Markenpolitik für Städte und Regionen

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Städte und Regionen als Marke
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Markenpolitik für Städte und Regionen, in: M. Bruhn (Hrsg.),
Handbuch Markenartikel, 2. Aufl., Wiesbaden 2004, Band 3,
S. 2357-2374.
Ingo Balderjahn
Markenpolitik für Städte und Regionen
1. Marketing für Städte und Regionen
2. Städte und Regionen als Marke
2.1
Der Markenbegriff für Städte und Regionen
2.2
Besonderheiten der Markenpolitik von Städten und Regionen
2.3
Markenpolitische Strategien von Städten und Regionen
2.4
Gestaltung von Stadt- und Regionenmarken
3. Fazit
4. Literatur
Univ-Prof. Dr. Ingo Balderjahn ist Inhaber des Lehrstuhls für Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing an der Universität Potsdam.
Marketing für Städte und Regionen
2
1.
Marketing für Städte und Regionen
Die Internationalisierung und Globalisierung der Weltwirtschaft haben auch zu
einem globalen Wettbewerb zwischen Nationalstaaten, Regionen und Städten
dieser Welt um ansiedlungswillige Investoren (z.B. private Unternehmen, internationale Organisationen) geführt. Globale Unternehmensstrategien, rasante
Entwicklungen im IT-Bereich sowie Fortschritte in der Logistik und bei den
Transportsystemen senken erheblich Transaktionskosten und ermöglichen multinationalen Konzernen, ihre Wertschöpfungsaktivitäten grenzüberschreitend zu
konfigurieren und zu optimieren (Welge/Holtbrügge 2001, S. 141ff.). Auf einzelne Länder, Städte oder Regionen entfallen dann stark spezialisierte Unternehmensteile, die sich an den jeweiligen lokalen komparativen Wettbewerbsvorteilen orientieren. Dadurch wird der globale Ansiedlungswettbewerb begünstigt und der „Markt für Wirtschaftsstandorte“ gleicht immer mehr einem Käufermarkt (Balderjahn 2000, S. 3ff.). In Konkurrenz stehen Städte und Regionen
aber nicht nur bei Investoren, sondern auch bei qualifizierten (internen und externen) Fach- und Führungskräften, Touristen und Bürgern. Als Reaktion auf
diesen weltweiten Wettbewerb bilden sich große Metropolitanregionen heraus.
In Deutschland gehören wohl Berlin, München, die Rhein-Main-Region sowie
das Ruhrgebiet dazu.
In vielen Städten und Regionen Deutschlands sind Verantwortliche der Meinung,
dass nur ein professionell eingesetztes Marketing die Wettbewerbsposition ihrer
Stadt bzw. ihrer Region verbessern kann. Von den vielen Stadtmarketingaktivitäten seien nur als Beispiele die von Bremen, Basel, Dortmund, Hannover, Karlsruhe, Leipzig, Mannheim, Regensburg und Ulm genannt. Regionenmarketing
wird beispielsweise betrieben für die Regionen Rhein-Neckar-Dreieck, Ruhrge-
Städte und Regionen als Marke
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biet, Münsterland (Aktion Münsterland e.V.), Ost-Westfalen-Lippe (OstWestfalenLippe-Marketing GmbH) und Oberfranken (Oberfranken Offensiv e.V.). Ziel
des Marketing für Städte und Regionen ist es, eine Stadt oder Region für solche
(internen und externen) Unternehmen, Organisationen, Institutionen und Personen attraktiv zu machen, die mehr Wohlstand und Lebensqualität in die Stadt
bzw. Region bringen. Um das zu erreichen, müssen sich Städte und Regionen
durch ein Angebot attraktiver Leistungen für ihre Zielgruppen (private Unternehmen, nationale, internationale und supranationale Organisationen, Verbände, Touristen, Fach- und Führungskräfte und Bürger) ein einzigartiges, unverwechselbares und wettbewerbsfähiges Image und Profil schaffen (vgl.
Rossi/Steiger 1994). Das von den Zielgruppen wahrgenommene Profil einer
Stadt oder Region setzt sich aus den sachlichen und emotionalen Eindrücken
von dieser Region bzw. Stadt zusammen. Wahrnehmungspsychologisch bestimmt das aus mehreren Facetten bzw. Dimensionen bestehende Regionsbzw. Stadtprofil die Position, die eine Stadt oder Region „in den Köpfen“ der
Menschen in Relation zu anderen Städten und Regionen einnimmt.
Marketing für Städte und Regionen hat die Bereitstellung und das Angebot von
solchen Leistungen zum Ziel, die es dem Nachfrager ermöglichen, einen hohen
und einzigartigen Nutzen aus der „Inanspruchnahme“ der Stadt oder Region zu
ziehen. So benötigt der auswärtige Investor eine umfassende Information, Beratung und günstige Finanzierungskonditionen, um einen optimalen Standort für
sein Projekt zu finden (Standortmarketing; vgl. Balderjahn 2000). Der Tourist
sucht attraktive Destinationen mit ansprechenden Hotels und Restaurants (Destinationsmarketing) sowie interessante Unterhaltungs- und Entspannungsmöglichkeiten (Event- und Kulturmarketing); Fach- und Führungskräfte sowie einheimische Bürger benötigen adäquate Arbeitsplätze (Fach- und FührungskräfteMarketing) und erwarten attraktive Einkaufsmöglichkeiten (City-Marketing). Das
Marketing für Städte und Regionen kann, wie das klassische Marketing, als eine
Marketing für Städte und Regionen
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Konzeption der Unternehmensführung aufgefasst werden, nach der alle stadtoder regionsspezifischen Aktivitäten an den Chancen und Risiken des Marktes
für Städte und Regionen, insbesondere an den Erwartungen und Bedürfnissen
der Zielgruppen, ausgerichtet werden. Allerdings müssen Besonderheiten für
das Städte- bzw. Regionenmarketing berücksichtigt werden, die sich insbesondere daraus ergeben, dass eine Stadt bzw. eine Region
selbst ein Gut darstellt, das in Anspruch genommen werden kann (Region bzw.
