hornhaut geschwür - Tierklinik

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Dieser Artikel erschien in CAVALLO 3/2015. Sie erhalten das Heft unter:
WWW.CAVALLO.DE
DAS CAVALLO MEDIZIN-KOMPENDIUM
UNSER EXPERTE: Dr. Willy Neumann ist
Fachtierarzt für Augenheilkunde und
Chirurgie an der Tierklinik Hochmoor/NRW.
PFERDEKRANKHEITEN: FAKTEN · DIAGNOSE · THERAPIE
FOTO: RÄDLEIN
G E S U N D H E I T & H A LT U N G
207. Folge
HORNHAUT-GESCHWÜR
Scheuern, Insektensprays oder schief wachsende Wimpern
nkönnen das Auge so reizen, dass sich Geschwüre hineinn?
fressen. Wie kann der Tierarzt die Erkrankung stoppen?
TEXT: CLAUDIA WEINGAND
NOCH MEHR
WISSEN
FOTO: RÄDLEIN
über Pferdekrankheiten
finden Sie im Sammelband:
www.cavallo.de/sonderhefte
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AUFBAU HORNHAUT: Die Hornhaut des Pferdeauges besteht aus fünf transparenten Schichten,
wenn man den Tränenfilm 1 mitzählt. Darunter liegt das Epithel 2 , das sich ständig erneuert. Im
Stroma 3 , der dicksten Schicht, verlaufen Nervenfasern 4 , die die Hornhaut schmerzempfindlich
machen. Die Descementsche Membran 5 ist recht widerstandsfähig. Solange sie intakt ist, ist das
Auge vor dem Auslaufen geschützt. Das darunter liegende Endothel 6 ist äußerst empfindlich.
GRAFIK: W.NEUMANN
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FAKTEN
Die Hornhaut des Auges ist die transparente
vordere Begrenzung des Augapfels. Sie sitzt
wie eine gläserne Kuppel vor der Regenbogenhaut und bildet mit der Linse das optische System des Pferdeauges. Sie ist nur
knapp einen Millimeter dick und besitzt
keine eigene Blutversorgung. Nährstoffe erhält sie über den Tränenfilm, vom Kammerwasser und der angrenzenden Lederhaut
(Sklera). Der Tränenfilm ist außerdem wichtig, damit die Hornhaut sauber bleibt.
Die Hornhaut (Kornea) besteht aus fünf
Schichten, wenn man den Tränenfilm mitzählt (siehe auch Grafik links). Die oberste
Zellschicht ist das Epithel, das direkt unterm
Tränenfilm liegt und sich ständig erneuert.
Darunter liegt das schmerzempfindliche
Stroma. Daran schließt sich die widerstandsfähige, elastische Descementsche Membran
an. Sind Epithel und Stroma verletzt, schützt
sie das Auge als letzte Barriere vor dem Auslaufen. Auf der Rückseite der Hornhaut liegt
das empfindliche Endothel. „Das Endothel
funktioniert ähnlich wie eine Wasserpumpe“, sagt Dr. Willy Neumann, Fachtierarzt für
Augenheilkunde und Chirurgie an der Tierklinik Hochmoor in Gescher-Hochmoor/
Nordrhein-Westfalen. „Es sorgt dafür, dass
die Hornhaut durchsichtig bleibt.“ Wird das
Endothel zerstört, kann es sich nicht mehr
regenerieren, das Auge bleibt trüb.
Hornhautgeschwüre (Ulzera) sind häufig
bei Pferden. Unter einem Ulcus versteht
man eine nicht traumatisch verursachte
Schädigung des Gewebes, die chronisch
nicht abheilt. Damit verbunden ist der allmähliche Abbau des Gewebes. „Mehr als
50 Prozent der Hornhauterkrankungen sind
Entzündungen, davon sind rund zwei Drittel
Ulzera“, sagt Dr. Neumann.
URSACHEN: Hornhautgeschwüre können
entstehen, wenn das Epithel verletzt ist.
Normalerweise bildet es eine Barriere gegen
Bakterien, Viren und Pilze, die dann ihre
Funktion verliert. Streptokokken oder Pseudomonas sind Erreger, die im Bindehautsack
jedes Pferds vorkommen. Ist das Hornhautepithel verletzt, können sie sich vermehren
und Entzündungen verursachen. „Pilzinfektionen können auch Hornhautgeschwüre
Beim Scheuern kann das Hornhautepithel verletzt werden und Erreger ins Auge dringen.
verursachen, was hierzulande eher selten
vorkommt“, sagt Dr. Willy Neumann. Sehr
lange Cortisonbehandlungen oder schlechte
Hygiene können sie begünstigen. „Eine Unsitte ist, Augensalbe auf den Finger aufzutragen und sie dann dem Pferd ins Auge zu
schmieren“, warnt der Experte.
