Aus dem Zentrum Anatomie der Universität zu Köln

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Aus dem Zentrum Anatomie der Universität zu Köln
Geschäftsführender Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. W. F. Neiss
Institut für Anatomie I
Direktor: Universitätsprofessor Dr. rer. nat. A. Wodarz
Der Einfluss einer Inhibition von Tumor-Nekrose-Faktor alpha auf die
antigenspezifische T-Helfer-1-Zellantwort und die Myelinpathologie im zentralen
Nervensystem bei Experimenteller Autoimmuner Enzephalomyelitis
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät
der Universität zu Köln
vorgelegt von
Fee Oda Holland
aus Bielefeld
promoviert am 16. Dezember 2015
Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
Druckjahr 2015
Druckerei: COPY CENTER Bielefeld, Inh. Ewald Heilemeier, Gadderbaumer Str. 3,
33602 Bielefeld
Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. Dr. h.c. Th. Krieg
1. Berichterstatterin: Frau Universitätsprofessor Dr. med. S. Kürten
2. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. M. Schroeter
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe
Dritter und ohne die Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt
habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Gedanken sind als
solche kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des
Manuskriptes habe ich keine Unterstützungsleistungen erhalten.
Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit nicht
beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/eines
Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben weder unmittelbar noch
mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die im Zusammenhang mit dem
Inhalt der vorgelegten Dissertationsschrift stehen.
Die Dissertationsschrift wurde von mir bisher weder im Inland noch im Ausland in
gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Köln, den 10.06.2015
Die in dieser Arbeit angegebenen Experimente sind nach entsprechender Anleitung
von Frau Universitätprofessor Dr. med. S. Kürten (Erstbetreuerin) von mir selbst
ausgeführt worden.
Bei den folgenden Punkten habe ich Unterstützung erhalten von den folgenden
Personen:
Dr. med. Stefanie Kürten: Entwicklung des Konzepts, Supervision Experimente und
Färbungen, Pflege der Mäuse, Evaluation klinischer Scores der Mäuse.
Dr. med. vet. Mascha Recks, Pflege der Mäuse, Evaluation klinischer Scores der
Mäuse. Anfertigung der Semidünnschnitte und Methylenblaufärbung, Färbung EMSchnitte und Anfertigung EM-Fotos.
Helena Batoulis Pflege der Mäuse, Evaluation klinischer Scores der Mäuse, Einführung
ELISPOT.
Evelin Janßen Epon-Einbettung für EM.
Jolanta Kozlowski, Anleitung Immunhistochemie, Etablierung IHC-Doppelfärbung.
Danksagung
Allen voran ein Dank an Prof. Dr. med. Stefanie Kürten, ohne die diese Arbeit nicht
möglich gewesen wäre und die mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand und mich
an jedem Punkt unterstützt hat. Eine bessere Betreuung hätte man sich nicht
wünschen können.
Außerdem Dank an die Arbeitsgruppe unserer Studie und der Anatomie, ohne die die
Grundlagen für diese Arbeit nicht vorhanden gewesen wären. Danke an Mascha
Recks und Helena Batoulis, Jolanta Kozlowski, Frau Janßen. Besonderen Dank auch
an Felizitas Thomalla für den Zusammenhalt in guten und besseren Zeiten.
Außerdem dem gilt mein Dank allen, die mich während der Phase des Schreibens
ausgehalten haben und halfen, wenn Ablenkung gebraucht wurde, insbesondere
Bernhard Schlüter, Annika Benölken und Gertrud Imorde-Holland. Weiterhin danke
ich Leif Van Holland, der jedes technische Problem lösen konnte und sich durch
Inhalt und Rechtschreibduden gekämpft hat. Zuletzt Dank an Karl-Patrick Wessel für
die Unterstützung.
Widmung
MeinemVater
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
IX
1. Einleitung
1
1.1 Multiple Sklerose ............................................................................................................................1
1.2 Das Tiermodell der Multiplen Sklerose: EAE .................................................................................3
1.3 Rolle der Immunzellen ...................................................................................................................7
+
1.3.1 Die Rolle der CD4 -T-Zellen ...................................................................................................9
+
9
+
12
1.3.1.1CD4 -Zellen in EAE
1.3.1.2CD4 -T-Zellen in der MS
1.3.2 Die Rolle antigenpräsentierender Zellen ..............................................................................14
1.3.2.1Makrophagen und Mikroglia bei EAE
14
1.3.2.2Makrophagen und Mikroglia bei MS
17
1.3.2.3Dendritische Zellen bei EAE und MS
17
1.3.3 Weitere beteiligte Zelllinien ...................................................................................................18
+
1.3.3.1CD8 -T-Zellen bei EAE und MS
18
1.3.3.2B-Zellen in EAE und MS
19
1.4 Histopathologie bei MS und EAE .................................................................................................21
1.5 Tumor-Nekrosefaktor alpha (TNF-α) ............................................................................................24
1.5.1 Funktion und Rezeptorprofil .................................................................................................24
1.5.2 TNF-α in Autoimmunkrankheiten ..........................................................................................28
1.5.3 TNF-α-Inhibition ....................................................................................................................30
1.6 Zielsetzung der Arbeit ..................................................................................................................32
2. Material und Methoden
34
2.1 Mäuse ...........................................................................................................................................34
2.2 Histologie......................................................................................................................................35
2.2.1 Ultradünnschnitte und elektronenmikroskopische Unter-suchung .......................................35
2.2.2 Semidünnschnitte gefärbt mit Methylenblau, lichtmikros-kopische Analyse ........................37
2.2.3 Hämatoxylin/Eosin-Färbung, lichtmikroskopische Analyse ..................................................38
2.3 Immunhistochemien .....................................................................................................................39
VI
Inhaltsverzeichnis
2.3.1 TNF-α-Monofärbung .............................................................................................................39
2.3.2 TNF-α- und F4/80-Doppelfärbung ........................................................................................40
2.3.3 TNF-α- und SMI 32-Doppelfärbung ......................................................................................41
2.3.4 Fluoreszenzmikroskopie .......................................................................................................42
2.4 ELISPOT ......................................................................................................................................42
2.4.1 Zellpräparation Milz und ZNS ...............................................................................................42
2.4.2 Zellpräparation Blut ...............................................................................................................43
2.4.3 ELISPOT Assay ....................................................................................................................44
2.5 Statistische Analysen ...................................................................................................................45
3. Ergebnisse
47
3.1 Die Anzahl der Th1-Zellen im Blut korreliert während des Krankheitsverlaufs nicht mit dem
klinischen Score ...........................................................................................................................47
3.2 TNF-α ist in entzündlichen Läsionen des Rückenmarks nachweisbar und korreliert signifikant
mit dem klinischen Score .............................................................................................................49
3.3 Makrophagen/Mikroglia setzen TNF-α frei und TNF-α trägt zur Schädigung des Myelins bei ....51
3.4 Eine TNF-α Blockade vermindert die Inzidenz und verzögert das Einsetzen der EAE ...............53
3.5 Eine TNF-α-Inhibition erhöht die antigenspezifische Antwort von Th1-Zellen in der Milz und dem
Blut, hat jedoch keinen Einfluss auf die antigenspezifische Th1-Antwort im ZNS .......................55
3.6 Die Anzahl der Th1-Zellen in der Milz korreliert nicht mit dem klinischen Score; die Anzahl der
Th1-Zellen im ZNS hingegen weist eine Korrelation auf ..............................................................56
3.7 Eine TNF-α-Inhibition hat keinen protektiven Effekt auf die entzündliche Aktivität, den
Myelinschaden und feine Axonpathologien ..................................................................................57
3.8 Nach Absetzen des TNF-α-Inhibitors verschlimmert sich der klinische Score der Mäuse ..........62
4. Diskussion
65
4.1 Die Th1-Zellzahlen im Blut korrelieren weder zu Beginn noch im Verlauf der EAE mit dem
klinischen Score ...........................................................................................................................65
4.2 TNF-α ist in entzündlichen Läsionen zu finden und korreliert signifikant mit dem klinischen
Score ............................................................................................................................................66
4.3 TNF-α wird von Makrophagen/Mikroglia freigesetzt und ist mit einer Beschädigung des Myelins
assoziiert ......................................................................................................................................67
VII
Inhaltsverzeichnis
4.4 Der Einfluss einer TNF-α-Inhibition auf den klinischen Verlauf und den Krankheitsbeginn ........67
4.5 Der Einfluss einer TNF-α-Inhibition auf IFN-γ-freisetzende Th1-Zellen .......................................73
4.6 Der Einfluss einer TNF-α-Inhibition auf die Histopathologie ........................................................78
4.7 Ergänzung durch parallel erhobene Ergebnisse ..........................................................................83
+
4.7.1 CD4 -Zellen und Makrophagen ............................................................................................83
4.7.2 Immunhistochemische Untersuchungen mit SMI 99 und 312 ..............................................84
4.7.3 Klinischer Verlauf bei einer mit Humira® behandelten Kontrollgruppe ................................84
4.7.4 Auswirkungen der TNF-α-Inhibition auf IL-17-freisetzende Th17-Zellen ..............................85
4.7.5 Auswirkungen der TNF-α-Inhibition auf axolytische Vorgänge .............................................91
4.7.6 Auswirkungen der TNF-α-Inhibition auf apoptotische Vorgänge ..........................................93
4.8 Ausblick ........................................................................................................................................96
5. Zusammenfassung
97
6. Literaturverzeichnis
100
7. Vorabveröffentlichung von Ergebnissen
133
8. Lebenslauf
134
VII
Abkürzungsverzeichnis
ATP
Adenosintriphosphat
BHS
Blut-Hirn-Schranke
CD
Cluster of Differentiation
CCR
CC-Motiv-Chemokin-Rezeptor
CFA
Complete Freund’s Adjuvant
CTL
Cytotoxic T-Lymphocyte
DAPI
4,6-Diamidino-2-Phenylindol
DMEM
Dulbecco's Modifizierte Medien
EAE
Experimentelle Autoimmune Enzephalomyelitis
EBV
Epstein-Barr-Virus
EDSS
Expanded Disability Status Scale
FADD
Fas-assoziierte Todesdomäne
Fc
Fragment crystallizable
FITC
Fluoresceinisothiocyanat
Foxp3
Forkhead Box P3 (Protein und Gen)
GM-CSF
Granulocyte macrophage-colony stimulating factor
HLA
Humanes Leukozytenantigen
ICAM-1
Intercellular Adhesion Molecule 1
IFN
Interferon
IgG
Immunglobulin G
IL
Interleukin
VI
Abkürzungsverzeichnis
iNOS
Induzierbare Stickstoffmonoxid-Synthase
LPS
Lipopolysaccharid
MAG
Myelin-Assoziiertes-Glykoprotein
MBP
Myelin-Basisches-Protein (Myelin Basic Protein)
MHC
Hauphistokompatibilitätskomplex (Major Histocompatibility
Complex)
MMP
Matrix-Metalloprotease
MOBP
Myelin-Assoziiertes-Basisches-Oligodendrozyten-Protein
MOG
Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein
MRT
Magnetresonanztomographie
MS
Multiple Sklerose
mTNF
Transmembraner Tumornekrosefaktor
NAA
N-Acetyl-Aspartat
NF-κB
Nuclear Factor kappa-light-chain-enhancer of activated B-cells
NNND
Nearest Neighbour Neurofilament Distance
NO
Stickstoffmonoxid
OSP
Oligodendrozyten-Spezifisches-Glykoprotein
PBS
Phosphat-Puffer (Phosphate Buffered Saline)
PLP
Proteolipidprotein
PP-MS
Primär Progressive Multiple Sklerose
RANTES
Regulated on Activation, Normal T cell Expressed and Secreted
ROR
Retinoic acid-receptor-related orphan receptor
ROS
Reaktive Sauerstoff-Spezies
RR-MS
Schubförmig remittierende Multiple Sklerose (relapsing-remitting
MS)
RunX
Runt-related transcription factor X
X
Abkürzungsverzeichnis
STAT1
Signal Transducers and Activators of Transcription 1
sTNF
Löslicher Tumornekrosefaktor (soluble)
TACE
TNF-α Converting Enzyme
Teff
T-Effektorzelle
TGF-β
Transforming growth factor beta
Th-Zelle
T-Helfer-Zelle
TMEV
Theiler's Murine Encephalomyelitis Virus
TNF-α
Tumornekrosefaktor Alpha
TNF-R
Tumornekrosefaktorrezeptor
Treg
Regulatorische T-Zellen
TRADD
Tumor necrosis factor Receptor type 1 Associated Death Domain
protein
TRAF
TNF-Rezeptor-assoziierter Faktor
VCAM-1
Vascular cell adhesion molecule 1
VLA-4
Very late antigen 4
ZNS
Zentrales Nervensystem
XI
1. Einleitung
1.1 Multiple Sklerose
Die multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des
zentralen Nervensystems (ZNS: Gehirn und Rückenmark), die mit einer
Demarkation der Myelinscheiden und der Schädigung von Axonen einhergeht.
Es kommt vorwiegend in der weißen Substanz zur Ausbildung von
Entmarkungsherden, die auch als Plaques oder Läsionen bezeichnet werden.
Bedingt wird sie wahrscheinlich durch autoreaktive T-Lymphozyten, die sich
gegen verschiedene Bestandteile des Myelins richten, über die Blut-HirnSchranke (BHS) in das ZNS gelangen und dann eine Kaskade von
Immunreaktionen auslösen, die zum jeweiligen Schädigungsmuster führen.
Obwohl die MS erstmals 1838 von Carswell beschrieben und 1868 von Charcot
als
eigenständige
Krankheit
Krankheitsmechanismus
bis
identifiziert
heute
unklar
wurde
und
[40],
ist
der
Gegenstand
genaue
intensiver
Forschung.
MS tritt vorwiegend im jungen Erwachsenenalter auf und ist eine der häufigsten
neurologischen Erkrankungen, die zu bleibender Behinderung und vorzeitiger
Berentung führt [61]. Dabei ist die Lebenszeit um etwa sieben bis zehn Jahre
verkürzt [91]. Die Prävalenz liegt in Deutschland bei über 100/100 000
Einwohner pro Jahr und weltweit sind ca. 2,3 Millionen Menschen an MS
erkrankt [52]. Man kann zwei verschiedene Verlaufsformen unterscheiden: die
schubförmig
remittierende
(relapsing-remitting
RR-MS)
und
die
primär
progressive (PP-MS) MS. Etwa 80-85 % der Patienten entwickeln eine RR-MS,
wobei Frauen etwa doppelt so häufig betroffen sind wie Männer. Die
Erkrankung äußert sich durch verschiedenste neurologische Ausfälle, die
abhängig von der Läsionslokalisation sind (z.B. Ataxie, Tremor, Optikusneuritis,
Sprach- und Schluckstörungen, Gefühlsstörungen, Paresen etc.). Als Schub
bezeichnet
man
ein
neu
aufgetretenes
1
oder
akut
verschlechtertes
1. Einleitung
neurologisches Defizit, das mindestens 24 Stunden anhält und nicht im
Rahmen einer Infektion oder Fieber auftritt. Dabei muss der Abstand zum
vorherigen Schub mindestens 30 Tage betragen. Die Symptome bilden sich
anfangs meist nahezu vollständig wieder zurück. In etwa der Hälfte der Fälle
geht die RR-MS innerhalb von zehn Jahren in eine sekundär progrediente Form
über [282], die durch progrediente neurologische Ausfälle sowie zunehmende
Demyelinisierung und axonalen Schaden bis hin zum Verlust von Axonen
gekennzeichnet ist. In etwa 10-15% der Fälle setzt die progrediente Form direkt
ein (PP-MS), wobei das Erkrankungsalter in diesem Fall im Durchschnitt zehn
Jahre höher liegt und kein Unterschied zwischen den Geschlechtern besteht
[256]. Dabei ist unklar, welche Faktoren die unterschiedlichen Verlaufsformen
bedingen.
Ebenfalls unklar sind die Auslöser der Erkrankung. Es werden mehrere
Hypothesen diskutiert und man geht derzeit davon aus, dass sowohl genetische
Komponenten
als
auch
Umweltfaktoren
eine
Rolle
spielen.
Die
Konkordanzraten eineiiger Zwillinge liegen bei 20-30%, die von Geschwistern
hingegen nur bei 5% [61]. Mögliche relevante Gene sind z.B. die des
Haupthistokompatibilitätskomplexes
(HLA-Gene).
Als
bedeutsamster
genetischer Risikofaktor (10-60%) gelten die HLA Klasse II Moleküle, vor allem
HLA-DR und HLA-DQ [103]. Aber auch die Gene für HLA Klasse I Moleküle
spielen eine Rolle. Sie können je nachdem sowohl zu einem verminderten
Risiko (z.B. HLA-A2 Allel) als auch zu einer erhöhten Anfälligkeit (z.B. HLA-A3)
für MS führen [76].
Die Relevanz von Umweltfaktoren wird dadurch unterstrichen, dass die
Krankheitsprävalenz zum Äquator hin abnimmt und Kinder, die vor ihrem 15.
Lebensjahr in eine andere Gegend ziehen, das Risiko des jeweils neuen
Landes annehmen. Wenn hingegen der Umzug in ein Land mit vom
Geburtsland abweichender Prävalenz später erfolgt, bleibt das Risiko des
Geburtslandes bestehen [139]. Es scheinen demnach die in der Kindheit
vorhandenen Umwelteinflüsse entscheidend zu sein. Als mögliche Faktoren
werden
unter
anderem
Industrialisierung,
Umweltverschmutzung,
Ernährungsgewohnheiten, UV-Strahlung (das Fehlen von Melatonin verstärkt
2
1. Einleitung
beispielsweise die Th1-Zellantwort), Vitamin D-Mangel und Virusinfektionen
diskutiert (zusammengefasst in [120+241]).
So heterogen wie die möglichen Ursachen sind auch Neuropathologie,
Pathogenese und der Verlauf einer MS. Im Jahr 2000 entwickelten Luchinetti et
al. [155] eine Einteilung der Läsionen anhand der unterschiedlichen pathogenen
Zellen
und
Faktoren.
Diese
histopathologischen
Muster
sind
zwar
interindividuell unterschiedlich, erwiesen sich intraindividuell jedoch als
konstant. Muster I ist gekennzeichnet durch eine Dominanz von T-Zellen und
Makrophagen, die proinflammatorische Zytokine wie TNF-α, IFN-γ und Radikale
ausschütten. Bei Muster II dominieren Antikörper (gegen MOG und MBP) und
Komplementfaktoren, wobei die Mechanismen denen des Guillain-BarréSyndroms
ähneln.
Muster
III
weist
vor
allem
einen
Verlust
von
myelinassoziiertem Glykoprotein (MAG) und oligodendrozytäre Schäden auf.
Muster
IV
wird
dominiert
durch
nichtapoptotische
Oligodendrozytendegeneration.
Auch
wenn
immer
pathophysiologischen
neue
Erkenntnisse
Zusammenhänge
hinzukommen,
der
MS
noch
sind
die
weitgehend
unverstanden. Da die Untersuchungsmöglichkeiten zum Verständnis dieser
Zusammenhänge am lebenden Menschen sehr begrenzt sind, ist ein
geeignetes Tiermodell von Nöten, um detailliertere Erkenntnisse gewinnen zu
können.
1.2 Das Tiermodell der Multiplen Sklerose: EAE
Die experimentelle autoimmune Enzephalomyelitis (EAE) ist eines der am
häufigsten verwendeten Tiermodelle mit einem Erkrankungsmuster, das dem
der MS sehr ähnelt und somit zur Erkenntnisgewinnung herangezogen wird
[87]. Erstmals wurde die EAE von Thomas Rivers 1933 bei Primaten mit
Kaninchen-Hirn-Emulsion ausgelöst [219] und später auch bei anderen Spezies
etabliert, wobei heutzutage vor allem Mäuse eingesetzt werden. Es gibt
verschiedene
Möglichkeiten
zur
Induktion
3
einer
EAE:
dazu
gehören
1. Einleitung
beispielsweise die Injektion von Myelin-Antigenen (aktive EAE) [247], der
Transfer von enzephalitogenen T-Zellen (passive EAE) [247] oder auch spontan
auftretende Verläufe, die auf genetischen Modifikationen des T-Zell-Rezeptors
beruhen [88]. Die Krankheitsverläufe und Schädigungsmuster unterscheiden
sich
je
nach
verwendetem
Myelinbestandteil,
Mausstamm
und
Induktionsmethode. Mit dem adoptiven Transfer von T-Zellen lässt sich
beispielsweise eine Symptomatik auslösen, die sich innerhalb von kurzer Zeit
vollständig wieder zurückbildet [199]. Bei den aktiv induzierten EAE-Modellen
zeigen sich unterschiedliche Verläufe, die von dem Ratten-/ Mausstamm und
dem zur Immunisierung verwendeten Antigen abhängig sind. Dabei können
akute, chronische oder auch schubförmige Verläufe beobachtet werden [266].
Zur effektiven Auslösung einer aktiven EAE werden CFA und Pertussis Toxin
benötigt. CFA enthält abgetötetes Mycobakterium tuberculosis und bewirkt eine
Aktivierung des Immunsystems [72+79]. Pertussis Toxin wird als weiteres
Adjuvans zur Verstärkung der Auslösung der EAE eingesetzt [20] und trägt zur
Erhöhung der Durchlässigkeit der BHS bei [34].
Mögliche Zielantigene sind das Myelin-Basische-Protein (MBP) [162], das
Proteolipidprotein
(PLP)
[190], das Myelin-Oligodendrozyten-Glykoprotein
(MOG) [149], MAG [205], das Myelin-Oligodendrozyten-Basische-Protein
(MOBP),
das
Oligodendrozyten-Spezifische-Glykoprotein
(OSP),
Galactocerebroside und einige weitere neuronale Strukturen [123]. PLP ist mit
50% das am häufigsten vorkommende Myelinprotein, gefolgt von MBP (3040%) und OSP (7%) [145+181]. MOG hingegen macht mit nur 0,01-0,05%
einen deutlich geringeren Anteil aus und ist im Gegensatz zu den anderen nicht
im
kompakten
Myelin,
sondern
auf
der
äußeren
Oberfläche
der
Oligodendrozytenmembran lokalisiert und damit erreichbar für humorale
Faktoren wie z.B. Antikörper und Komplementfaktoren [149+191]. Mit einer
entsprechenden genetischen Anpassung der Mäuse können enzephalitogene TZellen zu nahezu allen im ZNS anwesenden Antigenen generiert werden
(zusammengefasst von [210]). Des Weiteren lassen sich klassische und
atypische EAE-Modelle unterscheiden. Häufig verwendete klassische EAE
Modelle sind: eine bei B10.PL- oder PL/J-Mausstämmen mit MBP ausgelöste
4
1. Einleitung
monophasische EAE, eine RR-EAE ausgelöst z.B. mit PLP 139-151 im SJL/JStamm sowie eine chronisch verlaufende EAE induziert durch MOG 35-55 in
C57BL/6-Mäusen [16]. Sie zeichnen sich durch progrediente schlaffe Paresen
aus, die die Grundlage für das gängige Scoring-System sind (0-5: 0=gesund;
1=Schwanzparese; 2=Hinterlaufschwäche; 3=Hinterlaufparese; 4=Quadriplegie,
5=Tod). Die Krankheit manifestiert sich bei diesem, auch als typisch
bezeichneten Verlauf, vor allem im Rückenmark, wohingegen die Läsionen
beim atypischen Verlauf anderorts lokalisiert sind. Sie befinden sich
beispielsweise im Kleinhirn, was zu entsprechenden Ausfallsmustern wie Ataxie
und Tremor führt [57], auch Optikusneuritiden sind in diesen atypischen
Modellen zu beobachten. Mittlerweile wurden weitere Modelle entwickelt, die
z.B. eine B-Zellbeteiligung aufweisen (MP4-induzierte EAE in C57BL/6-Mäusen
[136]).
Obwohl es schwierig ist, die Heterogenität der MS im Tiermodell vollständig
abzubilden, bietet sich die Möglichkeit, die Krankheitspathogenese mit
verschiedenen Modellen gezielt zu untersuchen. Es ist möglich transgene
Mauspopulationen zu züchten, in denen Gene gezielt verändert worden sind,
wie z.B. die des T-Zell-Rezeptors [88]. Außerdem können sogenannte
Knockout-Mäuse generiert werden, in welchen Gene gezielt ausgeschaltet
werden und so eine Untersuchung der jeweiligen Auswirkungen möglich ist
[194].
Eine weitere Möglichkeit De- und Remyelinisierung zu untersuchen ist das
Cuprizon-Modell. Mischt man C57BL/6-Mäusen Cuprizon unter das Futter,
zeigen diese nach einigen Wochen Anzeichen einer Demyelinisierung. Nach
Absetzen des Giftes kommt es wiederum nach einigen Wochen zur
Remyelinisierung [164]. So können diese Vorgänge zuverlässig untersucht
werden. Die demyelinisierten Läsionen dieses Modells entsprechen vom Muster
am ehesten denen vom Typ III nach Luchinetti, da vielmehr eine Beteiligung
von Makrophagen und Mikroglia als von T-Zellen, sowie Zeichen für oxidativen
Stress und mitochondriale Schädigung zu beobachten sind (zusammengefasst
in [208]). Dieses Modell kann genutzt werden, um die Prozesse, die während
einer De- sowie einer Remyelinisierung stattfinden, zu untersuchen. Es wird
5
1. Einleitung
den
verschiedenen
Verläufen
und
den
vielschichtigen
pathogenen
Mechanismen der MS aber nicht gerecht.
Ein weiteres Modell, mit dem man versucht die Prozesse der MS darzustellen
ist das TMEV (Theiler's Murine Encephalomyelitis Virus)-Modell. Dabei soll
untersucht werden, inwiefern Virusinfektionen zu Autoimmunprozessen im ZNS
beitragen können [177]. Es zeigt sich je nach Virus-Subtyp beispielsweise ein
akuter Verlauf, der relativ schnell zum Tod der Mäuse führt (GDVII-Typ), oder
ein zweiphasiger chronischer Verlauf mit akuter Polioenzephalomyelitis und
einer chronischen Demyelinisierung nach einigen Wochen, wobei dafür eine
Persistenz des Virus nötig ist (DA-Subtyp) [264]. Es sind außerdem axonaler
Schaden und der Verlust von Axonen zu beobachten [50+268]. Der klinische
Verlauf der Infektion mit TMEV entspricht am ehesten dem einer chronisch
progredienten MS und es zeigt sich eine Beteiligung von Antikörpern, CD4+Zellen und CD8+-Zellen (zusammengefasst in [263]). Im Gegensatz zur EAE ist
aber keine Auslösung einer Demyelinisierung durch den adoptiven Transfer von
T-Zellen möglich [14].
Insgesamt ist es schwierig die Komplexität der MS mit einem einzigen Modell
abzubilden, sowohl was die Ätiologie als auch die Verläufe und die
Pathogenese anbelangt. Eine MS tritt beispielsweise spontan auf und die
Erkrankten stammen aus einer genetisch heterogenen Population. Möchte man
eine spontane Form der EAE auslösen, werden dafür aber transgene Mäuse
benötigt, was gleichzeitig eine Einschränkung eben dieser Heterogenität
bedingt [279]. Die gleiche Problematik ergibt sich bei Knockout-Mäusen. Eine
Darstellung der unterschiedlichen Verlaufsformen der MS (RR-MS, SP-MS, PPMS) ist nicht mit einem einzelnen Modell möglich, dazu sind mehrere
verschiedene Modelle nötig. Gleiches gilt für die beteiligten Zelllinien, so ist z.B.
ein chronischer Verlauf mit einer Demyelinisierung mediiert durch T-Zellen und
Makrophagen bei einer EAE bei mit MOG:35-55 immunisierten C57/BL6Mäusen
[175]
oder
ein
spontaner
schubförmiger
Verlauf
bei
einer
Immunisierung mit MOG:92-106 bei SJL/J-Mäusen mit transgenem TZellrezeptor und B-Zell-Beteiligung zu beobachten [206]. Auch ist bekannt, dass
bei der MS, im Gegensatz zu der EAE, eher eine Dominanz der CD8+-Zellen
6
1. Einleitung
statt der CD4+-Zellen vorhanden ist [9]. Außerdem werden zur Auslösung einer
aktiven EAE Adjuvantien benötigt, um die Immunreaktionen zu verstärken [20],
was den Pathomechanismen einer MS nicht entspricht.
Auch wenn der Einsatz von Tiermodellen wichtig ist, um die Vorgänge im
Immunsystem zu untersuchen, muss man mit der Interpretation der so
gewonnenen Ergebnisse vorsichtig sein, insbesondere in Bezug auf die
Entwicklung neuer Therapieansätze. Obwohl sich einige Therapeutika wie z.B.
TNF-α-Inhibitoren in EAE-Studien zunächst als wirksam erwiesen [230],
bestätigte
sich
dies bei MS-Patienten nicht
[255].
Der Einsatz von
Kortikosteroiden hingegen erwies sich sowohl im Tiermodell als auch beim
Menschen als wirksam [38+227] und ist Bestandteil der Standardtherapie der
MS. Da die Mechanismen der histopathologischen Schädigung bei MS und
EAE
ähnlich
sind,
scheint
es möglich
zu
sein
anti-inflammatorische
Therapeutika im Tiermodell zu testen und die Ergebnisse auf den Menschen zu
übertragen [86]. Die Kombination verschiedener Tiermodelle ermöglicht es
verschiedene Aspekte der MS und ihrer immunologischen Grundlagen zu
erforschen. Insbesondere bei der Entwicklung von spezifischen Therapien
müssen die Ergebnisse jedoch immer mit Bedacht interpretiert und von einer
voreiligen Generalisierung auf den Menschen sollte Abstand genommen
werden.
1.3 Rolle der Immunzellen
Die Pathogenese der Läsionen in MS und EAE stellt ein komplexes
Zusammenspiel
verschiedener
Komponenten
des
angeborenen
und
erworbenen Immunsystems dar, das längst nicht vollständig verstanden ist.
