Klassische Schweinepest (KSP) Informationen des FLI | Stand 02.09.2013 Klassische Schweinepest (KSP) Erreger Übertragung Die Klassische Schweinepest (KSP) wird durch ein klei- Die Übertragung des Virus kann sowohl direkt z. B. nes, behülltes RNA-Virus aus dem Genus Pestivirus über Tierkontakte als auch indirekt erfolgen. Der der Familie Flaviviridae verursacht. Enge Verwandte künstlichen Besamung kann eine Rolle zukommen. sind das Virus der Bovinen Virusdiarrhoe (BVDV) und In Deutschland waren KSP-infizierte Schwarzwild­ das Border Disease Virus (BDV). Das KSP Virus (KSPV) bestände eine wichtige Ursache für Primärausbrüche besitzt ein einzelsträngiges, nicht segmentiertes Ge- im Hausschwein. nom mit positiver Polarität. Es kodiert in einem einzigen offenen Leserahmen für 4 Strukturproteine und Gesundheitsrisiko für den Menschen 8 Nichtstrukturproteine. Es besteht kein Gesundheitsrisiko für den Menschen, Es existieren 3 Genotypen mit 3 bis 4 Subtypen. Aktu­ da das KSPV kein Zoonoseerreger ist. elle Feldisolate aus Europa gehören zum Genotyp 2 und dabei insbesondere zum Subtyp 2.3. Verbreitung Die KSP ist in Eurasien und Mittel- bzw. Südamerika (kürzlich z. B. in Guatemala) weit verbreitet. Viele Länder haben die Erkrankung allerdings inzwischen erfolgreich bekämpft und sind seit Jahren bzw. Jahrzehnten frei von KSP. Innerhalb der EU traten die letzten Ausbrüche in der Hausschweinepopulation in Litauen und Lettland (2013) auf. Schwarzwildpopulationen waren in den vergangenen Jahren sowohl in Deutschland (2009) als auch in einigen anderen Staaten der EU immer wieder von Ausbrüchen betroffen. Eine Übersicht findet sich in Abbildung 1. Betroffene Tiere Von der KSP sind ausschließlich Haus- und Wild­ sch­weine betroffen. 2 | Informationen des FLI | Stand 02.09.2013 Abb. 1: Beim internationalen Tierseuchenamt gemeldete Ausbrüche der KSP in der EU von 2008 bis Anfang September 2013. Die letzten deutschen Fälle von KSP beim Wildschwein sind nicht aufgeführt. Quelle: OIE WAHID, besucht am 02.09.2013. Klassische Schweinepest (KSP) Klinisches Bild Futter bleibt im Trog und junge Tiere zeigen eindeutige Anzeichen des Kümmerns. Ab dem 10. Tag tre- Die klinischen Symptome der KSP variieren in hohem ten häufig teils schwere Sekundärinfektionen zutage, Maße und reichen von perakuten Todesfällen bis hin die insbesondere den Respirations-, aber auch den zu nahezu inapparenten Krankheitsverläufen. „Lehr- Gastrointestinaltrakt betreffen. Beim Schwarzwild buch-Fälle“ gibt es kaum und die Liste der Differen­ kann es zu fulminanten Parasiteninfestationen kom- tialdiagnosen ist entsprechend breit gefächert. Auf men. In der Spätphase der Infektion, zwischen dem Basis der klinischen Symptome ist eine Abgrenzung 14. und 21. Tag, können Zyanosen der Ohren und zur Afrikanischen Schweinepest (und zu anderen distalen Gliedmaßen, Petechien und Ekchymosen schweren Allgemeinerkrankungen) nicht möglich. (Akren, Unterbauch und Anogenitalregion) sowie zen­ tralnervöse Symptome (Ataxien, Hinterhandschwäche, Die Ausprägung der Klinik ist von der Virulenz des Kopfschiefhaltung und Krämpfe) auftreten (siehe KSPV-Isolates, dem Alter der betroffenen Tiere und Abbildung 3). Betroffene Tiere sind zunehmend kach- deren Immunstatus abhängig. Es