Allgemeine Psychologie I Vorlesung 11 Prof. Dr. Björn Rasch, Cognitive Biopsychology and Methods University of Fribourg 1 Björn Rasch,Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 11.12.14 Allgemeine Psychologie I 2 Woche Datum Thema 1 FQ 20.2.13 Einführung, Verteilung der Termine 1 24.9.13 Einführung und Grundlagen 2 2.10.13 Wahrnehmung 3 9.10.13 Psychophysik 4 16.10.13 Visuelle Wahrnehmung I 5 23.10.13 Visuelle Wahrnehmung II 6 30.10.13 Auditive Wahrnehmung 7 6.11.13 Schmerz, Geruch, Geschmack 8 13.11.13 Aufmerksamkeit 9 20.11.13 Exekutive Kontrolle 27.11.13 ---- Fällt aus ----- 10 4.12.13 Arbeitsgedächtnis 11 11.12.13 Langzeitgedächtnis I 12 18.12.13 Langzeitgedächtnis II Björn Rasch,Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 11.12.14 Beispielfragen 3 Björn Rasch,Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 11.12.14 Aufmerksamkeit und exekutive Kontrolle Exekutive Kontrolle } } Unterschiedliche kognitive Mechanismen } Besonders wichtig, wenn Zielerreichung bei einer Handlung schwierig ist ¨ ¨ Neue Handlungen; Vermeidung von Fehlern; Kombination mehrerer Tätigkeiten Hemmung automatischer Handlung / Kontrolle von Impulsen Erreichung durch exekutive Kontrollprozesse Modell des Supervisory Attentional System (Norman & Shallice, 1986) } } 4 Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Beispielfragen 5 Björn Rasch,Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 11.12.14 Das Mehrspeichermodell Das Mehrspeichermodell } } 6 Atkinson & Shiffrin (1968) Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Kurzzeitgedächtnis } Kurzzeitgedächtnis (KZG) } Information werden für wenige Sekunden aufrechterhalten } Abfrage der Information erfolgt gleich nach der Enkodierung ¨ } Aufmerksamkeit notwendig } Annahme von Atkinson und Shiffrin (1968): ¨ } Rehearsal Kapazität ist begrenzt } } Gedächtnisspanne von 7 ± 2 Informationseinheiten Messung der Gedächtnisspanne ¨ 7 Ohne Aufmerksamkeit keine Weiterleitung vom sensorischen Gedächtnis Inneres Wiederholen hält Information im KZG aufrecht } } Abfrage nach mehreren Minuten: Langzeitgedächtnis Digit Span Test Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Kurzzeitgedächtnis Chunking } } Merken sich sich folgende Zahlen 1914193319451989 1914 1933 1945 1989 Kapazität des KZG: } } } 8 7 ± 2 bedeutungshaltige Inhalte (Chunks) Fähigkeit zum Chunking hängt von Vorwissen, Übung und LZG ab Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Kurzzeitgedächtnis Rehearsal } } } } Inneres Wiederholen Wichtig für Aufrechterhaltung von Informationen im KZG Experiment } Unterdrückung des inneren Rehearsals ¨ ¨ ¨ ¨ } } } Nach 6s nur noch 40-60% der Buchstaben erinnert Nach 15s sinkt Erinnerungsleistung unter 20% Hinweis für den automatischen Zerfall von Inhalten im KZG } } 9 Brown (1958) und Peterson (1959) Trigramm (z.B. KQN) merken Dann in Dreierschritte rückwärts zählen (z.B. 267 – 264 – 261 -258 usw.). Variation des Behaltensintervals (3 – 18 s) Durch Rehearsal aufgehalten Wenn Rehearsal nicht möglich -> Vergessen Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Kurzzeitgedächtnis } Interferenz } Störende Einflüsse } } Z.B. andere Gedächtnisinhalte / Enkodierungsprozessen Proaktive Interferenz: } Vorher gelernte Information stört die Speicherung neuer Informationen ¨ ¨ ¨ ¨ } } Vergessen im KZG durch proaktive Interferenz Retroaktive Interferenz } Neue Information stören den Abruf bereits gespeicherter Informationen ¨ 