Dokument 1 - RWTH

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„GENETISCHE ABERRATIONEN MIT EINEM
WACHSTUMSVORTEIL IN FRÜHEN
PRÄKANZEROSEN DES UROTHELS DER
HARNBLASE“
Von der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der
Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des
akademischen Grades einer Doktorin der Naturwissenschaften genehmigte
Dissertation
vorgelegt von
Diplom-Biologin
Stella Vasiliki Koufou
aus Bremen
Berichter: Prof. Dr. med. R. Knüchel-Clarke
Prof. Dr. rer. nat. U. Klinner
Tag der mündlichen Prüfung: 30.04.2008
Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online
verfügbar.
Genetische Aberrationen mit einem Wachstumsvorteil in frühen Präkanzerosen des Urothels
der Harnblase
Dissertation an der RWTH Aachen
vorgelegt von
Dipl.-Biol. Stella Vasiliki Koufou
Dissertation eingereicht: 31. Januar 2008
1. Gutachter: Prof. Ruth Knüchel-Clarke
2. Gutachter: Prof. Ulrich Klinner
Tag der mündlichen Prüfung:
30.04.2008
Wissenschaftler meinen, sie könnten mit Mikroskopen und Teleskopen alle Geheimnisse der Natur entschleiern. Und sie glauben nur an das, was sie wiegen
und messen können.
Aber sie verstehen doch alles nur stückweise.
Jostein Gaarder
Meiner Mutter (in Memoriam) und meinem Vater
Inhaltsverzeichnis 4
INHALTSVERZEICHNIS
1
2
EINLEITUNG
07
BEGRIFFSBESTIMMUNG: KREBS
07
PHASEN DER TUMORGENESE
09
DAS HARNBLASENKARZINOM
13
Epidemiologie
13
Entwicklung und Anatomie der Harnblase
14
Ätiologie des Harnblasenkarzinoms
16
Pathologie des Harnblasenkarzinoms
17
TNM-Klassifikation
20
Symptomatik, Diagnostik und Therapie des Harnblasenkarzinoms
22
BIOLOGIE DES HARNBLASENKARZINOMS
25
Histopathologie versus Genetik
30
FRAGESTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER VORLIEGENDEN ARBEIT
34
MATERIAL UND METHODEN
36
MATERIAL
36
PATIENTENKOLLEKTIV
36
ZELLLINIEN
37
LABORGERÄTE
37
CHEMIKALIEN
39
ENZYME
39
PUFFER UND LÖSUNGEN
40
VERWENDETE OLIGONUKLEOTIDPRIMER
41
METHODEN
42
ZUSAMMENSTELLUNG DES FALLMATERIALS UND IDENTIFIZIERUNG DER
UROTHELREGIONEN
42
MONOLAYER- UND SPHAEROID-ZELLKULTUR
42
HISTOLOGISCHE METHODEN
43
Inhaltsverzeichnis 5
DOPPELFÄRBUNG: FLUORESZENZ-IN-SITU-HYBRIDISIERUNG (FISH)/
IMMUNHISTOCHEMIE (IHC)
44
AUSWERTUNG DER DOPPELFÄRBUNG
50
MIKRODISSEKTION
51
Manuelle Mikrodissektion
51
Laser-gestützte Mikrodissektion
52
Herstellung einer Einzelzellsuspension
53
AMPLIFIKATION GENOMISCHER EINZELZELL-DNA DURCH
POLYMERASEKETTENREAKTION (PCR)
53
DNA-ISOLATION UND QUANTIFIZIERUNG
55
EINZELZELL COMPARATIVE GENOMISCHE HYBRIDISIERUNG (SS CGH) 55
3
ERGEBNISSE
58
ETABLIERUNG DER UROVYSION-Ki67-DOPPELFÄRBUNG
58
UNTERSUCHUNG VON PATIENTENFÄLLEN MITTELS UROVYSION-Ki67DOPPELFÄRBUNG
63
ETABLIERUNG VON DOPPELFÄRBUNG, LASERMIKRODISSEKTION, LINKERADAPTOR-PCR, CGH ZUR EINZELZELL-ANALYSE
77
ERGEBNISSE DER MITTELS EINZELZELL-ANALYSE UNTERSUCHTEN
PATIENTENFÄLLEN
84
POTENTIELLE KANDIDATENGENE
89
LITERATURDATEN ZU UROTHELIALEN PRÄKANZEROSEN
91
DISKUSSION
93
ETABLIERUNG DER UROVYSION-Ki67-DOPPELFÄRBUNG
94
ETABLIERUNG DER EINZELZELL-ANALYSE MITTELS CGH
99
ERGEBNISSE
102
5
ZUSAMMENFASSUNG
119
6
ABSTRACT
120
7
LITERATURVERZEICHNIS
121
8
ANHANG
138
4
Inhaltsverzeichnis 6
Abkürzungsverzeichnis
138
Lebenslauf
141
Kongresse, Publikationen
142
Danksagung
143
Einleitung 7
1
EINLEITUNG
Angaben der WHO (World Health Organisation) zufolge, gehören Krebserkrankungen weltweit zu den häufigsten Todesursachen, mit 7,6 Millionen Todesfällen (13 %) jährlich [WHO,
2006]. Allein in Deutschland erkranken jährlich über 400.000 Menschen an malignen (bösartigen) Tumoren, mit steigender Inzidenz [Bertz et al., 2006].
Um das Phänomen „Krebs“ zu verstehen und besser bekämpfen zu können, werden heutzutage verschiedene Ansatz-/Angriffspunkte erforscht. So auch in dieser Doktorarbeit. Es sollen
erste genetische Veränderungen in frühen Tumorstadien/ -Vorstufen des Harnblasenkarzinoms, die nicht letal sind und zu einer bösartigen (malignen) Entartung führen können, untersucht werden.
Begriffsbestimmung: Krebs
Der Begriff Krebs umfasst eine Vielzahl von Erkrankungen, die prinzipiell in jedem Organ
und Gewebe zu jedem Zeitpunkt vorkommen können. Jedoch gibt es erhebliche Häufigkeitsunterschiede nach Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, geographischer Region, Ernährungs-/Lebensgewohnheiten usw. Charakteristisch für Krebs ist eine sich von normalen
Zellen unterscheidende Proliferation (Zell/Gewebewachstum). Diese aberranten, Wachstumsenthemmten Zellen entstehen und akkumulieren in Abhängigkeit von Evolution und Selektion [Cahill et al., 1999]. Dadurch unterscheiden sich Krebszellen von dem Zustand der Hypertrophie und Hyperplasie, welche aus „normalen“ Zellen bestehen [Kufe et al., 2006].
Krebserkrankungen entstehen infolge ungehinderter Proliferation von Zellen, die aufgrund
von genetischen Defekten zur Fehlsteuerung des Zellwachstums führen. Als Tumor (Neoplasie) bezeichnet man eine Gewebeneubildung in Form eines spontanen, verschiedengradig enthemmten, autonom und irreversiblen Überschusswachstums von körpereigenem Gewebe, das
in der Regel mit unterschiedlich ausgeprägtem Verlust spezifischer Zell- und Gewebefunktionen verbunden ist. Dieses sich verselbständigte Wachstum führt zunächst zu benignen (gutartigen) Tumoren, aus denen sich nach Invasion und Durchbruch anatomischer Barrieren, z.B.
die angrenzenden Basalmembranen, maligne (bösartige) Tumore entwickeln. Zusammen mit
den malignen Erkrankungen des Blutes und Knochenmarks (Leukämie und Lymphom), sowie
jenen des Stützgewebes (präziser: dem Mesoderm; mesenchymaler Ursprung), die so genannten Sarkome, gehören die Karzinome, die von Zellen im Deckgewebe von Haut oder
Schleimhaut (Epithel) ausgehen, zu der Gruppe der malignen Tumorerkrankungen (Krebser-
Einleitung 8
krankungen). Krebszellen, deren Wachstum bei intakter Basalmembran auf das Epithel limitiert ist (so genanntes Carcinoma-in-situ oder intraepitheliale Neoplasie), können molekulare
Veränderungen tragen, die einem Krebsphänotyp entsprechen. Diese Zellen gelten als Vorläufer (Präkanzerose) des invasiven Karzinoms. Hingegen unterscheiden diese Eigenschaften der
Aggressivität und Invasion Krebs von anderen Gewebeveränderung, die aus „normalen“,
morphologisch unauffälligen Zellen bestehen, wie die Hypertrophie und Hyperplasie [Kufe et
al., 2006]. Im Laufe der Tumorentstehung (sog. Tumorfortschreiten bzw. Tumorprogression)
lassen sich morphologische Umwandlungen der vorhandenen Gewebestrukturen beobachten,
die über die prämalignen Stadien der Hyperplasie und Dysplasie, weiter über jene des präinvasiven und invasiven Karzinoms bis hin zur Fernmetastasierung, d.h. der Absiedelung von
Tumorzellen in einem anderen, entfernten Gewebe, führen [Fearon und Vogelstein, 1990].
Dabei verlieren sich im Verlauf der Tumorprogression die ursprünglichen Gewebecharakteristiken, so dass der Tumor anaplastisch (entdifferenziert) wird. Die Anaplasie bezeichnet die
Umwandlung höher differenzierter Zellen, die dem normalen Gewebe noch morphologisch
und biologisch am ähnlichsten sind, in weniger differenzierte Zellen. Ist dieser Zustand reversibel, so spricht man von einer Metaplasie. Ein Rezidiv wiederum kennzeichnet ein lokales
Wiederauftreten eines Tumors, eines so genannten Tochtergeschwulstes, nach Entfernung
(Resektion) des Primär-Tumors.
Auch das Epithel-Umgebende Gewebe, das so genannte Stroma oder Interstitium, erfährt tumorbedingt Veränderungen, wie z.B. eine erhöhte lymphozytäre Infiltration – ausgelöst durch
eine immunologische Reaktion des Organismus gegen den Tumor – oder ein Tumormitbestimmtes Einsetzen der Angiogenese (Gefäßwachstum) bzw. Vaskularisation (Gefäßneubildung). Bereits ab der Größe von einigen Millimetern, ist die Versorgung des Tumors
mit Sauerstoff und anderen essentiellen Faktoren gemindert, so dass es zu Nekrosen (Absterben von Zellen) im Tumorzentrum kommt. Um dem entgegenzuwirken ist eine relativ früh
einsetzende Angiogenese und Vaskularisation entscheidend. Damit zeigt sich, dass die bislang
bezeichnete Autonomie des Krebses nur einer vereinfachten Darstellung zugrunde lag, d.h.
das der Krebs doch kein rein Zell-Autonomes System ist, sondern abhängig von der Wechselwirkung mit den umgebenden Nachbarzellen ist [Kenny et al., 2007].
Krebszellen tragen eine Kaskade genetischer und epigentischer Veränderungen, die im Verlauf der Tumorentstehung akkumulieren und sich gegen Selektions- und Evolutionsdruck behaupten müssen, um nicht letal zu sein und in die nächste Tumor-Tochterzellgeneration weitergegeben werden zu können. Die Penetranz bezeichnet das Ausmaß einer bestimmten phä-
Einleitung 9
notypischen Manifestation eines bestimmten Genotyps, und ist für einige Genotypen durch
weitere Faktoren, wie altersbedingte Veränderungen, beeinflusst [Beckmann et al., 2007].
Phasen der Tumorgenese
Es gibt eine Vielzahl von Theorien zur Krebsentstehung. Die bisher nahe liegende ist, dass ein
Kopierfehler, ein (sogar angeborener) Schaden der DNA in bestimmten Genen die Initialzündung für die Karzinogenese liefert [Loeb, 1991]. Mögliche Ansatzstellen für eine Kanzerisation sind in Abbildung 1. dargestellt. Krebs entsteht aus einer ausgereiften, InvasionsBefähigten Krebszelle. Die Krebsentstehung (Kanzerogenese) kann dabei als ein Mehrstufenprozess mit langjähriger Latenzzeit angesehen werden, der in drei Phasen unterteilt werden
kann [Harris, 1991; Weinberg, 1989]. Erst die Addition mehrerer genetischer Veränderungen
(Aberrationen) führt zur Entstehung eines manifesten Karzinoms [Lengauer, 1997; 1998].
Abbildung 1.: Defekte im Zellzyklus, die zu einer Missverteilung der Chromosomen führen können. Gene,
die aufgrund von Veränderungen in der DNA-Reparatur und dadurch hervorgerufener Genom Instabilität betroffen sind, sind rot dargestellt. [Marx, 2002]
Einleitung 10
Veränderungen des Erbgutes durch kanzerogene Substanzen können eine normale Zelle in
einen „präkanzerösen“ Zustand überführen, man bezeichnet diesen Vorgang als Initiation
(vergleiche Abbildung 2). Dabei werden durch kanzerogene Substanzen erste DNASchädigungen induziert, die zu Nukleotidsequenz-Austausch führen. Hierzu zählen intragenetische Gen- bzw. Punktmutationen sowie Basen-Substitutionen, Deletionen oder Insertionen
einzelner oder mehrerer Nukleotide. Dazu gehören auch Polymorphismen, z.B. SNPs (single
nucleotide polymorphisms). Diese Prozesse können bei der Zellteilung den normalen Ablauf
der Replikation stören und so Mutationen im Tochter-DNA-Strang verursachen. Der Grad der
Auswirkung der DNA-Schädigung ist abhängig von der Art und der Lage der dadurch ausgetauschten Aminosäure im Protein, so führt nicht jeder Nukleotid-Austausch zu einer Veränderung des Gen-Produktes. Wird die genetische Information jedoch verändert, entstehen u.a.
Abbildung 2.: Die Karzinogenese ist ein mehrstufiger Prozess, der multiple genetische und epigenetische Veränderungen in Protoonkogenen, Tumorsuppressorgenen und anderen involviert (Harris,
1991)
Missens- oder Nonsens-Mutationen, Stop-Kodons oder Leseraster-Mutationen, bei welchen
infolge Insertion oder Deletion der Basen-Triplet-Code eine andere Bedeutung bekommt und
ein so genannter Frame-Shift, eine Verschiebung des Leserasters, auftritt. Geringe Veränderungen verursachen z.B. Austausche gleicher Aminosäuren. Substitution eines Pyrimidinbzw. Purin-Nukleotids gegen ein anderes Pyrimidin- bzw. Purin-Nukleotid wird Transition,
Substitution eines Pyrimidin- gegen ein Purin-Nukleotid Transversion genannt. Neben diesen
„Mikro-Mutationen“ treten auch größere auf, die Chromosomen-Mutationen. Das sind Veränderungen der Form bzw. der Struktur von Chromosomen, wie z.B. Translokation. Dabei handelt es sich um Fusionen von verschiedenen Chromosomen oder von Segmenten einzelner
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Chromosomen. Beim zusammengesetzten (fusionierten), im Gegensatz zum einfachen
(Wild-) Typ, können dabei während der Rekombination Deletionen oder Insertionen von Anteilen chromosomaler Arme auftreten, was zu Verlusten oder Zugewinnen an chromosomalem
Material, und hierdurch bedingt zur Produktion neuer Gene, so genannter Fusionsgene, führen
kann. Bei Genom-Mutationen handelt es sich um Änderungen in der Chromosomenzahl, Aneuploidie genannt, durch Verlust (Deletion) oder Vervielfachung (Amplifikation) ganzer
Chromosomen oder Anteile von Chromosomen [Beckmann et al., 2007]. Aneuploidie kann in
vielen Tumorarten beobachtet werden und ist eine Missverteilung der Chromosomen während
der Mitose, wobei der genaue Prozess derzeit immer noch unklar bleibt [Weaver und Cleveland, 2005]. Nach der „Aneuploidie-Hypothese“ ist die Aneuploidie die treibende Kraft der
Tumorgenese und demnach proportional zur chromosomalen Instabilität [Boveri, 1902; Nowell, 1976; Duesberg et al., 2001; 2003; 2005]. Die Identifizierung von spezifischen Signalmustern bzw. Aneuploidieclustern innerhalb des Gewebeverbandes können daher neue Informationen über die Tumorentwicklung liefern.
Spontane oder durch Chemikalien ausgelöste Mutationen treten an ca. 10000 Stellen pro Zelle
und Tag auf. Mutationsereignisse sind dabei nicht gleichmäßig über die Sequenz eines Gens
verteilt. Es gibt Stellen, an welchen Mutationen selten oder nicht auftreten, während an anderen, so genannten „hot-spots“, mehrere unabhängige Mutationsereignisse auftreten können.
Auch in präneoplastischen Veränderungen wie Hyperplasien und Dysplasien sind bereits genetische Veränderungen vorhanden. Dabei ist der Tumorphänotyp genetisch determiniert, es
handelt sich um eine Störung und Deregulierung physiologisch aktiver oder mutierter Gene
auf DNA-, RNA- und Proteinebene.
Das weitere Schicksal der mutierten Zelle hängt stark von der Art der Mutation ab. Während
manche Mutationen die Zellfunktion gar nicht beeinträchtigen (stille Mutation), und zu viele
Mutationen meist das Absterben der Zelle zur Folge haben, scheinen besonders Mutationen in
wichtigen Kontrollgenen die Krebsentwicklung zu initiieren (z.B. durch Aktivierung von Onkogenen, das sind Gene, die in Wachstumsstimulierende Pathways involviert sind; oder Deaktivierung von Tumorsuppressorgenen, welche das normale Wachstum kontrollieren und inhibieren). So zeigen beispielsweise die Hälfte aller menschlichen Tumoren Mutationen im Tumorsuppressorgen p53. Eine besondere Bedeutung kommt den DNA-Reparatursystemen zu,
die normalerweise mit hoher Effizienz Replikationsfehler korrigieren und damit Mutationen
verhindern. Diese Systeme können versagen, wenn z.B. zu viele Fehler gleichzeitig auftreten
oder deren Wirkung durch Fremdstoffe gehemmt wird.
Einleitung 12
Erst durch den Einfluss bestimmter wachstumsstimulierender Faktoren tritt die Tumorgenese
in die Promotionsphase ein, in der sich die initiierte Zelle zu teilen beginnt (selektive, klonale
Expansion) [Tomlinson und Bodmer, 1999]. Diese Wachstumsstimulation kann durch Chemikalien ausgelöst werden, aber auch durch Entzündungen oder körperfremde Feststoffe.