Stadt als „Produkt“),
Leistungen anbietet (Stadt bzw. Region als „Produzent“ von regionen- bzw. stadtspezifischen Produkten und Dienstleistungen) und
sich selbst „vermarktet“ (Region bzw. Stadt als Träger des Regionen- bzw. Städtemarketing)
(vgl. Schaubild 1).
Region bzw. Stadt
als „Leistungsbündel“
Region bzw. Stadt
als Dienstleister
Die Region bzw. Stadt als Träger des Marketing
Strategische Analyse der Region bzw. Stadt
Leitbilder und Ziele für die Region bzw. Stadt
Strategien für die Region bzw. Stadt
Instrumente des Regionen- bzw. Städtemarketing
Leistungspolitik
Markenpolitik
Kommunikationspolitik
Kundenbeziehungspolitik
Schaubild 1: Die Region bzw. Stadt als „Leistungsbündel“, „Dienstleister“ und
„Marketingorganisation“ in einem.
Städte und Regionen als Marke
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Um diese unterschiedlichen Funktionen oder „Rollen“ der Stadt bzw. Region
verstehen zu können, muss vorab der Regionenbegriff präzisiert werden. Die
Region bzw. Stadt umfasst einen bestimmten historisch und kulturell gewachsenen, geografisch abgrenzbaren Raum sozial und wirtschaftlich miteinander verflochtener Akteure der Stadt bzw. Region. Der Regionenbegriff ermöglicht als
gedankliches Konstrukt die Reduktion und Abbildung komplexer sozioökonomischer Zusammenhänge auf ihre räumliche Dimension (vgl. Kirchgeorg 2002, S.
380). Regionen entwickeln sich unabhängig von den jeweiligen Stadt-, Kreisoder Landesgrenzen (Balderjahn/Aleff 1996, S. 13). Somit kann die Region oder
Stadt als ein räumlich abgrenzbares, sozioökonomisches System aufgefasst
werden, das ansässige Bewohner, Unternehmen, Verbände, Organisationen
und Institutionen, kulturelle Einrichtungen, Vereine, Wirtschaftsförderungsgesellschaften und kommunale Einrichtungen sowie die politische Führung ebenso
umfasst wie die sozialen, politischen und ökonomischen Beziehungen dieser
Akteure untereinander.
Die Stadt bzw. Region als „Leistungsbündel“
Auf Wirtschaftsaktivitäten bezogen sind Städte und Regionen geografisch abgrenzbare „Orte“, in denen Wirtschaftsgüter produziert, vermarktet und in Anspruch genommen werden. Das Marketing hat die Gestaltung (z.B. Architektur,
Infrastruktur) und Bündelung (Vernetzung komplementärer Leistungen) aller
stadt- bzw. regionsspezifischen Sach- und Dienstleistungen zur Aufgabe. Hierbei gilt es, spezifische Merkmale von Stadt- bzw. Regionenleistungen zu beachten:
es gibt oft nicht nur einen Anbieter städtischer oder regionaler Leistungen, sondern unterschiedliche, aus privaten und öffentlichen Unternehmen, Institutionen,
Vereinen und kommunalen Einrichtungen zusammengesetzte Netzwerke mit verschiedenen Leistungsangeboten und Leistungsaufträgen,
Marketing für Städte und Regionen
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die Qualität des Leistungsangebots ist abhängig von der Leistungsfähigkeit einzelner Anbieter sowie der jeweiligen lokalen Netzwerke,
das Leistungsangebot ist vielfältig und auf unterschiedliche Zielgruppen ausgerichtet,
der überwiegende Teil des Leistungsangebots sind Dienstleistungen (z.B. Wirtschaftsförderung, Tourismus) und
die Leistungsinanspruchnahme bzw. Nutzung von Stadt- bzw. Regionen erfordert
eine Beteiligung der Kunden (Integration des externen Faktors).
Städtische bzw. regionsspezifische Leistungen sind zum großen Teil Dienstleistungen (z.B. Information, Beratung, Finanzierung, touristische und kulturelle
Angebote). Deshalb weist das Marketing für Städte und Regionen starke Bezüge zum Dienstleistungsmarketing auf. Nach allgemeiner Auffassung sind Dienstleistungen intangibel und erfordern bei der Bereitstellung eine Beteiligung des
Kunden (Integration des externen Faktors) (vgl. z.B. Bruhn 2001, S. 213; Stauss
2001, S. 553). Stadt- und Regionenmarketing hat die Besonderheiten des
Dienstleistungsmarketing zu beachten (vgl. Meffert/Bruhn 2003, S. 60ff.). Insbesondere aus der Intangibilität, der „Nichtgreifbarkeit“ von Dienstleistungen, ergibt
sich die besondere Notwendigkeit der Markierung von Städten und Regionen
(Stauss 2001, S. 556; vgl. Kap. 2.2.).
Die Stadt bzw. Region als „Dienstleister“
Die regionalen Akteure aus Wirtschaft (z.B. Hoteliers, Einzelhandel, Wirtschaftskammern), Verbänden, Medien, Verwaltung (z.B. kommunale Wirtschaftsförderung), Politik (z.B. Bürgermeister), Wissenschaft (z.B. Universitäten), Kultur (z.B.