Man geht davon aus, dass potentiell gegen Myelinbestandteile gerichtete,
reaktive CD4+-T-Zellen in der Periphere aktiviert werden und dann über
Adhäsionsmoleküle (z.B. VLA-4) an der BHS anheften und ihnen so ermöglicht
wird, in das ZNS zu gelangen. Reboldi et al. konnten zeigen, dass die Invasion
von Th-Zellen bei einer mit MOG:35-55 induzierten EAE bei C57BL/6-Mäusen
7
1. Einleitung
zweiphasig verläuft. Zunächst kommt es zu einer initialen Invasion über den
Plexus choroideus, bei der in erster Linie CCR-6 beteiligt ist, welches von ThZellen exprimiert wird. Im Verlauf aktivieren die so eingewanderten Zellen dann
postkapilläre Venolen im ZNS-Parenchym und ermöglichen aktivierten TLymphozyten die Migration in das ZNS. Wenn CCR-6 fehlte, war keine
Auslösung einer EAE möglich [211]. Im ZNS angelangt, werden die
Lymphozyten von antigenpräsentierenden Zellen reaktiviert. Daraufhin werden
proinflammatorische Zytokine wie TNF-α, INF-γ, IL-12, IL-17 und Chemokine
wie IL-8 und RANTES ausgeschüttet. So kommt es zur Aktivierung von
ortsansässigen
Mikrogliazellen
und
Makrophagen
sowie
zur
weiteren
+
Rekrutierung von anderen Immunzellen, wie CD8 -T-Zellen und weiteren
antigenpräsentierenden Zellen aus der Peripherie. Durch diverse Mechanismen
(proinflammatorische Zytokine, Radikalbildung, Komplementaktivierung, MyelinPhagozytose, Apoptoseinduktion etc.) kommt es zu Demyelinisierung und
axonaler Schädigung bis hin zum Verlust von Axonen. Dabei werden weitere
Myelinbestandteile freigesetzt, die ebenfalls präsentiert werden, was die
Immunantwort weiter verstärkt. Das Repertoire der autoreaktiven Zellen
erweitert sich und sie reagieren auf Antigene, die unabhängig von dem
ursprünglichen präsentierten Antigen sind. Diesen Mechanismus bezeichnet
man als Epitope Spreading
[144+173+276]. Es entwickelt sich so ein
Teufelskreis.
Von überlebenden Oligodendrozyten aus kann es dann teilweise zur
Remyelinisierung kommen, wobei die ursprüngliche Qualität der Myelinstruktur
aber nicht mehr erreicht werden kann [288].
8
1. Einleitung
1.3.1 Die Rolle der CD4+-T-Zellen
1.3.1.1 CD4+-Zellen in EAE
Seit Ben-Nun et al. [19] 1981 zeigen konnten, dass EAE durch adoptiven
Transfer von CD4+-T-Lymphozyten ausgelöst werden kann, stehen diese im
Zentrum der Forschung.
Es lassen sich verschiedene Subtypen von CD4+-T-Zellen unterscheiden: Th1(T-Helferzellen), Th2-, Th9-, Th17-, Th22- und regulatorische CD25+/Foxp3+Zellen,
wobei
eine
gewisse
Plastizität
zwischen
den
einzelnen
T-
Zellpopulationen vorhanden ist [32].
Th1-Zellen mediieren die zellabhängige Immunantwort gegen intrazelluläre
Pathogene über die Ausschüttung von proinflammatorischen Zytokinen wie
beispielsweise IFN-γ und TNF-α. Ihre Differenzierung wird durch IL-12
vorangetrieben. Th2-Zellen reagieren mit einer Stimulation der humoralen
Immunantwort auf extrazelluläre Pathogene über die Sekretion von IL-4, -5, 10,13 (anti-inflammatorische Zytokine) und über die Stimulation von B-Zellen [299].
Ihre Differenzierung erfolgt über IL-4. Die Th17-Zellen sind ein relativ neu
entdeckter Subtyp der CD4+-T-Zellen. Zunächst wurde angenommen, dass er
von einem Vorläufer der Th1-Zellen abstammt [22], dies konnte jedoch
widerlegt werden, da unterschiedliche Transkriptionsfaktoren involviert sind [95].
Th17-Zellen setzen IL-17A, IL-17F, IL-6, IL-9, IL-21, IL-22, IL-23, IL-26, TNF-α
und GM-CSF frei [140] und sind beteiligt an der Abwehr von extrazellulären
Bakterien und Pilzen, z.B. über eine Beeinflussung der Rekrutierung von
Neutrophilen [114]. Naive T-Zellen werden unter dem Einfluss von IL-6, IL-21,
und TGF-β zu Th17-Zellen. Dieser Vorgang wird stimuliert durch TNF-α und IL1β. Zusätzlich dazu beeinflusst IL-23 die Reifung der Th17-Zellen [62].
Regulatorische T-Zellen exprimieren CD25 - eine Untereinheit des IL-2Rezeptors - Foxp3 und TNF-R2 an ihrer Oberfläche. Sie machen etwa 10% der
CD4+-Zellen aus und unterdrücken autoreaktive T-Effektorzellen bei direktem
Zellkontakt durch bisher nicht genau verstandene Mechanismen [257].
9
1. Einleitung
Angenommen wird unter anderem eine Hemmung der Proliferation von ThZellen via IL-10 [7+42+178]. Dabei wird diese Hemmung unter anderem über
die Bindung von TNF-α an TNF-R2 aktiviert. Eine Suppression regulatorischer
T-Zellen ist nach Pasare und Medzhitov [197] durch den Einfluss von IL-6
möglich und es kommt somit zum Wegfall der antiinflammatorischen Wirkung
und entsprechender Verstärkung der Entzündung.
Es kann außerdem zwischen natürlichen und induzierbaren regulatorischen TZellen unterschieden werden. Während sich erstere im Thymus entwickeln,
benötigen letztere eine Stimulation durch T-Effektorzellen in der Peripherie.
Dabei sind die natürlichen Tregs auf eine Stimulation über TNF-R2 angewiesen,
die induzierbaren hingegen können ihre Funktion auch unabhängig von TNFR2, z.B. über eine Stimulation mit TGF-β, ausüben [108].
Da eine passive EAE mittels Transfer von myelinspezifischen Th1-Zellen
ausgelöst werden kann, galt zunächst ihnen die Aufmerksamkeit [295]. Es
konnte gezeigt werden, dass STAT4 und T-bet die an der Differenzierung zu
Th1-Zellen beteiligten Transkriptionsfaktoren sind, die zur EAE-Auslösung
benötigt werden [152]. IFN-γ wird überwiegend als proinflammatorisches
Zytokin angesehen. Es löst eine vermehrte Expression von MHC I und II aus,
stimuliert antigenpräsentierende Zellen und Makrophagen und nimmt Einfluss
auf die Migration von Leukozyten in das ZNS. Des Weiteren verschiebt es das
Gleichgewicht der Th1- und Th2-Zellen hin zu den Th1-Zellen und trägt zur BZelldifferenzierung und dem Antikörper-Klassenwechsel zu Immunglobulin G
bei.
Es
supprimiert
außerdem
regulatorische
T-Zellen.
Diese
proinflammatorischen Eigenschaften beziehen sich in erster Linie auf das IFN-γ,
das von CD4+-und CD8+-T-Zellen freigesetzt wird. Dem IFN-γ aus natürlichen
Killer- und natürlichen Killer-T-Zellen sowie aus γδ-T-Zellen hingegen werden
auch regulatorische Funktionen zugeschrieben.[27]. Es kann T-Zellen inhibieren
und trägt zur Stimulation von regulatorischen T-Zellen sowie zur Apoptose von
Th1-Zellen bei (zusammengefasst in [225]). Gleichzeitig scheint nicht nur der
Typ der Zellen, die IFN-γ freisetzen, sondern auch der Zeitpunkt der
Freisetzung wichtig zu sein. Eine frühe Verabreichung von IFN-γ bei einer EAE
mit chronischer Verlaufsform konnte zur Verhinderung von Symptomen führen.
10
1. Einleitung
Eine Gabe im späteren Krankheitsverlauf wirkte sich hingegen negativ auf die
klinische Symptomatik aus [47+89]. Untersucht man nun die Rolle von IFN-γ in
der EAE, so lässt sich bei IFN-γ-Knockout-Mäusen beobachten, dass sich eine
atypische Form der EAE, mit vorwiegender Beteiligung des Gehirns und einem
Fehlen
von
Läsionen
im
Rückenmark,
entwickelt.
IFN-γ
scheint
dementsprechend eine pathogene Rolle beim Verlauf der sogenannten
klassischen EAE zu spielen [285]. Trotzdem fand sich bei den Tieren, denen
IFN-γ
fehlte,
keine
Resistenz gegenüber EAE,
sondern sogar ein
verschlimmerter Verlauf [131].
Damit sich naive CD4+-Zellen zu Th1-Zellen transformieren, wird IL-12 benötigt
[81], was die Vermutung nahe legt, dass ein gezieltes Ausschalten von IL-12 zur
Besserung, wenn nicht gar Verhinderung von EAE führen kann. Um diese
Hypothese zu überprüfen, kreierte man Mäuse, bei denen verschiedene
Untereinheiten des IL-12 ausgeschaltet wurden. Dabei zeigte sich, dass Mäuse,
denen die p35-Untereinheit fehlte, empfänglicher für eine EAE waren [89],
während eine gezielte Ausschaltung der p40-Untereinheit zu einer Resistenz
gegenüber der Krankheit führte [49]. Die p40-Untereinheit des IL-12 ist
ebenfalls Bestandteil des IL-23, welches essentiell für die Vermehrung, das
Überleben und die Reifung von Th17-Zellen ist [172]. Insofern könnte nicht nur
IL-12 sondern auch IL-23 für den beobachteten positiven Effekt verantwortlich
sein. Diese Ergebnisse stellten die Dominanz der Th1-Zellen in Frage und
rückten Th17-Zellen in den Fokus.
Die Zytokine der Th17-Zellen tragen zur Formation von entzündlichen Läsionen
bei: IL-17 als proinflammatorisches Zytokin [95+244], IL-6 als Suppressor von
regulatorischen T-Zellen [197], TNF-α unter anderem als Induktor von Apoptose
[99] sowie GM-CSF als Wachstumsfaktor für Granulozyten und Makrophagen
[94]. Jäger et al. demonstrierten 2009, dass eine Auslösung von EAE mit dem
Transfer von Th17-Zellen möglich ist [117] . Diese benötigen nach O'Connor et
al. dafür jedoch die Anwesenheit von IFN-γ [186]. Es scheint also ein
Wechselspiel
zwischen
Th1-und
Th17-Zellen
stattzufinden.
Auch
das
Infiltrationsmuster scheint abhängig vom vorherrschenden Zelltyp zu sein. Sind
vor
allem
Th17-Zellen
vertreten,
kommt
11
es
zur
Einwanderung
von
1. Einleitung
Entzündungszellen in das Hirnparenchym und zur Auslösung einer atypischen
Form der EAE. Wenn man nun aber IL-17 neutralisierende Antikörper hinzugibt,
verringern sich die Symptome der atypischen EAE und es kommt zur
Entwicklung einer klassischen Form mit einem Überwiegen der Infiltration des
Rückenmarks statt des Hirnparenchyms [246]. Anhand des Chemokinmusters
findet man Hinweise, dass bei Th1-induzierter EAE eher Makrophagen und
Mikroglia überwiegen. Bei Modellen, in denen Th17-Zellen vorherrschen, ist
hingegen eher eine Rekrutierung von Neutrophilen zu verzeichnen und die
Zellen wandern in diesem Fall tiefer in die weiße Substanz ein, wohingegen sie
im Th1-zelldominanten Modell eher meningeal und subpial verbleiben [132].
1.3.1.2 CD4+-T-Zellen in der MS
Die Erkenntnis, dass CD4+-T-Zellen eine Rolle in der MS spielen, stützt sich
unter anderem auf die Ergebnisse und Parallelen aus EAE-Modellen, wobei die
Einflüsse der jeweiligen Zellreihen sowohl Unterschiede als auch Parallelen
aufweisen. Es konnten Th1-Zellen in den Läsionen im Gehirn [262] sowie im
Liquor und im Blut von MS-Patienten [148+192] gefunden werden. Zwar sind
auch bei Gesunden myelinspezifische T-Zellen vorhanden, die jedoch, im
Gegensatz zu denen der Erkrankten, eine Kostimulation über CD28 benötigten,
um aktiviert zu werden. Dies ist ein Hinweis dafür, dass die T-Zellen der
Gesunden, im Gegensatz zu denen der an MS Erkrankten, vorher noch nicht
aktiviert worden sind [153]. CD28 befindet sich auf T-Zellen, interagiert mit
CD80 oder CD86 auf antigenpräsentierenden Zellen und führt zu einer
Aktivierung der T-Zellen. Ist die Aktivierung der jeweiligen T-Zelle erfolgt, wird
die Kostimulation nicht mehr zwangsläufig benötigt und die Zellen können
unabhängig von anderen Zellen Schaden anrichten [222]. Myelinspezifische TGedächtniszellen ließen sich, im Gegensatz zu MS-Erkrankten, bei Gesunden
nicht finden [35].
12
1. Einleitung
Des Weiteren korrelieren MHC-II-Gene und MS-Erkrankungswahrscheinlichkeit
[103], was die Beteiligung von CD4+-T-Zellen wahrscheinlich macht, da diese
mit MHC-II interagieren.
Betrachtet man IFN-γ-freisetzende autoreaktive Th1-Zellen, so scheinen diese
nach einer Studie von Crawford et al. höher differenziert zu sein als bei
gesunden Probanden [48]. In einer Studie, in der man systemisch IFN-γ
verabreichte,
konnte
außerdem
gezeigt
werden,
dass
dies
zu
einer
Verschlechterung der Krankheit führte, was unter anderem auf eine vermehrte
Proliferation der Lymphozyten zurückgeführt werden konnte [196]. Nach Frisullo
et al. war IFN-γ insbesondere im akuten Schub erhöht, während dies in der
chronischen Phase nicht der Fall war [80]. Als man der Frage nachging, wie
genau IFN-γ zur Pathogenese beiträgt, konnte herausgefunden werden, dass
IFN-γ in vitro die Apoptose von humanen Oligodendrozyten auslöst. Dies wurde
dadurch unterstützt, dass IFN-γ in MS-Läsionen in der Nähe von apoptotischen
Oligodendrozyten gefunden werden konnte [207]. Auf dieser Grundlage wurde
eine Studie zur Wirkung von IFN-γ-neutralisierenden Antikörpern bei MSPatienten
durchgeführt,
die
positive
Resultate
lieferte
[239].
Die
Stichprobengröße war allerdings relativ klein und eine Verbesserung zeigte sich
lediglich bei einem Teil der Probanden. Außerdem problematisch im Hinblick auf
Folgestudien sind die Ergebnisse aus EAE-Studien, die zeigen, dass es in der
Abwesenheit von IFN-γ zur Verschlechterung des Krankheitsverlaufs kommt
[131]. Allerdings ist eine Abweichung der Funktionen von IFN-γ bei MS und EAE
durchaus möglich.
Die Rolle von Th17-Zellen bei der MS ist weit weniger gut erforscht. Mit DNAMikroarrays konnte man nachweisen, dass sich IL-17 in aktiven MS-Läsionen
sowie am Rand von chronisch-aktiven Läsionen befindet [267]. Es zeigte sich
eine Anreicherung von IL-17-mRNA im Blut und im Liquor von MS Patienten,
wobei während klinischer Verschlechterungen die Konzentration vor allem im
Blut anstieg [166]. Obwohl die Th1-Zellen im Liquor und Blut von MS-Patienten
etwa 10-fach höherer Anzahl als die Th17-Zellen vorhanden waren, war die
Anzahl von Th17-Zellen im Vergleich zu Gesunden ebenfalls signifikant erhöht
[33]. Weitere Untersuchungen zeigten, dass Zellen, die positiv für IFN-γ und
13
1. Einleitung
IL17 sind, die Bluthirnschranke leichter überwinden [124]. Demnach existiert
wahrscheinlich ein Zusammenspiel von Th1- und Th17-Zellen, welches zur
Formation von entzündlichen Läsionen beiträgt. Eine Studie mit einem
neutralisierenden Antikörper gegen die p40-Untereinheit von IL-12 und IL-23
zeigte keine Verbesserung der Krankheit, obwohl so sowohl die Th1Differenzierung als auch die IL-17 Produktion durch Th17-Zellen hätte
unterdrückt werden sollen [228]. Die Gründe für das fehlende Ansprechen auf
die Therapie bleiben fraglich. So ist beispielsweise unklar, ob der Antikörper
überhaupt die Möglichkeit hatte, die BHS zu überwinden.
Eines der gängigen Therapieregimes ist die Verabreichung von IFN-β. Es
vermindert die Th1-Antwort und führt zu signifikant geringeren Konzentrationen
von IFN-γ und dem Transkriptionsfaktor T-bet. Die Konzentration von IL-17
hingegen wird nicht signifikant vermindert [58]. Es sprechen jedoch nicht alle
Patienten gut auf eine Therapie mit IFN-β an. Eine Beteiligung von Th17-Zellen
ist demnach wahrscheinlich und es ist möglich, dass bei den verschiedenen
Verlaufsformen
unterschiedliche
Entzündungsmediatoren
und
Zelltypen
vorherrschen.
1.3.2 Die Rolle antigenpräsentierender Zellen
1.3.2.1 Makrophagen und Mikroglia bei EAE
Makrophagen und Mikroglia sind eng verwandte Zellpopulationen, die im ZNS
ähnliche Funktionen ausüben und beide F4/80 exprimieren [202]. Sie gelangen
schnell zu entzündlichen Läsionen und mediieren die Immunantwort. Nichtphagozytierende Makrophagen aus der Peripherie können sich im ZNS zu
Mikroglia umwandeln [74] und umgekehrt [28]. Sie präsentieren Antigene über
MHC-II Moleküle, welche nach Konno et al. [129] in der EAE vermehrt
vorhanden sind. Im Gegensatz zu aus dem Blut stammenden perivaskulären
Makrophagen, denen eine entscheidende Rolle bei der Krankheitsinduktion
(Aktivierung von enzephalitogenen CD4+-T-Zellen) zugeschrieben wird [102],
14
1. Einleitung
trägt eine Expression von MHC-II über Mikroglia eher zu einer Aktivierung von
regulatorischen T-Zellen, sprich zu einer Eindämmung der Inflammation, bei [5].
Bei Makrophagen hingegen ist der Anteil an MHC-II- und CD45-Expression im
Vergleich zu dem der Mikroglia größer [68+125]. Makrophagen und Mikroglia
sind durch die Präsentation von neuen Antigenen am Epitope Spreading
beteiligt
[173].
Dieses
findet
z.B.
dann
statt,
wenn
Phagozyten
Myelinbestandteile von zerstörten/demyelinisierten Axonen ingestieren und
diese dann erneut präsentieren.
Makrophagen
und
Mikroglia
fungieren
jedoch
nicht
nur
als
antigenpräsentierende Zellen, sondern schütten auch diverse Zytokine und
Chemokine aus, die überwiegend proinflammatorische (IL-1, INF-γ, TNF-α, GMCSF, IL-12, IL-23) aber auch anti-inflammatorische (IL-10, TGF-β) Funktionen
ausüben [209] und zur weiteren Rekrutierung von Leukozyten in das ZNS
führen. Des Weiteren setzen sie freie Radikale (NO) [127] sowie den
exzitatorischen Transmitter Glutamat frei, der in großen Mengen schädlich für
Neurone und Oligodendrozyten ist. Nach Ergebnissen von Werner et al. besteht
eine positive Korrelation zwischen Glutamatkonzentration und axonalem
Schaden [286].
Es lassen sich zwei Phänotypen von Makrophagen unterscheiden, die jeweils
unterschiedliche Funktionen ausüben: der M1-Phänotyp (klassisch aktiviert, das
heißt via LPS, IFN-γ und IL-12) trägt über die Freisetzung pro-inflammatorischer
Zytokine zur ZNS-Destruktion bei und hat Einfluss auf die Aktivierung von TZellen sowie deren Migration in das ZNS. Er ist vor allem in der akuten Phase
der EAE präsent. Der M2-Phänotyp (alternativ aktiviert, das heißt via IL-4, IL-10
und IL-13) weist hingegen regulatorische und antiinflammatorische Funktionen
auf und ist eher in den späteren EAE-Phasen zu finden. Beim M2-Phänotyp
existieren
jeweils
noch
weitere
Unterformen
(a-c),
die
zum
Teil
proinflammatorische Prozesse begünstigen [176+278]. Ein Ungleichgewicht der
unterschiedlichen Phänotypen scheint zur Pathogenese der EAE beizutragen
(zusammengefasst in [118]).
In diversen Studien konnte man herausarbeiten, dass die aus dem Blut
stammenden Makrophagen von funktioneller Relevanz in der EAE sind. Wenn
15
1. Einleitung
Makrophagen entfernt wurden, konnte keine EAE mittels adoptiven Transfers
von T-Zellen ausgelöst werden. Obwohl die Extravasation der Leukozyten aus
dem Blut nicht verhindert wurde und eine Zytokinfreisetzung vorhanden war,
infiltrierten Lymphozyten das Parenchym nicht. Im Gegensatz zu den
Kontrollmäusen kam es nicht zur Demyelinisierung und die Freisetzung von
iNOS und TNF-α wurde verhindert [260]. Eine Erklärung dafür bietet eine Studie
von Agrawal et al [2]. Zum besseren Verständnis muss aber zunächst der
Aufbau der BHS etwas genauer betrachtet werden. Sie beinhaltet zwei
Basalmembranen: eine endotheliale und eine parenchymale, die jeweils
unterschiedlich zusammengesetzt sind [238]. Die endotheliale wird durch die
Zellen des Endothels, die parenchymale durch Astrozyten und assoziierte
leptomeningeale Zellen gebildet [214]. Man geht davon aus, dass autoreaktive
T-Zellen in der EAE mit den endothelialen Lamininen interagieren (über die
Interaktion von α4-Integrin und VCAM-1 [292]) und so die endotheliale
Basalmembran, jedoch nicht die parenchymale Basalmembran überwinden
können [238]. Symptome treten aber erst dann auf, wenn die Lymphozyten in
das ZNS-Parenchym einwandern. Den Ergebnissen von Agrawal et al. zur
Folge
sind
Makrophagen
für
die
Überwindung
der
parenchymalen
Basalmembran verantwortlich. Sie setzen Gelatinase frei (MMP 2 und MMP 9),
welche die Laminine an der parenchymalen Basalmembran zerstört und so die
Einwanderung von Lymphozyten ermöglicht [2]. Ähnliche Ergebnisse zeigten
sich, wenn in aus dem Blut stammenden Makrophagen MHC-Antigene,
kostimulatorische Moleküle (wie CD40) oder TNF-α ausgeschaltet wurden
[102+242]. Das klinische Bild ließ sich so verbessern oder sogar die
Krankheitsinduktion verhindern. Heppner et al. konnten zeigen, dass die
Depletion von Mikroglia ebenfalls zu einem verbesserten klinischen Bild,
weniger Infiltraten und einem späteren Beginn der Krankheit führte [101].
Erneut scheint es ein komplexes Zusammenspiel der unterschiedlichen
Zelllinien bzw. Untertypen zu sein, die an der Pathogenese von EAE beteiligt
sind.
16
1. Einleitung
1.3.2.2
Makrophagen und Mikroglia bei MS
In aktiven Plaques von MS-Patienten konnten Makrophagen in den Bereichen
gefunden werden, an denen Demyelinisierung stattfindet [31]. Ihre Funktionen
in der MS entsprechen denen der EAE: sie produzieren proinflammatorische
Zytokine [209], Chemokine [237] und reaktive Stickstoffradikale [224]. Letztere
wurden
allerdings
nur
bei
akuten,
hingegen
nicht
bei
chronischen
Verlaufsformen der MS von Makrophagen freigesetzt [189] und tragen folglich
zur Formation von akuten Läsionen bei. Wahrscheinlich nehmen Makrophagen
neben
der
schädigenden,
auch
regulatorische
und
wiederherstellende
Funktionen ein, worauf unter anderem die Ergebnisse von Kotter et al.
hinweisen. Wie bereits erwähnt ist beispielsweise die Phagozytose von
Myelinresten notwendig, damit es zur Remyelinisierung kommen kann [130].
Auch beim Menschen lassen sich die Makrophagen in M1- und M2-Phänotypen
unterteilen, deren Funktionen den in der EAE beteiligten Makrophagen
entsprechen. So wurde z.B. durch die Gabe von IFN-β eine Vermehrung der
Makrophagen vom M2-Phänotyp beobachtet [5].
1.3.2.3 Dendritische Zellen bei EAE und MS
Dendritische Zellen sind eine weitere Zelllinie, die in der Lage ist, Antigene im
ZNS zu präsentieren, so auch myelinspezifische Antigene für CD4 +-T-Zellen bei
der EAE. Nach Bailey et al. entwickeln sich die CD4+-T-Zellen nach Stimulation
von im ZNS angereicherten dendritischen Zellen vor allem zum Th17-Phänotyp
[10]. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass eine EAE durch den Transfer
von myelinspezifischen dendritischen Zellen (MOG:35-55) ausgelöst werden
kann
[283].
In
einer
neuen
Studie,
in
der
die
Wirkung
eines
Phosphatidylinositol-3-Kinase-Inhibitors auf dendritische Zellen getestet wurde,
konnten diese gehemmt und somit eine Verbesserung der EAE mit geringeren
Spiegeln von IFN-γ und IL-17 erreicht werden [291].
17
1. Einleitung
Bei MS-Patienten stellten Zozulya et al. eine Erhöhung der Anzahl dendritischer
Zellen in Blut, Liquor und Läsionen im ZNS fest [300]. Außerdem produzierten
die Zellen eine höhere Konzentration von proinflammatorischen Zytokinen
(TNF-α, IFN-γ und IL-6) [112]. Iwamoto et al. untersuchten 2007 die Einflüsse
von TNF-α auf humane Monozyten und fanden heraus, dass sich diese in
Anwesenheit
von
Lipopolysacchariden
zu
dendritischen
Zellen
oder
Makrophagen entwickeln, die eine hohe Anzahl von Effektormolekülen
freisetzen (TNF-α, Matrixmetalloproteasen, IL-23). Reife dendritische Zellen
benötigen außerdem die Stimulation über TNF-α, um eine Th1- oder Th17Antwort
auszulösen.
Folglich
wird
über
dendritische
Zellen
auf
die
Immunantwort von Th1- und Th17-Zellen Einfluss genommen [115].
1.3.3 Weitere beteiligte Zelllinien
1.3.3.1 CD8+-T-Zellen bei EAE und MS
Neben CD4+-T-Zellen sind auch die zytotoxischen CD8+-T-Zellen (CTL)
mögliche Mitverursacher von Läsionen im ZNS. Es konnte gezeigt werden,
dass CTLs in der Lage sind Neuriten anzugreifen [174]. Sie setzen außerdem
Perforine frei, die eine Schädigung der Zellen im ZNS hervorrufen können und
zu der Desintegrität der BHS beitragen [135+137]. Im Gegensatz zu CD4+-TZellen, interagieren CD8+-T-Zellen nicht mit MHC II sondern mit MHC I, das auf
jeder Zelle vorhanden ist und nach Neumann et al. auf Neuronen induziert
werden kann [183]. Kreiert man nun Knockout-Mäuse, denen MHC I fehlt,
kommt es zwar noch zur Demyelinisierung, der axonale Schaden fällt jedoch
deutlich geringer aus und die Nervenleitgeschwindigkeit wird ebenfalls nicht
beeinflusst
[218]. Auch
eine
passive
EAE-Auslösung
mit MOG:35-55
spezifischen CD8+-T-Zellen ist möglich [248]. Bei der Auslösung von EAE mit
MOG:37-46, welches kein CD4+-T-Zellepitop darstellt, kam es zur Bildung von
IFN-γ-ausschüttenden CD8+-T-Zellen [77]. Man geht mittlerweile davon aus,
dass es entsprechend den CD4+-T-Zellen auch bei der CD8+-Zelllinie sowohl
18
1. Einleitung
regulatorische
als
auch
zytotoxische
Unterformen
gibt,
die
jeweils
unterschiedliche Zytokinmuster aufweisen [59].
Bei MS-Patienten konnte man feststellen, dass a) CTLs in das Hirnparenchym
einwandern, während CD4+-T-Zellen eher meningeal und perivaskulär bleiben
[82], b) in Läsionen mehr CD8+- als CD4+-T-Zellen zu finden sind [97] und c) der
Axonschaden, ähnlich wie im Mausmodell, mit der Anzahl der infiltrierten CD8+T-Zellen korreliert [25]. Außerdem setzten mit IL-23 stimulierte CD8+-T-Zellen
sogar in größerem Ausmaß IL-17 frei als CD4+-T-Zellen [275]. Wahrscheinlich
haben demnach auch CD8+-T-Zellen einen Anteil an der Läsionspathologie,
insbesondere in Bezug auf die axonale Pathologie. Die Demyelinisierung
hingegen lässt sich nach diesen Ergebnissen eher nicht auf CD8 +-T-Zellen
zurückführen.
1.3.3.2 B-Zellen in EAE und MS
Eine EAE konnte zwar nicht durch den Transfer myelinspezifischer Antikörper
ausgelöst werden [141], B-Zellen scheinen aber trotzdem durch ihre Funktion
als antigenpäsentierende Zellen und durch die Ausschüttung von Antikörpern
zur Pathogenese beizutragen. Ein Modell der EAE, in dem B-Zellen beteiligt
sind, ist das MP4-Modell, mit dem auch bei C57BL/6-Mäusen eine EAE mit BZellbeteiligung ausgelöst werden kann. Dies ist insofern interessant, als dass
die meisten genveränderten Mäuse C57BL/6-Maus-Kreuzungen sind [136]. Das
MP4 ist ein Fusionsprotein aus MBP und PLP und wurde ursprünglich als
mögliches Ziel für MS-Therapeutika entwickelt [64]. B-Zellen sind dabei vor
allem bei der chronischen mit MP4-induzierten EAE vorherrschend und
organisieren sich in lymphfollikelartigen Aggregaten [135]. Bei Mäusen, denen
B-Zellen fehlen, kann keine EAE ausgelöst werden. Wenn man ihnen aber
myelinspezifische Antikörper
überträgt
(hier
MOG-spezifisch),
wird
die
Auslösung wieder möglich [157]. Bei Mäusen, bei denen man über genetische
Modifikationen die Antikörperproduktion erhöhte, fand man eine ausgeprägtere
EAE [150]. Neben dieser direkt pathogenen Rolle der B-Zellen über eine
19
1. Einleitung
Antikörperproduktion, wirken sie außerdem als antigenpräsentierende Zellen,
die mit T-Zellen interagieren und sie zur Ausschüttung von IL-17 und IFN-γ
anregen. Die Rolle der B-Zellen ist sehr komplex. So verfügen sie
wahrscheinlich zusätzlich noch über regulatorische Funktionen, die allerdings
nur vor der Krankheitsinduktion greifen. Wenn man B-Zellen vor der
Immunisierung entfernte, verlief die Krankheit schlimmer. Eine Entfernung nach
der Induktion hingegen hatte keine Auswirkungen auf den Krankheitsverlauf
[165].
