Molekulare Mechanismen der Regulation des Hepatitis C Virus durch miR-122 Philipp Schult and Volker Lohmann Zentrum für Infektiologie, Molekulare Virologie, Medizinische Fakultät; Universität Heidelberg Einleitung Das Hepatitis C Virus (HCV) ist ein weltweit vorkommendes RNA Virus, welches in einer Vielzahl der Patienten zu einer chronischen Leberentzündung mit schweren Leberschäden führt. Das ca. 9600 Nukleotide umfassende Genom kodiert für ein Polyprotein, welches posttranslational in 10 Einzelproteine gespalten wird. Dabei nutzt das Virus eine interne ribosomale Eintrittsstelle (IRES). Zudem besitzt die 5‘ nicht translatierte Region (NTR) auch wichtige Elemente für die RNA Amplifikation des Virus. Eine der wichtigsten Determinanten für die Virulenz des Erregers ist die leberspezifische mikroRNA (miR)-122. Am 5‘ Terminus der viralen RNA befinden sich zwei konservierte Bindestellen für die miR (miR-Binderegion; MBR), welche essentielle Funktionen im viralen Lebenszyklus übernehmen (A). Dieses Projekt soll die molekularen Mechanismen ergründen, die der Initiation der viralen Proteinsynthese und der RNA Akkumulation zugrunde liegen. Sowohl dynamische strukturelle Eigenschaften der 5‘ flankierenden Regionen des Virusgenoms als auch der Beitrag miR-assoziierter Proteinfaktoren sollen hierbei untersucht werden. Hierzu werden miR-122 defiziente Hep3B Zellen verwendet, in welchen sich die Permissivität für HCV durch Co-Transfektion synthetischer miR-122 herstellen lässt. Des Weiteren konnten wir zusätzliche miR Bindestellen im positiv Strang der HCV RNA identifizieren, deren Funktion bisher noch vollkommen unbekannt war (B). Mittels Replikations-/Infektions-Studien sollen mögliche Rollen im viralen Lebenszyklus bestimmt werden. Durch Analyse des assoziierten Proteoms könnten zusätzliche Informationen über den zugrundeliegenden Mechanismus gewonnen werden. Ergebnisse 1) Was ist der entscheidende Beitrag der miR-122? Der miR-122 wurden verschiedene Funktionen zugeordnet. RLE 72h • Steigerung der Translation • Stabilisierung der RNA • Initiation der RNA Replikation Beitrag von Replikationsinitiation, RNA Stabilität und Translation zum viralen Lebenszyklus. A: Schema der verwendeten Replikons. B: Die Replikons wurden mit oder ohne miR-122 in Hep3B Zellen elektroporiert und die Luciferaseaktivität (relative Lichteinheiten; RLE) gemessen. ∆GDD: Replikationsdefiziente Mutante. ¾ Translation zeigt einen stärkeren Einfluss auf die virale Fitness, als Initiation der Replikation oder Stabilität. Die ersten Versuche sollten den individuellen Beitrag der einzelnen Schritte bestimmen. 4) Welche Rolle haben die weiteren miR-Bindestellen? Wir konnten vier zusätzliche miR-Bindestellen identifizieren. Im Folgenden sollte deren Funktion geklärt werden. 2) Welchen Einfluss hat die RNA Struktur auf die Translation? Strukturvorhersagen zeigen, dass die miR-Binderegion die funktionelle Faltung der IRES stören kann. Die Bindung der miR-122 könnte somit die HCV IRES stabilisieren, indem die Ausbildung alternativer, energetisch bevorzugter Sekundärstrukturen verhindert wird. A Egress ** * * B B C JC R 2a W T F L u c / R lu c 20 A4U W T 15 10 5 Replikation 0 1 2 4 1 2 4 1 2 4 1 2 4 1 2 4 1 2 4 1 2 4 1 2 4 1 2 4 1 2 4 Stunden nacht imElektroporation e [h ] Drei der Mutanten wurden für weitere Versuche ausgewählt: • Δ20: Deletion der MBR, Steigerung der Translation • C: Stabile Struktur in Domäne I, Translation wie Wildtyp+miR • ISL: Inhibiert IRES Faltung, kaum Translationseffizienz ¾ Stabilisierung relevanter Strukturen steigert die IRESgetriebene Translation unabhängig