werden akute (letal ektisch. und transient), chronische und pränatale Verlaufs­ formen unterschieden. Die aktuellen Stämme des Genotyps 2.3 sind in der Regel moderat virulent und zeigen ein stark altersabhängiges Krankheitsbild. Während in älteren Tieren milde und unspezifische Symptome überwiegen, erkranken Ferkel und Läufer häufig schwer, in einigen Fällen mit hämorrhagischen Läsionen. Nach der Infektion mit einem moderat bis hoch­ virulenten Virusisolat kommt es nach einer Inkuba­ tionszeit von rund einer Woche zu hohem Fieber und Abb. 2: Hausschweine mit hohem Fieber verminderter Futteraufnahme. Häufig fällt auf, dass es in den betroffenen Stallabteilen sehr ruhig ist, die Tiere in „Haufen“ übereinander liegen und vermehrt Wärmequellen aufsuchen (siehe Abbildung 2). Eine katarrhalische bis purulente Konjunktivitis tritt meist nach 7 bis 10 Tagen auf, ist jedoch in der Praxis häufig schwer nachvollziehbar. Ab dem 8. bis 12. Tag nach der Infektion können gastrointestinale Symptome hinzu kommen. Diese manifestieren sich als übel riechende Diarrhoe, die zunächst wässrig, später auch blutig sein kann. Die Tiere stehen mit aufgekrümmtem Rücken und erscheinen zunehmend teilnahmslos. Abb. 3: Läufer mit hämorrhagischen Symptomen Informationen des FLI | Stand 02.09.2013 | 3 Klassische Schweinepest (KSP) Die chronische Verlaufsform wird unter Feldbedin- Labordiagnostischer Nachweis gungen recht selten beobachtet, sie ist jedoch aufgrund der konstanten Virusausscheidung von großer Erregernachweis: epidemiologischer Bedeutung. Sie tritt auf, wenn die Der Erregernachweis erfolgt mittels real-time RT-PCR Tiere nicht in der Lage sind, eine effektive Immunant- oder Virusanzucht auf empfänglichen Zellkulturen. wort auszubilden. In diesem Fall treten unspezifische Ein Antigen-ELISA steht ebenfalls zur Verfügung. Symp­tome auf, die sich über Monate hinziehen können. Für den Erregernachweis in der akuten Infektion eignen sich sowohl Serum- als auch EDTA-Blutproben. Das Virus kann in allen Stadien der Trächtigkeit die Geeignete Organproben sind vor allem Tonsille, Plazentarschranke überschreiten und somit die Feten Lymphknoten und Milz. infizieren. Abhängig vom Stadium der Trächtigkeit kommt es zu Aborten, Totgeburten, Missbildungen Indirekter Nachweis: oder zur Geburt lebensschwacher Ferkel, die zum Für den Antikörpernachweis in Serum und Plasma ste- Teil zentralnervöse Symptome („congenital tremor“) hen mehrere zugelassene ELISA-Kits zur Verfügung. zeigen können. Darüber hinaus kann es analog zur Darüber hinaus können Antikörper mittels Neutra­ BVDV-Infektion zur Entstehung persistierend infizier- lisationstest nachgewiesen werden (Differenzierungs- ter Ferkel kommen. Die Sauen erkranken häufig nur und Bestätigungstest). subklinisch. Ist das Immunsystem bei der intrauterinen Infektion bereits weitgehend ausgereift, kann Probenmaterialien der Wahl sind Serumproben. es auch zur Geburt normaler Ferkel kommen, die die Infektion überstanden haben (bei schwach virulenten Stämmen). Wildschweine zeigen unter experimentellen Bedingungen sehr ähnliche Symptome, die unter Feld­ bedingungen jedoch schwer zu beobachten sind. Hier fällt in der Regel eine erhöhte Anzahl Fallwild in der Nähe von Wasserstellen und Suhlen ins Auge. Jäger beobachten vermehrt abgekommene (kümmernde) Tiere, die ein gestörtes Fluchtverhalten und vermehrte Aktivität bei Tageslicht zeigen. Betroffene Tiere suchen Wasserstellen und -läufe auf und isolieren sich von der Rotte. Weitere Symptome sind eine herabgesetzte Scheu vor Menschen und Hunden, taumelnder Gang, „struppige“ Erscheinung und ein mit Kot verschmutzter Analbereich (siehe Abbildung 4). 