Magnetooptischer Kerr

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Magnetooptischer Kerr-Effekt (MOKE)
Vorausgesetzte Kenntnisse:
Polarisation von Licht, Brechung, Grundlagen des Kerr-Effektes, Ferro-, Antiferro- und Ferrimagnetismus
Literatur:
Ch. Kittel: Einführung in die Festkörperphysik, Verlag Oldenbourg, München (auch „Introduction to Solid State Physics“, Wiley, New York)
H. Ibach, H. Lüth: Festkörperphysik, Springer Verlag, Berlin
N.W. Ashcroft, N.D. Mermin: Solid State Physics, Saunders College, Philadelphia
Zur Magnetooptik: Folgende Kapitel 1 und 2 mit Literaturhinweisen
1. Lineare Magnetooptik
aus: R. Vollmer (MPI für Mikrostrukturphysik, Halle) in: Magnetische Schichtsysteme in Forschung und Anwendung, Forschungszentrum Jülich, 1999
Die Untersuchung magnetooptischer Effekte reicht bis weit in das vorherige Jahrhundert zurück. Der erste magnetooptische Effekt wurde von Michael Faraday 1845 bei der Untersuchung von paramagnetischen Glas gefunden. In dem heute als Faraday-Effekt bekanntem
Phänomen wird die Polarisation eines durch ein magnetisiertes Medium transmittierten Lichtstrahls gedreht. Die Entdeckung eines analogen Effekts im von einer magnetisierten Oberfläche reflektieren Licht wurde erst sehr viel später durch John Kerr 1877 entdeckt. Ein Grund
1
dafür mag darin gelegen haben, dass die Polarisationsänderungen dort nur sehr klein sind und
nur bei ferromagnetischen Oberflächen damals überhaupt meßbar waren. Im allgemeinen ist
die spontane Magnetisierung in Ferromagneten sehr viel größer als die, die durch ein Magnetfeld in einem Paramagneten induziert werden kann. Die Tatsache, dass die Magnetisierung
und nicht etwa das (externe) Magnetfeld die magnetooptischen Effekte bewirkt, wurde bereits
1884 durch Kundt bei der Untersuchung des Faraday Effektes sehr dünner, lichtdurchlässiger
ferromagnetischer Schichten gefunden. Die Faraday Rotation dieser Schichten, ≈200000°, ist
mehr als vier Größenordnungen größer als die von Glas. Transmissionsmessungen im optischen Frequenzbereich an metallischen Schichten sind aufgrund der starken Absorption nicht
einfach. Die Eindringtiefe des Lichts ist typischerweise auf einige 10 nm beschränkt und das
definierte Herstellen solcher Schichten ist erst in moderner Zeit beherrschbar.
Zur Sichtbarmachung von magnetischen Domänen wird daher überwiegend der magnetooptische Kerr-Effekt (MOKE) verwendet. Dies verlangt aber sorgfältige Präparation der Oberfläche, da ansonsten der Kontrast aufgrund des magnetooptischen Kerr-Effektes - im günstigsten
Fall nur einige Prozent - durch die Kontrastvariationen der Oberflächentopographie überdeckt
werden. Es wird daher eine Differenzbildtechnik angewandt, indem von der zu untersuchenden Domänenstruktur ein Bild aufgenommen wird und die Differenz zu einem Referenzbild
desselben Bildausschnitts elektronisch berechnet wird [1, 2]. Ein Referenzbild kann man gewinnen, indem man entweder ein so starkes magnetisches Feld an die Probe legt, daß der eindomänige Zustand erreicht wird oder man vergleicht Bilder mit unterschiedlicher
Licht-Polarisation miteinander. In Abb. 1 ist als ein Beispiel ein solches Differenzbild von
einer nur 4 atomare Lagen dicken Eisenschicht, die auf einer W(110)-Oberfläche aufgewachsen wurde, gezeigt. Dabei handelt es sich um eine in-situ Aufnahme, d.h. die Aufnahmen
wurde gemacht, während sich die Probe noch in der Ultrahochvakuumkammer befand.
Eine andere wichtige Anwendung ist die magnetooptische Datenspeicherung, auf dem
MO-Kerr-Effekt beruht (Abb. 2). Das von einer Laser-Diode linear polarisierte Licht wird
nach dem Durchtritt durch ein Strahlteilerwürfel durch ein Objektiv auf die Oberfläche der
MO-Disk fokussiert. Das reflektierte Licht ist aufgrund der Wechselwirkung mit der magnetischen Schicht der Platte nicht mehr linear, parallel zur Zeichenfläche polarisiert, sondern hat
eine kleine E-Feld Komponente senkrecht zur Zeichenfläche. Dieser reflektierte Strahl wird
nun im Strahlteilerwürfel teilweise um 90° abgelenkt. Mittels eines polarisierenden Strahltei-
2
lerwürfels wird der Strahl in zwei etwa gleich große Komponenten aufgespalten, indem die
Achsen des polarisierenden Strahlteilerwürfels um 45° gegenüber der Zeichenfläche gedreht
sind. Das Vorzeichen des Differenzsignal der beiden Photodioden enthält dann die Information über die Magnetisierungsrichtung (nach oben oder nach unten) des aktuellen "Bits" auf der
MO-Disk. Es wird der so genannte polare Kerr-Effekt ausgenutzt: Man misst die Magnetisierungskomponente senkrecht zur Oberfläche der magnetischen Schicht.
1. 1. Phänomenologische Beschreibung des Faraday- und des Kerr-Effekts
Der am einfachsten zu beschreibenden magnetooptische Effekt ist der Faraday Effekt: Eine
linear polarisierte Lichtwelle mit Amplitude E0 läßt sich als lineare Superposition einer links
und einer rechts zirkular polarisierten Welle auffassen (Abb. 3):
(+)
E0 = E + E
(-),
E
(±)
⎛1⎞
E0 ⎜ ⎟
=
⎜± i⎟
2 ⎜ ⎟
⎝0⎠
(1)
Der Faraday Effekt kommt nun dadurch zustande, dass durch die Magnetisierung der Brechungsindex n für links (+) und rechts (-) zirkular polarisiertes Licht leicht unterschiedlich
wird, d.h.. die beiden Wellen bewegen sich mit den leicht unterschiedlichen Geschwindigkeiten c/n(+) und c/n(-) (c: Vakuum - Lichtgeschwindigkeit) durch das Medium. Nach dem Verlassen des Mediums hat sich dann zwischen den beiden Teilwellen eine Phasendifferenz von
Δϕ = πL (n(+) - n(-)) / λ (L = Länge des Mediums, λ = Wellenlänge des Lichts) akkumuliert.
Die Polarisation der auslaufenden Welle ist also um Δϕ gegenüber der Ausgangspolarisation
gedreht. Diese Drehung ist nicht reziprok, d.h. läßt man den Lichtstrahl in umgekehrter Richtung nochmals durch das Medium laufen, so wird die Polarisationsdrehung nicht wieder aufgehoben, sondern verdoppelt im Unterschied zur zirkularen Doppelbrechung in optisch aktiven Medien.