Bei MS weist z.B. die Erhöhung der oligoklonalen IgG-Banden im Liquor, die
man zur Diagnosestellung verwendet, auf eine Beteiligung von Antikörpern und
somit der B-Zellen hin. Diese Antikörper sind zum Teil myelinspezifisch gegen
MBP, PLP und MOG [281]. In MS-Läsionen konnten außerdem Immunglobuline
und Komplementfaktoren in der Nähe von B-Zellen gefunden werden [245],
was, wie oben bereits erwähnt, einem Läsionsmuster vom Typ II entspricht.
Dies stellt den bei MS-Patienten am weitesten verbreiteten Läsionstyp dar. Mit
einem früheren Krankheitsbeginn, einer vermehrten Krankheitsaktivität und dem
Tod einhergehende meningeale B-Zell-Aggregate konnten bei 40% der
Patienten mit SP-MS gefunden werden. Bei einem primär progredienten Verlauf
der MS wurden diese follikelartigen Strukturen hingegen nicht beobachtet,
wobei fraglich ist, ob der PPMS eine autoimmune Genese zu Grunde liegt.
Möglicherweise sind stärkere Immunreaktionen zur Auslösung der Aggregation
der Zellen zu Follikeln notwendig, die gleichzeitig mit einer vermehrten
Schädigung des Parenchyms einhergehen. Außerdem könnte es so zu einer
chronischen Schädigung kommen, die von den aggregierten B-Zellen ausgeht.
Bei Betroffenen, bei denen sich Follikel fanden, waren eine vermehrte
Demyelinisierung, mehr aktive kortikale Läsionen, eine vermehrte Aktivierung
von Mikroglia und ein vermehrter Verlust von Neuronen zu beobachten. Auch
eine vermehrte Freisetzung humoraler Faktoren könnte zu dieser Schädigung
beitragen [96+159]. Weitere Studien zeigten, dass die Entstehung von
follikelartigen
Formationen
mit
einer
Schädigung
der
parenchymalen
Basalmembran einhergeht [110+160]. B-Zellen scheinen also ebenfalls ihren
Anteil an der Pathogenese von MS zu haben.
20
1. Einleitung
1.4 Histopathologie bei MS und EAE
Das histologische Bild in EAE und MS ist im Allgemeinen gekennzeichnet durch
die Trias Entzündung, Demyelinisierung und axonalen/neuronalen Schaden.
Dabei ist die Entzündung der Prozess, der bis dato am besten verstanden ist.
Wie oben bereits beschrieben, überwinden autoreaktive CD4 +-T- Zellen die
BHS, werden reaktiviert und es kommt zu einer Kaskade von Immunreaktionen,
die in einer Demyelinisierung und der Bildung von entzündlichen Herden
(Plaques) endet. Wandern dann Astrozyten ein und expandieren, können diese
sich um die Plaques herum versammeln und eine abschirmende Glia-Narbe
(Sklerose) entsteht, die gegen weiteren Schaden schützt [6]. Während
demyelinisierte
Nervenfasern
zwar
durch
eine
geringere
Nervenleitgeschwindigkeit auffallen, bleiben die Axone jedoch funktionsfähig
und
es
kann,
sofern
die
Oligodendrozyten
noch
intakt
sind,
zur
Remyelinisierung kommen. Ist allerdings das Axon selbst geschädigt, führt dies
zu irreversiblen neuronalen Schäden.
Prinzipiell wurde der axonale Schaden zwar schon im 19. Jahrhundert (1868)
von Charcot beschrieben, jedoch lange außer Acht gelassen. Erst 1998
identifizierten Trapp et al. den axonalen Schaden als ein Merkmal, das in
zahlreichen Läsionen auftritt [261]. Axone sind aufgrund ihrer Morphologie und
Stoffwechsellage
potentiell
gefährdet:
Sie
sind
sehr
lang
und
stoffwechselinaktiv. Mögliche Ursachen für axonale Schäden können z.B.
Transportdefekte, Ischämien oder auch freigesetzte Entzündungsmediatoren
sein [45]. In der MS werden als Ursachen für axonalen Schaden der direkte
Angriff über Antikörper oder CTLs, die toxische Wirkung von Effektormolekülen wie Glutamat oder Radikale - sowie sekundär schädigende Effekte nach
erfolgter Demyelinisierung angenommen [193].
Ist es erst einmal zu einer Beschädigung des Axons gekommen, stirbt, gemäß
dem Prozess der Wallerschen Degeneration, zunächst der distale, vom
Perikaryon abgetrennte Teil des Axons ab. Fehlen zusätzlich Verbindungen zu
anderen Neuronen, kann es dann zum Absterben der proximalen Axonanteile
21
1. Einleitung
und des Perikaryons selbst kommen. Ein Prozess, der über neuronale
Verbindungen retrograd oder anterograd weiterlaufen und so auch räumlich
weiter entfernte Neurone affektieren kann [201].
Mittels magnetresonanzspektroskopischen Analysen mit neuronalen Markern
wie N-Acetyl-Aspartat (NAA), kann axonaler Schaden mittlerweile relativ gut
detektiert werden, wobei eine Korrelation mit dem Krankheitsausmaß/klinischen
Defizit bei MS-Patienten gefunden werden konnte [55+70]. NAA wird in intakten
neuronalen Mitochondrien gebildet und spiegelt so deren Metabolismus wieder.
In MS-Läsionen ist seine Synthese entsprechend vermindert.
In elektronenmikroskopischen Untersuchungen und immunhistochemischen
Färbungen des Gewebes konnten einige Charakteristika von axonalem
Schaden definiert werden. Dazu gehörten ein vergrößerter Durchmesser der
axonalen Mitochondrien (auch bezeichnet als feine axonale Pathologien), da sie
auf das Minderangebot von ATP reagieren [161] und eine Verminderung des
Abstands benachbarter axonaler Neurofilamente (NNND, nearest neighbour
neurofilament distance) sowie eine Veränderung des Durchmesser der Axone
selbst. Dieser ist abhängig von der Anzahl der Neurofilamente und
entscheidend
für
die
Nervenleitgeschwindigkeit
und
korrekte
Leitungsübertragung [156]. Ein weiteres histologisches Charakteristikum ist der
sogenannte axon end bulb, der dadurch zustande kommt, dass das distale
Ende eines durchtrennten Axons versiegelt wird und anschwillt.
Als immunhistochemischen Nachweis gibt es die Möglichkeit einer Färbung mit
Antikörpern gegen nicht-phosphoryliertes Neurofilament (SMI 32). Unter
physiologischen Bedingungen sind Neurofilamente stark phosphoryliert und
werden daher nicht durch SMI 32 angefärbt. Verlieren Axone durch Schädigung
nun aber ihre Phosphorylierung, kann dies durch eine Färbung mit SMI 32
sichtbar gemacht werden [261].
Lange Zeit wurde angenommen, dass es erst im späten Krankheitsverlauf zu
axonalem Schaden kommt. Diverse Studienergebnisse weisen jedoch darauf
hin, dass axonaler Schaden ein frühes Merkmal ist, dieser jedoch klinisch nicht
in Erscheinung tritt, bis ein kritisches Level erreicht ist und der Ausfall der
Neurone nicht mehr kompensiert werden kann. Bei Mäusen entspricht dies
22
1. Einleitung
einem Verlust von 15-30% der Neurone [46+290]. Wie genau der axonale
Schaden bedingt wird, ist allerdings fraglich. Es fanden sich in EAE-Studien
keine oder eine nur geringe Korrelationen zu der Anzahl der T-Zellen im
Parenchym [66+105+280].
Wie hängen nun aber Inflammation, Demyelinisierung und Neurodegeneration
zusammen? Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass Demyelinisierung
axonalen Schaden bedingt (Outside-In-Modell). Tsunoda et al. [265] und
Peterson et al. hingegen vermuten, dass axonaler Schaden auch der
Demyelinisierung vorausgehen kann (Inside-Out-Modell).
Die Annahme beim Outside-In-Modell ist, dass es erst zur Demyelinisierung
kommt, die dann zu axonalem Schaden führt. Dies ist z.B. bei EAE der Fall,
wenn sie durch adoptiven Transfer ausgelöst wurde. Beim Inside-Out Modell
hingegen wird das Axon geschädigt, z.B. durch virale Infektionen, reaktive Toder B-Zellen oder Effektormoleküle wie TNF-α und Glutamat. Im Verlauf breitet
sich der Schaden dann über wallerische Degeneration oder die Unterbrechung
der Verbindung zwischen Oligodendrozyten und Axonen aus. Durch die
Aktivierung von weiteren Immunzellen wie z.B. Mikroglia erstreckt sich der
Schaden auf die Oligodendrozyten. Makrophagen und andere phagozytierende
Zellen nehmen Anteile des beschädigten Myelins, der Oligodendrozyten und
der Axone auf und präsentieren die Antigene den ruhenden autoreaktiven Tund B-Zellen, die daraufhin reaktiviert werden. Es kommt zur Demyelinisierung
und weiterem axonalen Schaden. Dieser Kreislauf kann z.B. bei Modellen mit
MOG:35-55 induzierter EAE gefunden werden [203].
Auch bei der MS gibt es mehrere Hypothesen in Bezug auf die Interaktion von
Entzündung und Neurodegeneration. Steinman nach zu urteilen verläuft MS in
zwei Phasen. Die erste Phase ist gekennzeichnet durch entzündliche Prozesse,
während zunächst myelinhaltige Makrophagen im Vordergrund stehen und
Lymphozyten erst später eine Rolle spielen. Sie weist einen schubförmigremittierenden Verlauf auf. Im Anschluss kommt es dann in der zweiten Phase
zur Neurodegeneration mit irreversiblen neurologischen Defiziten (sekundär
progrediente Verlaufsform) [243]. Ähnlich besagt eine andere Hypothese, dass
die unterschiedlichen Verlaufsformen unterschiedliche pathologische Muster mit
23
1. Einleitung
sich bringen, die RR-MS eine charakteristische Entzündung und die PP-MS
eine vorherrschende Neurodegeneration. In fortgeschrittenen Krankheitsstadien
korreliert die Neurodegeneration dann mit dem Auftreten irreversibler
neurologischer Defizite [54]. Das MOG:35-55-abhängige EAE-Modell bildet
diese Charakteristika der Histopathologie gut ab, da es eine Korrelation von
Läsionsformation
und
Krankheitsstadien
durch
Krankheitsschweregrad
die
An-
oder
aufweist
Abwesenheit
von
und
die
Entzündung
gekennzeichnet sind. Während in der akuten Phase viele entzündliche Infiltrate
und viel Ödem vorhanden sind, nehmen diese im Verlauf ab. In der chronischen
Phase dominieren dann Myelin- und Axonpathologien [212]. Um die Ergebnisse
der Tierstudien auf die MS übertragen zu können, ist es notwendig Tiermodelle
zu etablieren, die den jeweiligen Krankheitsverläufen der MS größtmöglich
ähneln und die Untersuchung der beteiligten Faktoren ermöglichen. Einer der in
MS, EAE und vielen weiteren Autoimmunkrankheiten vorhandene Mediator ist
TNF-α.
1.5 Tumor-Nekrosefaktor alpha (TNF-α)
Es gibt diverse Zellen im ZNS, die TNF-α freisetzen und einige Erkenntnisse,
die nahe legen, dass TNF-α am Pathomechanismus von Autoimmunkrankheiten
beteiligt ist. Um dies besser nachvollziehen zu können, muss man zunächst die
Grundlagen zu TNF-α und seinen Rezeptoren näher betrachten.
1.5.1 Funktion und Rezeptorprofil
TNF-α wurde bereits vor über 45 Jahren von Carswell et al. identifiziert, mit der
Annahme, dass es die Nekrose von Tumorzellen verursacht - daher auch seine
Namensgebung [37]. Kurze Zeit später konnte seine DNA-Struktur ermittelt und
das Protein geklont werden [200]. Parallel dazu isolierten Beutler et al. einen
Faktor aus Makrophagen, den sie Cachexin nannten [23] und es stellte sich
24
1. Einleitung
heraus, dass dieser identisch mit TNF-α ist. Makrophagen schütten folglich
TNF-α aus. Schnell wurde klar, dass TNF-α noch deutlich mehr Funktionen hat,
als die Induktion der Nekrose von Tumorzellen, so z.B. eine erhebliche
proinflammatorische Wirkung [53]. Bei einer Überproduktion führt es zu Fieber,
Hypotension und septischem Schock [259]. Hinzu kommt, dass TNF-α nicht nur
von Makrophagen, sondern von vielen weiteren Zelltypen (T-Zellen, B-Zellen,
dendritische Zellen, Monozyten, Granulozyten, Mastzellen) und auch von nichthämatopoetischen Zellen ausgeschüttet wird [277]. Im ZNS sezernieren
Mikroglia, Astrozyten und einige Neuronenpopulationen TNF-α [170]. Die
ursprüngliche Idee, TNF-α als Behandlungsoption in der Krebstherapie zu
verwenden, ließ also viele systemische Nebenwirkungen vermuten und wurde
daraufhin wieder verworfen. TNF-α verfolgt aber nicht nur proinflammatorische
Funktionen, sondern trägt beispielsweise zur Formation von Granulomen in
mykobakteriellen Infektionen und somit zur Begrenzung der Infektion bei [75].
Um die Funktionen von TNF-α genauer zu verstehen, müssen seine
Rezeptoren betrachtet werden.
Mittlerweile sind über 40 Mitglieder der TNF/TNF-Rezeptorfamilie bekannt, die
jeweils mit verschiedenen Liganden interagieren und sich durch intrazelluläre
cysteinreiche Domänen auszeichnen [24]. Im Folgenden hervorgehoben
werden die membranständigen Rezeptoren TNF-Rezeptor Typ 1 (TNF-R1),
auch bekannt als p55-, CD120a-TNF-Rezeptor, und TNF-Rezeptor Typ 2 (TNFR2/p75/CD120b). TNF-R1
ist auf
nahezu
allen
Zellen
ausgenommen
Erythrozyten vorhanden, die Expression von TNF-R2 hingegen ist induzierbar
und findet nur auf Endothel-, hämatopoetischen und neuronalen Zellen statt [1].
TNF-α selbst existiert in zwei Formen: als monomeres Transmembranprotein,
dem sogenannten Prä-TNF oder auch transmembranen TNF-α (mTNF), von
dem mittels TACE (TNF Converting Enzyme) das lösliche TNF-α (sTNF)
abgespalten wird, welches die zweite Form darstellt. Um seine Wirkung zu
entfalten,
müssen
die
monomeren
TNF-Moleküle
noch
zu
Trimeren
aggregieren. Während sTNF eine höhere Affinität zum TNF-R1 hat, wird TNFR2 eher durch mTNF aktiviert. Prinzipiell können die Liganden aber jeweils an
beide Rezeptoren binden [98] (siehe auch Abbildung 1).
25
1. Einleitung
Abbildung 1: Schematische Darstellung der TNF-Rezeptor-Signalwege. Vom transmembranen
TNF (mTNF) wird durch das TNF-Converting-Enzyme (TACE) lösliches TNF (sTNF)
abgespalten. Dies formt Trimere und aktiviert bevorzugt TNF-R1, mTNF hingegen aktiviert
vorzugsweise TNF-R2. Durch TNF-R1 werden vor allem zur Apoptose führende Signalwege
ausgelöst, sowohl über TRADD (Tumor necrosis factor receptor type 1-associated death
domain protein) und FADD (Fas-associated death domain) als auch über reaktive
Sauerstoffspezies (ROS) aus Mitochondrien. Diese führen zu einer Aktivierung verschiedener
Caspasen, über die eine Apoptose der jeweiligen Zelle ausgelöst wird. Über TNF-R2 und über
TNF-R1 werden außerdem anti-apoptotische Signalkaskaden in Gang gesetzt. Durch TNFRezeptor-assoziierte Faktoren (TRAF, in diesem Fall TRAF2) wird NF-κB aktiviert, was
wiederum zur Aktivierung antiapoptotischer Gene führt. TNF-α-produzierende Zellen sind unter
anderem Makrophagen und T-Zellen. (Graphik angelehnt an [98])
TNF-R1 besitzt eine Todesdomäne und ist in der Lage, über die Aktivierung von
Caspasen, Apoptose zu induzieren, allerdings nur, wenn die Proteinsynthese
nicht intakt ist, sprich NF-κB, welches antiapoptotisch agiert, die Apoptose nicht
hemmen kann [293]. Neben dieser proapoptotischen Funktion, wird über TNFR1 die Transkription von proinflammatorischen Genen induziert [143] (IL-1, IL-2,
IL-6, IL-8, IL-12, RANTES, TNF-α, Chemokine, induzierbare NO-Synthase etc.;
zusammengefasst von Kruglov et al. [133].
26
1. Einleitung
Mit Hilfe von TNF-R1-Knockout-Mäusen wurde erkannt, dass TNF-R1 im
Wesentlichen an der Formation von lymphatischem Gewebe beteiligt ist. So
fehlen in TNF-R1-/--Mäusen beispielsweise die Peyer Plaques im Darm [163].
Auch die Formation von Keimzentren der B-Zellen wird über TNF-R1
beeinflusst. Ist der Rezeptor nicht vorhanden, fehlen diese [198]. Die Abwehr
von
intrazellulären
Erregern
wird
ebenfalls
größtenteils
über
eine
Signaltransduktion von TNF-R1 geregelt. So sind Mäuse, denen TNF-R1 fehlt,
deutlich
anfälliger
gegenüber
Infektionen
mit
Tuberkulose,
Listerien,
Toxoplasmen, Pilzen etc. [75+221].
TNF-R2 induziert außerdem die Produktion von Zytokinen und anderen
proinflammatorischen
Molekülen
sowie
antiapoptotischen
Genen.
Die
Todesdomäne ist bei ihm nicht vorhanden, über Interaktion mit TNF-R1 trägt er
jedoch auch zur Apoptoseinduktion bei [126]. In aktivierten CD8+-Zellen initiiert
er eine Apoptose auch unabhängig von TNF-R1 [297]. Diese These bestätigen
Ban et al., die zeigen konnten, dass TNF-R2-Agonisten in der Lage waren
autoreaktive CD8+-Zellen abzutöten, während gesunde und CD4+-Zellen nicht
zerstört wurden [11]. Der Mechanismus ist allerdings noch nicht im Detail
verstanden. Weiterhin spielt TNF-R2 eine wichtige Rolle in Bezug auf die
Proliferation und das Überleben von T-Zellen in der Peripherie. Über ihn werden
regulatorische T-Zellen aktiviert und deren Expansion beeinflusst [41].
Die verschiedenen Rezeptoren lösen demnach teilweise identische und
teilweise gegensätzliche Vorgänge aus. Neben der protektiven Rolle bei
Infektionen mit intrazellulären Erregern nimmt TNF-α bei Entzündungen und
Autoimmunkrankheiten, wie dem oben erwähnten septischen Schock, der
rheumatoiden Arthritis, Morbus Crohn, Diabetes mellitus Typ 1, Psoriasis und
wahrscheinlich auch bei demyelinisierenden Erkrankungen wie der MS,
gleichzeitig eine pathogene Rolle ein.
27
1. Einleitung
1.5.2 TNF-α in Autoimmunkrankheiten
In der Pathologie vieler Autoimmunkrankheiten spielen proinflammatorische
Zytokine, wie TNF-α eine entscheidende Rolle. Daher kann es aufschlussreich
sein, die Funktionen von TNF-α zu untersuchen, um die Pathogenese von
Autoimmunkrankheiten besser nachvollziehen zu können und gegebenenfalls
neue Ansatzpunkte für Therapeutika zu finden.
Bei der rheumatoiden Arthritis sind die Eigenschaften von TNF-α gut untersucht
und es werden TNF-α-Inhibitoren zur Therapie eingesetzt. So kommt es durch
eine Hemmung von TNF-α zu einer deutlichen Verbesserung der klinischen
Symptomatik, der Laborparameter und des radiologischen Befundes [65+240].
Gleichzeitig finden sich bei den Betroffenen aber erhöhte Konzentrationen von
Th1- und Th17-Zellen im Blut und den lymphatischen Organen, die
proinflammatorische Zytokine produzieren. Dies untersuchten Notley et al. bei
C57BL/6-Mäusen mit kollagen-induzierter Arthritis, dem Tiermodell der
rheumatoiden Arthritis, und kamen zu dem Ergebnis, dass es zu einer
Vermehrung von Th1- und Th17-Zellen kommt, die aus ungeklärten Gründen
nicht die Gelenke erreichen. Sie konnten ebenfalls feststellen, dass sich, wenn
TNF-α direkt nach der Immunisierung blockiert wird, nur die Th1-Zellen
vermehren, während aus einer späteren Blockade eine erhöhte Konzentration
von sowohl Th1- als auch Th17-Zellen resultiert. Aus weiteren Versuchen mit
genveränderten Mäusen, bei denen selektiv TNF-R1 oder TNF-R2 inhibiert
wurde, leiteten sie ab, dass TNF-R1 für die Inhibition von Th1-/Th17-Zellen
verantwortlich ist. Bei TNF-R1-defizienten Mäusen war außerdem die
Konzentration der p40-Untereinheit, die den Zytokinen IL-12 und IL-23
gemeinsam ist, deutlich erhöht, was die Vermehrung der Zellen und die
gesteigerte Zytokinproduktion erklärt [185].
Auch bei EAE und MS wird die Rolle von TNF-α intensiv untersucht. Wheeler et
al. konnten, ähnlich wie Notley et al., eine vermehrte IL-12 und IL-23
Expression bei mit MOG:35-55 immunisierten C57BL/6-Mäusen feststellen,
wenn TNF-R1 fehlte. Hier war die IFN-γ-Ausschüttung vermehrt und außerdem
28
1. Einleitung
die Konzentration von IFN-γ-positiven CD4+-Zellen im ZNS deutlich erhöht. Die
IL17-Freisetung blieb hingegen unbeeinflusst. Dessen ungeachtet zeigten sich
bei TNF-R1-/--Mäusen ein verspäteter Krankheitsbeginn und abgemilderte
Symptome im Vergleich zum Wildtyp, was auf eine protektive Rolle von IFN-γ,
z.B. über eine Beeinflussung der Zytokinausschüttung, hinweist [287].
Einige
Studien
zeigten
eine
TNF-R1-abhängige
Expression
des
Adhäsionsmoleküls VCAM-1 auf Astrozyten, das Leukozyten den Eintritt in das
ZNS ermöglicht [15+85]. TNF-α und sein Rezeptor sind demnach wichtig für die
Migration von Entzündungszellen in das ZNS und der damit verbundenen
Krankheitsauslösung. Nach Ergebnissen von Kassiotis und Kollias ist es zu
Beginn der Krankheit positiv, wenn TNF-α fehlt, im Verlauf ergibt sich jedoch ein
Zusammenhang mit autoimmunem Myelinschaden. Myelinspezifische TGedächtniszellen werden nicht eliminiert und akkumulieren in der Milz, so dass
es zum Einsetzen einer späten chronischen EAE kommt. Das Fehlen von TNFα führte nur zum verspäteten Einsetzen der Krankheit (fünf Tage), während die
daraufhin entwickelte EAE bei TNF-/--SJL-Mäusen verschlimmert war (mehr
perivaskuläre Infiltrate und Demyelinisierung) [83].
Im Krankheitsverlauf ist TNF-R2 wahrscheinlich nötig, damit es zur Besserung
der Symptomatik kommt. Arnett et al. belegten die Rolle von TNF-α bei der
Stimulation von Oligodendrozyten zum Wachstum und zur Remyelinisierung [8].
Eine erhöhte Konzentration von TNF-α wurde nicht nur bei der EAE, sondern
auch in entzündlichen Läsionen und im Liquor von MS-Patienten gefunden
[106+229]. Außerdem ließ sich ein Zusammenhang zwischen TNF-α und der
Krankheitsprogression feststellen: bei Patienten mit chronisch progredienter MS
war die Konzentration von TNF-α im Liquor im Vergleich zu Patienten mit einer
stabilen MS oder anderen neurologischen Erkrankungen erhöht. TNF-α
korrelierte im Liquor positiv mit dem Schweregrad der Behinderung gemessen
mit dem EDSS (Expanded Disability Status Scale) und der Verschlechterung
der
neurologischen
Symptomatik
[232].
Dies
und
die
zunächst
erfolgversprechenden Ergebnisse mit der Blockade von TNF-α in der EAE und
anderen Autoimmunkrankheiten, wie rheumatoider Arthritis, führten dazu, dass
29
1. Einleitung
man eine Neutralisation von TNF-α auch bei MS-Patienten versuchte, leider mit
negativen Ergebnissen.
1.5.3 TNF-α-Inhibition
Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Blockade von TNF-α bzw. seiner
Wirkung. Man kann lösliches TNF-α abfangen und membrangebundes TNF-α
blockieren. Auch Ansatzpunkte an den TNF-Rezeptoren sind denkbar.
Außerdem könnte man versuchen die übermäßige Synthese von TNF-α zu
inhibieren.
Es gibt mittlerweile eine ganze Reihe von anti-TNF-α-Antikörpern: Infliximab,
Certolizumab, Golimumab und die in der vorliegenden Arbeit verwendeten
Etanercept und Adalimumab [258].
Adalimumab (Humira®) ist ein monoklonaler humaner Antikörper gegen TNF-α,
welcher bei Mäusen keine Wirkung hat. Etanercept (Enbrel®) hingegen ist ein
rekombinanter TNF-R2, fusioniert mit dem Fc-Teil vom Immunglobulin G. Ein
Immunglobulin-Fusionsprotein mit TNF-R1 ist ebenfalls unter dem Namen
Lenercept bekannt und wurde unter anderem versuchsweise zur MS-Therapie
eingesetzt.
monoklonaler
Infliximab
(Remicade®)
Antikörper
gegen
ist
TNF-α.
ein
chimärer
Relativ
neu
(Maus-Mensch)
zugelassen
sind
Certolizumab (Cimzia®), ein pegylierter (mit Polyethylenglycol konjugiert)
humanisierter anti-TNF-α-Antikörper, sowie Golimumab (Simponi®), ebenfalls
ein humaner monoklonaler Antikörper gegen TNF-α. Sie blockieren sowohl
lösliches als auch membrangebundenes TNF-α. Anwendungsgebiete sind z.B.
die rheumatoide Arthritis, aber auch Morbus Crohn, Psoriasis und Morbus
Bechterew.
Aufgrund vielversprechender Ergebnisse im Tiermodell wurden zwei Studien mit
anti-TNF-α-Antikörpern bei Patienten mit MS durchgeführt: Van Oosten et al.
behandelten 1996 zwei Patienten mit schnell progredienter MS mit einem
monoklonalen Antikörper gegen TNF-α (Infliximab) und beobachteten dann die
klinischen Symptome, die kontrastmittelaufnehmenden Läsionen im MRT und
30
1. Einleitung
den Immunstatus in Blut und Liquor. Es zeigten sich klinisch zwar keine neuen
neurologischen Defizite, aber eine Vermehrung der Gadolinium-Anreicherung
im Gehirn und eine erhöhte Konzentration von Leukozyten sowie ein erhöhter
IgG-Index
im
Liquor,
was
auf
eine
vermehrte
Durchlässigkeit
der
Bluthirnschranke und den Progress der Erkrankung hinweist. Anstatt die
Aktivierung des Immunsystems zu hemmen, verstärkte die Behandlung diese
und führte zu einer Erhöhung der Krankheitsaktivität [274].
Die Lenercept MS-Studiengruppe führte 1999 die zweite und bisher letzte
Studie mit dem anti-TNF-α-Antikörper Lenercept gegenüber Placebo bei
Patienten
mit
schubförmiger
und
sekundär
progredienten
MS
durch.
Dosisabhängig nahmen Attackenfrequenz und der Krankheitsschweregrad zu,
woraufhin die Studie abgebrochen wurde. Die meisten Patienten entwickelten
Antikörper gegen Lenercept, was zu vermehrtem Abbau des Medikaments
führte. Es bleibt also fraglich, ob TNF-α überhaupt adäquat neutralisiert werden
konnte. Nach den Misserfolgen dieser beiden Studien wurden keine weiteren
Versuche mit TNF-α-blockierenden Medikamenten mehr initiiert. Hingegen gilt
eine MS-Erkrankung als Kontraindikation für den Einsatz von TNF-α-Blockern,
da
sich
bei
einigen
Patienten
unter
einer Therapie
mit
anti-TNF-α
demyelinisierende Läsionen entwickelten. Der Datenbank der FDA zur Folge
waren dies in den USA von 1998 bis 2001 von über 77.000 mit TNF-αInhibitoren behandelten Patienten mit rheumatoider Arthritis 19 Fälle, von denen
17 mit Etanercept und zwei mit Infliximab behandelt wurden, die demyelinisierte
Läsionen aufwiesen [179]. Außerdem existieren diverse Fallberichte zur
Entwicklung demyelinisierender Erkrankungen wie Optikusneuritiden [184], MS
[249] und chronisch entzündlicher demyelinisierender Polyneuropathie [217].
