Zu viel Salz in der Suppe Wir konsumieren etwa doppelt so viel Kochsalz, als uns gut tut. Das Problem ist erkannt, der Bund plant eine nationale Salzstrategie, und die Lebensmittelhersteller beginnen, das Salz in ihren Produkten zu reduzieren. von Marion Eberhard* U nser Körper braucht Salz, weil benötigt», erklärt Marion Wäfler, Ernäh- es für den Wasserhaushalt, das rungsberaterin HF bei der SGE. Deshalb Nervensystem, die Verdauung und den hat die Eidgenössische Ernährungskom- Knochenaufbau lebenswichtig ist. Zu mission dem Bundesamt für Gesundheit viel davon kann aber schädlich sein: Ein bereits 2004 den Bericht «Salzkonsum hoher Salzkonsum kann den Blutdruck und Bluthochdruck» unterbreitet. Darin in die Höhe treiben, und das wiederum ist festgehalten, dass eine durchschnitt- ist ein Risikofaktor für Herzinfarkt und liche Verminderung des Konsums um andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen. drei Gramm pro Tag die Herzkranzgefäss-Erkrankungen um zehn Prozent ver- Versteckte Salze ringern könnte, Schlaganfälle um rund Gemäss Angaben der Eidgenössischen 13 Prozent. Die Schweizerische Ernäh- Ernährungskommission (EEK) macht der rungskommission fordert deshalb, dass Anteil an Salz, der beim Kochen oder der Salzgehalt in vorgefertigten Lebens- Nachwürzen bei Tisch verwendet wird, mitteln reduziert und die Bevölkerung weniger als 20 Prozent des gesamten besser über die Risiken eines zu hohen Salzkonsums aus. Der grösste Teil sind Salzkonsums informiert wird. versteckte Salze, die wir über vorgefertigte Lebensmittel wie Brot, Wurst oder Salzgehalt deklarieren Käse zu uns nehmen. Auch in Süssigkei- Aufgrund dieses Berichts hat nun das ten ist Kochsalz enthalten – überall dort, Bundesamt für Gesundheit eine «Salz- wo Mehl verarbeitet wird, um die Stärke Strategie» entwickelt, in die auch die zu binden. Dass sich die Konsumenten Hersteller von Lebensmitteln mitein- dessen häufig gar nicht bewusst sind, bezogen werden. Auch wenn in der macht es schwierig, den Salzkonsum zu Schweiz der Salzanteil in Nahrungsmit- kontrollieren. teln nicht deklariert werden muss, sind FOTO: MEV die Hersteller offenbar daran interesDoppelt so viel wie siert, dies auf freiwilliger Basis zu tun: So empfohlen ist bei Produkten von Nestlé Schweiz be- Tatsache ist, dass wir zu viel Kochsalz reits angegeben, wie viel Salz sie enthal- konsumieren: Die Weltgesundheitsorga- ten, ebenso hat Coop bei ihren Eigen- nisation WHO empfiehlt weniger als marken eine entsprechende Deklaration fünf Gramm pro Tag, die Schweizerische eingeführt. Auch bei Migros-Produkten Gesellschaft für Ernährung SGE setzt das wird der Salzgehalt deklariert, und das Limit mit sechs Gramm etwas höher: Unternehmen plant, die Nährwertan- «Doch im Durchschnitt konsumieren gaben künftig noch zu erweitern. Man wir derzeit acht bis zehn Gramm Salz, sei sich der Problematik bewusst, sagt das ist deutlich mehr, als unser Körper Migros-Sprecherin Monika Weibel: «Von 38 ERNÄHRUNG Geplante Massnahmen Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) arbeitet an einer Salzstrategie. Geplant ist, bis zum Jahr 2012 den Salzgehalt bei vorgefertigten Lebensmitteln wie Brot, Fleisch- und Wurstwaren sowie Käse um mindestens 16 Prozent zu senken. Das Gleiche gilt auch für Nahrungsmittel, die in der Gastronomie angeboten werden. Damit soll erreicht werden, dass pro Person und Tag nicht mehr als acht Gramm Salz konsumiert wird, längerfristig gesehen sollen es sogar weniger als fünf Gramm sein. Im März 2008 fand ein erstes Treffen zwischen BAG und Vertretern der Lebensmittelindustrie statt. Im Dezember wurden die Ergebnisse an alle interessierten Kreise in die Vernehmlassung gegeben; eine überarbeitete Version soll im Frühling 2009 im Internet veröffentlicht werden: http://www.bag.admin.ch/Themen/Ernährung