In der phänomenologischen Beschreibung wird die Wechselwirkung des elektrischen Feldvektors des Lichts mit der Materie durch die elektrische Polarisation P, (D = E + 4πP im
Gaußschen Einheitensystem) beschrieben. (Es wird allgemein angenommen, daß für optische
Frequenzen die direkte Wechselwirkung des B-Feldes des Lichts mit der Magnetisierung vernachlässigt werden kann [5].) Im Fall kleiner Feldstärken läßt sich die Polarisation P oder die
dielektrische Verschiebung D als von der Feldstärke des einfallenden Lichts E linear abhängig betrachten:
Di = ε ij E j
Pi = xij E j
3
(2)
wobei xij die elektrische Suszeptibilität, bzw. εij = 1 + xij die dielektrischen Funktion, die Materialeigenschaften der Materie beschreiben. Sie hängen auch von dem Magnetisierungszustand ab: εij = εij(M). Im Fall einer nicht verschwindenden Magnetisierung ist ε kein symmetrischer Tensor mehr, sondern es gilt die Onsager Beziehung
εij (-M) = εji (M)
(3)
1
im Fall ferromagnetischer Ordnung . Das bedeutet, daß der symmetrische Anteil von ε gerade in M ist und der antisymmetrische Anteil von ε ungerade in M ist. Im folgenden werden
wir uns auf den praktisch bedeutsamen Fall von (in Abwesenheit einer Magnetisierung) optisch isotropen Medien beschränken und zunächst auch nur die M-Abhängigkeit im ungeraden
Anteil von ε betrachten. ε lässt sich dann schreiben als
⎛ 1
⎜
ε = ε 0 ⎜ − ig z
⎜ ig
⎝ y
− ig y ⎞
⎟
ig x ⎟ .
1 ⎟⎠
ig z
1
− ig x
(4)
Der Zusammenhang zwischen D und E ist damit gegeben durch
D = ε E = ε0 E + i ε0 E x g,
(5)
wobei gx, gy und gZ proportional zu den Komponenten des Gyrationsvektors g sind. Dieser ist
für optisch isotrope Medien parallel zu der Richtung der Magnetisierung M, braucht aber
nicht unbedingt proportional zu M sein. Der Betrag Q = |g| des Vektors heißt
Voigt-Konstante. Die Maxwell-Gleichungen
k · D = 0,
k x E – k0 H = 0,
k x H + k0 D = 0,
k · H = 0,
(5a)
(5b)
(5c)
(5d)
mit k0 = ω /c, liefern für die dielektrische Verschiebung zirkular polarisierte Wellen als Eigenlösung
D(±)(r,t) = D(±)exp(i(ωt - k(±)r)).
(6)
Aus G1. (5a) und (5d) ist es sofort ersichtlich, daß die D(±)-Felder und auch die entsprechenden H-Felder rein transversal zum jeweiligen Wellenvektor k(±) sind. Das E(±)-Feld kann jedoch aufgrund der magnetischen Doppelbrechung eine longitudinale Komponente haben. Die
Wellenvektoren k(±) oder Brechungsindizes n(±) = k(±)/k0 unterscheiden sich leicht für die beiden zirkular polarisierten Wellen [5]
n(±) ≈ n0(1 ± ½ň0 ·g).
(7)
∧
ň0 ist der Einheitsvektor parallel zur Ausbreitungsrichtung k der D-Welle (ohne Magnetisierung) n0 = ε 0 . Zur Herleitung der Gleichung (7) wurden Terme quadratisch in Q vernach-
lässigt. Dies ist dann zulässig, wenn |Q| « 1, was im allgemeinen der Fall ist 2. Aus dem Skalarprodukt ň0 · g in Gl. (7) ist unmittelbar ersichtlich, das für den Faraday-Effekt nur die
Komponente des Gyrationsvektors, und damit die Komponente der Magnetisierung parallel
zur Ausbreitungsrichtung beiträgt.
Steht die Magnetisierung senkrecht zur Ausbreitungsrichtung der Welle (z.B. parallel zur
y-Richtung), so verschwindet der (lineare) Faraday-Effekt. Dennoch sind dann magnetooptische Effekte zu beobachten, die durch die Magnetisierungsabhängigkeit der Diagonalelemen1
2
Für antiferromagnetisch oder ferrimagnetisch geordnete Kristalle sind die äquivalenten Beziehungen komplizierter. Siehe Ref. [6]
Im Gegensatz dazu ist eine Entwicklung nach der Größe der Magnetisierung bei Ferromagneten nicht gerechtfertigt
4
te von ε hervorgerufen werden (Voigt- oder Cotton-Mouton-Effekt 3 ). Die Magnetisierung
bewirkt, daß εxx ≠ εyy wird und damit ergibt sich eine unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeit für Lichtwellen mit linearer Polarisation parallel zu x und y. Dieser Effekt wird
daher auch lineare magnetische Doppelbrechung genannt.
In nicht vollständig transparenten Medien haben ε (und Q) auch einen Imaginärteil. Das bewirkt, daß die Wellenvektoren k(±) ebenfalls komplex werden, also gedämpfte Wellen beschreiben. Diese Dämpfung ist i.a. für k(+) und k(-) unterschiedlich, sodass sich neben der Phasendifferenz auch eine Amplitudendifferenz in der (+) und (-) zirkular polarisierten Welle
ergibt. Als Resultat wird aus einer linear polarisierten Welle nach durchlaufen des magnetischen Mediums eine elliptisch polarisierte Welle. Die Elliptizität ist als das Verhältnis der
beiden Hauptachsen der Polarisationsellipse definiert (Abb. 4). Die Änderung der Elliptizität
durch die Magnetisierung wird auch magnetischer Zirkulardichroismus genannt.
Die Verhältnisse beim magnetooptischen Kerr-Effekt werden dadurch etwas verkompliziert,
dass der Lichtstrahl an der Grenzfläche gebrochen wird. Deswegen betrachten wir zunächst
den Spezialfall des senkrechten Einfalls und senkrechter Magnetisierungsrichtung. Der Reflexionskoeffizient für zirkular polarisierte Wellen ist dann
r
(± )
E (r , ± ) n (± ) − 1 n0 (1 ± Q ) − 1
:= (i , ± ) = (± )
=
E
n + 1 n0 (1 ± Q ) + 1
(8)
Für linear polarisiert einfallendes Licht (parallel zur x-Achse), E(i) = E(i,+) + E(i,-), erhält man
für das reflektierte Licht, E(r), neben der x-Komponente Ex(r) = (n0 - 1)/(n0 + 1) noch eine
durch die Magnetisierung hervorgerufene y-Komponente, Ey(r) = n0Q / (n0+1)2. Dabei wurden
wieder Terme proportional zu Q2 vernachlässigt. Definiert man den (komplexen) Kerr-Winkel
als фK = Ey/Ex, so findet man
Φ K = in0 Q
1
.
n −1
(9)
2
0
Im Unterschied zum Faraday-Effekt in der Transmission ergibt sich bei rein reellem ε keine
Drehung sondern nur eine Elliptizität der reflektierten Welle. Eine Drehung setzt einen nicht
verschwindenden Imaginärteil und damit Absorption voraus. Wir sehen, daß ФK sowohl proportional zur Voigt-Konstante, als auch proportional zur Transmission, |t|2 = 4/(n02 - 1), ist.