10 Keppel & Underwood, 1962 Rehearsal unterdrücken stört nicht die Speicherung des 1. Trigramms 1. Trigramm auch nach 18s noch behalten Auch 2. und 3. Trigramm noch recht gut nach 15 s behalten Gilt häufig für Abruf aus dem LZG Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Kurzzeitgedächtnis } Das TBRS-Modell } } Fokus: Verarbeitung und Speicherung im KZG } } Aufmerksamkeit ist eine begrenzte Ressource Speicherung von Inhalten nur möglich mit Aufmerksamkeit } } 11 Wichtige neue Annahme: Zeitabhängigkeit Annahme:Verarbeitung und Speicherung brauchen Aufmerksamkeit } } Time-based ressource model (Barrouillet & Camos, 2010) Gedächtnisspur zerfällt ohne Aufmerksamkeit (time-dependent decay) Gedächtnisspur kann aufgefrischt werden durch Aufmerksamkeit Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Kurzzeitgedächtnis } Das TBRS-Modell } } Doppelaufgabe } Aufgabe 1: Buchstaben merken (Speicherung / Storage) } Aufgabe 2: Zahlen vorlesen (Verarbeitung / Processing) Vorhersage: } } } Speicherungskapazität der Buchstaben abhängig von der Zeit und der Anzahl der Zahlen Cognitive load = Anzahl Zahlen/ pro Zeit Ergebnisse bestätigen Vorhersage http://www.tbrsmodel.com/index.php?page=model&id=2 12 Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Kurzzeitgedächtnis } } Annahme: KZG ist (nur) Übergangsstelle zum LZG Kritik: Zwischenspeicher ist nicht die einzige Funktion des KZG } } } Schnittstelle zwischen KZG und LZG „Arbeitsspeicher“ (Bsp.: Kopfrechnen) Arbeitsgedächtnis } Funktion } Informationen kurzfristig aufrechterhalten ¨ } } 13 Aus sensorischem Speicher und auch aus LZG Information modifizieren und aktualisieren Austausch ermöglichen Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Modell von Baddeley und Hitch (1974) } 14 Erweiterung von Baddeley (2000) Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Gedankenexperiment } } Der visuell räumliche Notizblock } } Aufrechterhaltung von sprachliche Informationen Die zentrale Exekutive } } Visuell-räumliche Vorstellungen Die phonologische Schleife } } Denken Sie an ihre Wohnung: Wie viele Fenster gibt es? Koordination der Prozesse Der episodische Puffer } 15 Übergang in das LZG Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Die phonologische Schleife } } } } Aufrechterhaltung von sprachlichen Informationen Ohne Rehearsal zerfällt die Information nach 1-2 Sekunden Akustische Informationen haben direkten Zugang } } Visuelle Informationen (z.B. Lesen) müssen erst in einen phonologischen Code umgewandelt werden Komponenten } } 16 Phonocological loop Passiver phonologischer Speicher zur unmittelbaren Sprachwahrnehmung akustischer Informationen Artikulatorischer Kontrollprozess, der visuellen Informationen Zugang zum phonologischen Speicher gewährt. Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Empirische Belege für die phonologische Schleife } } Phonologisch: Klang der Sprache / Sprachlaute Phonemähnlichkeitseffekt } Phonetisch ähnliche Worte schlechter kurzfristig behalten als unähnliche ¨ ¨ } Wortlängeneffekt } } Erinnerungsleistung abhängig von der Lesegeschwindigkeit der Wörter Irrelevanter Spracheffekt } Erinnerungsleistung an Wörter durch irrelevante Sprache gestört ¨ } Aber nicht durch andere Geräusche Artikulatorische Suppression } 17 Bsp.: Wonne, Sonne, Tonne vs. gross, riesig, mächtig Semantische Ähnlichkeit wenig relevant, semantische Verwechslung eher im LZG Unterdrückung der phonologischen Schleife durch