sich aufgrund • technischen Fortschritt Æ um diesen nutzen zu können, muß investiert werden. • Staatseingriff Æ der Staat fördert oder behindert durch entsprechende Steuergesetz-gebung Investitionen Überraschende Schlußfolgerung wäre, daß das Kreditangebot konstant bleibt und eine Zunahme der Investitionsnachfrage zu einer Erhöhung des gleichgewichtigen Zinssatzes führt. Da der Zinssatz den Ertrag des Sparens darstellt, könnte ein höherer Zinssatz zu einer Verringerung des Konsums und zu einer Erhöhung der Ersparnis führen. Demzufolge verläuft die Sparfunktion nicht vertikal, sondern mit einer endlichen positiven Steigung. Dies hat auch Auswirkungen auf das vorherige Beispiel der Investitionsnachfrage. Zusatzinformation: Das Identifikationsproblem der Zins-Investitions-Abhängigkeit Ökonomen gelingt es gewöhnlich nicht eine deutliche Beziehung zwischen Zinssatz und Investition nachzuweisen. Dies bedeutet man zwar nicht das Modell verwerfen muß, denn die Schwierigkeit wird als Identifikationsproblem bekannt. Dieses tritt dann auf, wenn Variablen auf mehr als eine Weise miteinander verknüpft sind. Untersucht man die empirischen Daten, beobachtet man eine Kombination dieser verschiedenen Beziehungen, und es ist schwierig, eine einzelne dieser Beziehung zu „identifizieren“. Folgendes Ergebnis kann angenommen werden: Realistischer ist es, davon auszugehen, daß sich die Zinssätze manchmal ändern, weil sich die Sparfunktion verschiebt, und daß sie sich manchmal ändern, weil sich die Investitionsfunktion verschiebt. 15/83 (4.0) Wachstum I Grob läßt sich der Wachstumsprozeß wie folgt schematisieren: InvestitionenÆ Steigerung des KapitalstocksÆ Steigerung des BIPÆ Steigerung von Kapitel + Erhöhung der ErsparnisseÆSteigerung der InvestitionenÆ etc. Wachstumsindikatoren sind das reale BIP und das reale BIP pro Kopf Probleme des vereinfachten Modells: • Der Kapitalstock nimmt ab durch Abschreibungen. • Das Grenzprodukt des Kapitals (MPK) nimmt ab, d.h. ist der Kapitalstock bereits sehr groß, dann ist eine zusätzliche Einheit Kapital weniger nützlich, als wenn ein geringer Kapitalstock besteht. Î Modell ökonomischen Wachstums: Solow Modell 8 zeigt den Einfluß von dem Wachstum des Kapitalstocks, Wachstum der Erwerbsbevölkerung und technologischem Fortschritt auf die Produktion im Zeitverlauf Æ dynamisches Modell Langfristig bestimmt die Sparquote einer Wirtschaft die Größe ihres Kapitalstocks und damit das Niveau ihrer Produktion. Je höher die Sparquote, desto höher der Kapitalstock und desto höher das Outputniveau. 4.1 Kapitalakkumulation Güterangebot und Nachfrage Güterangebot und Produktionsfunktion Das Güterangebot basiert auf der Produktionsfunktion: Y = F(K,L) Annahme : konstante Skalenerträge, d.h. Summe der Produktionselastizitäten der Cobb-Douglas-Funktion ist 1: Der Output verändert sich proportional zur Veränderung des Inputs. zY = F(zK,zL) Das Axiom konstanter Skalenerträge erlaubt es, alle Größen relativ zum Arbeitseinsatz auszudrücken. Für z = 1/L ergibt sich : Y/L = F (K/L,L/L) Y/L = F (K/L) y = f(k)9 10 Für das MPK, das angibt, um welchen Betrag die Produktion per capita steigt, wenn eine zusätzliche Einheit Kapital eingesetzt wird, ergibt sich damit: MPK = f(k+1)-f(k) Güternachfrage und Konsumfunktion Güternachfrage pro Kopf ergibt sich als Summe des Konsums c und der Investitionen i. y = c+i Einbeziehung der Annahme , daß ein Teil des Einkommens gespart wird (Sparquote s): c = (1-s)y ⇔ y = (1-s)y + i ⇔ i = sy Damit stimmen die Investitionen mit der Ersparnis überein. Die Sparquote q bestimmt die Aufteilung des Outputs auf Konsum und Investition. 8 Robert M. Solow, „A Contribution to the Theory of Economic Growth“, Quaterly Journal of Economics, Februar 1956, S. 65-94 9 Minuskeln bezeichnen Mengen pro Kopf 10 Es gilt f(k) = f(k,1) 16/83 Wachstum des Kapitalstocks und steady state Der Kapitalstock einer Volkswirtschaft ändert sich im Zeitverlauf. • Investitionen Æ Steigerung des Kapitalstocks • Abschreibungen (Verschleiß von Kapitalgütern) Æ Senkung des Kapitalstocks Investitionen Es gilt: i = sy Durch Einsetzen der Produktionsfunktion lassen sich die Pro-Kopf-Investitionen als Funktion der Kapitalintensität ausdrücken: i = sf(k) Für jeden Wert von k wird das Outputvolumen durch die Produktionsfunktion bestimmt. Die Sparquote determiniert die Aufteilung des Outputs auf Konsum und Investitionen. Der Konsum beträgt demnach f(k) – sf(k) Abschreibungen Ein konstanter Bruchteil δ (Abschreibungsrate) des Kapitalstocks verschleißt jedes Jahr. Die Abschreibung ist damit proportional zum existierenden Kapitalstock. Die Änderung des Kapitalstocks ist damit die Differenz der Investitionen abzüglich der Abschreibungen. ∆k gibt die Änderung des Kapitalstocks in zwei aufeinanderfolgenden Jahren an. Da Investitionen und Ersparnisse übereinstimmen, ergibt sich folgende Gleichung: ∆k = sf(k) –δk Je höher der Kapitalstock ist, desto höher sind auch Produktion und Investitionen, damit aber auch die Abschreibungen. Für genau eine Höhe des Kapitalstocks entspricht der Umfang der Investitionen gerade dem Umfang der Abschreibungen. Dann wird sich der Kapitalstock im Lauf der Zeit nicht ändern, weil sich Investitionen und Abschreibungen gerade ausgleichen. Der steady state ist somit für ∆k = 0 erreicht. Die Höhe des Kapitalstocks im steady state wird mit k* bezeichnet. Resumé • Die Kapitalbildung bestimmt das Wirtschaftswachstum. • Bei gegebenem Abschreibungssatz δ begrenzt die Sparquote s das Wachstum. • Das Wachstum ist um so höher, je höher die Sparquote s und der Kapitalstock k in der Ausgangsperiode sind. • Langfristig sinkt die Wachstumsrate auf 0 ab. 17/83 Bedeutung: • Wirtschaften, die den steady state erreicht haben, werden auf Dauer in diesem Punkt verharren. • Wirtschaften, die sich nicht im steady state befinden, werden sich auf die Dauer auf ihn zubewegen. Der stationäre Zustand verkörpert in diesem Sinne das langfristige Gleichgewicht der Wirtschaft. Im Zustand k1 , also dann, wenn die Kapitalintensität unter dem stationären Niveau liegt, sind die Investitionen größer als die Abschreibungen, der Kapitalstock nimmt daher zu, bis er den steady state k* erreicht hat. Im Zustand k2 sind die Investitionen geringer als die Abschreibungen, daher wird der Kapitalstock durch den Verschleiß im Zeitverlauf sinken. Der Einfluß des Sparens auf das Wachstum Eine Zunahme der Sparquote s impliziert für jeden gegebenen Kapitalstock ein höheres Investitionsvolumen. Die Sparfunktion verschiebt sich daher aufwärts. Im ursprünglichen stationären Zustand sind die Investitionen nun höher als die Abschreibungen. Der Kapitalstock wächst, bis die Wirtschaft einen neuen stationären Zustand mit einem höheren Kapitalstock und einem höheren Niveau des Outputs erreicht hat. Die Sparquote bestimmt langfristig die Größe des Kapitalstocks einer Wirtschaft und somit das Produktionsniveau. 18/83 4.2 Das „Golden Rule“-Niveau des Kapitalstocks Der Vergleich zwischen verschiedenen stationären Zuständen Ziel der politischen Entscheidung: Maximierung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt Æ Wahl des stationären Zustands, der mit dem höchsten Konsumniveau verbunden ist. Der stationäre Wert von k, der den Konsum maximiert, wird mit k** bezeichnet und das Golden-Rule-Niveau des Kapitalstocks genannt. Der Konsum ist die Differenz von Produktion und Investitionen: c=y-i Durch Einsetzen der stationären Werte von Output f(k*) und Investitionen, die den Abschreibungen δk entsprechen, ergibt sich für den stationären Pro-Kopf-Konsum: c*=f(k*)-δk* erhöhter Kapitalstock Æ • Ermöglichung einer erhöhten Produktion • größerer Teil des Outputs zum Ersatz des verschlissenen Kapitalstocks erforderlich ¾ Kapitalstock unterhalb des Golden Rule-Niveaus: * Vergrößerung des Kapitalstocks Æ Zunahme des Outputs, die die Abschreibungen übersteigt Æ Zunahme des stationären Konsums ¾ Kapitalstock oberhalb des Golden Rule-Niveaus: * Vergrößerung des Kapitalstocks Æ Erhöhung des Outputs, die kleiner ist als die Erhöhung des Abschreibungen Æ Verminderung des stationären Konsums Im Golden Rule- Niveau des Kapitalstocks k** ist die Differenz von Output und Abschreibungen maximal, d.h. die Steigung der Produktionsfunktion (= Grenzprodukt des Kapitals MPK) stimmt mit der der δk-Linie überein. MPK=δ Alternative Herleitung: c*=f(k*)-δk* dc * = f ´(k ) − δ = 0 mit f´(k) als MPK dk * Die Wirtschaft bewegt sich nicht automatisch auf das Golden Rule-Niveau zu. Dahinter steht vielmehr die Entscheidung für eine bestimmte Sparquote. Eine Erhöhung der Sparquote führt zu einer Periode hohen Wachstums, bis der neue steady state erreicht ist. Dennoch kann die Ersparnis allein kein dauerhaftes Wirtschaftswachstum generieren. 19/83 Der Weg zum Steady state der Goldenen Regel Ein zu hoher Kapitalstock im Ausgangszeitpunkt Aufgaben: Verminderung der Sparquote ÆAnstieg des Konsumniveaus/ Abnahme der Investitionen, diese sind geringer als die Abschreibungen Æ Verminderung des stationären Kapitalstocks Æ Verminderung von Produktion, Konsum und Investitionen Î Konsumniveau ist höher als im Ausgangsniveau, dieses gilt für den gesamten Anpassungsprozeß, zu jedem Zeitpunkt!!! Ein zu geringer Kapitalstock im Ausgangszeitpunkt Aufgaben: Erhöhung der Sparquote Æ Rückgang des Konsums/ Anstieg der Investitionen Æ Anstieg des Kapitalstocks im Zeitverlauf Æ allmähliche Zunahme von Produktion, Konsum und Investitionen Î Erhöhung der ökonomischen Wohlfahrt auf lange Sicht, zu Beginn ist jedoch eine Verminderung des Konsums erforderlich und eine Erhöhung der Investitionen erforderlich; vorteilhaft für künftige Generationen. 4.3 Bevölkerungswachstum Die Erklärung dauerhaften ökonomischen Wachstums ist nicht durch das Solow-Modell in der bisherigen Form möglich. Dazu bedarf es der Einbeziehung des Bevölkerungswachstums und des technologischen Fortschritts. Im folgenden wird davon ausgegangen, daß die Bevölkerung um eine konstante Rate n steigt. Der stationäre Zustand bei Wachstum der Bevölkerung Die Investitionen erhöhen den Kapitalstock, die Abschreibungen vermindern ihn. Außerdem läßt eine steigende Zahl der Erwerbstätigen die Kapitalintensität sinken. Die Veränderung des Pro-Kopf-Kapitalstocks ergibt sich aus ∆k = i – (δ+n)k Æ • Investitionen Æ Erhöhung des Kapitalstocks per capita • Abschreibungen und Bevölkerungswachstum Æ Verminderung des Kapitalstocks per capita Break-even Investitionsvolumen: (δ+n)k ist das Investitionsvolumen, das erforderlich, um den Pro-Kopf-Kapitalstock konstant zu halten. ¾ Ersatz des abgeschriebenen Kapitals δk ¾ Investitionen, um neue Erwerbstätige mit Kapital auszustatten nk Durch Einsetzen von sf(k) für i ergibt sich: ∆k = sf(k)-(δ+n)k Im stationären Zustand gilt für k* also ∆k = 0 und i* = δk* + nk*, denn hier heben sich die Wirkungen der Investitionen und die des Bevölkerungswachstums und der Abschreibungen gerade auf. 20/83 Die Konsequenzen des Bevölkerungswachstums Folgen: • Beitrag zur Erklärung dauerhaften ökonomischen Wachstums o Wachstum der Anzahl der Erwerbstätigen um die Rate n Æ Zunahme des Gesamtkapitalstocks und der Gesamtproduktion um die gleich Rate n • Erklärung der Unterscheide des Wohlstands im internationalen Vergleich o Zunahme des Bevölkerungswachstums Æ Reduktion der Kapitalintensität Æ ProKopf-Kapitalstock geringer Æ Output als Funktion des Pro-Kopf-Kapitalstock y = f(k*) nimmt ab • Auswirkungen auf das Golden Rule-Modell der Kapitalakkumulation o stationärer Konsum beträgt nun c* = f(k*) – (δ+n)k* o konsummaximaler Wert gegeben durch MPK = δ +n bzw. MPK – δ = n o Damit entspricht das um die Abschreibungen verringerte MPK gerade der Rate des Bevölkerungswachstums Î Je höher die Rate des Bevölkerungswachstums, desto geringer ist das Niveau der Pro-Kopf-Versorgung 21/83 (5.0) Wachstum II 5.1 Technologischer Fortschritt im Solow-Modell Die Arbeitseffizienz Ausgehend von der Produktionsfunktion Y = F(K,L) wird nun die Arbeitseffizienz E in das Modell integriert, die das Wissen einer Gesellschaft bezüglich der Produktionsmethoden widerspiegelt. Y = F(K,L × E) Das Produkt L × E stellt den in Effizienzeinheiten gemessenen Arbeitseinsatz dar, das Arbeitsvolumen L berücksichtigt die Anzahl der Beschäftigten und deren Effizienz. Für den technologischen Fortschritt wird angenommen, daß er zu einem konstanten Wachstum der Arbeitseffizienz um die Rate g führt. g ist die Rate des arbeitsvermehrenden Fortschritts. Da das Arbeitsvolumen mit der Rate n und die Effizienz jeder Einheit um g steigt, erhöht sich die Arbeitseffizienz um die Rate n+g. Während die Kapitalintensität gemessen als Kapitalstock pro Effizienzeinheit sinkt, wächst also die Arbeitseffizienz mit der Rate g und damit der Pro-Kopf-Output. Der stationäre Zustand bei technologischem Fortschritt Nun gilt: k = K/ (L × E) zur Bezeichnung des Kapitalstocks pro Effizienzeinheit und y = Y/ (L × E) zur Bezeichnung der Produktion pro Effizienzeinheit. Dadurch ergibt sich für die Entwicklung der Kapitalintensität k Zeitverlauf ∆k = sf(k) – (δ + n + g)k Wie bisher ist damit die Kapitalstockänderung ∆k gleich den Investitionen sf(k) minus den break-even Investitionen (δ+n+g)k, wobei k=K/EL ist. Um k konstant zu halten, sind Investitionen • in Höhe von δk nötig, um das verschlissene Kapital zu ersetzen, • in Höhe von nk, um die neuen Arbeitskräfte mit Kapital auszustatten und • in Höhe von gk, um die gestiegene Arbeitseffizienz mit Kapital zu versehen. Die Wirkungen des technologischen Fortschritts Weil der Kapitalstock pro Effizienzeinheit konstant ist und der Output pro Effizienzeinheit y =f(k) eine Funktion des Kapitalstocks ist, ist auch dieser konstant. Die Arbeitseffizienz eines Erwerbstätigen wächst aber mit der Rate g, die Pro-Kopf-Produktion daher ebenfalls. Die gesamte Produktion Y = y × ( L × E) wächst mit der Rate n+g. Dem Solow-Modell zufolge kann nur der technologische Fortschritt die anhaltende Zunahme des Lebensstandards erklären, da die Steuerung durch die Sparquote nur solange Wachstum erzeugt, bis ein neuer steady-state erreicht ist. Da der Konsum im stationären Zustand durch c* = f(k*) – (δ+n+g)k* gegeben ist, folgt nach Umformung, daß der stationäre Zustand der Goldenen Regel durch die Gleichheit von Nettogrenzprodukt des Kapitals und stationärer Wachstumsrate gekennzeichnet ist. MPK – δ = n+g 22/83 5.2 Wachstumspolitik Abschätzung der Sparquote Bedeutung der Sparquote: • entscheidend für den Lebensstandard der Bevölkerung • bestimmt das stationäre Niveau des Kapitalstocks und des Outputs Î • Ist der Kapitalstock gemessen am Niveau der Goldenen Regel zu gering, so gilt gemäß der Annahme abnehmender Grenzprodukte: MPK – δ > n+g Eine Erhöhung der Sparquote führt dann zu einem stationären Zustand mit höherem Konsum. • Bei einem zu hohen Kapitalstock sollte die Sparquote vermindert werden, denn es gilt: MPK – δ < n+g Deshalb sind Schätzungen des MPK -δ und der Wachstumsrate notwendiger Bestandteil der Wirtschaftspolitik. Wirtschaftspolitische Maßnahmen zur Änderung der Sparquote Änderung der Sparquote durch folgende staatliche Mittel: • Veränderung der öffentlichen Ersparnis, der Differenz aus Steuereinnahmen und Staatsausgaben • Stimulation privater Investitionen: Ein Budgetdefizit verdrängt tendenziell private Investitionen. Durch einen Budgetüberschuß kann der Staat Schulden abbauen und private Investitionen stimulieren. • steuerliche Anreize, z.B. eine Steuerbefreiung der privaten Alterssicherung, zur Erhöhung der Nettoerträge und Stimulation der privaten Ersparnis Allokation der gesamtwirtschaftlichen Investitionen Beispiele unterschiedlicher Formen von Kapital: • Infrastruktur, d.h. öffentliche Kapitalgüter • herkömmliche Kapitalgüter, Maschinen, Gebäude etc. • Humankapital, d.h. die Qualifikation Zur Förderung des Wachstums muß die Wirtschaftspolitik die Frage beantworten, welche Arten von Kapital das höchste Grenzprodukt aufweisen. Einige Ökonomen befürworten aus der Annahme heraus, daß die Industrien mit dem höchsten MPC als eheste zum Marktzins Kredite aufnehmen, eine weitgehende Zurückhaltung des Staates, der lediglich für faire Rahmenbedingungen sorgen soll. Die Anhänger der sogenannten Industriepolitik hingegen plädieren für eine Förderung der Kapitalarten, bei denen durch externen Effekte, zum Beispiel wenn sich verbesserte Produktionsprozesse als Nebeneffekt der Kapitalakkumulation ergeben (learning by doing), die sozialen Erträge der Kapitalbildung größer sind als vom Solow-Modell prophezeit. Die Messung der Externalitäten ist jedoch praktisch unmöglich, zudem ist der politische Prozeß unvollkommen, da die Begünstigungen durch den Staat nicht nur von der Höhe der Externalitäten, sondern auch dem politischen Einfluß abhängig sind. Förderung des technologischen Fortschritts Förderung von Forschung und Entwicklung: • Patentrecht: gewährt ein zeitlich begrenztes Monopol • Steuerbegünstigungen • Unterstützung der Grundlagenforschung durch öffentliche Einrichtungen 23/83 5.3 Endogene Wachstumstheorie Das Grundmodell Gegeben sei die Produktionsfunktion, die keine sinkenden Grenzprodukte des Kapitals aufweist: Y = AK Y: Output K: Kapitalstock A: Konstante, die den Output mißt, der mit jeder Einheit Kapital produziert wird Ein Teil s des Einkommens werde investiert und gespart. Für die Kapitalakkumulation ergibt sich: ∆K = sY –δK Veränderung des Kapitalstocks = Investitionen – Abschreibungen Nach Umformung und Kombination mit der Produktionsfunktion ergibt sich: ∆Y/Y = ∆K/K = sA – δ Nach dieser Gleichung kann das Einkommen auch ohne die Annahme technologischen Fortschritts dauerhaft wachsen solange sA > δ gilt. Es stellt sich aber die Frage, inwiefern es sinnvoll ist, von konstanten Grenzerträgen auszugehen. Wenn der Kapitalstock nur Bauten und Ausrüstungen umfaßt, erscheint die Annahme sinkender Grenzerträge plausibler. Interpretiert man den Begriff des Kapitals jedoch weiter und betrachtet Wissen als Kapital, so erscheinen konstante Grenzerträge durchaus überzeugender. Ein Zwei-Sektoren-Modell Von diesem Grundmodell ausgehend sind Modelle mit mehreren Produktionssektoren entwickelt worden. Um dieses zu veranschaulichen wählen wir beispielhaft ein Modell mit zwei Sektoren, Produktionsunternehmen von Waren und Dienstleistungen und Forschungsuniversitäten zur Produktion von Wissen. Bei der Produktionsfunktion wird wieder von konstanten Skalenerträgen ausgegangen, die Wirtschaft weist außerdem konstante Grenzerträge des Kapitals auf. Produktionsfunktion der Produktionsunternehmen: Y = F[K, (1-u)EL] Produktionsfunktion der Forschungsuniversitäten: ∆E = g(u)E Kapitalakkumulation: ∆K = sY -δK u: Anteil der Erwerbspersonen an den Universitäten E: Wissensbestand g: Funktion, die zeigt, wie das Wissenswachstum von dem Anteil der an den Universitäten Beschäftigten abhängt Durch die Annahme konstanter Grenzerträge des Kapitals kann dieses Modell dauerhaften Wachstum generieren, da sich die Schaffung neuen Wissens an den Universitäten nie verlangsamt: Wie im Solow-Modell bestimmt der Anteil s des Outputs, der für Investitionen und Ersparnis verwendet wird, den stationären Zustand des physischen Kapitals. Der Anteil der Erwerbspersonen u an den Universitäten bestimmt das Wachstum des Wissensbestandes. Durch beide Variablen s und u beeinflussen das Einkommensniveau, die stationäre Wachstumsrate des Einkommens allerdings wird durch u bestimmt. Die Mikroökonomik von Forschung und Entwicklung Der Prozeß von Forschung und Entwicklung: • Forschung in großem Maße von Unternehmen durchgeführt: Gewinnmotiv • Fortschritt kann profitabel sein: temporäres Monopol durch Patent oder Vorteil, das Produkt als erster produziert zu haben • Grundlage für Weiterentwicklungen anderer Unternehmen Î Betreiben Unternehmen zu viel oder zu wenig Forschung? ¾ Verbesserung der Position anderer Unternehmungen durch die Entwicklung einer Basis für weitere Forschung ¾ Schwächung anderer Unternehmungen dadurch, daß die Unternehmung das Produkt als erste auf den Markt bringt 24/83 (6.0) Arbeitslosigkeit Arbeitslosigkeit = Vergeudung von Ressourcen Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik: • Verbesserung der Chancen am Arbeitsmarkt durch Qualifizierung (Umschulung, Weiterbildung) • Milderung der Folgen der Arbeitslosigkeit (Arbeitslosenversicherung) • unbeabsichtigte Einflüsse: o Erhöhung der Arbeitslosigkeit durch hoch angesetzte Mindestlöhne 6.1 Arbeitsmarktdynamik und natürliche Arbeitslosenquote Modell der Arbeitsmarktdynamik (Annahme: feste Anzahl an Erwerbspersonen): Die Anzahl der Erwerbspersonen L ergibt sich als Summe der Anzahl der Beschäftigten E (employed) und der Anzahl der Arbeitslosen U (unemployed): L=E+U Die Arbeitslosenquote ist der Quotient U/L. Es ergibt sich folgendes Modell: Beendigung von Beschäftigungsverhältnissen (s) Beschäftigte Arbeitslose Beginn von Beschäftigungsverhältnissen (f) In jeder Periode verliert ein Teil s der Beschäftigen seinen Arbeitsplatz, und ein Teil der Arbeitslosen f findet seinen Arbeitsplatz. Die Quoten der aufgelösten und neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse bestimmen die Arbeitslosenquote. Im stationären Zustand muß dann die Anzahl der Einstellungen mit der der Kündigungen übereinstimmen. fU = sE Diese Gleichung läßt sich durch Einsetzen von E in die steady state Arbeitslosenquote umformen: U/L = s/(s+f) Eine Verminderung der Arbeitslosigkeit kann daher entweder durch eine Reduzierung der Quote der Auflösung der Arbeitsverhältnisse oder durch eine Erhöhung der Quote der Neuabschlüsse erfolgen. Die natürliche Arbeitslosenquote liegt bei einem dynamischen Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt vor. Sie ist abhängig von der Quote der Abschlüsse und der der Auflösungen von Arbeitsverhältnissen. Verringerung der natürlichen Arbeitslosigkeit: • Kündigungsschutz o kann dazu führen, daß ein Betrieb Konkurs machen muß, um entlassen zu können o Kosten werden von den Unternehmen antizipiert, es kommt zu keinen Neueinstellungen. • Staatliche Beschäftigung o Die Finanzierung staatlicher Programme muß aus der Produktion abgezweigt werden, was negative Anreize zur Folge haben kann. o Eine Finanzierung durch Staatsverschuldung ist dauerhaft nicht möglich. 