Eine hohe Transmission, d.h. geringe Reflektivität erhöht den Kerr-Winkel.
3
Der Name Cotton-Mouton-Effekt wird bisweilen speziell für die lineare magnetische Doppelbrechung in magnetisch anisotropen Flüssigkeiten verwendet [7].
5
Im allgemeineren Fall des nicht senkrechten Einfalls läßt sich G1. (8) nicht mehr anwenden,
da der Strahl gebrochen wird, und damit das an den Wellenvektor der Welle angeheftete Koordinatensystem gewechselt wird. Man unterscheidet je nach der Richtung der Magnetisierung drei Grundtypen von Kerr-Geometrien: In der polaren Kerr-Geometrie steht die Magnetisierung senkrecht zur Oberfläche, in der longitudinalen Geometrie parallel zur Oberfläche
und zu der durch den einfallenden und reflektierten Lichtstahl gebildeten Ebene (optische
Ebene). In der transversalen Geometrie ist die Magnetisierung ebenfalls parallel zur Oberfläche, aber senkrecht zur optischen Ebene. (Abb. 5). In der polaren Kerr-Geometrie mißt man
eine der z-Komponente des Gyrationsvektors, und in der longitudinalen Kerr-Geometrie eine
der y-Komponente, proportionale Kerr-Drehung bzw. Kerr-Elliptizität. In der transversalen
Geometrie tritt keine Kerr-Drehung auf. Statt dessen ändert sich die Reflektivität bei der Umkehr der Magnetisierung.
Anschaulich läßt sich dieses Verhalten darstellen, indem man annimmt, daß die Magnetisierung wie ein Magnetfeld auf die im Medium durch die einfallende Lichtwelle erzeugte Polarisation P wirkt. Die Lorentz-Kraft bewirkt eine Drehung dieser Polarisation in der Richtung
parallel zu P x M. In der polaren und longitudinalen Kerr-Geometrie führt das zu einer Drehung aus der optischen Ebene heraus. In der transversalen Geometrie bleibt die Polarisation in
der optischen Ebene (Abb. 6). Die Komponente von P senkrecht zur Richtung des reflektieren
Strahls ändert sich aber. Da die Polarisationskomponente parallel zur Reflexionsrichtung nicht
zur reflektierten Lichtamplitude beiträgt, ergibt sich die oben genannte Intensitätsänderung.
Dieser Effekt ist vom Voigt-Effekt, der weiter oben erläutert wurde, zu unterscheiden, da der
transversale Kerr-Effekt ungerade in der Magnetisierung ist. Diese Beschreibung der magnetooptischen Effekte durch ein effektives
Magnetfeld gibt die Symmetrieeigenschaften
des Kerr-Effektes richtig wieder. Allerdings
läßt sich damit nicht bestimmen, ob der Gyrationsvektor parallel oder antiparallel zur Magnetisierung liegt, oder ganz allgemein die Frequenzabhängigkeit der magnetooptischen Effekte. Die physikalische Ursache der magnetooptischen Effekte beruht auf dem Zusammenspiel der Austauschaufspaltung der Elektronen mit entgegengesetztem Spin in ferromagnetischen Materialien (bzw. der Zeeman-Aufspaltung bei Paramagneten) und der
Spin-Bahn-Wechselwirkung, wie in Abschnitt
1.3 weiter erläutert wird.
6
1. 2. Typischer experimenteller Aufbau
Ein wesentlicher Vorzug des Kerr-Effektes ist
seine einfache experimentelle Realisierung: Abbildung 13 zeigt einen schematischen Aufbau.
Als Lichtquelle dient i.a. eine Laserdiode, die im
Bereich des roten Lichts emittiert oder ein HeNe-Laser (λ = 632 nm). Als Detektor eine
Si-Photodiode oder Photo-Transistor. Um den
Polarisationsgrad des emittierten Lichts zu erhöhen, wird i.a. ein Polarisator (P1, Calzit-Polarisator) in den einfallenden Strahlengang
gesetzt. Der Analysator P2 im ausfallenden
Strahlengang wird nahezu in Auslöschung gestellt. Für p-polarisiert einfallendes Licht ist die
durchgelassene Intensität dann gegeben durch
I = |Ep sin α + Es cos α|2 + Iu.
(33)
α ist der Winkel, um den der Analysator aus der
zur Polarisation des einfallenden Lichts senkrechten Stellung heraus gedreht ist. Iu ist die „Untergrund"-Intensität, die bei gekreuzter Stellung von Polarisator und Analysator noch gemessen wird. Zur Bestimmung des Kerr-Winkels
wird die Magnetisierung der zu untersuchende Probe mit Hilfe eines "externen Magnetfeldes
in zwei entgegengesetze Richtungen gebracht und die jeweiligen Intensitäten I+ und 1+ gemessen. Die s-Komponente des E-Feldes in G1. (33) hat für die beiden Magnetisierungsrichtungen entgegengesetztes Vorzeichen. Definiert man eine Asymmetrie
Ak =
I+ −I−
I + + I − − 2I u
(34)
′
so erhält man
AK =
2Φ ′Kp cot α
2
1 + Φ Kp cot 2 α
≈2
Φ ′Kp
α
(35)
falls |ΦKp| « α« 1. Man misst also die Kerr-Rotation θK = |Φ΄Kp|. (Abb. 4.) Die
Kerr-Elliptizitäte εK = |Φ˝Kp| läßt sich ebenfalls bestimmen, indem man eine doppelbrechende
λ/4-Verzögerungsplatte in den ausfallenden Strahl vor dem Polarisator einfügt mit der optischen Achse parallel zur p-Richtung. Damit ergibt sich eine zusätzliche Phasendifferenz von
π/2, also Es => iEs in Gl. (33). Die Rolle von |Φ΄Kp|und |Φ˝Kp| wird also vertauscht und man
mißt
AK ≈ 2
′
Φ ′Kp
(36)
α
Anstatt einer Verzögerungsplatte kann man auch einen akustooptischen Modulator einsetzen,
der eine periodische Retardation für die s-Komponente zwischen 0 und π/2 produzierte. Mißt
man dann mit Hilfe eines Lock-In-Verstärkers die Intensität, so ist die Intensitätskomponente
bei der Lock-In-Frequenz proportional zu εK und die Intensität bei der doppelten Frequenz
proportional zur θK [17].
7
1. 3. Mikroskopische Ursache: Atomares Model der Spin-Bahn-WW
Die mikroskopische Ursache der magnetooptischen Effekte in Ferromagneten ist, wie oben
bereits erwähnt, das Zusammenwirken von Austauschaufspaltung und Spin-Bahn-Wechselwirkung. In der theoretischen Behandlung gibt es dabei keinen wesentlichen Unterschied, ob
es sich dabei um Röntgen-Licht (Magnetischer Dichroismus) oder sichtbares Licht handelt.