Aussprechen ¨ Visuell dargebotene Wörter: Kein Wortlängeneffekt mehr, also keinen Eingang mehr in die Phonologische Schleife ¨ Gilt nicht für akustisch dargebotene Wörter Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Der visuell-räumliche Notizblock } } } Mentale Aufrechterhaltung von visuell-räumlichen Informationen Visuell-räumliche Repräsentation der Inhalte } } Kein sprachlicher Code Inhalte können räumlich verändert werden } } 18 Visual-spatial scetchpad Reaktionszeit abhängig von der Grösse der räumlichen Veränderung Bsp.: Drehung von räumlichen Figuren ist vom Drehwinkel abhängig Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Mental Rotation Test (Shepard & Metzler, 1971) 19 Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Modalitätsspezifische Interferenz } } Sprache stört sprachliche Aufgabe / Verarbeitung Visuell-räumliche Informationen stören visuell-räumliche Vorstellung } } } Gegenseitig nur geringe Störung Hinweis für Existenz von phonological loop vs.Visual-spatial scetchpad Doppelaufgabe } } Aufgabe 1: Räumliches Material merken vs. Sprachliches Material Aufgabe 2: visuell-motorische Tracking Aufgabe ¨ } Beispiele aus dem Alltag } Autofahren (visuell-räumlich) und Radio hören (sprachlich) ¨ 20 Ergebnis: Trackingaufgabe stört das Merken von räumlichen Material, aber nicht von sprachlichem Material Aber: Gegenseitige Störung über Aufmerksamkeitsverschiebung möglich Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Zentrale Exekutive } } Kontrolliert Subsysteme Weist die begrenzten Ressourcen den Subsystemen zu } } } Erklärt modalitätsunabhängige Interferenz } } Beispiel: Autofahren und Telefonieren Funktionen siehe Abschnitt „Exekutive Kontrolle“ } } } } 21 Bei Routinehandlungen wird die zentrale Exekutive nicht benötigt Nur bei anspruchsvollen / neuen (nichtalltäglichen) Prozessen notwendig Wechsel der Aufmerksamkeit zwischen Aufgaben (task shifting) Planung von Aufgaben zur Zielerreichung (planning) Selektive Aufmerksamkeit und Inhibition von aufgabenirrelevanten Informationen und Reaktionen (Inhibition) Aktualisierung und Überwachung des Arbeitsgedächtnisses (Updating) Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Arbeitsgedächtnis } Testbeispiele } Aufrechterhaltung } } Digit span Beispiel in Affen: ¨ } Aufrechterhaltung und UpDating } } } } } 22 http://www.youtube.com/watch?v=qyJomdyjyvM Der N-Back Test 0-Back: Drücken wenn ein X kommt 1-Back: Drücken, wenn ein Buchstabe mit dem vorherigen identisch ist 2-Back: Drücken, wenn ein Buchstaben mit dem vor-vorherigen identisch ist 3-Back:... Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 N-Back Test } Start 23 Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 N-Back Test } Stop } 36 Go back Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Take Home Messages } Exekutive Kontrolle } Umfasst u.a. planning, task shifiting, inhibition und updating Durch-/Ausführung der exekutiven Kontrolle: lateraler PFC (BA 9/46) } Konfliktdetektion: medialer PFC / ACC (BA 32/24) } } Fähigkeit zur Selbstkontrolle ist eine begrenzte Ressource } } Prozess der Gedächtnisbildung } } Ego-Depletion, Muskel-Metapher Enkodierung, Speicherung, Abruf Gedächtnissysteme (Mehrspeichermodell) } Sensorischen Kurzzeitgedächtnis, Kurzzeitgedächtnis, Langzeitgedächtnis } Kurzzeitgedächtnis und Gedächtnisspanne } Arbeitsgedächtnis } Erweiterung des Konzepts des Kurzzeitgedächtnisses } Modell von Baddely und Hitch (1974) } 37 