25/83 6.2 Zyklische und strukturelle Arbeitslosigkeit, Arbeitsplatzsuche und friktionelle Arbeitslosigkeit Zyklische Arbeitslosigkeit Soweit Arbeitslosigkeit saisonal oder konjunkturell bedingt ist, besteht Arbeitsmarktpolitik darin, die Schwankungen wirtschaftlicher Aktivität zu verringern. Saisonale Einflüsse lassen sich nur bedingt reduzieren (z.B. Förderung wetterunabhängiger Technologie in der Bauwirtschaft). Konjunkturpolitik ist Makrosteuerung. Strukturelle Arbeitslosigkeit Sie resultiert daraus, daß sich Angebot und Nachfrage im Anforderungsprofil nicht entsprechen: • Qualifikationsaspekte (hohe Qualifikation wird durch neue Technologien obsolet) Æ Information, Umschulungs- und Eingliederungsbeihilfen • räumliche Aspekte (Mangel an Mobilität) Æ Maßnahmen zur Förderung der Mobilität, Industriepolitik • Erwartungshaltungen Friktionelle Arbeitslosigkeit Die Arbeitsplatzsuche bedarf einiger Zeit. Die Unterbeschäftigung, die daraus resultiert, nennt man friktionelle Arbeitslosigkeit. Für ihr Entstehen gibt es folgende Gründe: • Arbeiternehmer haben unterschiedliche Präferenzen und Fähigkeiten • Arbeitsplätze zeigen unterschiedliche Anforderungsprofile • Informationsfluß in bezug auf Arbeitsplatzsuchende und offene Stellen unvollkommen • räumliche Mobilität der Arbeitnehmer eingeschränkt • sektoraler Wandel (Verschiebung der Nachfrage zwischen Industrien und Regionen) o Änderung der Nachfrage nach unterschiedlichen Gütern ändert sich ständig und führt wiederum zu Schwankungen der Nachfrage nach Arbeit o regionale Schwankungen * Beispiel: Ein Anstieg des Ölpreises könnte in Texas, wo Öl gefördert wird, zu einer steigenden Nachfrage nach Arbeit führen, wogegen in Michigan, wo Automobile produziert werden, die Nachfrage nach Arbeit sinkt. • schlechte Unternehmensführung, unzureichende Arbeitsleistungen, kein weiterer Bedarf an einer bestimmten Qualifikation, bessere Weiterentwicklungsmöglichkeiten in anderen Bereichen, familiäre Gründe Æ Kündigungen Wirtschaftspolitik und friktionelle Arbeitslosigkeit Einfluß der Wirtschaftspolitik auf die friktionelle Arbeitslosigkeit: • Arbeitsämter: Verbesserung und Beschleunigung der Arbeitsplatzfindung durch Informations- und Vermittlungstätigkeit • Umschulung und Weiterbildung: Förderung des Übergangs der Arbeitnehmer von schrumpfenden in expandierende Branchen • Arbeitslosenversicherung ⊕ mildert die ökonomischen Härten der Arbeitslosigkeit, Solidargemeinschaft ⊕ vermindert die Unsicherheit der Arbeitnehmer bezüglich ihres künftigen Einkommens ⊕ führt zu einem besseren Zusammenpassen von Arbeitnehmern und Arbeitsplätzen ⊝ Zunahme der friktionellen Arbeitslosigkeit und damit der natürlichen Arbeitslosenquote * Minderung des Drucks auf die Arbeitslosen, sich eine neue Arbeit zu suchen, Umschulungsmaßnahmen unterbleiben * Steigerung der Wahrscheinlichkeit, unattraktive Angebote abzulehnen Æ Verminderung der Quote der neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse * empirische Beobachtungen ergaben: - ⊝ ⊝ Zunahme der Bereitschaft, ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen nach Ablauf der Berechtigung (Verdoppelung!!!) Experiment in Illinois 1985: Ein Bonus von US$500 wurde versprochen, falls die Beteiligten innerhalb von 11 Wochen Arbeit fänden: Dieser Bonus reduzierte die Dauer der Arbeitslosigkeit um 7%. moral hazard beruht auf der Annahme natürlicher oder zyklischer Arbeitslosigkeit, bei struktureller Arbeitslosigkeit jedoch behindert die Versicherung eine notwendige Strukturanpassung 26/83 6.3 Reallohnstarrheit und Wartearbeitslosigkeit Ein weiterer Grund für Arbeitslosigkeit ist Lohnstarrheit: • inflexible Löhne Æ Verharren des Reallohns oberhalb des markträumenden Niveaus Æ Arbeitsplatzrationierung • Verminderung der Quote der neu abgeschlossenen Arbeitsverhältnisse, Erhöhung des Niveaus der Unterbeschäftigung Î Wartearbeitslosigkeit Zum herrschenden Reallohn übersteigt das Arbeitsangebot die Arbeitsnachfrage. Die Arbeitnehmer müssen warten, bis Arbeitsplätze verfügbar werden. Man nimmt an, daß die Reallohnstarrheit nur Einfluß auf Jugendliche und unqualifizierte Arbeiter hat. Es ist aber auch möglich, daß sie keinen Einfluß hat oder sogar die Arbeitslosenquote sinken lassen: Monopsonistische Unternehmen fragen wenig Arbeit nach, um den Gleichgewichtslohn niedrig zu halten. Mindestlöhne verhindern diese Taktik. Für die Wartearbeitslosigkeit gibt es im wesentlichen die folgenden Gründe: Mindestlohngesetzgebung Mindestlohnvorschriften setzen eine Untergrenze für Löhne. Für die meisten Arbeiter hat dies keine Auswirkungen, da ihr Verdienst über dem Mindestlohn liegt. Allerdings hebt der Mindestlohn das Lohnniveau der ungelernten und unerfahrenen Arbeiter über das Gleichgewichtsniveau. ¾ Verringerung der Nachfrage nach diesen Arbeitern ¾ Steigerung der Jugendarbeitslosigkeit, da deren Gleichgewichtslohnsatz normalerweise gering ist o Grenzprodukt ihrer Arbeit ist gering (wenig Berufserfahrung) o aus Sicht der Unternehmen ist eine Teil der Entlohnung die Ausbildung am Arbeitsplatz Î Erhöhung des Mindestlohns um 10% Æ Erhöhung der Jugendarbeitslosigkeit um 1 bis 3% Gewerkschaften und Tarifverhandlungen Bei einer starken Macht der Gewerkschaften ergeben sich Löhne als Ergebnis von Tarifverhandlungen und nicht aus dem Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt. ¾ Verringerung der Zahl der Beschäftigten Æ Erhöhung der Wartearbeitslosigkeit ¾ Steigerung der Bereitschaft der Unternehmen, höhere Löhne als die des Gleichgewichtsniveaus zu bezahlen, um gewerkschaftlichen Aktivitäten der Angestellten vorzugreifen und deren Beitritt zu einer Gewerkschaft zu verhindern ¾ Dualer Markt: Interessenskonflikt zwischen Insidern (Beschäftigte) und Outsidern (Arbeitslose): Die Insider möchten ihr Lohnniveau hoch halten, während sich die Chance der Outsider, Arbeit zu finden, durch die höheren Löhne vermindert Effizienzlöhne Nach der Effizienzlohntheorie, die v.a. auf weniger entwickelte Länder abstellt, wirken höhere Löhne produktivitätssteigernd. Daher könnten Unternehmen bei einem Überangebot an Arbeit von Lohnkürzungen absehen. ¾ ausgewogenere Ernährung Æ gute Gesundheit Æ höhere Leistungsfähigkeit/ Produktivität ¾ Verringerung der Arbeitsplatzfluktuation und der damit verbundenen Transaktionskosten ¾ Abhängigkeit der durchschnittlichen Qualität der Belegschaft von der Lohnhöhe, Verringerung der adverse selection (Abwanderung der qualifizierten, gut informierten Arbeitnehmer) ¾ Vergrößerung der Arbeitsanstrengungen und der Motivation: Je höher der Lohn, desto höher die Kosten bei Entlassung Æ Entgegenwirken des moral hazard, der Tendenz, sich bei mangelnder Kontrolle unangemessen zu verhalten ABER: Bei Bestehen eines dualen Marktes, bei dem die Löhne beider Märkte tariflich aneinander gekoppelt sind, gilt die Effizienzlohntheorie nur für die Insider, auf Seiten der Outsider produziert sie jedoch Arbeitslosigkeit. 27/83 Lohnnebenkosten • Lohnsteuer, Solidaritätszuschlag • Sozialabgaben • Betriebliche Sozialleistungen • Ausbildungs- und Umschulungskosten • Friktionelle Kosten Î Auswirkungen auf die Faktorallokation: • Der Faktor Kapital trägt weitaus geringere Nebenkosten als der Faktor Arbeit • Anreiz, Arbeit durch Kapital zu substituieren • höhere Kapitalintensität begünstigt insider, die einen Effizienzlohn beziehen • Entlassung von weniger Qualifizierten hebt die durchschnittliche Produktivität und den Effizienzlohn. Ausweichstrategien: • Überstunden • Bezahlung unter Tariflohn im dualen Markt • Schwarzarbeit • Zweiter Job als Selbständiger, Outsourcing • Verlagerung der Produktion ins Ausland 6.4 Arbeitslosigkeitsmuster Die Dauer der Arbeitslosigkeit In den meisten Fällen handelt es sich um kurzfristige Arbeitslosigkeit, der größte Anteil des Arbeitslosigkeitsvolumens eines Jahres ist jedoch auf Langzeitarbeitslosigkeit zurückzuführen. Für eine Senkung der Arbeitslosenquote muß sich die Wirtschaftspolitik auf die Langzeitarbeitslosen konzentrieren. Unterschiede Gruppen in der Arbeitslosenquote verschiedener demographischer Die Arbeitslosenquote zeigt für verschiedene demographische Gruppen deutliche Unterschiede. Insbesondere ist die Jugendarbeitslosigkeit höher als die von älteren Arbeitnehmern. Dies ist auf Unterschiede in den Quoten der Auflösung und nicht in denen der Abschlüsse von Arbeitsverhältnissen zurückzuführen. Zugänge und Abgänge bei den Erwerbspersonen Erschwerung der Erfassung der Arbeitslosigkeit: • Personen, die als arbeitslos gemeldet sind, die aber nicht ernsthaft nach Arbeit suchen • stille Reserve: keine Registrierung nach erfolgloser Suche Der Anstieg der Arbeitslosigkeit in Europa Ursachen: • großzügige sozialstaatliche Unterstützung der Arbeitslosen, u. U. attraktiver, arbeitslos zu bleiben als eine Arbeit anzunehmen • Technologie: Rückgang der Nachfrage nach ungelernter Arbeit 28/83 (7.0) Geld und Inflation Klassische Theorie der Ursachen der Inflation: Annahme vollkommen flexibler Preise, ermöglicht damit eine gute Beschreibung langfristiger Entwicklungen 7.1 Was ist Geld? Geld ist ein Vermögensbestand, der zur Durchführung von Transaktionen verwendet wird. Die Funktionen des Geldes Wertaufbewahrung • ermöglicht den Transfer von Kaufkraft aus der Gegenwart in die Zukunft • allerdings sinkt bei steigenden Preisen der reale Wert des Geldes Recheneinheit • Allokation von Ressourcen erfolgt nach den relativen Preisen, nach den Preisen der betreffenden Güter in Relation zu den Preisen anderer Güter • Mittel zur Messung ökonomischer Transaktionen Tauschmittel • Durchführung von Käufen und Verkäufen Æ einfache Durchführung: Liquidität des Geldes Vergleich: Naturalwirtschaft Eine Naturalwirtschaft setzt eine Doppelkoinzidenz von Bedürfnissen voraus, d.h. zwei Personen müssen gerade die Güter erwerben wollen, die sie gegenseitig anbieten. Hier sind nur sehr einfache Transaktionen möglich. Geldformen Nominalgeld besitzt keinen inneren Wert, sein Wert wird durch den aufgedruckten Betrag bestimmt (fiat money). Warengeld besitzt einen inneren Wert (commodity money). Ein typisches Beispiel ist Gold. Wenn Gold oder Scheine verwendet werden, für die eine Umtauschpflicht in Gold besteht, so gilt in der Wirtschaft ein Goldstandard. Wie sich Nominalgeld entwickelt Warengeld weist einen immanenten Wert auf und erleichtert die Transaktionen in einer Volkswirtschaft, seine Entwicklung ist daher unmittelbar einsichtig. Ist zum Beispiel Gold das Zahlungsmittel in einer Wirtschaft, so wird der Staat zur Verringerung der Transaktionskosten das unbearbeitete Gold zunächst in bekannter Reinheit und mit bekanntem Gewicht als Münzen prägen, da sonst vor jedem Tausch langwierig Reinheit und Gewicht festgestellt werden müssen. In einem weiteren Schritt werden dann Goldzertifikate ausgegeben, die gegen Gold eingetauscht werden können. Wenn niemand mehr diese Zertifikate tatsächlich in Gold tauscht, jeder sie aber im Tausch gegen Güter akzeptiert, verwandelt sich das Warengeldsystem in ein Nominalgeldsystem. Wie die Geldmenge gesteuert wird Geldangebot: verfügbare Geldmenge In einer Nominalgeld verwendenden Volkswirtschaft kontrolliert der Staat das Geldangebot Æ Geldpolitik Steuerung durch die EZB gemäß dem Maastrichter Vertrag durch die Offenmarktpolitik: An- und Verkauf von staatlichen Wertpapieren, die EZB monetisiert Aktiva. 29/83 Wie die Geldmenge gemessen wird Geldmenge: Bestand an Vermögensobjekten, die zur Durchführung von Transaktionen verwendet werden. Beispiele: • Bargeld • Sichteinlagen: Beträge, die auf Girokonten gehalten werden (gewöhnlich zum Bargeld hinzugezählt) • Beträge, die auf Sparbüchern angelegt sind • Termineinlagen, die für gewisse Zeit auf einem Termingeldkonto festverzinslich angelegt sind Die EZB zählt folgendes zur Geldmenge: • M1 o Bargeldumlauf o täglich fällige Einnahmen • M2 = M1 + o Einlagen mit vereinbarter Laufzeit von bis zu zwei Jahren o Einlagen mit vereinbarter Kündigungsfrist von bis zu drei Monaten • M3 = M2 + o Repogeschäfte o Geldmarktfondsanteile und Geldmarktpapiere o Schuldverschreibungen bis zu zwei Jahren einschließlich 7.2 Die Quantitätstheorie des Geldes Transaktionen und die Quantitätsgleichung Die Verbindung von Transaktionen ergibt sich aus folgender Identitätsgleichung: Geld ⋅ Umlaufgeschwindigkeit = Preis ⋅ Transaktionen M⋅V=P⋅T Transaktionen T: gesamte Anzahl an Transaktionen in einer Periode, d.h. die Häufigkeit, mit der innerhalb dieser Periode Waren und Dienstleistungen gegen Geld getauscht werden Preis P: Preis einer typischen (durchschnittlichen) Transaktion Geld M: Geldmenge Umlaufgeschwindigkeit V: Transaktionsgeschwindigkeit des Geldes, Tempo, mit dem das Geld in der Wirtschaft zirkuliert Von den Transaktionen zum Einkommen Probleme, die Anzahl der Transaktionen zu erfassen Æ Ersatz der Anzahl der Transaktionen T durch die Gesamtproduktion Y, unter der Annahme, das der Wert der Transaktionen ungefähr proportional zum Wert der Outputs ist. Der Wert der Produktion ist damit das Produkt P ⋅ Y: Y = reales BIP P = BIP-Deflator P ⋅ Y = nominales BIP Da Y das Gesamteinkommen repräsentiert, ist V nunmehr die Einkommenskreislaufgeschwindigkeit des Geldes. Geldnachfragefunktion und Quantitätsgleichung Realkasse: Geldmenge als Ausdruck der Menge der Güter, die mit ihr gekauft werden kann. Diese Menge ist der Quotient M/P. Die Realkasse mißt die Kaufkraft des vorhandenen Geldvolumens. Geldnachfragefunktion: Zeigt die Determinanten, die die Höhe der Realkasse bestimmen. (M/P)d = kY Danach ist die Höhe der nachgefragten Realkasse proportional zum Einkommen (k ist eine positive Konstante). 30/83 Aus der Geldnachfragefunktion ergibt sich die Quantitätsgleichung: Die Annahme, daß die Nachfrage nach Realkasse (M/P)d mit dem Angebot M/P übereinstimmt, führt nach Umformung zu der Gleichung M(1/k) = PY bzw. MV = PY Der Geldnachfrageparameter k und die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes V verhalten sich damit umgekehrt proportional. Die Annahme einer konstanten Umlaufgeschwindigkeit Aus der Annahme einer konstanten Umlaufgeschwindigkeit des Geldes ergibt sich die Quantitätstheorie des Geldes. M V = PY Danach muß eine Änderung der Geldmenge M zu einer proportionalen Änderung des nominalen BIP (PY) führen, sie bestimmt also den nominalen Wert des Outputs einer Volkswirtschaft. Geld, Preise und Inflation 1. 2. 3. Produktionsfunktion und Produktionsfaktoren bestimmen das Produktionsniveau Y, also das reale BIP. Das Geldangebot bestimmt den nominalen Wert der Produktion PY, das nominale BIP. Das Preisniveau ergibt sich als Verhältnis aus nominalem Produktionswert PY und Produktionsniveau Y. Bei konstanter Umlaufgeschwindigkeit führt jede Änderung des Geldangebots zu einer proportionalen Änderung des nominalen BIP. Diese Änderung repräsentiert die Änderung des Preisniveaus, da die Produktionsfunktion und Produktionsfaktoren das reale BIP bestimmt haben. Damit ist das Preisniveau proportional zur Geldmenge. Damit bestimmt die Wachstumsrate der Geldmenge die Inflationsrate, die als prozentuale Änderung des Preisniveaus definiert ist. %Änderung von M + %Änderung von V = %Änderung von P +%Änderung von Y • prozentuale Veränderung der Geldmenge: durch Zentralbank bestimmt • prozentuale Veränderung des Preisniveaus: Inflationsrate • prozentuale Veränderung der Produktion: abhängig vom Wachstum der Produktionsfaktoren und dem technologischen Fortschritt (wird als konstant angenommen) Æ Die Inflationsrate wird vom Wachstum der Geldmenge bestimmt. πt = (Pt – Pt-1)/Pt-1 7.3 Seigniorage: Der Ertrag aus dem Drucken von Geld Staatsausgaben für: • Waren und Dienstleistungen • Transferzahlungen Finanzierung der Staatsausgaben durch: • Erhebung von Steuern • Aufnahme von Krediten beim Volk • Drucken von Geld Æ Seigniorage Die Ausdehnung des Geldangebots durch Druck führt zu Inflation, diese Erzielung von Einnahmen wirkt wie das Erheben einer Inflationssteuer, einer Steuer auf die Geldhaltung. Denn mit den steigenden Preisen geht der reale Wert des Geldes zurück, d.h. diejenigen, die Geld halten, bezahlen diese Inflationssteuer. 31/83 7.4 Inflation und Zinssätze Realer und nominaler Zinssatz Der nominale Zinssatz ergibt sich als Summe aus dem realen Zinssatz und der Inflationsrate. Der Zinssatz, den die Bank bezahlt, ist der Nominalzinssatz i, die Zunahme der Kaufkraft wird durch den Realzinssatz r beschrieben. Wenn die Inflationsrate mit π bezeichnet wird, ergibt sich: r=i–π (Dabei handelt es sich um eine Näherung, die bei Änderungen unter 20% problemlos sind. Präzise gilt: (1+r) = (1+i)/(1+π)) Der Fisher-Effekt Die Gleichung, nach der der Nominalzinssatz die Summe aus Realzinssatz und Inflationsrate ist, nämlich i = r+π wird als Fisher-Gleichung bezeichnet. Der Quantitätstheorie zufolge führt eine Zunahme des Geldmengenwachstums um einen Prozentpunkt zu einer Zunahme der Inflationsrate um einen Prozentpunkt. Der Fisher-Gleichung zufolge führt diese Zunahme der Inflationsrate ihrerseits zu einer Erhöhung des Nominalzinssatzes um einen Prozentpunkt. Diese Eins-zu-EinsBeziehung zwischen Inflationsrate und Nominalzinssatz nennt man Fisher-Effekt. Zwei Zinssätze: ex-ante und ex-post ex-ante Realzinssatz: erwarteter Zinssatz ex-post Realzinssatz: der sich tatsächlich einstellende Zinssatz Der Nominalzinssatz kann sich nicht an die tatsächliche Inflationsrate π anpassen, sondern nur an die erwartete πe. Damit ergibt sich für den Fisher-Effekt: i = r+ πe 7.5 Der Nominalzinssatz und die Nachfrage nach Geld Die Kosten der Geldhaltung Opportunitätskosten der Geldhaltung: Verzicht auf den Nominalzinssatz bei der Haltung von Bargeld Festverzinsliche Wertpapiere z.B. erwirtschaften einen realen Ertrag von r. Der erwartete reale Ertrag der Geldhaltung ist dagegen –πe . Durch die Geldhaltung verzichtet man jedoch auf die Differenz zwischen beiden Ertragsraten, also auf r – (-πe ). Nach der Fisher-Gleichung ist dieses gerade der Nominalzinssatz i. Die Nachfrage nach Realkasse ist daher vom Einkommensniveau und dem Preis der Geldhaltung, dem Nominalzinssatz, abhängig: (M/P)d = L(i,Y) (L zur Bezeichnung der Geldnachfrage: Geld als liquides Vermögensobjekt) Zukünftiges Geldangebot und heutige Preise Geldangebot Preisniveau Inflationsrate Nominalzinssatz Geldnachfrage 32/83 Der Nominalzinssatz beschreibt die Kosten der Geldhaltung. Daher gibt es hier einen Rückkopplungseffekt auf die Geldnachfrage. Die Auswirkungen dieses Effekts ergeben sich wie folgt: 1. Gleichsetzung des Angebots an Realkasse mit der Nachfrage M/P = L(i,Y) 2. Ausdruck des Nominalzinssatzes als Summe von Realzinssatz und erwarteter Inflationsrate M/P = L(r+πe,Y) Falls der Nominalzinssatz konstant bleibt, ändert sich das Preisniveau proportional zum Geldangebot. Er bleibt jedoch nicht konstant, sondern hängt von der erwarteten Inflationsrate ab, die vom Wachstum der Geldmenge bestimmt wird. Wenn die Realkasse vom Nominalzinssatz abhängt, dann hängt das Preisniveau sowohl von der gegenwärtigen als auch der für die Zukunft erwarteten Geldmenge ab. 7.6 Die sozialen Kosten der Inflation Die Sicht des Durchschnittsbürgers und die Antwort der Klassik Durchschnittsbürger: Inflation fresse einen Teil der Lohnerhöhungen (dahinter steht die Annahme, daß es auch ohne Inflation eine Lohnerhöhung gäbe) klassische Geldtheorie: • Kaufkraftsteigerungen des Arbeitseinkommens beruhen auf der Kapitalakkumulation und dem technologischen Fortschritt • Reallohn hängt nicht von dem im Umlauf befindlichen Geldangebot ab • kleinere Nominalzuwächse der Löhne bei geringeren Inflationsraten • ökonomisches Wohlergehen abhängig von den relativen Preisen, nicht vom Preisniveau Die Kosten einer erwarteten Inflation • • • • • Verzerrungen durch die Inflationssteuer: höhere Inflationsrate Æ höherer nominaler Zinssatz Æ Verringerung der Realkasse Æ größerer Zeitaufwand durch vermehrte Gänge zur Bank (shoeleather