Für den Röntgendichroismus soll im folgenden nur kurz ein anschauliches Bild gegeben werden.
Für die mikroskopische Beschreibung der MO-Effekte, d.h. die Bestimmung der
Voigt-Konstante, kann man sich auf den polaren Kerr-Effekt bei senkrechten Einfall beschränken. Theoretische Arbeiten bevorzugen es, den Kerr-Winkel durch die Elemente des
Leitfähigkeitstensors σ auszudrücken
− σ xy
ΦK =
σ xx 1+
4πi
ω
(37)
σ xx
Diese Gleichung kann mit Hilfe der Beziehung σij = (iω/4π)(εij – δij)in G1. (9) umgeschrieben
werden. Der Realteil von σ = σ' + iσ" ist durch die Kramers-Kronig-Relation mit dem Imaginärteil σ" verbunden. Dieser läßt sich schreiben als [19]
σ ′xy′ (ω )α
∑ f (ε )[1 − f (ε )]⎡⎢⎣
ω
1
i
f
i, j
i p− f
2
− i p+ f
2
⎤δ (ω − ω ) .
if
⎥⎦
(38)
wobei ħωij = εf – εi,f (ε) die Fermi-Funktion und <i|p±|f> Dipol-Matrixelemete für links bzw.
rechts zirkular polarisiertes Licht sind. σ˝xy und σ΄xx sind der dissipative Anteil von σ. Die
Bedeutung der obigen Formel ist in Abb. 16 im atomaren Modell für optische Übergänge vom
dxy,yZ-Niveau (l = 2, ml = ±1) in ein pz ,-Niveau (l = 1, ml = G 1) in einem ferromagnetisches
Material dargestellt. Die elektr. Dipol-Auswahlregeln für zirkular polarisiertes Licht lauten
Δl = ±1
Δml = ±1 .
(39)
Die Energieniveaus für die Spin ↑ und Spin ↓ Elektronen sind um die Austauschenergie Δex
(typische Werte 1 bis 2 eV) gegeneinander verschoben. Das zunächst entartete dxy,zy Niveau
wird durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung aufgespalten, wie in Abb. 16 gezeigt ist. (Δso ist
die Spin-Bahn-Wechselwirkungsenergie; typische Werte für die Valenzbandelektronen in
3d-Metallen sind einige 10 meV.) Für rechts zirkular polarisiertes Licht (+) sind die Übergänge von d(x-iy) nach pz und für links zirkular polarisiertes Licht (-) von d(x+iy) nach pz jeweils für
beide Spinsorten, möglich. Der Elektronenspin bleibt bei optischen Dipol-Übergängen erhalten. Die Term-Schemata in Abb. 16 sind also für Spin ↑ und Spin ↓ Zustände vollständig getrennt. Da alle vier d-Niveaus unterschiedliche Energie haben, ergibt sich für links und rechts
zirkular polarisiertes Licht ein unterschiedliches Absorptionsspektrum. Es tritt also magnetischer Dichroismus auf. Im Fall fehlender Spin-Bahn-Aufspaltung tritt er natürlich nicht auf,
da dann das dxy,yz Niveau entartet ist, die Absorption für beide Licht-Helizitäten also gleich
ist. Auch bei fehlender Austauschaufspaltung tritt er nicht auf, da die Absorption vom d↑(x-iy)
nach p↑Z-Niveau für rechts zirkular polarisiertes Licht an der gleichen Stelle in Spektrum liegt
wie der entsprechenden Übergang der entgegengesetzten Spinsorte für links zirkular polarisiertes Licht, wie in Abb. 17 dargestellt ist.
8
Abbildung 16 suggeriert einen 100%-Effekt. Dies wird normalerweise in Festkörpern bei weitem nicht erreicht, da die Energiebänder einige eV breit sind und somit die Absorptions-" Linien" sehr stark verbreitert sind. Daß er nicht ganz verschwindet, wird schon durch die unterschiedliche Anzahl von Majoritäts- (Spin ↑) und Minoritäts- (Spin ↓) Elektronen im Ferromagneten gewährleistet, beträgt aber für die 3d-Metalle kaum mehr als einige Prozent. In
Abb.18 ist das experimentelle polare Kerr-Spektrum für Co zusammen mit einer
„firnt-principles"-Rechnung von Oppeneer et al. [23] dargestellt. Wie man sieht, beträgt der
maximale Kerr-Winkel nur etwas mehr als ein halbes Grad und das Spektrum weist nur breite
Strukturen auf. Eine Besonderheit ist hier zu vermerken: Während für kubische Systeme der
Kerr-Effekt nicht von der Oberflächenorientierung abhängt — und somit nicht von der Magnetisierungsrichtung relativ zu den Kristallachsen — sofern man mit Hilfe eines äußeren Feldes die Magnetisierungsrichtung immer in derselben Richtung hält (in diesem Fall senkrecht
zur Oberfläche), wird in hcp-Kristallen ein unterschiedlicher Kerr-Effekt gemessen, je nachdem ob die Magnetisierung senkrecht oder parallel zur Basalebene ausgerichtet wird. Dieser
Unterschied läßt sich mit der magnetokristallinen Anisotropie in Verbindung bringen, die wie
der Kerr-Effekt auch auf der Spin-Bahn-Wechselwirkung beruht. (Siehe Beitrag S. Blügel.)
Während in hexagonalen Kristallen der führende Term der magnetokristallinen Anisotropieenergie (quadratisch in der Spin-Bahn- Kopplungskonstanten) vorhanden ist, verschwindet
dieser in Kristallen mit kubischer Symmetrie. Auf der linken Seite von Abb. 18 sind dann
auch Unterschiede im Kerr-Spektrum zwischen der (0001)-Oberflächenorientierung (Kreise)
und der (1120)Orientierung der Co-Oberfläche zu erkennen.
9
In Ce-Verbindungen sind kürzlich wesentlich größere Kerr-Effekte gefunden worden.
Kerr-Drehungen bis zu 90° wurden beobachtet [20,21]. Dort sind die 4f-Elektronen stark an
den Kern gebunden, haben also geringen Überlapp und damit eine geringe Bandbreite. Abbildung 19 zeigt als Beispiel den polaren Kerr-Effekt von CeS als Funktion der Photonenenergie
(bei einer Temperatur von 1.5 K und 10 T externen Magnetfeld). Bei ca. 3 eV gibt einen
scharfen "peak" im Kerr-Winkel mit einem Wert von -22° der von optischen Übergängen von
4f → 5d-Niveaus verursacht wird. Die Kerr-Rotation θK beschreibt den absorptiven Anteil
von εxy, die Kerr-Elliptizität εK den dispersiven Anteil. θK und εK zeigen also den zu einer
erzwungenen Schwingung analogen Verlauf von Amplitude und Phase beim Durchgang
durch eine Resonanz.