Phonological loop visual-spatial sketchpad, central executive and episodic buffer Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Langzeitgedächtnis 38 Björn Rasch,Vorlesung Allgemeine Psychologie Uni FR 11.12.14 Gedächtnis } Gedächtnis als Prozess } } 39 3 Phasen der Gedächtnisbildung Enkodierung – Speicherung - Abruf Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Das Mehrspeichermodell } Das Mehrspeichermodell } 40 Atkinson & Shiffrin (1968) Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Sind KZG und LZG verschieden? } Serielle Positionskurve } Worte vorlesen (alle 3 Sekunden 1 Wort) } 41 Danach Abfrage aller Worte Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Sind KZG und LZG verschieden? } Primacy-Effekt } Items, die am Anfang der Liste standen, werden sehr gut erinnert } } Recency-Effekt } Items, die am Ende der Liste standen, werden sehr gut erinnert. } } } Z.B. in dreier Schritten rückwärts zählen Recency-Effekt verschwindet, Primacy Effekt bleibt Beschleunigung der Präsentationsrate } } Annahme: letzte Items sind noch im KZG Disktraktoraufgaben } } Annahme: erste Items sind bereits in das LZG überführt Primacy Effekt verschwindet, Recency Effekt bleibt Doppelte Dissoziation } } 42 Methode um zu zeigen, dass zwei Prozesse verschieden sind Da Primacy und Recency Effekte unterschiedlich moduliert werden, unterliegen ihnen verschiedene Prozesse => KZG und LZG sind verschieden! Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Historische Einführung } Hermann Ebbinghaus } «Vater» der experimentellen Gedächtnisforschung } } Gesamtzeithypothese } } Erforscht sich selbst; Material: sinnlose Silben lernen Je häufiger Silben wiederholt werden, desto besser ist das Gedächtnis nach 24 h Vergessenskurve Hermann Ebbinghaus 1850 - 1909 Ebbinghaus, 1885 43 Björn Rasch 11.12.14 Gedächtnisexperimente } Gedächtnisexperimente } } } Was beeinflusst den Lernerfolg? Problem der Standardisierung Mnemometer } } Gedächtnismessgeräte von griech. μνήμη mnémē, „Gedächtnis; Erinnerung“ http://vlp.mpiwg-berlin.mpg.de http://www3.uakron.edu Langzeitgedächtnis } } Ergebnisse von Ebbinghaus haben generell bis heute Bestand Kritik: } Gedächtnisleistung ist stark von Vorwissen abhängig } } Sinnlose Silben kein typisches Lernmaterial „Schematheorie“ (Bartlett, 1932) } } Vorhandene Wissensschemata erleichtern das Enkodieren von neuen Informationen Informationen können in vorhandenes Wissen integriert werden ¨ } Spacing } Verteiltes Lernen besser als massives Lernen ¨ } Zeitabstände / Pausen wichtig für die langfristige Enkodierung Optimaler Abstand zwischen Wiederholungen abhängig vom Behaltensintervall ¨ ¨ 45 Bsp.: Leichteres Nacherzählen von Geschichten aus eigenem vs. fremden Kulturkreis Abstand zwischen Wiederholung ca. 10-20% vom Behaltensintervall Bsp.: Behalten für 10 Wochen, Wiederholung ideal nach 1-2 Wochen Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Langzeitgedächtnis } Der Einfluss von Lernen und Abruf } Studie von Karpicke und Roediger ¨ } Lernen von 40 Englisch – Swahili Wortpaaren } } Gewusste abfragen Alle 40 Lernen ST STn Gewusste Lernen SnT SnTn 4 x 1 Lerndurchgang (Study, S) + 1 Abfragedurchgang (Test, T) ¨ Abfrage der Lernleistung nach 1 Woche 4 experimentelle Gruppen: ¨ ¨ ¨ ¨ 92 2008, Science Alle 40 abfragen ST: alle 40 Wortpaare werden in jedem Study-Durchgang gezeigt, alle 40 Wortpaare werden in jedem Testdurchgang abgefragt SnT: In jedem Study-Durchgang werden nur