cost) häufige Preisänderungen Æ Kosten durch ständige neue Auszeichnung der Preise, z.B. durch den Druck neuer Kataloge (menu costs) Steigerung der Variabilität der relativen Preise: Unternehmen, die sich menu costs gegenüber sehen, passen ihre Preise nur in größeren Abständen an. D.h., zu Beginn einer Periode werden die Verkäufe des Unternehmens relativ gering sein, weil die Preise verhältnismäßig hoch sind, zum Ende der Periode sind die Preise jedoch vergleichsweise gering und die Verkäufe damit hoch Æ mikroökonomischen Ineffizienzen bei der Allokation von Ressourcen Inflationseffekte werden in den Steuervorschriften ignoriert Æ Verzerrung des Steuersystems, da z.B. bei der Einkommenssteuer der nominale und nicht der reale Kapitalgewinn als Einkommen betrachtet wird Unannehmlichkeiten im täglichen Leben, z.B. bei der Entscheidung eines Haushalts, welcher Anteil des Einkommens konsumiert und welcher langfristig gespart werden soll Die Kosten einer unerwarteten Inflation • willkürliche Umverteilung von Vermögen (Beispiel: Darlehensvertrag mit vereinbartem nominalem Zinssatz. Ist die Inflationsrate höher als erwartet, ergibt sich für den Schuldner ein Gewinn, für den Gläubiger ein Verlust und umgekehrt.) • Schädigung derjenigen, die nominal fixierte Renten beziehen Æ Gegenmaßnahme: Indexierung: * Abschluß von Verträgen in einer stabilen Auslandswährung in Ländern mit hohen Inflationsraten * BRD: dynamische Anpassung der Renten an die Lohn- und Gehaltsentwicklung * USA: Anpassung der Sozialversicherungsrenten an die Veränderung des Konsumentenpreisindex Zudem: Hohe Inflation = variable Inflation!!! Æ Unsicherheit 33/83 7.7 Hyperinflation Hyperinflation Geldentwertung, bei der die Inflationsrate monatlich mehr als 50% beträgt, d.h. ein mehr als hundertfacher Anstieg in einem Jahr und ein mehr als zweimillionenfacher Anstieg in drei Jahren Die Kosten der Hyperinflation • enorme shoeleather costs: Geschäftsleute müssen viel Zeit in das Management der Kassenhaltung investieren, die dann für andere Aktivitäten wie Produktions- oder Investitionsentscheidungen nicht mehr zur Verfügung steht Æ Effizienzverlust • extreme menu costs: normale Geschäftsaktivitäten wie das Herstellen von Preislisten werden unmöglich • relative Preise können nicht mehr die wahren Knappheiten anzeigen, vielfältige Beeinflussung des Nachfragerverhaltens • erhebliche Störung der Steuersysteme: erhebliche Einbußen der realen Steuereinnahmen durch die zeitliche Verzögerung • Unannehmlichkeiten: Geldsystem erleichtert die Tauschakte nicht mehr auf effiziente Weise, da ungeheure Mengen von Geldscheinen erforderlich werden Æ Verlust der Funktion des Geldes als Wertaufbewahrungsmittel, Recheneinheit und Tauschmittel: Naturaltausch Die Ursachen von Hyperinflation • • exzessives Geldmengenwachstum Fiskalpolitik: Bei unzureichenden Steuereinnahmen muß der Staat sein Budgetdefizit durch Ingangsetzung der Notenpresse decken, besonders dann, wenn er das Defizit nicht durch die Emission von Schuldtiteln decken kann, weil die Gläubiger als zu großes Risiko betrachten. Æ Durch Verzögerungen bei der Steuereintreibung sinken die realen Einnahmen noch mehr, die Abhängigkeit von der Seigniorage wächst. Æ Ende von Hyperinflationen häufig durch fiskalische Maßnahmen 7.8 Schlußfolgerung: Die klassische Dichotomie Im klassischen Modell der Wirtschaft wird angenommen, das Geld neutral ist: Das Geldangebot hat keinen Einfluß auf die realen Variablen. Zunächst werden die Bestimmungsgründe der realen Variablen bestimmt. Durch das Gleichgewicht auf dem Geldmarkt werden dann Preisniveau und andere nominale Variablen bestimmt. Diese theoretische Trennung zwischen realen und nominalen Größen nennt man klassische Dichotomie. 34/83 (8.0) Die offene Volkswirtschaft (8.1) Die internationalen Kapital- und Güterströme Der zentrale Unterschied zwischen einer offenen und einer geschlossenen Volkswirtschaft: • offene Volkswirtschaft Æ die Gesamtausgaben eines bestimmen Jahren müssen nicht notwendigerweise mit der Produktion von Waren und Dienstleistungen übereinstimmen. Rolle der Nettoexporte Die Ausgaben einer offenen Volkswirtschaft lassen sich in vier Komponenten zerlegen: (1) Konsum heimischer Güter (Cd) (2) Investition heimischer Güter (Id) (3) staatliche Käufe heimischer Güter (Gd) (4) Exporte heimischer Güter (EX) Als Gleichung ausgedrückt: Y = Cd + Id + Gd + EX graue Komponenten vierte Komponente = heimische Ausgaben für inländische Waren und Dienstleistungen = ausländische Ausgaben für Güter Zu beachten: Die inländischen Ausgaben für alle Güter setzen sich zusammen aus: - den inländischen Ausgaben für heimische Güter und - den inländischen Ausgaben für ausländische Güter. Somit gilt: C = Cd + Cf , I = Id + If , G = Gd + Gf Nach Einsetzen und Umformen ergibt sich die Inlandsproduktivitätsidentität als folgende Gleichung: Y = C + I + G + EX-IM In dieser Gleichung werden die Importausgaben subtrahiert, weil sie bereits in den gesamten inländischen Ausgaben (C+I+G) enthalten sind, die aus dem Ausland importierten Güter aber nicht zum Output des betrachteten Landes gehören. Definiert man den Nettoexport als Differenz aus Exporten und Importen (NX = EX – IM) ergibt sich folgende Gleichung: Y = C + I + G + NX Die Inlandsproduktivitätsidentität zeigt, in welchem Zusammenhang die Ausgaben für inländischen Output, die inländischen Ausgaben und die Nettoexporte stehen. Insbesondere gilt: NX = Y Nettoexporte = Output – – (C + I + G) inländische Ausgaben Diese Gleichung zeigt, dass in einer offenen Volkswirtschaft die inländischen Ausgaben nicht mit der inländischen Güterproduktion übereinstimmen müssen. Ist das inländische Produktionsvolumen höher, dann wird die Differenz exportiert: Æ die Nettoexporte sind positiv. Ist das inländische Produktionsvolumen geringer, dann wird die Differenz importiert: Æ die Nettoexporte sind negativ. Nettoauslandsinvestitionen und Leistungsbilanz In einer offenen Volkswirtschaft besteht eine enge Beziehung zwischen den Finanzmärkten und den Gütermärkten. Zum Erkennen dieser Beziehung wird die Sozialproduktsidentität mit Hilfe der Begriffe „Ersparnis“ und „Investition“ ausgedrückt. Nach Umformen11 (Y = C+I+G+NX) ergibt sich → S = I + NX ⇒ S - I = NX Diese Form der Inlandsproduktivitätsidentität zeigt, dass die Nettoexporte einer Volkswirtschaft immer gleich der Differenz aus ihrer Ersparnis und ihren Investitionen sein muß. Den Nettoexport (NX) bezeichnet man auch als Leistungsbilanzsaldo, weil er zeigt, wie weit der Güterexport von der Referenzsituation gleich hoher Importe und Exporte abweicht. 11 Mankiw, 4.Auflage, S: 222-223 35/83 Linke Seite (S-I) zeigt die Differenz aus inländischer Ersparnis und inländischen Investitionen. Auch bezeichnet als Nettoauslandsinvestitionen (= Differenz aus den an das Ausland vergebenen Krediten und den im Ausland aufgenommenen Krediten). S-I > 0 ⇒ inländische Ersparnis >inländische Investitionen → Inland gewährt Überschuß als Kredit an die übrige Welt S-I < 0 ⇒ Kreditaufnahme an den Weltfinanzmärkten Daraus folgt: Nettoauslandsinvestitionen (S-I) spiegeln also die internationalen Finanzströme zur Finanzierung der Kapitalakkumulation wider. Nettoauslandsinvestitionen S- = = Leistungsbilanzsaldo NX S-I und NX > 0 (positiv) ⇒ Leistungsbilanzüberschuß S-i und NX < 0 (negativ) ⇒ Leistungsbilanzdefizit → Nettodarlehensgeber → Nettodarlehnsnehmer Die Inlandsproduktivitätsidentität zeigt, dass der internationale Finanzstrom zur Finanzierung der Kapitalakkumulation und der internationale Güterstrom zwei Seiten derselben Medaille sind. (8.2) Ersparnis und Investition in einer kleinen offenen Volkswirtschaft Kapitalmobilität und das Weltzinsniveau Im Gegensatz zum Gesamteinkommensmodell (in Kapitel 3) nehmen wird nicht an, dass der reale Zinssatz Ersparnis und Investition ins Gleichgewicht bringt. Statt dessen: Annahme, dass die Wirtschaft bei einem Leistungsbilanzdefizit sich gegenüber dem Ausland verschuldet, bzw. bei einem Leistungsbilanzüberschuß finanzielle Mittel an das Ausland verleiht. Bestimmung der Höhe des realen Zinssatzes? Annahme: kleine offene Volkswirtschaft mit vollkommener Kapitalmobilität • klein: Volkswirtschaft macht nur einen unerheblichen Teil des Weltmarktes aus, somit besteht ein zu vernachlässigender Einfluß auf das Weltzinsniveau. • vollkommene Kapitalmobilität: Wirtschaftssubjekte haben freien Zugang zu den Finanzmärkten (Regierung behindert nicht die internationalen Kapitalströme) Aufgrund dessen gilt: Zinssatz der Volkswirtschaft (r) = Weltzinssatz (r*) Randüberlegung: Eine Wirtschaft die mit Sicherheit geschlossen ist, ist die Weltwirtschaft. Daher wird der Weltzinssatz durch das Gleichgewicht von Weltersparnis und Weltinvestition bestimmt. Modell (der kleinen offenen Weltwirtschaft) Annahmen: - Output der Volkswirtschaft (Y) ist durch die vorhandenen Produktionsfaktoren und durch die verfügbare Produktionstechnologie festgelegt Y = Y = F (K , L ) - - - Je höher das verfügbare Einkommen (Y-T) ist, desto höher ist auch der Konsum. Konsumfunktion: C = C (Y − T ) Je höher der reale Zinssatz (r) ist, desto niedriger sind die Investitionen. Investitionsfunktion: I = I (r ) Weltzinssatz (r*) ist eine exogene Variable (r* = r) 36/83 Bei Untersuchung der Inlandsproduktivitätsidentität ergeben sich die Gleichungen: NX = (Y − C (Y − T ) − G ) − I (r *) → NX = S − I (r *) Die Ersparnis hängt ab von der Fiskalpolitik (G und T) – niedrigere Staatsausgaben oder höhere Steuern erhöhen die gesamtwirtschaftliche Ersparnis. Die Investitionen werden durch den realen Weltmarktzinssatz r* determiniert – hohe Zinssätze verhindern die Profitabilität einiger Investitionsprojekte. In einer kleinen offenen Volkswirtschaft wird der Realzinssatz durch die Weltfinanzmärkte bestimmt. Die Differenz zwischen Ersparnis und Investition bestimmt den Leistungsbilanzsaldo. In der Grafik ist ein Leistungsbilanzüberschuß, weil beim herrschenden Weltrealzinssatz die Ersparnis größer ist, als die Investitionen. Der Leistungsbilanzsaldo wird durch die Differenz der Höhe von Ersparnis und Investitionen bestimmt, die sich beim Weltrealzinssatz ergibt. Der Einfluß der Weltwirtschaftspolitik auf die Leistungsbilanz Annahme: - Nettoexporte (NX) = 0 [dadurch Erklärung der Folgen inländischer und ausländischer wirtschaftspolitischer Maßnahmen] Fiskalpolitik im Inland Folgen, • wenn die Regierung über eine Erhöhung der staatlichen Güterkäufe die inländischen Ausgaben erhöht. - Zunahme von G vermindert die gesamtwirtschaftliche Ersparnis (S = Y-C-G). - bei gleichbleibendem Weltrealzinssatz verharren die Investitionen auf ihrem ursprünglichen Niveau - Ersparnis sinkt unter die Investitionen und ein Teil der Investitionen muß im Ausland finanziert werden - Weil NX = S – I, muß NX sinken → Leistungsbilanzdefizit • wenn die Regierung die Steuern (T) vermindert - Steuersenkung vergrößert das verfügbare Einkommen (Y-T) - stimuliert den Konsum und - reduziert die gesamtwirtschaftliche Ersparnis (!! Auch wenn ein Teil der Steuersenkung nicht konsumwirksam wird, sondern n die staatliche Ersparnis fließt, geht die gesamtwirtschaftliche Ersparnis zurück, da die staatliche Ersparnis um den Gesamtbetrag der Steuersenkung abnimmt!!) - Wegen NX = S – I führt der Rückgang der Ersparnis zu einer Abnahme von NX Fiskalpolitik im Ausland Wenn das Ausland lediglich einen Tei der Weltwirtschaft ausmacht, dann hat diese fiskalpolitische Veränderung nur eine vernachlässigte Wirkung auf die anderen Länder. Macht das Ausland jedoch einen großen Teil der Weltwirtschaft aus, dann vermindert die Zunahme der dortigen „ausländischen“ Güterkäufe die Weltersparnis und erhöht den Weltrealzinssatz. Folgen, • wenn der Weltrealzinssatz sich erhöht - verringert sich die Investition in der kleinen offenen Volkswirtschaft, weil S > I. Oder anders gesagt, ein Teil der Ersparnis fließt nun ins Ausland. - Da NX = S – I muß die Verminderung von I eine Zunahme von NX bedingen. - Verminderung der Ersparnis im Ausland führt zu einem Leistungsbilanzüberschuß des Inlandes 37/83 Verschiebung der Investitionsnachfrage Folgen, • wenn sich die Investitionskurve nach außen verschiebt.(Beispielsweise, wenn die Regierung Steuergesetze so verändert, dass die einheimischen Investitionen stimuliert werden.) - für jeden gegebenen Weltrealzinssatz steigen die Investitionen - Da Ersparnisse konstant geblieben, müssen Investitionen über das Ausland finanziert werden ⇒ Nettoauslandsinvestitionen sind folglich negativ anders formuliert: wegen NX = S – I führt die Zunahme von I zu einer Abnahme von NX - Verschiebung der Investitionskurve nach außen führt zu einem Leistungsbilanzdefizit Bewertung der Wirtschaftspolitik Zentrale Aussage des Modells der offenen Volkswirtschaft: Der in der Leistungsbilanz erfaßte Strom an Waren und Dienstleistungen ist untrennbar mit den Finanzierungsströmen der Kapitalbildung verbunden, die mit den Nettoauslandinvestitionen erfaßt werden. • Weil Nettoauslandsinvestitionen = Differenz von inländischer Ersparnis und ausländischen Investitionen sind → erkennt man die Wirkung der Wirtschaftspolitik auf die internationalen Güter- und Finanzierungsströme an ihrem Wirkungen auf Investitionen und Ersparnis. • In einer geschlossenen Volkswirtschaft führt eine geringe Ersparnis zu niedrigeren Investitionen und somit zu einem geringeren künftigen Kapitalstock. • In einer offenen Volkswirtschaft führt eine geringe Ersparnis zu einer Zunahme der Auslandsverschuldung, die irgendwann schließlich zurückgezahlt werden muß. → In beiden Fällen hat ein höherer Gegenwartskonsum einen geringeren Zukunftskonsum zur Folge, mit der Konsequenz, dass zukünftige Generationen die Last der geringen gesamtwirtschaftlichen Ersparnis tragen müssen. (8.3) Wechselkurse Der Wechselkurs zwischen zwei Ländern ist der Preis, zu dem der Austausch zwischen den beiden Ländern stattfindet. Nominaler und realer Wechselkurs Der nominale Wechselkurs Ist der relative Preis der Währung zweier Länder. (Bsp. wäre der Wechselkurs zwischen Euro und USD 2 E pro Dollar, so kann man auf dem Weltdevisenmarkt 2 Euro für einen USD eintauschen.) Der reale Wechselkurs Ist der relative Preis der Güter zweier Länder. Der reale Wechselkurs gibt also den Kurs wieder, zu dem man die Güter eines Landes gegen die Güter eines anderen Landes eintauschen kann. Der reale Wechselkurs wird oft auch mit dem Begriff terms of trade bezeichnet. (Bsp. Realer Wechselkurs = [(0,50$/ Euro)*(10.000 Euro/ deutsches Auto)] / (10.000$/ amerikanisches Auto) ) Realer Wechselkurs = (Nominaler Wechselkurs * Preis des inländisches Guts) / Preis des ausländisches Guts bzw. ⎛ P ⎞ ⎟ ⎝ P *⎠ ε = e⋅⎜ ε e (P/P*) = realer Wechselkurs, = nominaler Wechselkurs = Verhältnis der Preisniveaus 38/83 • Ist der reale Wechselkurs hoch, dann sind die ausländischen Güter relativ billig und heimische Güter relativ teuer. • Ist der reale Wechselkurs niedrig, sind ausländische Güter relativ teuer und heimische Güter relativ billig. Realer Wechselkurs und Leistungsbilanz Ist der reale Wechselkurs niedrig, so dass inländische Güter relativ billig sind, werden die Inländer heimischen Güter bevorzugen. Aus dem gleichen Grund werden Ausländer relativ viele inländische Güter kaufen. → Folglich werden die Nettoexporte groß sein. Die Abhängigkeit zwischen Nettoexport und realem Wechselkurs drückt folgende Beziehung aus: NX = NX (ε ) ⇒ Nettoexporte ist eine Funktion des realen Wechselkurses. Bestimmungsgründe des realen Wechselkurses • Der reale Wechselkurs steht in Beziehung zu den Nettoexporten. Je geringer der reale Wechselkurs ist, desto billiger sind die heimischen Güter in Relation zu den ausländischen und desto größer ist die Nettoexportnachfrage. • Der Leistungsbilanzsaldo (=Nettoexport) muß den Nettoauslandsinvestitionen entsprechen, die ihrerseits gleich der Differenz aus Ersparnis und Investitionen sind. Die Ersparnis wird durch die Konsumfunktion und die Fiskalpolitik bestimmt, die Investitionen ergeben sich aus der Investitionsfunktion und dem Weltrealzinssatz. Erklärung Grafik Die Kurve, die die Beziehung zwischen Nettoexporten und realem Wechselkurs wiedergibt, ist abwärts geneigt, weil ein niedriger realer Wechselkurs die heimischen Güter relativ verbilligt. Die Kurve, die den Überschuß der Ersparnis über die Investitionen (S-I) beschreibt, verläuft vertikal, da weder Ersparnis noch Investitionen vom realen Wechselkurs abhängen. Der Schnittpunkt beider Kurven bestimmt den gleichgewichtigen realen Wechselkurs. In diesem Schnittpunkt stimmt das Geldvolumen, das für Nettoauslandsinvestitionen angeboten wird, mit dem Geldvolumen überein, das für die Nettoexporte nachgefragt wird. Der Einfluß der Wirtschaftspolitik auf den realen Wechselkurs Fiskalpolitik im Inland Folgen, • wenn die Regierung des Inlands die gesamtwirtschaftliche Ersparnis durch Ausgabenerhöhungen oder Steuersenkungen vermindert - verringert dieser Verminderung der Ersparnis die Differenz (S – I) und damit NX - der Rückgang der Ersparnis ändert den Leistungsbilanzsaldo in Richtung Defizit Abbildung zeigt, - wirtschaftspolitische Maßnahmen verschieben senkrechte (S – I)-Kurve nach links und verringern das GeldWährungsangebot - geringere Angebot → gleichgewichtige reale Wechselkurs steigt - Anstieg des Wertes → werden Güter der heimischen Produktion im Verhältnis zu ausländischen Gütern teurer - Rückgang der Exporte sowie Anstieg Importe → Verminderung Nettoexporte 39/83 Fiskalpolitik im Ausland Folgen, • wenn die Regierung des Auslands die Ausgaben erhöht oder die Steuern senkt - fiskalpolitische Maßnahmen vermindern die Weltersparnis und erhöhen damit den Weltrealzins - Erhöhung des Weltrealzinssatzes → verringert inländische Investitionen - dadurch erhöht sich die Differenz (S – I) und damit der Nettoexport (NX) - Anstieg des Weltrealzinsessatzes verändert den Leistungsbilanzsaldo in Richtung Überschuß Abbildung zeigt: - die Wirtschaftspolitik des Auslandes verschiebt die senkrechte (S – I)-Kurve nach rechts und vergrößert das Währungsangebot, welches für Auslandsinvestitionen zur Verfügung steht - der gleichgewichtige reale Wechselkurs sinkt, d.h. der Wert des Euros nimmt ab und - heimische Güter werden relativ zu ausländischen billiger. Verschiebung der Investitionsnachfrage Folgen (auf den realen Wechselkurs), • wenn die Investitionsnachfrage steigt, z.B. aufgrund einer Investitionszulage. - bei gegebenem Weltrealzinssatz führt die Zunahme der Investitionsnachfrage zu höheren Investitionen - ein höherer Wert von I bedeutet geringere Werte von S – I und NX - die Zunahme der Investitionsnachfrage verschiebt den Leistungsbilanzsaldo in Richtung Defizit (siehe Grafik: Fiskalpolitik im Inland) Die Wirkungen der Handelspolitik Definition: Unter Handelspolitik versteht man Maßnahmen, mit denen die Mengen der exportierten oder importierten Güter direkt beeinflußt werden sollen. In der Regel soll mit handelspolitischen Maßnahmen die inländische Industrie vor ausländischer Konkurrenz geschützt werden. - durch Steuern auf Importe (Importzölle) - durch Beschränkung der Mengen an Waren und Dienstleistungen (Importquoten) ⇒ protektionistische Handelspolitik Die protektionistische Handelspolitik verändert weder Ersparnis, noch die Investitionen. Somit wird der Leistungsbilanzsaldo nicht berührt. Weil der Leistungsbilanzsaldo den Überschuß des Imports über den Export widerspiegelt, ist dies eine häufig nicht richtig dargestellte Schlußfolgerung. - protektionistische Maßnahmen verändern zwar den Leistungsbilanzsaldo nicht, haben aber Einfluß auf das Handelsvolumen. protektionistische Handelspolitik führt zu einer Erhöhung des realen Wechselkurses → im Inland hergestellte Güter werden relativ teurer zu den ausländischen Waren und Dienstleistungen weil der reale Wechselkurs steigt, exportiert das Inland im neuen Gleichgewicht weniger als zuvor da der Nettoexport jedoch unverändert bleibt, muß der Import sinken → Protektionistische Maßnahmen verringern also sowohl das Importvolumen als auch das Exportvolumen. → Protektionistische Maßnahmen vermindern die Wohlfahrtsgewinne aus dem internationalen Handel. 