Durch weitere genetische und epigenetische Faktoren tritt die Kanzerogenese in die dritte
Phase, die Progressionsphase, ein. Hierbei entwickeln die Zellen Eigenschaften des ungehemmten Wachstums und Metastasierung; man spricht auch von einer malignen Transformation. Ein Tumorwachstum entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen überschießender Proliferation und vermindertem Absterben von Tumorzellen, der Apoptose (programmierter Zelltod). Weitere Zellvermehrung führt schließlich zur Bildung von Tumoren und damit zu klinisch erkennbarem Krebs. Dabei ist entscheidend, dass verschiedene innere und äußere Faktoren zu Mutation, Gen-Überexpression und Gen-Unterexpression führen und somit unterschiedliche Pathways involviert sind, die nicht zu einem typischen, allgemeingültigen KrebsPathway führen, sondern über verschiedene Wege zu Zellen mit einem für Krebs charakteristischen Phänotyp [Kufe et al., 2003; Weinberg, 2006].
Kritisch an dem Mehrstufenmodell der Karzinogenese ist, dass es nur den Prozess der Krebsentstehung beschreibt, aber nicht auf die Ursache eingeht. Beobachtungen an Retinoblastomen (Rb) von Kindern führten zu der von Knudson (1971) postulierten „Two-Hit“Hypothese: Zwei unabhängige Mutationen sind erforderlich, um zu einem malignen Wachstum zu führen. Bei der vererbten (hereditären) Form des Retinoblastoms ist ein Teil der Vorraussetzung durch das Vorliegen einer Keimbahn-Mutation erfüllt; das Entstehen einer zweiten Mutation, ist die zweite Vorraussetzung. Dies erklärt das sehr frühe und bilaterale Auftreten der Tumore in hereditären Fällen. Bei sporadischen Tumoren müssen zwei unabhängige
Veränderungen in derselben Zelle erworben werden [Knudson, 2001]. Nowak et al. (2002)
hingegen behaupten, dass Tumore aufgrund einer Mutation, die zu einer chromosomalen Instabilität (CIN) führt, initiiert werden. Sie vermuten weiter, dass sporadische Tumore eine
vererbbare Aberration, die eher die genetische Instabilität als das zelluläre Wachstum beeinflusst, als erste Veränderung tragen.
Auch altersbedingte chromosomale Veränderungen, wie die Telomerverkürzung, können Ursache einer Krebsentstehung sein. Die Telomerverkürzung findet mit jeder Zellteilung bis zu
einem kritischen Wert, dem so genannten Hayflick Limit [Hayflick und Moorhead, 1961],
statt. Bei einer Fehlfunktion können Signalwege, in denen über p53 oder das RetinoblastomaGen involviert sind, zu weiteren Zellteilungen und damit zu offenen Chromosomen-Enden
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führen, welche weiterhin über den „breakage-fusion-bridge“ Mechanismus chromosomale
Aberrationen in den Zellen bewirken können [McClintock et al., 1941].
Nicht jede Mutation ist dazu fähig eine Zelle in einer malignen Form zu transformieren, dazu
spielen viel zu viele Faktoren eine Rolle, die darüber entscheiden, welche Mutation transformierend wirkt und ob diese Veränderung das Tumorwachstum vorantreibt (mit einem
„Wachstumsvorteil“ einhergeht) [Vineis, 2003 und Vineis et al., 2007]. Die Untersuchung des
Schicksals erster präkanzeröser Mutationen stellt sich bisher als technisch schwierig dar, da
Krebs meist in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird bzw. um ausschlaggebende Mutationen in prämalignen Stadien zu detektieren, Untersuchungen auf dem EinzelzellLevel durchgeführt werden müssten. Spencer et al. (2006) haben deshalb versucht mit Hilfe
eines Computer-basierten Modells sich der Evolution der Tumorgenese zu nähern und dabei
unter anderem festgestellt, dass am Anfang der Tumorgenese verschiedene heterogene, polyklonale Zell-/Mutationsklone existieren. Welche Veränderungen am Anfang der Tumorgenese stehen und zu weiterem Tumorwachstum führen, müsste noch experimentell genauer
untersucht werden.
Das Harnblasenkarzinom
Epidemiologie
Das Harnblasenkarzinom ist der zweithäufigste urologische Tumor nach dem Prostatakarzinom. In der Bundesrepublik Deutschland erkranken jährlich ca. 26000 Patienten neu an einer
bösartigen Neubildung (maligne Neoplasie) der Harnblase, dem Harnblasenkrebs. Ungefähr
5000 Patienten versterben tumorbedingt. Am häufigsten tritt der Harnblasenkrebs im höheren
Alter zwischen 50 und 70 Jahren auf. Männer sind dabei mehr als doppelt (2,5-3-mal) so häufig betroffen als Frauen [Bertz et al., 2006].
In ca. 90 % entstehen Harnblasenkarzinome in der Schleimhaut (Urothel), die neben der
Harnblase auch Nierenbecken, Harnleiter und Harnröhre auskleidet, so genannte Urothelkarzinome. Die restlichen 10 % bilden Plattenepithelkarzinome, welche eine maligne Entartung
(Transformation) eine Plattenepithelmetaplasie und somit eine histologische Veränderung des
Urothels sind, sowie Adenokarzinome der Harnblase. 70-80 % der Patienten haben bei Diagnosestellung einen oberflächlichen Tumor (pTa1), während bei 30 % bereits ein fortgeschrittenes, in die Muskulatur fortgeschrittenes Krebsstadium vorliegt. Es werden flache Wachstumsformen von papillären unterschieden [Eble et al., 2004].
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Nach kompletter Resektion können 60-80 % der Patienten nach 4 Jahren ein Rezidiv entwickeln. Das Progressions-Risiko ist bei nicht invasiven Tumoren pTa um vieles kleiner (> 4%)
als bei pT1-Tumoren (30%). Jedoch haben Tumorrezidive häufig ein höheres malignes Potential, welches sich in zunehmender Invasivität und schlechterem Tumorgrading widerspiegelt.
Entwicklung und Anatomie der Harnblase
Die Harnbase (Vesica urinaria) zählt neben Nierenbecken (Pelvis renalis), Harnleiter (Urether) und Harnröhre (Urethra) zu den ableitenden Harnwegen (siehe Abbildung 3).
Wegen der ontogenetischen Zusammenhänge werden Harn- und Geschlechtsorgane unter der
Bezeichnung Urogenitalsystem zusammengefasst. Entwicklungsgeschichtlich sind die ableitenden Harnwege unterschiedlicher Herkunft. Nierenbecken, Urether, Trigonum (Trigonum
vesicae) der Harnblase und Teile der prostatischen Harnröhre entstehen aus dem gemeinsamen nephrogenen Strang, was ein Teil der Urogenitalfalte ist, dabei handelt es sich um eine
Mesodermvorwölbung; hingegen entsteht der Rest der Harnblase aus der Kloake, welche im
Frühstadium der gemeinsame Endabschnitt von Darmkanal und Urogenitalsystem ist, somit
entsteht aus der Kloake auch der Enddarm [Schiebler, 2005].
Abbildung 3.: Die Harnblase (Quelle:Wikipedia)
Die Harnblase ist ein muskulöses Hohlorgan, welches den von den Nieren gebildeten Urin
aufnimmt. Ihre Form variiert je nach Entwicklungsstand und Füllungsgrad. Sie ist im kleinen
Becken unter dem Peritoneum (Bauchfell), welches die Harnblase vom Scheitel (Apex vesicae) bis ungefähr zur Einmündung der Uretheren (Ostium ureteris) bedeckt, und hinter der
Symphyse lokalisiert. Sie ist am Beckenboden, der Blasenvorderwand und über den Urachus
Einleitung 15
(Allantoisrudiment,
ursprünglicher
Harngang)
an
der
Abdomenvorderwand
fixiert.
Makroskopisch wird die Harnblase in den Blasenhals (Collum vesicae) am Übergang zur Urethra (Harnröhre), das 3x5 cm große Trigonum zwischen Uretherenmündungen und Blasenauslass, in die Basis oder den Blasengrund (Fundus vesicae), die lateralen und anteriore Region und den Blasenscheitel (Apex vesicae) unterteilt [Schiebler, 2005; Schubert, 1997].
Die Harnblasenwand besteht aus drei Schichten: Tunica mucosa (Muskelschicht), Lamina
Propria und der Urothelschicht (Schleimhaut). Die Schleimhaut ist im Gegensatz zur darunter
liegenden Muskelschicht verschieblich (siehe Abbildung 4). Sie ist bei leerer Blase in Falten
gelegen, die mit zunehmender Füllung verschwinden. Eine Ausnahme bildet das Trigonum,
hier ist die Schleimhaut mit der Muskelschicht verwachsen [Benninghoff, 1993].
Die Lamina propria ist eine gut verschiebliche, gelegentlich auch Fettzellen enthaltende Bindegewebsschicht (Tela submucosa). Die Tunica muscularis besteht aus netzartig miteinander
verflochtenen Bündeln glatter Muskulatur. Die Blasenmuskulatur ist so konzipiert, dass während der Miktion (Blasenentleerung) die Urethermündungen verschlossen werden und der
Blasenauslass geöffnet wird [Bucher und Wartenberg, 1997].
Die Lamina Propria befindet sich zwischen Tunica muscularis und Urothel. Diese Schicht
besteht aus lockerem, blutgefäßreichem Bindegewebe mit einzelnen markscheidenfreien Nervenfasern und meist wenigen, unterschiedlich dicht und parallel zur Oberfläche angeordneten
glatten Muskelfaserbündeln [Schubert, 1997].
Das auskleidende Urothel (Transitionalepithel, Übergangsepithel) ist normalerweise in der
Harnblase 5-7 Zelllagen hoch. Es enthält in allen Bereichen der ableitenden Harnwege eine
charakteristische oberflächliche Zellschicht (Superfizialzellen, „umbrella cells“), die von einer Sialinsäurehaltigen Mukopolysaccharidschicht bedeckt ist. Diese Schicht dient dem Urothel als Schutz vor Infektionen und anderen schadhaften Substanzen im Urin. Studien zeigten, dass antimikrobiell wirkenden Peptide (AMP; z.B. Cathelicidin und Defensin) gegen eine
bakterielle Kolonisation des Urothels sorgen (Ausnahme: der Harnröhren-Einlass und der
Urin selbst) [Zasloff, 2006]. Die Superfizialzellen haben luminal eine verdickte Doppelmembran („asymmetric unic membrane“= AUM), die urothelspezifische Antigene (z.B. Uroplakin III) enthält. Unter dieser oberflächlichen Zellschicht liegt eine 2-5 Zelllagen hohe
Schicht kleiner Intermediärzellen und an diese Zellschicht grenzt die Basalzellschicht mit
länglichen, senkrecht zur Basalmembran angeordneten Zellkernen an (sog. Palisadenstellung)
[Schubert, 1997].
Im Trigonum finden sich plattenepitheliale Zellen, die in ihrem Metabolismus (z.B. Glykogengehalt) hormonabhängig sind und u.a. Östrogenrezeptoren enthalten [Schubert, 1997].
Einleitung 16
Urothel
Lamina propria
Tunica
muscularis
-- Deckzellen
„umbrella cells“
Stratum
longitudinae
Stratum
circulae
-- Intermediarzellen
-- Basalzellen
--Stroma
Tunica adventitia
Abbildung 4.: Die Harnblasenwand (verändert nach Gray, 1918)
Ätiologie des Harnblasenkarzinoms
Für die Entstehung von Harnblasenkarzinomen wird ein multifaktorieller, mehrstufiger Prozess diskutiert, bei dem komplette bzw. inkomplette Faktoren die maligne Transformation in
der Urothelzelle verursachen (Initiation) und proliferationsstimulierende Mediatoren in einem
zweiten Schritt bzw. mehreren Schritten das Tumorwachstum realisieren (Promotion) [Bichler
et al., 2000]. Die Entstehung multipler Tumoren an unterschiedlichen Stellen im Urothel ist
bedingt durch ähnliche Veränderungen, die entweder simultan oder sequentiell innerhalb einzelner Zellen an verschiedenen Lokalisationen auftreten [Tanagho und McAninch, 1992].
Vor allem berufliche und außerberufliche Umwelteinflüsse sowie bestimmte Lebensgewohnheiten sind für die Harnblasenkarzinogenese bedeutend. Als Hauptursache für den Harnblasenkrebs gelten dabei das Rauchen und die Exposition gegenüber aromatischen Aminen.
Daneben wurden verschiedene weitere chemische Substanzen als krebsauslösend beschrieben.
Als Karzinogene bekannt sind die aromatischen Amine 2-Naphtylamin, Benzidin und 4Aminobiphenyl [Jost, 2003]. Es gibt auch etliche Karzinogene bzw. Co-Karzinogene, die im
Körper erst synthetisiert werden können, wie sekundäre und tertiäre Amine oder Nitrosamine,
die bei Vorhandensein von Nitrit bzw. Nitrat entstehen. Eine Rolle spielen auch einige Medikamente, wie Cyclophosphamid-haltige Zytostatika oder der Gebrauch von Analgetika, deren
Metaboliten (Phenacetin) als eine Ursache von Harnblasenkrebs gilt. Als erwiesen gilt
Einleitung 17
schließlich die Assoziation zwischen der Schistosomiasis (Bilharziose) der Harnblase und der
Harnblasentumorgenese [Eble et al., 2004; Bichler et al., 2000].
Pathologie des Harnblasenkarzinoms
Harnblasentumore entwickeln sich aus dem Urothel, und zwar bevorzugt an durch kanzerogene Noxen persistent exponierter Stellen (Seitenwände: 46%; Hinterwand: 18 %; Trigonum:
13 %; Blasendach: 9%; Vorderwand: 8 %; Blasenhals: 6 %) [Helpap, 1993] Jedem invasiven
Urothelkarzinom geht eine präneoplastische/-kanzeröse oder nicht-invasive Läsion voraus.
Sie kann auf eine Transformation einer einzigen immortalisierten (Stamm-) Zelle oder viral
immortalisierten, urothelialen Basalzelle zurückgeführt werden und ist folglich monoklonal
(wobei auch eine polyklonale Entstehung in der Literatur diskutiert wird). Auch auf molekularer Ebene (DNA, RNA, Protein) können Veränderungen und Akkumulationen der Aberrationen im Verlauf der Harnblasentumorgenese von einer Präkanzerose zu einem muskelinvasiven und metastasierenden Karzinom beobachtet werden [Riede und Schäfer, 1995].
Flache urotheliale Läsionen: Hyperplasie, Metaplasie, reaktive Atypie, Dysplasie, CIS
Das normale Harnblasenepithel besteht meist aus drei bis sieben Zellschichten (siehe Abbildung 4). Der Basalmembran sitzen kleine kubische Basalzellen auf, von denen die proliferierten und differenzierten Zellen zum Lumen der Harnblase hin wandern, wobei sie sich vergrößern und schirmartig dem Urothel aufliegen, als so genannte Umbrella-Zellen. Sie werden
durch Desquamation mit dem Urin ausgeschwemmt [Bichler et al., 2000; Helpap, 1989]. Das
normale Epithel kann durch verschiedene Ursachen, z.B. Entzündungen oder Karzinogene,
proliferativ oder metaplastisch verändert sein. Man unterscheidet dabei die Hyperplasie von
Metaplasie und Dysplasie.
Durch Proliferation kann es zu der Wachstumsformation einer Hyperplasie kommen, einer
durch Mitosen vermehrter Zellzahl [Hildebrandt, 1998]. Die einfache Hyperplasie kann fokal
oder diffus zu einer Verbreiterung des normalerweise dreischichtigen Urothels führen und
teilweise Atypien aufzeigen. Durch papilläre Hyperplasien ist oft eine Abgrenzung zu den so
genannten benignen Papillomen bzw. gutdifferenzierten Karzinomen schwierig [Bichler et al.,
2000]. Untersuchungen zeigten, dass Hyperplasien von Patienten, die in der Folge ein papilläres Urothelkarzinom entwickelten, dieselben genetischen Aberrationen aufwiesen, wie im
papillären Karzinom. Mehr als 70 % der untersuchten Hyperplasien besaßen Deletionen am
Einleitung 18
Chromosom 9 (meist Monosomie); gleichzeitig konnten p53-Deletionen beobachtet werden
[Hartmann et al., 1999]. Als weitere benigne urotheliale Hyperplasie sind die von Brunnerschen Zellnester zu nennen. Sie gehen wahrscheinlich von den Basalzellen aus und tauchen in
der Submucosa auf [Edwards et al., 1972].
Die reaktive Atypie wird von der WHO als eine benigne Läsion klassifiziert und umfasst Veränderungen des Gewebes aufgrund von chronisch entzündlicher Prozesse, Infektionen, Steinleiden oder medikamentös-toxisch Induktion [Helpap und Köllermann, 2000].
Mit zunehmenden Atypien und Abnahme der Palisadenstellung der Basalzellen kommt es
zum Bild der Dysplasie des Urothels. Die Dysplasien werden strikt vom Carcinoma-in-situ
(CIS) unterschieden [Eble et al., 2004]. Dysplasien leichteren Grades sind Veränderungen des
Urothels mit Kernvergrößerung, Anisomorphie und Hyperchromasie der Zellkerne, wobei
diese Zellkernveränderungen noch reversibel sein können [Weinberg, 2006]. Die Übergänge
zum Carcinoma-in-situ sind fließend und schwer differenzierbar. Das CIS gilt als karzinomatöse Vorstufe und ist gekennzeichnet durch eine hochgradige Kernpolymorphie und Desquamation einzelner Zellen [Kunze 1998].
Karzinome – Carcinoma-in-situ, Urothel-, Plattenepithel-, Adenokarzinom u.a.
Die Mehrzahl der Harnblasenkarzinome besteht zu ca. 90 % aus Urothelkarzinomen, ca. 5-6%
aus Plattenepithelkarzinomen und ca. 2 % aus Adeno- bzw. undifferenzierten Karzinomen
[Bichler et al., 2000]. Seltener sind sekundäre Blasentumore (<1%), die durch Infiltration
(weibliches Genitale, Prostata, Kolon) und Metastasierung (Mamma-, Magen-, Bronchialkarzinom, Melanom) anderer Tumore entstehen.
Das Carcinoma-in-situ (CIS) stellt eine Sonderform des Blasenkarzinoms dar. Dabei handelt
es sich um eine intraepithelial wachsende, die Lamina propria nicht infiltrierende, maligne
Läsion mit Zeichen einer Entdifferenzierung (G3). Histologisch unterteilt McKenney et al.