Bis dato erfolgte die erfolgreiche Behandlung mit TNF-α-Inhibitoren von mehr
als zwei Millionen Menschen [272], dabei wurden über 500 Fälle von
neurologischen
Erkrankungen
als
Nebenwirkungen
beobachtet
(zusammengefasst in [119]). Allerdings bleibt sowohl unklar wie hoch die
Inzidenz von Demyelinisierungen im ZNS ist als auch, ob die Demyelinisierung
tatsächlich auf die jeweiligen Medikamente zurückzuführen ist oder vielmehr
eine Nebenerscheinung darstellt. In einer Fall-Kontroll-Studie von Bernatsky et
31
1. Einleitung
al. wurde bei 10 000 mit TNF-α-Inhibitoren behandelten Patienten mit
rheumatoider
Arthritis
bei
etwa
30%
demyelinisierende
Erkrankungen
beobachtet [21]. Eine Analyse von Fernández-Espartero et al., die die Daten
der spanischen Datenbanken für Medikamenteninteraktionen und die bisher
publizierten Literatur analysierten, ergab keine eindeutigen Ergebnisse
bezüglich einer erhöhten Inzidenz von einer Demyelinisierung unter anti-TNF-αTherapie. Die Inzidenz von MS, die mittels der Daten aus der spanischen
Datenbank für den Einsatz von Biologicals bei rheumatoiden Erkrankungen
(BIOBADASER) berechnet werden konnte, lag im Mittel bei 0,05 pro 1000 (95%
Konfidenzintervall 0,01-0,33), indessen lag die Inzidenz der Normalbevölkerung
bei 0,02-0,04 Fälle pro 1000 Menschen. Analysen der Daten von PubMed,
Cochrane und EMBASE ergaben 48 Fälle von MS in Verbindung mit einer
Therapie mit TNF-α Inhibitoren [71]. Inwiefern das Auftreten einer MS und die
Therapie mit TNF-α-Inhibitoren zusammenhängen, bleibt also fraglich, sollte
aber weiterhin evaluiert werden.
1.6 Zielsetzung der Arbeit
Bei vielen Autoimmunkrankheiten gehört der Einsatz von TNF-α-Inhibitoren vor
allem in fortgeschrittenen Stadien mittlerweile zum Therapiestandard. Man geht
davon aus, dass TNF-α auch bei den Entzündungsprozessen in der EAE einer
der wichtigen Mediatoren ist. Die zugrundeliegenden Mechanismen sind
allerdings noch nicht genau verstanden. Angesichts der Tatsache, dass in einer
Studie zur chronisch entzündlichen Arthritis, dem Tiermodell der rheumatoiden
Arthritis,
im
Effektororgan
(Gelenk)
eine
deutliche
Verminderung
an
schädigenden Th1- und Th17-Zellen und eine Besserung der Symptome
beobachtet werden konnte [185], stellte sich die Frage, ob sich auch bei der
EAE eine Verminderung der Zellzahlen im Effektororgan (ZNS), sowie eine
klinische Verbesserung durch eine Blockade von TNF-α erreichen lässt. Bisher
zeigten sich bei der Inhibition von TNF-α bei der EAE widersprüchliche
Ergebnisse und der Einsatz von anti-TNF-α-Medikamenten löste bei MS eine
32
1. Einleitung
Verschlechterung der Krankheit aus. Die Blockade von TNF-α soll vielmehr
sogar eine Demyelinisierung als Nebenwirkung verursachen können. Es ist
daher wichtig, die Wirkung von TNF-α genau zu analysieren, um Rückschlüsse
auf mögliche neue Therapieoptionen ziehen zu können und zu verstehen,
welche Prozesse bei einer TNF-α-Blockade ablaufen. In der vorliegenden Arbeit
wurden die Auswirkungen einer Inhibition von TNF-α auf Th1-Zellen in der
Peripherie und im ZNS sowie parallel dazu die Histopathologie des
Rückenmarks von mit MOG:35-55 immunisierten Mäusen untersucht. Die
histopathologischen Analysen wurden dabei nicht nur lichtmikroskopisch,
sondern
auch
mittels
Elektronenmikroskopie
durchgeführt,
um
die
Schädigungen noch detaillierter zu erfassen und neue Erkenntnisse über die
pathologischen Prozesse zu gewinnen. Ziel der Studie war es, die
Auswirkungen von TNF-α auf die Vorgänge im ZNS bei der EAE sowie die
seiner Blockade auf beteiligte Zellreihen des Immunsystems und parallel dazu
auf die Histopathologie des Rückenmarks zu untersuchen. Die Hypothese
bestand darin, dass das TNF-α in entzündlichen Läsionen vorhanden ist und
dort von Makrophagen freigesetzt wird. Es wurde angenommen, dass eine
Blockade von TNF-α mit Enbrel®, entsprechend der Studie von Notley et al.
[185], zu einer Verminderung der Th1-Zellzahlen im ZNS und zu einem
verbesserten klinischen Verlauf führe sowie einen positiven Einfluss auf
histopathologische Abläufe habe und folglich eine geringere Schädigung von
Myelin und Axonen zu beobachten sein müsse.
33
2. Material und Methoden
2.1 Mäuse
Sechs bis acht Wochen alte C57BL/6-Mäuse wurden von den Harlan
Laboratorien (Sulzfeld, Deutschland) und Janvier (Saint Berthevin Cedex,
Frankreich) gekauft und in individuell ventilierten Käfigen im Anatomischen
Institut der Universität zu Köln gehalten. Das inkomplette Freund-Adjuvans
(IFA) wurde aus einer 9:1 Mischung von Paraffinöl (EM Science, Gibbstown,
New Jersey) und Mannit Monooleat (Sigma, Schnelldorf, Deutschland)
hergestellt und dann unter Zugabe von 5 mg/ml Mycobakterium tuberculosis
H37RA (Difco Laboratories, Franklin Lakes, New Jersey) zu komplettem
Freund-Adjuvans (CFA) weiterverarbeitet. Die Mäuse wurden daraufhin durch
eine subkutane Gabe von 100 g MOG:35-55 (EZ Biolab, Carmel, Indiana),
emulgiert in CFA (Injektionsvolumen 200 μl), in beide Seiten der Flanken,
immunisiert. Jede Maus erhielt am Tag der Immunisierung und jeweils 48
Stunden später intraperitoneal 200 ng Pertussis Toxin (List Biological
Laboratories, Hornby, Ontario, Kanada) in 500 μl steriler phosphatgepufferter
Salzlösung (PBS). Die klinischen Symptome wurden anhand der standardisiert
verwendeten EAE Scoring-Skala erhoben: (0-5) 0- keine Symptome, 1schlaffer Schwanz, 2- Hinterlaufschwäche, 3- Hinterlaufparese, 4- Quadriplegie,
5- Tod. Der klinische Score der Mäuse wurde dabei täglich von der
Immunisierung bis zur Tötung bestimmt. An Tag 20 nach der Immunisierung
wurden die Mäuse mit CO2 eingeschläfert. Den Mäusen, die eine Behandlung
erhielten, wurde ab dem dritten Tag nach der Immunisierung, entweder 100 μg
Enbrel® (Pfizer, New York City, New York), 100 μg Humira® (AbbVie, North
Chicago, Illinois) oder PBS (Injektionsvolumen 250 μl) verabreicht. Die
Injektionen erfolgten jeweils jeden zweiten Tag. Enbrel® ist ein Fusionsprotein
aus der extrazellulären Domäne vom TNF-R2/p75 und dem Fc-Fragment des
34
2. Material und Methoden
humanen IgG1. Humira® ist vom gleichen Isotyp wie Enbrel®, neutralisiert aber
das TNF-α bei Mäusen nicht.
Alle Experimente wurden offiziell durch das LANUV genehmigt (AZ 2010.A629)
und unter Berücksichtigung des deutschen Tierschutzgesetztes durchgeführt.
2.2 Histologie
Um die Auswirkungen von anti-TNF-α auf die Rückenmarkspathologie in der
MOG:35-55-induzierten
EAE
zu
untersuchen,
wurden
Semi-
und
Ultradünnschnitte des lumbalen Rückenmarks von mit PBS (n=4), Enbrel®
(n=4) oder Humira® (n=3) behandelten Mäusen angefertigt. Dafür wurden die
Mäuse am 20. Tag nach der Immunisierung mit CO2 getötet und mit einer
4%iger
Paraformaldehyd-/
4%iger
Glutaraldehyd-/
0,1
M
PBS-Lösung
intrakardial perfundiert. Das lumbale Rückenmark wurde anschließend fixiert
bei 4°C für mindestens 24 Stunden und vorsichtig aus dem Vertebralkanal
entfernt. Das lumbale Rückenmark wurde in drei gleich dicke Segmente
aufgeteilt, mit Kakodylsäure-Puffer gespült und mit 1%igem Osmium-Tetroxid
(Chempur,
Karlsruhe,
Deutschland)
behandelt.
Das
Gewebe
wurde
anschließend mit 1%igem Uranylacetat (Plano GmbH, Wetzlar, Deutschland) in
70%igem Ethanol über Nacht zur Kontrastverstärkung behandelt. Die Proben
wurden von Frau E. Janssen (Anatomisches Institut, Uniklinik Köln) in Epon
(Fluka, St. Louis, Missouri) eingebettet und für mindestens 72 Stunden bei 60°C
polymerisiert.
2.2.1 Ultradünnschnitte
suchung
und
elektronenmikroskopische
Unter-
Zur Vorbereitung des Gewebes wurden die oben genannten Schritte
entsprechend durchgeführt und dann aus drei Blöcken je Maus (vier mit PBS
behandelte, drei mit Humira® behandelte und vier mit Enbrel® behandelte
35
2. Material und Methoden
Mäuse) jeweils 30 80 nm dicke Ultradünnschnitte des in Plastik eingebetteten
Gewebes mit einem Leica Ultracut UCT Ultramikrotom (Leica Microsystems,
Wetzlar, Deutschland) angefertigt, von denen jeweils zehn Schnitte pro Maus
verwendet
wurden.
Diese
wurden
dann
mit
1%iger
wässriger
Uranylsäurelösung für 20 Minuten und Bleicitratlösung nach Reynold (Merck
KGaA, Darmstadt, Deutschland) für sieben Minuten gefärbt. Die Proben wurden
anschließend mit einem Zeiss EM 902 A Transmissionselektronenmikroskop bei
80
kV
Beschleunigungsspannung untersucht
und
mit einem
digitalen
Elektronenmikroskopie-Kamerasystem (Mega View III, Olympus Soft Imaging
Systems GmbH, Münster, Deutschland) mit einer 7000-fachen Vergrößerung
jeweils zehn Bilder pro Maus abfotografiert. Die Anfertigung der Schnitte, die
Färbung und das Anfertigen der Fotos wurden von Frau Dr. med. vet. M. Recks
durchgeführt (Anatomisches Institut, Uniklinik Köln). Je Zehn Bilder vom
ventrolateralen Trakt des Rückenmarks von im Score angepassten Mäusen,
(vier Enbrel®-, drei Humira®- und vier nicht-immunisierten Kontrollmäuse),
wurden hingehend des Myelinschadens und der Anzahl intakter Axone
analysiert. Die Schnitte der mit PBS und mit Enbrel® behandelten Mäuse
wurden
zusätzlich
noch
hinsichtlich
der Anwesenheit
feiner
axonaler
Pathologien (i.e. mitochondriale Schwellung) untersucht. Die Bestimmung der
Anzahl demyelinisierter Axone und der Axone mit feinen axonalen Pathologien
erfolgte mit einer ImagePro Plus Software (Media Cybernetics, Silver Spring,
Maryland). Die Fläche des ventrolateralen Traktes wurde ausgemessen und die
Anzahl der demyelinisierten Axone und die Anzahl der Axone mit axonaler
Pathologie auf die Fläche bezogen. Außerdem wurde die Infiltratgröße
ausgemessen und ebenfalls auf die Gesamtfläche bezogen. Repräsentative
Beispiele für die untersuchten Pathologien sind in Abbildung 2 dargestellt.
36
2. Material und Methoden
Abbildung 2: Elektronenmikroskopische Darstellung vom ventrolateralen Trakt des lumbalen
Rückenmarks von (A) einer nicht-immunisierten Kontrollmaus und (B)-(D) mit MOG:35-55
immunisierten Mäusen. (A) Axon ohne pathologische Veränderungen, der Pfeil zeigt auf ein
unverändert erscheinendes Mitochondrium. (B) Axon mit veränderten Mitochondrien (Pfeile),
repräsentativ für die feinen Axonpathologien. Die Mitochondrien erscheinen vergrößert und
unregelmäßig. (C) Axon mit beginnender Demyelinisierung, beispielhaft mit Pfeilen markiert.
Das Myelin stellt sich aufgelockert dar. (D) Demyelinisiertes Axon (*).
2.2.2 Semidünnschnitte gefärbt mit Methylenblau, lichtmikroskopische Analyse
Die folgenden Schritte wurden von Frau Dr. med. vet. M. Recks und H. Batoulis
(Anatomisches Institut, Uniklinik Köln) durchgeführt. Für die Semidünnschnitte
zur lichtmikroskopischen Auswertung wurden die Mäuse (vier mit PBS
behandelte, drei mit Humira® behandelte und vier mit Enbrel® behandelte) an
37
2. Material und Methoden
Tag 20 nach der Immunisierung getötet und die oben genannten Schritte zur
Präparation des Gewebes entsprechend durchgeführt. Dabei wurden die
gleichen Mäuse untersucht, die auch für die elektronenmikroskopischen
Analysen verwendet wurden. Es wurden jeweils zehn 500 nm dicke Schnitte je
Maus aus drei Blöcken des in Plastik eingebetteten Rückenmarks mit einem
Leica Ultracut UCT Ultramikrotom (Leica Microsystems, Wetzlar, Deutschland)
angefertigt. Im Anschluss erfolgte eine Färbung mit Methylenblau. Dafür wurden
die Schnitte 10 Minuten mit einer Methylenblaulösung (0,05% in Wasser;
Sigma, Schnelldorf, Deutschland) inkubiert, mit destilliertem Wasser gewaschen
und bei Raumtemperatur getrocknet. Anschließend wurden die Objektträger mit
einem Leica DM LB2 Mikroskop und mit einer AxioCam Kamera (Zeiss,
Oberkochen, Deutschland) und der Zeiss Software (Axio Vision 40 4,7) in 20facher Vergrößerung digital fotografiert. Das Ausmaß der Entzündung wurde
mittels eines semi-quantitativen Scores erfasst: 0- keine Infiltrate (entsprechend
gesunden Mäusen); 1- partielle meningeale und perivaskuläre Infiltrate; 2ausgeprägte
meningeale
und
perivaskuläre
Infiltrate;
3-
ausgeprägte
meningeale und perivaskuläre Infiltrate und einige Infiltrate im Parenchym; 4ausgeprägte meningeale und perivaskuläre sowie ausgedehnte parenchymale
Infiltrate.
2.2.3 Hämatoxylin/Eosin-Färbung, lichtmikroskopische Analyse
Um
die
Auswirkungen
einer
TNF-α-Blockade
auf
das
Gewebe
des
Rückenmarks zu untersuchen, wurden drei mit Enbrel® behandelte Mäuse und
drei mit PBS behandelte Kontrollmäuse an Tag 20 nach der Immunisierung mit
CO2 eingeschläfert und die Gewebeproben des lumbalen Rückenmarks wie
oben beschrieben gewonnen. Die Proben wurden dann in Flüssigstickstoff
schockgefroren und bis zur weiteren Verarbeitung bei -80°C aufbewahrt. Es
wurden jeweils fünf 7 μm dicke Querschnitte des Rückenmarks je Maus, von
drei mit PBS und drei mit Enbrel® behandelten Mäusen, mit einem Kryostaten
(Leica, Wetzlar, Deutschland) angefertigt und auf Polysine™ Objektträger
38
2. Material und Methoden
(Menzel, Braunschweig, Deutschland) aufgebracht. Bis zur Färbung wurden die
Schnitte bei -80°C aufbewahrt. Es wurden jeweils zwei Schnitte je Maus
angefärbt. Zur Färbung mit Hämatoxylin/Eosin wurden die Schnitte zwei
Stunden luftgetrocknet mit 4%igem Paraformaldehyd (PFA) für 10 Minuten
fixiert und anschließend fünf Minuten mit destilliertem Wasser rehydriert. Dann
wurden die Schnitte für vier Minuten in eine Hämatoxylinlösung (0,1%ig nach
Mayer) gegeben, in destilliertem Wasser gewaschen und in leicht alkalischem
Wasser für insgesamt sechs Minuten gespült. Anschließend wurden die
Schnitte für drei Minuten in Eosin gegeben, in destilliertem Wasser geschwenkt
und anschließend mittels aufsteigender Alkoholreihe und schließlich Xylol
entwässert. Zuletzt wurden die Schnitte mit Entellan (Merck, Darmstadt,
Deutschland) eingedeckt. Zur lichtmikroskopischen Analyse wurden die Proben
mit einem Leica DM LB2 Mikroskop betrachtet und digitale Fotos in 4-facher
(ein bis zwei Übersichtsbilder), 10-facher und 20-facher (jeweils mindestens
fünf Detailbilder) Vergrößerung mit einer AxioCam Kamera (Zeiss, Oberkochen,
Deutschland) und der Zeiss Software (AxioVision 40 4.7) angefertigt. Das
Ausmaß der Entzündung wurde anhand des oben erwähnten semiquantitativen
Scores (0-4; siehe Abschnitt 2.2.2) erfasst.
2.3 Immunhistochemien
Das Gewebe wurde entsprechend des Abschnitts 2.2.3 präpariert, 10 Schnitte
je Maus angefertigt und anschließend entsprechend der folgenden Protokolle
gefärbt. Parallel wurden bei jeder Färbung Negativkontrollen angefertigt, bei
denen die Erstantikörper jeweils nicht aufgetragen wurden.
2.3.1 TNF-α-Monofärbung
Insgesamt wurden 14 Mäuse untersucht, davon acht mit PBS behandelte und
sechs nicht-immunisierte Kontrollen und jeweils zehn Schnitte je Maus
39
2. Material und Methoden
verwendet. Die Gefrierschnitte wurden eine Stunde bei Raumtemperatur
getrocknet und anschließend für zehn Minuten mit Aceton fixiert. Nach erneuter
30-60-minütiger Trocknung wurden die Schnitte mittels Dako-Fettstift mit einer
hydrophoben Barriere versehen und für 30 Minuten mit 3%igem BSA, 5%igem
Mausserum (Cell Sciences, Canton, Massachusetts) und 0,25%igem Triton X
(Merck, Darmstadt, Deutschland) in TBS inkubiert. Anschließend wurde der
Erstantikörper für TNF-α (R&D Systems, Minneapolis, Minnesota) 1:40 in
Diluent (5%iges Mausserum und 0,25%iges Triton X in TBS) aufgetragen und
über Nacht inkubiert. Am nächsten Tag wurden die Schnitte dann zunächst
dreimal für je fünf Minuten mit TBS gewaschen und der Zweitantikörper
(Kaninchen-anti-Ratte biotinyliert, Dako, Glostrup, Dänemark) in Diluent in einer
Konzentration von 1:250 für zehn Minuten aufgetragen. Die nicht gebundenen
Antikörper wurden mit erneutem Waschen, dreimal je fünf Minuten mit TBS,
entfernt und zu den Schnitten dann für 45 Minuten NeutrAvidin Dylight 549
(Pierce, Rockford, Illinois) in einer Konzentration von 1:300 in TBS
hinzugegeben. Danach wurde erneut dreimal für vier Minuten gewaschen und
die Schnitte für 10 Minuten mit Höchst (Bisbenzimid H; Sigma, Schnelldorf,
Deutschland; 1:1000 in TBS) inkubiert. Es folgte ein letztes dreimaliges
Waschen der Schnitte für je vier Minuten mit TBS und das Eindecken mit AquaPolyMount (Polysciences, Warrington, Alaska).
2.3.2 TNF-α- und F4/80-Doppelfärbung
Zur Doppelfärbung von TNF-α und F4/80 wurde zunächst die F4/80-Färbung
gemäß des folgenden Protokolls durchgeführt. Es wurden jeweils zehn Schnitte
von sechs mit Enbrel® und vier mit PBS behandelten Mäusen untersucht. Die
Gefrierschnitte wurden eine Stunde bei Raumtemperatur getrocknet und
anschließend für 10 Minuten mit Aceton fixiert. Nach erneuter 30-60-minütiger
Trocknung wurden die Schnitte mittels Dako-Fettstift mit einer hydrophoben
Barriere versehen und für 30 Minuten mit 3%igem BSA, 5%igem Mausserum
(CellSciences, Canton, Massachusetts) in TBS (Diluent) inkubiert. Als
40
2. Material und Methoden
Erstantikörper wurde dann ein Ratte-anti-Maus F4/80-Antikörper (Klon BM 8;
eBioscience, Frankfurt am Main, Deutschland) zur Färbung der Makrophagen in
einer Konzentration von 1:500 in Diluent aufgetragen, nach zwei Stunden bei
Raumtemperatur dann dreimal je fünf Minuten mit TBS gewaschen und
anschließend ein Ziege-anti-Ratte Cy3-Zweitantikörper (Pierce, Rockford,
Illinois) in einer Konzentration von 1:250 in Diluent aufgetragen.
Anschließend erfolgte die Färbung von TNF-α entsprechend des Abschnitts
2.3.1, mit der Änderung, dass als Zweitantikörper ein biotinylierter Kaninchenanti-Ziege Antikörper (Dako, Glostrup, Dänemark) in einer Konzentration von
1:250 in Diluent (5% Mausserum, 0,25% Triton X in TBS) eingesetzt wurde.
Ferner wurde NeutrAvidin Dylight 488 (Pierce, Rockford, Illinois) 1:250 in TBS,
statt NeutrAvidin Dylight 549 (Pierce, Rockford, Illinois) in einer Konzentration
von 1:300 in TBS, verwendet.
2.3.3 TNF-α- und SMI 32-Doppelfärbung
Es wurden jeweils 10 Schnitte von 10 Mäusen untersucht (Enbrel® n=4, PBS
n=6). Die Gefrierschnitte wurden zunächst zwei Stunden bei Raumtemperatur
getrocknet und anschließend mit einem Dako-Fettstift umrandet. Dann wurden
die Schnitte bei -20°C in Methanol für zehn Minuten zur Fixierung kalt gestellt.
Nun wurden die Schnitte zweimal für je zwei Minuten mit TBS (0,05 M; pH=7,6)
gewaschen und anschließend für 60 Minuten mit dem Blockungs-Reagenz aus
dem MOM-Kit (Vector Laboratories, Burlingame, Kalifornien; zwei Tropfen in 2,5
ml TBS) geblockt. Es wurde erneut zweimal zwei Minuten mit TBS gewaschen
und
dann
für
fünf
Minuten
mit
dem
Diluent
inkubiert
(8%
MOM
Proteinkonzentrat in TBS). Im Anschluss wurde der Erstantikörper SMI 32
(Covance, Münster, Deutschland) in einer Konzentration von 1:1000 in Diluent
aufgetragen und für 30 Minuten inkubiert, gefolgt von erneutem zweimaligem
Waschen für je zwei Minuten mit TBS. Dann wurde der Zweitantikörper (antiMaus IgG, MOM-Kit; Vector, Burlingame, Kalifornien; 1:250 in Diluent)
aufgetragen und nochmals dreimal für je vier Minuten gewaschen. Als nächster
41
2. Material und Methoden
Schritt folgte die TNF-α-Färbung entsprechend des Abschnitts 2.3.1 mit den
Variationen entsprechend des Abschnitts 2.3.2.
2.3.4 Fluoreszenzmikroskopie
Die Schnitte wurden mit einem Zeiss Axiophot Epifluoreszenzmikroskop
betrachtet und mit der Leica Kamera (DFC 350 FX) und der zugehörigen Leica
Software (FW 4000) digitale Bilder angefertigt, jeweils 15-20 Fotos je Maus. Es
wurde die weiße Substanz mit einer ImagePro Plus Software (Media
Cybernetics, Silver Spring, Maryland) vermessen. Zur Analyse der TNF-αMonofärbung wurden die TNF-positiven Ansammlungen (TNF-Spots, Beispiel
siehe Abschnitt 3.2) ausgezählt und auf die Fläche der weißen Substanz
bezogen.
2.4 ELISPOT
2.4.1 Zellpräparation Milz und ZNS
An Tag 20 nach der Immunisierung wurden die Mäuse mit CO2 getötet. Die Milz
wurde unter sterilen Bedingungen entnommen und in einer weiteren Petrischale
mit RPMI-1640 (Biochrom AG, Berlin, Deutschland) aufgefangen. Das
Rückenmark wurde unter Spülung mit DMEM (PAA, Pasching, Österreich) aus
dem Wirbelkanal herausgelöst und in einer Petrischale mit DMEM aufgefangen.
Milz und Rückenmark wurden mit Hilfe eines Spritzenstopfens zerkleinert,
anschließend durch einen 70 μm-Nylon-Zellfilter (BD Falcon, Heidelberg
Deutschland) gefiltert, die unterschiedlichen Mengen mit RPMI-1640 bzw.
DMEM auf 10 ml angeglichen und für 10 Minuten bei 1200 Umdrehungen pro
Minute zentrifugiert. Der Überstand wurde entfernt, die Zellen mit RPMI-1640
gewaschen und mit Hilfe von Acridin Orange (0,1%, Sigma, Schnelldorf,
Deutschland)/Ethidium Bromid (0,1%, Serva, Heidelberg, Deutschland) sichtbar
42
2. Material und Methoden
gemacht
und
entsprechend
Dafür
gezählt.
wurden
90
μl
Acridin
Orange/Ethidium Bromid mit 10 μl Zellsuspension vermengt, anschließend 10 μl
der Mischung entnommen und auf eine Bright-Line Zählkammer (Leica, Solms,
Deutschland)
gegeben
und
umgehend
unter
einem
Zeiss
Axiophot
Epifluoreszenzmikroskop (Zeiss, Oberkochen, Deutschland) gezählt. Dabei
wurde die Anzahl der gezählten Zellen der Milz mit 10 6 und des ZNS mit 105
multipliziert. Danach erfolgte die Resuspension der verbleibenden Zellen mit
HL-1 (Lonza, Köln, Deutschland), welches mit 1% Glutamin (Sigma) sowie 1%
Penicillin/Streptomycin (Sigma) supplementiert war, auf das gewünschte
Volumen, entsprechend einer gewünschten Zellkonzentration von 500.000
Zellen je Vertiefung der Platte (well). Da diese Zellzahlen bei den Proben des
Rückenmarks meist nicht erreicht werden kann, werden dort so viele Zellen wie
möglich
plattiert
und
die
exakte
Zellzahl
zu
späterem
Zeitpunkt
zurückgerechnet.
2.4.2 Zellpräparation Blut
Das Blut wurde nicht nur terminal untersucht, sondern bei den Kohorten 1, 2
und 3 zusätzlich 11-13 Tage nach der Immunisierung. Die Blutabnahmen vor
der Tötung der Tiere erfolgten jeweils aus der Schwanzvene und das Blut
wurde in kleinen mit Heparin versetzten Eppendorf-Gefäßen aufgefangen.
Die Blutentnahme nach der Tötung der Tiere erfolgte, indem die Vena cava
eröffnet, das Blut ebenfalls in kleinen Eppendorf-Gefäßen aufgefangen und
anschließend gekühlt wurde. Aus den Eppendorf-Gefäßen wurde das Blut dann
in ein 15 ml-Falcon-Röhrchen überführt, die Eppendorf-Gefäße im Anschluss
mit PBS gespült und die Unterschiede in den Mengen entsprechend mit PBS
ausgeglichen, so dass PBS und Blut insgesamt in gleichen Anteilen vorhanden
waren (1:1 PBS/Blut). Dann wurde zehn Minuten bei 1200 Umdrehungen pro
Minute zentrifugiert, das Serum abpipettiert und in Eppendorf-Tuben überführt.
Anschließend wurde erneut resuspendiert, drei Milliliter Lysepuffer (0,15 M
NH4Cl) hinzugegeben, die Proben in einem 37°C-Wasserbad erwärmt und nach
43
2. Material und Methoden
zwei Minuten mit PBS gestoppt. Danach erfolgte eine erneute Zentrifugation für
fünf Minuten bei 1200 Umdrehungen pro Minute. Der Überstand wurde
vorsichtig verworfen und wiederum resuspendiert. Dann wurde erneut
Lysepuffer hinzugegeben, nach zwei Minuten abgestoppt und für fünf Minuten
mit 1200 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert. Der Überstand wurde wieder
vorsichtig entfernt und dann resuspendiert. Anschließend wurde mit RPMI-1640
(Biochrom AG, Berlin, Deutschland) gewaschen, erneut zentrifugiert, der
Überstand verworfen und resuspendiert. Zum Zählen wurden die Zellen dann
mit HL-1 (Lonza, Köln, Deutschland) auf einen Milliliter aufgefüllt und
entsprechend des Abschnitts 2.4.1 angefärbt und gezählt und mit 106
multipliziert. Im Anschluss wurde mit HL-1 auf das benötigte Volumen aufgefüllt
bei einer gewünschten Konzentration von 500 000 Zellen je Vertiefung (well).
2.4.3 ELISPOT Assay
Auf Whatman Unifilter Filtrations-Mikroplatten (Whatman Inc., Florham Park,
NJ) wurde ein Ratte-anti-Maus-Interferon-γ-Antikörper (finale Konzentration 3
μg/ml; Klon AN-18, eBioscience, Frankfurt am Main, Deutschland), in sterilem
PBS aufgetragen und über Nacht inkubiert. Am nächsten Tag wurde auf die
Platten anti-IFN-γ aufgetragen und anschließend mit PBS gewaschen. Danach
wurde für zwei Stunden bei Raumtemperatur mit 1%igem BSA in PBS geblockt.