40/83 Determinanten des nominalen Wechselkurses Für den nominalen Wechselkurs kann man schreiben e = ε ⋅ ( P * / P) - steigt das inländische Preisniveau (P), steigt das (z.B. amerikanische) Preisniveau (P*), % Änderung von e dann wird der nominale Wechselkurs (e) sinken wird der nominale Wechselkurs steigen = % Änderung von prozentuale Änderung des nominalen Wechselkurses ε prozentuale Änderung des realen Wechselkurses + (π * −π ) Differenz der Inflationsraten Diese Gleichung besagt, dass die Änderung des nominalen Wechselkurses zwischen den Währungen zweier Länder gleich der Änderung des realen Wechselkurses zuzüglich der Differenz ihrer Inflationsraten ist. Das Kaufkraftparitäten-Theorem Ein fundamentaler Lehrsatz der Wirtschaftswissenschaft, das Gesetz von der Unterschiedslosigkeit der Preise, besagt, dass das gleiche Gut zum selben Zeitpunkt nicht an verschiedenen Orten zu unterschiedlichen Preisen verkauft werden kann. Clevere Arbitrageure sorgen stellen sicher, dass sich die Preise auf allen Märkten angleichen. Das Gesetz von der Unterschiedslosigkeit der Preise läßt sich auch auf den Weltmarkt übertragen. Es ist in dieser Form als Kaufkraftparitäten-Theorem bekannt und besagt, dass ein Einheit einer Währung in allen Ländern die gleiche Kaufkraft haben muß, falls internationale Arbitrage möglich ist. Das Gewinnstreben internationaler Arbitrageure bringt daher die internationalen Güterpreise ins Gleichgewicht. Zur Grafik: Das Kaufkraftparitäten-Theorem läßt vermuten, dass der Nettoexport sehr empfindlich auf kleine Änderungen des realen Wechselkurses reagiert. Zwei wichtige Implikationen: (1) Weil die Nettoexportkurve sehr flach verläuft, haben Änderungen der Ersparnis oder der Investitionen keinen nennenswerten Einfluß auf die Höhe des realen oder nominalen Wechselkurses. (2) Alle Änderungen des nominalen Wechselkurses ergeben sich aus Änderungen des Preisniveaus, weil der reale Wechselkurs fixiert ist. Trotz dessen Logik, besteht bei einigen Ökonomen die Auffassung, dass die Wirklichkeit nicht präzise beschrieben wird. (1) viele Güter lassen sich nicht so ohne weiteres handeln. (2) selbst gehandelte Güter sind nicht immer vollkommene Substitute Trotz dass das Kaufkraftparitäten-Theorem keine perfekte Beschreibung der Wirklichkeit bietet, liefert es einen Anhaltspunkt dafür, dass die Ausschläge des realen Wechselkurses begrenzt bleiben. 41/83 (8.4) Schlußfolgerung: Die Vereinigten Staaten als große offene Volkswirtschaft • Die Wirtschaft, die betrachtet wurde, ist in dem Sinne „klein“, als dass ihr Zinssatz auf den Weltfinanzmärkten bestimmt wird. Angenommen wurde also, dass ihre Aktionen und wirtschaftspolitischen Maßnahmen den Weltrealzinssatz nicht beeinflussen, und dass die Wirtschaft zum herrschenden Weltzinssatz in unbeschränktem Maße Kredite nehmen oder gewähren kann. • In der geschlossenen Volkswirtschaft paßte sich der inländische Zinssatz so an, dass inländische Ersparnis und inländische Investitionen ins Gleichgewicht kamen. Damit ist impliziert, dass wirtschaftspolitische Maßnahmen, die die Ersparnis oder die Investitionen beeinflussen, den gleichgewichtigen Zinssatz verändern. Die Frage, welche der beiden Grundsätze auf die USA anzuwenden ist, muß damit beantworten, dass es eine Mischung aus den beiden Extremfällen ist. Als Beispiel kann man die Verminderung der gesamtwirtschaftlichen Ersparnis aufgrund einer expansiven Fiskalpolitik betrachten. Genau wie in der geschlossenen Volkswirtschaft führt diese Politik zu einem Anstieg des Zinssatzes und zur Verdrängung von Investitionen. 42/83 (Teil III) Die Volkswirtschaft bei kurzfristiger Betrachtung Bislang wurden Theorien entwickelt, welche zum Ziel haben das Verhalten der Wirtschaft bei langfristiger Betrachtung zu erklären. Diese Theorien beruhen auf der klassischen Dichotomie. → Dichotomie: auf der grundlegenden Annahme, dass reale Variablen wie Produktion und Beschäftigung und nominale Variablen wie das Geldangebot unabhängig voneinander sind. Der klassische Ansatz ist nützlich, um die langfristige, trendmäßige Entwicklung zu beschreiben. Die meisten Ökonomen sind aber davon überzeugt, dass die klassische Dichotomie bei kurzfristiger Betrachtung nicht gilt. (9.0) Einführung in das Problem kurzfristiger Schwankungen Ökonomen bezeichnen Schwankungen von Output und Beschäftigung häufig als Konjunkturzyklus. Die Irregularität lässt eine Vorhersagbarkeit schwerlich zu. 9.1 Die Bedeutung des Zeithorizonts in der Makroökonomik Die Unterscheide zwischen kurz- und langfristiger Betrachtung fundamentaler Unterschied liegt in der Preisanpassung: - langfristig sind die Preise flexibel und passen sich den Veränderungen von Angebot und Nachfrage an - kurzfristig sind Preise auf dem vorgegebenen Niveau starr Zur Verdeutlichung des Unterschiedes ein Beispiel: EZB reduziert Geldangebot um 5%. → Nach dem klassischen Modell, das nach Auffassung der Mehrzahl der Ökonomen die lange Frist angemessen beschreibt, hat das Geldangebot nur Wirkungen auf die nominalen – als die in Geldeinheiten gemessenen -, nicht aber auf die realen Variablen (Prinzip der klassischen Dichotomie). a) Somit hat die Verminderung langfristig eine fünfprozentige Vermindung aller Preise zu Folge, während die realen Variablen unverändert bleiben. b) Kurzfristig reagieren viele Preise nicht auf die Änderung der Geldpolitik. Z.B. Preisauszeichnungen im Einzelhandel,... ⇒ Viele Preise sind kurzfristig starr! Diese kurzfristige Starrheit der Preise impliziert, dass die kurzfristigen Wirkungen einer Änderung des Geldangebots andere sind als die langfristigen. Ein Modell der gesamtwirtschaftlichen Schwankungen muss diese kurzfristigen Preisstarrheiten berücksichtigen. Ein Teil der notwendigen Anpassung erfolgt über Beschäftigung und Produktion. Das Gesamtnachfrage-Gesamtangebots-Modell Betrachtung von Angebot und Nachfrage. • In der klassischen Makrotheorie hängt das Produktionsvolumen von den Angebotsbedingungen ab, die ihrerseits vom Angebot an Arbeit und Kapital sowie von der verfügbaren Produktionstechnologie bestimmt werden. Bei Preisstarrheiten funktioniert die Wirtschaft aber ganz anders. • In diesem Fall hängt der Output auch von der Nachfrage nach Gütern ab. Die Nachfrage ihrerseits wird beeinflusst durch die Geldpolitik, durch die Fiskalpolitik und verschiedene andere Faktoren. Die Existenz von Preisstarrheiten liefert daher eine Begründung dafür, warum Geld- und Fiskalpolitik als Stabilisierungsinstrumente nützlich sein können. 9.2 Die Gesamtnachfrage Als Gesamtnachfrage (AD – „aggregate demand“) bezeichnet man die Beziehung zwischen gesamtwirtschaftlicher Güternachfrage und gesamtwirtschaftlichem Preisniveau → Die Gesamtnachfragekurve gibt also Auskunft über die Menge an Waren und Dienstleistungen, die zu jedem gegebenen Preisniveau nachgefragt wird. 43/83 Die Quantitätsgleichung als Gesamtnachfragefunktion Quantitätstheorie wird durch folgende Gleichung (bisher) beschrieben: MV = PY M = Geldangebot V = Einkommenskreislaufgeschwindigkeit P = Preisniveau Y = Produktionsvolumen Ist die Umlaufgeschwindigkeit konstant, dann besagt diese Gleichung, dass das Geldangebot den nominalen Wert des Produktionsvolumens bestimmt. Die Quantitätstheorie lässt sich auch in den Kategorien Geldangebot und Nachfrage formulieren: M/P = (M / P)d = k Y k = 1/V → ein Parameter, welcher zeigt, wieviel Geld die Leute je Einheit des Einkommens halten möchten. In dieser Form zeigt die Quantitätstheorie, dass das Angebot an Realkasse M/P gleich der Nachfrage (M / P)d ist, und dass sich die Nachfrage nach Realkasse proportional zum Produktionsvolumen verhält. Die Abbildung zeigt alle Kombinationen von P und Y, die Quantitätsgleichung für konstant gehaltene Werte von M und V erfüllen. Zusatzinformation: kurzfristige Betrachtung: Langfristige Betrachtung: sehr langfristige Betrachtung: die kurzfristige Theorie der Volkswirtschaft: Annahme der Rigidität der Preis („Preisrigidität“) → daher wird davon ausgegangen, dass Kapital und Arbeit nicht mehr vollbeschäftigt sind. Monat zu Monat, Jahr zu Jahr. Theorie der Volkswirtschaft (klassisches Modell), klassische Theorie des Geldes sowie die klassische Theorie der offenen Volkswirtschaft. Annahme, dass die Preise flexibel sind. → Kapital und Arbeit daher stets auf ihrem Vollbeschäftigungsniveau. Annahmen am ehesten realistisch für Zeiträume bis zu einigen Jahren Über einen solchen Zeitraum können sich die Preise an ihr Gleichgewichtsniveau anpassen, Kapital, Arbeit und die verfügbare Technologie bleiben jedoch in etwa konstant. Solow-Modell (Modell beschäftigt sich mit dem Zeithorizont, über den sich der Kapitalstock, das Arbeitsvolumen und die verfügbare Technologie ändern können. Dieses Modell erklärt wirtschaftliche Entwicklungen über mehrere Jahrzehnte. Warum die Gesamtnachfragekurve abwärts geneigt ist Rein formal: Geldangebot (M) und Umlaufgeschwindigkeit des Geldes (V) bestimmen den nominalen Wert des Outputs (PY). Wenn der Wert des Produktes PY feststeht, dann muss Y sinken, wenn P steigt. Annahme: Umlaufgeschwindigkeit konstant, bestimmt das Geldangebot den in der Währung ausgedrückten Wert aller Transaktionen der betrachteten Wirtschaft. → Wenn das Preisniveau steigt, für jede Transaktion also im Durchschnitt ein größerer Eurobetrag benötigt wird, dann muss die Anzahl der Transaktionen und daher die Anzahl der gekauften Güter zurückgehen. Betrachtung Angebot und Nachfrage nach realer Kasse: Produktion höher → mehr Transaktionen → höherer Bedarf an Realkasse (M/P) - bei gegebener nominaler Geldmenge M ist ein größere Realkasse jedoch nur bei geringerem Preisniveau (P) möglich umgekehrt gilt: - bei niedrigerem Preisniveau → Realkasse höher - eine größere Realkasse erlaubt ein größeres Transaktionsvolumen → mehr Output wird nachgefragt 44/83 Verschiebung der Gesamtnachfragekurve Die Gesamtnachfragekurve ist für ein bestimmtes Niveau des Geldangebots gezeichnet worden. Sie zeigt also die möglichen Kombinationen von P und Y für einen gegebenen Wert von M. Bsp. Was passiert, wenn die EZB das Geldangebot verringert? → Die Quantitätsgleichung zeigt, dass ein Reduzierung des Geldangebots zu einer proportionalen Verringerung des nominalen Outputs PY führt. Für jedes gegebene Preisniveau vermindert sich daher die Höhe des Outputs, und für jedes gegebene Outputvolumen vermindert sich die Höhe des Preisniveaus. Bsp. Was passiert, wenn die EZB das Geldangebot erhöht? → Aus der Quantitätsgleichung ergibt sich eine Erhöhung von PY. Für jedes gegebene Preisniveau ist daher das Produktionsvolumen größer, und für jedes gegebene Produktionsvolumen ist das Preisniveau höher. Schwankungen des Geldangebots sind nicht die einzige Ursache für Schwankungen der Gesamtnachfrage. Selbst wenn das Geldangebot konstant gehalten wird, verschiebt sich die aggregierte Nachfragekurve aufgrund von Veränderungen der Umlaufgeschwindigkeit. → die Gesamtnachfragekurve allein gibt also keine Auskunft über die tatsächliche Höhe von Preisniveau und Output. → sie stellt lediglich eine Beziehung her → zur Bestimmung von Preisniveau und Produktionsmenge wird in Ergänzung zur Gesamtnachfragekurve eine zweite Beziehung zwischen P und Y benötigt ⇒ eine Gesamtnachfragekurve schneidet eine Gesamtangebotskurve 9.3 Gesamtangebot Als Gesamtangebot (AS - „aggregate supply“) bezeichnet man die Beziehung zwischen dem gesamtwirtschaftlichen Güterangebot und dem Preisniveau. Weil Preise langfristig flexibel sind, kurzfristig aber Rigiditäten auftreten, hängt die Beziehung vom Betrachtungszeitraum ab: Daher wird unterschieden: - SRAS („short run aggregate supply“): kurzfristige Gesamtangebotskurve - LRAS („long run aggregate supply”): langfristige Gesamtangebotskurve Langfristige Betrachtung: Gesamtangebotskurve die vertikale klassisches Modell des langfristigen Verhaltens der Wirtschaft Y = F (K , L ) ⇒ Y 12 Im klassischen Modell hängt der Output nicht vom Preisniveau ab! Die Gesamtangebotskurve verläuft daher senkrecht. → Daher führen Änderungen in der Gesamtnachfrage zu Preisänderungen, nicht aber zu Änderungen des Outputs. Bsp. Sinkt beispielsweise das Geldangebot, → dann verschiebt sich die Gesamtnachfragekurve nach unten. Die Verschiebung der Gesamtnachfragekurve hat nur Einfluss auf das Preisniveau. Die senkrechte Gesamtangebotskurve genügt der klassischen Dichotomie, weil sie die Unabhängigkeit des Outputs vom Geldangebot impliziert. 12 produzierte Gütermenge hängt von der Höhe des Kapitalund Arbeitseinsatzes sowie von der verfügbaren Produktionstechnologie ab. 45/83 Das so festgelegte langfristige Niveau des Outputs Y wird als - Vollbeschäftigungsniveau oder - natürliches Niveau des Outputs bezeichnet. Kurzfristige Betrachtung: die horizontale Angebotskurve Kurzfristig sind einige Preise starr und können sich deshalb nicht an Änderungen der Nachfrage anpassen. Aufgrund dieser Rigiditäten verläuft die Angebotskurve nicht senkrecht (Bild: Extrembeispiel bei der alle Preise als konstant angenommen werden). Das kurzfristige Gleichgewicht der Wirtschaft wird durch den Schnittpunkt dieser horizontalen kurzfristigen Gesamtangebotskurve und der fallend verlaufenden Gesamtnachfragekurve bestimmt. Bsp. Vermindert die Zentralbank das Geldangebot, → so verschiebt sich die Gesamtnachfragekurve nach innen. Die Wirtschaft bewegt sich vom alten Schnittpunkt (A) zum neuen Schnittpunkt (B). Da das Preisniveau fixiert ist, ruft die Verschiebung der Nachfragekurve nur ein Sinken des Outputs hervor. Eine Verminderung der Gesamtnachfrage vermindert den Output kurzfristig deshalb, weil die Preise sich nicht sofort anpassen. Nach dem plötzlichen Rückgang der Gesamtnachfrage halten die Unternehmen an Preisen fest, die jetzt zu hoch sind. Die Umsätze gehen zurück. Die Unternehmen verringern Beschäftigung und Produktion. Die Wirtschaft macht eine Rezession durch. Von der kurzfristigen zur langfristigen Betrachtung Zusammenfassung der beiden zeitlichen Betrachtungsräume: • Über einen kurzen Zeitraum betrachtet gibt es Preisstarrheiten, die Gesamtangebotskurve verläuft flach, und Änderungen der Gesamtnachfrage beeinflussen die Produktion der betrachteten Wirtschaft. • Über einen langen Zeitraum betrachtet sind die Preise flexibel, die Gesamtangebotskurve verläuft senkrecht, und Änderungen der Gesamtnachfrage beeinflussen nur das Preisniveau. Was passiert auf dem Weg von kurz- zu langfristigen Situation? Erklärung durch betrachten der drei Kurven: (1) Gesamtnachfragekurve (AD) (2) kurzfristige Gesamtangebotskurve (SRAS) (3) langfristige Gesamtangebotskurve (LRAS) Das langfristige Gleichgewicht ist durch den Punkt gegeben, in dem die Gesamtnachfragekurve die langfristige Gesamtangebotskurve schneidet. Die Preise haben sich so angepasst, dass dieses Gleichgewicht erreicht wird. → Daher verläuft auch die kurzfristige Angebotskurve durch diesen Punkt. Annahme: Zentralbank verringt die Geldmenge. → Gesamtnachfragekurve verschiebt sich nach innen → kurzfristig sind die Preise starr, so dass die Wirtschaft sich von A nach B bewegt → Output und Beschäftigung sinken unter ihr natürliches Niveau, was bedeutet, dass sich die Wirtschaft in einer Rezession befindet. Im Zeitablauf sinken Löhne und Preise als Reaktion auf die geringe Nachfrage. Der allmähliche Rückgang der Preise bewirkt, dass sich die Wirtschaft entlang der Gesamtnachfragekurve nach Punkt C bewegt, in das neue langfristige Gleichgewicht. Eine Verschiebung der Gesamtnachfragekurve verändert also kurzfristig den Output. Allerdings lässt dieser Effekt mit der Anpassung der Preise durch die Unternehmen im Zeitverlauf immer mehr nach. 46/83 9.4 Stabilisierungspolitik ⇒ Schwankungen der Gesamtwirtschaft beruhen auf Änderungen der Gesamtnachfrage oder des Gesamtangebots. Ökonomen bezeichnen exogene Änderungen dieser Kurven als Schocks, die die Wirtschaft treffen: - Ein Schock, der die Gesamtnachfragekurve verschiebt, wird als Nachfrageschock bezeichnet. - Ein Schock, der die Gesamtangebotskurve verschiebt, heißt Angebotsschock. Anhand des Gesamtangebots- Gesamtnachfrage-Modells soll abgeschätzt werden, wie die Wirtschaftspolitik auf Schocks reagieren kann. Der Versuch der Wirtschaftspolitik, das Ausmaß der kurzfristigen Schwankungen in Grenzen zu halten, wird als Stabilisierungspolitik bezeichnet. Weil Output und Beschäftigung im Verlauf des Konjunkturzyklusses um ihr langfristiges, natürliches Niveau schwanken, muss eine Stabilisierungspolitik, die die konjunkturellen Schwankungen dämpfen will, versuchen, Output und Beschäftigung möglich nah an ihrem natürlichen Niveau zu halten. Die Geldpolitik stellt eine bedeutende Komponente der Stabilisierungspolitik dar, weil das Geldangebot wesentlichen Einfluss auf die Gesamtnachfrage hat. Nachfrageschocks Bsp. eines Nachfrageschocks: Einführung und zunehmende Verbreitung von Kreditkarten Erklärung: Weil die Benutzung von Kreditkarten bei Käufen oftmals bequemter ist als die Verwendung von Bargeld, impliziert die Verwendung von Kreditkarten einen Rückgang der von den Leuten gewünschten Kassenhaltung. → Diese Verminderung der Geldnachfrage entspricht einer Erhöhung der Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. → Hält jedes Wirtschaftssubjekt weniger Geld, dann sinkt der Geldnachfrageparameter (k). → Dies wiederum bedeutet, dass jede Geldeinheit im Durchschnitt häufiger umgeschlagen wird, die Umlaufgeschwindigkeit (V=1/k) nimmt also zu. → Bei konstant gehaltenem Geldangebot führt eine Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit zu einer Verschiebung der Gesamtnachfragekurve nach außen → Kurzfristig hat die Zunahme der Gesamtnachfrage eine Ausdehnung der Produktion zur Folge – sie ruft einen wirtschaftlichen Aufschwung hervor (zu den gegebenen Preisen verkaufen die Unternehmen mehr als in der Ausgangslage, → mehr Arbeiter einstellen, ...) → im Verlauf der Zeit führt der Boom zu einem Anstieg von Löhnen und Preisen. → mit dem Preisanstieg geht die Nachfrage zurück, und die Wirtschaft nähert sich dem natürlichen Niveau der Produktion. Maßnahmen der Zentralbank um den Boom zu dämpfen und die Produktion in der Nähe ihres natürlichen Niveaus zu halten? • Zentralbank könnte beispielsweise das Geldangebot vermindern, um so die Zunahme der Umlaufgeschwindigkeit zu konterkarieren. → Die Neutralisierung des Effektes einer gestiegenen Umlaufgeschwindigkeit würde die Gesamtnachfrage stabilisieren. Fraglich bleibt, ob die Zentralbank zu einer solch präzisen Steuerung in der Lage ist. Angebotsschocks Ein Angebotsschock ist eine Störung, die die Kostensituation der Unternehmen plötzlich verändert und damit auch zu einer Änderung der Preise führt, die die Unternehmen für die von ihnen erzeugten Güter verlangen. Weil Angebotsschocks direkt das Preisniveau beeinflussen, werden sie manchmal als Preisschocks bezeichnet. Beispiele: - Eine Trockenheit zerstört eine Ernte. Der Rückgang des Lebensmittelangebots treibt die Lebensmittelpreise in die Höhe. - Verschärfung der Umweltgesetzgebung. Unternehmen wälzen die zusätzlichen Kosten für Maßnahmen zur Emissionsreduzierung auf die Konsumenten ab. 47/83 Bei den Beispiel handelt es sich um negative Angebotsschocks: Sie treiben Kosten und Preise in die Höhe. Ein vorteilhafter Angebotsschock wäre: - das Auseinanderbrechen eines internationalen Ölkartells, da dies zu einer Verminderung von Kosten und Preisen führen würde. Wirkungen eines nachteiligen Angebotsschocks: → kurzfristige Gesamtangebotskurve verschiebt sich nach oben. (Der Angebotsschock kann auch zu einer Verringerung des natürlichen Niveaus der Produktion führen und somit die langfristige Gesamtangebotskurve nach links verschieben!) → wenn die Gesamtangebotskurve unverändert bleibt, dann bewegt sich die Wirtschaft von Punkt A nach B: → das Preisniveau steigt, → und der Output sinkt unter sein natürliches Niveau Eine solche Entwicklung wird auch als Stagflation bezeichnet, weil hier Stagnation (= sinkender Output) in Verbindung mit Inflation (steigende Preise) auftritt. Die Zentralbank hat zwei Optionen: (1) Gesamtnachfrage konstant halten → in diesem Falle werden Output und Beschäftigung längere Zeit unterhalb ihres natürlichen Niveaus liegen. Schließlich wird es jedoch zu einem Rückgang des gesamtwirtschaftlichen Preisniveaus kommen, und die Vollbeschäftigung wird beim alten Preisniveau wieder erreicht (Punkt A). → der Weg dorthin führt durch eine Rezession (2) Ausdehnung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage → dadurch wird die Wirtschaft schneller auf ihr natürliches Produktionsniveau zurückgeführt (siehe Bild rechts) → wenn die Zunahme der aggregierten Nachfrage mit dem Angebotsschock zeitlich zusammentrifft, dann bewegt sich die Wirtschaft von Punkt A nach C. ⇒ Man spricht in diesem Fall von einer akkomodierenden Politik der Zentralbank der Nachteil dieser Variante: → das Preisniveau ist auf Dauer höher, als in der Ausgangslage → es gibt keine Möglichkeit die Nachfrage so zu steuern, dass sowohl die Vollbeschäftigung aufrecht erhalten wird, als auch das Preisniveau stabil bleibt. 48/83 9.5 Schlussfolgerung Zusammenfassung 1. 2. 3. 4. 5. Der grundlegende Unterschied zwischen langfristiger und kurzfristiger Betrachtung besteht darin, dass die Preise langfristig flexibel, kurzfristig starr sind. Das Gesamtangebots-Gesamtnachfrage-Modell liefert einen Rahmen für die Analyse gesamtwirtschaftlicher Schwankungen. Es zeigt sich darüber hinaus die unterschiedlichen Wirkungen der Wirtschaftspolitik, die sich infolge unterschiedlicher Betrachtungszeiträume ergeben. Die Gesamtnachfragekurve verläuft mit negativer Steigung. Sie zeigt, dass die aggregierte Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen mit abnehmendem Preisniveau steigt. Die langfristige Gesamtangebotskurve verläuft senkrecht. Die Höhe der Produktion wird ausschließlich durch die vorhandene Ausstattung einer Volkswirtschaft mit Arbeit und Kapital sowie die verfügbare Produktionstechnologie bestimmt. Verschiebungen der Gesamtnachfrage ändern daher das Preisniveau, nicht aber das Niveau von Produktion und Beschäftigung. Die kurzfristige Gesamtangebotskurve verläuft waagerecht, weil Löhne und Preise kurzfristig fest vorgegeben sind. Verschiebungen der Gesamtnachfrage führe daher zu Änderungen von Produktion und Beschäftigung. Angebots- und Nachfrageschocks führen zu gesamtwirtschaftlichen Schwankungen. Da die Zentralbank die Lage der Gesamtnachfragekurve beeinflussen kann, kann sie versuchen, diesen Schocks durch eine Geldpolitik entgegenzuwirken, um so Produktion und Beschäftigung auf ihrem natürlichen Niveau zu halten. 