(2001) das CIS in sechs Typen. Haupt-Kennzeichen des CIS sind große Zellkerne mit hohem
Chromatingehalt, prominente Nukleoli und einer erhöhten mitotischen Aktivität. Suburothelial findet sich eine ausgeprägte Angioneogenese [Riede und Schäfer, 1995; McKenney et al.,
2001]. Das Carcinoma-in-situ kann sowohl als einzige Tumorentität, als auch in Kombination
mit einem anderen Blasentumor vorkommen [Jakse et al., 1989; Althausen et al., 1976]. In
38-83% entwickelt sich aus dem Carcinoma-in-situ innerhalb von 5 Jahren ein invasives Karzinom [Koss et al., 1974]. Besondere Sonderformen des CIS sind zum einen der Denuding
Typ, bei dem zum größten Teil das Urothel abschilfert, und die selten vorkommende pagetoi-
Einleitung 19
de Variante. Kennzeichen der pagetoiden Variante ist, eine unübliche, zufällige, nicht weitläufige Verteilung von großen einzelnen Zellen oder Zellgruppen in ansonsten normal erscheinendem Urothel; und das stets sekundäre Auftreten (nie Initial-Läsion) im Beisein einer anderen malignen Neoplasie oder einem manifestem CIS [Orozco et al.; 1993; McKenney et al.,
2001; Lopez-Beltran et al., 2002b]. Das pagetoide Wachstum gilt als eine Mikroinvasion und
Kanzerisation des Urothels [Demir et al., 2003].
Das Urothelkarzinom kann in rein papillärer oder in prädominant solider Form auftreten; mit
oberflächlichen oder invasiven Habitus [Knowles, 1999]. Die Mehrzahl der Urothelkarzinome
(ca. 75-85 %) weisen bei Diagnosestellung ein Tumorstadium Ta oder T1 auf, d.h. sie wachsen oberflächlich. Ebenso sind die meisten papillär und hoch bis mäßig differenziert, d.h. sie
liegen in einem Differenzierungsgrad G1 oder G2 vor. Typischerweise kommt es bei 70-80 %
der Patienten mit derartigen papillären Tumoren zu wiederholten lokalen Rezidiven, wobei es
in 20-30 % zu einer Tumorprogression mit Verschlechterung des histologischen Differenzierungsgrades kommt. Alle Urothelkarzinome die ein Tumorstadium von T2 oder mehr aufweisen, gelten als invasiv. Diese Gruppe von Tumoren, die ungefähr 30 % ausmacht, hat eine
vielfach schlechtere Prognose. Invasive Tumore können endo- oder exophytisch wachsen
[Riede und Schäfer, 1995]. Die endophytischen Tumoren werden auch als „solide“ Tumoren
bezeichnet und können eine noduläre oder ulzerierte Oberfläche aufweisen.
Das Plattenepithelkarzinom findet man gehäuft zusammen mit einer Bilharzioseerkrankung
[Riede und Schäfer, 1995]. Histologisches Kennzeichen der Plattenepithelkarzinome sind
keratisierende Zellgebiete, in denen einzelne Zellen konzentrisch von Plattenepithel umgeben
werden. Mehr als 80 % der Plattenepithelkarzinome sind mäßig bis schlecht differenziert und
wachsen bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose muskelinvasiv, was zu einer sehr ungünstigen Prognose führt.
Adenokarzinome machen weniger als 2% aller Blasentumore aus. Dieses seltene Harnblasenkarzinom soll von den Urachusresten des Blasendaches oder von den periprostatischen Drüsen ausgehen [Riede und Schäfer, 1995].
Das Auftreten anderer Karzinome ist mit unter 1 % viel seltener [Helpap, 2001]. Hierzu zählen sowohl benigne (Fibrom, Myxom, Leiomyom, Hämangiom, Neurofibrom, Neurinom) als
auch maligne Formen (Leiomyosarkom, Fibrosarkom, Rhabdomyosarkom, retikuloendotheliale Tumore). Ein weiterer, seltener epithelialer Tumor der Harnblase ist das primäre maligne
Melanom. Die Prognose ist ungünstig, einen Heilung ist bis heute nicht beschrieben worden
[Rübben et al., 1998; Riede und Schäfer, 1995]. Es gibt ebenso Harnblasenmetastasen von
Magenkarzinomen und Nierenzellkarzinomen, die aber sehr selten beobachtet werden.
Einleitung 20
TNM-Klassifikation – Tumor-Staging/-Grading
Die Stadieneinteilung des Harnblasenkarzinoms erfolgt nach der TNM-Klassifikation für urologische
Tumoren der Union International Contre le Cancer
(UICC) und nach dem Differenzierungsgrad der Tumorzellen (Grading) (WHO).
Die histologische WHO-Klassifikation urothelialer
Harnblasentumoren und abnormer flacher Urothelläsionen wurde 1999 aktualisiert [Mostofi et al., 1999].
Die Klassifizierung und Definition verschiedener flacher urothelialer Läsionen und einiger Varianten invaAbbildung 5.: Stadieneinteillung des
Harnblasenkarzinoms
siver urothelialer Karzinome wurden hinzugefügt (siehe Tabelle 1). Die Aktualisierung war notwendig, um
der Biologie und dem Verhalten (der Dignität) der
verschiedenen Läsionen besser gerecht zu werden sowie eine schärfere Trennung zwischen
benignen und malignen urothelialen Prozessen zu ziehen. Die Präzisierung der Terminologie
soll den Vergleich von Studienergebnissen erleichtern (Helpap, 2002).
Tabelle 1.: WHO/ISUP-Konsensus-Klassifikation 1999
Normal
Papilläre urotheliale Neoplasien
Normales Urothel
Papillom
Hyperplasie
Invertiertes Papillom
Flache Hyperplasie
Papilläre Neoplasia mit niedrig-malignem Potential
Papilläre Hyperplasie
(PUNLMP)
Flache Läsionen mit Atypien
Papilläres urotheliales Karzinom (low-grade)
Reaktive (inflammatorische) Atypie
Papilläres urotheliales Karzinom (high-grade)
Atypie unklarer Bedeutung
Invasive Neoplasien
Dysplasie (low-grade intraurotheliale Neoplasie)
Invasion der Lamina propria
Carcinoma-in-situ (high- grade intraurotheliale Neoplasie)
Invasion der Muskulatur
Der Klassifikation der Harnblasenkarzinome liegt die Infiltrationstiefe zugrunde, welche in
der Stadieneinteilung nach der TNM-Klassifikation berücksichtigt wird (siehe Tabelle 2).
Mit dem Stadium Ta wird ein Tumor bezeichnet der noch auf die Blasenmukosa beschränkt
ist. Die Infiltration des subepithelialen Bindegewebes bis an die untere Begrenzung (Lamina
propria) heran, bezeichnet man als Stadium T1. Nach Durchbrechen des Tumors durch die
Lamina propria hindurch in die oberflächliche Muskelschicht liegt das Stadium T2 vor. Im
Stadium T3 ist das perivesikale Gewebe infiltriert, während bei Infiltration der Nachbarorga-
Einleitung 21
ne des kleinen Beckens (Prostata, Samenblase, Uterus, Vagina) das Stadium T4 erreicht ist
(siehe Abbildung 5). Mit dem Zusatz (m) werden multiple Läsionen bezeichnet.
Die Infiltrationstiefe des Tumors hat entscheidenden Einfluss auf die später zu wählende Therapie [Jost, 2003]. Klinisch werden daher oberflächlich wachsende Karzinome (pTa, Cis, pT1)
und invasiv wachsende (infiltrierende) Karzinome (
pT2) unterschieden. Jedoch können
Tumore des Stadiums T1 aufgrund ihrer Infiltration des subepithelialen Bindegewebes nicht
mehr im engeren Sinne zu den oberflächlichen Tumoren gezählt werden.
Je nach Lymphknotenbefall und Fernmetastasierung wird entsprechend die Therapiewahl getroffen. Unter regionären Lymphknoten versteht man jene des kleinen Beckens. Das Harnblasenkarzinom metastasiert hämatogen am häufigsten in die Lunge, das Skelettsystem und die
Leber [Tanagho und McAninch, 1992].
Tabelle 2.: TNM-Klassifikation (nach Wittekind et al. UICC TNM-System, 2002)
Primärtumor (T= lokale Ausdehnung)
Lymphknotenbefall (N)
TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
NX
T0
kein Anhalt für Primärtumor
Ta
nichtinvasiver papillärer Tumor
N0
Kein Anhalt für regionäre Lymphknoten
Tis
Carcinoma-in-situ („flacher Tumor“)
N1
Metastase in solitären Lymphknoten
T1
Tumor infiltriert subepitheliale Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert Muskulatur
T3
werden
2 cm in
größter Ausdehnung
N2
Metastase in solitären Lymphknoten >2 cm,
T2a
aber < 5 cm in größter Ausdehnung oder
T2b
multiple Lymphknoten
Tumor infiltriert perivesikales Fettgewebe
N3
T3b
Tumor infiltriert benachbarte Organe
T4a
T4b
5 cm
Metastasen in Lymphknoten > 5 cm in größter
Ausdehnung
T3a
T4
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt
Fernmetastasen (M)
MX
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Kein Anhalt für Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Differenzierungsgrad (G)
G1
gut differenziert
G2
mäßig differenziert
G3
schlecht differenziert
G4
Anaplastisches Karzinom (entdifferenziert)
Der Differenzierungsgrad eines Harnblasentumors beurteilt die Stärke der ZellmorphologieAbweichungen und korreliert mit dem Tumorstadium und der Überlebenszeit des Patienten.
Einleitung 22
Symptomatik, Diagnostik und Therapie des Harnblasenkarzinoms
Das Hauptsymptom ist die Hämaturie, die bei 80-90 % der Patienten schmerzlos verläuft und
makroskopisch bereits im Urin nachweisbar ist [Jost, 2003]. Die Symptome der Reizblase, die
gewöhnlich das Resultat einer sekundären bakteriellen Infektion sind, finden sich bei einem
Viertel der Patienten mit Blasenkrebs. Hierzu zählen weitere Symptome, wie Miktionshäufigkeit, Dysurie, Harndrang und Nykturie. Wenn der Tumor ein Harnleiterostium obstruiert und
damit eine Hydronephrose hervorruft, können auch Schmerzen in der Flanke und Fieber auftreten. 20 % der Patienten haben keine spezifischen Symptome, so dass die maligne Erkrankung oft erst bei einer Untersuchung wegen einer okkulten Hämaturie oder Pyurie diagnostiziert wird [Tanagho und McAninch, 1992].
Bei der Diagnostik von Harnblasentumoren werden neben einer klinischen Untersuchung
auch Urinuntersuchungen und Zytologie sowie Zytoskopie eingesetzt. Es wird primär eine
Unterscheidung zwischen oberflächlichen und invasiven Wachstum angestrebt, da dies eine
unterschiedliche Therapie zur Folge hat. Ca. 70-80 % aller Harnblasenkarzinome weisen bei
Erstdiagnose ein oberflächliches Tumorstadium auf. Sie können multipel oder solitär auftreten. In 5-10 % dieser Fälle kommt es zu einer Progression des Tumorstadiums. Charakteristisch ist in diesen Fällen das hohe Rezidivrisiko in den ersten beiden Jahren (ca. 50-75 %).
Während die Prognose bei den oberflächlichen Urothelkarzinomen noch sehr gut ist (5Jahres-Überlebensrate von 50-95 %), sinkt diese bei invasiven Stadien auf unter 30 % [Eble et
al., 2004].
Eine Gewebeentnahme durch transurethrale Tumorresektion (TUR) oder Biopsie mit Zytologiegewinnung ist immer noch die beste diagnostische Methode mit der höchsten Sensitivität
und Spezifität von jeweils über 90 %. Das dabei entnommene Gewebe bietet die Möglichkeit
der genaueren histologischen Klassifizierung und im Falle eines nicht-invasiven Tumorstadiums zusätzlich eine Therapie. Die alleinige Zytologie ist eine nicht-invasive Methode mit nur
geringer Sensitivität von ca. 30 % bei gut differenzierten Harnblasenkarzinomen. Deshalb
wird der Fokus derzeit auf nicht-invasive Diagnoseverfahren (Analyse von Urin oder Blut)
gerichtet, die mit ebenso hoher Sensitivität und Spezifität zur frühen Tumordetektion bzw.
Tumorprogressionsbeurteilung
genutzt
werden
können.
Die
Fluoreszenz-in-situ-
Hybridisierung (FISH) findet zum gegenwärtigen Zeitpunkt als ein viel versprechender Urintest („UroVysion“ von Vysis/Abbott), bei dem Chromosomen-Abnormalitäten bei Patienten
mit Harnblasenkarzinom mit einer Sensitivität von über 80 % und einer Spezifität bis zu 96 %
detektiert werden können [Halling et al., 2000; Tritschler et al., 2006]. Andere nicht-invasive
Einleitung 23
Diagnoseverfahren (vgl. Tabelle 3), wie der NMP22 BladderCheck-Test (gegen das nukleare
Matrixprotein, NMP22), zeichneten sich jedoch durch eine geringere Spezifität und Sensitivität aus [Tritschler et al., 2007].
Tabelle 3.: Klinisch zugelassene urinzytologische Tumormarker für das Harnblasenkarzinom
(nach Stenzl und FeiL, 2005)
TUMORMARKER
KENNZEICHEN
SPEZIFITÄT
SENSITIVITÄT
Zytologie
Nicht-invasive Methode
99 %
34%
ImmunoCyt/uCyt+ assay (Diagnocure Inc.)
Immunozytologisches Fluoreszenz Assay. Identifiziert
werden zwei Mucine und das
glykosylierte Carcinoembryonic Antigen (CEA)
80 %
73 %
BTA Trak Assay / BTA Stat
Test (Bard Diagnostic Sciences)
Enzym-Immunoassay gegen
hCFHrp (human complement
factor H related protein)
71 %/ 74 %
64 %/ 72 %
75 %/ 95 %
66 %/ 65 %
94 %
80 %
NMP22 / NMP22 BladderChek
Test (Maritech Inc.)
UroVysion Test (Abbott/Vysis)
Immunoassay gegen NMP22
(Nuclear matrix protein)
Multiplex-Fluoreszenz-insitu-Hybridisierung (MFISH) die Aneuploidie der
Chromosomen 3, 7, 17 und
Deletion des 9p21 Lokus
detektiert
Der Stellenwert der molekularbiologischen und der molekulargenetischen Parameter (unter
anderem p53, M344, MIB-1/Ki67, E-Cadherin, CK20, Mikrosatellitenanalyse, spezifische
Chromosomen-Aberrationen etc.) muss jedoch noch in weiteren klinischen Studien validiert
werden [Helpap et al., 2003]. Eine Zeit- und Kosten-effiziente Umsetzung zur Nutzung neuer
Urinmarker im klinischen Alltag wäre viel versprechend.
Mit der Fluoreszenzzytoskopie mit 5-Aminolävulinsäure (5-ALA), einer Photodynamischen
Diagnostik und Therapie Methode, können gezielte Biopsien bzw. Resektion flacher urothelialer Läsionen, die mit bloßem Auge schwer oder nicht erkennbar sind, durchgeführt werden.
Hierbei wird 5-ALA intravesikal instilliert. Die Substanz 5-ALA ist ein Ausgangsprodukt der
Hämbiosynthese. Durch exogene Zufuhr von 5-ALA lässt sich eine Akkumulation von endogenen Porphyrinen, in erster Linie von Protoporphyrin IX (PPIX), in Zellen epithelialen Ursprungs erreichen. Mittels blauvioletten Lichtes (Wellenlängenbereich von ca. 400nm) erfolgt
die Fluoreszenzanregung wobei die typische rote Fluoreszenz unter Verwendung eines gelben
Langpassfilters, welcher in das Okular der Beobachtungsoptik des Zytoskops eingebaut ist,
Einleitung 24
erkannt werden kann. Insbesondere flache Läsionen grenzen sich mit hohem Kontrast gegenüber der normalen Schleimhaut ab. Die Sensitivität dieser Methode ist mit 90-95% sehr hoch
[Heidenreich und Hofmann, 1999; Knüchel et al., 2003; Hungerhuber et al., 2007].
Bei fortgeschrittenen Tumoren der Harnblase sollten weitere Untersuchungen, wie Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) und die Skelett-Szintigraphie zur
Bestimmung der Tumorausbreitung angeschlossen werden. Hierdurch kann eine Beurteilung
bezüglich dem Vorhandensein hämatogener bzw. lymphogener Fernmetastasen (Lunge, Leber, Knochen, ZNS) erfolgen.
Das therapeutische Vorgehen orientiert sich an Leitlinien, die von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Urologie aufgestellt wurden. Dabei wird zunächst
zwischen einer Therapie oberflächlicher (Ta, T1, Tis) und einer Therapie invasiver Harnblasenkarzinome ( T2a) unterschieden.
Primäres Ziel aller therapeutischen Maßnahmen eines oberflächlichen Urothelkarzinoms ist
ein tumorfreies Überleben mit gleichzeitigem Bestehen einer funktionsfähigen Harnblase.
Eine transurethrale Resektion (TUR) ist nach wie vor der „Goldstandart“ in der Therapie des
Harnblasenkarzinoms. Dabei werden zunächst die exophytischen Tumoranteile reseziert, des
weiteren die Tumorbasis einschließlich Blasenwandmuskulatur und die Tumorränder. Das
hierbei gewonnene Gewebe wird anschließend einzeln histopathologisch untersucht. Dies
erlaubt eine Beurteilung hinsichtlich Tumorart, Differenzierung und Infiltrationstiefe. Der
transurethralen Resektion folgt stets eine zytoskopische Rezidiv-Überwachung. Zur intravesikalen Rezidivprophylaxe stehen Zytostatika (Doxorubicin, Mitomycin C) und der Immunmodulator BCG (Bacillus-Calmette-Guérin) zur Verfügung. Der Vorteil einer intravesikale
Chemotherapie gegenüber einer BCG-Instillation bei Niedrig-Risiko-Patienten (pTaG1) ist
umstritten. Bei Mittel- und Hoch-Risiko-Patienten mit mehrfach rezidivierten Tumoren und
höherem Grading ist dagegen eine BCG-Instillation indiziert, da hiermit ein höheres progressionsfreieres Überleben erzielt werden kann. Nachteil dieser Behandlung ist die Gefahr des
Auftretens (selten) einer systemischen „BCG-itis“. Bei Hoch-Risiko-Patienten (unter anderem
mehrere Rezidive in kurzer Zeit) kann entweder eine Zystektomie oder eine kurative Radiotherapie angewandt werden, um einem muskelinvasiven Stadium vorzubeugen. Eine radikale
Zystektomie ist ebenfalls bei Patienten mit rezidivierendem Carcinoma-in-situ anzustreben.