Museen) und Freizeit (z.B. Sport) sowie alle Bürger nehmen nicht nur regionale
Leistungen für sich selbst in Anspruch (z.B. Gesundheitsversorgung, Infrastruktur), sondern stellen gleichzeitig in Kooperation miteinander diese Leistungen für
sich und für andere (z.B. externe Zielgruppen) bereit. Die Region bzw. Stadt
stellt unter Beteiligung mehrerer unabhängiger, kooperativer und vernetzter Ak-
Städte und Regionen als Marke
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teure spezifische Dienstleistungen bereit. Dezentral, im Raum verteilt erbrachte
Einzelleistungen müssen zu einem attraktiven Leistungsprofil für die Region
bzw. Stadt zusammengefasst und stabil vernetzt werden. Eine Möglichkeit, die
Vielzahl einzelner, auch recht unterschiedlicher regionaler Leistungsträger und
-angebote (z.B. Wirtschaftsförderung, Freizeit-, Sport- und Kulturangebote,
technische und soziale Infrastrukturangebote) auch nach außen hin sichtbar
zusammenzufassen, ist die Schaffung einer Stadt- oder Regionenmarke in Form
einer Dachmarke (vgl. Kap. 2.3).
Die Stadt bzw. Region als „Marketingorganisation“
Die einzelnen städtischen und regionalen Akteure sind nicht nur (interne) Kunden und Produzenten, sondern auch die Verantwortlichen bzw. Organisatoren
des Stadt- bzw. Regionenmarketing. In ihrer Gemeinschaft stellen sie eine „virtuelle Marketingorganisation“ dar. Solche lokalen Trägerorganisationen sind
geprägt von unterschiedlichen Interessen, Einflussmöglichkeiten, Verantwortungs- und Entscheidungsbefugnissen der einzelnen Akteure und einer pluralistischen, dezentralen Willensbildung und Entscheidungsfindung (vgl. Meffert
1989, S. 274). In Bremen ist beispielsweise die Bremer Investitions-Gesellschaft
mbH (BIG) für das Standortmarketing, die Bremer Marketing GmbH (BMG) für
das Stadtmarketing und die City-Initiative e.V. sowie der City-MarketingVegesack e.V. für das City-Marketing zuständig (Schrader 2001, S. 17). Der
Marketingorganisation einer Stadt bzw. Region kommt die Aufgabe zu, alle Aktivitäten, die für die Planung eines Stadt- bzw. Regionenmarketing-Konzepts und
dessen Umsetzung und Kontrolle erforderlich sind, durchzuführen. Wie dem
Schaubild 1 zu entnehmen ist, gehört dazu die Durchführung einer Analyse der
Stärken und Schwächen sowie Chancen und Risiken einer Stadt bzw. einer Region, die Entwicklung und Festlegung von Leitbildern und Strategien für die Region bzw. Stadt und die Umsetzung der Strategien in geeigneten Maßnahmen.
Neben der Leistungs- und Kommunikationspolitik sowie geeigneten Maßnahmen
Marketing für Städte und Regionen
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des Relationship-Marketing kommt es insbesondere auf die erfolgreiche Entwicklung der Stadt bzw. Region zu einem „Markenprodukt“ an.
Zielgruppen bewerten und entscheiden über regionale und städtische Angebote
anhand von bestimmten Kriterien, die bei Fragen der Unternehmensansiedlung
auch als Standortfaktoren bezeichnet werden (Balderjahn 2000, S. 40). Die
Stadt bzw. Region ist als „Produkt“ kaum vergleichbar mit einem klassischen
Konsumprodukt, weil es sich hierbei um ein wenig griffiges (intangibles), vielschichtiges und komplexen Bündel komplementärer und regional vernetzter Einzel(dienst-)leistungen der Stadt bzw. Region handelt. Dem Nachfrager fehlen oft
spezifische Kriterien, um dieses Leistungsangebot beurteilen zu können. Die
Markenpolitik von Städten bzw. Regionen ist deshalb das geeignete Mittel, um
die Stadt bzw. Region bei den Zielgruppen „sichtbar“, identifizierbar, bekannt und
von anderen Städten und Regionen unterscheidbar zu machen,
die Stadt bzw. Region als „Qualitätsprodukt“ zu profilieren,
den Bedarf der Zielgruppen auf das eigene Leistungsangebot zu lenken und um
Vertrauen, Reputation und ein positives Image bei relevanten Zielgruppen aufzubauen.
2.
Städte und Regionen als Marke
2.1 Der Markenbegriff für Städte und Regionen
Die Markenpolitik spielt seit einiger Zeit wieder eine bedeutende Rolle im Marketing (Esch 2002, S. 191). Das liegt einerseits an dem Nutzen von Marken für die
Nachfrager und andererseits an dem Wert einer Marke für das Unternehmen
(Meffert et al. 2002, S. 4f.). Damit stellt sich die Frage, ob der vom klassischen
„Markenartikel“ entwickelte Markenbegriff auch auf Städte und Regionen über-
Städte und Regionen als Marke
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tragen werden kann. Je nachdem welcher Ansatz der Markentheorie (funktions-,
merkmals- oder wirkungsorientierter Ansatz) verfolgt wird, kann die Marke unterschiedlich definiert werden. Das Markenartikelgesetz betont die unterscheidungsfähige Markierung und das gewerbliche Schutzrecht einer Marke. Die
Funktionen, die Marken für Konsumenten (z.B. Orientierungs- und Identifikationsfunktion), aber auch für Hersteller (z.B. Differenzierung und Kundenbindung)
haben, können ebenso zur Definition von Marken herangezogen werden wie die
Merkmale von Marken (z.B. hohe Qualität, Ubiquität) (vgl. Esch 2002, S. 191;
Meffert et al. 2002, S. 9ff.). Im Marketing scheint sich der verhaltenswissenschaftliche bzw. wirkungsbezogene Markenbegriff durchgesetzt zu haben
(Kirchgeorg 2002, S. 378), wonach eine Marke als Vorstellungsbild „in den Köpfen der Konsumenten“ existiert (Esch 2002, S. 191). Nach Meffert et al. (2002,
S. 6) ist die „Marke ein in der Psyche des Konsumenten ... fest verankertes, unverwechselbares Vorstellungsbild von einem Produkt oder einer Dienstleistung“.