49/83 (10.0) Gesamtwirtschaftliche Nachfrage John Maynard Keynes, The General Theory of Employment, Interest and Money, 1936: Kernthesen: • Geringe Gesamtnachfrage ist für das niedrige Einkommen und die hohe Arbeitslosigkeit in der Rezession verantwortlich. • Nicht nur das gesamtwirtschaftliche Angebot und seine Determinanten (Kapital, Arbeit, Technologie) bestimmen die Höhe des Nationaleinkommens. Bei gegebenem Preisniveau kommt es zu Schwankungen von Gesamtproduktion und Gesamteinkommen, wenn sich die Gesamtnachfragekurve verschiebt. Zur Erklärung wird das IS/LM-Modell entwickelt, das von einem exogen gegebenen Preisniveau ausgeht und folgendes zeigt: • Veränderung des Inlandsprodukts auf kurze Sicht, also bei konstantem Preisniveau • Verschiebungen der Gesamtnachfragekurve Diese Betrachtungsweisen sind äquivalent (s. Abb.) IS-Kurve: • Investment und Saving • stellt den Zusammenhang zwischen Einkommensniveau und Zinssatz dar • repräsentiert den Markt für Dienstleistungen LM-Kurve: • Liquidity und Money • zeigt den Zusammenhang von Geldangebot und Geldnachfrage 10.1 Der Gütermarkt und die IS-Kurve Das keynesianische Kreuz Das Gesamteinkommen einer Volkswirtschaft wird kurzfristig durch die Ausgabenwünsche von Haushalten, Unternehmen und Staat bestimmt: höhere Ausgaben der Wirtschaftssubjekte Æ steigender Verkauf von Waren und Dienstleistungen durch die Unternehmen Æ höhere Produktion Æ Beschäftigung von mehr Arbeitnehmern Geplante Ausgaben Unterscheidung zwischen geplanten und tatsächlichen Ausgaben: • tatsächliche Ausgaben: Volumen aller Ausgaben, die Haushalte, Unternehmen und Staat tätigen (in einer geschlossenen Volkswirtschaft gleich dem BIP) • geplante Ausgaben: Betrag, den die Wirtschaftssubjekte auszugeben beabsichtigen Î Differenz ergibt sich durch ungeplante Lagerinvestitionen der Firmen, die als Ausgaben gezählt werden. Es ergibt sich: E = C+ I +G geplante Gesamtausgaben = geplanter Konsum + geplante Investitionen + geplante staatliche Güterkäufe Ergänzung durch die Konsumfunktion, nach der der Konsum abhängig ist vom verfügbaren Einkommen Y-T, d.h. dem Gesamteinkommen abzüglich der Steuern: C = C(Y-T) Die geplanten Gesamtinvestitionen seien konstant, die fiskalpolitischen Variablen exogen gegeben: I= I G= G T= T Durch Zusammenfassen der Gleichungen erhält man: E = C( Y- T ) + I + G 50/83 Die Wirtschaft im Gleichgewicht Annahme: Das Gleichgewicht ist bei der Übereinstimmung von tatsächlichen und geplanten Ausgaben erreicht, die Wirtschaftssubjekte haben nämlich dann keinen Anlaß zu Verhaltensänderungen, wenn sie ihre Pläne erfüllt haben. Weil Y Gesamtausgaben und Gesamteinkommen bezeichnet, ergibt sich: Tatsächliche Gesamtausgaben = Geplante Gesamtausgaben Y= E In dem Punkt, in dem dieser Graph den Graph der geplanten Ausgaben schneidet, ist das Gleichgewicht erreicht. Die Graphen bilden das keynesianische Kreuz. Anpassung an das Gleichgewicht im keynesianischen Kreuz: • Wenn die Unternehmen auf einem Niveau Y1 produzieren, dann sind die geplanten Ausgaben E1 geringer als die Produktion. Æ Erhöhung der Lagerbestände der Unternehmen Æ Drosselung der Produktion, Entlassung von Arbeitskräften • Wenn die Unternehmen auf einem Niveau Y2 produzieren, dann übersteigen die geplanten Aussagen E2 die Produktion. Æ Rückgang der Lagerbestände der Unternehmen Æ Ausdehnung der Produktion, Einstellung von Arbeitskräften Î Heranführung an das Gleichgewicht Fiskalpolitik und Multiplikator: Staatliche Güterkäufe Analyse der Wirkungen einer Änderung der staatlichen Güterverkäufe: Zunahme der staatlichen Güterverkäufe um ∆G Æ Erhöhung der geplanten Ausgaben um den Betrag ∆G, da die staatlichen Güterkäufe eine Komponente dieser Ausgaben sind. Æ Verlagerung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts: Erhöhung des Gleichgewichtseinkommens um den Betrag ∆Y, wobei ∆Y > ∆G Æ Anstieg der Konsumausgaben um MPC ×∆G (MPC: marginal propensity to consume) Æ entsprechende Erhöhung der Gesamtausgaben und des Einkommens um MPC × ∆G Æ Erhöhung des Konsums um MPC×( MPC × ∆G) Æ Erhöhung der Gesamtausgaben und des Einkommens Æ etc. Î Staatsausgabenmultiplikator: ∆Y/∆G. Der Staatsausgabenmultiplikator zeigt, um welchen Betrag sich das Einkommen als Reaktion auf eine Zunahme der Staatsaufgaben um einen Euro erhöht. Dieser ist größer als eins, weil nach der Konsumfunktion C = C(Y-T) ein höheres Einkommen einen höheren Konsum hervorruft, dieser ebenfalls wieder ein höheres Einkommen usw. Der Gesamteffekt ergibt sich also als ∆Y = (1+ MPC + MPC² + MPC³ +...) ∆G Der Staatsausgabenmultiplikator beträgt damit ∆Y/∆G = 1 + MPC + MPC² + MPC³ +... Nach Umformung ergibt sich ∆Y/∆G = 1 / (1-MPC) Herleitung: Y = C(Y –T) + I + G dY = C´dY + dG dY/dG = 1/(1-C´) Fiskalpolitik und Multiplikator: Steuern Analyse der Wirkung einer Steuerveränderung auf das Gleichgewichtsseinkommen 51/83 Senkung der Steuern um ∆T Æ Erhöhung des verfügbaren Einkommens Y-T um ∆T Æ Erhöhung des Konsums um MPC × ∆T Æ Erhöhung der geplanten Ausgaben um MPC × ∆T, Verlagerung des Gleichgewichts Æ etc. Der Gesamteffekt ergibt sich aus nach der Herleitung Y = C(Y-T)+ I + G dY = C´(dY – dT) dY/dT = -C´(1 – C) ∆Y/∆G = -MPC / (1-MPC), dieser Ausdruck wird als Steuermultiplikator bezeichnet. Er gibt den Betrag wieder, um den sich das Einkommen ändert, wenn sich die Steuern um einen Euro ändern. Werden Staatsaufgaben von ∆G mit Steuern in gleicher Höhe finanziert, dann erhält man einen Multiplikator von eins (Haavelmo-Theorem). Zinssatz, Investitionen und IS-Kurve Einfluß der Investitionen: Die geplanten Investitionen sind negativ vom Zinssatz abhängig: I = I(r) Eine Zunahme des Zinssatzes führt zu einer Abnahme der geplanten Investitionen. Diese Abnahme wiederum führt zu einer Abnahme der Gesamtausgaben, es ergibt sich ein geringeres Einkommensniveau. Î Eine Erhöhung des Zinssatzes vermindert das Gleichgewichtseinkommen. Die IS-Kurve gibt folgende Beziehungen wieder: • r und I • I und Y 52/83 Verschiebungen der IS-Kurve durch die Fiskalpolitik Zunahme der Staatsausgaben • Eine Zunahme der Staatsaufgaben erhöht das Gleichgewichtseinkommen von Y1 auf Y2. Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts. Annahme: Zinssatz r und Niveau der Investitionen sind gegeben. • Eine Senkung der Steuern verursacht eine Erhöhung der geplanten Ausgaben und des Gleichgewichtseinkommens. Die IS-Kurve verschiebt sich nach rechts. Die IS-Kurve gibt alle Kombinationen von Zinssatz und Einkommen wieder, bei denen Gleichgewicht auf dem Gütermarkt herrscht. Je höher der Zinssatz, desto geringer das Niveau der geplanten Investitionen und damit das Gleichgewichtseinkommen. Hergeleitet wird sie für eine gegebene Fiskalpolitik. Fiskalpolitische Änderungen, die zu einer Erhöhung der Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen führen, verschieben die IS-Kurve nach rechts. Die kredittheoretische Interpretation der IS-Kurve In einer geschlossenen Volkswirtschaft gilt: Y–C–G=I S=I Die gesamtwirtschaftliche Ersparnis S ergibt sich als Summe der privaten Ersparnis Y –T – C und öffentlicher Ersparnis T – G, sie repräsentiert das Kreditangebot. Die Investitionen stellen die Kreditnachfrage dar. Nach Einsetzen der Konsum- und Investitionsfunktion folgt: Y – C(Y – T) – G = I(r) Demnach paßt sich der Zinssatz r so an, daß Kreditangebot und –nachfrage übereinstimmen. Eine Einkommenszunahme von Y1 auf Y2 erhöht die Ersparnis. Damit senkt sich der Zinssatz, der Kreditangebot und –nachfrage ins Gleichgewicht bringt. Ein höheres Einkommen impliziert also eine höhere Ersparnis, diese wiederum einen niedrigeren Zinssatz. Eine Reduzierung des Kreditangebots führt also wie eine Zunahme der staatlichen Güterkäufe oder eine Steuersenkung zu einer Verringerung der Ersparnis. 53/83 10.2 Der Geldmarkt und die LM-Kurve Die Liquiditätspräferenztheorie Nach der Liquiditätspräferenztheorie führt der Zinssatz zum Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage des liquidesten Vermögenswertes, des Geldes. M sei das nominale Geldangebot, P das Preisniveau und M/P damit das Angebot an Realkasse. Dieses sei konstant, M (von Zentralbank festgelegt) und P (kurzfristig: starres Preisniveau) sind exogen. Das impliziert, daß das reale Geldangebot daher nicht vom Zinssatz abhängig, sondern gegeben ist. Der Zinssatz bestimmt jedoch die Nachfrage nach Realkasse, da er die Opportunitätskosten der Geldhaltung darstellt: (M/P)d = L(r) Beim gleichgewichtigen Zinssatz entspricht das nachgefragte Volumen an Realkasse dem angebotenen. Dieses Gleichgewicht kommt zustande, weil bei einem Ungleichgewicht des Geldmarktes die Wirtschaftssubjekte ihr Vermögensportfolio umschichten und so Zinssatzänderungen hervorrufen. Bei einem zu hohen Zinssatz z.B. übersteigt das Angebot an Realkasse die Nachfrage, die Wirtschaftssubjekte transformieren dann unverzinsliches Geld in zinstragende Anlageformen. Die Banken reagieren auf das Überangebot mit einer Verringerung des Zinssatzes. Bei einer Änderung des Geldangebots verringert sich auch die Realkasse, so daß der Zinssatz steigt. Das veranlaßt die Wirtschaftssubjekte, kleinere Bestände an Realkasse zu halten. Einkommen, Geldnachfrage und LM-Kurve Auswirkungen einer Änderung des Einkommensniveaus auf den Geldmarkt höheres Einkommen Æ höhere Ausgaben: mehr Transaktionen werden durchgeführt, damit steigende Geldnachfrage: (M/P)d = L(r,Y) Die reale Geldnachfrage hängt negativ vom Zinssatz und positiv vom Einkommen ab. Ein höheres Einkommensniveau bewirkt eine größere Nachfrage nach Realkasse und so eine Erhöhung des Zinssatzes. Die LM-Kurve gibt diese positive Beziehung zwischen Einkommen und Zinssatz wieder. 54/83 Verschiebungen der LM-Kurve durch die Geldpolitik Bei konstantem Einkommen und gegebener Geldnachfrage gilt: Verringerung des Geldangebots von M1 auf M2 Æ Senkung des realen Geldangebots von M1/P auf M2/P Æ Anstieg des Gleichgewichtszinssatzes. Die LM-Kurve gibt alle Kombinationen zwischen Zinssatz und Einkommen an, bei denen Realkassenangebot und –nachfrage übereinstimmen. Sie wird unter Annahme eines gegebenen Geldangebots hergeleitet. Eine Verringerung des realen Geldangebots führt zu einer Aufwärtsverschiebung der LM-Kurve. Eine quantitätstheoretische Interpretation der LM-Kurve Aus der Quantitätstheorie des Geldes ergab sich unter Annahme einer konstanten Umlaufgeschwindigkeit des Geldes, die auf der Prämisse basierte, daß die Nachfrage nach Realkassen nur vom Einkommensniveau abhängig ist, folgende Identität: MV = PY Tatsächlich hängt die reale Geldnachfrage jedoch auch vom Zinssatz ab, da z.B. ein höherer Zinssatz die Kosten der Geldhaltung erhöht und damit die Nachfrage nach Geld verringert. Damit steigt aber auch die Umlaufgeschwindigkeit.: MV(r) = PY Damit hat die LM-Kurve nunmehr eine positive Steigung. 55/83 10.3 Das kurzfristige Gleichgewicht Die beiden Gleichungen des IS/LM-Modells sind Y = C(Y – T) + I(r) + G M/P = L (r,Y) Fiskalpolitik (G und T), Geldpolitik (M) und Preisniveau (P) sind in diesem Modell exogen gegeben. Im Schnittpunkt der beiden Kurven ergibt sich die Kombination von Zinssatz r und Einkommensniveau Y, bei der die Gütermarktsgleichgewichtsbedingung der IS-Kurve und die Geldmarktsgleichgewichtsbedingung der LM-Kurve erfüllt sind, tatsächliche und geplante Ausgaben und Angebot und Nachfrage für Realkasse stimmen hier überein. 56/83 (11.0) Gesamtwirtschaftliche Nachfrage II • IS-Kurve beschreibt das Gütermarktgleichgewicht • LM-Kurve beschreibt das Geldmarktgleichgewicht • IS- und LM-Kurve beschreiben das gleichgewichtige Inlandsprodukt und den gleichgewichtigen Zinssatz bei kurzfristiger Betrachtung (d.h. starrem Preisniveau). Erklärung drei Aspekte: 1. mögliche Ursachen für Schwankungen des Inlandsproduktes → Auswirkung von Änderungen der exogenen Variablen (Staatsausgaben, Steuern und Geldangebot) auf die endogenen Variablen (Zinssatz und Inlandsprodukt) → kurzfristige Auswirkungen verschiedener Gütermarktschocks (IS-Kurve) und Geldmarktschocks (LM-Kurve) auf Zinssatz und Inlandsprodukt 2. Zusammenhang zwischen IS/LM-Modell und dem Gesamtangebots-Gesamtnachfrage-Modell 3. Weltwirtschaftskrise anhand des IS/LM-Modells 11.1 Die Erklärung wirtschaftlicher Schwankungen im Rahmen des IS/LM-Modells • Schnittpunkt von IS-Kurve und LM-Kurve bestimmt die Höhe des Inlandsprodukts. • Inlandsprodukt schwankt, wenn sich eine der Kurven verschiebt → Veränderung des kurzfristigen Gleichgewichts Die Auswirkungen der Fiskalpolitik auf die IS-Kurve und das kurzfristige Gleichgewicht Auswirkungen von fiskalpolitischen Maßnahmen (Staatsausgaben und Steuern): Staatsausgabenänderung Wirkung einer Erhöhung der Staatsausgaben um ∆G → Der Staatsausgabenmultiplikator des keynesianischen Kreuzes zeigt, dass die fiskalpolitische Änderung das Einkommensniveau bei jedem gegebenen Zinssatz um ∆G/1-MPC erhöht. → Daher verschiebt sich die IS-Kurve um genau diesen Betrag nach rechts. ⇒ Die Zunahme der staatlichen Güterkäufe führt also zu einer Erhöhung sowohl des Einkommens als auch des Zinssatzes. Zum besseren Verständnis, Betrachtung der einzelnen Bausteine des IS/LM-Modells: - keynsianische Kreuz: → Wenn der Staat seine Ausgaben für Waren und Dienstleistungen erhöht, nehmen die geplanten Gesamtausgaben der Wirtschaft zu → Dieser Anstieg der geplanten Gesamtausgaben bewirkt eine Erhöhung der volkwirtschaftlichen Produktion, die einen Anstieg des Gesamteinkommens Y impliziert. - Liquiditätspräferenztheorie: → Weil die volkswirtschaftliche Nachfrage nach Geld vom Gesamteinkommen abhängt, führt die Zunahme des Gesamteinkommens bei jedem gegebenen Zinssatz zu einer Erhöhung der Geldnachfrage. → Das Geldangebot hat sich jedoch nicht verändert. → Daher führt die höhere Geldnachfrage zu einem Anstieg des gleichgewichtigen Zinssatzes (r). - → Der durch die Geldmarktsituation hervorgerufene Anstieg des Zinssatzes hat Rückwirkungen auf den Gütermarkt. → Steigt der Zinssatz, reduzieren die Unternehmen die Investitionspläne. → Dieser Rückgang konterkariert teilweise den expansiven Effekt, der durch die Zunahme der Staatsausgaben hervorgerufen wurde. ⇒ Der durch eine expansive Fiskalpolitik hervorgerufene Anstieg des Einkommens ist im IS/LMModell daher geringer als im keynesianischen Kreuz. → (siehe obiges Bild) Die Einkommenszunahme ist größer als die Zunahme des Gleichgewichtseinkommens im IS/LM-Modell. ⇒ Der Unterschied erklärt sich aus der Verdrängung von Investitionen aufgrund eines höheren Zinssatzes (Crowding out-Effekt). 57/83 Steueränderungen Es ergeben sich eine ähnliche Wirkung wie bei Änderungen der Staatsausgaben. Der Unterschied ergibt sich jedoch daraus, dass die Steuern sich über den Konsum der privaten Haushalte auf die Gesamtausgaben auswirken. → Der Steuermultiplikator des keynesianischen Kreuzes zeigt uns, dass diese fiskalpolitische Änderung für jeden gegebenen Zinssatz das Einkommen um ∆T⋅ (MPC/1-MPC) erhöht. → Daher verschiebt sich die IS-Kurve genau um diesen Betrag nach rechts, und das Gleichgewicht verlagert sich von Punkt A nach B. → Die Steuersenkung erhöht sowohl das Einkommen als auch den Zinssatz. → Weil der höhere Zinssatz sich negativ auf die geplanten Investitionsausgaben auswirkt, ist der Einkommensanstieg im IS/LM-Modell wiederum kleiner als im keynesianischen Kreuz. Die Auswirkungen der Geldpolitik auf die LM-Kurve und das kurzfristige Gleichgewicht Zu beachten: Eine Änderung der Geldpolitik verändert den Zinssatz und verschiebt somit die LM-Kurve: • Ausgangspunkt eine Erhöhung des Geldangebots: → Eine Erhöhung von M führt zu einer Zunahme von M/P, weil P konstant ist. → Die Liquiditätstheorie zeigt, dass eine Zunahme der Realkasse bei jedem gegebenen Einkommensniveau zu einem niedrigeren Zinssatz führt. Daher verschiebt sich LM-Kurve nach unten. → Das Gleichgewicht verlagert sich von Punkt A nach B. → Die Erhöhung des Geldangebots führt zu einem niedrigeren Zinssatz und zu einem höheren Einkommensniveau. Erklärung des Anpassungsprozess von Punkt A nach B: Geldmarkt: → Zentralbank erhöht das Geldangebot und somit verfügen die Wirtschaftssubjekt über mehr Geld als sie beim herrschenden Zinssatz halten wollen. → Sie werden versuchen, überschüssige Kasse bei den Banken anzulegen oder Wertpapiere zu kaufen. → Als Folge wird der Zinssatz (r) solange sinken, bis die Wirtschaftssubjekte bereit sind, das zusätzlich von der Zentralbank geschaffene Geld auch zu halten. → dies führt zu einem neuen Gleichgewicht auf dem Geldmarkt. der gesunkene Zinssatz hat seinerseits Rückwirkungen auf den Gütermarkt: → ein niedrigerer Zinssatz führt zu einem Anstieg der geplanten Investitionen und damit zu einer Erhöhung von geplanten Gesamtausgaben, Produktion und Einkommen Y. Dieser Vorgang (bei kurzfristiger Betrachtung = starren Preisen) wird als monetärer Transmissionsmechanismus bezeichnet: Nämlich, dass die Ausdehnung des Geldangebots eine Erhöhung der Ausgaben für Waren und Dienstleistungen hervorruft. Die Zunahme des Geldangebots senkt den Zinssatz und stimuliert damit die Investitionen, welche die Güternachfrage erhöhen. Das Zusammenwirken von Geld- und Fiskalpolitik Die wechselseitige Abhängigkeit von Geld- und Fiskalpolitik kann die Wirkungen einer bestimmten wirtschaftspolitischen Maßnahme tangieren: Bsp. das Parlament erhöht die Steuern. Die Antwort, welche Wirkungen diese Maßnahme auf die Wirtschaft hat, hängt dem IS/LM-Modell zufolge entscheiden davon ab, wie die Zentralbank auf die Steuererhöhung reagiert. Drei der vielen Möglichkeiten werden dargestellt: 58/83 a) die Zentralbank hält das Geldangebot konstant. → die Steuererhöhung verschiebt die IS-Kurve nach links → das Einkommen sinkt (weil die Steuererhöhung die Konsumausgaben vermindern) → und der Zinssatz sinkt ebenfalls (weil das geringere Einkommen zu einer Abwärtsverschiebung der Nachfrage führt) → der Einkommensrückgang signalisiert, dass die Steuererhöhung eine Rezession auslöst. b) die Zentralbank folgt einer Politik des konstanten Zinssatzes → Steuererhöhung verschiebt de IS-Kurve nach links → der Versuch, den Zinssatz zu stabilisieren, erfordert eine entsprechende Verringerung des Geldangebots, was in einer Aufwärtsverschiebung der LM-Kurve zum Ausdruck kommt. → ist die Politik der Zentralbank erfolgreich, so bleibt der Zinssatz unverändert, der Einkommensrückgang ist jedoch größer, als wenn die Zentralbank das Geldangebot konstant gehalten hätte. Während in (a) der niedrigere Zinssatz die Investitionstätigkeit anregt und den kontraktiven Effekt der Steuererhöhung teilweise ausgleicht, verschlimmert die Zentralbank in (b) die Rezession durch beibehalten des Zinssatzes c) die Zentralbank möchte Rückgang des Einkommens verhindern → daher Erhöhung des Geldangebots, um LM-Kurve weit genug nach unten zu verschieben und somit die IS-Kurven Verschiebung auszugleichen → die Steuererhöhung ruft keine Rezession hervor, sie ist aber mit einer starken Zinssenkung verbunden → Zwar bleibt das Einkommensniveau unverändert, die Kombination aus Steuererhöhung und monetärer Expansion ändert jedoch die Ressourcenallokation → die höheren Steuern wirken dämpfend auf den Konsum, während die niedrigeren Zinsen die Investitionen stimulieren. → Das Einkommen bleibt unverändert, weil beide Effekte sich genau ausgleichen. Das IS/LM-Modell zeigt, wie Geld- und Fiskalpolitik das Gleichgewichtsniveau des Einkommen beeinflussen. Die Prognosen des Modells sind jedoch qualitativer und nicht quantitativer Natur. Ein makroökonometrisches Modell ist ein Modell, das die Wirtschaft quantitativ und nicht nur qualitativ beschreibt. Schocks im IS/LM-Modell Bisher wurde erläutert, wie - fiskalpolitische Maßnahmen die IS-Kurve und wie - geldpolitische Maßnahmen die LM-Kurve verschieben. Schocks kann man in zwei Kategorien einordnen: 1) Schocks, die die Lage der IS-Kurve verändern, und 2) Schocks, die die Lage der LM-Kurve verändern. Bei Störungen, die die IS-Kurve betreffen, - handelt es sich um exogene Änderungen der Nachfrage nach Waren und Dienstleistungen. In diesem Zusammenhang hob Keynes die Bedeutung der „animal spirits“ der Investoren hervor – exogene und sich möglicherweise selbst erfüllende Wellen von Optimismus und Pessimismus. Beispielsweise könnte sich unter den Unternehmen eine pessimistische Sicht der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung ausbreiten. Diese negative Einschätzung der Zukunft veranlasst sie, ihre Investitionspläne zu revidieren und weniger Bauten und Anlagen zu erstellen. 