und Bewegung/Ernährung und Bewegung von A–Z/Salz. Mit konkreten Ergebnissen rechnet das BAG in ein bis zwei Jahren. wissenschaftlicher Seite fehlen aller- der Einführung von neuen Produkten Reduktion des Salzkonsums. Doch gebe dings aktuelle und repräsentative Daten würde auf den Salzgehalt geachtet. So es mehrere Risikofaktoren für Herz- zum Salzkonsum in der Schweiz, die zwi- enthielten beispielsweise neue Brotsor- Kreislauf-Erkrankungen. «Es ist schwie- schen der industriell bedingten Koch- ten weniger Salz als ihre Vorgänger. rig zu sagen, wie viel der Salzkonsum un- salzaufnahme und der Aufnahme beim Doch salzärmere Produkte müssen den ter den verschiedenen Risikofaktoren Salzen und Nachsalzen zu Hause unter- Kunden erst einmal schmackhaft ge- tatsächlich ausmacht», sagt Wettstein. scheiden.» Dennoch arbeitet die Migros macht werden. Aufgrund der bisherigen Ausserdem weist der Arzt darauf hin, an einer internen Salzstrategie. Weibel: Gewohnheiten beim Salzkonsum emp- dass beim Salzkonsum ein Unterschied «Wir werden unseren Beitrag leisten zu fiehlt es sich, die Reduktion behutsam besteht, ob es sich um einen ansonsten den vom Bundesamt für Gesundheit for- anzugehen, bemerkt Weisskopf, denn gesunden Menschen mit erhöhtem Blut- mulierten Zielen.» unsere Geschmacksnerven seien durch hochdruck handelt oder um einen Risi- die ständige Übersalzung abgestumpft: kopatienten, der an Herzinsuffizienz lei- Die Bevölkerung «Salz ist ein Geschmacksträger, und die det. Für Letztere sei es unerlässlich, sensibilisieren Nahrungsmittel trotzdem ihren Salzkonsum genau unter Kontrolle Etwas konkreter sind die Massnahmen schmecken – sonst wird nachgesalzen.» zu halten: «Bei solchen Patienten kann bei Nestlé Schweiz: Deren Produkte sol- Deshalb müssten die Konsumentinnen schon eine einzige Grillparty mit ein len bis 2010 schrittweise gut 25 Prozent und Konsumenten langsam an tiefere paar Würsten, Chips und zwei Bier ein weniger Salz enthalten, als in den Origi- Werte gewöhnt werden. Risiko darstellen.» sprecher Philippe Oertlé wurde der Risiko bei Salzgehalt bereits um zehn Prozent ver- Herz-Patienten *Marion Eberhard lebt und arbeitet als freie Journalistin in Winterthur. ringert. Sein Augenmerk richtet der Nah- Der Arzt Tobias Wettstein, der auf Herz- rungsmittelhersteller vor allem auf jene Kreislauf-Erkrankungen spezialisiert ist, salzhaltigen Produkte, die im Alltag am begrüsst grundsätzlich Bestrebungen zur sollen ja nalrezepten vorgesehen ist. Laut Presse- häufigsten konsumiert werden, das sind Suppen und Fertiggerichte. Nestlé hat zudem mit zwei Broschüren und weiteren Informationen für Kunden auf die Problematik reagiert. Auch Coop setzt auf eine Sensibilisierung der Kundinnen und Kunden und hat deshalb den Salzkonsum in der Coop-Zeitung wie auch auf der Website des Unternehmens thematisiert. Was die Produkte selbst betreffe, so seien die Produktlinien Weight Watchers und Jamadu generell salzarm, wie Mediensprecher Karl Weisskopf erklärt. Auch bei 39 Hier steckt das viele Salz Es ist erstaunlich, wie viel Kochsalz nur schon 100 Gramm Brot enthalten: Es sind im Durchschnitt 1,4 Gramm, bei 100 Gramm Kartoffelchips sind es etwa 1,1 Gramm. Diese Mengen entsprechen bereits einem Fünftel des empfohlenen täglichen Salzkonsums. Richtige Salzschleudern sind jedoch Snacks, bei denen das Salz auch von aussen sichtbar ist: So enthalten 100 Gramm konventionelle Salzstängeli 4,4 Gramm Salz. Auch Speisewürzen wie zum Beispiel Aromat oder auch Bouillon, Saucenpasten und Fleischwürzmischungen enthalten sehr viel Kochsalz. Deshalb empfiehlt es sich, bei der Zubereitung von Speisen mit Kräutern, frischem Knoblauch, Zwiebeln und aromatischen Ölen zu würzen und so einen Teil des Salzes zu ersetzen. FOTO: LEBENSMITTELFOTOS.COM Snacks,