Bei der radikalen Zystektomie werden beim Mann zusätzlich neben der Harnblase, auch Prostata und Samenblasen entfernt; bei Frauen werden Harnblase, gegebenenfalls Harnröhre, sowie Uterus entfernt. Die Art der Harnableitung richtet sich je nach Tumorstadium auch an den
persönlichen Wünschen des Patienten. Die häufigste angewandte Form ist das intestinale
Einleitung 25
Conduit, wobei die Harnleiter in ein ausgeschaltetes Darmstück implantiert werden und das
aborale Ende als inkontinentes Stoma in die Bauchwand eingenäht wird. Des Weiteren kann
man Darmsegmente als Ersatzblasen (Pouch) umformen. Bei den primär metastasierten Urothelkarzinomen versprechen Chemotherapien (z.B. Cisplatin und Methodrexat) einen guten
palliativen Effekt und Ansprechraten >50 % mit allerdings nur um Monate verlängertem Überleben [Jost, 2003; Heidenreich und Hofmann, 1999]]
Biologie des Harnblasenkarzinoms
Das Harnblasenkarzinom weist sowohl eine histologische als auch eine genetische Heterogenität auf. Auf genetischer Ebene können etliche komplexe und wiederkehrende chromosomale
Veränderungen beim Harnblasenkarzinom beobachtet werden. Für die Entstehung und Progression von Harnblasenkarzinomen stellen chromosomale Veränderungen offenbar eine elementare Ursache dar. Wie es zu dieser chromosomalen Instabilität kommt, ist bisher nicht
bekannt.
Studien haben gezeigt, dass vor allem Deletionen und chromosomale Hinzugewinne (Amplifikationen) beim Harnblasenkarzinom vorkommen, was in Kontrast zu in anderen Neoplasien,
wie Sarkomen und hämatologischen malignen Neoplasien, beobachteten Translokationen
steht. Aber auch epigenetische Veränderungen, wie eine genomweite Hypomethylierung stellt
ein sehr häufiges Ereignis in Urothelkarzinomen dar [Schulz, 1998].
Nicht-invasive niedriggradige oberflächliche Neoplasien, wie die papillären Läsionen
pTaG1-2, haben nur wenige genetische Veränderungen und werden deshalb als „genetisch
stabil“ bezeichnet; während hochgradig nicht-invasive papilläre Urothelneoplasien (pTaG3),
Carcinoma-in-situ und invasiv wachsende (pT1-4) Karzinome als „genetisch instabil“ eingestuft werden und im Durchschnitt 7-10 numerische Aberrationen pro Zelle besitzen [Eble et
al., 2004]. Aufgrund dieser unterschiedlichen Habitusformen des Urothelkarzinoms werden
zwei Pathways für die Harnblasenkanzerogenese diskutiert (siehe Abbildung 6) [Gibas und
Gibas, 1997].
Einleitung 26
Abbildung 6.: Entwicklung (Tumorgenese und Progression ) von Harnblasenkarzinomen.
* = Mutation; = geminderte Expression;
= Überexpression; - = Deletion; += Amplifikation HRAS
(Onkogen), FGFR3 (Fibroblast growth factor receptor; Onkogen), p53 (Tumorsuppressor), RB (Retinoblastoma Protein; Tumorsuppressor), N-/E-cad ( N-/E-Cadherin; Tumorprogression), MMPs (Matrix
Metalloproteinasen; Tumorprogression); VEGF (Vascular endothelial growth factor; Angiogenesefaktor),
TSP1 (Trombospondin 1; Antiangiogenesefaktor), COX2 (Cyclooxygenase 2; Antiangiogenesefaktor)
[verändert nach Eble et al., 2004 und Wu, 2005]
Diese Tatsache wird auch durch klinische Daten und Forschungsergebnissen gestützt [Wu,
2005]. Die im Harnblasenkarzinom veränderten Genabschnitte kodieren zum einen für Onkogene, die durch Mutation oder Amplifikation eine Aktivierung erfahren; und zum anderen
können Tumorsuppressorgene inaktiviert werden. Mehrere involvierte Tumorsuppressorgene
besitzen eine erhebliche Signifikanz bei der Regulation des Zellzyklus am G1-S Kontrollpunkt. Von besonderer Bedeutung für den G1-S-Übergang ist die Phosphorylierung des RbProteins. Fast alle fortgeschrittenen Karzinome weisen mindestens einen Defekt in dem RbRegulationssystem p15ink4b/p16ink4a - CDK4/6 - Cyclin D –RB und dem p53-Kontrollsystem
p14ARF – MDM2 – p53 – p21CIP1 auf (Bryan et al., 2005).
Zu den am häufigsten beobachteten numerischen Chromosomenaberrationen beim Harnblasenkarzinom zählen die Monosomie des Chromosoms 9 und Trisomie des Chromosoms 7.
Waldmann et al. (1991) berichteten von numerischen Aberrationen der Chromosomen 7, 9
und 11 in 27 untersuchten Blasentumoren, wobei sie eine Korrelation zwischen der Polysomie
Einleitung 27
7 und einer schnellen Tumorprogression beobachteten. Eine Studie von Schwarz et al. (2007)
zeigte, dass bereits ca. 50 % der Zellen in urothelialen Dysplasien Polysomien mindestens
eines Chromosoms in einer Fluoreszenz-in-situ-Analyse der chromosomalen ZentromerSonden 3, 7, 17 und der genspezifischen Sonden 9p21/p16 sowie HER2 (UroVysion und
Pathvysion, Vysis/Abbott), zeigten. Wobei eine Präferenz für Tetraploidien in Dysplasien von
Hofstädter et al. (1986) beschrieben wurde. Sauter et al. (1995a) untersuchten den Verlust
vom Y Chromosom in 68 Harnblasentumorproben, konnten jedoch den relativ häufigen Verlust dieses Chromosoms nicht mit einer Tumorprogression korrelieren. Die Anzahl an polysomer Zellen und Chromosomen steigt mit dem Grad des Tumors an.
Für die Charakterisierung struktureller Chromosomenaberrationen wurde in multiplen Studien
vor allem die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genetic hybridization) genutzt. Diese Methode erlaubt die Erfassung relativer Kopiezahl-Veränderungen
(Chromosomale Deletionen und Amplifikationen) im gesamten Genom, sofern diese eine
Größe von > 1-10 Mb umfassen. Dadurch konnten in mehr als 20 genomischen Regionen
chromosomale Veränderungen bei Harnblasenkarzinomen detektiert werden: 1q21-31, 2q13,
3p22-24, 6p22, 7p13, 8p11, 8q21, 8q24, 9p21, 10p13-14, 11q13, 12q13-15, 13q13, 13q31-33,
18p11, 19q13, 20q13, 21p11, 22q11-13, Xp11-13 und Xq21-22.2. Einige dieser Regionen
enthalten bereits bekannte Onkogene, wie das CMYC (8q24), CCND1 (11q13) und MDM2
(12q15). Es ist möglich, dass auch in den anderen chromosomalen Regionen bislang nichtindifizierte Onkogene liegen [Cordon-Cardo et al., 2000; Fadl-Emula, 2005].
Deletionen an Chromosom 9, die zu einem Verlust der Heterozygosität (LOH= loss of heterozygosity) führen, stellen die häufigste strukturelle chromosomale Aberration bei Blasenkarzinomen dar. Dabei tritt gehäuft eine Deletion der Region 9p21 auf, die das Gen CDKN2 (p16,
MTS-1) – ein Inhibitor der Cyclin-abhängigen Kinase 4 und 6 (CDK4/6) – beinhaltet [Brauers
und Jakse, 1997]. Untersuchungen zeigten, dass strukturelle Aberrationen am Chromosom 9
weniger kennzeichnend für eine Tumorprogression sind, sondern bei der Initiation der Tumorgenese involviert sind [Brauers und Jakse, 1997].
Eine Deletion des kurzen Chromosomenarms von 11 (11p) tritt hingegen eher bei entdifferenzierten und histopathologisch fortgeschrittenen Urothelkarzinomen auf. Deletionen am kurzen
Chromosomenarm von 17 (17p) können sowohl in fortgeschrittenen Tumorstadien als auch
bei oberflächlichen Tumoren beobachtet werden, die im weiteren Tumorverlauf eine Muskelinvasion aufweisen können. Auch auf Chromosom 8 wird die eine oder andere Region als
Tumorsuppressorgen-beinhaltend diskutiert (z.B. 8p22 oder 8p11.2-12; sFRP1).
Einleitung 28
Mutationen in den Genen H-RAS und FGFR3 und Deletionen an Chromosom 9 werden eher
in lokal begrenzten, oberflächlichen, papillären Tumoren beobachtet; im Gegensatz dazu findet man Veränderungen der Gene p53 und Rb (Retinoblastoma-Gen) und Gene die mit Tumorprogression und Metastasierung einhergehen (N-cad, E-cad, MMPs, VEGF, TSP1,
COX2) eher in invasiven Tumorstadien [Wu, 2005]. Auch Aneuploidien der gesamten DNA
findet man in nur 50 % der nicht-invasiven niedriggradigen oberflächlichen (papillären) Neoplasien [Eble et al., 2004]. Der Grad der genetischen Instabilität korreliert direkt mit Tumorstadium und Tumorgrad.
Abbildung 6 fasst die bisher erwähnten Charakteristika beider Harnblasenkanzerogenese
Pathways zusammen. Ausgehend vom Normalurothel können invasive Harnblasenkarzinome
anscheinend auf zwei verschiedene Wege entstehen [Spruck et al., 1994; Wu, 2005]. Mit zunehmendem Tumorstadium und –grad steigt dabei auch die Anzahl an chromosomalen Veränderungen [Richter et al., 1997; Hovey et al., 1998]. Der eine Entstehungs-Weg führt über
die Hyperplasie zum niedriggradigen (hoch differenzierten), nicht-invasiven papillären Harnblasenkarzinom. Der zweite Weg führt über die Dysplasie oder Carcinoma-in-situ zur Entstehung von hochgradigen (schlecht/niedrig differenzierten), invasiven Formen des Harnblasenkarzinoms [Eble et al., 2004; Reznikoff et al., 2000; Wu, 2005]. Als ein sehr frühes Ereignis
in der Tumorgenese kann der vollständige, wie auch Teilverlust von Chromosom 9 gesehen
werden [Williamson, 1995; van Oers et al., 2006]. Diese Veränderung und weitere Aneuploidie, sowie weitere Veränderungen wie eine Y Chromosom Nullisomie, kann bereits in histologisch normal erscheinendem Urothel in Harnblasenkrebs-Patienten detektiert werden [Obermann et al., 2004; Sauter et al., 1995a]. Diese Aberration an Chromosom 9 ist kennzeichnend für beide Harnblasenkarzinom-Entstehungswege, aber vor allem für gut differenzierte
papilläre Tumore (bei 30%) typisch. Sie ist jedoch bereits in Hyperplasien unter anderen Aberrationen (wie Verlust der Chromosomen 2q, 4, 8p und 11p; Zugewinn von Chromosom 17
und Amplifikation der Region 11q12-13) zu finden, was die Hyperplasie als eine frühe neoplastische Läsion (Präkanzerose) - mit der Fähigkeit Progression in ein maligneres Stadium zu
zeigen – determiniert [Hartmann et al., 2002b; Obermann et al., 2003]. 10 % von den gut differenzierten papillären Tumoren zeigen nur eine invasive Progression, was mit einer guten
Prognose einhergeht. pTa-Tumore zeigen insgesamt nur eine begrenzte Anzahl an genetischen
Veränderungen, so findet man z.B. in nur 3 % Mutationen von TP53. Ein früher TP53 Verlust
ist jedoch charakteristisch für das Carcinoma-in-situ. Die Dysplasie zeigt gleichermaßen p53Mutationen wie das Carcinoma-in-situ, so dass die Dysplasie als ein Vorläufer des CIS gelten
kann [Hartmann et al., 2002a]. Ein weiteres Gen, welches charakteristisch für nur einen der
Einleitung 29
beiden Pathways ist, ist das für den papillären Tumorprogressionsweg typische FGFR3
(fibroblast growth factor receptor 3). FGFR3 tritt erst nach dem Ereignis der Deletion am
Chromosom 9 auf [van Oers et al., 2006]. Die beiden ursprünglich als pTaG1 und pTaG2 bezeichneten niedrig bzw. mittelgradig, nicht-invasiven Papillären Tumore zeigen, laut Wild et
al. (2005), keine sie wesentlich näher differenzierende chromosomale Veränderungen. Häufige Veränderungen bei pTa-G1-Tumoren sind Verluste von Chromosom Y und 9 sowie Vermehrungen von 1q. Demgegenüber zeigen pT1-Karzinome Veränderungen praktisch aller
Chromosomen, am häufigsten Deletionen von 2q, 5q, 6q, 8p und 11p und Zugewinne von 1q,
3p, 3q, 5p, 6p, 8q und 10p. Somit zeigen pT1-Karzinome eine größere genetische Instabilität
als die pTa-Gruppe. Die klinischerseits häufige Zusammenfassung der Stadien pTa und pT1
als eine Gruppe der so genannten oberflächlichen Karzinome ist, laut Heidenreich und Hofmann (1999), aus biologischer Sicht kaum gerechtfertigt. Ein Teil der pT1-Tumoren stehen
bezüglich ihres genetischen Profils offenbar den muskelinvasiven Karzinomen (pT2-4) sehr
nahe [Heidenreich und Hofmann, 1999].
Präkanzerosen (Tumorvorläufer), wie Hyperplasie und Dysplasie (im weitesten Sinne auch
das Carcinoma-in-situ), gehen in ca. 40 % der Fälle in invasive Karzinome über und werden
deshalb als ihre häufigste Vorstufe angesehen [Richter et al., 1997; Hovey et al., 1998].
Charakteristisch für Urothelkarzinome sind nicht nur häufige Rezidive und das Auftreten
kaum sichtbarer flacher premaligner Läsionen, wie z.B. Hyperplasien oder Dysplasien, sondern auch eine Multifokalität der Neoplasien [Weinberg, 2006]. Zwei verschiedene Theorien
beschäftigen sich mit dem Ursprung der Multifokalität, sprich warum sich Neoplasien in der
Harnblase meist nicht auf einen einzelnen Tumor beschränken. Zum einen, geht die
1. Theorie über die Aussaat von Tumorzellen [Simon et al., 2001] davon aus, dass neoplastische Zellen nur an einer einzelnen Stelle in der Blase entstehen und sich später – entweder
durch aktive Migration (intraurothelial) oder durch Abschuppung und anschließender Übertragung durch den Urin und Wiederansiedelung – an anderen Stellen in der Blase verteilen.
Diese Theorie beruht auf der Tatsache, dass ein Grossteil (80-90%) der multifokalen Blasenneoplasien monoklonalen Ursprungs sind [Simon et al., 2001]. Wobei ein gewisser Teil der
multifokalen Neoplasien aber polyklonal sind [Hafner et al., 2002; Hafner et al., 2001]. Dagegen betrachtet die 2. Theorie die Harnblasenkanzerogenese als Ursprung einer „Feldkanzerisation“, d.h. dass exogene Mutagene/Kanzerogene in der gesamten Harnblase ubiquitär genetische Defekte in den Zellen hervorrufen und diese genetisch instabilen Zellen dann Ursprung
für polyklonale maligne Aberrationen sind. Andererseits könnten auch alle Tumore zu Anfang
polyklonal sein und sich mit der Zeit durch einen stärkeren, erfolgreicheren Klon überwu-
Einleitung 30
chern lassen, so dass sich daraus eine scheinbare Monoklonalität ergibt [Braakhuis et al.,
2003; Hafner et al., 2002]. Die These der „Feldkanzerisierung“ wird auch durch eine Studie
von Schwarz et al. (2007) gestützt, die bereits in prämalignen Läsionen von Harnblasenblasenkarzinom-Patienten chromosomale Veränderungen zu einem höheren Prozentsatz detektierten, im Vergleich zu Proben von gesunden Patienten. Demgegenüber sprechen die Daten
von Denzinger et al. (2006) und Junker et al. (2003) eher für eine monoklonale Entwicklung
der multifokalen Läsionen durch intraurothelialer Migration. Ihre Daten spiegelten Ergebnisse
vorhergehender Studien wieder, in denen fortgeschrittene Urothelkarzinome vielmehr einen
monoklonalen Habitus aufwiesen.
Histopathologie versus Genetik
Der histopathologische Befund ist ein essentieller prognostischer Faktor, jedoch mit einigen
Barrieren. Bei frühen Formen wie Hyperplasien und Dysplasien reichen die morphologischen
Veränderungen des Gewebes jedoch nicht aus, um einzuschätzen, wie und ob sich die Läsionen im Verlauf der Zeit bis zur Malignität entarten. Hyperplasien entwickeln sich entweder
über papillären Tumorformen weiter zu aggressiven infiltrierenden Neoplasien oder sie gehen
keine weitere Transformation ein. Der histologische Befund liefert dazu keinen Aufschluss.
Im Gegensatz dazu können durch molekularzytogenetische Untersuchungen in Hyperplasien
und sogar normal erscheinendem Urothel, z.T. signifikante chromosomale Veränderungen
gefunden werden [Stoehr et al., 2005].
Obwohl bis heute schon eine Vielzahl von chromosomalen Veränderungen beschrieben wurden, sind die entscheidenden und charakteristischen genetischen Aberrationen, insbesondere
der frühen Formen (Präneoplasien und prämalignen Entartungen), bisher nur unzureichend
bekannt.
Im Folgenden werden einige Gene, die auch im Harnblasenkarzinom verändert sind, näher
beschrieben (Tabelle 4); ihnen wird eine Rolle bei der Zellzyklusregulation unter anderem am
G1-S-Kontrollpunkt zugeschrieben:
Einleitung 31
Tabelle 4. (inklusive nachfolgende Seiten): Gene die in der Harnblasenkarzinogenese involviert sind
Tumorsuppressorgene
P53-Tumorsuppressorgen
Das Gen TP53, ein Tumorsuppressorgen, ist auf Chromosom 17p13.1 lokalisiert und besteht aus 11 Exons und 10 Introns. Die Funktion des
p53 Proteins liegt in der Zellzyklusregulation insbesondere bei Vorliegen von DNA-Schäden, denn p53 inhibiert in dem Fall die Zellzyklusprogression von der G1 zur S-Phase durch die transkriptionelle Aktivierung von p21WAF1/CIP1 (6p21) [Mitra et al., 2007]. Darüber hinaus
spielt p53 eine Rolle bei der Apoptose.
Verlust der Heterozygosität (LOH= Loss of heterozygosity) im 17 p Lokus und/oder Mutation in einem oder beiden p53 Allelen inaktivieren das Tumorsuppressorgen TP53. Dies führt zu einer Akkumulation des Proteins im Nukleus, wegen einer Phosphorylierung nach der
DNA-Schädigung, und zum Verlust der Tumorsuppressor-Aktivität [Mitra et al., 2007]. Durch seine Interaktion am Spindelkontrollpunkt
während der Mitose, kontrolliert p53 den Übergang von der Metaphase zur Anaphase und somit die korrekte Kontraktion der Mikrotubuli.
