KP0603_14_Peeling 24.05.2006 14:56 Uhr Seite 14 Weiterbildung, Teil 3 Chemical Peeling Chemische Peelings zählen zu den klassischen Schnittstellen zwischen Dermatologie und Kosmetik. Im 3. Teil unserer Serie Weiterbildung erfahren Sie, welche Substanzen bei hochprozentigen Peelings eingesetzt werden, wie diese wirken und welche Risiken und Nebenwirkungen damit verbunden sind. 14 Kosmetische Praxis Juni 2006 Integriertes Konzept Für jedes Peeling gilt: Eine angemessene Vorbehandlung („priming“) ist für ein optimales Ergebnis unbedingt erforderlich. Denn die Haut muss auf das eigentliche Peeling langsam vorbereitet werden. Durch diesen „Gewöhnungseffekt“ kann die eigentliche Peelingsubstanz später gleichmäßig eindringen. Zur Vorbehandlung werden langsam steigende Konzentrationen von zum Beispiel Fruchtsäurezubereitungen – Heimbehandlung (5–10 %), Institutsbehandlung (8–15 %) –, Aminosäuren, GLOSSAR – Chemisches Peeling: Kosmetische Behandlung, bei der verschiedene Hautschichten mittels chemischen Substanzen (Säuren, Phenol) flächig entfernt werden – Exfoliation: Abblättern, allmähliche Abstoßung von Haut (Gewebe) – Externa: Heilmittel, die man äußerlich anwendet – denaturieren: Veränderung von Eiweißen durch Erhitzen oder chemisch – Derivat: von einem Stoff abgeleitete Substanz ähnlicher chemischer Struktur – Diuretikum: harntreibendes Mittel – Disposition: Empfänglichkeit des Organismus für bestimmte Erkrankungen – Frosting: Weißfärbung der Haut; zeigt an, dass die Dermis erreicht ist – Ichthyosis: Fischschuppenkrankheit; übermäßige Hauttrockenheit und abnorme Verhornungsstörung – Immunsuppressiva: Mittel, die die körpereigene Abwehr unterdrücken – Interna: Heilmittel, die man innerlich anwendet – persistierend: fortbestehend – postinflammatorisch: nach einer Entzündung – Priming: Vorbereitung der Haut auf das Peeling mit Lösungen geringer Konzentration – systemisch: ein (Organ)system betreffend – topisch: örtlich, äußerlich (bzgl. Anwendung von Arzneimitteln) Fotos: Pierre Bourriere/PhotoAlto, Dr. H. Gerny B eim chemischen Peeling werden Substanzen verwendet, die die epidermalen bzw. dermalen Zellen zerstören (verätzen). Es hindert die Hautzellen daran, aneinander zu haften (Adhäsion), und bewirkt, dass die Haut sich „abschält“. Darüber hinaus stimuliert ein Peeling die Kollagenproduktion, indem es die Hautzellen in der epidermalen-dermalen Übergangszone zur Regeneration anregt. Indikation: Peelings werden hauptsächlich eingesetzt, um die Haut zu verjüngen, d.h. um sie zu glätten, zu straffen und um einen frisch wirkenden Teint zu erzeugen. Indikationen für eine medizinische Behandlung sind u.a.: aktinische Keratosen, seborrhoische Keratosen, Acne vulgaris (Grad I–II), postinflammatorische Pigmentierungen, Narben. Indikationen für eine kosmetische Behandlung sind u.a.: Fältchen, grobporige unreine Haut, Pigmentflecken (z.B. Chloasma, Lentigines), Aknenarben, trockene schuppende Haut, Hautatrophie, Hautalterung, gelbliche Elastose, Ichthyosis. Ziel ist es – neben der Hautglättung und der Beseitigung krankhafter Verhornungen –, das Feuchtigkeitsbindevermögen zu steigern, die Elastizität zu verbessern und die Pigmentverteilung zu harmonisieren. Man unterscheidet drei Peelings: – sehr oberflächliches bis oberflächliches (epidermales) Peeling: reicht bis zum gesamten Stratum corneum – mitteltiefes (dermales) Peeling: erreicht die Epidermis bis Str. papillare – tiefes Peeling: erreicht die gesamte Dermis über Stratum papillare bis zum Stratum reticulare Die Eindringtiefe eines Peelings hängt von folgenden Faktoren ab: – der Substanz selbst (pH-Wert, freie Säure, teils neutralisiert) – der Konzentration der Substanz – der aufgetragenen Menge – der Einwirkzeit – der Applikationsart Des Weiteren spielen Vorbehandlung – z.B. inwieweit die Haut bei der Reinigung entfettet wurde, Okklusion –, Hauttyp, Häufigkeit der Anwendung, Talgdrüsendichte, vorhandene Hautschäden, Ort der Anwendung (z.B. Gesicht, Hände) eine Rolle. Auch die topische und systemische Gabe von Medikamenten beeinflussen die Eindringtiefe und die Hautreaktion. In der Regel gilt: Je tiefer ein Peeling, desto höher ist das Risiko für Komplikationen. In der medizinischen Kosmetik kommen hochprozentige Peelings zum Einsatz, die bis hin zur Dermis (Stratum papillare) wirken. Sie werden vorwiegend mit natürlichen Fruchtsäuren (AHAs = Alpha Hydroxy Acids) wie beispielsweise Glykozitrat- (50–70 %; pH-Wert unter 4) und Glykolsäure-Lösungen (50–70 %; pH-Wert unter 4), mit Trichloressigsäure-Lösung (TCA; 20–35 %), Trichloressigchelat (16 %) und mit Phenol durchgeführt. KP0603_14_Peeling 24.05.2006 14:57 Uhr Seite 15 Vitaminen A, E und C verwendet. Etwa 4–6 Wochen vor dem eigentlichen Peeling wird damit begonnen (1–2 Behandlungen/Woche). Die Peelingstärke kann dabei langsam stufenweise steigen oder gleich bleiben. Dabei bestimmt die Hautreaktion die Konzentration und Einwirkzeit. Um ein gutes Ergebnis zu halten, empfiehlt es sich, ein oberflächliches Peeling im 4-Wochen-Rhythmus beizubehalten und die Heimbehandlung stets weiterzuführen. Wichtig! Während des gesamten Behandlungsprogramms ist (4–6 Wochen zuvor und 4–8 Wochen danach) ein konsequenter Breitbandlichtschutz notwendig; möglichst mit Sunblockern. Bei tiefen Peelings sollte die Haut sogar 6 Monate danach vor UV-Licht intensiv geschützt werden. Je nach Indikation werden einige Wochen zuvor zusätzlich bleichende Substanzen eingesetzt wie z.B. Hydrochinon, Azelainsäure, Kojisäure, Ellagsäure. 3 Wochen vor einem Peeling empfiehlt es sich, 1–2 Mal wöchentlich eine Lymphdrainage durchzuführen. Eine Woche vor einem tiefen Peeling ist eine gründliche Ausreinigung der Unreinheiten angezeigt. Nach einem mitteltiefen Peeling kann man nach etwa einer Woche mit parfümfreien Dermokosmetika z.B. mit Vitamin C, E sowie abdeckenden Cremes beginnen. Zuvor ist eine vom Arzt verordnete Wundsalbe zu benutzen. Auf alle institutsüblichen Maßnahmen ist für drei Monate bei einem tiefen Peeling zu verzichten. Risiko & Nebenwirkungen Fruchtsäuren (AHAs): Eingesetzt werden vor allem Glykozitrat- und Glykolsäurelösungen in verschiedenen Konzentrationen (Heimpflege 5–10 %, Institutspflege 20–40 %, Arzt 50–70 %). Eine optimale gesicherte Wirkung zeigen Präparate mit einem pHWert unter 4 auf. Diese verbleiben max. 1–3 Min. (Gesicht) bzw. 15 Min. (Arme, Beine) auf der Haut. Ausschlaggebend für die Verweildauer ist immer die Hautreaktion. Rötet sich die Haut leicht, ist die Fruchtsäure sofort zu neutralisieren und zu entfernen. Wird diese Regel eingehalten, sind Nebenwirkungen fast ausgeschlossen. Fruchtsäuren sind nicht toxisch. Mögliche Nebenwirkungen: Persistierende Erytheme, Weißfärbung (Frosting) der Haut, Spannungsgefühl, Juckreiz, Verbrennungen (Schuppen-, Krustenbildung), Dermatitis, postinflammatorische Pigmentierung, Narbenbildung, Keloidbildung, Milienbildung, Infektion mit Herpes simplex, Hautatrophie und -empfindlichkeit. Vitamin-A-Säure (Tretinoin) und deren Derivate werden in der Behandlung von Akne, Psoriasis (Schuppenflechte) und lichtgealterter Haut (hier 0,001–0,05 %) schon lange eingesetzt und sind gut erprobt. Tretinoin ist verschreibungspflichtig und darf in Kosmetikprodukten nicht eingesetzt werden. Die Substanz Vitamin A (Retinol) hingegen, die chemisch von etwas anderer Struktur ist, aber ähnliche Eigenschaften besitzt, wird in der Dermokosmetik eingesetzt. Vitamin-A-Säure-Derivate wirken Verhornungs- und Pigmentstörungen entgegen, hemmen den Kollagenabbau und regen dessen Neubildung an. Die Haut wird glatt, sie wirkt frisch und jung. Allerdings trocknen solche Substanzen Haut und Schleimhäute aus. Die Haut reagiert darauf oft gereizt – sie rötet sich, spannt und schält sich – und wird äußerst empfindlich gegenüber UV-Licht. Zudem verstärkt Vitamin-A-Säure Teleangiektasien und Couperose. Mögliche Nebenwirkungen: Starke Hautirritation (Rötung, Schuppung, Juckreiz), Dermatitis, Fehlbildungen beim Ungeborenen während der Schwangerschaft. KP0603_14_Peeling 24.05.2006 14:57 Uhr Seite 16 Dermatologie Download-Ser vice Diesen Beitrag sowie eine Liste der Kontraindikationen können Sie im Internet unter www.beauty-forum.de/kosprax als PDF-Dokument bequem downloaden. Salicylsäure ist eine β-Hydroxysäure, die in der Dermatologie häufig zur Therapie von Warzen eingesetzt wird. Als Peelingsubstanz zeigt sie erst in Konzentrationen von 50 % und höher ein zufrieden stellendes Ergebnis. Niedrige Konzentrationen werden als oberflächliches Peeling (10–15 %) verwandt. Die Substanz wirkt toxisch und darf bei einer Applikation auf die Haut (15%ige Lösung) nicht mehr als ein Fünftel der Körperoberfläche betragen. Mögliche Nebenwirkungen: Nierenschäden, Schwindel, Tinnitus, Magengeschwür Trichloressigsäure (TCA) bzw. Trichloracetatsäure wird nicht von der Haut resorbiert und hat dadurch systemisch keine toxische Wirkung. Die Eindringtiefe ist abhängig von der Konzentration (10–25 % Stratum corneum, 30–40 % bis Stratum papillare, 45–55 % bis Stratum reticulare). TCA wirkt keratolytisch, indem es das epidermale Protein denaturiert. Die Haut wird weiß, was als „Frosting“ bezeichnet wird. Bei einem derartigen Peeling ist eine 14-tägige Vorbehandlung mit einer depigmentierenden Creme erforderlich. Die