10
2. Magnetooptische Speicherschichten
aus: P.S. Bechthold (IFF, Forschungszentrum Jülich) in: Magnetische Schichtsysteme in Forschung und Anwendung, Forschungszentrum Jülich, 1999
Die wohl bedeutendste Anwendung finden magnetooptische Medien in der optischen Datenspeicherung [51-54]. Die Information wird als Domänenmuster auf einem magnetischen Film
gespeichert. Durch eine große senkrechte magnetische Anisotropie sind Speicherdichten bis
zu 108 bits/cm2 erreichbar. Die Daten werden optisch geschrieben und gelesen. Das ermöglicht einen großen Abstand zwischen der Speicherplatte und dem Schreib- und Lesekopf. Eine
Zerstörung des Speichers beim Schreiben oder Lesen, sog. „Head crash“, ist damit ausgeschlossen. Daten können beliebig oft überschrieben und wiedergelesen werden. Die Speicherkapazität für eine 5,25" Diskette erreicht heute 2,6 Gbyte. Datentransferraten bis zu 2 Mbyte/s
und Zugriffszeiten unter 40 ms können realisiert werden. Die Zugriffszeiten sind damit gut
doppelt so groß wie bei herkömmlichen „Hard disks", aber deutlich kürzer als bei einer CDROM. Die Lebensdauer gespeicherter Daten wird auf etwa 40 Jahre geschätzt.
11
Magnetooptische Speicherplatten bestehen aus einem Mehrschichtsystem (53). Auf ein Substrat aus Polycarbonat von 1,2 mm Dicke, in das bereits bei der Produktion Rillen von 1,1 µm
Breite eingeprägt wurden, werden durch Sputtern vier Schichten aufgebracht, die zusammen
eine Schichtdicke von 225 nm ausmachen. Die erste Schicht ist eine dielektrische SiN Schutzschicht (110 nm), die verhindern soll, daß Sauerstoff, Wasserstoff oder reaktive Ionen
aus dem Substrat den darüberliegenden korrosionsempfindlichen magnetischen Film erreichen. Die magnetooptische Schicht besteht z.B. aus einer amorphen TbFeCo- Legierung mit
einem Curie Punkt von ca. 180°C und ist etwa 25 nm dick. Darüber befindet sich eine zweite
SiN - Schutzschicht (35 nm). Die Schutzschichten haben auch eine optische Funktion, sie
sollen nämlich beim Lesen der gespeicherten Daten das Kerr Signal durch Interferenz verstärken [60-63]. Über der zweiten SiN - Schicht liegt eine Al-Schicht (55nm), die der Lichtreflektion und der Wärmeableitung dient. Auf das Ganze wird auf chemischem Wege nach dem
"spinning wheel" -Verfahren eine abschließende polymere Schutzschicht von 10 µm Dicke
aufgebracht.
Die Daten werden durch thermomagnetisches Schreiben gespeichert. Ein Halbleiterlaser mit einer Wellenlänge von ca. 800 nm und einer Leistung von 9 mW wird auf einen Fleck
von etwa 0,8 μm Durchmesser fokussiert. Die Probe wird dabei lokal in die Nähe der Curie
Temperatur von ca. 180° C aufgeheizt. Dort sind die Koerzitivfelder klein, und die Magnetisierung kann durch ein schwaches äußeres Magnetfeld geschaltet werden. Beim Abkühlen
erhöhen sich die Koerzitivfelder wieder. Die eingeschriebene Information wird dadurch stabilisiert. Der polare Kerr Effekt wird genutzt, um bei einer moderateren Laserleistung von 1,5
mW die Daten zu lesen. Die erzielbare Kerr-Drehung liegt bei 0,3°.
An das Speichermaterial werden hohe Anforderungen gestellt [51-54,63,64]. Zum einen soll es eine senkrechte Magnetisierung zeigen, damit eine hohe Speicherdichte erreicht
werden kann, zum anderen ist eine große Kerr-Rotation nötig. Dazu ist neben der Austauschwechselwirkung eine starke Spin-Bahn Wechselwirkung erforderlich. Diese ist bei den
schweren Elementen besonders ausgeprägt. Bevorzugte Materialien enthalten deshalb Übergangsmetalle der sechsten Periode. Sie sollen eine hohe Koerzitivität besitzen, um die geschriebene Information zu stabilisieren, aber nicht zu hoch, damit die Information wieder gelöscht und neu eingeschrieben werden kann. Die Curie Temperatur soll zwischen 400 K und
600 K liegen. Die untere Grenze ist erforderlich, um eine hohe Koerzitivfeldstärke bei Raumtemperatur zu gewährleisten, die obere wegen der begrenzten Laserleistung. Das Speichermaterial muß sehr homogen sein, um ein gutes Signal/Rausch Verhältnis zu gewährleisten
-Korngrenzen verstärken das Rauschen. Es darf nur eine geringe kristalline Anisotropie zeigen, um Temperatureffekte zu vermeiden. Das Material soll chemisch und mechanisch stabil
sein, leicht als Film abscheidbar und natürlich preiswert.
Es wurde bereits betont, daß die Spin-Bahn-Kopplung mikroskopisch für die Größe
der magnetooptischen Effekte verantwortlich ist und daß man deshalb den Einbau von Übergangsmetallen der sechsten Periode versuchen muß. Tatsächlich ist es auf diese Art und Weise kürzlich gelungen, in CeSb eine Kerr-Drehung von 90°- dem maximal möglichen Wert - zu
erzeugen [65]. Auch für einige Seltenerd-Ubergangsmetallchalcegonide wurden Werte von
10° und mehr gefunden [66]. Diese starken Effekte werden 4f-5d Interbandübergängen zugeordnet, die in einem sehr engen Energiebereich hohe Oszillatorstärken aufweisen. Für Anwendungen sind diese Effekte zur Zeit allerdings nicht von Interesse, weil sie nur bei Temperaturen unter 10 K und in sehr hohen Magnetfeldern (3 -10 T) auftreten.
Kommerzielle magnetooptische Medien benutzen amorphe Seltenerd - Ubergangsmetall - Legierungen wie GdTbFe oder TbFeCo, die eine zur Legierungsschicht vertikale Magnotisierung zeigen. Diese Materialien sind korrosionsempfindlich und müssen durch Deckschichten geschützt werden. Wegen des metastabilen amorphen Zustandes können Probleme
mit der Langzeitstabilität auftreten. Diese Verbindungen sind ferrimagnetisch. Die seltenen
Erden und die Übergangsmetalle bilden je ein Untersystem mit antiparallel angeordneten
12
Spins. Das Austauschintegral ist negativ. Bei tiefen Temperaturen überwiegt die Magnetisierung der seltenen Erden. Sie geben dann auch die Richtung der Nettomagnetisierung an. Bei
hohen Temperaturen überwiegt die Magnetisierung der Übergangsmetalle. Dazwischen liegt
eine Kompensationstemperatur, wo die Nettomagnetisierung gerade verschwindet. Bei dieser
Temperatur divergiert die Koerzitivfeldstärke. Wenn die Magnetisierung der Probe klein
wird, muß ein höheres Feld angelegt werden, um die gleiche magnetische Energie -µ0M·Hc
für das Umschalten der beiden Magnetisierungskomponenten aufzubringen. Bei der Kompensationstemperatur selbst ist es dann unmöglich durch ein externes Magnetfeld Energie zuzuführen. Das Koerzitivfeld divergiert. Nahe der noch höheren Curie-Temperatur destabilisiert
die Wärmebewegung die Magnetisierung, und ein kleines äußeres Feld reicht aus, um diese
umzupolen.