Nach dieser Begriffsauffassung definieren wir die Stadt- bzw. Regionalmarke als
marketingpolitisches Konzept eines lebendigen, unverwechselbaren und attraktiven („inneren“) Bildes, das sich Nachfrager von einer Stadt bzw. einer Region
machen sollen (vgl. Schaubild 2).
Vorstellungsbilder von Städten und Regionen sind unabhängig von ihrem Entstehungsprozess geprägt durch die Art (emotional vs. kognitiv, verbal vs. nonverbal), Anzahl bzw. Komplexität, Einzigartigkeit und Wertigkeit (positiv vs. negativ) von Assoziationen, die die Nachfrager mit der jeweiligen Stadt bzw.
Region verbinden. Diese Assoziationen prägen gleichzeitig das Image einer
Stadt bzw. Region (Esch 2003, S. 73ff.). Oft weisen Stadt- bzw. Regionenbilder
mehrere Facetten auf, so dass beispielsweise „Wirtschaftsbilder“ (z.B. Messestadt Hannover), „Kulturbilder“ (z.B. Mailänder Scala), „Geschichtsbilder“ (z.B.
Paulskirche in Frankfurt am Main) oder „Raumbilder“ (z.B. Berlin an der Spree)
unterschieden werden können (Grabow et al. 1995, S. 106ff.).
Marketing für Städte und Regionen
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Reize:
Sprachlicher
Reiz
visueller
Reiz
weitere
nichtsprachliche Reize
Markenname
Bilder
reale Eindrücke
kein äußerer
Reiz
Beispiel:
interne
Instruktionen
interne
Repräsentation
sprachliche
sprachliche
Repräsentation
Repräsentation
Verarbeitungssystem
verbales
verbales
System
System
WahrnehmungsWahrnehmungsbild
bild
bildliches
bildliches
System
System
Gedächtnisbild
Gedächtnisbild
Marke
Quelle: in Anlehnung an: Kroeber-Riel/Weinberg: Konsumentenverhalten, 8. A. 2002, S. 351
Schaubild 2: Die Stadt- bzw. Regionenmarke als Vorstellungsbild (Gedächtnisbild) am Beispiel der „Stadtmarke Potsdam“
Diese, als „innere Bilder“ definierten Marken von Städten- bzw. Regionen
sind das Ergebnis von gezielt eingesetzten Marketingmaßnahmen und persönlichen Erfahrungen der Kunden,
sind im Gedächtnis der Konsumenten gespeichert (Gedächtnisbilder),
umfassen sowohl gedankliche (kognitive) als auch emotionale (affektive) Vorstellungen von den Städten und Regionen. Esch (2003, S. 68) hebt den kognitiven
Aspekt von Markenbildern stark hervor und betont die Bedeutung von Markenschemata (komplexe Wissenseinheiten). Eine hierarchische Strukturierung von
Wissen ist nach diesem Ansatz allerdings ebenso wenig möglich (vgl. dazu den
Means-end-Chains-Ansatz; Balderjahn/Will 1998) wie die Berücksichtigung visueller und emotionaler Bestandteile des Markenbildes (vgl. Schaubild 2),
bestimmen als „weiche Standortfaktoren“ Einstellungen, Image und Präferenzen
und
treten in konkreten Entscheidungssituationen ins Bewusstsein der Nachfrager und
erhöhen die Kauf- bzw. Nutzungswahrscheinlichkeit
(vgl. Meffert et al. 2002, S. 7f.; Kroeber-Riel/Weinberg 2003, S. 350ff.).
Städte und Regionen als Marke
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Die Wirkung von Stadt- bzw. Regionenmarken auf die Präferenzen und das
Verhalten der Zielgruppen ist um so stärker, je klarer und deutlicher (lebendiger)
die Vorstellungen von dieser Stadt bzw. Region sind (Kroeber-Riel/Weinberg
2003, S. 352). Da die Marke nach der zugrunde gelegten Definition ein „sozialpsychologisches Phänomen“ verkörpert, muss im Mittelpunkt einer städtischen
bzw. regionalen Markenpolitik der Aufbau und die Festigung eines lebendigen
und einzigartigen Vorstellungsbildes von der Stadt bzw. Region stehen, das
Vertrauen, Sympathie und Sicherheit ausstrahlt (Meffert/Bruhn 2003, S. 395) .
2.2 Besonderheiten der Markenpolitik von Städten und
Regionen
Eine Marke bietet Städten und Regionen die Möglichkeit der Differenzierung und
Positionierung gegenüber konkurrierenden Städten und Regionen. Da sich städtische und regionale Leistungen oft ähnlich sind (z.B. öffentlicher Nahverkehr,
Gesundheitsversorgung), müssen Städte und Regionen nach Alleinstellungsmerkmalen suchen bzw. diese geschickt kreieren und mit Hilfe der Marke kommunizieren. Bremen ist beispielsweise durch seinen Tiefseehafen zu einem „logistischen Wertschöpfungszentrum“ geworden, Hannover ist die „Stadt der
CeBIT“, Leipzig hat den größten europäischen Bahnhof mit 140 Läden und
30.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und Potsdam wäre ohne das Schloss
Sanssouci kaum denkbar (vgl. Schrader 2001, S. 16ff.).