59/83 - → Der dadurch ausgelöste Rückgang der Investitionsnachfrage führt zu einer kontraktiven Verschiebung der IS-Kurve (= bei jedem gegebenen Zinssatz wollen die Unternehmen weniger investieren). → Die Verminderung der geplanten Investitionsausgaben impliziert eine Linksverschiebung der ISKurve und damit einen Rückgang von Gleichgewichtseinkommen und –beschäftigung. Der Einkommensrückgang bestätigt dann – zumindest teilweise – den anfänglichen Pessimismus. können sich auch aus Änderungen der Konsumentennachfrage ergeben. Vertrauen der Konsumenten in die wirtschaftliche Zukunft erhöht sich. Dies veranlasst sie dazu, weniger für die Zukunft zu sparen und in der Gegenwart mehr zu konsumieren. Diese Änderung des Konsumentenverhaltens äußert sich in einer Aufwärtsverschiebung der Konsumfunktion. → Die Aufwärtsverschiebung der Konsumfunktion führt zu einer Rechtsverschiebung der IS-Kurve und damit zu einer Erhöhung des Gleichgewichtseinkommens. Störungen, die die LM-Kurve betreffen, - ergeben sich aus exogenen Änderungen der Geldnachfrage. Bsp.: neue gesetzliche Vorschriften bezüglich der Verwendung von Kreditkarten führen zu einem Anstieg der gewünschten Geldhaltung. Eine exogene Zunahme der Geldnachfrage bedeutet der Liquiditätspräferenztheorie zufolge, dass für jedes gegebene Einkommensniveau der mit einem Gleichgewicht auf dem Geldmarkt vereinbarte Zinssatz höher ist also zuvor. → Eine exogene Zunahme der Geldnachfrage verschiebt die LM-Kurve also nach oben und hat eine Erhöhung des gleichgewichtigen Zinssatzes sowie eine Verringerung des gleichgewichtigen Einkommens zur Folge. Zusammenfassend kann man sagen, dass diese Schwankungen, welche zur Verschiebungen der IS- und LMKurve führen kann, grundsätzlich nicht unabwendbar sind. Wirtschaftspolitiker müssen rechtzeitig und im richtigen Ausmaß reagieren (was sehr schwierig ist). 11.2 IS/LM als Theorie der Gesamtnachfrage Zusammenführung des Gesamtangebots-Gesamtnachfrage-Modell und IS/LM-Modell. Auswirkungen von Preisniveauveränderungen auf IS/LM-Modell. Vom IS/LM-Modell zur Gesamtnachfragekurve Gesamtnachfragekurve13: Beziehung zwischen Preisniveau und Gesamteinkommen Für eine gegebene Höhe des Geldangebots impliziert ein höheres Preisniveau ein niedrigeres Niveau des Gesamteinkommens. Erhöhungen des Geldangebots verschieben die Gesamtnachfragekurve nach außen, Verringerungen des Geldangebots dagegen nach innen. Zunächst soll gezeigt werden, dass das Einkommen sinkt, wenn das Preisniveau steigt. → Für jedes gegebene nominale Geldangebots (M) führt ein höheres Preisniveau (P) zu einer Verringerung des Angebots an Realkasse (M/P). → Ein geringeres Angebot an Realkasse verschiebt die LM-Kurve nach oben, erhöht damit den Zinssatz und senkt das gleichgewichtige Niveau des Einkommens (wie im Bild unten links) deutlich wird. → Es zeigt sich, dass eine Erhöhung des Preisniveaus mit einem Einkommensrückgang verbunden ist. → Die Gesamtnachfragekurve zeigt die negative Beziehung zwischen Preisniveau und Gesamteinkommen 13 abgeleitet aus der Quantitätstheorie 60/83 Weil Gesamtnachfragekurve lediglich die Ergebnisse des IS/LM-Modells zusammenfasst, führen Störungen , die die IS- oder die LM-Kurve (bei gegebenem Preisniveau) verschieben, auch zu Verschiebungen der Gesamtnachfragekurve. (a) Expansive Geldpolitik Eine Erhöhung des Geldangebots im IS/LMModell für jedes gegebene Preisniveau führt zu einem Anstieg des Einkommens. Daher verursacht die Erhöhung des Geldangebots eine Rechtsverschiebung der Gesamtnachfragekurve. (b) Expansive Fiskalpolitik In ähnlicher Weise führt eine Zunahme der Staatsausgaben oder eine Steuersenkung im IS/LM-Modell für jedes gegebene Preisniveau zu einem Anstieg des Einkommens. Auch diese Änderungen führen zu einer Rechtsverschiebung der Gesamtnachfragekurve. Zusammenfassung der Erkenntnisse: • Eine Einkommensänderung im IS/LM-Modell, die sich aus einer Änderung des Preisniveaus ergibt, entspricht einer Bewegung entlang der Gesamtnachfragekurve. • Eine Einkommensänderung im IS/LMModell, die sich bei gegebenem Preisniveau ergibt, entspricht einer Verschiebung der Gesamtnachfragekurve. Das IS/LM-Modell bei kurzfristiger und langfristiger Betrachtung IS/LM-Modell dazu gedacht, die makroökonomischen Zusammenhänge bei kurzfristiger Betrachtung zu erklären (bei gegebenem Preisniveau). Unter Beachtung, wie Preisniveauveränderungen das Gleichgewicht beeinflussen, lässt sich das IS/LM-Modell auch zur Beschreibung der Volkswirtschaft bei langfristiger Betrachtung heranziehen (also an ein Preisniveau, welche sich so anpasst, dass die Volkswirtschaft sich auf ihrem natürlichen Produktionsniveau befindet.). Unterschied zwischen dem keynsanischen Modell des Gesamteinkommens (IS/LM-Modell) und dem entsprechendem klassischen Modell (Gesamtangebot-Gesamtnachfrage-Modell): In beiden Diagrammen kann man sowohl das kurzfristige Gleichgewicht analysieren, indem sich die Wirtschaft befindet, als auch das langfristige Gleichgewicht, auf das sie sich zubewegt. Gesamtangebot-Gesamtnachfrage-Modell: Punkt K beschreibt das kurzfristige Gleichgewicht, weil hier angenommen wird, dass das Preisniveau auf P1 verharrt. Schließlich kommt es wegen der geringen Güternachfrage irgendwann doch zu Preissenkungen, wodurch die die Wirtschaft wieder ihrem natürlichen Niveau nähert. Hat das Preisniveau den Wert P2 erreicht, dann befindet sich die Wirtschaft bei Punkt C im langfristigen Gleichgewicht. Das Gesamtnachfrage-Gesamtangebots-Modell zeigt, dass in Punkt C die nachgefragte Gütermenge der natürlichen Höhe des Outputs entspricht. IS/LM-Modell: Dieses langfristige Gleichgewicht wird im IS/LM-Modell durch eine Verschiebung der LM-Kurve erreicht: der Rückgang des Preisniveaus vergrößert die realen Kassenbestände und verschiebt deswegen die LM-Kurve nach rechts. 61/83 Fundamentaler Unterschied zwischen dem keynesianischen und dem klassischem Ansatz: • Die keynesianische Argumentation (beschrieben durch Punkt K) geht von einem starren Preisniveau aus. IN Abhängigkeit von Geldpolitik, Fiskalpolitik und den anderen Bestimmungsgrößen der Gesamtnachfrage kann der Output von seinem natürlichen Niveau abweichen. • Die klassische Position (beschrieben durch Punkt C) geht von einem flexiblen Preisniveau aus. Das Preisniveau passt sich stets so an, dass sich das Gesamteinkommen immer auf seinem natürlichen Niveau befindet. keynesianischer und klassischer Ansatz durch Beschreibung von Gleichungen: • keynesianisch: Y = C (Y − T ) + I (r ) + G IS M / P = L(r , Y ) LM drei endogene Variablen: Y, P, r Annahme von konstanten Preisniveaus, so dass folgt: P = P1 Dieses impliziert, dass sich r und Y anpassen müssen, damit die IS- und LM-Gleichung erfüllt sind. • klassischer Ansatz: Annahme, dass der Output steht sein natürliches Niveau erreicht, so dass die dritte Gleichung dann lautet Y =Y Diese Annahme impliziert nun, dass sich r und P anpassen müssen, damit die IS- und LM-Gleichungen erfüllt sind. Welche Annahme ist sinnvoller? Die Antwort hängt vom zugrundegelegten Zeithorizont ab. klassische Annahme: beschreibt am besten den langfristigen Zusammenhang keynesianische Annahme: beschreibt die kurze Frist am besten. ⇒ Die Analyse ökonomischer Schwankungen basierte daher auf der Annahme eines gegebenen Preisniveaus. 11.4 Schlußfolgerungen Langfristig betrachtet sind die Preise flexibel und man verwendet die klassische Analyse. Kurzfristig kommt es zu Preisstarrheiten und man verwendet das IS/LM-Modell, um zu untersuchen, wie wirtschaftspolitische Maßnahmen die gesamtwirtschaftliche Lage beeinflussen. Zusammenfassung 1. 2. 3. 4. Das IS/LM-Modell stellt ein allgemeines Modell der Gesamtnachfrage dar. Die exogenen Variablen des Modells sind die Fiskalpolitik, die Geldpolitik und das Preisniveau. Das Modell erklärt zwei endogene Variablen: den Zinssatz und das Gesamteinkommen. Die IS-Kurve ist eine negative Beziehung zwischen Zinssatz und Gesamteinkommen und beschreibt alle Zins-Einkommens-Kombinationen, bei denen Gleichgewicht auf dem Gütermarkt herrscht. Die LM-Kurve ist eine positive Beziehung zwischen Zinssatz und Gesamteinkommen und beschreibt alle Zins-Einkommens-Kombinationen, bei denen Gleichgewicht auf dem Markt für reale Geldbestände herrscht. Das Gleichgewicht des IS/LM-Modells – der Schnittpunkt zwischen IS- und LM-Kurve – beschreibt das simultane Gleichgewicht auf Güter- und Geldmarkt. Expansive Fiskalpolitik – eine Zunahme der staatlichen Güterkäufe oder eine Senkung der Steuern – verschiebt die IS-Kurve nach rechts. Diese Verschiebung der IS-Kurve erhöht den gleichgewichtigen Zinssatz und das gleichgewichtige Einkommen. Die Einkommenserhöhung bedeutet eine Rechtsverschiebung der Gesamtnachfragekurve. IN analoger Weise führt eine kontraktive Fiskalpolitik zu einer Linksverschiebung der IS-Kurve, zu einer Verringerung des Zinssatzes und zu einer Senkung des Einkommens und einer Linksverschiebung des Gesamtnachfragekurve. Expansive Geldpolitik verschiebt die LM-Kurve nach unten. Diese Verschiebung er LMKurve verringert den Zinssatz und erhöht das Gesamteinkommen. Die Zunahme des Einkommens bedeutet eine Rechtsverschiebung der Gesamtnachfragekurve. Ähnlich verschiebt eine kontraktive Geldpolitik die LM-Kurve nach oben, erhöht den Zinssatz und vermindert das Einkommen. Daher verschiebt sich in diesem Fall die Gesamtnachfragekurve nach links. 62/83 (13.0) Gesamtwirtschaftliches Angebot Gezeigt wird, dass die kurzfristige Gesamtangebotskurve einen Zusammenhang zwischen zwei wichtigen ökonomischen Größen impliziert: zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit. Dieser Zusammenhang besagt, dass die Wirtschaftspolitiker eine temporäre Erhöhung der Arbeitslosigkeit hinnehmen müssen, wenn sie die Inflationsrate senken wollen, und dass sie eine höhere Inflation akzeptieren müssen, wenn sie die Arbeitslosigkeit senken wollen. Erklärt wird, • warum es kurzfristig eine solche Austauschbeziehung (Tradeoff) gibt und • warum langfristig dieser Tradeoff nicht besteht. (13.1) Vier Modelle des Gesamtangebots In den zu diskutierenden Theorien führen Marktunvollkommenheiten dazu, dass die Produktion der Volkswirtschaft vom klassischen Referenzpunkt abweicht. → Als Konsequenz daraus verläuft die kurzfristige Gesamtangebotskurve mit endlicher positiver Steigung und nicht senkrecht. → Weiterhin führen Verschiebungen der Gesamtnachfragekurve dazu, dass das Produktionsvolumen vorübergehend von seinem natürlichen Niveau abweicht. Diese temporären Abweichungen repräsentieren Aufschwung und Abschwung des Konjunkturzyklusses. Obwohl die vier Modelle theoretisch unterschiedlich sind, führen sie zur selben Gleichung der kurzfristigen Gesamtangebotskurve: Y = Y + α (P − P e ) α >0 Y = Output Y = natürliche Outputniveau P = Preisniveau P e = erwartetes Preisniveau α = der Parameter gibt an, in welchem Maße der Output auf Änderungen des Preisniveaus reagiert; der Kehrwert ( 1 / α ) ist die Steigung der Gesamtangebotskurve Mit anderen Worten hebt jedes vorgestellte Modell einen bestimmten Grund hervor, dass unerwartete Preisbewegungen mit Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Produktion verbunden sind. Das Modell der Lohnstarrheit • Nominallöhne verhalten sich träge. dadurch positive Steigung der kurzfristigen Angebotskurve Vorüberlegungen: Was geschieht mit der Produktionsmenge, wenn sich das Preisniveau erhöht: 1. Wenn der Nominallohn starr ist, führt ein höheres Preisniveau zu geringeren Reallöhnen und verbilligt damit den Arbeitseinsatz 2. Der geringere Reallohn hat eine Erhöhung der Beschäftigung zur Folge. 3. Die höhere Beschäftigung führt zu einer Vergrößerung der Produktion. Annahme: • Arbeitsnehmern und Arbeitgeber verhandeln über den Lohn. • Beide Parteien haben einen bestimmten Reallohn als Ziel Dieses könnte der Reallohn sein, bei dem Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage übereinstimmen. ⇒ Wahrscheinlicher ist jedoch ,dass der angestrebte Reallohn auch von den verschiedenen Faktoren abhängt, die den Reallohn oberhalb des Gleichgewichtsniveaus halten (Gründe: gewerkschaftliche Macht,. Effizienzlohnüberlegungen,...) Beide Parteien legen den Nominallohnsatz W aufgrund dieses angestrebten Reallohnsatzes ω und aufgrund e ihrer Preiserwartungen P fest. Der vereinbarte Nominallohn, der vereinbart wird, ist W = ω ⋅ Pe 63/83 Nach Festlegung des Nominallohnes, doch bevor die Arbeitskräfte eingestellt werden, erfahren die Unternehmen das tatsächliche Preisniveau P . Somit ergibt sich die Gleichung für den Reallohn: W / P = ω ⋅ ( P e / P) Die Gleichung impliziert, dass der Reallohn vom Zielniveau abweicht, wenn sich das tatsächliche vom erwarteten Preisniveau unterscheidet. Weitere Annahme: • die nachgefragte Arbeitsmenge bestimmt die Beschäftigung. Die Beschäftigung wird also nicht von vornherein in den Verhandlungen zwischen Arbeitnehmern und Unternehmen bestimmt, sondern es wird angenommen, dass die Arbeitnehmer bereit sind, zum festgelegten Lohnsatz so viel Arbeit zur Verfügung zu stellen, wie die Unternehmen nachfragen. Die Beschäftigungsentscheidung der Unternehmen wird durch die Arbeitsnachfragefunktion beschrieben: L = Ld (W / P) ⇒ Je niedriger der Reallohn, desto größer ist also die Beschäftigung. Der Output wird durch die Produktionsfunktion beschrieben Y = F ( L) Die Grafiken zeigen. c) zeigt die resultierende Gesamtangebotskurve. Weil der Nominallohn starr ist, führt eine unerwartete Änderung des Preisniveaus zu einer Abweichung des tatsächlichen Reallohns vom angestrebten Reallohn. Diese Abweichung beeinflusst ihrerseits die Höhe von Produktion und Beschäftigung. ( Woraus sich die Gleichung ergibt: Y = Y + α P − P e ) Das Arbeitnehmer-Fehleinschätzungs-Modell Annahme: • der Lohnsatz kann frei variieren und somit Arbeitsangebot und –nachfrage ins Gleichgewicht bringen. • [zentrale Annahme:] der Arbeitnehmer verwechselt vorübergehend realen und nominalen Lohnsatz Zwei Komponenten der Theorie: (1) Arbeitsnachfragegleichung Ld = Ld (W / P ) (2) Arbeitsangebotsgleichung Ls = Ls (W / P e ) → Die Arbeitnehmer kennen ihren Nominallohn W, aber nicht das allgemeine Preisniveau P. → Wenn sie darüber entscheiden, wieviel Arbeit sie anbieten wollen, beziehen sie den erwarteten Reallohn in die Überlegungen ein. Er lässt sich beschreiben: W W P s s e = ⋅ e ⇒ durch einsetzen ergibt sich ⇒ L = L (W / P ) ⋅ P / P e P P P ⇒ Die angebotene Arbeitsmenge hängt somit vom Reallohn und der Fehleinschätzung des Preisniveaus ab. [ ( )] 64/83 Bild rechts zeigt, dass der Reallohn sich so anpasst, dass Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage ins Gleichgewicht kommen. Die Arbeitsangebotskurve und damit auch das Arbeitsmarktgleichgewicht hängt von der Fehleinschätzung der Arbeitnehmer P / P e ab. Wenn das Preisniveau steigt, gibt es zwei mögliche Reaktionen der Arbeitnehmer: - zunächst die Annahme, dass diese Erhöhung von den Arbeitnehmern erwartet wurde. • In diesem Fall steigt P e proportional mit P, und weder Arbeitsangebot noch Arbeitsnachfrage ändern sich. • Reallohn und Beschäftigung bleiben auf dem Niveau, auf dem sie waren. • Der Nominallohn steigt im gleichen Ausmaß wie das Preisniveau. - nun sei angenommen, dass das Preisniveau steigt und die Arbeitnehmer dies nicht bemerken. • In diesem Fall bleibt P e unverändert. • Die Zunahme von P / P e verschiebt die Angebotskurve nach rechts. • Im Kern lassen sich die Arbeitnehmer also durch die Nominalerhöhungen täuschen und zu dem Schluss verleiten, ihr Reallohn sei gestiegen. • Daraufhin dehnen sie ihre Arbeitsangebot aus. • In Wirklichkeit ist der Nominallohn aber um weniger als das Preisniveau gestiegen. • Im Unterschied zu den Arbeitnehmer, wird angenommen, dass die Unternehmen besser informiert sind → Sie erkennen sofort den Rückgang der Reallöhne und stellen mehr Arbeitnehmer ein und dehnen die Produktion aus. Zusammenfassend als Kernaussage gilt, dass eine Abweichung des tatsächlichen vom erwarteten Preisniveau die Arbeitnehmer veranlasst, ihr Arbeitsangebot zu ändern. → Y = Y + α P − Pe ( ) Kritik am Modell der Lohnstarrheit und am Fehleinschätzungsmodell • Die Aussagen der beiden Modelle deuten auf ein antizyklisches Verhalten des Reallohns zur Produktion und Beschäftigung hin. • Empirisch ist dieser Zusammenhang nicht nachweisbar, vielmehr gibt es eine schwach prozyklische Beziehung. Das Modell unvollkommener Information Annahme: • Märkte werden geräumt • kurz- und langfristige Angebotskurve unterscheiden sich voneinander., weil es zu kurzfristigen Fehlbeurteilungen der Preise kommt. • Informationen gleich verteilt (im Gegensatz zum Arbeitnehmer-Fehleinschätzungs-Modell) • [Zentrale Annahme:] Jeder Anbieter in der betrachteten Wirtschaft produziert ein einzelnes Gut, konsumiert aber viele verschiedene Güter Die Wirtschaftssubjekte beobachten genau die Preise der Güter, die sie produzieren, sie beobachten aber weniger genau die Preise der Güter, die sie konsumieren. Sie sind also über die in der Wirtschaft herrschenden Preise nur unvollkommen informiert. Diese Informationsunvollkommenheit führt dazu, dass die Wirtschaftssubjekte manchmal Veränderungen des allgemeinen Preisniveaus mit Änderungen von relativen Preisen verwechseln. Diese Verwechslung beeinflusst die Entscheidungen über die Angebotshöhe und hat eine kurzfristige Abhängigkeit der Produktion vom Preisniveau zur Folge. 65/83 Zusammenfassend: Übersteigen die tatsächlichen Preise erwarteten, dann folgern die Anbiete, dass die relativen Preise ihrer Produkte gestiegen seien. Dies veranlasst sie zur Ausdehnung von Arbeitseinsatz und Produktion. → Y = Y + α P − Pe Der Output weicht von seinem natürlichen Niveau ab, falls das tatsächliche Preisniveau vom erwarteten abweicht. ( ) Das Preisstarrheiten-Modell Annahme: Unternehmen passen als Reaktion auf Nachfrageänderungen die Preise nicht sofort an. • langfristige Lieferverträge • Verärgerung der Kunden durch häufige Preisänderungen • Unsicherheit, ob die Nachfrageänderung nachhaltig ist • Kostenverursachung durch Preisänderungen Dieses Modell weicht von der Annahme vollkommenen Wettbewerbs ab. Unternehmen im vollkommenen Wettbewerb verhalten sich als Preisnehmer und nicht als Preissetzer. Die Annahme liegt nahe, dass diese Unternehmen wenigstens in einem gewissen Umfang monopolistische Preissetzungsmacht haben. Betrachtung einer Preissetzungsentscheidung einer typischen Unternehmung. Der von diesem Unternehmen angestrebte Preis p hängt von zwei makroökonomischen Variablen ab: 1. das allgemeine Preisniveau P. Ein höheres Preisniveau bedeutet für das Unternehmen höhere Kosten. Je höher das Preisniveau ist, um so höher wird also der Preis sein, den das Unternehmen für sein Produkt verlangen möchte. 