Verletzungen des Epithels entstehen oft,
wenn sich das Pferd mit dem Kopf an Gegenständen scheuert. Sehr selten dringen
Fremdkörper ins Auge ein. Das liegt am Lidschlussreflex: Sobald sich ein Gegenstand
dem Auge nähert, schließt das Pferd reflexartig die Lider, was Verletzungen meist verhindert. Manchmal sind Insektensprays oder
andere Chemikalien schuld: Gelangen sie ins
Auge, können sie das Epithel schädigen.
Eine Fehlstellung einzelner Wimpern
kann das Entstehen von Hornhautgeschwüren begünstigen. Mediziner sprechen von
einer Trichiasis, also dem Reiben der Wimpern auf der Hornhaut. Fohlen, die zu früh
geboren wurden, haben manchmal nach
innen gerollte Augenlider. Neumann: „In der
Regel gibt sich das von selbst.“ Zur Trichiasis
kommt es bei Pferden eher, wenn Verletzungen am Lidrand vernarben und eine Wimpernfehlstellung verursachen.
Sehr selten führen stoffwechselbedingte
Epitheldegenerationen zum Ulcus.
PROGNOSE: Oberflächliche Defekte heilen
im Normalfall innerhalb von drei bis sieben
Tagen vollständig. Bei tieferen Ulzera hängen Prognose und Heilungsdauer vom
SYMPTOME
AUGE IST LICHTEMPFINDLICH
UND SCHMERZHAFT
PFERD HÄLT DIE LIDSPALTE
KRAMPFHAFT GESCHLOSSEN
AUGE TRÄNT ÜBERMÄSSIG
EITRIGER AUGENAUSFLUSS
MÖGLICH
HORNHAUT GETRÜBT,
gräulich-weißlich oder punktuell
gelblich verfärbt. Kann auch glasig
werden oder bräunlich verfärbt
sein
WENN HORNHAUT PERFORIERT IST, KANN SICH
IRISGEWEBE EINKLEMMEN
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DAS CAVALLO-SYMPTOM-LEXIKON:
A B
C
DIAGNOSE
FOTOS: W.NEUMANN
A / Kreisförmiges oberflächiges Hornhautgeschwür, medikamentelle Therapie möglich. B / Großflächiges oberflächiges Geschwür, intensive medikamentelle Therapie noch möglich. C / Zentrales tiefes Geschwür, OP nötig.
Behandlungszeitpunkt, der Schwere der Erkrankung und Sekundärinfektionen ab.
Hornhautperforationen sind immer kritisch. Ist das Augeninnere bereits infiziert,
kann es unmöglich werden, das Auge zu
erhalten. Heilt die Hornhaut, bleiben oft
Narben zurück in Form von weißen Trübungen, welche die Sehkraft oder das Gesichtsfeld einschränken.
VORBEUGEN: Schauen Sie im abgedunkelten Stall mit einer Taschenlampe beide Augen Ihres Pferds an, wenn Sie ein Augenproblem vermuten. So fallen Veränderungen
frühzeitig auf. Bemerken Sie eins der aufgeführten Symptome, wenden Sie sich an Ihren Tierarzt. Halten Sie Ihr Pferd von spitzen
Gegenständen und scharfen Kanten fern.
THERAPIE
Das Auge sollte schnell vom Tierarzt behandelt werden. Er entfernt das lose Epithel und
desinfiziert die Wunde. Die benachbarten
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SEDIEREN: Hornhautgeschwüre sind sehr schmerzhaft. Das
Pferd kneift das Auge deshalb fest zusammen, was es dem
Tierarzt unmöglich macht, es gründlich zu untersuchen. Darum
sediert er den Patienten, um ihn möglichst schmerz- und
stressfrei untersuchen und das Auge anschließend sofort
behandeln zu können.
FLUORESZEIN: Ob und wo die Hornhaut geschädigt ist, kann
der Tierarzt mit Fluoreszein herausfinden. Der grüne Farbstoff
haftet überall dort, wo Epithelzellen fehlen.
SPALTLAMPE: Der Tierarzt untersucht die Hornhaut mit einer
Spaltlampe, die mit spezieller Beleuchtung und Vergrößerung die
Diagnostik erleichtert. Er beurteilt etwa, ob die Oberfläche der
Kornea glatt, glänzend und eben ist oder ob Blutgefäße in die
Hornhaut eingewachsen sind oder ob es Unregelmäßigkeiten im
Gewebe gibt.
gesunden Epithelzellen werden so zur Teilung angeregt, die Verletzung wächst allmählich zu. Das Pferd wird einige Tage mit
antibiotischer Augensalbe und Schmerzmitteln behandelt.