Dadurch ist bei einem p53-Verlust die Verteilung der Chromosomen auf die Tochterzellen im Verlauf der Mitose erheblich gestört [Slaton
et al., 2001].
Mutationen im p53 Gen gehören zu den häufigsten genetischen Veränderungen im Harnblasenkarzinom. Die meisten Missense-Mutationen
befinden sich dabei in vielen Karzinomarten in den Exonen 4-8, der Lokalisation der DNA-Bindungsdomäne. Aberrationen am p53 Lokus
sind mit einem höheren Stadium und Differenzierungsgrad bei Harnblasenkarzinomen assoziiert [Fujimoto et al., 1992; Mitra et al., 2007].
Neben der Funktion als Tumorsuppressorgen interagiert p53 mit weiteren zellulären Onkogenen, wie das humane MDM2-Gen (murine
double minute 2). Der Abbau von P53 erfolgt Ubiquitin-vermittelt, wobei das MDM2 als Ubiquitin E3-Ligase wirkt. Ist der Abbau von P53
aufgrund von Mutationen gestört, kann das Protein in den Zellen akkumulieren und immunhistochemisch nachgewiesen werden [Slaton et
al., 2001].
Retinoblastoma-Suppressorgen (RB)
Das Retinoblastoma-Tumorsuppressorgen ist auf dem langen Arm von Chromosom 13 (13q14) lokalisiert. Ein Verlust des Gens führt zu
einer Ausbildung von Retinoblastomen, Osteosarkomen, Weichteilsarkomen, Bronchialkarzinomen sowie Mamma- und Prostatakarzinomen [Mitra et al., 2007]. Das Proteinprodukt (pRb) ist ein nukleäres Phosphoprotein, welches in vielen Pathways, die in der urothelialen
Karzinogenese involviert sind, eingreift. Das pRb wirkt regulatorisch am G1-S Kontrollpunkt des Zellzyklus. Dephosphoryliert – sprich in
der aktiven Form – bindet es an den Transkriptionsfaktor E2F. In der inaktiven Form – phosphoryliert – wird E2F nicht mehr durch die
Bindung des Rb-Proteins inhibiert und es kommt vor allem zur Transkription von Genen, die für die DNA Synthese an der S-Phase essentiell sind (z.B. Thymidylate Synthase, TS) [Schafer, 1998; DeGregori et al., 1995]. Für die Phosphorylierung von Rb sind Enzyme des
Cyclin-abhängigen Kinase Komplexes (CDK; cyclin-dependent kinase) verantwortlich, wie Cyclin D1/CDK4/6 und Cyclin E/CDK2.
Dieser Komplex besteht aus zwei Komponenten, einer aktivierenden Kinase und einer Cyclin Komponente. Durch CDK-Inhibitoren
(CDKIs) wird die Rb Phosphorylierung negativ reguliert. In Urothelkarzinomen mit einer Rb Überexpression ist meist das Rb Gen inaktiviert worden (aufgrund einer konstitutiven Hyperphosphorylierung des Proteins, wegen des Verlustes von p16 oder einer Cyclin D1 Überexpression) [Chatterjee et al., 2004]. Eine CDK4 Amplifikation und Überexpression konnte vor allem in Hochgradigen Urothelkarzinomen
nachgewiesen werden [Simon et al., 2002; Aaboe et al., 2005]. Takahashi et al. (1991) untersuchten die Effekte einer Inaktivierung dieses
Gens in Harnblasenkarzinomzelllinien und unterstützten damit die postulierte Funktion des Retinoblastom-Gens als Wachstums- und Tumorsuppressor. Zusammenfassend kann man sagen, dass Deletionen und Mutationen dieses Gens primär mit einem invasiven und progredienten Tumorhabitus assoziiert sind [Mitra et al., 2007].
Einleitung 32
Onkogene
H-Ras
Die ras-Onkogene kodieren für 21kDa-Proteine mit GTPase-Aktivität, die für die intrazelluläre Signaltransduktion essentiell sind. Ihre
Aktivierung erfolgt über singuläre Aminosäuresubstitutionen, denen Missense-Mutationen auf der Ebene der Nukleinsäuren zugrunde
liegen. Die erste Mutation der RAS Onkogen-Familie war eine Punktmutation im Codon 12 des H-RAS Gens, welche in der Harnblasenkrebszelllinie T24 identifiziert wurde [Reddy et al., 1982]. Die Mutationsfrequenz der RAS Gene bleibt im Harnblasenkarzinom kontrovers.
Fest steht, dass die prominente beobachtete Alteration jene im Codon 12 des H-RAS Gens darstellt und nur wenige Fälle K-RAS Mutationen
zeigen, sowie bisher keine N-RAS Mutationen detektiert werden konnten [Cordon-Cardo et al., 2000]. Bei menschlichen Harnblasentumoren im Gegensatz zum transgenen Mausmodell konnten bislang keine Korrelation zwischen dem Vorliegen einer H-RAS Mutation und dem
histopathologischen Stadium sowie der Tumordifferenzierung festgestellt werden [Knowles und Williamson, 1993; Cordon-Cardo et al.,
2000].
c-erbB-2 (Her-2/neu)
Dysplasien 2. Grades (hochgradig) und Carcinoma-in-situ zeigen eine diffuse Überexpression des c-erb-B-2 (Her-2/neu) Onkoproteins
[Hofstädter et al., 1986; Wagner et al., 1995]. Eine prognostische Signifikanz ist beim Harnblasenkarzinom nicht gesichert.
c-myc
Eine erhöhte c-myc Kopiezahl ist mit einem aggressiven Harnblasenkrebs-Phänotyp assoziiert, jedoch ohne Signifikanz bezüglich RezidivNeigung, Prognose oder Überleben [Habuchi et al., 2005].
Zellzyklusregulatoren
Cycline, CDKs und CDKIs : p16/CDKN2
Alterationen der Cycline können vermehrt in Blasentumoren detektiert werden. Eine Überexpression von Cyclin D1, welches ein Prognosefaktor für die Invasivität des Tumors ist, kann in 20-80 % der Harnblasentumoren festgestellt werden [Reznikoff et al., 2000; Takagi et al.;
2000].
Die Haupt-CDK-Inhibitoren (CDKIs) sind p21, p27 und p16. Sie regulieren die CDK Komplex Aktivität und sind somit für die ZellzyklusSuppression nötig. Das Gen p21WAF1/CIP1 kodiert für einen Cyclin-abhängigen Kinase Inhibitor (CDKI), dem p21 Protein, welches in Wechselwirkung zu p53 steht. Die Prognostische Rolle von p21 bleibt in den Harnblasenkarzinomen bisher unklar. p27 wiederum bindet an die
Komplexe aus Cyclin E/CDK2 und an Cyclin D1/CDK4/6 und inhibiert dadurch die Progression von der G1 zur S-Phase. Ein Verlust der
Expression von p27 ist in vielen Tumoren zu finden und geht mit einer Krebsprogression einher [Mitra et al., 2007].
Der dritte wichtige CDK-Inhibitor ist das p16, welches im CDKN2A Lokus am Chromosom 9p21 kodiert ist. Der CDKN2A Gen-Lokus
wurde unabhängig voneinander in den frühen 90er von Serrano et al. (1993) und Kamp et al. (1994) identifiziert. Dieser Lokus ist in einer
Vielzahl von Tumoren am häufigsten alteriert. Unter anderem wird dieser Lokus (Deletionen) in einem klinisch angewandten diagnostischen Test namens UroVysion (Vysis, Abbott) mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung an zytologischen Urin-Proben untersucht. Ein
positives Ergebnis (Hetero- oder Homozygote Deletion des 9p21 Lokus) nach einer intravesikalen Therapie indiziert ein 4-fach höheres
Risiko ein Rezidiv zu entwickeln [Halling et al., 2002].
Der humane CDKN2A Lokus beinhaltet neben dem genannten Gen, das INK4a Gen, welches den CDK-Inhibitor p16 codiert und im Retinoblastoma-Pathway involviert ist, noch das ARF (p19) Gen, welches das p14 codiert. Erst Stott et al. (1998) erkannten die Funktion von
p19ARF/p14ARF im Zellzyklus. p14 inhibiert Mdm2 und somit entfaltet es im p53-Pathway seine Wirkung. In Harnblasentumoren findet man
eine Loss of Heterozygosity (LOH) im INK4a/ARF-Gen-Lokus sehr häufig. Der Verlust von ARF hat eine erhöhte Zellproliferationsrate
zur Folge, da die Zellzyklus-inhibierende Funktion entfällt [Korgaonkar et al., 2002]. Yurakh et al. (2006) evaluierten den prognostischen
Effekt verschiedener Zellzyklusregulatoren in urothelialen Neoplasien. Dabei konnten sie feststellen, das gerade der Verlust der p14ARF
Expression und die homozygote Deletion des 9p21 Lokus unabhängige Prognose Faktoren für ein erneutes Tumor-Wiederauftreten bei
frühen Harnblasenneoplasien sind.
Benachbart zum p16-Gen liegt auch das Gen p15, im CDK2B-Lokus, auf Chromosom 9 [Hannon und Beach, 1994]. Der Verlust der p16Funktion ist meist verbunden mit dem Verlust von p15, beide Verluste wurden in Harnblasenkarzinomen bereits beschrieben [Gruis et al.,
1995; Yeager et al., 1995].
Einleitung 33
Aurora A
Aurora A (auch unter anderem als Aurora-2, BTAK und STK15 genannt), ist eine Serin-Threonin-Kinase, die in Prozesse der Zytokinese
und Zellteilung durch Regulation der chromosomalen Segregation involviert ist. Das Gen ist auf Chromosom 20q13 lokalisiert, einer in
vielen Geweben/Organen häufig von Aberrationen betroffenen Region [Bolanos-Garcia, 2005].
Die Funktion des Aurora A -Proteins entfaltet sich während der Zellteilung durch Wechselwirkung mit Mitose-Kontrollpunkt-Proteinen.
Das Protein wird inaktiviert bzw. degradiert während die Zelle die G1-Phase durchläuft. In der G2/M-Phase können die höchsten Expressionswerte der Aurora A -Kinase gemessen werden. Eine Überexpression dieser Kinase beeinflusst die Funktion der Zelle negativ und ist mit
genetischer Instabilität und Tumorgenese assoziiert, da der Mitose-Kontrollpunkt auf dem Level der Cdc20-BubR1 Interaktion [Ke et al.,
2003]. Auch eine Resistenz gegen die Apoptose induziert durch Taxol wird durch eine übermäßige Expression der Aurora A -Kinase
ausgelöst [Bolanos-Garcia, 2005]. Außerdem wirkt Aurora A als Schlüsselregulationskomponente im p53 Pathway; dabei wirkt eine Überexpression der Kinase eine p53 Degradierung, so dass eine Onkogene Transformation erleichtert wird [Katayama et al., 2004]. Um den
Signalweg besser zu verstehen, fehlen bisher jedoch Kenntnisse über die Kinase die Aurora A phosphoryliert.
In der Harnblase finden sich vor allem erhöhte Aurora A –Expressionswerte in kanzerösen Läsionen. Es besteht eine Korrelation zwischen
einer niedriggradigen Aurora A -Amplifikation in histologisch benigne erscheinendem Urothelgewebe von Harnblasenkrebs-Patienten und
einem geminderten Rezidiv-freien sowie tumorspezifischen Überleben [Denzinger et al., 2007].
Ki67 (Mib-1)
Das Ki67 Antigen wird detektiert durch Immunhistochemie mit dem monoklonalen Antikörper Mib-1. In Proliferierenden Zellen (G1-Phase
bis zur Mitose) akkumuliert Ki67, aber nicht in Zellen der G0-Phase [Gerdes et al., 1984]. Mehrere unabhängige Studien haben die Eignung
dieses Antikörpers gegen Ki67 als Prognostischer Marker gezeigt [Habuchi et al., 2005]. Während andere Studien sich mit deren Entschlüsselung seiner biologischen Funktion sich befassen [Schlüter et al., 1993; Schmidt et al., 2003]
WNT-Pathway
Deletionen am Chromosom 8p können häufig in Harnblasentumoren detektiert werden und sind ein Zeichen von Progression des Tumors.
Das secreted Frizzled-related Protein 1 (sFRP1), ein Antagonist der Frizzled-Rezeptoren und der WNT Pathway Aktivierung, ist auf Chromosom 8 in der Region 8p12-11.1 zu finden [Stoehr et al., 2004]. Die Expression von sFRP1 ist oft herabgesetzt in Harnblasentumoren,
was auch in der Studie von Stoehr et al. (2004) gezeigt werden konnte. Obendrein bedeutet ein Verlust der sFRP1-Expression eine geringere Überlebenszeit für Patienten mit Papillären, nicht muskelinvasiven Tumoren.
Ein weiteres Protein des WNT-Pathway, dessen Expression gemindert ist, ist der WNT Inhibitor Faktor 1 (WIF1). Dabei korreliert die
Expression mit dem Tumorstadium in der Harnblase [Wissmann et al., 2003].
Die in vielen Tumoren betroffenen Gene des WNT-Pathways sind jedoch APC (Chromosom 5q21) und β-Catenin. Diese sind allerdings
nicht in Primären Harnblasenkarzinomen und in den Harnblasenzelllinien RT4, RT112, J82 und UROtsa durch Mutationen verändert
[Stoehr et al., 2002a].
Wachstumsfaktoren (z.B. FGF, EGF)
FGFR3
Laut einer Studie von van Oers et al. (2006), treten Deletionen des Chromosoms 9 häufiger als FGFR3-Mutationen in Hyperplasien (n=30;
keine papillären Formationen) auf. Des Weiteren findet man ein Expression eher in niedriggradigen Tumoren. Für eine Prognose-Relevanz
dieses Faktors sind jedoch noch weitere Studien nötig [Habuchi et al., 2005].
EGFR
Ein Überexpression des Epidermal growth factor Rezeptors (EGFR; Her1), zu den Tyrosinkinase Wachstumsfaktor-Rezeptoren Typ 1
gehörend, konnte in Harnblasentumoren zwar detektiert werden, jedoch ohne prognostischer Signifikanz [Habuchi et al., 2005; Rotterud et
al., 2005].
Einleitung 34
Adhäsionsmoleküle und Motilitätsfaktoren (E-Cadherin, Integrin)
Etliche Moleküle der Extrazellulären Matrix, Adhäsionsmoleküle und Motilitätsfaktoren wurden auf ihre Prognostische Relevanz im Harnblasenkarzinom untersucht. Mit einem höhergradigen, invasions-befähigten Stadium des Harnblasenkarzinoms werden vor allem veränderte
Expressionslevel der Matrix Metalloproteinase 2 (MMP-2), E-Cadherin und der Plasminogenaktivator vom Urokinase-Typ (u-Pa) in signifikanter Verbindung gesetzt [Habuchi et al., 2005].
Welche dieser genetischen Veränderungen bereits in prämalignen Urothelläsionen vorkommen und was ihr biologisches Potential ist (letale Wirkung oder Wachstumsförderung), müsste in weiteren Studien anhand von präkanzerösen Harnblasen-Proben untersucht werden.
Ziele dieser Arbeit
Die Transformation von normalem Epithel zu einem invasiven Karzinom ist durch eine Zunahme an zellulären und histomorphologischen Veränderungen gekennzeichnet. Die Möglichkeit Urothelkarzinome in frühen Tumorstadien bzw. sogar Tumorvorstadien (Präkanzerosen) zu detektieren, macht das Urothelkarzinom zu einem geeigneten Modelsystem für die
Untersuchung von genetischen Aberrationen der Tumorentstehung und Progression sowie
deren Auswirkungen auf den Phänotyp. Dadurch können weitere Rückschlüsse über die
schrittweise Karzinogenese gezogen werden. Darüber hinaus können molekulare und zytogenetische Biomarker identifiziert werden, die nicht nur Klarheit über die Krebsentstehung geben, aber auch nützlich bei der frühen Vorhersage von transformierenden Veränderungen, die
zu einem aggressiven Phänotyp führen können, sind. Außerdem ist ein Einblick in regulatorische Signalwege (Pathways) der Genom-Integrität möglich, um die zu einer schrittweisen
(Feld-)Kanzerisation führenden Veränderungen einer Präkanzerose zu einem invasiven Karzinom zu verstehen.
Im Rahmen dieser Arbeit sollten erste genomische Veränderungen in prämalignen Läsionen
und Präkanzerosen des Harnblasenkarzinoms charakterisiert werden.
Die in Harnblasentumoren am häufigsten beschriebenen genetischen Veränderungen sind die
Aneuploidien der Chromosomen 3, 7 und 17 sowie Deletion des 9p21 Lokus. Diese sollten
mit Hilfe des für die zytologische Diagnostik angewandten
Fluoreszenz-in-situ-
Hybridisierungs(FISH)-basierten Urin-Tests namens UroVysion (Vysis/Abbott) vor allem in
Hyperplasien und Dysplasien des Urothels untersucht werden. Der erhobene Datensatz sollte
durch ein weiteres Kriterium näher charakterisiert werden. Es sollte mittels Immunhistochemie gegen das Ki67 Antigen (Mib-1 Antikörper; DAKO) der Proliferationsstatus der Zellen
determiniert werden. Dadurch sollten Rückschlüsse gezogen werden können, ob proliferie-
Einleitung 35
rende Zellen in Präneoplasien bereits genetische Veränderungen aufweisen, und somit Aufschluss über das biologische Potential dieser genetischen Aberration geben können. Für die
praktische Durchführung dieser Aufgabe sollten die Urovysion-FISH und die Ki67 Immunhistochemie sequentiell an der gleichen Gewebeprobe eingesetzt werden. Mit Hilfe der Komparativen Genomischen Hybridisierung (comparative genetic hybridization; CGH) sollte der
gesamt-genomische Aberrations-Status anhand von Einzelzellen der Präneoplasien näher bestimmt werden.
Die im Genom der Tumorproben gefundenen Veränderungen, sollten mit der Klinik der Patienten in Zusammenhang gebracht werden, um mögliche genetische Marker für die Tumorfrüherkennung und Prognose zu lokalisieren.
Material und Methoden 36
2
MATERIAL UND METHODEN
2.1
MATERIAL
2.1.1 Patientenkollektiv
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Harnblasenbiopsien von 40 Patienten (34 Männer, 6 Frauen) untersucht. Der Altersmedian betrug 65 Jahre, Altersmittelwert lag bei 63,9
Jahren und die Altersspannbreite reichte von 35 bis 89 Jahren.