2. das Niveau des Gesamteinkommens Y. Ein höheres Niveau des Gesamteinkommens erhöht die Nachfrage nach dem Produkt des Unternehmens. Weil die Grenzkosten mit steigender Produktion zunehmen, wird der angestrebte Preis um so höher sein, je größer die Nachfrage ist. Der angestrebte Preis lässt sich durch folgende Beziehung beschreiben: p = P +α Y −Y α >0 Diese Gleichung besagt, dass der angestrebte Preis p vom allgemeinen Preisniveau P und vom Verhältnis des tatsächlichen Produktionsniveaus zum natürlichen Produktionsniveaus Y − Y abhängt. Der Parameter α > 0 gibt wieder, wie stark der angestrebte Preis des Unternehmens auf das gesamtwirtschaftliche Produktionsniveau reagiert. ( ) Annahme: Es gibt zwei Arten von Unternehmen: 1. Einige Unternehmen haben flexible Preise (Flex-Preis-Unternehmen); sie bilden ihre Preise immer entsprechend der obigen Gleichung 2. andere Unternehmen haben starre Preise; sie bilden ihre Preise aufgrund ihrer Erwartungen der wirtschaftlichen Entwicklung und geben sie im vorhinein bekannt. p = Pe + α Y e − Y e ( ) Sie setzen somit folgenden Preis p = P e Die Preissetzungsregeln beider Gruppen werden verwendet, um die Gesamtangebotskurve abzuleiten. Dazu berechnet man das allgemeine Preisniveau, das sich als gewichtetes Mittel aus den Preisen der beiden betrachteten Gruppen ergibt. Bezeichnet s den Anteil der Unternehmen mit starren Preisen und 1-s den Anteil der Unternehmen mit flexiblen Preisen, dann gilt für das allgemeine Preisniveau: [ ( P = sP e + ( 1 − s ) P + α Y − Y Nach Umformung ergibt sich: ( )] ) P = P e + [(1 − s )a / s ] Y − Y Die beiden rechten Komponenten lassen sich wie folgt interpretieren: • Wenn die Unternehmen ein hohes Preisniveau erwarten, dann rechnen sie mit hohen Kosten. Die Unternehmen, die ihre Preise im vorhinein fixieren, setzen ihre Preise auf einem hohen Niveau fest. Die 66/83 Preise dieser Unternehmen führen dazu, dass auch die Unternehmen mit flexiblen Preisen hohe Preise verlangen. Ein hohes erwartetes Preisniveau P e führt folglich zu einem hohen tatsächlichen • Preisniveau P. Wenn die Produktion hoch ist, dann ist auch die Nachfrage nach Gütern groß. Die Unternehmen mit flexiblen Preisen verlangen hohe Preise, was zu einem hohen Preisniveau führt. Der Effekt, den die Produktionshöhe auf das Preisniveau hat, hängt vom Anteil der Unternehmen mit flexiblen Preisen ab. Zusammenfassend gilt, dass das allgemeine Preisniveau vom erwarteten Preisniveau und vom Outputniveau abhängt: Y = Y + α P − Pe mit α = s /[(1 − s)α ] ( ) Obwohl das Preisstarrheiten-Modell sich auf den Gütermarkt bezieht, wird kurz der Arbeitsmarkt betrachtet: Wenn der Preis, den ein Unternehmen verlangt, kurzfristig starr ist, dann führt eine Verminderung der Gesamtnachfrage zu einem Rückgang der Absatzmenge bei diesem Preisniveau. Wegen des Absatzrückgangs wird das Unternehmen auch seine Produktion und seine Arbeitsnachfrage verringern. Anders als im Lohnstarrheiten-Modell und im Arbeitnehmer-Fehleinschätzungs-Modell bewegen sich die Unternehmen nicht entlang einer gegebenen Arbeitsnachfragekurve. Vielmehr führen Outputschwankungen zu Verschiebungen der Arbeitsnachfragekurve. Zusammenfassung Die vier Modelle erklären, warum die kurzfristige Gesamtangebotskurve nicht senkrecht verläuft. Nachfolgende Tabelle gliedert die Modelle nach zwei Merkmalen: Die vier Modelle werden in folgender Gleichung zusammengefasst: Y = Y + α (P − P e ) Diese Gleichung besagt, dass Abweichungen des Outputs von seinem natürlichen Niveau mit Abweichungen des tatsächlichen Preisniveaus vom erwarteten Preisniveau in Beziehung stehen. Liegt das Preisniveau oberhalb des erwarteten Niveaus, ist die Produktion größer als ihr natürliches Niveau. Liegt das Preisniveau unterhalb des erwarteten Niveaus, ist die Produktion kleiner als ihr natürliches Niveau. Î Nun wird die Gesamtangebot und Gesamtnachfrage wieder zusammengefügt. Î Die kurzfristige Angebotsfunktion zeigt die Reaktion auf eine unerwartete Erhöhung der Gesamtnachfrage (z.B. aufgrund einer unerwarteten Erhöhung des Geldangebots). Kurzfristig verlagert sich das Gleichgewicht der Wirtschaft von Punkt A nach B. Î Die Zunahme der Gesamtnachfrage hat eine Erhöhung des tatsächlichen Preisniveaus von P1 auf P2 zur Folge. → Weil dieser Anstieg des Preisniveaus von den Wirtschaftssubjekten nicht erwartet wurde, verharrt das erwartete Preisniveau bei P2e und das Produktionsvolumen steigt von Y1 auf Y2, also über das 67/83 natürliche Niveau hinaus. → Folglich führt die unerwartete Erhöhung der Gesamtnachfrage zu einer Hochkonjunktur. → Diese ist nicht von Dauer. Langfristig passt sich das erwartete Preisniveau an die Realität an und steigt, wodurch die kurzfristige Gesamtangebotskurve nach oben verschiebt. → Mit dem Anstieg des erwarteten Preisniveaus von P2e auf P3e bewegt sich das Gleichgewicht der Wirtschaft von Punkt B nach C. → das tatsächliche Preisniveau steigt von P2 auf P3 und der Output sinkt von Y2 auf Y3. Folgendes wichtiges Prinzip machen die vier Modelle deutlich: Langfristige Neutralität des Geldes und kurzfristige Nichtneutralität passen ohne weiteres zusammen. - Kurzfristige Nichtneutralität wird hier durch die Bewegung von Punkt A nach B beschrieben. - Die langfristige Neutralität wird in der Bewegung von Punkt A nach C wiedergespiegelt. (13.2) Inflation, Arbeitslosigkeit und die Philips-Kurve Der Tradeoff (= Austauschbeziehung) zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit wird als Philips-Kurve bezeichnet. Ableitung der Philips-Kurve aus der Gesamtangebotskurve Philips-Kurve in der modernen Form geht davon aus, dass die Inflation von drei Kräften abhängt: (1) der erwarteten Inflationsrate, (2) der Abweichung der Arbeitslosigkeit von ihrem natürlichen Niveau (sog. zyklische Arbeitslosigkeit) und (3) von Angebotsstörungen (Angebotsschocks). Ausgedrückt in der Gleichung: ( ) π = π e − β u − un + v Inflation = erwartete Inflation – (Beta * zyklische Arbeitslosigkeit) + Angebotsschock β ist ein Parameter, der die Reaktion der Inflation auf die zyklische Arbeitslosigkeit erfasst. Aus der Gesamtangebotsgleichung lässt sich Philips-Kurve in drei Schritten ableiten: P = P e + (1 / a)(Y − Y ) 1. 2. Schritt: (Erweiterung um die Angebotsschock) P = P e + (1 / a)(Y − Y ) + v Schritt: (Subtraktion des Preisniveaus des vergangenen Jahres P-1) ( P − P1 ) = ( P e − P1 ) + (1 / a)(Y − Y ) + v P- P-1 ist die Differenz zwischen dem aktuellen Preisniveau und dem vergangenen Preisniveau =Inflation π = π e + (1 / a )(Y − Y ) + v 3. Schritt: Eine Version des Okunschen Gesetz (Verbindung zwischen Output und Inflation) besagt, dass die Abweichung des Outputs von seinem natürlichen Niveau in umgekehrter Beziehung zu der Abweichung der Arbeitslosigkeit von ihrem natürlichen Niveau steht. Liegt der Output also über seinem natürlichen Niveau, dann liegt die Arbeitslosenquote unter ihrer natürlichen Quote: → (1 / α )(Y − Y ) = − β u − u n ( ) ( ) Daraus folgt → π = π e − β u − u n + v • Insbesondere zeigen die Gleichungen (Gesamtangebotskurve und Philips-Kurve) eine Verbindung zwischen realen und nominalen Variablen, die bei kurzfristiger Betrachtung zum Zusammenbruch der klassischen Dichotomie (der theoretischen Trennung von realen und nominalen Variablen) führt. Gesamtangebotskurve lässt sich bequemer zur Betrachtung von Output und Preisniveau verwenden. • Philips-Kurve lässt dagegen bequemer die Analyse von Arbeitslosigkeit und Inflation zu. → Allerdings: Beide Gleichungen sind zwei Seiten einer Medaille. 68/83 Adaptive Erwartungen und Inflationsträgheit Bildung von Inflationserwartungen: plausible Annahme, dass Menschen ihre Inflationserwartungen auf Grundlage der jüngeren Vergangenheit beobachteten Inflation bilden. ⇒ adaptive Erwartungsbildung Wenn gilt: π = π −1 , dann folgt für die Philips-Kurve: e π = π −1 − β (u − u n ) + v Der Ausdruck π −1 zeigt die Inflationsträgheit. D.h. die Inflation bleibt bestehen, bis irgend etwas geschieht, dass sie anhält. Folgt aus: vergangene Inflation die Inflationserwartung beeinflusst, welche die Erwartungen der gegenwärtigen Lohn- und Preisbildung beeinflussen. → Weil die Lage der kurzfristigen Gesamtangebotskurve vom erwarteten Preisniveau abhängt, wird sich die kurzfristige Gesamtangebotskurve im Zeitablauf nach oben verschieben. • Dieses geschieht solange bis ein wirtschaftlich relevantes Ereignis die Erwartungen verändert (z.B.Rezession). → Die Gesamtnachfragekurve muss sich ebenfalls nach oben verschieben, damit sich die Inflationserwartungen bestätigen. • Würde die Zentralbank das Geldmengenwachstum plötzlich zum Stillstand bringen, würde sich die Gesamtnachfragekurve stabilisieren und die anhaltende Aufwärtsverschiebung der Gesamtangebotskurve würde eine Rezession auslösen. Die zwei Gründe für steigende und sinkende Inflationsraten β (u − u n ) • v Der Ausdruck macht deutlich, dass die zyklische Arbeitslosigkeit – die Abweichung der Arbeitslosigkeit von ihrem natürlichen Niveau – auf die Inflationsrate Druck nach oben oder unten ausübt. • Liegt die Arbeitslosigkeit unterhalb ihren natürlichen Niveaus, dann nimmt die Inflationsrate tendenziell zu. → Diese Komponente bezeichnet man als Nachfragesoginflation (demand-pull inflation), weil sie auf die hohe Gesamtnachfrage zurückzuführen ist. • Der Ausdruckt zeigt. dass die Inflationsrate auch wegen eines Angebotsschocks steigen oder sinken kann. • Ein nachteiliger Angebotsschock kommt in einem positiven Wert von v zum Ausdruck und führt zu einer Zunahme der Inflationsrate. → Diese Komponente bezeichnet man als Kostendruckinflation (cost-push inflation), weil ungünstige Angebotsschocks typischerweise die Produktionskosten in die Höhe treiben. Der kurzfristige Arbeitslosigkeit Tradeoff zwischen Inflation und wichtig: → die Lage der Philips-Kurve hängt von der erwarteten Inflationsrate ab. Wenn die Inflationserwartungen zunehmen, verschiebt sich die Kurve nach oben, und der Tradeoff verschlechtert sich: Die Inflationsrate ist für jedes Niveau der Arbeitslosigkeit höher als zuvor. • Weil die Wirtschaftssubjekte ihre Inflationserwartungen im Zeitverlauf anpassen, existiert ein Tradeoff zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation nur in der kurzen Frist! → Langfristig gilt wieder die klassische Dichotomie, die Arbeitslosigkeit kehrst auf ihr natürliches Niveau zurück, und es gibt keinen Tradeoff zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation. Disinflation und das Opferverhältnis → Das Opferverhältnis die Anzahl der Prozentpunkt des realen BIP eines Jahres, die aufgegeben werden müssen, um die Inflation um einen Prozentpunkt zu drücken. • Quantitative Analysen der Philips-Kurve haben ein Opferverhältnis von 5 zu 1 ergeben. D.h. für jeden Prozentpunkt Inflation müssen 5 Prozentpunkte realen BIP eines Jahres „geopfert“ werden • Eine schnelle Disinflationsstrategie wird in den USA als „cold turkey“-Strategie bezeichnet. 69/83 Rationale Erwartungen und schmerzlose Disinflation Der kurzfristige Tradeoff zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation wird in entscheidender Weise von den Erwartungen der Wirtschaftssubjekte gebildet. → Ein Ansatz der Erwartungsbildung wird rationale Erwartung genannt und geht davon aus, dass die Wirtschaftssubjekte alle ihnen zur Verfügung stehenden Informationen optimal nutzen, um Prognosen über die Zukunft zu erstellen. Dies schließt auch die gegenwärtige Wirtschaftspolitik mit ein (Geld- und Fiskalpolitik). Im Extremfall kann man die Inflation ohne jede Rezession verringern. Eine schmerzlose Disinflation ist mit zwei Erfordernissen verbunden: - der Plan zur Reduzierung der Inflation muss bekannt gegeben werden, bevor die Arbeitnehmer und die Unternehmen, die die Löhne und Preise setzen, ihre Erwartungen gebildet haben - diejenigen, die die Löhne und Preise festlegen, müssen der Ankündigung Glauben schenken. Hysteresis und die Anfechtung der „Natural-Rate“-Hypothese Die Kosten der Disinflation und darüber hinaus die gesamte Diskussion der ökonomischen Schwankungen basiert auf der Annahme der Natural-Rate-Hypothese : ⇒ Schwankungen der Gesamtnachfrage zeigen nur kurzfristig Wirkungen auf Produktion und Beschäftigung. Langfristig kehrt die Wirtschaft auf die Niveaus von Produktion, Beschäftigung und Arbeitslosigkeit zurück, wie sie durch das klassische Modell beschrieben wird. Neuerer Zeit zweifeln Wirtschaftswissenschaftler die Gültigkeit dieser These an: Der langfristige Einfluss vergangener wirtschaftlicher Ereignisse auf die natürliche Quote wird mit dem Begriff Hysteresis bezeichnet. • Begründet wird dies dadurch, dass beispielsweise Arbeitslose berufsqualifizierende Fähigkeiten verlieren, was ihre Möglichkeiten einen Arbeitsplatz zu finden einschränkt. • Ebenso kann eine Rezession die Wirtschaft auf eine andere Weise langfristig berühren. Nämlich durch die Veränderung des Prozesses der Lohnpreisbildung. Die Arbeitsloswerdenden (Outsider) verlieren ihren Einfluss beim Lohnpreisbildungsprozess. Die nun kleinere Gruppe der Insider könnten bei Interesse an hohen Reallöhnen (und weniger an hoher Beschäftigung) die Reallöhne dauerhaft über das Gleichgewichtsniveau drücken und das Maß der Wartearbeitslosigkeit erhöhen. Zusammenfassung 1. Die vier Theorien des Gesamtangebots – das Lohnstarrheiten-Modell, das ArbeitnehmerFehleinschätzung-Modell, das Modell unvollkommener Information und das Preisstarrheiten-Modell – führen Abweichungen der Produktion und der Beschäftigung von ihrem natürlichen Niveau auf Marktunvollkommenheiten zurück. Jede der Theorien impliziert, dass die Produktion über ihr natürliches Niveau steigt, falls das tatsächliche Preisniveau das erwartete übersteigt, und dass die Produktion unter ihr natürliches Niveau sinkt, wenn das tatsächliche Preisniveau das erwartete unterschreitet. 2. Wirtschaftswissenschaftler drücken das Gesamtangebot häufig durch eine Beziehung aus, die als Philips-Kurve bezeichnet wird. Die Philips-Kurve besagt, dass die tatsächliche Inflationsrate von der erwarteten Inflationsrate, von der Abweichung der Arbeitslosigkeit von ihrem natürlichen Niveau und von Angebotsschocks abhängt. Sie impliziert, dass es für die Wirtschaftspolitiker, die Nachfragesteuerung betreiben, einen kurzfristigen Tradeoff zwischen Arbeitslosigkeit und Inflation gibt. 3. Falls die Inflationserwartungen von der gegenwärtig beobachteten Inflation abhängen, dann weist die Inflation eine Beharrungstendenz auf. Dies impliziert, dass eine Inflationssenkung nur über einen vorteilhaften Angebotsschock oder eine Periode hoher Arbeitslosigkeit und verminderter Produktion möglich ist. Haben die Menschen jedoch rationale Inflationserwartungen, dann könnte ein glaubhafter Politiker die Erwartungen direkt beeinflussen und dadurch die Inflation senken, ohne dass es zu einer Rezession kommt. Die meisten Ökonomen akzeptieren die Hypothese der natürlichen Rate, nach der Änderungen de Gesamtnachfrage nur kurzfristig Wirkungen auf Produktion und Beschäftigung haben. Einige Wirtschaftswissenschaftler haben jedoch Mechanismen aufgezeigt, nach denen Rezessionen über eine Erhöhung der natürlichen Arbeitslosenquote doch dauerhafte Spuren in der Wirtschaft zurücklassen können. 70/83 (16.0) Konsum Bedeutung der Konsumquote: • langfristige Betrachtung: Nach dem Solow-Wachstumsmodell ist die Sparquote die Schlüsselgröße für den steady-state Kapitalstock und damit für das Niveau der Wohlfahrt. • kurzfristige Betrachtung: Schwankungen der Konsumausgaben sind ein wichtiger Faktor der konjunkturellen Entwicklung. o Änderungen des Konsumklimas als Ursache für Nachfrageschocks o marginale Konsumquote als Determinante der fiskalpolitischen Multiplikatoren 16.1 John Maynard Keynes und die Konsumfunktion (1936) Die Keynesschen Vermutungen Annahmen • Die marginale Konsumneigung liegt zwischen null und eins: Die Haushalte denen mit steigendem Einkommen ihren Konsum aus, aber nicht um soviel, wie ihr Einkommen wächst. • Die durchschnittliche Konsumneigung (Verhältnis von Konsum zu Einkommen) sinkt mit steigendem Einkommen: Ersparnisbildung ist ein Luxus. • Einkommen ist die wichtigste Determinante des Konsums: Der Zinssatz spielt keine bedeutende Rolle Die keynesianische Konsumfunktion: C = C + cY C >0 0 < c <1 C: Konsum Y: verfügbares Einkommen C : autonomer Konsum (Konstante) c: marginale Konsumneigung Gemäß der Abbildung, liegen hier alle drei Vermutungen Keynes` vor. Die marginale Konsumneigung entspricht der Steigung der Konsumfunktion. Die durchschnittliche Konsumneigung (C/Y) ergibt sich aus der Steigung des Fahrstrahls vom Ursprung an die Konsumfunktion. Für die durchschnittliche Konsumneigung gilt: APC = C/Y = C /Y + c Das ergibt sich aus der ersten Vermutung, daß die marginale Konsumneigung c zwischen null und eins liegt, eine höheres Einkommen also zu einer höheren Ersparnis und einem höheren Konsum führt. Mit steigendem Y sinkt C /Y und damit auch die durchschnittliche Konsumneigung C/Y. Frühe empirische Erfolge Die frühesten empirischen Untersuchungen wiesen darauf hin, daß die keynesianische Konsumfunktion eine gute Approximation des Konsumentenverhaltens darstellte. Diese Forschungen waren zum einen Haushaltsbefragungen, zum anderen Analysen aggregierter Konsum- und Einkommensdaten für die Zeit zwischen den Weltkriegen. 71/83 Säkulare Stagnation, Simon Kuznets und das Konsumrätsel Bald zeigten sich zwei Anomalien, die beide die Annahme betrafen, daß die durchschnittliche Konsumneigung mit steigendem Einkommen sinkt: • Ökonomen nahmen auf der Grundlage der keynesianischen Konsumfunktion an, daß nach dem Zweiten Weltkrieg mit steigendem Einkommens die Konsumquote abnehmen müsse und das es nicht genügend profitable Investitionsprojekte geben könnte, um die zunehmende Ersparnis zu absorbieren. Dieser mangelnde Konsum müßte dann zu einer unzureichenden Güternachfrage und damit zu einer langanhaltenden Depression, einem Zustand der säkularen Stagnation führen. Die Prognose bewahrheitete sich glücklicherweise nicht. • Simon Kuznets zeigte in den vierziger Jahren anhand von neuen Konsum- und Einkommensdaten, die bis 1869 zurückreichten, daß Verhältnis von Konsum zu Einkommen von Dekade zu Dekade stabil war, trotz der immensen Einkommenszuwächse im betrachteten Zeitraum. Î Implikation: Die durchschnittliche Konsumneigung ist über lange Zeiträume betrachtet konstant. Auf kurze Zeit betrachtet jedoch ergibt sich eine Beziehung von Konsum und Einkommen, ähnlich der, die Keynes vermutet hat. Die kurzfristige Konsumfunktion weist eine sinkende durchschnittliche Konsumneigung auf. Diese Diskrepanz bezeichnet man als Konsumrätsel. 16.2 Irving Fisher und die intertemporale Wahl Keynes: Beziehung zwischen gegenwärtigem Konsum und gegenwärtigem Einkommen Fisher: Tradeoff: Ausgleich zwischen ihrem gegenwärtigen und ihrem zukünftigen Interesse. Das Fisher-Modell untersucht damit, wie rationale, zukunftsorientierte Haushalte intertemporale Entscheidungen treffen. Die intertemporale Budgetbeschränkung Die Konsummöglichkeiten des einzelnen werden durch sein Einkommen begrenzt. Diese Grenze der Ausgabemöglichkeiten wird als Budgetbeschränkung bezeichnet. Nach Fisher sieht sich der Hauhalt einer intertemporalen Budgetbegrenzung gegenüber und wählt seinen gegenwärtigen und seinen zukünftigen Konsum so, daß er, über seine gesamte Lebenszeit betrachtet, ein Höchstmaß an Bedürfnisbefriedigung erreicht. Der Konsument lebe für zwei Perioden, Periode eins repräsentiere die Jugend, Periode zwei das Alter. In Periode eins erhalte er das Einkommen Y1 und konsumiere C1, in Periode zwei das Einkommen Y2 und konsumiere C2 Die Variablen seien reale Größen, also inflationsbereinigt. Die Ersparnis der ersten Periode ist die Differenz aus Einkommen und Konsum: S = Y1 - C1 In der zweiten Periode ergibt sich der Konsum aus der akkumulierten Ersparnis einschließlich der Verzinsung (r: realer Zinssatz) und dem Einkommen der zweiten Periode, da er in der zweiten Periode keine Ersparnis bildet: C2 = (1+r)S + Y2 Die Variable S repräsentiert sowohl Ersparnis als auch Verschuldung, die Gleichungen gelten auch, wenn der Konsument in der ersten Periode entspart. Nach Einsetzen der ersten Gleichung in die zweite und einigen Umformungen ergibt sich: C1 + C2/(1+r) = Y1 + Y2 /(1+r) Schlußfolgerungen: • Ist der Zinssatz gleich null, dann stimmt der gesamte Konsum in den beiden Perioden mit dem gesamten Einkommen überein. • Ist der Zinssatz größer null, werden der zukünftige Konsum und das zukünftige Einkommen mit dem Faktor r+1 abdiskontiert. Diskontierung: Weil die Konsumenten mit dem gegenwärtigen Einkommen, das gespart wird, Zinsen erzielen können, ist zukünftiges Einkommen weniger wert als gegenwärtiges, zukünftiger Konsum kostet damit weniger als gegenwärtiger. Damit ist der Faktor 1/(1+r) der Preis des Konsums in der zweiten Periode, ausgedrückt in Einheiten der ersten Periode, die Menge an Konsum, auf die der Konsument in der ersten Periode verzichten muß, um eine Einheit Konsum in der zweiten Periode zu erhalten. 