Die Milzzellen wurden in einer Konzentration von 5 x 105 Zellen je Vertiefung
der Platte (well) und das Rückenmark in einer Konzentration von 1 x 105 Zellen
je Vertiefung plattiert. Die benötigten antigenpräsentierenden Zellen wurden
mittels Bestrahlung der Milzzellen von naiven C57BL/6-Mäusen mit 26 Gray
gewonnen und zu den Zellen des Rückenmarks in einer Konzentration von 2,5
x 105 Zellen je Well hinzugefügt. Die Zellen wurden entweder im Medium oder
MOG:35-55 (finale Konzentration: 15 μg/ml) für 24 Stunden unter 7% CO2 bei
37°C inkubiert. Als Positivkontrolle wurden anti-CD3 Antikörper (Klon 2C11
eBioscience, Frankfurt am Main, Deutschland) in einer finalen Konzentration
von 3 μg/ml aufgetragen. Anschließend wurden die Platten gewaschen und mit
44
2. Material und Methoden
FITC-konjugierten anti-IFN-γ Antikörpern (0,5 μg/ml; hergestellt durch M. TaryLehmann, Case Western Reserve University, Cleveland, USA; Klon R4-6A2) bei
4°C über Nacht inkubiert. Nach erneutem Waschen der Platten wurden diese
für zwei Stunden mit anti-FITC-markierter alkalischer Phosphatase (1:500;
Dako, Glostrup, Dänemark) inkubiert. Zuletzt wurden die Platten mit Vector Blue
(Vector Laboratories, Burlingame, Kalifornien) der Anleitung des Herstellers
entsprechend entwickelt. Die Platten wurden über Nacht luftgetrocknet und die
Spots mit einem ImmunoSpot Series 5 UV Analyzer (Cellular Technology
Limited, Shaker Heights, OH, USA) ausgezählt. Dabei repräsentieren die
einzelnen kleinen Farbpunkte (Spots) die spezifische T-Zellantwort auf das
aufgetragene Antigen. Sie haben einen Durchmesser zwischen 30 bis 150 μm
[111] und befinden sich am Boden der Vertiefungen. Je größer der Spot ist,
desto mehr Zytokine wurden von der zugehörigen T-Zelle als Reaktion auf die
Antigen-Stimulation
freigesetzt.
Das Analysegerät
erkennt
diese
Spots
automatisch und kann zwischen echten Spots und Artefakten unterscheiden.
Dabei werden große Vergrößerungen genutzt, um die runden, nicht scharf
begrenzten und im Zentrum farbintensiveren Spots von den Artefakten zu
differenzieren. Das Programm liefert dann die Anzahl der Spots, die die
einzelnen Zellen, in diesem Fall Th1-Zellen, repräsentieren. Von den
ausgezählten
Ergebnissen
wurden
die
nicht-antigenspezifischen
IFN-γ-
produzierenden Zellen im Medium, welches kein Antigen enthielt, abgezogen
und die Ergebnisse auf 106 Zellen je Well angepasst.
2.5 Statistische Analysen
Die statistischen Analysen wurden mit der SigmaPlot Software Version 11.0
(Chicago, Illinois) durchgeführt. Wilcoxon-Rangsummentests wurden für die
statistische
Analyse
von
Unterschieden
beim
klinischen
Score,
dem
Krankheitsbeginn, der Immunspotanalyse (ELISPOT) und der Histologie
angewendet. Die Unterschiede bei der Inzidenz wurden mittels dem Fisher-Test
bestimmt. Zur Korrelation von klinischem Score und antigenspezifischer T45
2. Material und Methoden
Zellantwort bzw. klinischem Score und TNF-α im histologischen Präparat
wurden
Spearman-Rangkorrelationen
durchgeführt. Als
statistische Signifikanz wurde p ≤ 0,05 gewählt.
46
Grenze
für die
3. Ergebnisse
3.1 Die Anzahl der Th1-Zellen im Blut korreliert während des
Krankheitsverlaufs nicht mit dem klinischen Score
Da aus vorherigen Studien bekannt ist, dass während der Anfangsphase der
MOG:35-55 EAE eine Korrelation zwischen der Anzahl der Th1-Zellen und dem
klinischen Score besteht [138], sollte überprüft werden, ob sich diese
Ergebnisse reproduzieren lassen und sich ein Fortbestehen dieser Korrelation
im weiteren Krankheitsverlauf zeigt. Dafür wurden Messungen der Th1-Zellen
bzw. des von ihnen sezernierten IFN-γ im Blut mittels ELISPOT zu
verschiedenen Zeitpunkten nach der Immunisierung der Mäuse durchgeführt
und in Bezug zum klinischen Score gesetzt. Es zeigte sich, dass weder an Tag
12 (±1 Tag), welcher etwa dem Beginn der Krankheit entsprach, noch beim
Abbildung 3: Immunospotanalyse (ELISPOT) von IFN-γ im Blut von mit MOG:35-55
immunisierten Mäusen. Dargestellt sind IFN-γ Spots pro 1 Millionen Zellen in Bezug zum
klinischen Score von mit PBS behandelten Kontrollmäusen. Jeder Punkt symbolisiert eine
Maus. (A) An Tag 10, n=6. Es konnte keine Korrelation zwischen klinischem Score und Anzahl
der IFN-γ Spots gefunden werden (Spearman-Rangkorrelation p=0,919; rs=0,034 (B) Finaler
ELISPOT an Tag 20, n=11, ebenfalls keine Korrelation (Spearman Korrelation p=0,881;
rs=0,049).
47
3. Ergebnisse
Abbildung 4 Immunospotanalyse (ELISPOT) von IFN-γ im Blut an Tag 10 nach der
Immunisierung. Jeder Punkt repräsentiert eine mit MOG:35-55 immunisierte und mit PBS
behandelte Maus (n=6) sowie die Anzahl der Spots jeweils die Th1-Zellzahl. Auf der Ordinate
aufgetragen der maximale klinische Score. Es besteht keine Korrelation zwischen maximalem
klinischem Score und Th1-Zellzahl vor dem Krankheitsbeginn (Spearman-Rangkorrelation
p=0,297).
finalen ELISPOT an Tag 20 eine Korrelation zwischen klinischem Score und
IFN-γ bestand (Tag 12: rs=0,0338; p=0,919 Spearman-Rangkorrelation bzw. Tag
20
rs=0,049;
Zusätzlich
p=0,881
wurde
Spearman-Rangkorrelation;
untersucht,
ob
die
Zahl
der
siehe
Abbildung
Th1-Zellen
vor
2).
dem
Krankheitsbeginn mit dem maximalen klinischen Score korreliert. Auch hier ließ
sich keine Korrelation finden (Spearman-Rangkorrelation p=0,297; siehe
Abbildung 4). Dies deutet daraufhin, dass die Th1-Zellen in der Peripherie nicht
entscheidend zu sein scheinen bzw. nicht nur das IFN-γ von den Th1-Zellen
beteiligt ist, sondern dass möglicherweise noch andere Zytokine oder andere
Zellreihen bei der Schädigung eine Rolle spielen. Da TNF-α einer der zentralen
Mediatoren
der Abläufe
im
angeborenen
Immunsystem
ist
und
von
verschiedenen Zellreihen ausgeschüttet wird, sollte dieser weiter untersucht
werden.
48
3. Ergebnisse
3.2 TNF-α ist in entzündlichen Läsionen des Rückenmarks
nachweisbar und korreliert signifikant mit dem klinischen
Score
TNF-α ist eines der proinflammatorischen Zytokine, welches vorwiegend von
Makrophagen und Mikroglia, aber auch von anderen Zellen wie z.B. Th1- und
Th17-Zellen freigesetzt wird. Es wird vermutet, dass TNF-α zu den
Schädigungsvorgängen in der EAE beiträgt. Um dies zu überprüfen, wurden mit
MOG:35-55
immunisierte
C57BL/6-Mäuse
jeweils
20
Tage
nach
der
Abbildung 5:
Fluoreszenzmikroskopischer
Nachweis
von
TNF-α
im
entzündlichen
Infiltrat.
(A)
Immunhistochemische Färbung von TNF-α in der weißen Substanz des lumbalen Rückenmarks
einer repräsentativen mit PBS behandelten erkrankten Kontrollmaus, mit einem klinischem
Score von 2,5. (B) Beispiel für einen TNF-Spot. (C) Bild außerhalb des Infiltrats von einer
gesunden Kontrollmaus. (D) Negativkontrolle ohne Erstantikörper gegen TNF-α. Die
Maßstableiste entspricht jeweils 100 μm.
Krankheitsinduktion eingeschläfert und Proben des Rückenmarks gewonnen.
Zur histologischen Untersuchung wurden immunhistochemische Färbungen des
lumbalen Anteils des Rückenmarks durchgeführt. Es zeigte sich dabei, dass
TNF-α in den entzündlichen Infiltraten vorhanden ist (siehe Abbildung 5). Zur
49
3. Ergebnisse
Abbildung 6: Korrelation der Anzahl der TNF-α-positiven Spots in der weißen Substanz des
Rückenmarks und des mittleren klinischen Scores nach Krankheitsbeginn von mit PBS
behandelten Mäusen (n=8), sowie nicht-immunisierten Kontrollmäusen (n=6). Jeder Punkt
repräsentiert eine Maus Es zeigt sich eine signifikante Korrelation zwischen Spots und
klinischem Score (Spearman-Rangkorrelation p<0,001;rs=0,805).
weiteren Analyse der Proben wurde die Anzahl der TNF-positiven Spots in den
entzündlichen Infiltraten des Rückenmarks mittels Fluoreszenzmikroskopie bei
acht
mit
MOG:35-55
immunisierten
sowie
sechs
nichtimmunisierten
Kontrollmäusen bestimmt und jeweils die Fläche der weißen Substanz
ausgemessen. Der Quotient aus TNF-Spots pro Millimeter weiße Substanz
wurde dann mit dem klinischen Score nach Ausbruch der Krankheit korreliert.
Es zeigte sich dabei eine hoch signifikante Korrelation zwischen dem klinischen
Score und der Anzahl der TNF-positiven Spots (rs=0,805; SpearmanRangkorrelation p<0,001; siehe Abbildung 6). TNF-α scheint demzufolge an den
schädigenden Vorgängen im Rückenmark beteiligt zu sein.
50
3. Ergebnisse
3.3 Makrophagen/Mikroglia setzen TNF-α frei und TNF-α trägt
zur Schädigung des Myelins bei
Im nächsten Schritt sollte überprüft werden, ob auch bei der EAE Makrophagen
und Mikroglia zu den Zellen gehören, die TNF-α ausschütten. Mittels einer
immunhistochemischen
Doppelfärbung
von
F4/80
und
TNF-α
konnte
nachgewiesen werden, dass sich im ZNS der immunisierten Mäuse (mit PBS
behandelt n=4, mit Enbrel® behandelt n=6) Zellen befinden, die zum gleichen
Zeitpunkt sowohl F4/80- als auch TNF-α-positiv sind (siehe Abbildung 7).
Anhand der F4/80-Färbung kann nicht zwischen Makrophagen und Mikroglia
unterschieden werden. In der EAE wird potentiell schädigendes TNF-α also von
Makrophagen/Mikroglia freigesetzt.
Abbildung 7: Doppelfärbung des lumbalen Rückenmarks einer mit MOG: 35-55 immunisierten
repräsentativen Maus. TNF-α wird von Makrophagen freigesetzt und ist an beschädigtem Myelin
zu finden. (A) Doppelfärbung Makrophagen (F4/80, orange) und TNF-α (grün). (B) Negativkontrolle ohne die jeweiligen Erstantikörper gegen TNF und F4/80. Die Maßstableiste entspricht
jeweils 100μm.
51
3. Ergebnisse
Mit
Hilfe
von
weiteren
immunhistochemischen
Doppelfärbungen
des
Rückenmarks der oben verwendeten Mäuse (PBS n=4 und Enbrel®=6) mit der
Kombination von TNF-α und SMI 32 konnte gezeigt werden, dass das TNF-α
nicht nur in den entzündlichen Infiltraten vorhanden ist, sondern auch an den
Stellen, an denen das Myelin beschädigt wurde (Abbildung 8).
Abbildung 8: (A) Summationsbild der Doppelfärbung SMI 32 (grün) und TNF-α (orange). Gelb
zu erkennen, beispielhaft mit Pfeilen markiert, ist beschädigtes Myelin, an dem sich TNF-α
befindet. (B)-(D) zeigen die Doppelfärbung in Einzelbildern. In (E) ist die Negativkontrolle, jeweils
ohne Erstantikörper gefärbt, dargestellt. Die Maßstableiste entspricht jeweils 100 μm. Ingesamt
wurden 10 Mäuse (PBS n=4, Enbrel® n=6) untersucht.
Aus diesen Ergebnissen kann man schließen, dass TNF-α einer Rolle in der
Pathogenese der EAE spielt und einen entscheidenden Anteil an der
Schädigung des Myelins und somit wahrscheinlich auch der Axone hat. Es
drängt sich also die Frage auf, was passiert, wenn man TNF-α mittels eines
Antikörpers blockiert. Wenn TNF-α eine Schädigung des Myelins verursacht,
wäre zu erwarten, dass seine Inhibition zu einer Verminderung des
Myelinschadens und somit auch zu einer Verbesserung des klinischen
Erscheinungsbildes führt. Dies sollte in weiteren Versuchen überprüft werden.
52
3. Ergebnisse
3.4 Eine TNF-α Blockade vermindert die Inzidenz und verzögert
das Einsetzen der EAE
Es wurden insgesamt 17 C57BL/6-Mäuse mit MOG:35-55 in CFA zur Induktion
einer EAE immunisiert. An Tag null und Tag zwei nach der Immunisierung wurde
jeweils 200 ng Pertussis Toxin injiziert, um die Auslösung der EAE zu
erleichtern. Von diesen 17 Mäusen wurden acht mit Enbrel® und neun Mäuse
mit PBS behandelt. Die mit PBS behandelten Mäuse stellen die Kontrollgruppe
dar. Sie erhielten jeweils jeden zweiten Tag eine entsprechende intraperitoneale
Injektion. Der klinische Verlauf einer repräsentativen Kohorte ist in Abbildung 9A
dargestellt. Im Unterschied zu den mit PBS behandelten Mäusen wiesen die mit
Enbrel® behandelten eine signifikant reduzierte Inzidenz auf. Die mit PBS
behandelten Mäuse entwickelten jeweils zu 100% Symptome. Es ließen sich
hingegen nur bei 53% der mit Enbrel® behandelten Mäuse Symptome
feststellen (p<0,05, Fisher-Test; siehe Abbildung 9B). Dabei wurde durch
Enbrel® nicht nur die Inzidenz vermindert, sondern auch der Krankheitsbeginn
signifikant zeitlich verschoben (p<0,05 Wilcoxon-Rangsummentest; Abbildung
9C). Er lag bei den mit PBS behandelten Mäusen im Mittel bei 10 (± 1) Tagen.
Bei den Mäusen, die mit Enbrel behandelt worden sind, begann die Krankheit
hingegen durchschnittlich bei 17 (± 3) Tagen. Wenn die EAE indessen
eingesetzt hatte, zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den
verschiedenen Gruppen (siehe Abbildung 9D).
53
3. Ergebnisse
Abbildung 9: (A) Klinischer Verlauf einer repräsentativen Kohorte von mit PBS (schwarze
Kreise; n=5), und mit Enbrel® behandelten Mäusen (weiße Dreiecke; n=3). (B) Inzidenz der
verschiedenen Versuchsgruppen. Jeweils in schwarz dargestellt der Anteil der erkrankten Tiere
und in grau gemustert der Anteil der gesunden Tiere. Es besteht eine signifikant verminderte
Inzidenz der mit Enbrel® behandelten Mäusen gegenüber den mit PBS behandelten
Mäusen(*p<0,05, Fisher-Test). In der PBS-Kontrollgruppe (n=9) erkrankten 100% der Tiere und
in der Enbrel®-Gruppe (n=8) 50%. (C) Durchschnittlicher Krankheitsbeginn der jeweiligen
Versuchsgruppen in Tagen nach der Immunisierung mit MOG:35-55. PBS (n=9), Enbrel® (n=4).
Jeder Punkt symbolisiert eine Maus, die Striche jeweils den Mittelwert. Es zeigt sich ein
signifikant verspäteter Krankheitsbeginn der Enbrel®-Gruppe gegenüber mit PBS behandelten
Mäusen
(*p<0,05
Wilcoxon-Rangsummentest).
(D)
Durchschnittlicher
Score
nach
Krankheitsbeginn und die Standardabweichung bei den verschiedenen Versuchsgruppen (PBS
n=6, Enbrel® n=5). Nach Beginn der Krankheit bestehen keine Unterschiede mehr zwischen
den einzelnen Versuchsgruppen. n.s.= nicht signifikant
54
3. Ergebnisse
3.5 Eine TNF-α-Inhibition erhöht die antigenspezifische Antwort
von Th1-Zellen in der Milz und dem Blut, hat jedoch keinen
Einfluss auf die antigenspezifische Th1-Antwort im ZNS
Um zu erfassen, inwiefern eine Behandlung mit anti-TNF-α die Antwort der Th1Zellen beeinflusst, wurden die Mäuse an Tag 20 nach der Immunisierung
getötet und ELISPOT-Assays von Milz und ZNS der je mit Enbrel®, Humira®
und PBS behandelten Mäuse durchgeführt. Auffällig dabei war vor allem eine
deutlich vermehrte Th1-Zellantwort, repräsentiert durch eine Vermehrung der
IFN-γ-Spots in der Milz der mit Enbrel® behandelten Tiere (siehe Abbildung
10A). Dieser Anstieg war hochsignifikant gegenüber den Humira®- und PBSKontrollmäusen (p<0,01 bzw. p<0,001 Wilcoxon-Rangsummentest). Bezogen
auf die Konzentration von IFN-γ im Rückenmark hingegen bestand kein
Unterschied zu den Kontrollmäusen (siehe Abbildung 10B).
Bei einer repräsentativen Kohorte mit jeweils drei mit PBS und drei mit Enbrel®
behandelten Mäusen wurde nach der Tötung zusätzlich zur Milz noch ein
ELISPOT-Assay des Blutes durchgeführt. Auch hier zeigte sich eine signifikante
Erhöhung der Th1-Zellzahlen (p<0,05; Wilcoxon-Rangsummentest; siehe
Abbildung 10C).
55
3. Ergebnisse
3.6 Die Anzahl der Th1-Zellen in der Milz korreliert nicht mit
dem klinischen Score; die Anzahl der Th1-Zellen im ZNS
hingegen weist eine Korrelation auf
Abbildung
10:
Auswirkungen
der
Blockade von TNF-α auf die Th1Zellen, repräsentiert durch die Anzahl
der IFN-γ-Spots pro Millionen Zellen
detektiert mittels ELISPOT. Die Mäuse
wurden jeweils an Tag 20 nach der
Immunisierung getötet. (A) In der Milz
ist die Anzahl der IFN-γ Spots bei den
Mäusen
mit
TNF-α-Inhibition
(n=8)
signifikant erhöht gegenüber der bei mit
PBS
(n=12)
und
Humira
(n=8)
behandelten Kontrollmäusen (*p<0,05,
**p<0,01, Wilcoxon-Rangsummentest).
(B) Im ZNS sind keine signifikanten
Unterschiede
zwischen
den
Versuchsgruppen zu beobachten (PBS
n=13, Humira n=5, Enbrel n=7). (C)
IFN-γ Spots im Blut von je drei mit PBS
und drei mit Enbrel® behandelten
Mäusen. Es zeigten sich signifikant
mehr Spots bei den mit Enbrel®
behandelten Tieren (*p<0,05; WilcoxonRangsummentest.)
n.s.=nicht signifikant
56
3. Ergebnisse
Die nächste Frage war nun, ob das gemessene IFN-γ, sprich die Antwort der
Th1-Zellen, mit dem klinischen Score der Mäuse korreliert. Dies war zwar im
ZNS (rs=0,668, p<0,05; Spearman-Rangkorrelation) jedoch nicht in der Milz
(rs=0,567, p>0,05; Spearman-Rangkorrelation) der Fall. Diese Beobachtungen
lassen vermuten, dass Enbrel zwar einen Einfluss auf die Th1-Zellzahl in der
Milz hat, diese jedoch nicht entscheidend für das Krankheitsausmaß ist. Die
Th1-Zellzahl im ZNS hingegen scheint den klinischen Verlauf mitzubestimmen,
wird
jedoch
durch
eine
TNF-α-Blockade
nicht
beeinflusst.
Um
auf
histopathologischer Ebene zu untersuchen, welchen Effekt die Blockade von
TNF-α im ZNS hat, wurden detaillierte Untersuchungen des Gewebes
durchgeführt.
3.7 Eine TNF-α-Inhibition hat keinen protektiven Effekt auf die
entzündliche Aktivität,
den
Myelinschaden
und
feine
Axonpathologien
Eine Kohorte mit je vier mit Enbrel® bzw. PBS und drei mit Humira®
behandelten Mäusen, wurden am 20. Tag nach der Induktion der EAE
eingeschläfert und ein Teil des Rückenmarks zur histologischen Analyse
entnommen.
Dies
lichtmikroskopische
wurde
für
Auswertung
die
in
elektronenmikroskopische
Epon
gebettet
und
Ultra-
und
bzw.
Semidünnschnitte angefertigt. Die Semidünnschnitte wurden hinsichtlich eines
semiquantitativen Scores beurteilt (siehe Abschnitt 2.2.2) sowie die mittlere
Größe der Infiltrate bezogen auf die weiße Substanz bestimmt. Repräsentative
Bilder sind in Abbildung 11 zu sehen. Es zeigten sich keine signifikanten
Unterschiede hinsichtlich der mit PBS oder Humira® behandelten Mäuse und
denen, die Enbrel® erhielten (p=0,251; Wilcoxon-Rangsummentest). Bei den
mit Enbrel® behandelten Mäusen zeigte sich eine Tendenz hin zu vermehrter
Entzündung. Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
57
3. Ergebnisse
PBS
Humira®
Enbrel®
# Mäuse
4
3
3
Klinischer Score
im Mittel
2,50 (±0,41)
2,92 (±0,14)
2,69 (±0,13)
Semiquantitativer Score
Entzündung
(Semidünn)
2,0 (±1,08)
2,33 (±0,94)
2,88 (±0,85)
Infiltratgröße [%]
31,92 (±20,37)
29,73 (±10,36)
55,76 (±25,47)
# demyelinisierte
Axone/mm²
6,17×103
(±6,64×103)
5,58×105
(±9,33×105)
4,96×103
(±5,02×103)
feine Axonpathologie/mm²
2,19×104
(±1,08×104)
--
2,75×104
(±1,12×104)
Tabelle 1: Auswertungen histopathologischer Veränderungen des ZNS von mit PBS, Humira®
und Enbrel® behandelten Mäusen (PBS n=4; Humira® n=3; Enbrel n=3. Feine Axonpathologien
bei Humira® nicht bestimmt.
Um die histopathologischen Veränderungen noch genauer zu analysieren,
wurden zusätzliche elektronenmikroskopische Analysen des Rückenmarks derselben Mäuse durchgeführt, da die Schäden an den Axonen mit dem
Lichtmikroskop nicht genau zu erfassen sind und elektronenmikroskopisch eine
detaillierte Darstellung des Myelins möglich ist. Die Schnitte wurden hinsichtlich
der Anzahl demyelinisierter Axone untersucht. Die Ergebnisse sind ebenfalls in
Tabelle 1 sowie repräsentative Bilder in Abbildung 12 dargestellt. Hinsichtlich
der demyelinisierten Nervenfasern zeigten sich in der statistischen Analyse
keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen (p=0,782;
Wilcoxon-Rangsummentest). Die mit Enbrel® und mit PBS behandelten Mäuse
wurden zusätzlich noch in Bezug auf feine axonale Pathologien untersucht.
58
3. Ergebnisse
Dabei zeigten sich ebenfalls keine signifikanten Differenzen (p=0,497;
Wilcoxon-Rangsummentest).
Bei einer anderen Kohorte bestehend aus drei mit Enbrel® und drei mit PBS
Abbildung 11: Mit Methylenblau gefärbte Schnitte des lumbalen Rückenmarks, die
lichtmikroskopisch untersucht wurden. Jeweils beispielhafte Bilder für (A) nicht immunisierte
Kontrollmäuse sowie für (B) mit PBS, (C) mit Humira® und (D) mit Enbrel® behandelte, mit
MOG:35-55 immunisierte Mäuse. Die immunisierten Tiere wurden jeweils 20 Tage nach der
Immunisierung eingeschläfert, das Rückenmark entfernt, in Epon eingebettet und im Anschluss
Semidünnschnitte angefertigt. Die Maßstableiste entspricht 100 μm. Ö=Ödem; INF=Infiltrat von
Immunzellen im ZNS.
59
3. Ergebnisse
behandelten, immunisierten und zu ähnlichem Zeitpunkt getöteten Mäusen,
wurden Schnitte des Rückenmarks angefertigt und mit Hämatoxylin/Eosin
gefärbt. Die Proben wurden ebenfalls lichtmikroskopisch beurteilt und ein Score
Abbildung 12
Elektronenmikroskopische Analysen vom Rückenmark mit MOG:35-55
immunisierter Mäuse, bzw. nicht immunisierter Kontrollen. Nach der Einbettung mit Epon
wurden Ultradünnschnitte des Rückenmarks angefertigt und hinsichtlich Myelinpathologien und
feinem axonalem Schaden untersucht. Dargestellt sind jeweils beispielhafte Bildausschnitte von
(A) nicht immunisierten Kontrollmäusen, (B) mit PBS, (C) mit Humira® und (D) mit Enbrel®
behandelten Mäusen. Die Maßstableiste entspricht 1 μm. Ö=Ödem; Db=beginnende
Demyelinisierung der Nervenfaser; *=demyelinisierte Nervenfaser; FA=feine Axonpathologie;
AL=Axolyse; ɸ=Makrophage.
entsprechend dem der Semidünnschnitte angewandt (Score siehe Abschnitt
2.2.2, repräsentative Schnitte siehe Abbildung 13). In der statistischen Analyse
zeigten sich erneut keine signifikanten Unterschiede (p=0,086; WilcoxonRangsummentest), aber eine Tendenz hin zu einem niedrigeren Score bei den
mit Enbrel® behandelten Tieren (siehe Abbildung 14).
60
3. Ergebnisse
Abbildung 13: Beispielhaft dargestellt ist die HE-Färbung von (A) einer nicht erkrankten mit
PBS behandelten Kontrollmaus ohne Infiltrate, (B) einer mit Enbrel® behandelten Maus mit
beginnendem perivaskulärem Infiltrat, Score 1 und (C) einer mit PBS behandelten erkrankten
Kontrollmaus mit ausgedehnteren perivaskulären Infiltraten, die beginnen das Parenchym zu
infiltrieren, Score 2,5. pINF=beginnendes perivaskuläres Infiltrat, INF=Infiltrat.
Abbildung 14: Durchschnittlicher Score sowie seine Standardabweichung bei mit HE
gefärbten Schnitten. Es wurde ein semiquantitativer Score (0-4), entsprechend dem der mit
Methylenblau gefärbten Semidünnschnitte, eingesetzt. Analysiert wurden je drei mit Enbrel®
sowie drei mit PBS behandelte Mäuse. Es zeigten sich keine signifikanten Unterschiede
zwischen den beiden Gruppen (Wilcoxon-Rangsummentest). n.s.=nicht signifikant
61
3. Ergebnisse
3.8 Nach Absetzen des TNF-α-Inhibitors verschlimmert sich der
klinische Score der Mäuse
Da die Gabe von TNF-αInhibitoren
zu
deutlichen
einer
Vermehrung
der Zellzahlen in der
Milz
führte,
wurde
untersucht,
welche
Auswirkungen
die
Beendigung
der
Blockade
auf
den
klinischen Verlauf hat.
Die Verabreichung von
PBS
bzw.
Enbrel®
wurde bei mit MOG:3555
immunisierten
Mäusen 13 Tage nach
der
Immunisierung
beendet und die Effekte
auf
Verlauf
den
klinischen
bei
10
mit
Abbildung 15: Bei mit MOG:35-55 immunisierten Mäusen wurde ab dem Zeitpunkt der
Immunisierung anti-TNF-α (Enbrel®) verabreicht, die Gabe an Tag 13 beendet und der
klinische Verlauf beobachtet. (A) Verlauf der mit Enbrel® behandelten Mäuse vor und nach der
Behandlung. Die unterschiedlichen Symbole zeigen den Verlauf je einer Maus (n=5).
(B) Verlauf des durchschnittlichen klinischen Scores vor und nach Beendigung der Behandlung
mit Enbrel®- (n=5; schwarze Kreise) und PBS-Gabe (n=4; rote Dreiecke). Außerdem
dargestellt ist die Standardabweichung. Es zeigte sich bei den mit Enbrel® behandelten
Mäusen eine signifikante Verschlechterung des klinischen Scores nach Behandlungsende (Tag
10-13 gegenüber Tag 14-19; Wilcoxon-Rangsummentest p<0,05).
62
3. Ergebnisse
Enbrel® behandelten und 19 mit PBS behandelten Kontrollmäusen beobachtet
(siehe Abbildung 15 A und B). Dabei zeigte sich ein signifikant erhöhter Score
von Tag 14-19 gegenüber Tag 10-13 nach der Immunisierung (p<0,05
Wilcoxon-Rangsummentest) bei den mit Enbrel® behandelten Tieren. In der
Kontrollgruppe zeigte sich keine signifikante Differenz nach Absetzen von PBS
(p>0,05 Wilcoxon-Rangsummentest).
Abbildung 16: ELISPOT der Milz von jeweils mit Enbrel® behandelten Mäusen. Einerseits bei
einer durchgehenden Behandlung bis zum Zeitpunkt der Tötung (n=5) der Mäuse an Tag 24,
andererseits bei Beendigung der Behandlung an Tag 13 (n=10). Es zeigt sich eine signifikante
Verminderung der IFN-γ Spots nach Absetzen des anti-TNF-α-Inhibitors (p<0,05, WilcoxonRangsummentest). Die IFN-γ Spots repräsentieren die Th1-Zellen.
Um zu analysieren, wie sich die Th1-Zellen unter diesen Umständen verhalten,
wurden die Mäuse an Tag 24 nach der Immunisierung eingeschläfert und die
Th1-Zellen in der Milz mittels ELISPOT, repräsentiert durch IFN-γ positive
Spots, untersucht (siehe Abbildung 16). Repräsentative Abbildungen der
Immunospotanalyse sind in Abbildung 17 dargestellt. In der Gruppe, in der
Enbrel® an Tag 13 abgesetzt wurde, fand sich eine deutliche Reduktion der
IFN-γ Spots gegenüber der Gruppe, die Enbrel® weiterhin erhielt (p<0,01,
Wilcoxon-Rangsummentest). Daraus lässt sich schließen, dass die Behandlung
mit anti-TNF-α die Erhöhung der Th1-Zellzahl in der Milz bedingt.