Von den untersuchten Proben sind 13 histologisch als benigne Urothelhyperplasie, 12 als Urotheldysplasie eingestuft; des Weiteren wurden folgende Proben untersucht: 7 Carcinoma-insitu, 3 Papilläre Neoplasien der Harnblase (pTaG1) und 4 invasive Tumore der Harnblase
(pT1G3). Zusätzlich wurde eine Probe verwendet, deren Befund histologisch normales Urothelgewebe aufzeigte (Nested Variant).
Im zweiten Teil der Arbeit (im Rahmen der Einzelzell-Experimente) wurde Material von 11
Patienten (55 Einzelzellen) verwendet. Fokussiert wurden dabei hauptsächlich Proben die
histologisch als Dysplasie des Urothels eingestuft worden sind (Erstdiagnose) und die Patienten in ihrer Anamnese kein Urothelkarzinom aufwiesen (6 Proben). Des Weiteren wurden 3
Hyperplasien (Erstdiagnose), 1 Carcinoma-in-situ und 1 pT1G3 untersucht.
Das Material wurde größtenteils in der urologischen Abteilung des Klinikums der Universität
München – Großhadern unter der Leitung von Prof. Dr. med. Christian Stief gewonnen. Die
Aufarbeitung der Präparate (Kryokonservierung) erfolgte in üblicher Weise am Institut für
Pathologie der Universitätsklinik Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. med. F. Hofstädter. Die Befundung der histologischen Präparate fand teilweise am Institut für Pathologie
des Universitätsklinikums Regensburg (Proben vor 2003) und teilweise am Institut für Pathologie des Universitätsklinikums RWTH Aachen (Proben seit 2003) statt, letzteres unter Leitung von Prof. Dr. med. Ruth Knüchel-Clarke.
Material und Methoden 37
2.1.2 Zelllinien
Aliquots der verwendeten urothelialen humanen Zelllinien (Tabelle 5) wurden freundlicherweise von der Arbeitsgruppe Dr. Rene Krieg zur Verfügung gestellt.
Tabelle 5: Verwendete humane urotheliale Zelllinien
Name
Geschlecht
Alter
Ethnizität
Erkrankung
Antigen Expression
männlich
63 J
Kaukasisch
Transitionales Papillom
HLA A25(10), A3, B12, Cw3; Blood Type O
Isoenzyme
Zytogenetische Analyse
Kultivierungsbedingungen
Mittlere Chromosomenanzahl = 49 (42-55). Es handelt sich um eine aneuploide männli-
RT4
AK-1, 1; ES-D, 1-2; G6PD,
B; GLO-I, 1-2; Me-2, 1;
PGM1, 1-2; PGM3, 1-2
che Zelllinie, mit einer nahe-diploiden Chromosomenzahl. Die nahe-tetraploide Population dominiert nach einigen Passagen. Die 48/ 49 Karyotypen haben ein einzelnes X und
ein einzelnes Y Chromosom. Drei der Karyotypen mit höherer Ploidie haben zwei X
McCoys 5a Medium (modifiziert) mit 1,5
mM L-Glutamin, 2,2 g Natriumbikarbonat, 90
%; Fetales Kälberserum, 10 %; Temperatur:
37 °C
Chromosomen und ein Y Chromosom. Marker Chromosomen sind folgende: del(6)(q21),
del(10)(p11), 14p+, 12p+
Name
Geschlecht
Alter
männlich
58 J
Ethnizität
Kaukasisch,
Schwedisch
Isoenzyme
Erkrankung
Antigen Expression
Transitionales Harnblasenkarzinom
HLA A2, Aw32, B5, B12, Cw5; Blood Type A
Zytogenetische Analyse
Kultivierungsbedingungen
Eagle’s Medium mit 2 mM L-Glutamin und
J82
Es handelt sich um eine aneuploide männliche Zelllinie (XY), mit einer triploiden
Earle’s BSS, sowie 1,5 g/L Natriumbikarbo-
AK-1, 1; ES-D, 1; G6PD, B;
Chromosomenzahl. Die Chromosomenanzahl reicht von hyperdiploidem bis hexaploi-
nat, 0,1 mM nicht-essentielle Aminosäuren,
GLO-I, 2; Me-2, 1-2; PGM1,
dem Karyotyp. Normale Chromosomen N11 und N20 sind unterrepräsentiert im Ver-
1,0 mM Natriumpyruvat, 90 %; Fetales
1; PGM3, 2
gleich zu den anderen Chromosomen. Alterierte Formen dieser Chromosomen können als
Kälberserum, 10 %; Temperatur: 37 °C;
MarkerChromosomen angesehen werden. Chromosom N13 tendiert zur Überrepräsentie-
Atmosphäre: 5 % CO2
rung. Fünf Markerchromosomen sind bekannt: 20q+, 11q+, 8p+, del(1)(q31), 5p+(HSR)
oder hier: RPMI 1640 Medium; Fetales
Kälberserum, 10 %; Temperatur: 37 °C
Name
Geschlecht
Alter
weiblich
12 J
Ethnizität
Isoenzyme
Erkrankung
Antigen Expression
Normalurothel aus dem linken Urether; SV40
-
transfiziert
Zytogenetische Analyse
UROtsa
Kultivierungsbedingungen
Eagle’s Medium mit 2 mM L-Glutamin und
Earle’s BSS; Fetales Kälberserum, 5 %;
-
Bis zur 15. Passage kaum genetisch instabil.
Temperatur: 37 °C; Atmosphäre: 5 % CO2
oder hier: RPMI 1640 Medium; Fetales
Kälberserum, 10 %; Temperatur: 37 °C
2.1.3 Laborgeräte
0,2; 0,5; 1,5 und 2 ml
Pipetten und –spitzen (Eppendorf)
Reaktionsgefäße (Eppendorf)
1-5, 1-10, 1-25 ml
1-10, 10-100, 100-1000 µl
Glas-Pasteurpipette (Costar)
gestopfte Pipettenspitzen
50 ml Falcon-Tubes (Falcon)
(Süd-Laborbedarf)
96-well Platte (Falcon)
1-10, 10-100, 100-1000 µl
Material und Methoden 38
Aqua
Bidest
(Wasserfiltrierungsanlage,
-kämme/-träger (Bluemarine, Serva/ Sub-
Millipore Eschborn)
cell GT, Biorad)
Brutschrank (Heraeus)
Kryofixiergel: Tissue Tek OCT compound
CASY I (SchärfeSystem)
containing (Sakura)
Dampfkochtopf (Fissler)
Kühl-Zentrifuge (5415 R, Eppendorf)
24 x 60 mm und 24 x 24 mm Deckgläser
Kunstoff-Pasteurpipette (Sarstedt)
(Automat Star)
Kunstoff-Küvette (UVette, Eppendorf)
Digitale Kamera
Laser-Mikrodissektions-Mikroskop Micro-
Eis
beam HT mit Software RoboLPC V.2.2
Färbetrog (Coplin; Roth)
(PALM)
Feinwaage (Sartorius)
Magnetrührer mit Heizplatte (RCT basic,
Feuchte
Kammer:
Plastik-Objektträger-
IKA Labortechnik)
kasten (Neolab) feuchtem Papierhandtuch
Mikroskop (Dialux 20 EB, Leitz)
0,2 ml SafeLock
Mikrotom HM 560 (Microm)
PCR
Reaktionsgefäße
(Amplitube Simport)
Mikrotommesser A35 Type (Feather)
Inverses-Fluoreszenz-Mikroskop: Axiovert
Objektträger 6 x 76mm; Mattrand (RL R.
S100 (Zeiss)
Langenbrinck)
Computer (Apple) mit Software Openlab
Objektträger PALM
v2 (Improvision)
Polyethylen Naphthalat (PEN)-Membran,
Digitale Kamera C4742-95 (Hamamatsu)
1 mm glass (PALM)
Monochromator Polychrom IV (P0W LPS-
Objektträger SuperFrost Plus 25 x 75 x 1
150, Till-Photonics)
mm (Menzel-Gläser)
Xenon-Lampe (Ushio)
PCR-Maschine: ThermoCycler (PTC-200,
Z-Motorisierung Orbit (Improvision)
MJResearch)
Werkbank Cytair UF42-14 (ESI Flufrance)
Photometer (Biophotometer, Eppendorf)
Versch. Größen Glas-Bechergläser und –
Reaktionsgefäßständer
Erlenmeyerkolben (Schott Duran)
Skalpell (Feather)
Heizplatte Typ PZ35 (Präzitherm)
Spannungsquelle
Hybridisierungsgerät ThermoBrite
(Blue Power 500, Serva)
StatSpin A (Abbott Molecular)
Stereomikroskop (Discovery.V12, ZEISS)
Inkubationsofen (Heraeus)
mit Software (Diskus, Hilgers Königswin-
Kleine/mittlere
ter)
Kammer/
Gelelektrophorese-
für
MembranSlides,
Gelelektrophorese
Sterile Injektionsnadeln BD Microlance 3
(Becton Dickenson, Franklin Lakes, USA)
Material und Methoden 39
Styropor-Box
Zellkulturflasche T75, Cellstar (greiner
Thermomixer compact (Eppendorf)
bio-one)
UV-Leuchttisch (MWG Biotech/ ROTH)
Zentrifuge
Vortex VF2 (IKA-Labortechnik)
Sepatech)
Megafuge
1.0
(Heraeus
Waage (BP1200, Sartorius)
2.1.4 Chemikalien
Agarose (Seakem)
Aceton (Apotheke des Universtitätsklini-
L-Glutamin/Penstrep (PAA)
kums RWTH Aachen)
Natriumcarbonat (Merck)
DAPI/ Antifade (0,1 µg/ ml; QBiogene)
Hämalaun (Merck)
Tween 20 Lösung 10 % (Applichem)
Eosin (Sigma)
Igepal 10 % (Sigma)
Methylenblau-Trihydratpulver
(Sigma,
Bovine Serum Albumin BSA 100% (In-
München)
Ethanol
ATP 10 mM (Roche)
(Apotheke
des
Universtitäts-
vitrogen)
klinikums RWTH Aachen)
Agarose (LE, Biozym)
Xylol (Apotheke des Universtitätsklini-
Ethidiumbromid EtBr (Sigma)
kums RWTH Aachen)
DNA-Ladepuffer (DNA II, Applichem)
Victroclud-Eindeckmedium
(Lan-
genbrinck)
DNA-Molekulargewichtsmarker 100 kb
DNA-Ladder
Methanol (Apotheke des Universtitätsklinikums RWTH Aachen)
2.1.5 Enzyme und Antikörper
Trypsin (PAA)
1. Antikörper: Monoklonaler Maus Anti-Human Ki67 Antigen Klon Mib-1
(DakoCytomation; M7340)
Negativ-Kontrolle: Monoklonaler Maus IgG1 Antikörper (DakoCytomation; X0931)
2. Antikörper:
AlexaFluor 488 Ziege Anti-Maus IgG ( H+L) (Molecular Probes; A11029)
FITC-Markierte Rabbit Anti-Maus F(ab’)2-Fragmente (DakoCytomation; X7903)
Material und Methoden 40
Proteinase K 10 mg/ml (Sigma)
Restriktionsenzym MseI 50000U/ml (New England Biolabs)
T4-DNA-Ligase 5 U/µl (Roche)
Polymerase-Mix (5 U/µl) aus dem Expand Long Template PCR System (Roche)
Taq DNA Polymerase 5 U/µl (Invitrogen)
2.1.6 Puffer und Lösungen
Zellkultur
Medium für Zelllinien UROtsa und J82: RPMI 1640-Medium (PAA) + 10 % FKS (PAN oder
Sigma) + L-Glutamin/Penstrep (PAA)
Medium für Zelllinie RT4: McCoys 5A (PAN) + 10% FKS (s.o.) + L-Glutamin/Penstrep
(s.o.)
PBS (Biochrom)
CASY-Lösung (SchärfeSystem)
Hämalaun-Eosin(HE)-Färbung
Hämalaun (Merck)
Eosin (Sigma)
1% Kalziumkarbonat-Lösung (Sigma)
70%, 96%, 100% Ethanol-Lösung (s.o.)
Xylol (s.o.)
Methylenblau-Färbung (0,1%)
10 ml Methylenblau-Lösung ad 100 ml mit Aqua Bidest
Doppelfärbung: Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)/ Immunhistochemie (IHC)
Carnoy’s:
1 Teil Essigsäure (Merck, Darmstadt), 3 Teile Methanol (s.o.)
20 x SSC, pH 5,3 UroVysion-Kit (Vysis/ Abbott)
0,4 x SSC/ 0,3 % NP-40, pH 7- 7,5
20 ml 20 x SSC, 3 ml NP-40 (UroVysion-Kit, Vysis/Abbott)
ad 1000 ml mit Aqua Bidest
PBS, pH 7,4
8 g NaCl (Merck), 1,15 g Na2HPO4 (Merck),
0,2 g KCl (Merck), 0,24 g KH2PO4 (Merck)
Material und Methoden 41
Amplifikation genomischer Einzelzell-DNA durch Polymerasekettenreaktion (PCR)
One phor all Buffer plus/ OFA (Amersham)
Puffer 1 (Expand Long Template PCR System, Roche)
Nukleotide dNTPs (Roche)
100 mM: je 10 µl dCTP, dATP, dTTP, dGTP und ad 100 µl mit Aqua Bidest
Puffer-dNTP-Mix: 480 µl 10 x PCR-Puffer (Sigma) und je 5 µl dCTP, dATP, dTTP, dGTP
(dNTPs von Roche) ad 500 µl.
Fetales Kälberserum/Bovine Serum Albumine/BSA (New England Biolabs)
DNA-Isolation und Quantifizierung
QIAgen- Kit: QIAamp DNA Micro-Kit
Agarose-Gelelektrophorese
10 x Tris-Borat-EDTA – Puffer (TBE, Applichem). Zusammensetzung:
55,03 g/L (0,89 M) Borsäure; 7,44 g/L (0,02 M) EDTA-Na2 · 2H2O;
107,81 g/L (0,89 M) Tris
1 x TBE mit Ethidiumbromid (EtBr) :
50 ml 10 x TBE + 450 ml Aqua Bidest + 75 µl EtBr
2.1.7 Verwendete Oligonukleotidprimer und Fluoreszenz-in-situ-Sonde
Fluoreszenz-in-situ-Sonde: UroVysion (Vysis/Abbott)
Oligonukleotidprimer (100µM, Metabion):
LIB1 (HPLC-gereinigt): 5´-AGT GGG ATT CCT GCT GTC AGT-3´
ddMse11 (HPLC-gereinigt): 5´-TAA CTG ACA GCdd-3´
p 53 Exon 8/9 Forward: 5’- AGG ACC TGA TTT CCT TAC TGC-3’
p53 Exon 8/9 Reverse : 5’- GAG GTC CCA AGA CTT AGT AC-3’
CK 19 Forward: 5’-GAA GAT CCG CGA CTG GTA C-3’
CK 19 Reverse: 5’-TTC ATG CTC AGC TGT GAC TG-3’
Material und Methoden 42
2.2
METHODEN
Im Rahmen dieser Doktorarbeit soll der Zusammenhang von genetischen Defekten und dem
Proliferationsstatus in Tumorvorstufen der Harnblase untersucht werden. Die zu untersuchenden Zellen sind der limitierende Faktor, da einerseits die proliferierenden Zellen vereinzelt in
den Präkanzerosen vorkommen, andererseits die Biopsien zum größten Teil aus Stroma bestehen und das Urothel weniger als 10 % der Biopsie ausmacht. Deshalb wurde versucht eine
Vielzahl an Methoden an ein und demselben Gewebeschnitt bzw. sogar an derselben Zelle
anzuwenden. Die nachfolgend angewandten Protokolle sind charakterisiert durch die Anzahl
an Applikationen, die nach der jeweiligen Methode noch folgen.
2.2.1
ZUSAMMENSTELLUNG DES FALLMATERIALS UND IDENTIFIZIERUNG
DER UROTHELREGIONEN
Die Kriterien für die Auswahl des Patientenkollektivs wurden bereits in Kapitel 2.1.1 beschrieben. Für die differenzierte Betrachtung der histologischen Schnitte wurden verschiedene
Färbemethoden angewandt (HE-, Methylenblau-, Giemsa-Färbung), die unter Kapitel 2.2.3.2 f
beschrieben sind, und die Befunde zusammen mit einer Pathologin (Dr. Gaisa, Dr. Lindemann-Docter und/oder Prof. Dr. Knüchel-Clarke) nochmals für das jeweilige Präparat bestätigt.
2.2.2
MONOLAYER- UND SPHAEROID-ZELLKULTUR
Im Rahmen der Etablierung der in dieser Dissertation verwendeten Methoden (Doppelfärbung
mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung und Immunhistochemie, sowie EinzelzellApplikationen) wurden die in Tabelle 5 erwähnten urothelialen Zelllinien verwendet, welche
freundlicherweise von Dr. R. Krieg, Institut für Pathologie, Aachen, zur Verfügung gestellt
wurden.
Die Harnblasen(Karzinom)-Zelllinien UROtsa und J82 wurden in RPMI 1640 Medium mit
10 % Fetalem Kälberserum (FCS) sowie L-Glutamin/Penstrep bei 37°C in einer Wasserdampfgesättigten Atmosphäre mit 5% CO2 kultiviert.
Sie wuchsen adhärent in T75 (175 cm2)-Kulturflaschen mit je 10 ml Medium und wurden alle
2-4 Tage 1:3 passagiert. Dazu wurden die Zellen nach Absaugen des Mediums kurz mit PBS
Material und Methoden 43
gewaschen und anschließend bis zu 5 min mit Trypsin/EDTA (0,02% / 0,05%) bei 37°C behandelt. Die Karzinomzellen wurden vom Flaschenboden abgelöst und in 10 ml frischem
Medium/FCS aufgenommen. Nach 5-minütiger Zentrifugation bei 2000 U/min wurde der
Überstand abgenommen, die Zellen in 5 ml frischem Medium resuspendiert und 1-2 ml der
Zellsuspension in eine neue Flasche überführt und mit Medium auf 10 ml aufgestockt.