Magnetooptische Speichermedien der zweiten Generation werden vermutlich aus magnetischen Multilagen aufgebaut sein. Die Magnetisierung in solchen Schichtstrukturen kann
sich vom Bulk Material unterscheiden. Oberflächeneigenschaften können sehr bedeutsam
werden. Die Atome an der Oberfläche haben eine kleinere Koordinationszahl, das reduziert
die Breite der d-Bänder und führt zu einer erhöhten Zustandsdichte und daher nach dem Stoner Kriterium auch zu einer höheren Magnetisierung. Die Gitterfehlanpassung an Grenzflächen kann zu einer Erhöhung oder auch zu einer Reduzierung der Austauschenergie führen,
d.h. der ferromagnetische Zustand kann abgeschwächt oder verstärkt werden. Die Magnetisierung in Multilagen hängt auch von der Zwischenschicht ab. Bei den meisten Filmen liegt die
leichte Achse der Magnetisierung in der Filmebene. Bei sehr dünnen Filmen von wenigen
Monolagen Dicke kann sie sich aber senkrecht stellen. Diese senkrechte Anisotropie läßt sich
durch geeignete Wahl der Zwischenschichten auch in Multilagen aufrechterhalten. In Zukunft
werden auch kürzere Laserwellenlängen (400nm) zum Einsatz kommen, die Domänengröße
wird auf ca 0,4 µm abnehmen und die Speicherdichte sich entsprechend vervierfachen. Pt/Co,
Pd/Co und Co/Au Vielfachschichten mit Schichtdicken von nur einigen Å sind dafür vielversprechende Kandidaten. Sie zeigen bei kürzeren Wellenlängen eine größere Kerr- Rotation
und erlauben deshalb eine höhere Speicherdichte. Die Kerr-Rotation liegt bei einigen zehntel
(
Grad. Man definiert einen „optischen Wirkungsgrad" (engl. Figure of merit) R Φ ′K2 + Φ ′K′ 2
)
1
2
,
wobei R die Reflektivität der Schicht und Φ′K und Φ″K die oben definierten Kerr Winkel und
Elliptizität sind [54]. Die hohe Reflektivität der genannten Multilagen erzeugt also stärkere
Signale. Sie sind auch korrosionsbeständiger. Die Schichten werden durch Elektronenstrahlverdampfen aufgebracht. Bei Co/Pt Schichten liegt die Co Schichtdicke für senkrechte Anisotropie bei 0,7 nm bei Pt Zwischenschichten von 1,3 nm.
13
Literatur zu Kap. 1 und 2
[1]
A. Hubert, IFF Ferienkurs: Magnetismus von Festkörpern und Grenzflächen (Forschungszentrum Jülich, Institut für Festkörperforschung, Postfach 1913, D-5170 Jülich,
1993), Kap. 34.
[2]
A. Hubert und R. Schäfer, in Magnetic Domains: The analysis of magnetic microstructures (Springer, Berlin Heidelberg, 1998), Kap. 2.3, Seite. 24.
[3]
J. Giergiel und J. Kirschner, Rev. Sci. Instrum. 67, 2937 (1996).
[4]
M. Mansuripur, The Physical Principles of Magneto-optical Recording (Cambridge
University Press, Cambridge, 1995).
[5]
L. D. Landau and E. M. Lifschitz, Elektrodynamik der Kontinua, Bd.8 der Serie Lehrbuch der Theoretischen Physik, (Akademie-Verlag, Berlin, 1985).
[6]
V. V. Eremenko und N. F. Kharchenko, Physics Reports 155,379 (1987).
[7]
M. J. Freiser, IEEE Trans. Mag. MAG-4, 152 (1968).
[17] R. M. Osgood et al., Phys. Rev. B 58, 2627 (1997).
[18] Z. Qui, J. Pearson und S.D. Bader, Phys. Rev. B 46, 8659 (1992)
[19] P. Bruno, Y. Suzuki, and C. Chappert, Phys. Rev. B 53, 9214 (1996).
[20] R. Pittini, J. Schoenes, O. Vogt und P. Wachter, Phys. Rev. Lett. 77, 944 (1996).
[21] R. Pittini, J. Schoenes und P. Wachter, Phys. Rev. B 55, 7525 (1997).
[22] D. Weller et al., Phys. Rev. Lett. 72, 2097 (1994).
[23] P. M. Oppeneer und V. N. Antonov in Spin-Oprbit-Influenced Spectroscopies of Magnetic Solids, H. Ebert und G. Schütz, Hrsg. (Springer, Berlin, 1996).
[51] D. Mergel, P. Hansen, Amorphe Filme aus Seltenerd-Übergangsmetall-Legierungen für
die Magnetooptische Speicherung, 24. IFF Ferienkurs: Magnetismus von Festkörpern
und Grenzflächen, Forschungszentrum Jülich (1993)
[52] M. Mansuripur, The Physical Principles of Magneto-optical Recording, Cambridge
University Press(1995)
[53] C.F. Brucker, T.W. Mc Daniel, M.C. Gupta, in: M.C. Gupta (Ed.) Handbook of Photonics, CRC Press, Boca Raton (1997)
[54] T. Suzuki, MRS Bulletin, (Sept.) 42 (1996)
[60] J. Kranz, A. Schauer, Optik 18, 186 (1961)
[61] R.P. Hunt, J. Appl. Phys. 38, 1215 (1967)
[62] V.S. Merkulov, Opt. Spectrosc. (USSR), 82 (1983)
[63] M.H. Kryder, Magneto-optical Storage Materials, Ann. Rev. Mater. Sci. 23, 411 (1993)
[64] J. Schoenes, Magneto-Optical Properties of Metals, Alloys and Compounds, p. 149 in:
Materials Science and Technology, Vol.3A, K.H.J. Buschow (Ed.), VCH Weinheim (1992)
[65] R. Pittini, J. Schoenes, O. Vogt, P: Wachter, Phys. Rev. Lett. 77, 944 (1996)
[66] R. Pittini, J. Schoenes, P. Wachter, Phys. Rev. B 55, 7524 (1997); J. Schoenes, R. Pit
tini, J. Appl. Phys. 81, 4853 (1997)
14
3. Der MOKE-Versuch im Fortgeschrittenen-Praktikum
In diesem Versuch messen Sie Magnetisierungskurven von magnetischen Materialen mit dem
magnetooptischen Kerr-Effekt (MOKE.). Dieser eignet sich insbesondere zur Messung der
Magnetisierung von dünnen Schichten und Schichtsystemen (Kap. 1) und wird technologisch
z.B. zum Auslesen digitaler Information auf magnetooptischen Speichermedien („MO disc“)
verwendet (Kap. 2). Dabei wird eine Änderung der Polarsationsrichtung oder der Intensität
eines einfallenden polarisierten Laserlichtstrahls bei einer Änderung der Probenmagnetisierung gemessen.