Marken sorgen für eine hohe Bekanntheit der Stadt oder Region, prägen deren
Image und schaffen Präferenzen bei den Zielgruppen, erwecken Vertrauen und
Sympathie und können Kunden langfristig an die Stadt oder Region binden (vgl.
Esch 2003, S. 61ff.; Meffert et al. 2002, S. 11f.). Darüber hinaus eignen sich
Marken gut zur differenzierten Ansprache der unterschiedlichen Zielgruppen von
Städten und Regionen. Wollen Städte und Regionen diese Vorteile von Marken
12
Marketing für Städte und Regionen
zur Schaffung von Wettbewerbsvorteilen nutzen, müssen strategische und operative Besonderheiten der Markenpolitik von Städten und Regionen beachtet
werden.
Insbesondere wegen des Dienstleistungscharakters städtischer und regionsspezifischer Leistungen (Information, Beratung, Finanzierung, Erholung, Events,
Messen, Kulturangebote, Arbeitsplatzangebote u.v.m.) und des damit verbundenen hohen Intangibilitätsgrades dieser Leistungen ergibt sich die Notwendigkeit
ihrer Markierung (vgl. Bruhn 2001, S. 214; Stauss 2001, S. 554ff.). Unter Intangibilität wird eine mangelnde physische Greifbarkeit und damit verbunden die Unsicherheit der Qualitätseinschätzung bei Dienstleistungen verstanden (Stauss
2001, S. 553). Infolge der hohen Intangibilitätsbestandteile städtischer und regionaler Leistungen ist bei diesen Gütern auch der Anteil an so genannten Vertrauenseigenschaften („credence qualities“) hoch (vgl. Schaubild 3). Hierbei
handelt es sich um Eigenschaften, die von Kunden grundsätzlich nicht hinsichtlich ihrer Qualität beurteilt werden können, so dass der Kunde den Aussagen
der Anbieter vertrauen muss. In dieser Situation erhöhter Entscheidungsunsicherheit und hoher subjektiv wahrgenommener Kaufrisiken kann eine eingeführte Marke dem Kunden als Schlüsselinformation (information chunk) und Vertrauenssignal (signaling) für die Glaubwürdigkeit des Leistungsversprechens
und für die Qualität der angebotenen Leistung dienen (vgl. Stauss 2001, S. 556).
Durch Marken können Städte und Regionen Vertrauen und Sicherheit beim
Kunden schaffen.
Städte und Regionen als Marke
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schwer zu bewerten
Beratung
Information
Finanzierung
überwiegend
Dienstleistung
überwiegend
„credence qualities“
Bildung
touristische Leistungen
Events
kulturelle Leistungen
überwiegend
Sachleistung
überwiegend
„experience qualities“
Personalausweise
Verkehrsanbindungen
Grundstücke
Architektur/Stadtbild
überwiegend
„search qualities“
Wohnungen
leicht zu bewerten
Quelle: in Anlehnung an Zeithaml 1981
Schaubild 3: Dienstleistungscharakter des Leistungsangebots von Städten und
Regionen
Um im Wettbewerb erfolgreich bestehen zu können, müssen Städte und Regionen, insbesondere für die externen Zielgruppen, erkennbar sein, sie müssen ein
„Gesicht“ haben, damit sie als eine in sich geschlossene Leistungseinheit identifiziert und angesprochen werden können (one-face-to-the-customer Prinzip).
Regionen- bzw. Städtemarken bilden visuelle Identifikations- bzw. Kristallisationskerne für das Leistungsangebot der Region bzw. Stadt und können Zielgruppen als Orientierungshilfe bei Entscheidungen über die Inanspruchnahme regionaler Leistungen dienen (Kirchgeorg 2002, S. 376f.). Erst durch die Markierung
ist es möglich, einer Stadt oder einer Region Konturen zu geben, sie überall dort
„sichtbar“, bekannt und identifizierbar zu machen, wo Nachfrager auf Leistungsangebote der Stadt oder der Region treffen. Stadt- und Regionenmarken sind
spezielle Dienstleistungsmarken (vgl. Schaubild 4).
14
Marketing für Städte und Regionen
Schaubild 4: Beispiele für Regionen- und Städtemarken in Deutschland
Die Markenpolitik kann zur Identifizierung und Profilierung einer Stadt bzw. Region einen entscheidenden Beitrag leisten. Deshalb ist es das Ziel einer professionellen Markenpolitik, „intangible“ Städte und Regionen durch eine Marke zu
visualisieren und im Wettbewerb zu differenzieren und zu positionieren (vgl.
Schleusener 2002, S. 268f.). Eine Differenzierung ist insbesondere über die
Vermittlung eines spezifischen „psychologischen Zusatznutzens“ (Meffert et al.
2002, S. 5) durch eine Marke möglich. Die Markenpositionierung ist eine wichtige kunden- und wettbewerbsorientierte Strategie. Sie zielt darauf, dem Leistungsangebot einer Stadt bzw. Region ein unverwechselbares, von anderen
Städten und Regionen unterscheidbares Profil zu geben und „in den Köpfen“ der
Menschen zu verankern (vgl. Köhler 2001). Differenzierung und Positionierung
sind für Dienstleistungen noch wichtiger als für Sachleistungen, da Dienstleistungen oft austauschbarer, leichter zu imitieren und schwieriger zu patentieren
sind (Stauss 2001, S, 557; Schleusener 2002, S. 268). Durch Marken können
sich Städte und Regionen im Markt der Konkurrenzangebote ein einzigartiges
Profil geben (vgl. Schaubild 5).