96-well-Platten wurden mit 100µl 1%iger Agarose (in PBS) bestückt. Für nachfolgende Experimente wurden Sphäroide angesetzt, die eine in vitro Simulation des Gewebes darstellen, da
die Zellen in Kultur kugelförmige 3D-Aggregate formen, die je nach Kulturdauer im Zentrum
sogar nekrotisch werden. Zur Generierung der Sphäroide wurden in 200 µl 6000-8000 Zellen
in Suspension auf die ausgehärtete Agarose gegeben. Nach 24stündiger Inkubation bei 37 °C
bildeten sich Sphäroide aus. Nach vier Tagen wurden die Sphäroide mit einer Pipette geerntet
und in OCT(TissueTek)-Gewebekryokleber aufgefroren. Für weitere Experimente wurden am
Kryo-Mikrotom 6-8 Mikrometer Schnitte der Präparate hergestellt und sofort weiterverarbeitet. Zum Überprüfen der Sphäeroid-Zellmorphologie wurden Schnitte mittels HämalaunEosin (HE) gefärbt (die Methode ist in Kapitel 2.2.3.2 beschrieben).
2.2.3
HISTOLOGISCHE METHODEN
2.2.3.1 Herstellung histologischer Schnitte
Mit Hilfe eines Kryo-Mikrotoms wurden von den auf Metallträgern kühlfixierten BiopsieBlöcken ca. sechs Mikrometer dicke Schnitte angefertigt und je nach weiterer Anwendung auf
normale Objektträger (für HE-Färbung), beschichtete SuperFrost-Objektträger (Menzel; für
Doppelfärbung) oder Polyethylen Naphthalat (PEN)-Membran Objektträger (PALM; für Lasermikrodissektion) aufgezogen. Die Schnitte wurden luftgetrocknet und bei -20 Grad aufbewahrt (wenn diese nicht sofort weiterverwendet werden konnten; jedoch nicht länger als ein
Tag).
2.2.3.2 Hämalaun-Eosin(HE)-Färbung
Nach der Herstellung der Schnitte wurde zur Begutachtung der Morphologie eine HämalaunEosin(HE)-Färbung an 6 m dicken Schnitten der Gewebeproben durchgeführt. Das dunkelviolette, positiv geladene Hämalaun lagert sich dabei an die negativ geladenen Phosphatgruppen der DNA an und färbt nach Erhöhen des pH-Wertes über pH 3 somit die Zellkerne und
Material und Methoden 44
Nukleoli blau. Eosin, zu der Fluorescein-Gruppe gehörend, färbt Zytoplasma, Bindegewebe
und Kollagenfasern kräftig rosa (Burck, 1969).
Die angefertigten Kryogewebsschnitte wurden für 10 min in Hämalaun-Lösung gefärbt und
nach kurzem eintauchen in Leitungswasser in einem anderen Färbetrog mit einem Kalziumkarbonat-Wasser-Gemisch (ca. 1-2 g/ 200 ml) gebläut. Die Gegenfärbung des Stromas mittels
Eosin erfolgte für 45 Sekunden. Das überschüssige Eosin wurde durch kurzes Eintauchen in
Leitungswasser entfernt. Schließlich wurden die Präparate in einer aufsteigenden Alkoholreihe differenziert (70%ig Ethanol), fixiert (kurz in 96% und 100% Ethanol, dann fünf Minuten
in 100% Ethanol), zweimal für fünf Minuten in Xylol ausgehärtet und mit Vitroclud eingedeckt.
2.2.3.3 Methylenblau-Färbung
Vor allem zur schnellen Überprüfung der Gewebemorphologie zeitgleich zum Anfertigen der
Schnitte wurden die Schnitte kurz (max. 30 Sekunden) in 0,01 % Methylenblau-Lösung gefärbt und die überschüssige Farbe in einen Färbetrog mit Wasser abgewaschen. Im Wasserfeuchten Zustand oder nach Eindeckeln konnte die Gewebemorphologie betrachtet werden.
Zellkerne erscheinen blau und das Stroma rosefarben.
2.2.4
DOPPELFÄRBUNG:
FLUORESZENZ-IN-SITU-HYBRIDISIERUNG
(FISH)/
IMMUNHISCHTOCHEMIE (IHC)
Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) ist eine zytogenetische Methode. Die In situ
Hybridisierung (ISH) wurde erstmals 1969 von Gall und Pardue (1969) sowie unabhängig
davon von John et al. (1969) beschrieben. Die ISH ermöglicht es, Nukleinsäuresequenzen
direkt im biologischen Präparat, also in Geweben, Zellen und auf Chromosomen (Ziel-DNA),
darzustellen. Das Prinzip der ISH besteht darin, dass durch vorherige Hitzedenaturierung sowohl Ziel-DNA als auch Sonden-DNA als Einzelstrang vorliegen und anschließend in einem
Renaturierungsschritt, der sog. Hybridisierung, die Einzelstränge im Bereich komplementärer
Basensequenzen von Ziel-DNA und Sonden-DNA zu einem Doppelstrang sich vereinigen.
Die DNA-Sonde, in diesem Fall der kommerziell erworbene UroVysion-Sonden-Mix (Vysis/Abbott), ist direkt mit je einem Fluoreszenzfarbstoff (Fluorochrom) pro Sonde markiert.
Anschließend wird die Sonden-DNA in diesem Kontext auf Interphase-Zellkerne aufgebracht.
Nach der Hybridisierung werden in einer Reihe von Waschschritten nicht gebundene Son-
Material und Methoden 45
denmoleküle entfernt. Über die Waschbedingungen – die Zugabe von Formamid, Salzkonzentration und Temperatur – kann die Stringenz der Hybridisierung gesteuert werden, d. h.
wie genau die korrespondierenden Sequenzen von Sonden- und Ziel-DNA aufeinander passen
sollen. Direkt markierte Fluoreszenz-Sonden benötigen kein weiteres Detektionssystem, sondern können umgehend mit einem Fluoreszenzmikroskop erfasst werden.
Die Fluoreszenzfarbstoffe absorbieren Licht einer bestimmten Wellenlänge und emittieren
einen Teil der aufgenommenen Energie als Licht einer längeren, energieärmeren Wellenlänge.
Solche Farbstoffmoleküle können visualisiert werden, wenn sie mit Licht der absorbierten
Wellenlänge bestrahlt werden und durch einen Filter betrachtet werden. Diese Filter bestehen
aus einem Exzitationsfilter, der die Exzitations-Wellenlänge auswählt, einem Dichroischen
Spiegel und ein Emissionsfilter, der das Exitationslicht blockiert. Das Licht der benötigten
Wellenlänge erhält man in einem konventionellen Fluoreszenzmikroskop durch eine Quecksilber- oder Xenonlampe und einen entsprechenden Filter (Exzitationsfilter). Der Emissionsfilter lässt nur Wellenlängen, die von dem fluoreszierenden Farbstoff emittiert werden, zum
Okular bzw. zur Kamera gelangen.
Die verschiedenen Fluoreszierenden-Moleküle emittieren jeweils Licht bestimmter Wellenlänge. Dies ermöglicht verschiedene chromosomale Regionen in einem FISH-Experiment
gleichzeitig zu untersuchen (multicolour-FISH). Über eine kombinatorische Markierung mit
fünf Fluorochromen gelang es gleichzeitig zwei Arbeitsgruppen unabhängig voneinander die
simultane Darstellung aller menschlichen Chromosomen in verschiedenen Farben (Speicher et
al. 1996, Schröck et al. 1996). Bei der sog. Multiplex Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (MFISH; Speicher et al., 1996) wird für jedes der fünf Fluorochrome separat mittels fluorochrom-spezifischen Anregungs- und Emissionsfiltern mit einer CCD (Charge-coupled-device)Kamera ein Bild aufgenommen. Mit Hilfe von einer speziellen digitalen BildverarbeitungsSoftware (hier: Openlab v2.2 von Improvision) kann aus den Einzelkanalbildern anschließend
ein zusammengesetztes Bild erzeugt werden, das jedem Chromosom je nach Signalkombination eine Falschfarbe zuweist.
Für die Bestimmung der Chromosomen-Anzahl hat sich der Gebrauch Chromosomenspezifischer Zentromer-Sonden (CEP = Centromere-Enumeration Probes) etabliert, da die
Zentromer-Region stark repetitive Sequenzen enthält, die für eine hohe SondenHybridisierungs-Effizienz garantieren. Bei komplexen Sonden, die auch repetitive ubiquitär
auftretende Sequenzen enthalten, wird vor der eigentlichen Hybridisierung eine so genannte
Vorhybridisierung zwischen Sonden-DNA und Nichtmarkierter hochrepetitiver DNA wie der
Material und Methoden 46
Cot-1-Fraktion einfügt, um eine unspezifische Hybridisierung auf entsprechende repetitive
Sequenzen der Ziel-DNA zu verhindern.
Für den klinischen Einsatz der multicolour-FISH haben Sokolova et al. (2000) den SondenSatz für das Bestimmen der Harnblasenkarzinom-typischen Aneuploidien – Deletion 9p21
und Zugewinn Chromosom 3, 7, 17 – entwickelt, welcher nunmehr von Vysis/Abbott als UroVysion-FISH-Test vertrieben wird.
A) UroVysion: Zentromer- und Genspezifische Sonden mit entsprechender Fluorochrom-Färbung
B) Normaler Zellkern (diploid)
Tumorzellkerne (aneuploid)
Abbildung 7 UroVysion: a) Darstellung des Sonden-Mixes mit korrespondierendem Fluorochrom;
b) Schema der FISH-Sonden-Signale Auswertung (nach Bubendorf et al., 2003)
Im Rahmen dieser Dissertation wurde die kommerzielle UroVysion-Sonde von Vysis/Abbott
für die FISH an Harnblasen-Gewebeschnitten verwendet. Die UroVysion ist eine MultiplexFISH (M-FISH), die in Interphase-Zellkerne zur Anwendung kommt. Dabei handelt es sich um
mit je einem Fluorochrom direktmarkierte Sonden, und zwar drei chromosomenspezifische
Zentromer-Sonden (Centromere Probe, CEP: CEP 3-Spectrum Red, CEP 7-Spectrum Green, CEP
17-Spectum Aqua) und einer Lokusspezifischen Sonde (9p21-Spectrum Gold gegen das Gen
p16). Normale Zellkerne enthalten zwei Kopien von jedem Chromosom oder Gen (Allel), das
heißt sie sind diploid und für die FISH werden zwei Sonden-Signale pro Zentromer-Sonde erwartet. Eine höhere Anzahl von Kopien pro Chromosom (Polysomie) zeigt meist eine chromosomale
Instabilität an, die bei Tumoren häufig vorkommt und deshalb diagnostisch genützt werden kann
(vgl. Abbildung 7). Vorstudien haben gezeigt, dass Abberationen der Chromosomen 3, 7 und 17
bei Urotheltumoren besonders häufig sind [Sokolova et al., 2000]. Verluste von Chromosom 9
und 9p21 gehören zu den wenigen chromosomalen Aberrationen, die schon früh in der Tumorgenese des Harnblasenkarzinoms auftreten und eventuell kausal für die Entstehung sein können. In
Material und Methoden 47
der Routine-Diagnostik wird das UroVysion-Kit von Vysis/Abbott zur Untersuchung von den
gängigsten in Tumoren detektierten Aneuploidien und Deletion des 9p21-Lokus in Zytologischen
Präparaten (abgeschilferte Urothelzellen im Urin und Harnblasenspülflüssigkeit) der Harnblase
verwendet [Bubendorf et al., 2003]. Mittlerweile erfährt dieses Kit auch eine Adaptation auf andere Tumorentitäten (wie Darm etc.).
Die wichtigste technische Vorraussetzung für FISH ist die Verfügbarkeit eines Fluoreszenzmikroskops mit adäquaten Fluoreszenzfiltern. Eine Z-Motorik am Mikroskop erleichtert dabei die Aufnahme aller Sonden-Signale eines Zellkerns, die ansonsten beim Fokussieren und Dokumentieren
einer einzigen Zellkern-Ebene verloren gingen.
Für die Auswertung der fluoreszierenden Färbung wird die Technik der Dekonvolutionsmikroskopie angewandt. Hierfür werden ein inverses Mikroskop mit Monochromator, Emissions- und Absorptions-Filter für die benötigte Wellenlänge, Z-Motorisierung für die Zellkern-Schichtaufnahmen, Kamera und Software zur Dekonvolution genutzt. Ein Monochromator ist ein optisches Gerät zur spektralen Isolierung (Prisma oder optisches Gitter) einer bestimmten Wellenlänge aus dem Spektrum des Lichts (hier: Xenon-Lampe). Es werden
Schichtaufnahmen der Zellkerne mit den fluoreszierenden Signalen mit einer Kamera aufgenommen und mit Hilfe eines Programms für Dekonvolution bearbeitet. Dekonvolution ist eine
Signalverarbeitung mittels verschiedener algorithmischer Verfahren. Der Grad der Unschärfe,
welche aufgrund von Fluoreszenz-Reflektionen nicht fokussierter Bereiche entsteht, kann als
sog. Point Spread Function (PSF) erfasst und berechnet werden (Signal-zu-HintergrundRatio) [Wallace et al., 2001; Sibarita, 2005].
Die Präparate werden mit Licht hoher Energie bestrahlt und emittieren Licht anderer schwächerer Frequenz, d.h. ihre Fluoreszenz wird somit sichtbar. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung besitzen die Gewebe/Zellpräparate bereits eine charakteristische Autofluoreszenz. Die DNA-Sonden für die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) und der Sekundär
Antikörper der Immunhistochemie sind mit bestimmten fluoreszierenden Farb-Substanzen
markiert. Bei den hier verwendeten Fluorochromen handelt es sich um SprectrumGreen
(grün), SpectrumRed (rot), SpectrumGold(gelb) und SpectrumAqua (blau) für die FISHSonden sowie Alexa 488 (grün) für den Sekundär-Antikörper der im nachfolgenden beschriebenen Immunhistochemie. Die Fluoreszenz Emission hat eine andere Wellenlänge (Farbe) als
das absorbierte Licht (Exzitation), so dass spezifisch das Fluorochrom visualisiert werden
kann. Aufgrund des großen Spektrums unterschiedlicher Fluorochrome können verschiedene
biologische Strukturen gleichzeitig im selben Präparat detektiert werden. Die fluoreszierenden
Strukturen emittieren Licht gleichgültig ob sie gerade fokussiert werden, so dass ihre Darstellung getrübt und kontrastlos erscheint. Dieses Phänomen ist nicht zufällig, sondern basiert auf
Material und Methoden 48
die optischen Gegebenheiten des Mikroskops. Durch Kenntnis dieser PSF kann dieses Phänomen mit Hilfe einer Computer-basierten Methode, der Dekonvolution, reduziert und ein
Bild rekonstruiert werden.
Der UroVysion-FISH-Test wurde für die Detektion chromosomaler Aberrationen in Vorstadien
und frühen Tumorstadien der Harnblasenkarzinogenese anhand von Gewebeschnitten von Harnblasen-Biopsien adaptiert. Da auf demselben Präparat zusätzlich immunhistochemisch proliferierende Zellen dargestellt und weitere nachfolgende Applikationen durchgeführt werden sollten,
musste das ursprüngliche Protokoll der UroVysion an diese Gegebenheiten angepasst werden.
Die Immunhistochemie (IHC) dient der Detektion bestimmter Antigene im Gewebe. In diesem
Fall wurde der Mib-1 Antikörper von DAKO gegen das Ki67 Antigen, ein Proliferationsmarker,
angewandt. Ki67 ist nur in proliferierenden Zellen (siehe Abbildung 8) und nicht in Zellen des
G0-Stadiums detektierbar [Endl und Gerdes, 2000]. Ein Fluoreszenz-markierter Sekundärantikörper (FITC von DAKO oder Alexa488 von Invitrogen) bindet spezifisch den Erstantikörper und
kann nun visuell im Fluoreszenzmikroskop betrachtet werden. Die Veränderungen des UroVysion-Protokolls und die letztendliche Etablierung der Doppelfärbung mittels FISH und Immunhistochemie werden im nachfolgenden beschrieben (Tabelle 6).
Abbildung 8.: Lokalisation der Ki67 Immunhistochemie während
der einzelnen Zellzyklusphasen (verändert nach Endl und Gerdes, 2000)
Material und Methoden 49
Tabelle 6.: Verschiedene Ansätze der FISH/Immunhistochemie Doppelfärbung
FISH (Urovysion)/ IHC (Ki-67) an Nativmaterial (Kryoschnitte) / Alexa 488-Protokoll
Kryoschnitte: 5 µm auf Superfrost-Objektträger (OT)
"mit Carnoy's-Fixierung"
"ohne Carnoy's-Fixierung"
50 % Methanol/50% Aceton ("Biomat")
Tag 1:
Tag 1:
Tag 1:
1. Fixierung
10 min
RT
Trocknen
20 min
RT
Carnoy's
10 min
RT
Trocknen
Carnoy's Fixativ
1 Teil Essigsäure + 3 Teile Methanol
2.Fixierung
50 % Methanol/50% Aceton- Fixierung
2.Fixierung
30 min
-20 °C
Aceton
30 min
-20 °C
Aceton
30 min
-20°C
Methanol (MetOH)
30 min
-20°C
Methanol (MetOH)
1 min
RT
Formaldehyd 4%
1 min
RT
Formaldehyd 4%
FISH
20 min
-20 °C
50 % Methanol/50% Aceton
~15 min
RT
Trocknen
FISH
Waschen
Waschen
2 min
RT
Millipor Wasser
2 min
RT
Millipor Wasser
je 1 min
RT
70%/85%/100% Ethanol (EtOH)
je 1 min
RT
70%/85%/100% Ethanol (EtOH)
~15 min
RT
Trocknen
~15 min
RT
Trocknen
Sonde Denaturieren (DUNKEL)
Sonde Denaturieren (DUNKEL)
Sonde Denaturieren (DUNKEL)
5 min
5 min
5 min
73 °C WB Sonde ins Wasserbad
Gewebe Denaturieren
Gewebe Denaturieren
3 µl
2 min
Sonde auf Gewebe geben
3 µl
Deckglas auflegen und mit Fixogum
luftdicht abschließen
luftdicht abschließen
96 °C HP OT's auf Heizplatte
2 min
37 °C
ü.N.
3 µl
Sonde ins Wasserbad
Sonde auf Gewebe geben
Deckglas auflegen und mit Fixogum
luftdicht abschließen
96 °C HP
OT's auf Heizplatte
2 min
37 °C
OT's in einer feuchten Kammer im
ü.N.
Hybridisierung
OT's in einer feuchten Kammer im
73 °C WB
Gewebe Denaturieren
Sonde auf Gewebe geben
Deckglas auflegen und mit Fixogum
Hybridisierung
ü.N.