Bei tiefen Hornhautgeschwüren verabreicht der Tierarzt ebenfalls antibiotikahaltige Augensalbe. Zusätzlich bekommt das
Pferd Schmerzmittel und Atropin, was den
Krampf im Auge löst. Wichtig ist, dass das
Pferd weiter blinzeln kann, damit ein Tränenfilm das Auge bedeckt. „Völlig falsch ist
es, ein Lokalanästhetikum einzusetzen, das
den Lidschlag verhindert“, sagt Dr. Willy
Neumann. „Auch Cortison schadet mehr, als
es nützt.“ Streptokokken und Pseudomonas
produzieren Kollagenasen. Das sind Enzyme,
die Stromagewebe auflösen. Cortison potenziert die Kollagenaseaktivität um das zehnfache. Der Tierarzt sollte also nur sogenannte nichtsteroidale Entzündungshemmer
verabreichen. Außerdem empfiehlt der
Augenexperte Acetylcystein-Spüllösung,
weil es die Kollagenaseaktivität hemmt.
Manche Ärzte setzen zur Heilung auf Kontaktlinsen für Pferde, damit das Gewebe darunter schmerzfrei regenerieren kann. „Das
ergibt aber nur bei oberflächlichen Defekten
Sinn“, sagt Dr. Neumann. Sinnvoll kann eine
subpalpebrale Lavage im Oberlid sein. Dazu
wird ein Schlauch von oben durch das Oberlid hindurch zum oberen Bindehautgewölbe
(Fornix) geführt. Das Auge wird so mit Spülflüssigkeit sauber gehalten und mit Medikamenten versorgt. „Wenn das Pferd ohnehin
für die Diagnose sediert wurde, ist so eine
subpalpebrale Lavage schnell angebracht“,
sagt der Augenspezialist.
Schlägt die konservative Therapie nicht an
oder ist die Erkrankung zu weit fortgeschritten, lässt sich eine Operation manchmal
nicht vermeiden. Sind nur Epithel und Stroma angegriffen, kann der Chirurg das kranke
Gewebe entfernen. Spezieller Gewebekleber
kann den Defekt sofort verschließen. Er löst
sich im Verlauf der Heilung langsam auf.
Sind die Geschwüre groß, bietet sich eine
Bindehautabdeckung an. Das defekte Gewebe wird mit einer Bindehautschürze (Flap)
geschützt, die auf der Hornhaut festgenäht
wird. Damit verlaufen direkt Blutgefäße zur
defekten Hornhaut und unterstützen sie bei
der Heilung. „Da Bindehaut nicht transparent ist, wird das Pferd sehr eingeschränkt
oder auch gar nichts mehr sehen.“
Stattdessen besteht bei tiefen Defekten die
Möglichkeit einer Hornhauttransplantation.
Dabei wird Hornhaut eines gerade gestorbenen Pferds transplantiert und dem Patienten
eingesetzt. Dr. Willy Neumann: „Das funktioniert in der Praxis meist sehr gut, ohne Abstoßung der fremden Hornhaut und ohne
Narbenbildung.“ Der Patient kann uneingeschränkt sehen. Problem sind die Kosten:
Eine Transplantation wird nicht von OPVersicherungen übernommen und kann einige tausend Euro kosten.
ALTERNATIVE THERAPIE: Tierheilpraktikerin Julia Melanie Hahlweg aus Bad Liebenzell gibt Homöopathika wie Argentum
nitricum, Arsen, Calcium carbonicum, Euphrasia, Hepar sulfuris, Kalium bichromicum. Organpräparate aus Cornea und Corpus
vitreum haben sich bewährt.
KRANKHEITSVERLAUF
ZERSTÖRUNG VON GEWEBE: Ist ein
Hornhautgeschwür zunächst noch
oberflächlich, werden bald tiefere
Schichten angegriffen und zerstört – bis
zur Descementschen Membran. „Wird
auch diese Membran perforiert, ist ein
Auslaufen des Auges möglich“, sagt
Augenspezialist Dr. Willy Neumann.
Dabei tritt Kammerwasser aus und der
Augapfel kollabiert. Die Zerstörung von
Gewebe kann schnell voranschreiten.
So ist das tiefe Hornhautgeschwür in
der Fotoreihe links unter C erst drei
Wochen alt. In diesem Fall ist eine
medikamentelle Therapie nicht mehr
erfolgversprechend: Das Pferd muss
operiert werden.
VORFALL (PROLAPS) DER IRIS: Ist
die Hornhaut perforiert, kann die Iris
heraustreten und das Loch zeitweise
verschließen. Die Iris, auch Regenbogenhaut genannt, ist die Blende des
Auges. Sie trennt vordere und hintere
Augenkammer. Das Auge muss schnell
chirurgisch versorgt werden.
ABLÖSUNG DER NETZHAUT: „Reißt
die Descementsche Membran, löst das
Prozesse im Auge aus, die bis zur
Netzhautablösung führen können“,
sagt Dr. Willy Neumann. Dazu zählen
Blutungen im Auge und das Sinken des
Augeninnendrucks. Außerdem werden
Stoffe wie das Gerinnungsprotein Fibrin
freigesetzt. Löst sich die Netzhaut ab,
ist das Pferd dauerhaft blind, auch
wenn man den Augapfel retten kann.
FOTO: W.NEUMANN
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Kreisförmiges Hornhautgeschwür mit
Perforation der Hornhaut und vorgefallener, eingeklemmter Iris.
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Was bei Headshaking hilft
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