Städte und Regionen als Marke
15
Leistungsangebot von Städten und Regionen
„konsumentengerichtet“
„wettbewerbsgerichtet“
hohe Intangibilitätsgrade
Erfahrungs- und Vertrauenseigenschaften
leichte Imitierbarkeit
Ähnlichkeit der Leistungen
begrenzte Reversibilität
begrenzte Patentierbarkeit
hohes subjektiv
wahrgenommenes Kaufrisiko
für den Konsumenten
Austauschbarkeit städtischer
und regionaler Dienstleistungen
Schaffung von Sicherheit
und Vertrauen
Differenzierung des
Leistungsangebots
Stadt- bzw. Regionenmarke
Quelle: in Anlehnung an
Tomczak/Brockdorff 2000, S. 491
Schaubild 5: Gründe für Stadt- und Regionenmarken
Die Markierung von Dienstleistungen weist besondere Probleme auf, die bei der
Markenpolitik für Städte und Regionen beachtet werden müssen (vgl. Meffert/Bruhn 2003, S. 399ff.):
Problem der Visualisierung und Profilierung der Leistungen einer Stadt oder einer
Region durch eine Marke und
Problem der Sicherung der Qualitätskonstanz der Leistungen von Stadt- bzw.
Regionenmarken.
Eine „physische“ Markierung in Form von Wort-, Bild- oder Kombinationsmarken
kann einer Stadt oder Region nicht angeheftet oder angeklebt werden. Es müssen dafür Surrogate bzw. alternative Markierungsobjekte gefunden werden (Meffert/Bruhn 2003, S. 400ff.). Vorgeschlagen wird, im Umfeld des Leistungsangebots und der Leistungserbringung, dort wo der Nachfrager Kontakt mit den
städtischen und regionalen Leistungsträgern aufnimmt, nach Möglichkeiten der
Markierung zu suchen (vgl. Bruhn 2001, S. 215). Prinzipiell können dafür Kon-
Marketing für Städte und Regionen
16
taktobjekte und Kontaktpersonen aus der Stadt bzw. der Region (intern) oder
von außerhalb (extern) für diesen Zweck eingesetzt werden (vgl. Schaubild 6).
Kontaktträger
Extern
Intern
Verfügungsbereich
Kontaktobjekte (Sachen)
Kontaktsubjekte (Personen)
Externe Kontaktobjekte
Externe Kontaktsubjekte
Andenken (Souvenirs)
Geschenke (z.B.
Kugelschreiber)
Aufkleber
Buttons
Textil-Merchandising-Artikel
(T-Shirt, Base caps)
Interne Kontaktobjekte
Interne Kontaktsubjekte
einheitliche (Zusatz-)
Markierung von Gebäuden,
Fahrzeugen etc. regionaler
Anbieter (z.B. Wirtschaftsförderung, Hotels)
Einheitliche Bekleidung (mit
Markierung) der Mitarbeiter
städtischer bzw. regionaler
Anbieter
Markierung von
Informationsbroschüren,
Videos, DVDs, Internet
Quelle: in Anlehnung an Bruhn 2001, S. 215; Meffert/Bruhn 2003, S. 401
Schaubild 6: Surrogate einer Markierung von Städten und Regionen
Die Marke soll die Stadt bzw. Region nicht nur für den Nachfrager bekannt machen und ihm eine Orientierung geben, sondern die Marke muss auch zur Präferenzbildung die Einzigartigkeit der Stadt bzw. Region und damit den komparativen Leistungsvorteil symbolisieren bzw. kommunizieren können. Dies ist bei der
Markengestaltung u.a. durch die Verwendung leicht interpretierbarer Symbole
oder Sprachergänzungen möglich (Meffert/Bruhn 2003, S. 402). Städtische und
regionale Anbieter bzw. Anbieternetzwerke und –kooperationen (z.B. Amt für
Wirtschaftsförderung, regionale Infrastruktureinrichtungen wie Müllabfuhr, öffentlicher Nahverkehr, Energie- und Wasserversorgung) müssen für den Nachfrager
erkennbar sein.
Städte und Regionen als Marke
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Die Gewährleistung einer einheitlich hohen und im Zeitablauf konstanten oder
verbesserten Qualität städtischer und regionaler Leistungen hängt von der Heterogenität sowie von Bereitschaft und Fähigkeit zur Zusammenarbeit mit regionalen Anbietern des externen Faktors (Nachfrager) ab (Meffert/Bruhn 2003, S.
400). Qualitätsschwankungen können durch eine Standardisierung von Dienstleistungen reduziert werden. Allerdings schätzen Kunden die Qualität von
Dienstleistungen umso höher ein, je spezifischer sie auf ihre Wünsche ausgerichtet sind. Mit zunehmender Individualisierung nehmen die Probleme der Konstanthaltung der Qualität wieder zu (Stauss 2001, S. 566).
2.3 Markenpolitische Strategien von Städten und Regionen
Der Nutzen einer Marke für Städte und Regionen ergibt sich aus den zahlreichen Vorteilen, die Marken aus Sicht der Nachfrager besitzen (vgl. Kirchgeorg
2002, S. 380; Meffert et al. 2002, S. 9f.; Meffert/Bruhn 2003, S. 398). Durch
Marken können Nachfrager Städte und Regionen und das dortige Leistungsangebot leichter erkennen und sie geben ihnen eine Orientierungshilfe bei der
Auswahl konkurrierender Leistungen von Städten und Regionen. Nachfrager
bringen Städten und Regionen, die eine Marke erfolgreich geschaffen haben,
Vertrauen und Sympathie entgegen und verhalten sich oft loyal. Marken reduzieren bei den Nachfragern Entscheidungsunsicherheiten und subjektiv wahrgenommene Risiken. In ihrer Funktion, als Schlüsselmerkmal bzw. Gesamteindruck für alle städtischen und regionsspezifischen Leistungen zu dienen
(information chunk), entlasten sie den Nachfrager in komplexen Entscheidungssituationen. Des Weiteren kann die Marke eine Stadt- bzw. Regionenidentität
kommunizieren (Markenidentität) und liefert damit die Basis einer persönlichen
Identifikation des Kunden mit der Stadt bzw. Region (Kirchgeorg 2002, S. 381f.).