63
3. Ergebnisse
Abbildung 17: Repräsentative Abbildungen der Immunospotanalyse (ELISPOT). (A)-(C) bei
mit MOG:35-55 immunisierten Mäusen, bei denen Enbrel® an Tag 13 abgesetzt wurde. (A)
Antigen, (B) Medium, (C) Positivkontrolle. (D)-(F) Mäuse, die durchgehend Enbrel® erhielten.
(D) Antigen, (E) Medium, (F) Positivkontrolle. Die Punkte in (A) und (D) repräsentieren
jeweils die antigenspezifische Reaktion (IFN-γ-Ausschüttung) einer Th1-Zelle.
64
4. Diskussion
Viele Zellen setzen bei Entzündungsreaktionen TNF-α frei und diese
Freisetzung wird als einer der wichtigen Mechanismen bei verschiedenen
Autoimmunkrankheiten erachtet. Dennoch sind die Einflüsse, die TNF-α auf das
Immunsystem ausübt, noch nicht im Detail verstanden. Die Wirkungen von
TNF-α
scheinen
teils
widersprüchlich
und
bei
den
verschiedenen
Krankheitsentitäten voneinander abweichend. So wird eine Blockade von TNF-α
bei einigen Autoimmunkrankheiten wie z.B. Morbus Crohn oder rheumatoider
Arthritis erfolgreich eingesetzt, ist aber bei anderen wie z.B. Lupus
erythematosus oder MS nicht wirksam, sondern kann diese hingegen sogar
begünstigen.
In der vorliegenden Arbeit wurde die Wirkung einer Inhibition von TNF-α mittels
Enbrel® auf T-Helferzellen und die Rückenmarkspathologie in einem Tiermodell
der MS untersucht.
4.1 Die Th1-Zellzahlen im Blut korrelieren weder zu Beginn
noch im Verlauf der EAE mit dem klinischen Score
Es konnte weder zu Beginn der EAE, welcher etwa Tag zehn nach der
Immunisierung lag, noch im weiteren Krankheitsverlauf eine Korrelation
zwischen klinischem Score und den Th1-Zellzahlen im Blut von mit MOG:35-55
immunisierten Mäusen beobachtet werden. Dies steht im Gegensatz zu den
Ergebnissen einer anderen Studie [138], bei der in der akuten Phase der EAE
eine Korrelation zwischen Th1-Zellen und klinischem Score bei einer mit PLP
139-151
induzierten
EAE
bei
SJL-Mäusen
bestand.
Bei
ebenfalls
durchgeführten Untersuchungen einer mit MOG:35-55 induzierten chronischen
EAE bei C57BL/6- Mäusen korrelierte die Anzahl der Zellen Th1-Zellen positiv
mit der Höhe des maximalen klinischen Scores. Dies war in der vorliegenden
Arbeit ebenfalls nicht der Fall. Es ist nicht auszuschließen, dass diese
65
4. Diskussion
widersprüchlichen Ergebnisse durch die in dieser Arbeit relativ geringe
Stichprobengröße der untersuchten Proben an Tag 15 verursacht wurden. Die
Unterschiede bezüglich der Ergebnisse der SJL-Mäuse können durch die
unterschiedlichen EAE-Modelle und verwendeten Mausstämme bedingt sein.
An Tag 30 nach der Immunisierung hingegen war die Stichprobengröße größer
und es zeigte sich ebenfalls keine Korrelation zwischen klinischem Score und
Th1-Zellzahl. Dies deutet darauf hin, dass die Anzahl der Th1-Zellen in der
Peripherie zu diesem Zeitpunkt nicht entscheidend für den Krankheitsverlauf
sind bzw. man laut den Ergebnissen dieser Arbeit nicht von der Anzahl der Th1Zellen in der Peripherie auf die Schädigung im ZNS schließen kann.
Möglicherweise sind vielmehr die in das ZNS-eingewanderten Th1-Zellen oder
weitere Zellreihen entscheidend. Es ist ebenfalls möglich, dass andere Zytokine
als IFN-γ eine Rolle spielen. Neben IFN-γ wird von Th1-Zellen beispielsweise
TNF-α freigesetzt. Gleichzeitig setzen aber auch diverse weitere Zellreihen, wie
z.B. Makrophagen, TNF-α frei.
4.2 TNF-α ist in entzündlichen Läsionen zu finden und korreliert
signifikant mit dem klinischen Score
Da TNF-α einer der Mediatoren ist, der von diversen Zellen des Immunsystems
freigesetzt wird, sollte seine Beteiligung an den Vorgängen der EAE näher
untersucht werden. TNF-α wurde mittels immunhistochemischer Färbungen von
Rückenmarksquerschnitten in den entzündlichen Läsionen von mit MOG:35-55
immunisierten und mit PBS behandelten Mäusen nachgewiesen. Dabei TNF-α
korrelierte positiv mit dem klinischen Score. Während sich sowohl bei gesunden
immunisierten als auch bei nicht-immunisierten Mäusen kaum TNF-α in der
weißen Substanz befand, war TNF-α bei erkrankten Mäusen deutlich erhöht.
TNF-α scheint folglich an der Beschädigung des Myelins und der damit
verbundenen klinischen Verschlechterung beteiligt zu sein. Somit wären
positive Resultate von einer TNF-α-Blockade zu erwarten gewesen.
66
4. Diskussion
4.3 TNF-α wird von Makrophagen/Mikroglia freigesetzt und ist
mit einer Beschädigung des Myelins assoziiert
Mittels zusätzlicher immunhistochemischer Doppelfärbungen konnte sichtbar
gemacht werden, dass TNF-α bei C57BL/6-Mäusen mit MOG:35-55 induzierter
EAE
in
den
entzündlichen
Infiltraten
von
F4/80-positiven
Zellen
(Makrophagen/Mikroglia) freigesetzt wird und sich an Axonen mit beschädigtem
Myelin befindet. Daraus lässt sich schließen, dass TNF-α einer der Mediatoren
ist, der an der Schädigung des Myelins beteiligt ist und somit zur
Krankheitspathogenese beiträgt.
4.4 Der Einfluss einer TNF-α-Inhibition auf den klinischen
Verlauf und den Krankheitsbeginn
Eine Hemmung von TNF-α mit Enbrel® führte zu einem signifikant verzögerten
Einsetzen der Symptomatik im Vergleich zu einer Behandlung mit PBS. Die
Inzidenz war bei einer Behandlung mit Enbrel® im Vergleich zu der
Verabreichung von PBS ebenfalls signifikant vermindert. Anti-TNF-α ist ab dem
Zeitpunkt der Immunisierung verabreicht worden. Vermutlich konnten so die
pathogenen Auswirkungen dieser initialen Erhöhung gehemmt und der
Krankheitsbeginn verzögert werden. Es ist bekannt, dass TNF-α bei der EAE
schon vor dem Ausbruch von Symptomen eine vermehrte Produktion von TNFα durch Mikroglia erfolgt und daraufhin T-Zellen und Makrophagen stimuliert
werden [215].
Die Ergebnisse bezüglich des klinischen Verlaufs bei Mäusen zeigen, dass eine
Blockade von TNF-α ausschließlich vor dem Beginn der Erkrankung eine
positive Wirkung erzielen konnte. Die Inhibition verhinderte zwar das Einsetzen
der Krankheit oder verzögerte den Krankheitsbeginn, der klinische Verlauf nach
dem
Einsetzen
der
Symptome
wurde
67
hingegen
nicht
beeinflusst.
4. Diskussion
Dementsprechend ist es nur hilfreich TNF-α schon früh zu blockieren,
vorzugsweise, bevor die ersten Symptome auftreten.
Die dargestellten Beobachtungen können auf die duale Rolle zurückgeführt
werden, die TNF-α bei Entzündungsvorgängen einnimmt. TNF-α wirkt an zwei
verschiedenen Rezeptoren und übt so unterschiedliche Funktionen aus.
Während TNF-R1 eher proinflammatorische und proapoptotische Eigenschaften
zugeschrieben werden, übt TNF-R2 eher regulatorische, protektive und
proliferationsstimulierende Funktionen aus. Über TNF-R2 wird beispielsweise
die Expansion regulatorischer T-Zellen beeinflusst, was zur neuronalen
Protektion beitragen kann [41]. Eine genauere Betrachtung der einzelnen
Rezeptoren und seiner Liganden ist notwendig, um die teils widersprüchlichen
Ergebnisse einer Blockade und des Einfluss von TNF-α nachvollziehen zu
können.
Verglich man TNF-/--Mäuse mit Kontrollmäusen, bei denen TNF-α vorhanden
war, zeigte sich ein verspätetes Einsetzen der Krankheit. Im Anschluss
entwickelte sich allerdings eine EAE mit chronischem Verlauf und es konnte
eine Vermehrung der autoreaktiven T-Zellen in der Milz nachgewiesen werden
[83] Wahrscheinlich wurde die Elimination autoreaktiver T-Zellen bei einem
Fehlen von TNF-α verhindert, z.B. über die Beeinflussung der Auslösung von
Apoptose, welche dann im Verlauf zu einer chronischen Schädigung führen
konnten. Auch in der vorliegenden Arbeit waren die CD4+-Zellen vermehrt in der
Milz zu finden und es liegt möglicherweise ein ähnliches Phänomen vor.
Normalerweise ist es nicht möglich bei Mäusen, die sich einmal von der akuten
Episode der EAE (EAE mit MOG:35-55, in C57BL/6-Mäusen) erholt haben, eine
erneute Krankheitsepisode auszulösen, vorausgesetzt, dass keine schubförmig
remittierende Verlaufsform der EAE induziert worden ist. Es zeigten sich bei
einer Modulation von TNF-α nun aber andere Ergebnisse. Während TNF-/-Mäuse resistent gegenüber einer initialen EAE-Induktion waren, konnte sie bei
einem zweiten Versuch der Krankheitsinduktion ausgelöst werden. TNF-R1-/-Mäuse hingegen behielten ihre Resistenz [122]. Dies spricht für eine pathogene
Rolle des TNF-α via TNF-R1 und unterstreicht die duale Rolle des TNF-α und
seiner Blockade. Die Relevanz von TNF-R1 bezüglich der pathogenen
68
4. Diskussion
Mechanismen in der EAE ließ sich in weiteren Experimenten mit KnockoutMäusen reproduzieren, bei denen entweder TNF-R1 oder sowohl TNF-R1 als
auch TNF-R2 ausgeschaltet wurden. Beide Mausstämme waren resistent
gegenüber der Auslösung einer EAE. Schaltete man hingegen nur TNF-R2 aus,
führte dies zu einer Verschlechterung der Erkrankung, einer vermehrten
Zytokinproduktion der Th1-Zellen und einer vermehrten Infiltration von CD4+-TZellen und Makrophagen. Der Krankheitsbeginn war nur geringfügig verzögert.
Dies spricht für die Notwendigkeit von TNF-R1 zur Auslösung der Krankheit
wohingegen
TNF-R2
regulatorische
Funktionen
ausübt
und
die
Autoimmunantwort verringert [250].
Bei einer TNF-α-Blockade scheint also initial die positive Wirkung über eine
Verhinderung der Signaltransduktion via TNF-R1 zu dominieren, während im
Verlauf eine fehlende Regulation über TNF-R2 überwiegt und es so zu einer
Verschlimmerung der klinischen Symptomatik kommt.
Es existieren zwei unterschiedliche Formen von TNF-α, eine lösliche und eine
membrangebundene. Das lösliche TNF-α hat eine höhere Affinität zu TNF-R1
und das membrangebundene zu TNF-R2. Prinzipiell können aber jeweils beide
Rezeptoren über beide TNF-Spaltprodukte aktiviert werden [98]. In einer Studie
von Alexopoulou et al. mit TNF-Knockout- und mTNF-Mäusen, welche
ausschließlich die membranöse Form des TNFs freisetzten, konnte gezeigt
werden, dass die Tiere, die lediglich mTNF besaßen, nicht an EAE erkrankten.
Wenn hingegen beide Formen des TNF-α fehlten, wurde auch in dieser Studie
lediglich der Erkrankungsbeginn zeitlich verzögert. Die Entwicklung einer EAE
war aber trotzdem möglich [4]. Sie schlossen daraus, dass mTNF die
Krankheitsinduktion direkt unterdrücken kann. Das sTNF hingegen scheint zu
Beginn der Krankheit eine proinflammatorische Wirkung zu haben, welche dann
im Verlauf nicht mehr vorranging ist, denn auch wenn TNF-α fehlt, schützt dies
nicht vor einer Erkrankung an EAE. Setzt man nun Enbrel® ein, welches als
unselektiver TNF-α-Blocker wirkt und sowohl sTNF als auch mTNF-α abfängt,
muss davon ausgegangen werden, dass sowohl die proinflammatorischen als
auch die regulatorischen Wirkungen des TNF-α beeinflusst werden. Diese
These wird durch weitere Studien [29+253] unterstützt, die die Gabe von
69
4. Diskussion
Etanercept, dem Wirkstoff von Enbrel®, mit einem sTNF-Blocker verglichen. Im
Gegensatz zu der unselektiven Blockade mit Etanercept führte die selektive
Blockade des sTNFs zu einer deutlichen Verbesserung der klinischen
Symptomatik. Der Krankheitsbeginn konnte, entsprechend der Ergebnisse der
vorliegenden Arbeit, sowohl mit einer Gabe von Etanercept als auch mit einer
selektiven Blockade von sTNF verzögert werden. Ursächlich vorstellbar für die
initial-positiven Effekte einer unselektiven TNF-α-Hemmung ist, neben der
Verhinderung einer direkt zytotoxischen Wirkung des TNF-α, auch ein indirekter
Einfluss durch eine verminderte Freisetzung proinflammatorischer Mediatoren.
In [253] wurde dieser Hypothese allerdings widersprochen. Durch die
unselektive
Blockade
der
Signaltransduktion
wurden
die
schädlichen
Mediatoren nicht herunter, sondern sogar hochreguliert. Eine selektive
Blockade
hingegen
führte
zu
einer
verminderten
Freisetzung
der
Signaltransduktoren. Da die Messung der Mediatoren jedoch lediglich zu dem
Zeitpunkt, an dem die Mäuse den höchsten klinischen Score aufwiesen und
nicht zu Krankheitsbeginn erfolgte, lässt sich nicht ausschließen, dass eine
Verschiebung des Einsetzens der EAE nicht doch durch eine Reduktion der zu
Beginn anwesenden proinflammatorischen Zytokine bedingt ist, dieser Effekt
dann jedoch im Verlauf entsprechend verloren geht.
TNF-R1 und TNF-R2 können allerdings nicht isoliert voneinander betrachtet
werden, da sich die beiden Rezeptoren gegenseitig beeinflussen und zum Teil
über Rezeptor-übergreifende Funktionen verfügen. Alle Zellen, die TNF-R2
exprimieren, besitzen gleichzeitig auch TNF-R1. Es scheint dabei von vielen
verschiedenen Faktoren abzuhängen, inwieweit welcher Rezeptor aktiviert wird,
unter anderem vom Zelltyp, vom Aktivierungsstatus und vom Milieu, das die
Zellen umgibt [146+204]. Hinweise für die Interaktion von TNF-R1 und TNF-R2
ergeben sich vor allem daraus, dass eine Apoptose auch über TNF-R2
ausgelöst werden kann, obwohl bei diesem keine eigene intrazelluläre
Todesdomäne vorliegt, wie es hingegen bei TNF-R1 der Fall ist [78]. Daher wird
angenommen, dass eine intrazelluläre Kommunikation zwischen den beiden
Rezeptoren stattfindet (zusammengefasst in [69]). Dies muss bei der
Entwicklung neuer Therapiestrategien beachtet werden, da es so selbst bei
70
4. Diskussion
einer selektiven Blockade gegebenenfalls zu unerwünschten Wirkungen über
den Rezeptor, der eigentlich gehemmt werden sollte, kommen kann.
Eine weitere mögliche Erklärung für eine Verzögerung des Krankheitsbeginns
und die Senkung der Inzidenz ist eine verminderte Permeabilität der BHS in der
Abwesenheit von TNF-α. Bei TNF-α-Knockout-Mäusen konnten Fabis et al.
zeigen, dass die Durchlässigkeit der BHS deutlich herabgesetzt ist, wenn TNFα fehlt [67]. Eine vermehrte Permeabilität der BHS wird als ein wichtiger
Parameter im Ablauf der Krankheitsinduktion angesehen. T-Zellen gelangen
durch die Expression von VLA-4, dem Liganden von VCAM-1, über die BHS
[60]. Die Hypothese, dass es durch eine Blockade von TNF-α zu einer
geringeren Einwanderung schädigender CD4+-Zellen in das ZNS kommt, wird
durch Studienergebnisse unterstützt, in denen gezeigt werden konnte, dass den
Leukozyten
mittels
einer
TNF-R1-abhängigen
Expression
des
Adhäsionsmoleküls VCAM-1 auf Astrozyten die Migration in das ZNS ermöglicht
wird [15+85]. Unter normalen Bedingungen ist kein VCAM-1 im ZNS vorhanden
[30]. Bei MS und unter Stimulation mit proinflammatorischen Zytokinen
hingegen, wurde eine Expression von VCAM-1 auf Endothelzellen, Mikroglia
und Astrozyten beobachtet [36+113+220]. Bei einer Inhibition von TNF-α wurde
weniger VCAM-1 von Endothelzellen exprimiert [15]. Im Gegensatz dazu
konnten Gimenez et al. zeigen, dass T-Zellen auch unter Abwesenheit von TNFR1 in das ZNS einwandern können, allerdings lediglich in den perivaskulären
Raum und die Leptomeningen. Eine Migration bis in das Parenchym ist nicht
möglich. Es ist demnach nicht die Expression von VCAM-1 auf Endothelzellen,
die von TNF-R1 abhängig ist, sondern vielmehr die VCAM-1-Expression im
Parenchym, die durch eine TNF-α-Blockade unterdrückt werden kann. Diese
VCAM-1-Expression konnte räumlich Astrozyten zugeordnet werden, woraufhin
Gimenez et al. davon ausgehen, dass die VCAM-1-Expression von Astrozyten
für die Einwanderung der T-Zellen in das ZNS-Parenchym verantwortlich ist.
Dabei ist nicht ganz klar, ob die Expression von VCAM-1 selbst TNF-R1mediiert ist und zu einer Einwanderung der Zellen in das ZNS führt oder ob
nicht
vielmehr
andere
Effektormoleküle
wie
MMPs
oder
andere
Adhäsionsmoleküle von TNF-R1 abhängig sind. Anti-TNF-α-Inhibitoren können
71
4. Diskussion
die weiße Substanz des ZNS so vor der Invasion von autoreaktiven T-Zellen
schützen. Vereinzelt konnten allerdings auch bei TNF-R1-/--Mäusen VCAM-1exprimierende Zellen im Parenchym detektiert werden. Eine Erklärung dafür
bietet der Einfluss von IFN-γ. Es wirkt ähnlich wie TNF-α, induziert die VCAM-1Expression auf Astrozyten ermöglicht den T-Zellen ebenfalls den Übertritt über
die Bluthirnschranke, wenn auch in geringerem Maße als es TNF-α oder die
Kombination von TNF-α und IFN-γ tun [85].
Weiteren Ergebnissen zur Folge könnte es von den unterschiedlichen Typen
von Zellen, die TNF-α freisetzen, abhängig sein, welche Wirkung durch TNF-α
erzielt wird. Kruglov et al. schalteten selektiv TNF-α entweder komplett, isoliert
in myeloischen oder isoliert in T-Zellen aus. Bei vollkommener TNF-α-Defizienz
oder wenn TNF-α in myeloischen Zellen fehlte, war der Krankheitsbeginn erneut
signifikant verzögert. Zusätzlich konnte eine Verminderung der Anzahl der in
das ZNS einwandernden CD4+-Zellen an Tag 14 nach der Immunisierung
beobachtet werden. Diese Verminderung war bei den Experimenten der
vorliegenden Arbeit nicht zu verzeichnen. Dabei muss angemerkt werden, dass
hier auch keine Untersuchungen der CD4+-Zellzahlen im ZNS zu diesem frühen
Krankheitszeitpunkt durchgeführt worden ist. Als Ursache wird eine verminderte
Expression von Chemokinen postuliert, wenn TNF-α nicht vorhanden war. Im
Verlauf zeigte sich allerdings eine vermehrte Anzahl von CD4 +-Zellen und
CD11b+-Zellen (z.B. Neutrophile, Makrophagen), sowohl im ZNS als auch
peripher in der Milz. Es ist also möglich, dass sich die initialen Effekte auf eine
Verminderung der Rekrutierung von T-Zellen in das ZNS zurückführen lassen,
z.B. über eine verminderte Expression von VCAM-1 oder VLA-4. Im Verlauf
gehen diese Effekte allerdings verloren. Gleichzeitig findet keine Hemmung der
Expansion autoreaktiver T-Zellen in der Peripherie mehr statt. Dies wurde in der
vorliegenden Arbeit ebenfalls beobachtet und wird an anderer Stelle noch
detaillierter diskutiert. Wenn hingegen den T-Zellen selbst das TNF-α fehlte,
konnte
eine
Verbesserung
der
klinischen
Symptomatik
sowie
eine
Verminderung der Anzahl demyelinisierter Axone beobachtet werden. Im Verlauf
gingen diese positiven Effekte allerdings ebenfalls verloren. Außerdem zeigte
sich eine Vermehrung von autoreaktiven T-Zellen im ZNS. Als Ursache wurde
72
4. Diskussion
eine
Vermehrung
dieser
Zellen
in
sekundär
lymphatischen
Organen
angenommen. Gleichzeitig wanderten aber weniger CD11b+ myeloische Zellen
in das ZNS ein. Das von T-Zellen freigesetzte TNF-α scheint also einerseits zur
Rekrutierung von Makrophagen in das ZNS beizutragen, andererseits aber die
CD4+-T-Zellen in der Peripherie zu hemmen [134]. Daraus kann man schließen,
dass einer initialen Blockade von TNF-α positive Effekte zugeschrieben werden
können, da der Übertritt von autoreaktiven T-Zellen und im Verlauf auch
myeloischer Zellen in das ZNS verhindert wird. Bei der Progression der
Krankheit überwiegen aber regulatorische Effekte, wie z.B. eine Hemmung der
Expansion von autoreaktiven Zellen in der Peripherie. Die Inhibition von TNF-α
hat im Verlauf also negative Einflüsse. Hier sind wahrscheinlich auch von TNF-α
unabhängige Mechanismen für die Schädigungen im ZNS verantwortlich.
4.5 Der Einfluss einer TNF-α-Inhibition auf IFN-γ-freisetzende
Th1-Zellen
Th1-Zellen werden als eine der an EAE und MS beteiligten Zellreihen
angesehen, unter anderem da eine EAE mittels adoptivem Transfer von Th1Zellen ausgelöst werden kann [197] und in Läsionen sowie im Liquor und im
Blut von MS-Patienten erhöhte Konzentrationen von Th1-Zellen gemessen
werden konnten [132+187+246]. TNF-α gilt als einer der Mediatoren, der die
Th1-Zellen beeinflusst. Im Tiermodell der rheumatoiden Arthritis konnte gezeigt
werden, dass die Anzahl der Th1-Zellen im Effektororgan (i.e. Gelenk) unter
Gabe von Enbrel® signifikant vermindert werden konnte [185]. Dies leitete zu
der Annahme, dass das auch bei EAE der Fall sein könnte. So wurden in der
vorliegenden
Arbeit
die
Effekte
von
einer
Enbrel®-Gabe
auf
die
Konzentrationen von Th1-Zellen im ZNS, im Blut und in der Milz untersucht.
Interessanterweise wurde eine Hochregulation der Th1-Zellen im Blut und in der
Milz beobachtet, wohingegen die Zellen im ZNS nicht vermehrt waren. Die
klinische Symptomatik war durch diese Zellerhöhung allerdings nicht beeinflusst
73
4. Diskussion
und korreliert nicht mit den Zellzahlen in der Peripherie, sondern mit denen im
ZNS.
Eine mögliche Erklärung für die Vermehrung der Zellzahlen bietet eine
Betrachtung des Einflusses von TNF-α auf proliferationsfördernde Faktoren. IL12 stellt beispielsweise einen dieser Faktoren dar. TNF-α hemmt die Expression
der p40-Untereinheit, die IL-12 und IL-23 gemeinsam ist [85+289]. Eine
Blockade
von TNF-α
führt
entsprechend
zu
einer
Enthemmung
der
Zellproliferation und somit zu einer vermehrten Th1-Zellzahl. In einer Studie, in
der selektiv TNF-R1 ausgeschaltet worden ist, fand sich ebenfalls eine erhöhte
Th1-Zellzahl und eine Vermehrung der p40-mRNA [63]. Eine Hemmung von
TNF-α führt also zu einer Enthemmung der Regulation über TNF-R1 und trägt
so zu der Expansion von T-Zellen bei.
Welche Funktion übt nun IFN-γ aus und wie genau stehen TNF-α und IFN-γ,
das unter anderem von Th1-Zellen freigesetzt wird, in Verbindung?
Die Bedeutsamkeit des IFN-γ und der Th1-Zellen ergibt sich, wie bereits
erwähnt, daraus, dass eine EAE durch den Transfer von autoreaktiven Th1Zellen ausgelöst werden kann [284]. Dies lässt vermuten, dass eine Hemmung
von IFN-γ zu einer Besserung der klinischen Symptomatik führen müsste. Dies
konnte in einer Studie bestätigt werden, in der durch eine Blockade von IFN-γ
eine Progression von EAE verhindert wurde [121]. Außerdem führte die
Verabreichung von IFN-γ zu einer Verschlechterung der Symptomatik [216]. Die
Funktion von IFN-γ ist allerdings nicht eindeutig. In Studien mit KnockoutMäusen, in welchen IFN-γ und sein Rezeptor ausgeschaltet wurden, kam es zu
einer ausgeprägteren EAE bzw. zu einem Verlust der Resistenz gegenüber
einer Induktion der EAE, im Vergleich zu Mäusen vom Wildtyp [131]. Ähnliche
Resultate erzielte man mit einer Verabreichung von Antikörpern gegen IFN-γ
[154]. Chu et al. konnten eine Vermehrung der enzephalitogenen CD4+-T-Zellen
feststellen, wenn Mäusen IFN-γ fehlte [44]. Im Gegensatz dazu wiesen Mäuse,
bei denen die Gene für IFN-γ ausgeschaltet wurden, in einer neueren Studie ein
verzögertes Einsetzen der Krankheit auf. Identisch zu den Resultaten einer
TNF-α-Blockade mit Enbrel®, konnte der Krankheitsverlauf hingegen nicht
positiv beeinflusst werden. Dabei wurde IFN-γ allerdings nicht von Th1-Zellen,
74
4. Diskussion
sondern vielmehr von NK-Zellen freigesetzt. Der Krankheitsbeginn konnte
vermutlich verschoben werden, da pathogene CD4+-Zellen weniger VLA-4
präsentierten und so nicht in das ZNS einwandern konnten. Es ist demnach
möglich, dass nicht die Th1-Zellen für die Krankheitsinduktion verantwortlich
sind,
sondern
vielmehr
andere
IFN-γ-freisetzende
Zellen
zur
Krankheitsauslösung beitragen, indem sie z.B. den CD4+-Zellen über vermehrte
VLA-4-Präsentation den Eintritt in das ZNS ermöglichen. Diese Zellen werden
unter anderem durch TNF-α stimuliert. Eine TNF-α-Blockade beeinflusst so die
Freisetzung von IFN-γ und hemmt sowohl seine inflammatorische als auch
seine regulatorische Wirkung. TNF-α beeinflusst das Krankheitsgeschehen also
indirekt [60]. Ein weiteres Beispiel für den indirekten Einfluss auf beteiligte
Zelltypen stellt die von TNF-α-abhängige Stimulation potentiell autoreaktiver
Th1- und Th17-Zellen über dendritische Zellen dar [115].
IL-12 und IFN-γ sind jedoch nicht die einzigen Parameter, die auf die Regulation
von T-Zellen Einfluss nehmen. Regulatorische T-Zellen supprimieren Th1-Zellen
beispielsweise über eine Freisetzung von IL-10 [7]. TNF-α gilt dabei als einer
der Mediatoren, der die Funktion der Tregs stimuliert [128]. Eine Blockade von
TNF-α würde folglich zu einer gestörten Funktion regulatorischer T-Zellen
führen. Es konnte gezeigt werden, dass TNF-α seine Wirkung auf Tregs vor
allem über TNF-R2 ausübt [273]. Dieser Rezeptor befindet sich jedoch
ebenfalls auf T-Effektorzellen (Teff), zu denen auch die Th1-Zellen gehören.
Über die Bindung von TNF-α an TNF-R2 wird so die Th1-Zellproliferation
stimuliert ([41], zusammengefasst in [42]). Eine Blockade des TNF-α könnte die
gewünschte Hemmung der Expansion von autoreaktiven Th1-Zellen bedingen,
was den verspäteten Krankheitsbeginn erklären könnte. Im Verlauf fiele durch
die Inhibition von TNF-α aber auch die Regulation der T-Zell-Proliferation über
Tregs weg. Die Vermehrung der Th1-Zellen erfolgt dann wahrscheinlich über
von TNF-α unabhängige Mechanismen. Andere Studien kamen hingegen zu
dem Schluss, dass TNF-α nicht zu einer Stimulation von Tregs, sondern im
Gegenteil zu einer Hemmung dieser führt, unter anderem durch eine
verminderte Expression des Transkriptionsfaktors Foxp3 [180+269]. Eine
Blockade von TNF-α müsste demnach zu einer Vermehrung der regulatorischen
75
4. Diskussion
T-Zellen und zu einer Suppression der Th1-Zellaktivität führen. Diese postulierte
anti-TNF-α-Wirkung konnte aber weder in dieser Arbeit noch in diversen
anderen Studien bestätigt werden, in denen die Auswirkungen einer TNF-αBlockade auf Th1-Zellzahlen betrachten wurden [4+36+85+113].
Tregs
regulieren
Th1-Zellen
nicht
nur
über
eine
Hemmung
der
proliferationsstimulierenden Zytokine, sondern fangen über ihre Rezeptoren
auch freies TNF-α ab. Entsprechend wird die Stimulation der Th1-Zellen über
TNF-α zusätzlich indirekt gehemmt [43]. Auch Teffs selbst setzen TNF-α frei,
das
dann
Tregs
stimuliert
und
die
Teffs
über
einen
negativen
Feedbackmechanismus hemmt [90]. Letztlich stellt die Interaktion von Teffs und
Tregs ein komplexes Zusammenspiel dar, in dem es durch die Verschiebung
der Zell-Verhältnisse zu einer Störung der Homöostase kommt. Dieses
Ungleichgewicht kann dann zu Schädigungen führen.