die nicht gewussten Wortpaare gezeigt, alle 40 Wortpaare werden in jedem Testdurchgang getestet STn: alle 40 Wortpaare werden in jedem Study Durchgang gezeigt, nur die nicht gewussten Wortpaare werden getestet SnTn: IN jedem Study Durchgang werden nur die nicht gewussten Wortpaare gezeigt, in jedem Testdurchgang nur die nicht gewussten getestet Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Langzeitgedächtnis } Einfluss von Lernen und Abfrage Karpicke und Roediger, 2008 93 Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Langzeitgedächtnis Lernkurve } Abfrage nach 1 Woche Einfluss von Lernen und Abfrage } Aktives Abfragen aller Wortpaar bei Wiederholungen für LZG essentiell !!!! } } Übung des Abrufs entscheidend für das Langzeitgedächtnis (passives) Wiederholen aller Wörter nicht notwendig ¨ } 94 Wiederholte (passive) Enkodierung der nicht gewussten Wortpaare ausreichend Alleiniges aktives Abfragen der nicht gewussten Wörter reicht nichts aus !!! } Typische „Karteikartenmethoden“ mit zurücklegen nicht empfehlenswert Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Langzeitgedächtnis } Hypermnesie } Multipler Abruf verbessert das Gedächtnis } Ohne weiteres Enkodieren von den nicht gewussten Items Langzeitgedächtnis } Annahme verschiedener Gedächtnisspeicher } Deklaratives Gedächtnis } Ursprünglich: „verbal reproduzierbares Gedächtnis“ ¨ } } Verbale Informationen,autobiographsche Erlebnisse, Fakten etc. Hippokampus als entscheidende Hirnstruktur ¨ } Deklarierbares Gedächtnis (to declare), explizites Gedächtnis Ohne Hippokampus keine neuen deklarativen Gedächtnisinhalte enkodierbar Non-deklaratives Gedächtnis } Motorisch-prozedurales Gedächtnis ¨ } Fähigkeiten / Fertigkeiten, wiederholtes Üben erforderlich Priming ¨ Vorher dargebotene Information beeinflusst spätere Informationsverarbeitung ¨ } Klassische Konditionierung } Non-assoziatives Lernen ¨ 96 unbewusster Prozess Habituation, Sensitivierung etc. Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Gedächtnissysteme Hippokampus notwendig für Enkodierung Hippokampus nicht notwendig für Enkodierung Squire & Zola, 1996 97 Björn Rasch 11.12.14 Prozedural-motorisches Gedächtnis } Beispiele Nicht-deklaratives Gedächtnis } Definition } } } Informationen nicht direkt verbalisierbar Wissen drückt sich primär in Verhalten aus Initiale Enkodierung primär von anderen Strukturen als Hippokampus abhängig } „Wissen“ kann auch ohne einen intakten Hippokampus erworben werden. ¨ } Bsp.: Patient H.M. kann Spiegelzeichnen-Aufgabe lernen Eigenschaften } Viele Wiederholungen (Üben, Training) notwendig für Enkodierung } Interaktionen mit deklarativem Gedächtnis möglich ¨ } Vergessensrate sehr gering } } 99 Z.B. Musikstück zunächst explizit-verbal erfasst, erst später durch Üben prozedural Auch ohne dass Fähigkeit zwischendurch ausgeführt wird Bsp.: Fahrradfahren oder Skifahren Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Nicht-deklaratives Gedächtnis } Prozedural-motorisches Lernen } Motorische Fähigkeiten } } Z.B. Fahrradfahren, Skifahren etc. kognitive Prozeduren (Regeln / Sequenzen) } Grammatik einer Sprache ¨ } Implizites Sequenzlernen ¨ 100 Typischer Test: artificial grammar learning Typischer Test: Serial Reaction Time Task (SRTT) PSSXTT VPVTXS Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Nicht-deklaratives Gedächtnis } Perzeptuelles Gedächtnis } Perzeptuelles Priming } } Klassische Konditionierung } } Kurzzeitige Darbietung