Durch die Übertragung von (Persönlichkeits-)Merkmalen der Marke auf Nach-
18
Marketing für Städte und Regionen
frager entfaltet die Marke eine identitätsstiftende Wirkung (Meffert et al. 2002, S.
11; vgl. auch Esch 2003, S. 83ff.; Schleusener 2002). Die Markenidentität bzw. persönlichkeit soll zum Ausdruck bringen, wofür eine Stadt bzw. Region steht
und was sie von anderen Städten und Regionen unterscheidet (Esch 2002, S.
84ff.).
Die Festlegung einer Markenstrategie hat dem Umstand Rechnung zu tragen,
dass Stadt- und Regionenmarken als spezifische Dienstleistungsmarken geführt
werden müssen (vgl. Schleusener 2002, S. 264ff.). Für Dienstleistungen werden
in Deutschland zu fast 80% Dachmarken verwendet, d.h., sämtliche Leistungen
eines Unternehmens werden unter einer Dachmarke zusammengefasst (Bruhn
2001, S. 220; auch Stauss 2001, S. 559). Auch für die Stadt- und Regionenmarke bietet sich eine Dachmarkenstrategie auf der Basis des schon vorhandenen
Stadt- bzw. Regionennamens an. Die Dachmarke muss sich auf die Stadt- bzw.
Regionenidentität stützen, mit dem Selbstbild der Bürger und dem Leitbild des
Marketingkonzepts übereinstimmen, eine Positionierung ermöglichen und den
Kommunikationserfordernissen entsprechen (vgl. Schaubild 1). Die Regensburger Dachmarke „Regensburg – Spitze an der Donau“ harmoniert mit dem Regensburger Leitbild „Lebensqualität und Spitzenleistung“ und setzt auf die Alleinstellungsmerkmale „markante geografische Lage“ und „Lebensqualität und
Leistung auf hohem Niveau“ (Vogel 2003). Darüber hinaus muss die Dachmarke
geeignet sein, unterschiedliche Kompetenz bzw. Handlungsfelder (z.B. Wirtschaft, Einzelhandel, Tourismus, Kultur) einer Stadt bzw. Region repräsentieren
zu können. Soll sich der Name auf ein Netzwerk von kooperierenden Städten
und Regionen beziehen, so können neue Namen, die eine wirkungsvolle Differenzierung ermöglichen, gewählt werden (vgl. Kirchgeorg 2002, S. 387ff.). Da
allerdings das Leistungsangebot von Städten und Regionen außerordentlich
heterogen und vielschichtig ist (z.B. Wirtschaftsförderung, Tourismus, Wohnungsbau), müssen für die Markenpolitik von Städten und Regionen weitere
Städte und Regionen als Marke
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strategische Optionen geprüft werden, da die „Tragfähigkeit einer Dachmarke“
begrenzt ist (Bruhn 2001, S. 220).
Während Einzelmarken und Mehrmarken, die einzelne Leistungen von Städten
und Regionen markieren, ausscheiden, weil sie nicht dazu geeignet sind, ein
einheitliches und klar abgrenzbares Vorstellungsbild von der ganzen Stadt bzw.
der ganzen Region und von deren Identität zu vermitteln, kommen nur solche
Markenoptionen für die Markenpolitik von Städten und Regionen infrage, die
eine leistungs- und zielgruppenorientierte Ausdifferenzierung der Stadt- bzw.
Regionendachmarke ermöglichen (vgl. Kirchgeorg 2002, S. 382). Dazu bietet
sich die so genannte Tandemmarke und das Co-Branding an (vgl. Bruhn 2001,
S. 221f.; Meffert/Bruhn 2003, S. 409).
Tandemmarken kombinieren Firmen- und Leistungsmarke zu einer Doppelmarkierung (Bruhn 2001, S. 221). Für Städte und Regionen können Tandemmarken
die Dachmarke der Stadt bzw. Region verknüpfen mit Einzelmarken zielgruppenorientierter Leistungsangebote. Dadurch ist eine zielgruppenspezifische Ansprache möglich, ohne auf die Vorteile der Dachmarke verzichten zu müssen.
So könnte die Stadt(dach)marke POTSDAM als Tandemmarke für die Kompetenzbereiche
Wirtschaftsförderung: POTSDAM business
Tourismus: POTSDAM tourism
Wissenschaft: POTSDAM science
Bürger: POTSDAM citizen
geführt werden. Die Tandemmarken fassen so immer zielgruppenspezifische
Leistungsangebote zusammen. Das mit der Dachmarke POTSDAM verbundene
Image sowie dessen Bekanntheit wird wie beim Markentransfer auf die anderen
Leistungsbereiche der Stadt übertragen. Die Tandemmarkenstrategie würde
auch der Tendenz einer zunehmenden Zersplitterung von Zielgruppen Rech-
20
Marketing für Städte und Regionen
nung tragen können (vgl. Köhler 2001). Während die Stadt- bzw. Regionendachmarke die grundsätzlichen Vorstellungen und Assoziationen als Markenkern erfasst, kann durch Markenzusätze eine zielgruppen- und situationsspezifische Ansprache erfolgen.