72/83 Die Abbildung zeigt die Kombination von Konsum in der ersten und Konsum in der zweiten Periode. Wählt der Konsument Punkte zwischen A und B, dann konsumiert er nur einen Teil seines Einkommens in der ersten Periode und spart den Rest für die zweite. Wählt er einen Punkt zwischen A und C, dann konsumiert er in der ersten Periode mehr, als sein Einkommen zuläßt und verschuldet sich in Höhe der Differenz. Präferenzen Die Präferenzen des Konsumenten in bezug auf den Y2 Y2 Konsum in der ersten und in der zweiten Periode werden durch Indifferenzkurven dargestellt, die alle Konsumkombinationen wiedergeben, die in den Augen des Konsumenten gleichwertig sind. Höhere Indifferenzkurven werden niedrigeren vorgezogen. Die Steigung in jedem beliebigen Punkt einer Indifferenzkurve zeigt, welche Menge an Konsum in der zweiten Periode erforderlich ist, wenn der Konsum in der ersten Periode um eine Einheit sinkt und der Konsument gleichgestellt bleiben soll. Die Steigung ist die Grenzrate der Substitution (MRS) zwischen dem Konsum in der ersten und dem der zweiten Periode. Ist wie in Punkt W der Konsum in der ersten Periode hoch und in der zweiten niedrig, dann ist die MRS klein, denn der Konsument ist bereit, schon für eine geringe zusätzliche Konsummenge in der zweiten Periode bereit, auf eine Einheit Konsum in der ersten zu verzichten. Dagegen ist die MRS in Punkt Y groß, der Konsument verlangt ein hohes Maß an zusätzlichem Konsum in der zweiten Periode, wenn er auf eine Einheit in Periode eins verzichten soll. Optimierung Ziel: Realisierung eines Punktes auf der höchstmöglichen Indifferenzkurve. Der Haushalt erreicht das höchste Niveau an Bedürfnisbefriedigung durch die Wahl des Punktes auf der Budgetgerade, der gleichzeitig auf der höchstmöglichen Indifferenzkurve liegt. Im Optimum tangieren sich Indifferenzkurve und Budgetbeschränkung. In der Abbildung beschreibt damit der Punkt O die beste Kombination, die für den Haushalt in beiden Perioden erreichbar ist. Die Steigung der Indifferenzkurve gibt die MRS wieder, die Steigung der Budgetgeraden ist 1 plus dem realen Zinssatz. Im Punkt O gilt daher: MRS = 1+r 73/83 Die Wirkung von Einkommensänderungen auf den Konsum Reaktion des Konsums auf eine Einkommenserhöhung: Eine Zunahme von Y1 und Y2 verschiebt die Budgetgerade nach außen, der Haushalt verfügt also über die Möglichkeit einer quantitativ größeren Kombination des Konsums der beiden Perioden, der kann eine höhere Indifferenzkurve erreichen. Die Abbildung geht dabei von normalen Gütern aus, d.h. von Gütern, von denen der Haushalt mehr konsumiert, wenn sein Einkommen steigt, das gilt also für beide Perioden. Es wird davon ausgegangen, daß der Haushalt eine Konsumglättung vornimmt: D.h. er verteilt die Einkommenserhöhung auf die beiden Perioden, egal, in welcher der beiden Perioden sie eintritt. Der Konsum hängt damit vom Gegenwartswert des laufenden und des künftigen Einkommens ab: Gegenwartswert des Einkommens = Y1 + Y2 1+ r Der Konsum hängt von den Ressourcen ab, die der Konsument für seien gesamte Lebensspanne erwartet. Die Wirkungen von Änderungen des realen Zinssatzes auf den Konsum Unterscheidung zweier Fälle: • Der Haushalt spart zunächst. • Der Haushalt verschuldet sich zunächst. Betrachtet wird der Fall, daß der Haushalt zunächst spart: Wie die Abbildung zeigt, dreht eine Erhöhung des realen Zinssatzes die Budgetgerade im Punkt (Y1,Y2). Die Zinserhöhung vermindert den Konsum in der ersten Periode ∆C1 und vergrößert ihn in der zweiten um ∆C2. Die Wirkungen der Erhöhung des realen Zinssatzes auf den Konsum lassen sich in zwei Teileffekte zerlegen: • Einkommenseffekt o beschreibt die Veränderung des Konsums aufgrund von der Bewegung hin zu einer höheren Indifferenzkurve o Haushalt tritt in der ersten Periode als Darlehensgeber (Ersparnisse übersteigen in der ersten Periode den Konsum) auf, er stellt sich damit durch die Erhöhung des Zinssatzes besser. o Verbesserung der Wohlfahrtssituation wird bei normalen Gütern auf beide Perioden verteilt Æ Konsumerhöhung in beiden Perioden • Substitutionseffekt o beschreibt die Veränderung, die sich aus der Änderung des relativen Preises des Konsums ergibt o steigender Zinssatz Æ Konsum in Periode zwei wird gegenüber dem in Periode zwei relativ billiger (Zinseinnahmen sind höher: Haushalt muß auf weniger Konsum in Periode eins verzichten, um eine zusätzliche Einheit Konsum in Periode zwei realisieren zu können) Æ mehr Konsum in Periode zwei, weniger Konsum in der ersten Periode Î Erhöhung des Konsums in Periode zwei bei unterschiedlichen Auswirkungen in Periode eins 74/83 Kreditbeschränkungen Fisher: Der Haushalt kann sowohl Darlehen geben als auch gewähren. Durch Aufnahme von Krediten kann der Konsum – zu lasten des Konsums in Periode zwei – in Periode eins größer sein als das Einkommen. Kann der Haushalt jedoch keine Kredite aufnehmen, ergibt sich: C1 ≤ Y1 Diese Beschränkung heißt Kredit- oder Liquiditätsbeschränkung. Dadurch werden die Wahlmöglich-keiten des Haushalts eingegrenzt. In der Abbildung erfüllt also nur die schattierte Fläche sowohl die Budget- als auch die Kreditbeschränkung. Beeinflussung der Konsumentenentscheidung: (a) Der Haushalt möchte in der ersten Periode weniger konsumieren, als er verdient Æ keine Bindung durch die Kreditbeschränkung, der Konsum hängt vom Gegenwartswert des Lebenszeiteinkommens ab C = Y1 + Y2/(1+r) (b) Der Haushalt möchte in der ersten Periode mehr konsumieren, als er verdient Æ Bindung durch die Kreditbeschränkung, der Konsum hängt vom gegenwärtigen Einkommen ab C1 = Y1 und C2= Y2 16.3 Franco Modigliani und die Lebenszyklus-Hypothese Die Hypothese Das Einkommen ändert sich im Laufe des Lebens, z. B. durch Ausscheiden aus dem aktiven Arbeitsleben, der Lebensstandard soll dennoch gleich blieben (Konsumglättung). So wird dem Rentenalter durch Ersparnisse vorgebeugt. Für die Konsumfunktion folgt: T: vermutlich verbleibende Lebensdauer W: Höhe des Vermögens Y: Einkommen R: verbleibende Zeit bis zum Austritt aus dem Erwerbsleben Der zur Verfügung stehende Gesamtbetrag ist damit die Summe vom Anfangsvermögen W und dem Lebenszeiteinkommen (R×Y). Der Konsument verteile nun die Gesamtsumme gleichmäßig auf sein verbleibendes Leben: C = (W +RY)/T ⇔ C = (1/T)W + (R/T)Y Der Konsum ist damit von Vermögen (zinsabhängig: W = rWt-1+Wt ) und Einkommen abhängig. Für die aggregierte Konsumfunktion gilt ( α marginale Konsumneigung aus Vermögen, β marginale Konsumneigung aus Einkommen): C = αW + βY 75/83 Implikationen • • • • • Die Höhe des Konsums ist abhängig von Vermögen und Einkommen, das Vermögen bestimmt den Ordinatenabschnitt der Funktion. Das Modell impliziert, daß für die durchschnittliche Konsumquote gilt: C/Y = α(W/Y) + β Das Vermögen ändert sich nicht proportional zum Einkommen. Hohe Einkommen sind kurzfristig mit einer niedrigen durchschnittlichen Konsumquote verbunden, über lange Zeiträume wachsen Vermögen und Einkommen proportional ( konstantes Verhältnis W/Y, daher konstante durchschnittliche Konsumquote) Kurzfristig gilt Keynes´ Annahme, langfristig verschiebt sich aber die Konsumfunktion mit Zunahme des Vermögens nach oben. Daher sinkt die durchschnittliche Konsumquote mit steigendem Einkommen nicht. Höhe der Ersparnis verändert sich im Laufe des Lebens auf voraussagbare Weise. Der Konsum ist abhängig von Vermögen und Einkommen. 16.4 James Duesenberry: Der Sperrklinkeneffekt (ratchet effect) • • • Dueseberry erklärt das Konsumrätsel mit dem Sperrklinkeneffekt. Danach verschiebt sich die kurzfristige Konsumfunktion mit steigendem Y ständig nach oben, d.h. mit steigendem Wohlstand nehmen die Bedürfnisse zu. Beim Rückgang des Einkommens versuchen die Konsumenten, das erreichte Konsumniveau zu halten. 16.5 Milton Friedman und die Hypothese des permanenten Einkommens Die Hypothese Das gegenwärtige Einkommen ist die Summe aus dem permanentem YP und dem transitorischen Einkommen YT: Y = Y P + YT permanentes Einkommen: durchschnittliches, dauerhaftes Einkommen transitorisches Einkommen: zufällige Abweichung von diesem Durchschnitt, vorübergehend Nach Friedman wird der Konsum in erster Linie vom permanenten Einkommen bestimmt, da die Haushalte die Möglichkeit des Sparens nutzen, um den Konsum zu glätten, wenn es zu transitorischen Änderungen kommt. Die hierdurch entstehenden zusätzlichen Konsummöglichkeiten werden nicht umgehend realisiert, sondern auf den Rest des Lebens verteilt, d.h. der Großteil des transitorischen Einkommens wird gespart: C = α YP 76/83 Mit α als Konstante verändert sich der Konsum also proportional zum dauerhaften Einkommen. (Daneben wird auch permanentes Vermögen akkumuliert und es besteht aus Realkapital K, Finanzkapital F und Humankapital H. Das permanente Einkommen ist damit YPt = r(K+F+H)t-1. Damit ist dann auch der Zinssatz eine ausschlaggebende Größe zur Erklärung der Konsumnachfrage.) Implikationen • • • Die durchschnittliche Konsumneigung hängt vom Verhältnis des Dauereinkommens zum laufenden Einkommen ab. APC = C/Y = α YP /Y P o Y > Y : APC sinkt vorübergehend o Y < YP : APC erhöht sich vorübergehend Haushalte mit einem hohen permanenten Einkommen weisen einen proportional höheren Konsum auf. Haushalte mit einem hohen transitorischen Einkommen weisen aber keinen höheren Konsum auf, d.h. Haushalte mit hohem Einkommen weisen im Durchschnitt eine niedrigere Konsumneigung auf. Jährliche Einkommensschwankungen sind hauptsächlich transitorischer Natur. Über einen langen Zeitraum betrachtet sind Einkommensänderungen aber Ergebnis der permanenten Komponente. Bei langen Zeitreihen ergibt sich also eine konstante durchschnittliche Konsumneigung. Der Konsum ist abhängig vom permanenten Einkommen. Rationale Erwartungen und Konsum Robert E. Hall: Folgen die Haushalte der Permanenten-Einkommens-Hypothese und haben sie rationale Erwartungen, d.h. nutzen sie bei Prognosen alle verfügbaren Informationen optimal, dann beeinflussen lediglich nicht erwartete wirtschaftspolitische Maßnahmen den Konsum, und diese Maßnahmen wirken dann, wenn sie die Erwartungen verändern. Änderungen in der Konsumhöhe sind damit nicht prognostizierbar, denn sie reflektieren nur Überraschungen hinsichtlich des Lebenszeiteinkommens. Damit erfaßt das Modell von Fisher eher die Realität als das von Friedman, da die Haushalte keine rationalen Erwartungen bilden können. 16.6 Schlußfolgerungen Konsum = f(gegenwärtiges Einkommen, Vermögen, erwartetes zukünftiges Einkommen, Zinssätze) 77/83 (17.0) Investitionen Unterscheidung von vier Kategorien von Investitionen durch das statistische Bundesamt: • Ausrüstungsinvestitionen: Dienen dazu, eine Produktionsleistung zu erbringen: Maschinen, Kraftfahrzeuge etc. • Bauinvestitionen: alle Käufe neuer Bauten einschließlich selbsterstellter • sonstige Anlagen: u.a. Nutzvieh, Nutzpflanzen, Computersoftware • Vorratsinvestitionen: alle Güter, die auf Lager genommen werden Unterscheidung in den USA: • business fixed investment: alle Ausrüstungen, alle Nicht-Wohnbauten • residential investment: alle neuen Wohnbauten • inventory investment: Vorräte Æ Besonderheit: keine Investitionstätigkeit des Staates ÎVorteile: o staatliche Investitionsentscheidungen von anderen Faktoren abhängig als die privaten (IS/LM-Modell: sollen dann hoch sein, wenn die privaten Investitionen niedrig sind) o unterschiedliche langfristige Wirkungen: Staatliche Investitionen z.B. zugunsten der Infrastruktur können wachstumsfördernd sein Die Investitionsentscheidung Eine Firma kauft neue Kapitalgüter, weil sie sich von der Anlage einen Erlösstrom erhofft, der alle laufenden Kosten sowie die Abschreibungen abdeckt. Der Überschuß ist der Ertrag der Investitionen. Die interne Ertragsrate der Investition r ist der Zinssatz, der den Gegenwartswert der Nettoerlöse während der Nutzungsdauer eines Kapitalguts dem Anschaffungspreis genau gleich werden läßt. Für T Perioden ergibt sich für die interne Ertragsrate, wobei R den Erlös bezeichnet: T K0 = Rt ∑ (1 + r ) t =1 t Alternativ dazu kann man den Erlösstrom auch mit dem Marktzins i diskontieren. Man erhält dann den Gegenwartswert der Erlöse zu Finanzierungskosten V0. Der Vergleich zwischen V0 und K0 erlaubt zu entscheiden, ob sich die Investition lohnt. T V0 = Rt ∑ (1 + i) t =1 Methode Interne Ertragsrate vs. Kreditzins Gegenwartswert vs. Kosten Entscheidung t r>i r<i i=r V0 > K0 V0 < K0 V0 = K0 Investition tätigen Investition unterlassen Indifferenz 17.1 Ausrüstungsinvestitionen Neoklassisches Investitionsmodell (Dale W. Jorgenson, Harvard): • Untersuchung des Nutzens und der Kosten aus dem Besitz von Kapitalgütern • zeigt Zusammenhänge zwischen Investitionen, dem MPK, dem Zinssatz und den unternehmensrelevanten Steuervorschriften Annahme: Unterscheidung zweier Unternehmensarten: • Produktionsunternehmen: Produktion von Waren und Dienstleistungen unter Verwendung von Kapital • Verleihunternehmen: tätigen alle Investitionen in einer Wirtschaft 78/83 Der Mietpreis des Kapitals Produktionsunternehmen: Das typische Produktionsunternehmen trifft die Investitionsentscheidung durch eine Kosten-NutzenAnalyse jeder Kapitaleinheit. Das Unternehmen mietet Kapital zum Mietpreis R und verkauft den Output zum Preis P. Die realen Kosten einer Kapitaleinheit haben die Höhe R/P. Die realen Nutzen einer Kapitaleinheit ergeben sich aus dem MPK. Das MPK nimmt mit steigendem Kapitalstock ab. Ein Unternehmen, das seinen Gewinn maximieren möchte, wird also soviel Kapital mieten, bis das MPK mit dem realen Mietzins übereinstimmt. Das MPK bestimmt also die Kapitalnachfragekurve, die fallend verläuft, weil das MPK niedrig ist, wenn die Menge des eingesetzten Kapitals hoch ist. Die Angebotskurve verläuft senkrecht, weil das Kapitalvolumen der Volkswirtschaftkonstant ist. Die Cobb-Douglas-Produktionsfunktion lautet (vgl. Kap.3): Y = AKαL1-α Als Grenzprodukt des Kapitals ergibt sich bei der Cobb-Douglas-Funktion als: MPK = αA (L/K) 1-α Aus der Bedingung der Identität von MPK und realem Mietzins ergibt sich dann: R/P = αA (L/K) 1-α Implikationen: Der reale Mietzins des Kapitals ist um so höher, • je geringer der Kapitalstock K • je größer das eingesetzte Arbeitsvolumen L • je besser die verwendete Technologie A Die Kosten des Kapitals Verleihunternehmen: Gewinn = Erlös -Kosten Erlös: Nutzen aus dem Besitz von Kapital = Erlöse aus dem Verleih von Kapital an die Produktionsunternehmen in Höhe des realen Mietpreises des Kapitals R/P Kosten: • Zinskosten in Höhe von iPK (PK = Kaufpreis einer Kapitaleinheit; i = nominaler Zinssatz): Verlust des Zinssatzes, den das Unternehmen durch Anlage bei einer Bank erzielt hätte (Opportunitätskosten der Kapitalbildung) • Kosten durch Änderung des Preises des Kapitalguts während der Vermietung in Höhe von –∆PK: Sinkt der Preis, macht das Unternehmen einen Verlust, weil sein Vermögen gesunken ist, steigt er, macht das Unternehmen einen Gewinn. • Abschreibung (Verschleiß): Kosten in Höhe von δPK (δ = Abschreibungsrate) Î Gesamtkosten: Nettokapitalkosten = iPK – ∆PK + δPK = PK (i-∆PK/PK +δ) Die Nutzungskosten des Kapitals sind um so höher, • je höher das Zinsniveau i • je höher die Abschreibungsrate δ • je höher das Risiko, daß der Preis des Kapitalguts fällt, und je größer das Ausmaß Zur Vereinfachung sei angenommen, daß der Preis des Kapitalguts sich im gleichen Ausmaß ändert wie die Preise der anderen Güter, ∆PK/PK also der allgemeinen Inflationsrate π entspreche. Des weiteren ist die Differenz i-π gleich dem realen Zinssatz r (Fisher-Gleichung). Kapitalkosten = PK(r+δ) Die realen Kapitalkosten, d.h. die Kosten des Kaufs und Verleihens einer Kapitaleinheit ausgedrückt in Gütereinheiten, also relativ zu den Kosten anderer Güter betragen dann: Reale Kapitalkosten = (PK/P)(r + δ) 79/83 Die Determinanten der Investitionen Der reale Gewinn pro Kapitaleinheit setzt sich wie folgt zusammen: Gewinn = Erlös – Kosten = R/P - (PK/P)(r + δ) Der reale Mietpreis entspricht im Gleichgewicht dem MPK: Gewinnrate = MPK - (PK/P)(r + δ) Danach macht das Verleihunternehmen dann Gewinn, wenn das MPK größer ist als der reale Kostensatz. Die Änderung des Kapitalstocks, die Nettoinvestition, hängt also von dieser Differenz ab, damit auch die Entscheidungssituation des Unternehmens: • MPK > (PK/P)(r + δ)Æ Vergrößerung des Kapitalstocks • MPK < (PK/P)(r + δ)Æ Verringerung des Kapitalstocks Diese Folgerung gilt für Produktions- und Verleihunternehmen gleichermaßen, als Funktion, die angibt, wie die Nettoinvestitionen auf Investitionsanreize reagieren, ergibt sich: ∆K = In [MPK - (PK/P)(r + δ)] Daraus folgt die Investitionsfunktion, nach der sich die gesamten Ausgaben für Anlageinvestitionen aus der Summe von Nettoinvestitionen und dem Ersatz des verschlissenen Kapitals ergeben: I = In [MPK - (PK/P)(r + δ)]+ δK Eine Zunahme des realen Zinssatzes erhöht die Kapitalkosten, sie vermindert also den Gewinn, der sich mit dem Besitz von Kapital erzielen läßt und verringert den Anreiz, zusätzliches Kapital zu bilden. Alle Einflüsse, die zu einer Erhöhung des MPK führen, erhöhen die Profitabilität der Investitionen, die Investitionsfunktion verschiebt sich nach außen. Der Kapitalstock wird sich so anpassen, daß sich das MPK immer weiter dem Kapitalkostensatz anpaßt. Im steady-state-Niveau gilt dann: MPK = (PK/P)(r + δ) Die Anpassungsgeschwindigkeit an den steady state hängt davon ab, wie kostenträchtig es für das Unternehmen ist, neues Kapital zu produzieren, auszuliefern und zu installieren. Steuern und Investitionen Wichtigste Vorschriften der Unternehmensbesteuerung in den USA: • Körperschaftssteuer: o bremst die Investitionstätigkeit o besteuert Gewinne von Kapitalgesellschaften • Steuergutschrift: o stimulieren die Investitionstätigkeit o vermindert die Unternehmenssteuern bei Investitionen 80/83 Der Aktienmarkt und Tobins q Viele Ökonomen sehen einen Zusammenhang zwischen Schwankungen am Aktienmarkt und Investitionsschwankungen. Aktienkurse sind hoch, wenn sich den Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten für gewinnträchtige Investitionen bieten, da diese Möglichkeiten höhere Dividendeneinkommen für die Aktionäre implizieren. James Tobin stellte die Hypothese auf, daß Unternehmen ihre Investitionsentscheidungen auf der Maßzahl q basieren: q = Marktwert des Kapitalbestandes / Wiederbeschaffungskosten des Kapitalbestandes • q > 1: Aktienmarkt bewertet den Kapitalbestand höher als die Wiederbeschaffungskosten Erhöhung des Marktwerts des Unternehmens durch den Kauf weiterer Kapitalgüter • q < 1: Aktienmarkt bewertet den Kapitalbestand geringer als die Wiederbeschaffungskosten verschlissene Kapitalbestände werden nicht ersetzt, der Unternehmer desinvestiert Tobins q gibt sowohl die für die Zukunft erwartete als auch die gegenwärtige Profitabilität des Kapitals wieder. Finanzierungsbeschränkungen Im Gegensatz zur neoklassischen Theorie sind Unternehmen nicht immer in der Lage, die für die Investitionen notwendigen Mittel aufzunehmen. Aufgrund dieser Finanzierungsbeschränkungen ergibt sich eine Abhängigkeit der Investitionen vom gegenwärtigen cash flow der Unternehmen, d.h. der Betrag für neue Kapitalgüter ist durch die gegenwärtigen Erträge beschränkt. 81/83 17.2 Wohnungsbauinvestitionen Das Bestandsgleichgewicht und das Investitionsvolumen Der relative Wohnungspreis PH/P wird durch Angebot und Nachfrage nach dem existierenden Bestand an Wohnungen bestimmt, er paßt sich so an, daß Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht kommen. Je höher der relative Wohnungspreis ist, d.h. je niedriger das allgemeine Preisniveau und je höher der Preis der Wohnungen ist, desto größer ist der Anreiz zum Wohnungsbau. Der Strom neuer Wohnungen hängt damit vom Gleichgewichtspreis für bestehende Wohnungen ab. Der relative Preis seinerseits wird durch die erwarteten Gewinne aus dem Besitz von vorhandenem bestimmt. Änderungen der Wohnungsnachfrage Erhöht sich die Nachfrage nach Wohnungen (z.B. durch einen wirtschaftlichen Aufschwung und damit einer Steigerung des Volkseinkommens oder durch Bevölkerungswachstum), steigt der Gleichgewichtspreis für Wohnungen. Diese Erhöhung des Wohnungspreises ruft eine Erhöhung der Wohnungsbauinvestitionen hervor. Dabei ist der reale Zinssatz eine der wichtigsten Determinanten für die Wohnungsnachfrage, denn der Zinssatz stellt die Opportunitätskosten für eine Anlage in Form von Immobilien dar. Die steuerliche Behandlung des Wohneigentums Die Einkommenssteuer stellt einen Anreiz zur Investition in Wohnungseigentum dar. Besonders deutlich ist dies in den USA, denn dort verlangt das Einkommenssteuergesetz vom Wohnungseigentümer keine Steuer auf die kalkulatorische Miete, also die Miete, die er gewissermaßen an sich selbst bezahlt, es erlaubt ihm aber, Hypothekenzinsen steuerlich geltend zu machen. Das Steuergesetz erlaubt den Inhabern, ihre nominalen Zinsen abzuziehen, d.h. der Wert dieser Subvention ist um so höher, je höher die Inflationsrate ist, weil der nominale Hypothekenzinssatz bei steigender Inflationsrate steigt. 82/83 17.3 Lagerinvestitionen Gründe für die Lagerhaltung • • • • Produktionsglättung o Güterproduktion kann auf einem gleichbleibenden Niveau gehalten werden und muß sich nicht temporären Verkaufsschwankungen anpassen Lagerbestände als Produktionsfaktor o Unternehmen kann effizienter arbeiten, indem es durch Präsenz der Güter diese dem Kunden vorführen kann und Stillstandszeiten bei Maschinenschäden vermeidet, indem es Ersatzteile für auf Lager hat. Vermeidung von Lieferschwierigkeiten Pufferlager o Produktionsprozeß beinhaltet Zeitverzüge, in denen Zwischenprodukte auf Lager genommen werden müssen. Das Akzelerator-Modell der Lagerbestände Ein Unternehmen hält einen Lagerbestand N, der proportional zum Outputniveau Y ist. Bewegt sich die Produktion nämlich auf hohem Niveau, dann wartet auch mehr Material darauf, genutzt zu werden. N = βY β gibt als Parameter wieder, in welchem Verhältnis der Lagerbestand zum Output stehen soll. Die Lagerinvestitionen sind die Veränderung der Lagerbestände ∆N: I = ∆N = β∆Y Das Akzelerator-Modell prognostiziert damit, daß sich die Lagerinvestitionen proportional zum Output entwickeln, die Variable Y gibt demnach die Geschwindigkeit der Güterproduktion wieder, die Variable ∆Y stellt die Beschleunigung der Produktion dar. Damit hängt der Umfang der Lagerinvestitionen davon ab, ob sich die ökonomische Entwicklung, dargestellt durch das BIP, beschleunigt oder verlangsamt. Lagerbestände und der reale Zinssatz Der reale Zinssatz mißt die Opportunitätskosten der Lagerhaltung, da es sich bei den gelagerten Gütern um gebundenes Kapital handelt. Steigt der reale Zinssatz, dann wird die Lagerhaltung teurer, so daß ein rationales Unternehmen seine Lagerbestände verringern wird. 17.4 Schlußfolgerungen • • • • Investitionsausgaben stehen in inverser Beziehung zum realen Zinssatz. Ursachen für eine Verschiebung der Investitionsfunktion o Verbesserung der verfügbaren Technologie Æ Erhöhung des MPK Æ Anstieg der Anlageinvestitionen o Bevölkerungswachstum Æ Zunahme der Immobiliennachfrage Æ Zunahme der Wohnungsbauinvestitionen o wirtschaftspolitische Maßnahmen, v.a. Steuerpolitik Ursachen für die starken Schwankungen der Investitionen im Konjunkturzyklus o Abhängigkeit vom Zinssatz o Abhängigkeit von der volkswirtschaftlichen Produktion Wirtschaftsaufschwung stimuliert die Investitionen, eine Rezession dämpft sie. 83/83