3.1. Versuchsaufbau
Abb. 3.1: Schematische Darstellung des Versuchsaufbaus.
15
Im Versuch wird der polare MOKE verwendet, bei dem die Magnetisierung senkrecht auf der
Probenoberfläche und in der optischen Ebene liegt. Abb. 3.1 zeigt schematisch den experimentellen Aufbau und Abb. 3.2 die Realisierung. Der von einer Laserdiode (λ = 670 nm)
ausgesandte und schon teilweise polarisierte Lichtstrahl wird zuächst durch einen Polarisator
X abgeschwächt. Die Polarisation des auf die Probe einfallenden Strahls wird durch eine Mikrometerschraube am Polarisator P eingestellt und der Strahl durch die Linse L1 auf die Probe
fokussiert. Der Strahl tritt durch die obere Weicheisenbacke eines Elektromagneten auf die
Probe, wird reflektiert, gelangt wieder durch die obere Weicheisenbacke und wird mit der
Linse L2 auf den Strahlteiler des MOKE-Detektors fokussiert.
Der Probentisch trägt die zu untersuchende Probe. Die Feldstärke wird mit einer kalibrierten Hallsonde ermittelt. Die Steuerung des MOKE-Detektors (Abb. 3.3), die Bestimmung
der Intensitäten an den Photodioden D1, D2 und die Einstellung des Spulenstroms wird über
einen Kleinrechner mit DSP-Karten vorgenommen. Der Kerr-Winkel ist proportional (I1I2)/(I1+I2).
Abb. 3.2: Versuchsaufbau zur Messung der Hystereseschleifen dünner Filme mit dem polaren
magneto-optischen Kerr-Effekt.
16
Abb. 3.3: Einblick in den MOKE-Detektor mit Gehäuse und Einstellvorrichtungen für den
Strahlteiler und die beiden Photodioden.
Zur temperaturabhängigen Messung der Magnetisierung steht außerdem ein Probentisch mit
einer Kupferplatte als Probenträger, auf der ein Peltier-Element und ein Thermoelement zur
Temperaturmessung angebracht sind, zur Verfügung. Die Kupferplatte kann, je nach Polung
der Spannungsversorgung des Peltier-Elements, geheizt oder gekühlt werden (Bereich 10 – 80
°C). Zur besseren thermischen Ankopplung sollte die Probe an der Unterseite dünn mit Wärmeleitpaste eingestrichen sein.
ACHTUNG:
Überschreiten Sie in keinem Fall die Grenzwerte von
elments.
17
Pmax = 8W
bei Betrieb des Peltier-
3.2. Messverfahren
Warnhinweis:
Entfernen Sie bitte nicht die Laserdiode aus ihrer Halterung und blicken Sie auf gar
keinen Fall in den Laserstrahl (Laserklasse 2) oder in den reflektierten Strahl! Dies
kann zur dauerhaften Schädigung der Netzhaut führen.
Legen Sie zunächst die Probe auf den Probentisch zwischen die Polschuhe des Magneten.
Starten Sie das Programm „p-MOKE“ und öffnen Sie die beiden Fenster „MOKE/HALL“
(Abb. 3.4) und „MAGNETIZATION REVERSAL“ (Abb. 3.5). Das Menu „MOKE/HALL“
zeigt die Intensitäten der Photodioden D1 und D2 an, sowie das Differenzsignal I12 = I1-I2 und
die Spannung der Hallsonde, d.h. die Magnetfeldstärke. Kontrollieren Sie die notwendigen
Skalierungsfaktoren (Oe/V,...).
1. Grobjustage: Verändern Sie die Neigung des Probentisches mit der seitlich angebrachten Exzenterschraube und justieren Sie die Linse L1 so, dass sie ein merkliches Signal
an den Photodioden messen. Bei zu großer Intensität verändern Sie die Stellung des
ersten Polarisators X.
2. Feinjustage: Stellen Sie den Polarisator P mittels der Mikrometerschraube so ein, dass
die Intensitäten an beiden Photodioden etwa gleich sind, d.h. I12 ≈ 0. Wählen Sie vernünftige Werte für die elektronische Verstärkung „gain“.
Bei Einschalten der Funktion „Hall Sensor“ wird das Magnetfeld aus der Hallsondenspannung
bestimmt, in der Funktion „set magnetic field“ aus dem Spulenstrom.
Abb. 3.4: Menu MOKE/HALL
ACHTUNG:
Bestätigen Sie immer alle vorgenommenen Änderungen durch die Funktion „OK“.
Optimieren Sie Ihre Einstellung durch nochmaliges Überprüfen der Optiken und der Messparameter. Decken Sie den reflektierten Strahl ab und bestimmen Sie die DunkelstromIntensitäten.
18
Abb. 3.5: Menu MAGNETIZATION REVERSAL
Zur Eingabe der oberen und unteren Feldstärken betätigen Sie „add values“. Alte Werte löschen Sie vorher mit „delete all“. Wählen Sie geeignete Stabilisierungszeiten bei den oberen
und unteren Feldgrenzen und für die Anzahl der Schleifendurchläufe pro Messung. Die Messung der Φ(H) Kurve starten Sie mit „RUN“.
Beachten Sie, dass die Bestimmung der Feldstärke aus dem Spulenstrom nur für kleine Ströme geeignet ist (Abb. 3.6). Benutzen Sie für die spätere Auswertung in jedem Fall die mit der
Hallsonde ermittelten Feldstärken.
Für den einzustellenden Sollwert des Magnetfeldes wird gemäß H(Oe) = 916,7 *I(A) der
Spulenstrom eingestellt. Dieser entspricht einer erforderlichen Eingagnsspannung von 0.338
V/A am Kontrolleingang der Stromquelle. Damit ergibt sich eine erforderliche Spannung am
Ausgang des Digital-Analog-Converters (DAC) von UDAC = 0.000368 V/Oe. Diesen Wert
bitte nicht ändern!
Wie erwähnt, dient die über den Spulenstrom eingestellte Feldstärke nur als Richtgröße. Die
wahre Feldstärke wird durch die Hallsonde bestimmt und ebenfalls in die Datei geschrieben.
WICHTIG:
-
Behandeln Sie die Proben sorgsam (Pinzette) und vermeiden Sie Fingerabdrücke oder
Kratzer auf der Oberfläche!
-
Achten Sie auf den Spulenstrom. Er sollte I = 10 A nicht überschreiten! Vermeiden
Sie eine Dauerbelastung der Spule mit hohen Strömen!