Behandlung ist sehr schmerzhaft. Personen mit der Disposition zu Herpesinfektionen wird 2 Tage vor und 3 Tage nach dem Peeling ein virushemmendes Mittel verabreicht. Nach dem Einriff wird eine antibiotikahaltige Creme aufgetragen, Kühlkompressen helfen gegen die Schwellungen. Mögliche Nebenwirkungen: Schwellung, Brennen und Rötung, die Patienten sind ca. eine Woche nicht gesellschaftsfähig, Narbenbildung, Hypo- und Hyperpigmentierung. Phenol (Karbolsäure) ist die am stärksten wirkende und risikoreichste Peelingsubstanz, weshalb der Eingriff meist im Dämmerschlaf durchgeführt wird. Bei den mitteltiefen Peelings reicht in der Regel ein Beruhigungsmittel. Ein Peeling mit Phenol soll einen faceliftingartigen Effekt haben. Weil Phenol giftig auf Herz und Nieren wirkt, ist eine EKG-Überwachung nötig. Um die Substanz schnell aus dem Körper zu schwemmen, wird ein Diuretikum verabreicht. Vor- und Nachbehandlungen sind analog zu denen der TCA-Behandlung. Allerdings sind Kühlkompressen sowie Waschen nicht erlaubt. Mögliche Nebenwirkungen: – Nässen, Brennen, Schwellungen, starke Rötung – der Hautzustand ist als Wunde zu betrachten – Narbenbildung – Pigmentverschiebungen – bei einem tiefen Peeling beträgt die Erholungszeit etwa 2–3 Wochen – Herz- und Nierenschädigung Vor und nach Behandlung mit Glykozitrat Die Substanzen sind auch kombinierbar (z.B. Glykolsäure 70 %/TCA 30 %). So lässt sich das Ergebnis intensivieren bzw. eine stärkere Peelingsubstanz mit schweren Nebenwirkungen vermeiden. Henriette Klein, Fachkosmetikerin mit Schwerpunkt Dermatologie KO N T R O L L F R AG E N 1. Was bedeutet Chemical Peeling? 2. Wofür werden Chemical Peelings eingesetzt? 3. Welche Substanzen werden für ein Chemical Peeling verwendet? 4. Warum wird die Haut vorbehandelt? 5. Von welchen Faktoren hängt die Tiefe des Peelings ab? 6. Was versteht man unter „Frosting“? 7. Die stärkste Peelingsubstanz heißt? 8. Welche Nebenwirkungen können nach einem Chemical-Peeling auftreten? Nennen Sie mindestens vier. 9. Was ist während des gesamten Behandlungsprogramms erforderlich? 10. Welche kosmetische Behandlung empfiehlt sich drei Wochen vor einem mitteltiefen bis tiefen Peeling? 11. Wann sind Institutsbehandlungen nach einem tiefen Peeling erlaubt? Die Antworten finden Sie in unserer nächsten Ausgabe Auflösung der Kontrollfragen „Hautalterung“ – KOSMETISCHE PRAXIS 2/2006 1. Intrinsische bzw. extrinsische Hautalterung 2. Genetische Disposition, UV-Licht, oxidative Prozesse (freie Radikale), Nikotin, chronische Entzündungen, Stress 3. Bildung „minderwertigen“ Bindegewebes, einhergehend mit einer Verdickung und Vergröberung der Haut 4. UV-A-Strahlen 5. UV-A-Strahlen 6. Vorstufen bösartiger Hautwucherungen (Hautkrebs) 16 Kosmetische Praxis Juni 2006 7. Von den Melanozyten oder Naevuszellen 8. Beschleunigt die extrinsische Hautalterung 9. Neurodermitis, Psoriasis, Ichthyosis, 10. Schwärzliche Warzen mit zerklüfteter Oberfläche; treten im Alter auf 11. Chemical Peeling, Lasertherapie, Mikrodermabrasion, Unterspritzungen mit Botox bzw. Fillern, bleichende Agenzien