von miR-122 a a 3 W T -6 0 .0 2 S t d . n anach c h E leElektroporation k t r o p o r a t io n Stunden 0 .2 2 72 R 48 R 24 C 4 0 .4 Einfluss mutierter miR-122 Bindestellen in der kodierenden Region und der 3‘ NTR auf die virale Replikation und Produktion infektiöser Partikel. A: Schematische Darstellung des JcR2A Reportervirus, *=mutierte miR-122 Bindestellen. B: Kein Effekt mutierter miR-122 Bindestellen auf die Genomreplikation. C: Überstände von (B) wurden auf naive Zellen übertragen und der Virustiter anhand der Luciferaseaktivität bestimmt. Mutation der Bindestellen am 3’ Ende reduziert signifikant den Virustiter. ¾ Die miR-Bindestellen fördern die Partikelproduktion 3) Reicht erhöhte initiale Translation der Mutanten aus, um effiziente Virusreplikation zu ermöglichen? Da die Mutanten essentielle Replikationssignale zerstören, musste ein spezielles doppel-IRES Replikon generiert werden, um den Einfluss der Translation auf Replikation zu bestimmen. Erhöhte miR-unabhängige Translation sollte nach unserer Hypothese (Abb. 2) in Abwesenheit von miR-122 zu einer Steigerung der Replikation führen. WT 10 4 C ' 20 IS L A 4U WT 10 3 RLE Eingiffe in die Faltungsdynamik der 5‘ NTR und deren Effekt auf die Translation der HCV IRES. A: Mögliche Wirkung der miR-122 auf die Struktur der HCV IRES, und Schema von Mutanten, die diese Struktur miRunabhängig ausbilden. B: Translationsleistung der Mutanten. Alle Mutanten die die funktionelle IRES Struktur miR-unabhängig bilden sollen, zeigen erhöhte Translation zu frühen Zeitpunkten. M25 und ISL bilden Strukturen aus, die die Translation nicht fördern sollten. Das Experiment wurde jeweils mit Wildtyp oder einer defekten miR-122 (A4U) durchgeführt. 0 .1 0 .6 C Translation 1 J Partikelbildung 10 *** 0 .8 J HCV 1 .0 JC R 2 a 3 -6 R LE 72h R L E n o r m . a u f 4 h p .e . 100 In fe k t io n /R e p lik a tio n A Infektion 10 2 10 1 1 2 4 24 48 72 1 2 4 24 48 72 1 2 4 24 48 72 1 2 4 24 48 72 im e [h ] Stunden nach t Elektroporation Effekt der translationssteigernden Mutanten im Kontext der viralen Replikation. Drei der getesteten Mutanten wurden in IRES-2 des hier gezeigten Replikons überführt, und die Luciferaseaktivität nach verschiedenen Zeitpunkten gemessen. Mit mikroRNA-Bindung an den Bindestellen in IRES-1 war eine schwache Replikationsaktivität nach 72h sichtbar, was für die Negativkontrolle (ISL) nicht zutraf. Keine der getesteten Mutanten (Δ20 und C) konnte die Replikationsaktivität vollständig wiederherstellen. ¾ Die miR-Bindung hat noch weitere Effekte als die putative Strukturänderung der IRES, wahrscheinlich die Rekrutierung von Wirtsproteinen. Diskussion Die gewonnenen Ergebnisse weisen darauf hin, dass Zudem konnten wir zeigen, dass: • Die Translationsaktivierung die Grundlage für effiziente Replikation ist • miR-122 Stabilität und Eintritt in die Replikation weniger stark beeinflusst als angenommen • miR-Bindung möglicherweise strukturelle Veränderungen der IRES herbeiführt und so die erste Runde der Translation fördert • Für andauernde Translation weitere miR-122 abhängige Mechanismen erforderlich sind • Weitere konservierte miR-122 Bindestellen im Genom von HCV existieren • In späten Phasen der Infektion eine Steigerung der Partikelproduktion durch miR-122 erfolgt, welche von den diesen Bindesequenzen abhängt Im weiteren Verlauf der Studie sollen die individuellen Komplexe näher charakterisiert werden, welche die verschiedenen Funktionen in frühen und späten Phasen der viralen Vermehrung übernehmen. IRES Stabilisierung Andauernde Translation Translationstermination & Verpackung der RNA