-
Bevor Sie Messwerte wirklich abspeichern, sollten Sie sich mit dem Messplatz vertraut machen. Probieren Sie verschiedene Einstellungen aus und machen Sie einige
Testläufe.
19
Abb. 3.6: Ermittelte Feldstärken aus Spulenstrom (oben) und Hallsondenspannung (unten).
20
3.3. Aufgabenstellung zum Versuch „MOKE“
Ferromagnetische Schichtsysteme
Spezielle Literatur hierzu:
B. Hillebrands: Anisotropien in Schichtsystemen und ihre experimentelle Bestimmung (Auszug), in Magnetismus von Festkörpern und Grenzflächen, Forschungszentrum Jülich, 1993
Verwenden Sie den Probentisch ohne Heizer. Bei den Proben handelt es sich um eine ferromagnetische Schicht zwischen zwei nicht-ferromagnetischen Schichten (a), bzw. um zwei
ferromagnetische Schichten, die durch eine nicht-ferromagnetische Schicht getrennt sind.
1SKT auf der Rändelschraube entspricht einer Winkeländerung von 10 milligrad (mdeg)
a) Pd/Co/Pd Schichtsystem (#191100)
Schichtfolge:
Si (111) Substrat / 20 nm Pd / d nm Co / 5 nm Pd / 5 nm Au
Die Co-Schichtdicke wächst in Pfeilrichtung d (auf der Probe angegeben) mit Dicken 0.3,
0.4, 0.5, 0.7, 0.9, 1.1 ,1.4 ,1.7, 2 nm; laterale Schrittweite auf der Probe ca. 4 mm.
Wegen der starken Grenzflächenanisotropie zwischen Co und Pd stellt sich für bestimmte
Co-Schichtdicken d die Magnetisierung senkrecht zur Filmebene („out-of-plane“ Magnetisierung). Die 5-nm dicke Au-Schicht dient als Schutz vor Oxidation an Raumluft.
Messen Sie die Hysteresekurven Φ(H) für verschiedene Co-Schichtdicken und ermitteln
Sie die effektive Anisotropiekonstante Keff (d).
Welchen Einfluss hat die Co Schichtdicke d auf die Magnetisierung M(H)?
b) Co/Pd/Co Schichtsystem (#281100)
Schichtfolge:
Si (111) Substrat / 20 nm Pd / 8 nm Co / d nm Pd / 0.3 nm Co / 3 nm Pd / 3 nm Au
Die Pd-Schichtdicke wächst in Pfeilrichtung d (auf der Probe angegeben) mit Dicken 0, 1,
2, 3, 4, 5 nm; laterale Schrittweite auf der Probe ca. 8 mm.
Messen Sie die Hysteresekurven Φ(H) für verschiedene Pd-Schichtdicken.
Welchen Einfluss hat die Pd Schichtdicke d auf die Magnetisierung M(H)?
Was können Sie über eine Kopplung bzw. Entkopplung der Co-Schichten über die PdSchicht hinweg aussagen?
21
Ferrimagnetische Schichten
Spezielle Literatur hierzu:
Y. Mimura et al.: Magnetic properties of amorphous alloy films of Fe with Gd, Tb, Dy, Ho, or
Er, J. Appl. Phys. 49, 1208 (1977)
Verwenden Sie den Probentisch mit Heizer und Thermoelement.
Bei den Proben handelt es sich um mehrere 100-nm dicke Fe1-xGdx Schichten mit x = 0.26 –
0.27. Die Fe- und Gd-Atome einer solchen Legierung bilden zwei magnetische Untergitter
und erzeugen ein ferrimagnetisches Verhalten. Der Kompensationspunkt der Schicht liegt
nahe Raumtemperatur.
Messen Sie die Temperaturabhängigkeit der Hystereskurven Φ(H) für verschiedene Proben.
Bestimmen Sie die Koerzitivfeldstärken Hc(T) und aus einer geeigneten Auftragung den
Kompensationspunkt Tkomp für jede Schicht.
Ermittlen Sie die Gd-Konzentration für jede Schicht gemäß: x (at%) = 0.01783 Tkomp +21
Was können Sie über den Verlauf des Kerr-Winkels in Sättigung ΦS(H) mit der Konzentration x sagen?
22
Ferrimagnetismus von Fe1-xGdx:
In einer solchen Legierung bilden die Fe- und Gd-Atome zwei magnetische Untergitter, wobei
die Fe-Fe und die Gd-Gd Kopplung die magnetischen Momente in beiden Untergittern jeweils
parallel zueinander ausrichtet. Allerdings sorgt die Fe-Gd Kopplung zwischen beiden Konstituenten für eine antiparallele Ausrichtung der Untergitter zueinander, was zu einem sogenannten Ferrimagneten führt. Dies ist demnach ein Material mit zwei entgegensetzten magnetischen Momenten, die unterschiedlich groß sind. Die Magnetisierung eines Ferrimagneten
verhält sich ähnlich wie die eines Ferromagneten, d.h. sie zeigt z.B. Hysterseverhalten und
eine Curietemperatur TC.
Die Abbildung zeigt schematisch den Verlauf der Magnetisierung des Fe- bzw. GdUntergitters. Bei tiefen Temperaturen überwiegt der Anteil des Gd gegenüber dem des Fe in
der Summe der magnetischen Momente. Allerdings nimmt die Magnetisierung des GdUntergitters schneller mit steigender Temperatur ab als die Magnetisierung des FeUntergitters, da von allen Kopplungen die Fe-Fe Kopplung am stärksten ist. Dies führt dazu,
dass sich am sogenannten „Kompensationspunkt“ Tkomp die Magnetisierungen des Gd und Fe
gerade aufheben und die Nettomagnetierung verschwindet. Oberhalb Tkomp wird die Magnetisierung bis zur Curietemperatur Tc nur noch durch die Fe-Momente bestimmt.
Beim MOKE sind magnetisch aber nur diejenigen Elektronenzustände (Bänder) für die KerrRotation relevant, die im Bereich von ca. 2 eV (entsprechend der Wellenlänge der Laserdiode) unterhalb der Fermikante liegen. Im Falle des Fe ist dies das 3d-Leitungsband, das sich
sowohl weit über als auch weit unter die Fermikante hinaus erstreckt. Im Gegensatz dazu liegen die magnetisch relevanten 4f-Bänder des Gd weit unterhalb der Fermikante. Deshalb ist
eine direkte Wechselwirkung der Photonen mit dem 4f Band unmöglich. Die Kerr-Rotation
wird also nicht durch die Nettomagnetisierung sondern allein durch die Magnetisierung des
Fe bestimmt. Weil die Fe-Magnetisierung aber unterhalb Tkomp antiparallel und oberhalb Tkomp
parallel zur Nettomagnetisierung verläuft, kehrt sich die Hysteresekurve Φ(H) beim Durchgang durch Tkomp um. Bei Tkomp verschwindet die Nettomagnetisierung. Die Probe kann aufgrund des hohen Koerzitivfelds in einem äußeren Magnetfeld nicht mehr ummagnetisiert
werden.
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