Es stellt sich die Frage warum die Effekte von anti-TNF-α-Medikamenten so
heterogen sind. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen bietet eine
Betrachtung der unterschiedlichen Typen von Tregs. Wie bereits erwähnt, wird
TNF-R2 von Tregs exprimiert. Untersucht man nun aber die Stimulationswege
der unterschiedlichen Subtypen der Tregs genauer, zeigt sich, dass die
natürlichen Tregs über eine TNF-α-TNF-R2-Interaktion stimuliert werden. Die
induzierbaren Tregs haben hingegen TGF-β als Aktivator und können
unabhängig von TNF-α agieren [108]. Nimmt man nun an, dass bei
verschiedenen
Krankheitsentitäten
verschiedene
Tregs
zur
Regulation
autoreaktiver T-Zellen dominieren, könnten so die Unterschiede in der Wirkung
von TNF-α-blockierenden Medikamenten erklärt werden. Bei einer Krankheit mit
überwiegend induzierbaren Tregs würde eine Blockade von TNF-α vor allem
seine proinflammatorischen Wirkungen neutralisieren, der regulatorische
Einfluss der Tregs aber bliebe erhalten. Bei vorwiegender Beteiligung von
natürlichen Tregs hingegen wären negative Effekte durch eine TNF-α
Hemmung zu erwarten, da der hemmende Einfluss der Tregs wegfiele.
Ungeachtet dessen ist es möglich, dass die autoreaktiven Zellen, die sich im
ZNS befinden, unabhängig von der Stimulation durch TNF-α und der Regulation
von Tregs sind, da das Krankheitsausmaß nicht mit den peripheren Th1-Zellen,
76
4. Diskussion
sondern mit den im ZNS vorhandenen Zellen korrelierte und die Th1-Zellen im
ZNS nicht vermehrt waren.
T-Zellen benötigen immer zwei voneinander unabhängige Signale zur
Stimulation,
welche
von
antigenpräsentierenden
Zellen,
wie
z.B.
den
dendritischen Zellen stammen [12]. Das eine Signal wird über die MHCs und
das zweite über andere Rezeptoren auf den Zellen wie z.B. CD28 oder TNF-R2
übertragen. Testete man nun den Einfluss einer TNF-α-Blockade auf die
Kostimulation von CD4+-Zellen, zeigte sich, dass die Freisetzung von IL-2 durch
eine Blockade von TNF-α vermindert wurde. Dadurch wurden die Zellen
empfänglicher für eine Hemmung durch das Zytokin TGF-β. Wenn man TGF-β
neutralisierte, konnte dieser hemmende Effekt aufgehoben werden. Stimulierte
man nun aber die T-Zellen über CD28, konnte die inaktivierende Wirkung der
TNF-α-Blockade
vollständig
aufgehoben
werden
[93].
Zu
ähnlichen
Ergebnissen kamen auch Kim und Teh, wobei CD28 in ihrer Studie nicht in der
Lage war die fehlende TNF-R2-Wirkung vollständig auszugleichen [126].
Demnach
wird
TNF-α
für
die
Aktivierung
von
Th1-Zellen
im
ZNS
möglicherweise nicht benötigt, da eine Stimulation auch unabhängig von TNF-α
erfolgen kann.
Ebenfalls denkbar ist aber, dass die TNF-α-Blockade die ZNS-Zellen nicht
erreichen kann, da die BHS für Antikörper wie Enbrel® nicht durchlässig ist. Es
wird so deshalb nur die periphere Immunantwort reguliert. TNF-α-Inhibitoren
können allerdings mittlerweile so modifiziert werden, dass die Überwindung der
Bluthirnschranke möglich ist. Bei Morbus Parkinson erwiesen sich solche
neuen, ZNS-gängigen TNF-α-Inhibitoren als neuroprotektiv [298]. Ob dies auch
bei EAE und MS der Fall wäre, lässt sich allerdings aufgrund der Erkenntnisse
aus Studien mit TNF-/--Mäusen bezweifeln. Um genauere Aussagen treffen zu
können, müssten jedoch weitere Studien mit ZNS-gängigen TNF-α-Inhibitoren
auch bei EAE-Modellen durchgeführt werden.
Es stellt sich weiterhin die Frage, was mit den in der Milz akkumulierten TZellen passiert, wenn die TNF-α-Blockade wieder abgesetzt wird. Die hier
aufgeführten Daten deuten darauf hin, dass die in der Milz gesammelten TZellen dann in das ZNS migrieren und dort Schaden anrichten. Dies wurde
77
4. Diskussion
untersucht, indem der klinische Verlauf nach Absetzen des TNF-α-Inhibitors im
Vergleich zum Verlauf nach Absetzen von PBS beobachtet worden ist. Auch
wurden die Th1-Zellzahlen in der Milz verglichen, einerseits bei Versuchstieren,
die durchgängig Enbrel® erhielten und andererseits bei Tieren, bei denen
Enbrel® an Tag 13 nach der Immunisierung abgesetzt worden ist. Es zeigte
sich eine signifikante Verschlechterung des klinischen Scores nach Absetzen
der TNF-α-Inhibition in Verbindung mit abnehmenden Th1-Zellzahlen in der
Milz. Es scheint, als wären die autoreaktiven T-Zellen durch die Blockade von
TNF-α daran gehindert worden in das ZNS einzuwandern. Allerdings sind diese
Ergebnisse mit Vorsicht zu betrachten, da keine sicherere Aussage darüber
getroffen werden kann, ob die Mäuse, bei denen die TNF-α-Blockade abgesetzt
worden ist, schon ein Plateau im klinischen Verlauf erreicht hatten. Dies war bei
den mit PBS behandelten Kontrollen etwa ab Tag 13 zu beobachten, könnte
sich aufgrund des verzögerten Krankheitsbeginns unter TNF-α-Inhibition bei
den mit Enbrel® behandelten Tieren hingegen erst später zeigen. Es kann also
nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Verschlechterung der klinischen
Symptomatik auch bei einer weiteren Verabreichung von Enbrel® gezeigt hätte
und nicht auf die Beendigung der Behandlung zurückzuführen ist. Weitere
Untersuchungen wären nötig, um dies auszuschließen. Die verringerten
Zellzahlen in der Milz hingegen sprechen für die These, dass die Zellen in das
ZNS einwandern konnten und die Verschlechterung des klinischen Verlaufs
verursacht haben. In weiteren Studien müsste der Frage nachgegangen
werden, ob nach Absetzen des TNF-α-Inhibitors eine Vermehrung der
Zellzahlen im ZNS erfolgt und diese die Erhöhung des klinischen Scores
bedingt.
4.6 Der Einfluss einer TNF-α-Inhibition auf die Histopathologie
Um die Wirkung einer Blockade von TNF-α auf die pathologischen Vorgänge im
ZNS zu untersuchen, wurden feingewebliche Untersuchungen des lumbalen
Rückenmarks von C57BL/6-Mäusen mittels Licht- und Elektronenmikroskopie
78
4. Diskussion
durchgeführt. Dabei wurden sowohl mit Hämatoxylin/Eosin und Methylenblau
gefärbte Semidünnschnitte mit Hilfe eines semiquantitativen Scores analysiert
als auch Ultradünnschnitte im Hinblick auf eine Schädigung des Myelins und
feine Axonpathologien untersucht und die Versuchsgruppen jeweils verglichen.
Insgesamt ließen sich jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den
unterschiedlich behandelten Mäusen feststellen.
Im Gegensatz zu den Ergebnissen dieser Arbeit, in der die Blockade von TNF-α
keinen signifikant protektiven Effekt bezüglich der entzündlichen Infiltrate und
der histopathologischen Schädigung aufwies, konnte in einer Studie von Taoufik
et al. eine protektive Wirkung von Etanercept bezüglich des Myelin- und
Axonschadens beobachtet werden. Dieser Effekt zeigte sich zum Zeitpunkt des
Krankheitspeaks, also dem Zeitpunkt, an dem der höchste klinische Score
bestimmt worden ist. Die klinische Symptomatik wurde hingegen nicht positiv
beeinflusst. Im Verlauf (Tag 35 nach der Immunisierung) war kein positiver
Effekt im Vergleich zu den anderen Versuchsgruppen zu beobachten [253]. Im
Gegensatz zu der vorliegenden Arbeit wurden bei Taoufik et al. keine
ultrastrukturellen Analysen mittels Elektronenmikroskopie durchgeführt. Diese
bilden die pathologischen Vorgänge an den Axonen deutlich genauer ab, als es
mit der Lichtmikroskopie möglich ist. Betrachtet man den klinischen Verlauf der
EAE unter einer Blockade von TNF-α, geht der positive Effekt zu Beginn der
Erkrankung im Verlauf des Entzündunggeschehens verloren. Nur anfangs
könnte eine Schädigung des Myelins verhindert werden. Dies bestätigt eine
Studie von Brambilla et al., die ebenfalls Etanercept mit einer selektiven
Blockade von sTNF verglichen und weiterführende ultrastrukturelle Analysen
der Axone und ihres Myelins durchführten. Entsprechend den Ergebnissen der
hier vorliegenden Arbeit war die Anzahl der demyelinisierten Axone unter einer
Gabe von Etanercept nicht geringer als bei Mäusen vom Wildtyp. Unter der
Gabe des selektiven TNF-α-Blockers hingegen zeigten sich eine geringere
Anzahl demyelinisierter Axone und weniger Axolyse. Außerdem wurde eine
signifikante Vermehrung der Remyelinisierung in Assoziation mit einer Blockade
des sTNF gefunden, was durch eine größere Anzahl von TNF-R2 Rezeptoren
auf Oligodendrozyten-Vorläuferzellen zu erklären war. TNF-R1 hingegen
79
4. Diskussion
befindet sich auf Neuronen und es wird angenommen, dass TNF-α bei diesen
Zellen im Wesentlichen schädliche Auswirkungen über den Rezeptor hat [29].
Schaltete man selektiv TNF-R1, TNF-R2 oder beide Rezeptoren parallel aus,
zeigte sich keinerlei Demyelinisierung, wenn keiner der beiden Rezeptoren
vorhanden war. Bei fehlendem TNF-R1 waren leichte perivaskuläre und
leptomeningeale Infiltrate sowie eine Demyelinisierung zu beobachten. Bei
fehlendem TNF-R2 präsentierte sich eine ausgedehnte Entzündung mit
deutlicher Demyelinisierung [251]. Diese angenommene protektive Rolle von
TNF-R2 wird durch Ergebnisse von Akassoglou et al. bestätigt. Sie arbeiteten
mit
Mäusen,
denen
nur
TNF-R1
fehlte.
Diese
bildeten
keinerlei
Demyelinisierung aus und es ließen sich im ZNS keine Infiltrate finden [3].
Arnett et al. konnten die unterschiedlichen Auswirkungen von TNF-R1 und TNFR2 auf die demyelinisierenden Vorgänge noch genauer spezifizieren. Sie
induzierten keine EAE, sondern lösten eine Demyelinisierung aus, indem sie
Mäuse mit dem Toxin Cuprizon fütterten und untersuchten die Auswirkungen
sowohl bei Mäusen vom Wildtyp als auch bei TNF-α- und TNF-R1- sowie TNFR2-Knockout-Mäusen.
Mit
dem
Cuprizon-Modell
ist
es
möglich
demyelinisierende und remyelinisierende Vorgänge zu untersuchen. Einige
Wochen nach Beendigung der Fütterung mit Cuprizon begannen die Axone
wieder zu remyelinisieren. Die TNF-α-Konzentrationen im ZNS waren bei
Mäusen, die das Gift erhielten, sowohl in Phasen der Demyelinisierung als auch
der Remyelinisierung erhöht, während bei gesunden Kontrollmäuse ohne
Cuprizonbehandlung keine Erhöhung von TNF-α zu verzeichnen war. TNF-α-/-Mäuse wiesen zu Beginn signifikant weniger Demyelinisierung auf, im Verlauf
ging dieser Unterschied aber verloren. Dies steht im Einklang mit den
Beobachtungen der vorliegenden Arbeit und der These, dass eine Inhibition von
TNF-α nur zu Beginn positive Effekte zeigt. Nach einer Beobachtungszeit von
sechs Wochen war die Anzahl der demyelinisierten Axone bei Mäusen vom
Wildtyp und TNF-α-Knockout-Mäusen vergleichbar. Interessanterweise zeigten
sich aber deutliche Unterschiede bezüglich remyelinisierender Vorgänge.
Mäuse, denen TNF-α fehlte, wiesen deutlich weniger remyelinisierte Axone auf,
als Mäuse vom Wildtyp. Unter selektiver genetischer Modifikation von entweder
80
4. Diskussion
TNF-R1 oder TNF-R2 konnte dann gezeigt werden, dass die Remyelinisierung
bei den Mäusen geringer ausfiel, denen TNF-R2 fehlte. Bei reiner TNF-R1Defizienz hingegen war eine normale Remyelinisierung vorhanden. In weiteren
Experimenten
konnte
dies
auf
eine
Verminderung
der
Oligodendrozytenvorläuferzellen bei TNF-R2-defizienten Mäusen zurückgeführt
werden [8]. TNF-R1 ist demnach an schädigenden Abläufen an den Axonen
beteiligt, während TNF-R2 eine essentielle Funktion bei der Remyelinisierung
und somit der Regeneration von neurologischen Defiziten ausübt.
In einer Studie von Selmaj et al. gab es Hinweise darauf, dass Lymphotoxin,
welches ebenfalls an TNF-R1 bindet, eine ausgeprägtere schädigende Wirkung
auf Oligodendrozyten ausübt, als es TNF-α selbst tut [231]. Dies befürwortet die
These, dass die Zerstörung von Oligodendrozyten v.a. TNF-R1-abhängig erfolgt
und würde das Fehlen eines positiven Effekts bei TNF-α-Blockade jedenfalls
zum Teil erklären, da Lymphotoxin von dieser nicht beeinflusst wird.
Man muss außerdem beachten, dass sich bei den histologischen Analysen die
Problematik ergibt, dass in der Regel nie das ganze Rückenmark betrachtet
werden kann und auf den einzelnen Schnitten immer nur ein kleiner Teil
abgebildet ist. Es bleibt nicht sicher auszuschließen, dass sich nicht noch
deutlich mehr Infiltrate in den Rückenmarksabschnitten befinden, die nicht
erfasst worden sind oder aber auch besonders die Stellen mit vermehrten
Infiltraten betrachtet wurden. Die in dieser Arbeit aufgeführten Ergebnisse
bezüglich des fehlenden positiven Einflusses einer TNF-α-Blockade auf die
Demyelinisierung
stehen
im
Einklang
mit
den
Ergebnissen
anderer
Studiengruppen. Dies erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Ergebnisse nicht
nur schnittbedingt zu Stande gekommen sind.
Insgesamt scheint TNF-α eine duale Funktion im Bezug auf die Schädigung von
Myelinscheiden auszuüben. Während zu Beginn die schädigende Wirkung im
Vordergrund steht, überwiegt im Verlauf der protektive Effekt über TNF-R2 unter
anderem auf Remyelinisierungsvorgänge. Mit einer Blockade von TNF-α verhält
es sich entsprechend umgekehrt. Inwieweit dies an einer mangelnden Fähigkeit
des TNF-α-Inhibitors zur Penetration der BHS liegt, bleibt fraglich und es
müssten weitere Studien durchgeführt werden, um zu erfassen, wie genau die
81
4. Diskussion
histopathologischen Veränderungen unter der Verabreichung von ZNSgängigen TNF-α-Inhibitoren oder auch bei einer selektiven Blockade von TNFR1 aussehen würden.
Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Myelinschaden nicht auch
durch andere proinflammatorische Zytokine, wie dem erwähnten Lymphotoxin,
oder durch reaktive Sauerststoff-Spezies bedingt ist [56]. NO korreliert
beispielsweise mit dem Krankheitsausmaß und dem Myelinschaden [271]. Es
wird durch Makrophagen und Mikroglia freigesetzt und stimuliert seinerseits die
Freisetzung von TNF-α [39]. Ähnliches gilt für den exitatorischen Transmitter
Glutamat. Sein Abbau wird durch TNF-α gehemmt ([73], zusammengefasst in
[100]). Eine Blockade von TNF-α müsste so einen indirekt positiven Effekt
haben.
Auch eine Beteiligung weiterer Zellreihen wie beispielsweise CD8 +-T-Zellen
oder B-Zellen, die myelinspezifische Antikörper bilden, wäre denkbar und
konnte bei einigen Patienten mit MS nachgewiesen werden [236]. Neumann et
al. konnten CD8+-Zellen in unmittelbarer Nachbarschaft zu demyelinisierten
Axonen finden und Granzym B, das gegen das Myelin gerichtet war,
nachweisen [182]. Inwieweit TNF-α bei der EAE Einfluss auf diese Zellen nimmt
und welche Auswirkungen seine Blockade hätte, bleibt weiteren Studien
vorbehalten.
Eine neue Art der elektronenmikroskopischen Darstellung, die scannende
Elektronenmikroskopie (SEM), ermöglicht eine genauere Erfassung der
Veränderungen der Myelinscheiden durch eine dreidimensionale Abbildung der
Strukturen. Dies haben Bando et al. genutzt, um die Veränderungen am Myelin
zu unterschiedlichen Krankheitsphasen der EAE zu untersuchen. Als frühestes
Zeichen konnte eine Ablösung des Myelins von den Axonen erkannt werden,
noch bevor überhaupt Entzündungszellen eingewandert waren. Diese Vorgänge
wurden außerdem in der weißen Substanz, die frei von Infiltraten war,
beobachtet. Das weist darauf hin, dass eine Myelinablösung ein frühes Zeichen
der Schädigung ist, welches der eigentlichen Demyelinisierung vorausgeht.
Zum
Zeitpunkt
des
Peaks
der
Krankheit
fanden
sich
komplexere
Veränderungen des Myelins, wie z.B. verdoppeltes Myelin mit einem Anteil von
82
4. Diskussion
etwa 30% und im chronischen Verlauf kam es dann zu einem aus multiplen
Schichten bestehenden Myelin, das einen Prozentsatz von etwa 60% einnahm.
Neben diesen Veränderungen des Myelins wurden ebenfalls veränderte
Mitochondrien detektiert, welche der in der vorliegenden Arbeit untersuchten
feinen axonalen Pathologien ähnelten. Auch an den Axonen ließen sich
Veränderungen, wie z.B. eine Schlängelung erkennen, wobei nicht klar ist, ob
dies in einer Zerstörung der Axone mündet. Interessanterweise wurden die
jeweiligen Veränderungen ebenfalls in den Gehirnen verstorbener MS-Patienten
beobachtet. Bei mit Cuprizon ausgelöster Demyelinisierung, zeigte sich
hingegen keine Veränderungen der Axone [13]. Solche genaueren analytischen
Methoden lassen viel exaktere Untersuchungen der einzelnen potentiell
geschädigten
Kompartimente
und
somit
auch
Rückschlüsse
auf
die
Krankheitspathophysiologie zu. Mit weiterführenden Studien, die diese Methode
einsetzen, könnten protektive aber auch negative Effekte von potentiellen
Medikamenten
genauer
ausgewertet
werden
und
die
Erkenntnisse
entsprechend zur Evaluation neuer und prinzipiell auch bereits vorhandener
MS-Medikamente genutzt werden.
4.7 Ergänzung durch parallel erhobene Ergebnisse
In den folgenden Abschnitten wird Bezug genommen auf Ergebnisse, die in
unserer Arbeitsgruppe in parallel durchgeführten Experimenten erarbeitet
wurden. Sie ergänzen die in dieser Arbeit aufgeführten Ergebnisse und tragen
zum weiteren Verständnis der Problematik bei.
4.7.1 CD4+-Zellen und Makrophagen
Mittels immunhistochemischer Färbungen wurden Schnitte des lumbalen
Rückenmarks im Hinblick auf das Vorhandensein von CD4+-Zellen und
Makrophagen untersucht und die jeweiligen Zellzahlen in Bezug zum klinischen
83
4. Diskussion
Score der Mäuse gesetzt. Während CD4+-Zellen nicht mit dem klinischen Score
korrelieren, besteht eine Korrelation von Makrophagen und der klinischen
Symptomatik. Dies unterstützt die These, dass vielmehr Makrophagen als
CD4+-Zellen im Krankheitsverlauf die entscheidende pathogene Rolle spielen.
Es spricht außerdem für die Beteiligung von TNF-α, da in dieser Arbeit
nachgewiesen konnte, dass TNF-α in entzündlichen Läsionen bei an EAE
erkrankten Mäusen von F4/80-positiven Zellen freigesetzt wird und ebenfalls mit
dem klinischen Score korreliert.
4.7.2 Immunhistochemische Untersuchungen mit SMI 99 und 312
Bei
weiteren
immunhistochemischen
Untersuchungen
des
lumbalen
Rückenmarks von mit MOG:35-55 immunisierten Mäusen konnte festgestellt
werden, dass sowohl der Grad des Axonschadens, dargestellt mit SMI 312 als
auch der Auffälligkeiten an den Myelinscheiden, gefärbt mit SMI 99, mit der
Anzahl der Makrophagen korreliert. Dabei wurden die gleichen Mäuse
verwendet, bei denen auch die TNF-α-Färbung durchgeführt wurde. Wie bereits
angesprochen, sind Makrophagen einer der Zelltypen, die TNF-α freisetzen und
es konnte gezeigt werden, dass sich TNF-α an beschädigtem Myelin befindet.
Die Ergebnisse der hier aufgeführten immunhistochemischen Färbungen
unterstreichen demnach die These, dass TNF-α an den histopathologischen
Abläufen des ZNS beteiligt ist. Sie begründeten außerdem die Annahme, dass
eine Blockade von TNF-α einen positiven Einfluss auf die Histopathologie
haben müsse. Dies bestätigte sich jedoch, wie oben bereits aufgeführt, nicht.
4.7.3 Klinischer Verlauf bei einer mit Humira® behandelten
Kontrollgruppe
Durch unsere Arbeitsgruppe wurden zusätzliche Erhebungen der klinischen
Daten von einer weiteren Kontrollgruppe, die mit Humira® (n=10) behandelt
worden ist, durchgeführt, welche die in dieser Arbeit dargestellten Ergebnisse
84
4. Diskussion
bekräftigen. Humira® dient dabei als Kontrollantikörper, mit dem eine Inhibition
von TNF-α bei Mäusen nicht möglich ist. Es kann so zusätzlich sichergestellt
werden,
dass
die
beobachteten
Effekte
nicht
ausschließlich
darauf
zurückzuführen sind, dass ein Antikörper verabreicht worden ist, sondern auf
der Blockade von TNF-α beruhen. Es zeichneten sich in allen Untersuchungen
der klinischen Ergebnisse der Mäuse identische Tendenzen der PBS- und
Humira®-Kontrollgruppen ab. Der Krankheitsbeginn war entsprechend der mit
PBS behandelten Mäuse früher als bei den mit Enbrel® behandelten Mäusen
(12 ± 0,6 Tage vs. 17± 3 Tage, p<0,01) und alle behandelten Tiere erkrankten
(Inzidenz von 100%). Nach dem Einsetzen der Krankheit zeigten sich jedoch
ebenfalls keine Unterschiede bezüglich der klinischen Scores [17].
4.7.4 Auswirkungen der TNF-α-Inhibition auf IL-17-freisetzende
Th17-Zellen
Die EAE wurde lange Zeit als rein Th1-mediierte Erkrankung angesehen, unter
anderem weil im ZNS von Erkrankten Th1-Zytokine vorherrschen und eine EAE
durch den Transfer von enzephalitogenen T-Zellen ausgelöst werden kann
[132+186+197+246]. Wie bereits erwähnt, werden Th1-Zellen über das Zytokin
IL-12 stimuliert. Dieses setzt sich aus den Untereinheiten p35 und p40
zusammen. Nimmt man an, dass die EAE eine rein Th1-mediierte Erkrankung
ist, müsste eine Blockade von IL-12 bzw. seiner Untereinheiten oder seines
Rezeptors zu einer Verbesserung, wenn nicht sogar Verhinderung der Krankheit
führen. Dies wurde in diversen Studien untersucht, es ließ sich aber weder eine
Resistenz
gegenüber
der
Erkrankung,
noch
eine
Verbesserung
der
Symptomatik feststellen, sondern es zeigte sich im Gegenteil sogar eine
Verschlechterung des klinischen Erscheinungsbilds [18+89+296]. Schaltete
man gezielt die p35-Untereinheit aus, zeigte sich keine Verbesserung der EAE,
sondern ein verschlechterter Verlauf [89]. Dies erforderte ein Umdenken
bezüglich des Th1-Paradigmas. Die Tatsache, dass die p40-Untereinheit des IL12 sowohl Bestandteil des IL-12 als auch Teil des IL-23 ist, welches seinerseits
85
4. Diskussion
Th17-Zellen stimuliert, rückte die Th17-Zellen näher in den Fokus. Diese sind
ein relativ neu entdeckter CD4+-Zell-Subtyp, der proinflammatorische Zytokine,
wie IL-17, IL-6, TGF-β und auch TNF-α freisetzt [140]. Schaltete man selektiv
die gemeinsame p40-Untereinheit aus, waren die entsprechenden Mäuse
resistent gegenüber einer Auslösung von EAE. Gleiches galt für Mäuse, denen
die für IL-23 spezifische p19-Untereinheit fehlte [49]. Auf die Differenzierung
von naiven T-Zellen zu Th17-Zellen nehmen TGF-β, IL-6 und IL-21 Einfluss.
Dies wird verstärkt durch TNF-α und IL-1β. IL-23 hingegen trägt vielmehr zur
Reifung und zum Überleben der Th17-Zellen bei (zusammengefasst in [62]).
Nimmt man nun TNF-α als einen der Th17-stimulierenden Mediatoren und die
Th17-Zellen als eine in der Pathogenese der EAE wichtige Zellreihe, so leitet
dies zu der Annahme, dass eine Blockade von TNF-α zu einer verminderten
Stimulation von Th17-Zellen führen sollte sowie der Verlauf der EAE positiv
beeinflusst werden müsste. Daher wurde in Versuchen, die parallel zu den
Experimenten dieser Arbeit durchgeführt wurden, zusätzlich zur IFN-γ-Detektion
mittels ELISPOT repräsentativ für die Th1-Zellantwort, auch die Th17-Zellen
über die Analyse von IL-17-positiven Spots untersucht. Die Ergebnisse
erwiesen sich als sehr ähnlich. Es fand keine Erhöhung der Th17-Zellantwort im
ZNS statt. Die Th17-Antwort im ZNS korrelierte aber mit dem klinischen Score.
Entsprechend der Th1-Antwort war die Th17-Antwort in der Milz signifikant
erhöht (p<0,05; Wilcoxon-Rangsummentest). Eine Korrelation von Th17-Zellen
in der Milz und dem klinischen Score war hingegen ebenfalls nicht vorhanden.
Auch die Vermehrung der Th17-Zellen in der Peripherie scheint also keinen
Einfluss auf die Krankheit zu haben, jedenfalls solange diese Zellen unter antiTNF-α-Gabe in der Milz zurückgehalten werden und nicht in das ZNS gelangen.
Studien, in denen versucht wurde zu eruieren welche der beiden T-HelferZelllinien nun eine schwerwiegendere Form der EAE auslöst, kamen zu
uneinheitlichen
Ergebnissen.
So
beschrieben
Langrish
et
al.
eine
verschlimmerte EAE, wenn diese durch den adoptiven Transfer von Th17Zellen ausgelöst wurde [140]. Im Gegensatz dazu konnten Kroenke et al. keine
Unterschiede im klinischen Erscheinungsbild zwischen einer durch Th1- oder
Th17-Zellen-ausgelöste EAE feststellen. Allerdings unterschieden sich die
86
4. Diskussion
vorherrschenden Zellentypen, die in das ZNS rekrutiert wurden. Bei einer Th1Zell-mediierten EAE wurden eher einwandernde Makrophagen beobachtet,
während bei einer Th17-Zell-mediierten EAE Neutrophile vorherrschten [132].
Es unterschieden sich aber nicht nur die einwandernden Zellen sondern auch
die Topographie der Läsionen sowie die entsprechende klinische Präsentation
der Erkrankung. Bei einer EAE durch Th17-Zellen war vorzugsweise das Gehirn
betroffen und es zeigte sich eine atypische EAE. War die EAE hingegen durch
Th1-Zellen ausgelöst worden, entwickelte sich eine klassische Form der EAE
mit Läsionen im Rückenmark [246]. Dabei waren nicht die absoluten Zellzahlen
entscheidend, sondern vielmehr das Verhältnis von Th1- zu Th17-Zellen. Je
nachdem, welcher Zelltyp überwog, bestand eine Neigung zu Infiltraten im
Rückenmark bzw. im Gehirn der Mäuse. Außerdem nehmen Hofstetter et al. an,
dass das Verhältnis von Th17-Zellen zu Tregs bestimmt, ob sich ein chronischer
Verlauf ausbildet oder nicht [107], auch wenn Th17-Zellen weniger empfänglich
für die Regulation über Tregs als Th1-Zellen sind [33].
Siffrin
et
al.
konnten
zeigen,
dass
Th17-Zellen Axonschaden
durch
Veränderungen der Kalzium-Homöostase auslösen konnten und somit zu
neuronaler Dysfunktion führten. Diese Blockade der Signalübertragung
bedingte nicht nur einen Schaden der Axone, sondern ebenfalls des Myelins
[235], erwies sich aber zunächst noch als potentiell reversibel. Th17-Zellen
tragen demnach auch zur Schädigung von Myelin und Axonen bei.
Th17-Zellen bewirken außerdem eine Störung der Permeabilität der BHS. Die
Endothelzellen der Bluthirnschranke besitzen Rezeptoren für die Zytokine der
Th17-Zellen. Vor allem beteiligt sind IL-17 und IL-22. IL-17 stimuliert dabei die
Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies in den Endothelzellen. Daraus
resultiert eine Störung der Tight Junctions über eine Aktivierung des kontraktilen
Apparates des Endothels und es kommt gleichzeitig zu einer vermehrten
Expression von Adhäsionsmolekülen (zusammengefasst in [116]). Dies stellt
einen potentiellen Mechanismus für die schädigende Wirkung von Th17-Zellen
dar.