eines Bildes unterhalb der Bewusstseinsschwelle beeinflusst späteres Verhalten Wiederholte gekoppelte Darbietung eines CS und US führt zu Lernen Non-assoziatives Lernen } Habituation, Sensitivierung etc. } Bsp.: Reflexlernen ¨ ¨ Aplysia (Schnecke) Eric Kandel ¨ 101 Nobelpreisträger Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Deklaratives Gedächtnis } Beispiele Verbales Gedächtnis Uhr - Gabel Räumliches Gedächtnis http://memory.psych.upenn.edu Deklaratives Gedächtnis } Patient H.M. (1926 – 2008) } Entfernung des medialen Temporallappen nach Epilepsie } } } Starke anterorade Amnesie Kann keine neuen deklarativen Informationen lernen } } Enthält Hippokampus Alte Erinnerungen intakt Lernen von prozeduralen Inhalten weiterhin möglich Verbales Gedächtnis Uhr - Gabel Deklaratives Gedächtnis in Tieren? } Räumliches Gedächtnis: Morris Water Maze } } http://www.jove.com/index/details.stp?ID=897 Lernen Stark abhängig von hippokampalen Läsionen Deklaratives Gedächtnis } Episodisches Gedächtnis } “…makes it possible for a person to be consciously aware of an earlier experience in a certain situation at a certain time” } } E. Tulving, 1993; S. 67 Enthält Inhalt + zeitlichen sowie räumlichen Kontext } Schnell erlernbar und lange gespeichert ¨ } } “one-trial learning” Bsp.: Erinnerung an den letzten Urlaub Semantisches Gedächtnis } } Nur Inhalt, ohne zeitlich / räumlichen Kontext Bsp.: Faktenwissen } 105 } Ernest Tulving Was ist die Hauptstadt von Paris? Prof. Dr. Björn Rasch 11.12.14 Gedächtnissysteme Hippokampus notwendig für Enkodierung Hippokampus nicht notwendig für Enkodierung Squire & Zola, 1996 106 Björn Rasch 11.12.14 Deklaratives Gedächtnis } } Wie kann das deklarative Gedächtnis gleichzeitig schnell lernen und lange speichern? Das 2-Speicher Modell } Schnell-lernendes Netzwerk } Schnelles Speichern } Schnelles Vergessen ¨ } Häufiges Training erforderlich ¨ } Reaktivierung Integration / Abstraktion Langfristige Speicherung ¨ } Übergangsspeicher Hippokampus Hippokampus Langsam lernendes Netzwerk } Erlebte Erinnerungsepisoden Neokortex Übergang von Übergangsspeicher (Hippokampus) in Langzeitspeicher (Neokortex) durch wiederholte Reaktivierung Langzeitspeicher Neokortex Marr et al., 1971 Rasch & Born, 2008 107 Prof. Dr. Björn Rasch 11.12.14 Deklaratives Gedächtnis } Abrufprozesse } Freie Reproduktion (free recall) } } } Unterstützte Reproduktion (cued recall) } } } Freies Abrufen der gelernten Information Bsp.: Liste von vorher gesehenen Worten aufschreiben Präsentation eines Abrufhinweises (retrieval cue) erleichtert Abruf Bsp.: Anfangsbuchstabe, erstes Wort beim Lernen von Wortpaaren (Vokabeln) Wiedererkennen (Recognition) } Präsentation von alten und neuen Informationen (Old vs. New) ¨ ¨ ¨ } Unterschiede in den Abrufprozessen } Gedächtnisleistung: Free recall < cued recall < recognition } Free / cued recall erfordern „Finden“ der Information im LZG, recognition nicht ¨ ¨ 108 Wiedererkennen basiert auf zwei verschiedenen Prozessen: Recollection: Wirkliches Erinnern der „alten“ Information Familiarity: stärkeres Bekanntheitsgefühl beim Sehen der „alten“ Information“ Häufiges Problem: Information im LZG gespeichert, kann aber nicht abgerufen werden „Blockierung“ der Information, Bsp.: Tip-of-the-Tongue Phänomen Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Deklaratives Gedächtnis } Kontexteffekte (state-dependent learning) } Räumlich-zeitlicher Kontext bei Enkodierung mit