4 | Informationen des FLI | Stand 02.09.2013 Abb. 4: KSPV infizierter Frischling Klassische Schweinepest (KSP) Epidemiologie Empfehlungen für Tierhalter, Jäger und Tierärzte Die Übertragung der Erkrankung erfolgt über direk- Beim Auftreten akuter Symptome, die nicht klar einer ten und indirekten Kontakt. Neben Tierärzten und anderen Erkrankung zugeordnet werden können, und Tierhändlern, können auch Besucher mit direktem insbesondere auf Antibiotikagabe nicht ansprechen, Kontakt zu den Tieren eine Rolle spielen. Fahrzeuge, sollten geeignete Proben zur Abklärung einer mög­ Werkzeuge, Kleidung und tierärztliches Instrumenta- lichen Schweinepestinfektion an die zuständigen Lan- rium können das Virus passiv weitertragen. desuntersuchungseinrichtungen weitergeleitet werden. Besondere Bedeutung kommt der illegalen Verfütterung von Speiseabfällen und dem Kontakt zu infi- Das vermehrte Auftreten von Fallwild (Schwarzwild) zierten Wildschweinen zu. Daneben kann das Virus kann ein erstes Anzeichen einer KSPV Infektion beim transplazentar und über künstliche Besamung über- Schwarzwild sein, daher sollten derartige Funde der tragen werden. Infektionsweg ist häufig die orona­ zuständigen Behörde gemeldet werden. sale Aufnahme. Darüber hinaus kann der Kontakt über Schleimhäute oder Hautabschürfungen zu einer Infek- Weiterführende Informationen im Internet tion führen. Informationen des EU Referenzlabors für KSP Virusquellen sind Blut und Gewebe sowie Sekrete und (in englischer Sprache): Exkrete erkrankter Tiere. Persistierend infizierte Fer- ▪▪ http://www.tiho-hannover.de/kliniken-institute/ kel scheiden das Virus über Monate in hohen Titern institute/institut-fuer-virologie-zentrum-fuer-in- aus und können auf diese Weise eine wichtige Infek­ fektionsmedizin/eu-and-oie-reference-laboratory tionsquelle darstellen. Informationen der EU Bekämpfung (Übersicht und Rechtsakte in englischer Sprache): ▪▪ http://ec.europa.eu/food/animal/diseases/cont- Die Klassische Schweinepest unterliegt der Anzeige- rolmeasures/csf_en.htm pflicht und wird in Deutschland nach Maßgabe der Verordnung zum Schutz gegen die Schweinepest und Afrikanische Schweinepest (Schweinepestverordnung) bekämpft. Integraler Bestandteil der Maßnahmen ist eine frühe Erkennung der Erkrankung und eine schnelle Labordiagnose. Informationen des FLI | Stand 02.09.2013 | 5 Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit Hauptsitz Insel Riems Südufer 10 D-17493 Greifswald – Insel Riems Telefon +49 (0) 38351 7-0 Telefax +49 (0) 38351 7-1266 Pressestelle Telefon +49 (0) 38351 7-1244 Telefax +49 (0) 38351 7-1226 E-Mail: [email protected] Fotos/Quelle: Sandra Blome, Friedrich-Loeffler-Institut Inhalt: Friedrich-Loeffler-Institut, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, D-17493 Greifswald – Insel Riems Informationen des FLI | Stand 02.09.2013