Eine gemeinsame Betrachtung von sowohl Th1- als auch Th17-Zellen ist
insofern sinnvoll, als dass die beiden Zellreihen eng miteinander in Verbindung
87
4. Diskussion
stehen. In einer Studie zu chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, in
denen Th1- und Th17-Zellen ebenfalls wichtige Anteile an der Pathogenese
haben, konnte gezeigt werden, dass Th1-Zellen durch Th17-Zellen supprimiert
werden können. Während auf naiven CD4+-T-Zellen keine IL-17-Rezeptoren
vorhanden sind, war im Verlauf der Th1-Zelldifferenzierung eine Hochregulation
der
IL-17-Rezeptoren
auf
den
Th1-Zellen
zu
beobachten.
Die
Transkriptionsfaktoren zur Th1-Differenzierung, z.B. T-bet und STAT1, waren
unter Anwesenheit von IL-17 deutlich herunter reguliert. Dies war jedoch nur in
frühen Stadien der Th1-Differenzierung der Fall, im Verlauf ließ sich diese
Suppression nicht erkennen [188]. Es können hingegen nicht nur Th1-Zellen
von
Th17-Zellen
supprimiert
werden,
sondern
auch
der
gegenteilige
Mechanismus ist denkbar. Die Freisetzung der proinflammatorischen Zytokine
IL17-A und IL17-F aus Th17-Zellen konnte in Zellkulturen durch die Zugabe von
IFN-γ gehemmt werden. Neben dieser Hemmung kam es zusätzlich noch zu
einer Verschiebung von IL-17A zu IFN-γ. Dabei sind die Transkriptionsfaktoren
T-bet und STAT-1 die Faktoren, die eine voneinander unabhängige Suppression
der Th17-Zellen bedingen [294]. Th1- und Th17-Zellen beeinflussen und
regulieren sich demnach gegenseitig. Ein weiterer Hinweis dafür, wie sehr die
beiden Zellreihen miteinander interagieren, ist, dass zusätzlich zu den IL-17oder IFN-γ-freisetzenden Th17- oder Th1-Zellen auch Zellen existieren, die
sowohl positiv für IL-17 als auch für IFN-γ sind. Je nachdem welche
Chemokinrezeptoren diese präsentieren, setzen sie entweder mehr IL-17
(CCR1+CCR5-) oder mehr IFN-γ (CCR2+CCR5+) frei [226]. Dabei stellt sich die
Frage, ob ein Zelltyp existiert, der Th1- und Th17-Zytokine ausschüttet oder ob
sich nicht vielmehr die einzelnen Zelltypen ineinander umwandeln. Eine
Variabilität wird für Th17-Zellen schon länger angenommen, während für Th1Zellen eine hohe Stabilität postuliert wurde. Es war jedoch zunächst fraglich, ob
diese Variabilität nur in vitro oder auch in vivo vorhanden ist. Während Lexberg
et al. annehmen, dass sich diese Plastizität am Lebenden nicht reproduzieren
lässt [147], konnten Hirota et al. zeigen, dass sich Th17-Zellen auch in vivo zu
IFN-γ-Produzenten umwandeln können. Dabei war ein Wechsel von IL-17produzierenden
Th17-Zellen
zu
einer
88
Produktion
von
IFN-γ
vom
4. Diskussion
vorherrschenden
entzündlichen
Milieu
bzw.
der
jeweiligen
Erkrankung
abhängig. Bei der chronisch entzündlichen EAE fand ein Wechsel von IL-17 zu
IFN-γ statt, bei einer akuten kutanen Candida albicans Infektion hingegen war
keine Transformation zu beobachten. Interessant ist außerdem, dass der
Großteil der Menge des produzierten MOG-spezifischen IFN-γ von den Zellen
mit einem Th17-Ursprung stammte und nicht von Th1-Zellen. Th17-Zellen
produzierten relativ schnell nur noch geringe Mengen an IL-17A. Fehlte den
Mäusen aber IL-23, waren keine doppelt positiven IFN-γ und IL-17-Zellen zu
finden [104]. Es könnten also die Th17-Zellen sein, die sich im entzündlichen
Milieu zu IFN-γ-Produzenten umwandeln, die einen wichtigen Teil der
pathogenen Vorgänge der EAE mediieren. Diese Ergebnisse bieten eine
Erklärung dafür, warum IL-23 so wichtig für die EAE zu sein scheint, wie schon
von Yeh et al. beobachtet [294]. Es macht außerdem verständlicher warum es
so schwierig ist, der EAE eine konkrete Zellreihe zuzuordnen. Lee et al.
konnten zeigen, dass TGF-β der entscheidende Faktor für eine vermehrte IL17-Produktion ist und dass vor allem das Verhältnis von TGF-β zu IL-23 und IL12 bestimmt, ob IL-17 oder IFN-γ von den Th17-Zellen freigesetzt wird. Wenn
TGF-β nicht mehr anwesend war, unterdrückte IL-12 die für die Th17Differenzierung wichtigen Transkriptionsfaktoren RORγt und RORα und führte
zur Expression von für Th1-Zellen typische Faktoren [142]. Der vorherrschende
Zelltyp scheint dabei auch von der genetischen Ausstattung der Mäuse
abhängig zu sein. Bei einer EAE bei C57BL/6-Mäusen waren vor allem Th1Zellen beteiligt, während bei einer EAE bei SJL-Mäusen eher Th17-Zellen
dominierten
(zusammengefasst
in
[62]).
Da
diese
unterschiedlichen
genetischen Ausstattungen gleichzeitig verschiedene Verlaufstypen der EAE
bedingen, könnte somit die Dominanz des jeweiligen Zelltyps zu den
Unterschieden im Verlauf beitragen.
Interessanterweise scheint TNF-α auf den Wechsel vom Th17- zum Th1Phänotyp Einfluss zu nehmen. In einer Studie zur juvenilen idiopathischen
Polyarthritis konnte die Umwandlung von Th17- zu Th1-Zellen durch Etanercept
verhindert werden [158]. Laut Ghoreschi et al. stellt die Transformation von
Th17-
zu
Th1-Zellen
einen
der
89
wesentlichen
Vorgänge
bei
4. Diskussion
Autoimmunkrankheiten wie der EAE dar [84]. Nimmt man an, dass die Zytokine
von Th1-Zellen bzw. die der von Th17- zu Th1-Zellen transformierten Zellen für
die Pathogenese der EAE entscheidend sind, würde dies eine mögliche
Erklärung dafür liefern, warum Enbrel® die T-Zellen in der Peripherie zwar
vermehren, diese jedoch nicht pathogen zu sein scheinen, da sie wie in dieser
Arbeit dargestellt, den klinischen Score nicht verschlimmern. Inwieweit sich
diese beobachteten Mechanismen auf einer im ZNS stattfindende EAE
übertragen lassen, bleibt jedoch fraglich.
Eine aktuelle Studie von Liu et al. ergab nun, dass sich nicht nur Th17- in Th1Zellen umwandeln können, sondern auch eine Konversion von Th1- zu Th17Zellen möglich ist. Die angenommene Stabilität der Th1-Zelllinie wird damit in
Frage gestellt. Die Umwandlung von Th1- zu Th17-Zellen wurde über TGF-β
und IL-6 reguliert, wohingegen IL-23 nicht beteiligt war. Dabei läuft die
Konversion von Th1- zu Th17-Zellen wahrscheinlich über eine TGF-βinduzierte, vermehrte Expression des Transkriptionsfaktors Runx1, der unter
anderem an der IL-17-Freisetzung sowie der Th17-Differenzierung beteiligt ist
[151]. Diese Beobachtungen wurden allerdings nur in vitro und nicht in vivo
gemacht und es bleibt dahingestellt, ob dieses konstruierte Modell einerseits
auf lebende Tiere und andererseits auf das EAE-Modell übertragbar ist.
Ein Problem bei der isolierten Betrachtung von IFN-γ und IL-17 bezüglich der
Pathogenese der EAE ist, dass diese auch in Abwesenheit der beiden induziert
werden kann [294]. Eine mögliche Erklärung für diese Beobachtung bietet die
Beteiligung von GM-CSF. Dieses Zytokin wird sowohl von Th1- als auch von
Th17-Zellen freigesetzt und könnte der entscheidende entzündliche Faktor bei
der EAE sein. Schaltete man GM-CSF gezielt aus, konnte keine EAE ausgelöst
werden [62]. Außerdem stimuliert IL-23 die Produktion von GM-CSF durch
Th17-Zellen, während TGF-β sie unterdrückt, was die postulierte pathogene
Rolle von IL-23 unterstreicht [171].
Bezüglich der Bedeutung von IL-23 in der EAE bestehen unterschiedliche
Studienergebnisse und Ansichten. Einige kamen zu dem Schluss, dass ein
Fehlen von IL-23 bzw. seinen Untereinheiten p19 oder auch p40, der mit IL-12
gemeinsamen Untereinheit, zur Resistenz gegenüber der Auslösung einer EAE
90
4. Diskussion
führt und IL-23 außerdem vor allem zur Aufrechterhaltung der Entzündung im
Verlauf der EAE beiträgt [18+51]. In einer anderen Studie hingegen konnte eine
EAE auch unter Abwesenheit von p19 durch den adoptiven Transfer
enzephalitogener Zellen ausgelöst werden. IL-23 scheint nach diesen
Ergebnissen also weniger auf die Effektorphase als auf die Generation bzw. die
Vermehrung und das Überleben der schädigenden Zellen Einfluss zu nehmen
[254].
Insgesamt stehen sowohl die beteiligten Zellen als auch die freigesetzten
Zytokine in Interaktion miteinander und regulieren sich jeweils gegenseitig. Es
ist schwierig, wenn nicht sogar unmöglich, einzelne Teile gezielt auszuschalten
ohne Einfluss auf die anderen zu nehmen. So hat auch eine Inhibition von TNFα,
welches
Teil
dieses
komplexen
Netzwerkes
der
Interaktion
von
Immunmediatoren ist, immer Auswirkungen auf mehrere Bereiche und so
sowohl potentiell positive als auch potentiell negative Effekte. Dies konnte auch
in der vorliegenden Arbeit bestätigt werden. Zu beachten ist außerdem, dass
nicht sicher ist, ob diese Mechanismen beim Menschen exakt identisch und
somit auf die MS übertragbar sind. Auch sind die Abläufe bei den einzelnen
Autoimmunkrankheiten nur schwer vergleichbar und es ist fraglich inwiefern
sich die einzelnen pathologischen Abläufe entsprechen.
4.7.5 Auswirkungen der TNF-α-Inhibition auf axolytische Vorgänge
Neben der Demyelinisierung ist die Axolyse einer der histopathologischen
Vorgänge, die bei MS und EAE beobachtet werden können. In der akuten
Phase der Erkrankung ist eher die Entzündung vorherrschend, die zunächst
noch reversibel ist, während es im Verlauf zu irreversiblen chronischen
Schäden mit einem Verlust von Axonen kommt [290]. Recks et al kamen zu
ähnlichen Ergebnissen. Sie konnten zusätzlich noch zeigen, dass eine
Demyelinisierung in allen Krankheitsphasen vorhanden ist [213]. Bei der MS
wurde im chronischen Verlauf ein Verlust von etwa 70% der Axone beobachtet,
welcher mit dem klinischen Erscheinungsbild korrelierte [26].
91
4. Diskussion
Es wird angenommen, dass der Verlust von Axonen auch schon zu Beginn der
Erkrankung zu finden ist, jedoch erst klinisch in Erscheinung tritt, wenn etwa 1530% der Nervenfasern nicht mehr intakt sind. Allerdings zeigte sich bei diesem
frühen Verlust von Axonen keine Korrelation mit den eingewanderten T-Zellen
und den entzündlichen Infiltraten ([290], zusammengefasst in [203]). Dies wirft
die Frage auf, welcher Pathomechanismus hinter dem Verlust von Axonen
steht.
Wie
bereits
erläutert,
gibt
es
verschiedene
Theorien
zum
Entstehungsmechanismus des axonalen Schadens und der damit verbundenen
Axolyse. Es kann entweder direkt das Axon oder erst das Myelin und im
Anschluss das Axon geschädigt werden. In jedem Fall kommt es aber zu einer
Zerstörung der Myelinscheiden und Axone mit der Freisetzung der jeweiligen
Bestandteile, die dann von Makrophagen und Mikroglia ingestiert und neu
präsentiert werden (Epitope Spreading).
Eine Studie von Siebert und Brück, in der verschiedene Knockout-Mäuse im
Hinblick auf axolytische Vorgänge untersucht wurden, zeigte, dass Mäuse
denen ICAM-1, ein Adhäsionsmolekül von Makrophagen, sowie Mäuse, denen
TNF-α fehlte, signifikant weniger Axolyse aufwiesen als Vergleichstiere vom
Wildtyp. Gleichzeitig befand sich auch eine geringere Anzahl an Makrophagen
im ZNS [234]. Eine TNF-α-Blockade hatte hier demnach eine positive Wirkung.
Diese bestätigte sich bei den Ergebnissen unserer Arbeitsgruppe nicht. Es
konnten keine Unterschiede bezüglich der Axolyse zwischen den einzelnen
Versuchsgruppen detektiert werden. Wenn man davon ausgeht, dass
Demyelinisierung und axonaler Schaden bzw. der Verlust von Axonen eng
zusammen hängen, wäre es unwahrscheinlich, dass eine Inhibition von TNF-α
positive Einflüsse auf den einen Vorgang, aber keine oder negative auf den
anderen hätte. Zu beachten ist, dass in der Studie von Siebert et al. das
periphere Nervensystem untersucht worden ist, wohingegen in der vorliegenden
Arbeit das ZNS betrachtet wurde. Vermutlich bestehen Unterschiede zwischen
den pathogenen Abläufen im zentralen und peripheren Nervensystem, unter
anderem bedingt durch den Schutz der BHS und durch unterschiedliche Typen
von Zellen, die anwesend sind.
92
4. Diskussion
Fasst man die Ergebnisse bezüglich der histopathologischen Analysen bei einer
Blockade von TNF-α im Vergleich zu mit PBS oder Humira® behandelten
Kontrollmäusen zusammen, kann man davon ausgehen, dass eine Inhibition
von TNF-α mit Enbrel® keinen schützenden Effekt auf das Gewebe ausübt.
Weitere Studien wären nötig, um die möglichen positiven Effekte z.B. durch
eine selektive TNF-R1-Blockade zu untersuchen.
4.7.6 Auswirkungen
Vorgänge
der
TNF-α-Inhibition
auf
apoptotische
Eine Funktion des TNF-α ist die Auslösung von apoptotischen Vorgängen, vor
allem über die Bindung an TNF-R1. Es konnte beobachtet werden, dass TNF-α
auch eine Apoptose von Oligodendrozyten auslösen kann und so zu
Schädigung des Myelins und im Verlauf der Schädigung der Nervenfasern
beiträgt [168+169]. Paintlia et al. führten diesen Mechanismus auf eine Wirkung
über TNF-R1 zurück. Diese Schädigung der Oligodendrozyten wird durch IL-17
noch weiter verstärkt [195]. Hövelmeyer et al. beschrieben den durch TNF-α
ausgelösten Verlust von Oligodendrozyten als einen der zentralen Vorgänge der
EAE, der durch eine TNF-TNF-R1- und eine Fas-Fas-Ligand-Interaktion
ausgelöst wird. Fehlte nur eines der beiden, waren lediglich ein verspäteter
Krankheitsbeginn und mildere Symptome zu beobachten, entsprechend der
Ergebnisse der vorliegenden Arbeit. Mäuse, bei denen sowohl TNF-R1 als auch
Fas ausgeschaltet war, waren jedoch nahezu resistent gegenüber einer EAE,
obwohl die Infiltration von Lymphozyten in das ZNS nicht beeinflusst wurde
[109]. Dies zeigt, dass der Schaden der Oligodendrozyten, mediiert durch Fas
und TNF-R1, wichtig für die klinische Symptomatik der EAE ist. TNF-α ist
demnach nicht als einziger Mediator für die Apoptose verantwortlich. Nicht nur
bei Oligodendrozyten selbst kann eine Apoptose durch TNF-α ausgelöst
werden, sondern ebenso bei neuronalen Vorläuferzellen, die sich z.B. zu
Neuronen und Oligodendrozyten weiterentwickeln. In diesem Fall war wiederum
TNF-R1 und nicht TNF-R2 beteiligt [233].
93
4. Diskussion
McGuire et al. beschäftigten sich mit der Frage, wie genau die Apoptose der
Oligodendrozyten verursacht wird. Sie kreierten genveränderte Mäuse, bei
denen bei Oligodendrozyten die Fas-assoziierte Todesdomäne (kurz FADD)
ausgeschaltet wurde. FADD wird unter anderem durch TNF-α aktiviert. Die
FADD-Knockout-Mäuse waren zwar nicht resistent gegenüber der Auslösung
einer EAE, zeigten aber eine deutliche Milderung der Symptomatik. Gleichzeitig
wurde eine Reduktion demyelinisierender Vorgänge beobachtet. Diese wurde
auf eine Verminderung der Apoptose von Oligodendrozyten, die durch eine
Interaktion mit FADD ausgelöst wird, zurückgeführt. Oligodendrozyten erwiesen
sich in vitro als resistent gegenüber einem TNF-α-mediierten Zelltod. Ein
Einfluss von FADD bzw. seiner Abwesenheit auf die Antwort von T-Zellen
während der EAE fand sich jedoch nicht. Trotzdem erwies sich das Fehlen von
FADD im Verlauf der Erkrankung als positiv. Bei verminderter Zerstörung der
Oligodendrozyten kommt es gleichzeitig zu einer geringeren Freisetzung von
Myelinbestandteilen und das Epitope Spreading wird somit eingedämmt [169].
Nimmt man an, dass TNF-α einer der wichtigen Mediatoren bei den Abläufen
der Apoptose der Oligodendrozyten ist, würde das bedeuten, dass eine
Blockade von TNF-α einen positiven Einfluss auf die Apoptose haben müsste.
In einer Studie, in der ein rekombinanter Fc-TNF-R1-Antikörper eingesetzt
wurde, konnte diese Wirkung bestätigt werden. Es kam zu einer signifikanten
Verminderung der Apoptose der Oligodendrozyten [56]. Diese Ergebnisse zum
direkten Einfluss von TNF-α auf die Apoptose von Oligodendrozyten, ließen sich
durch unsere Arbeitsgruppe jedoch nicht reproduzieren. Neben der Erkenntnis,
dass eine Inhibition von TNF-α keine histoprotektiven Effekte hatte, wurde keine
Assoziation von Neurodegeneration und Apoptose beobachtet und somit
vermutet, dass TNF-α in dem verwendeten Modell keinen Einfluss auf den
Verlust von Axonen durch eine Auslösung von Apoptose hat. Es muss also eher
eine direkt toxische Wirkung, die nicht zur Apoptose führt oder eine indirekte
Toxizität z.B. über die Aktivierung anderer Zellreihen angenommen werden. Es
gibt neben der Signaltransduktion via TNF-α noch andere Signalwege, die zu
einer Apoptose von Oligodendrozyten führen können, beispielsweise mittels
eines weiteren Mitglieds der TNF-Rezeptor-Familie, dem Neutrotrophinrezeptor
94
4. Diskussion
p75, mit welchem neuronale Wachstumsfaktoren interagieren [92]. Dabei muss
angemerkt werden, dass diese neueren Ergebnissen zur Folge sowohl
proapoptotische als auch antiapoptotische Funktionen, z.B. über NF-κB,
zugeschrieben werden (zusammengefasst in [168]). Weitere Möglichkeiten zur
Auslösung einer Apoptose, die unabhängig von der TNF-α-getriggerten über
Caspasen ist, besteht Glutamat- [223] oder ATP-Rezeptor-vermittelt. Diese
verursachen eine Erhöhung der Kalziumpermeabilität über IonenkanalRezeptoren [167].TNF-α kann bewirken, dass Mikroglia Glutamat in das ZNS
freisetzen, welches dann in hohen Konzentrationen vorliegt und zu einer
Exzitotoxizität an den Neuronen führt (zusammengefasst in [168]). Dieser durch
Glutamat verursachte Schaden, bzw. die autokrine Freisetzung von großen
Mengen an Glutamat durch Mikroglia, kann durch eine Blockade von TNF-R1
unterdrückt werden [252].
TNF-α kann aber nicht nur Einfluss auf die Apoptose von Oligodendrozyten,
sondern auch auf die Apoptose von autoreaktiven Lymphozyten haben. In einer
Studie mit an Morbus Crohn erkrankten Patienten, in der Infliximab und
Etanercept verglichen wurden, ließ sich eine durch Infliximab ausgelöste
Apoptose von autoreaktiven Lymphozyten beobachten. Dies galt hingegen nicht
für
Etanercept.
Demzufolge
wären
keine
Apoptose-fördernden
Effekte
autoreaktiver Lymphozyten durch eine Blockade von TNF-α mit Enbrel® zu
erwarten
gewesen.
Ein
Grund
für
diesen
Unterschied
könnten
die
divergierenden Bindungseigenschaften von Infliximab und Etanercept sein.
Während Etanercept lediglich ein einzelnes lösliches TNF-α-Molekül abfangen
kann, ist Infliximab in der Lage zwei unterschiedliche TNF-α-Moleküle zu
binden, was dann zu Unterschieden in der Signaltransduktion führen könnte
[270].
Insgesamt würde eine Blockade von TNF-α eine vermehrte Apoptose von
Oligodendrozyten und somit die Schädigung von Nervenfasern einerseits nicht
zwangsläufig
verhindern,
da
eine
Apoptose
über
andere
Signaltransduktionskaskaden möglich ist. Andererseits könnte eine Blockade
der Apoptosestimulation darüber hinaus negative Auswirkungen haben, da so
auch in potentiell schädlichen Zellen keine Apoptose mehr ausgelöst werden
95
4. Diskussion
würde. Die positiven Einflüsse einer Hemmung von TNF-α auf Apoptose und
klinische Symptomatik sind also fraglich.
4.8 Ausblick
Die Blockade von TNF-α mit Enbrel® bei mit MOG:35-55 immunisierten
C57/BL6-Mäusen hat keinen positiven Einfluss auf die histopathologischen
Abläufe bei der EAE. Dies leitet zu der Annahme, dass auch die mangelnde
Wirksamkeit einer TNF-α-Blockade beim Menschen durch fehlende Einflüsse
auf die Histopathologie bedingt ist. Dabei ist fraglich, ob die Antikörper ihren
Wirkort überhaupt erreichen konnten. Gleichzeitig ist unsicher, ob bei der MS
beim Menschen die gleichen pathologischen Mechanismen zugrunde liegen wie
bei der EAE. Es ist ebenfalls nicht sicher, welche Zellreihen, wie z.B. CD8+-, BZellen oder neuer entdeckte T-Helferzellreihen wie z.B. Th9-Zellen, bei der MS
eine Rolle spielen. Die Vorgänge im Immunsystem sind noch so unverstanden,
dass sich der Entwicklung effektiver Therapeutika nur Schritt für Schritt
genähert werden kann. Bezüglich der Inhibition von TNF-α könnte man
versuchen den Signalweg über TNF-R1 gezielt zu Blockieren oder Aktivatoren
für TNF-R2 zu entwickeln, allerdings immer mit dem Risiko von unerwünschten
Nebeneffekten. Eine unselektive Blockade von TNF-α ist, jedenfalls nach
bisherigem Wissensstand und unterstützt durch diese Studie, weder bei MS
noch bei seinem Tiermodell EAE wirksam. Selbst die Tatsache, dass sich bei
einer prophylaktischen Verabreichung des Medikamentes bei der EAE positive
Resultate bezüglich der Inzidenz und des Krankheitsbeginns zeigten, nützt für
die Behandlung von MS wenig, da sich eine prophylaktische Gabe eines TNF-α
Inhibitors beim Menschen verbietet.
96
5. Zusammenfassung
Ziel der Arbeit war es zu untersuchen auf welche Vorgänge im ZNS TNF-α
Einfluss nimmt und welche Auswirkungen eine Blockade von TNF-α zum einen
auf die T-Helferzellen und zum anderen auf die histopathologischen Abläufe im
Rückenmark von mit MOG:35-55 immunisierten Mäusen hat.
Es konnte gezeigt werden, dass:
i.
Th1-Zellen im Krankheitsverlauf nicht mit dem klinischen Score
korrelieren.
ii.
TNF-α
von
Makrophagen/Mikroglia
freigesetzt
wird,
an
den
entzündlichen Vorgängen in den Läsionen der EAE beteiligt ist und mit
dem klinischen Score korreliert.
iii.
eine Inhibition von TNF-α die Inzidenz der EAE vermindert und den
Krankheitsbeginn verzögert.
iv.
eine Inhibition von TNF-α die Th1-Antwort in der Peripherie verstärkt
(Milz und Blut), die antigenspezifische Antwort im ZNS jedoch nicht
beeinflusst wird.
v.
die Th1-Antwort in der Milz nicht mit dem klinischen Score korreliert, die
im ZNS hingegen schon.
vi.
eine
Inhibition
von
TNF-α
keinen
positiven
Einfluss
auf
histopathologische Veränderungen wie Demyelinisierung und feine
Axonpathologien hat.
vii.
sich der klinische Score nach dem Absetzen des TNF-α Inhibitors
verschlechtert.
Die durch diese Beobachtungen gestützte, vermutlich positive Wirkung einer
TNF-α-Blockade bestätigte sich also nur zum Teil. Zwar konnte der
Krankheitsbeginn verzögert und die Inzidenz vermindert werden, wenn die
Krankheit aber erst einmal begonnen hatte, wurde der Verlauf nicht mehr positiv
beeinflusst. Auch bezüglich der histopathologischen Abläufe führte die Blockade
97
5. Zusammenfassung
zu keiner Besserung. Dies lässt sich auf die duale Rolle, die TNF-α bei
entzündlichen Vorgängen einnimmt, zurückführen. Während über TNF-R1 eine
vor allem schädigende Wirkung ausgelöst wird, werden über TNF-R2
überwiegend
regulatorische
und
protektive
Funktionen
moduliert.
Eine
ungezielte TNF-α-Inhibition führt also zwangsläufig zur Beeinflussung sowohl
schützender als auch schädigender Vorgänge. Die Blockade verursachte
erhöhte Konzentrationen der Th1-und Th17-Zellen in der Peripherie, welche
allerdings keine schädigende Wirkung auf das ZNS ausüben konnten, solange
diese in der Milz verblieben. Die Zellzahlen in der Peripherie korrelierten zudem
nicht mit dem klinischen Score. Die Hemmung von TNF-α stimulierte also die
Expansion der T-Helferzellen, ein vermehrter Übertritt über die BHS wurde
hingegen verhindert, da die Zellzahlen im ZNS keine Erhöhung aufwiesen. Dies
bestätigte sich insbesondere durch die Beobachtungen nach dem Absetzen des
TNF-α-Inhibitors: es kam zu einem Abfall der Zellen in der Milz in Verbindung
mit einer Verschlechterung der klinischen Symptomatik, was als indirekter
Hinweis für die vermehrte Infiltration von CD4+-Zellen in das ZNS interpretiert
werden kann.
Bezüglich der Histopathologie zeigten sich keine positiven Effekte einer
Blockade von TNF-α. Es war im Gegenteil sogar eine Tendenz zu einer
Verschlechterung
unter
der
Behandlung
mit
Enbrel®
bei
den
Semidünnschnitten zu beobachten. In diesem Fall wurde die Hypothese, dass
sich die Blockade von TNF-α positiv auf die Histopathologie auswirkt, also nicht
bestätigt. Gleichzeitig ist nicht abschließend klar, inwiefern die fehlenden
positiven Effekte der TNF-α-Blockade darauf zurückzuführen sind, dass
Enbrel® einerseits wahrscheinlich nicht in der Lage war die BHS zu überwinden
und seine Wirkung am Effektororgan, dem ZNS, zu entfalten und andererseits
darauf, dass eine unselektive TNF-α-Blockade erfolgte. So wurde sowohl das
tendenziell schädliche, lösliche TNF-α als auch das tendenziell protektive,
transmembrane TNF-α blockiert.
Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse die Annahme, dass TNF-α eine duale
Rolle in der EAE zukommt und demonstrieren die Auswirkungen seiner
Blockade bei den Abläufen bei der mit MOG:35-55 induzierten EAE. Sie tragen
98
5. Zusammenfassung
zum Verständnis der Frage bei, warum sich TNF-α-Inhibitoren bei der EAE und
ebenso bei der MS als nicht wirksam erwiesen haben, werfen aber gleichzeitig
neue Fragen auf: könnte eine gezielte Blockade von TNF-R1 oder des löslichen
TNF-α positive Effekte erzielen? Wäre eine systematische Aktivierung von TNFR2 eine mögliche Therapiealternative? Diese Fragestellungen sind immer
gepaart mit der Problematik, dass in sehr komplex verbundene Prozesse
eingegriffen wird und dies die Gefahr schwerwiegender Nebenwirkungen mit
sich bringt. Die Klärung dieser Fragen bleibt weiteren Studien vorbehalten.
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populations. Annu Rev Immunol 28:445-89
300
Zozulya AL, Clarkson BD, Ortler S, Fabry Z, Wiendl H (2010). The role of dendritic
cells in CNS autoimmunity. J Mol Med. (Berl). 88(6):535-44
132
7. Vorabveröffentlichung von Ergebnissen
7. Vorabveröffentlichung von Ergebnissen
Im Rahmen dieser Dissertation wurde folgende Publikation erzielt:
Batoulis H, Recks MS, Holland FO, Thomalla F, Williams RO, Kuerten S
(2014). Blockade of tumour necrosis factor-α in experimental autoimmune
encephalomyelitis reveals differential effects on the antigen-specific
immune response and central nervous system histopathology. Clin Exp
Immunol.175(1):41-8
133
8. Lebenslauf
8. Lebenslauf
Mein Lebenslauf wird aus Gründen des Datenschutzes in der elektronischen
Fassung meiner Arbeit nicht veröffentlicht.
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