abgespeichert } } Teil der episodischen Gedächtnisspur Je stärker die Übereinstimmung von Enkodierungs-und Abrufkontext, desto besser der Abruf } Encoding specificity principle (E. Tulving) ¨ } Kontext sehr breit definiert } Räumlich-zeitlicher Kontext ¨ } } Entspannt vs. Angestrengt, Betrunken etc. Emotionaler Kontext ¨ } Blauer vs. roter Raum, Wasser vs. Land etc. Physiologischer Kontext ¨ stimmungsabhängiges Gedächtnis (fröhlich vs. traurig) Kognitiver Kontext ¨ 109 Cues, die während der Enkodierung präsent waren, fördern Abruf aus episodischem Gedächtnis Lernen in zwei Sprachen Godden & Baddeley 1975 Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Schlaf und Gedächtnis } Schlaf fördert die Konsolidierung von Gedächtnis. } Konsolidierung: Speicherung / Stabilisierung der Gedächtnisspur Lernen 110 Konsolidierung Abfrage Prof. Dr. Björn Rasch 11.12.14 Schlaf Wach REM N1 N2 N3 N1 N2 EOG SWS REM Slow Wave Spindel REM EEG K-Komplex 111 Prof. Dr. Björn Rasch 11.12.14 Schlaf und Gedächtnis Jenkins & Dallenbach 1924, Am. J. Psychol. nach Rasch & Born, Physiol. Rev. 2013 112 Björn Rasch 11.12.14 Fehlleistungen des Gedächtnisses } Die 7 „Sünden“ des deklarativen Gedächtnisses (Schacter 2003) 113 Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Take-Home Messages } Arbeitsgedächtnis } } Erweiterung des Konzepts des Kurzzeitgedächtnisses Modell von Baddely und Hitch (1974) } } } Phonological loop, visual-spatial sketchpad, central executive and episodic buffer Artikulatorische Suppression, Mental rotation task, N-Back Task Langzeitgedächtnis } } Vergessenskurve (Ebbinghaus): Je länger das Behaltensintervall, um so mehr vergessen Enkodierungsprozesse } Schematheorie: Güte der Enkodierung von Vorwissen / Integrationsmöglichkeit abhängig } Levels of processing Ansatz: Tiefe der Enkodierung beeinflusst LZG ¨ } } Transferadäquate Verarbeitung, Generierungseffekt, Organisation Bei Wiederholung: Aktives Abrufen aller (!) Items entscheidend für langfristiges Speicherung Gedächtnissysteme } } 114 Deklaratives Gedächtnis: } Episodischen Gedächtnis vs. Semantisches Gedächtnis } Enkodierung abhängig vom Hippokampus Non-deklaratives Gedächtnis Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Take-Home Messages } Gedächtnissysteme } } Deklaratives Gedächtnis: } Episodisches Gedächtnis vs. Semantisches Gedächtnis } Schnelle Enkodierung und (relativ) langes Erinnern, Enkodierung abhängig vom Hippokampus } 2 Speicher Modell, Übergangsspeicherung (Hippokampus) und langfristiger Speicher (Neokortex) Non-deklaratives Gedächtnis } Motorisch-prozedurales Gedächtnis, Priming, Klassische Konditionierung, Non-assoziatives Lernen } Schwer verbalisierbar, Wissen drückt sich in Verhalten aus } Enkodierung erfordert wiederholtes Üben, nach Wissenserwerb nur geringes Vergessen Enkodierung nicht vollständig vom Hippokampus abhängig } } Abrufprozesse im deklarativen Gedächtnis } Free recall, cued recall und recognition } } Bei Wiederholung: Aktives Abrufen aller (!) Items entscheidend für langfristige Speicherung Kontexteffekte (State-dependent learning; Cue-specificity principle) } Schlaf verbessert die Gedächtniskonsolidierung } Fehlleistungen des deklarativen Gedächtnisses } 115 Zerfall, Geistesabwesenheit, Blockierung, Fehlattribution, Beeinflussbarkeit,Verzerrung, Persistenz Allg. 1 Björn Rasch Unifr 11.12.14 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 116 Allg. Psychologie Björn Rasch Uni FR 11.12.14