Eine andere Möglichkeit bietet das Co-Branding, wenn es in der Stadt oder Region schon bekannte und erfolgreiche Marken von regionalen Anbietern bzw. für
regionale Leistungen gibt. Beim Co-Branding werden zwei mit Marken versehene Leistungen miteinander kombiniert (Bruhn 2001, S. 221). Der Markenname
einer Stadt oder einer Region kann nach dem Co-Branding kombiniert werden
mit Marken städtischer oder regionaler Firmen oder Einzelleistungen. So könnte
ein Co-Branding der - noch nicht vorhandenen - Dachmarke BRANDENBURG zusammen mit den in Brandenburg unter der Marke ZAB (Zukunftsagentur Brandenburg) agierenden Wirtschaftsförderungsgesellschaften ebenso erfolgen wie
mit der unter der Marke TMB (Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH) bekannten Tourismusgesellschaft. Darüber hinaus liefert das Co-Branding auch
die Möglichkeit der gemeinsamen Markierung von zwei Städten bzw. Regionen
(z.B. Emscher-Lippe-Region). Die Städte Berlin und Brandenburg könnten sich
auf diesem Weg bei internationalen Zielgruppen profilieren. Des Weiteren ist es
auch möglich, dass bekannte Marken privater Unternehmen zusammen mit der
Stadt- oder Regionenmarke auftreten, wenn das Unternehmen bzw. die Marke
stark mit der Stadt- bzw. Regionenidentität verwurzelt ist (z.B. Wolfsburg mit
Volkswagen).
2.4 Gestaltung von Stadt- und Regionenmarken
Die Gestaltung einer Stadt- oder Regionenmarke, das Branding, muss darauf
gerichtet sein, bei den Zielgruppen ein lebendiges, attraktives und unverwechselbares Vorstellungsbild zu erzeugen. Die Stadt oder Region muss sich aus der
Städte und Regionen als Marke
21
Menge anderer, konkurrierender Städte und Regionen hervorheben und von den
Zielgruppen mit spezifischen Leistungen verbunden werden (vgl. Esch 2003, S.
154). Dazu müssen geeignete Markierungselemente gefunden und eingesetzt
werden. Hierzu zählen in erster Linie der Markenname und das Markenlogo. Da
für Städte immer Namen vorhanden sind und auch Regionen sehr häufig Namen
haben, sollte sich der Markenname hieran orientieren. Mit Stadt- und Regionennamen verbinden insbesondere die Be- und Anwohner dieser Orte konkrete
Vorstellungen. Im Prozess der Namensgebung sollte allerdings auch geprüft
werden, ob sich der historisch herausgebildete, bekannte Name einer Stadt oder
einer Region auch für die Vermarktung dieser Orte bei auswärtigen und insbesondere bei ausländischen Zielgruppen eignet (Kirchgeorg 2002, S. 383). Nach
Kirchgeorg (2002, S. 383f.) sind es insbesondere folgende Kriterien, die bei der
Namensfindung für Stadt- und Regionenmarken beachtet werden sollten: Der
Markenname für eine Stadt oder eine Region sollte
grundsätzlich für die Kennzeichnung eines geografischen Raumes und des dort
vorzufindende Leistungspotenzials geeignet sein.
dem Zweck der Marke, ein klares und prägnantes Vorstellungsbild bei den Zielgruppen zu schaffen, dienen. Damit ist die assoziative und emotionale Bedeutung
des Markennamens ebenso angesprochen wie seine Prägnanz.
vereinbar sein mit der Kultur und Identität der Stadt bzw. Region.
rechtlich schutzfähig sein.
Die genauen Gestaltungsmerkmale und Umsetzungsmöglichkeiten einer Stadtbzw. Regionenmarke werden häufig in so genannten Corporate Design-Manuals
festgelegt. Für das Beispiel der Region „Mitteldeutschland“ stellt Kirchgeorg
(2002, S. 387ff.) dar, welche Schritte erforderlich sind, um für eine Region, die
noch keinen dominanten Namen besitzt, einen geeigneten Namen zu finden. Für
den gewählten Markennamen „Mitteldeutschland“, der für den historisch gewachsenen Wirtschafts- und Kulturraum mit den Städten Leipzig, Halle und
Dessau stehen soll, wurden empirisch Spontanassoziationen, der Bekanntheitsgrad, die räumliche Vorstellung der Bundesbürger von dieser Region und die
Marketing für Städte und Regionen
22
Einstellung gegenüber dieser Region mit der Bezeichnung „Mitteldeutschland“
ermittelt.
3.
Fazit
Städte und Regionen sehen sich infolge der Globalisierung zunehmender Konkurrenz um attraktive Zielgruppen ausgesetzt. Seit geraumer Zeit wird deshalb
in vielen Städten und Regionen Deutschlands versucht, den klassischen Marketingansatz auch auf Städte und Regionen zu übertragen. Auch wenn dies
grundsätzlich möglich ist, muss für das Stadt- und Regionenmarketing beachtet
werden, dass die Stadt bzw. Region gleichzeitig „Produkt“ und „Produzent“ ist.
Da es sich beim Angebot von Städten und Regionen überwiegend um Dienstleistungen handelt, müssen zur Vermarktung von Städten und Regionen insbesondere Erkenntnisse und Methoden des Dienstleistungsmarketing umgesetzt
werden. Eine dominante Rolle spielen in diesem Zusammenhang die Schaffung
und Durchsetzung einer Marke für Städte und Regionen. Die Marke umfasst das
psychische Vorstellungsbild der Stadt bzw. Region, wie es sich in den Köpfen
der Nachfrager darstellt. Die Marke kann eine Stadt bzw. Region prägnant visualisieren und ihr ein einzigartiges Profil geben. Sie kann in den Zielgruppen für
Vertrauen und Sympathie werben. Strategisch erfolgt die Umsetzung der Markenpolitik für Städte und Regionen durch eine Dachmarkenstrategie, die auch
als Tandemmarke geführt und im Co-Branding mit anderen Marken kombiniert
werden kann.
4.
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