73 °C WB Sonde ins Wasserbad
96 °C HP
OT's auf Heizplatte
37 °C
OT's in einer feuchten Kammer im
Hybridisierung
Brutschrank inkubieren
Brutschrank inkubieren
Brutschrank inkubieren
FISH (Urovysion)/ IHC (Ki-67) an Nativmaterial (Kryoschnitte) / Alexa 488-Protokoll
Kryoschnitte: 5 µm auf Superfrost-Objektträger (OT)
"mit Carnoy's-Fixierung" Fortsetzung
"ohne Carnoy's-Fixierung" Fortsetzung
"ohne Carnoy's-Fixierung" Fortsetzung
Tag 2:
Tag 2:
Tag 2:
Waschen 1
Waschen 1
30 sec
RT
Deckglas in 0,4xSSC/0,3%NP40 entfernen
2 min
73°C WB OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
Waschen 1
30 sec
RT
Deckglas in 0,4xSSC/0,3%NP40 entfernen
30 sec
RT
Deckglas in 0,4xSSC/0,3%NP40 entfernen
2 min
73°C WB
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
2 min
73°C WB
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in Millipor Wasser inkubieren
1 min
RT
OT's in Millipor Wasser inkubieren
1 min
RT
OT's in Millipor Wasser inkubieren
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
RT
0,5 ml Blockierungslösung
30 min
RT
0,5 ml Blockierungslösung
30 min
RT
0,5 ml Blockierungslösung
Waschen 2
5 min
Waschen 2
Blocking:
30 min
Waschen 2
Blocking:
Blocking:
Blockierungslösung:
Blockierungslösung:
Blockierungslösung:
0,1 % Tween 20/ 10 % FCS/ PBS
0,1 % Tween 20/ 10 % FCS/ PBS
0,1 % Tween 20/ 10 % FCS/ PBS
(50µl / 5 ml /44,95 ml)
(50µl / 5 ml /44,95 ml)
(50µl / 5 ml /44,95 ml)
1. Antikörper:
1. Antikörper:
1. Antikörper:
1h
37 °C
Mib-1 (1:25 mit PBS)
1h
37 °C
Mib-1 (1:25 mit PBS)
1h
37 °C
Mib-1 (1:25 mit PBS)
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
2. Antikörper:
2. Antikörper:
2. Antikörper:
1h
RT DUNKELAlexa 488 (1:400 mit Blockierungslösung)
1h
RT DUNKELAlexa 488 (1:400 mit Blockierungslösung)
1h
RT DUNKEL Alexa 488 (1:400 mit Blockierungslösung)
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in Millipor Wasser waschen
5 min
RT
in Millipor Wasser waschen
5 min
RT
in Millipor Wasser waschen
Eindeckeln
~ 10 µl
Eindeckeln
DAPI
~ 10 µl
Eindeckeln
DAPI
~ 10 µl
DAPI
Deckglas drauflegen
Deckglas drauflegen
Deckglas drauflegen
mit Nagellack Ränder versiegeln
mit Nagellack Ränder versiegeln
mit Nagellack Ränder versiegeln
Material und Methoden 50
Das sequentielle Anwenden der FISH und IHC in einem Doppelfärbe-Protokoll erfordert die
Anpassung einiger Komponenten. Entscheidend ist zunächst die Reihenfolge, erst FISH dann
IHC oder andersherum. Des Weiteren ist die Vorbehandlung des Gewebes für die Hybridisierungs- und Immundetektions-Effizienz relevant. Für die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
müssen die bereits markierten DNA-Sonden sowie geeignete Präparate vorbereitet werden.
Die DNA von Sonde und Präparat muss jeweils einzelsträngig vorliegen, damit sich während
der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung die komplementären DNA-Stränge bzw. -Sequenzen
finden können. Eine Antigen-Demaskierung ist nicht nötig. Für eine genaue Analyse von Tumorzellen im Gewebeverband genügt in der Regel nicht die Aufnahme eines 2 dimensionalen
Bildes. Um die gesamte 3-dimensionale Information eines Zellkerns zu erhalten, müssen
lichtoptische Serienschnitte für die verwendeten Fluorochrome durch den Zellkern gelegt
werden. Die Daten werden mittels Dekonvolution berechnet und die Bilderserie für die jeweiligen Fluorochrome übereinander gelegt, damit die gesamte Fluorochrom/Signal Information
eines Zellkernes (eines Gewebes) auf einer Bildebene dargestellt werden kann.
Überlappende Zellen und Zellen mit verschwommenen FISH-Signalen werden nicht analysiert. Signale, die sehr dicht beieinander liegen, werden als gespaltene Signale gedeutet und
als ein Signal gezählt [Bubendorf et al., 2001]. Als immunhistochemisch bzw. Ki67 positive
Zellen wurden jene deren Zellkern diffus grün-fluoreszierte bzw. auch die Nukleoli sich grünfluoreszierend absetzten. Da das Gewebe der Biopsie meist nur ein kleines Areal an Urothel
aufwies, wurde versucht so viele Zellen wie möglich (max. 20-50 Zellkerne) auszuwerten.
2.2.5
AUSWERTUNG DER DOPPELFÄRBUNG
Bei der UroVysion FISH in der Routine-Diagnostik von Urin-Proben oder Spülzytologien
gelten folgende Auswerte-Kriterien: Es werden 25 Zellkerne ausgewertet und dabei gilt der
UroVysion-Test als „positiv“, wenn
aufweisen oder in
4 Zellen >2 Zentromer-Sonden-Signale pro Nukleus
12 Zellkernen eine Deletion des 9p21 Lokus nachgewiesen werden kann.
Bei der Auswertung der Doppelfärbung wurde nicht in erster Linie in FISH-positive bzw. –
negative Patientenproben differenziert, sondern die Unterscheidung wurde auf Ebene der
Ki67-Färbung durchgeführt. Ki67- positive Zellen bezüglich ihrer chromosomalen Defekte
mit negativen Zellen verglichen.
Zur
Auswertung
des
Urothelgewebes
wurde
die
Anzahl
der
UroVysion-
Hybridisierungssignale der chromosomenspezifischen Zentromer-Sonden sowie der lokusspezifischen Gensonde pro Zellkern (insgesamt bzw. getrennt in Ki67 positive und negative Ker-
Material und Methoden 51
ne) bestimmt. Es wurden so viele Zellkerne wie möglich (meist zwischen 20 und 30 Zellkerne, darunter meist ca. fünf Ki67 positive Zellkerne; limitierender Faktor war die vorhandene
Ausgangs-Zellzahl der Kryogewebs-Biopsie) als 2-dimensionale Bildstapel aufgenommen
und gemäß Lee et al. (1993) und Bollmann et al. (2005) folgendermaßen ausgewertet:
Der Chromosomen Index (CI; entspricht dem Mittelwert) ist die mittlere Kopienzahl (copy
number) jedes Chromosoms, d.h. die Gesamtzahl aller Hybridisierungssignale dividiert durch
die Gesamtzahl analysierter Zellkerne [Bollmann et al., 2005]. Der Chromosomen Index sowie die Standardabweichung wurden für die Anzahl der Signale pro DNA-Sonde pro Zellkern
ermittelt. Die Standardabweichung wurde als Maß für den Grad der chromosomalen Instabilität betrachtet (Unterschiede in der Signalanzahl pro Zellkern). Der Aneusomie Index ist die
Frequenz der Aneusomie in der Patientenprobe, d.h. der Prozentsatz der analysierten Zellkerne mit einer, zwei oder mehr als zwei Chromosomenkopie(n). Der Aneusomie Index diente
auch zur Darstellung des Grades der chromosomalen Instabilität [Bollmann et al., 2005].
Mit der UroVysion-Hybridisierungseffizienz [%] wird der prozentuale Anteil der Kerne, die
die richtige Anzahl an Signalen (hier ist der Wert von zwei Signalen pro Kern – entsprechend
dem diploiden Karyotyp – als normal/ richtig gleichgesetzt und differierende Werte hiervon
als Fehlschlag/falsch angesehen) aufweisen, bestimmt. Berechnet wird dieser Wert folgendermaßen: 100 - [Hybridisierungsfehlschläge / aussagefähige Ergebnisse + Hybridisierungsfehlschläge] * 100. Die Hybridisierungseffizienz wurde an normal erscheinendem Urothel
(Normalgewebe) einer Zystektomie (Befund: „Nested Variant“ eines Urothelkarzinoms;
pT2bG3, pN0 (8/15), Mx, R0) bestimmt.
Aufgrund der geringen Zell- und Fallzahl der Patientenproben konnte keine ausführliche statistische Auswertung durchgeführt werden. Es wurden lediglich versucht erste Tendenzen
statistisch (t-Test; p-Wert) zu erfassen und deskriptiv darzulegen.
2.2.6
MIKRODISSEKTION
Manuelle Mikrodissektion
Material und Methoden 52
Die Manuelle Mikrodissektion wurde genutzt, um für die Einzelzellsuspensionsherstellung
das Stroma vom Urothel isoliert zu gewinnen. Von den Methylenblau-gefärbten schwach
feuchten Schnitten wurde mit einer Injektionsnadel zuerst das Stroma, welches sich wie ein
Band leicht abziehen ließ, unter mikroskopischer Visualisierung (2,5 x Vergrößerung)
mikrodisseziert und anschließend die Urothelzellen in ein separates 1,5 ml EppendorfReaktionsgefäß überführt.
Laser-gestützte Mikrodissektion
Das zu mikrodissezierende Material (Gewebe/Einzelzellsuspension) wurde auf Polyethylen
Naphthalat (PEN)-Membran-Objektträger (PALM) aufgebracht. Diese Objektträger wurden
zuvor mit UV-Licht für 20 min bestrahlt, um die Adhäsivität zu steigern und DNasen zu inaktivieren; bei Verwendung von Einzelzellsuspensionen wurde die Membran zusätzlich mit Poly-L-Lysin behandelt, damit die Zellen besser auf der Membran adherieren und nicht bei den
nachfolgenden Experimenten vom Objektträger gewaschen werden. Für die Laser-gestützte
Mikrodissektion wurde das UV-Laser Microbeam System (Microbeam HT) von PALM genutzt. In die Optik eines inversen Fluoreszenz-Mikroskops ist ein UV-A Laser integriert.
Hiermit können Gewebeareale, einzelne Zellen sogar einzelne Chromosomenabschnitte präzise geschnitten und kontaktfrei in den Deckel eines Reaktionsgefäßes, welcher z.B. einen Puffer enthält, katapultiert werden. Das Verfahren der Lasermikrodissektion zeichnet sich durch
die Reinheit und Kontaminationsfreiheit der Proben aus. Der Mikroskoptisch (Robo-Stage),
der Mikromanipulator (Robot-Manipulator) und die Laser-mikromanipulations- Prozedur
werden mit Hilfe eines Computers gesteuert. Die Präparate werden mit einem Objektiv (40 x
Vergrößerung) fokussiert und das mikroskopierte Bild mittels Videokamera auf dem Computer-Bildschirm projiziert, damit letztendlich für die Dokumentation der Mikrodissektion
Schnappschüsse der Durchführung abgespeichert werden können. Die Parameter für das
Schneiden (CUT) des Areals sind so ausgewählt, dass der Laser das Gewebe und die PENMembran durchtrennt (UV-Energy = 54 und UV-Fokus = 51). Für das Katapultieren des Gewebe-Areals bzw. der Einzelzelle liegt der Laser-Fokus unterhalb der Membran und mit einem einzigen Laser-Schuss (LPC; Laser pressure catapulting; oder RoboLPC; UV-Energy =
74 und UV-Fokus = 49) wird es in ein Lyse-Puffer-gefülltes Deckelchen eines 200 µl Eppendorf-Reaktionsgefäß, das in weniger als einem Millimeter über das zu mikrodissezierende
Areal mit Hilfe des Mikromanipulators gehalten wird, geschossen. Aufgrund der geringen
Material und Methoden 53
Größe der Einzelzelle, konnte ein Gelingen der Lasermikrodissektion durch Visualisierung
der Zelle im Deckelchen nicht erfolgen.
Herstellung einer Einzelzellsuspension
Das mikrodissezierte Areal wurde in einem 1,5 ml Reaktionsgefäß mit 30 µl Aqua Bidest
(andere Lösungen/Puffer/Enzyme wirkten sich negativ auf den Versuchsablauf aus) aufgenommen und die Zellvereinzelung erfolgte und dreiminütigem vortexen.
2.2.7
AMPLIFIKATION
GENOMISCHER
EINZELZELL-DNA
DURCH
POLYMERASEKETTENREAKTION (PCR)
Viele Experimente und Analysen gestalten sich schwierig, da nicht genügend DNA der zu
untersuchenden Probe zur Verfügung steht. Insbesondere bei der Untersuchung von Einzelzellen kann der Forscher nur auf wenige Pikogramm DNA zurückgreifen (~ 6 pg humane DNA/
diploidem Genom). Für die Vervielfältigung der gesamten DNA (einer Zelle) wurden mittlerweile einige Methoden entwickelt.
Zu den PCR-basierten Methoden für die Gesamt-Genomische Amplifikation (Whole genomic
amplification, WGA) zählen u.a. die Degenerate-Oligonucleotid-Primer PCR (DOP-PCR;
Telenius et al. 1992; Cheung and Nelson 1996), die Primer-Extensions PCR (PEP-PCR;
Cheung and Nelson 1996) und die Linker-adaptor PCR (LA-PCR; Ludecke et al., 1989). Die
DOP-PCR und PEP-PCR haben den Nachteil unspezifische Artefakte zu amplifizieren
(Cheung and Nelson 1996), nicht alle Loci zu erfassen (Paunio et al. 1996; Dean et al. 2002)
und kurze Produkte (< 3 kb) zu produzieren, die für viele Anwendungen nicht mehr zu
gebrauchen sind (Telenius et al. 1992). Dies ist nicht so bei der Linker-adaptor PCR.
2.2.7.1 MseI-Adapter-PCR/ LA-PCR
Die Linker-adaptor PCR (LA-PCR; hier Mse1-Adapter-PCR genannt) wurde erstmals 1989
von Ludecke et al. beschrieben. Die Methode beruht auf den Restriktionsverdau der ZielDNA und Ligation der DNA-Fragment-Enden an einen Adaptor mit bekannter Nukleotidsequenz, so dass die Fragmente über eine PCR amplifiziert werden können. Für den Restriktionsverdau sollte ein Restriktionsenzym gewählt werden, das ein vier-Basen Motiv erkennt
und somit die Möglichkeit bietet, die erwartete mittlere DNA-Länge von 256 bp (44) basie-
Material und Methoden 54
rend auf der Prämisse, dass die vier Basen gleichmäßig im Genom verteilt sind und der Verdau komplett durchlaufen ist [Klein et al., 1999]. Klein et al. (1999) stellten bei Voruntersuchungen fest, dass nur MseI einen Einzelzell-DNA-Schmier von 100-1500 bp Länge ähnlich
jener Länge von geschnittener Hochmolekularer DNA (1 µg) produzierte. Die hier angewandte Linker-adaptor PCR wurde wie bei Langer et al. (2005) durchgeführt.
a) Zellaufschluss für MseI-Adapter-PCR
Die in 4,5 µl Mse-Lysis-Puffer isolierten (Lasermikrodissezierten) Zellen wurden bei 42°C
für 10 Stunden in einem PCR-Heizblock verdaut. Die Proteinase K wurde anschließend für 10
Minuten bei 80°C hitzeinaktiviert.
b) MseI-Verdau
Zu 4,5 µl lysierten Zellen wurde 0,2 µl 10x OFA-Buffer, 0,5 µ1 (entsprechend 10 U) MseI
Restriktionsenzym und 1,3 µl Nuklease-freies Wasser gegeben. In einem Parallelansatz wurde
1 µl (500 pg) Referenz-DNA (Human Genomic DNA, male oder female) mit 0,5 µl MseI Restriktionsenzym, 3 µl nukleasefreiem Wasser und 0,5 µl 10x OFA-Buffer versetzt. Beide Ansätze wurden für 3 Stunden bei 37°C in einem PCR Heizblock inkubiert. Das Restriktionsenzym wurde anschließend bei 65°C für 5 Minuten inaktiviert.
c) Pre-Annealing und Ligation der Primer
Ein Pre-Annealing-Ansatz setzte sich zusammen aus 0,5 µl OFA-Buffer, 0,5 µl 100 µM
LIB1-Oligonukleotidadapter, 0,5 µl 100 µM ddMse11-Oligonukleotidadapter und 1,5 µl
nukleasefreiem Wasser. Das Annealing wurde in einem PCR-Heizblock in absteigenden
Temperaturen (1 °C/ min) von 65°C (diese Temperatur diente gleichzeitig zur Inaktivierung
des Restriktionsenzyms vor der Ligation) bis 15°C in einminütigen Schritten durchgeführt.
d) Ligation
Zu den 3 µl preannealten Adaptern wurden 1 µl T4-DNA-Ligase, 1 µl 10x Ligase-Puffer
(enthält 10 mM ATP) und 5 µl des MseI-verdauten Zell-Lysats bzw. 5 µl der MseIgeschnittenen Referenz-DNA gegeben. Der Reaktionsansatz wurde bei 15°C in einem PCRBlock über Nacht ligiert.
e) Primäre PCR
Zu dem Ligations-Produkt wurden 40 µl eines PCR-Mix addiert, welcher sich aus folgenden
Bestandteilen zusammensetzte: 3 µl 10x konzentrierter PCR-Puffer Nr. 1 aus dem Expand
Long Template PCR System (enthält 2,25 mM Magnesiumchlorid und Detergenzien), 2 µl
10mM dNTP-Mix, 1 µl (3,5 U) Polymerasen-Mix aus dem Expand Long Template PCR System und 35 µl nukleasefreiem Wasser.
Material und Methoden 55
Das PCR-Programm gestaltete sich folgendermaßen (Tabelle 7):
Tabelle 7.: Primär-PCR LA-PCR
Temperatur
Füllreaktion
1. PCR-Zyklus
14x
2. PCR-Zyklus
8x
3. PCR-Zyklus
22x
Endreaktion
68°C
94°C
57°C
68°C
94°C
57°C +1°C/cycle
68°C
94°C
65°C
68°C
68°C
4°C
Zeit
3min
40sec
30sec
1min 30sec +1sec/cycle
40sec
30sec
1min 45sec +1sec/cycle
40sec
30sec
1min 53sec +1sec/cycle
3min 40sec
2.3 DNA-ISOLATION UND QUANTIFIZIERUNG
Zur Asservierung wurde zusätzlich DNA aus den Proben mit Hilfe des Qiagen Micro Kits
isoliert. Zur Konzentrationsbestimmung von DNA-Lösungen wurde die optische Dichte bei
260 nm gemessen (Biophotometer von Eppendorf) und nach folgendem Zusammenhang ausgewertet: Eine optische Dichte von 1,0 entspricht einer DNA-Konzentration von 50 g/ml.
Dies gilt für doppelsträngige DNA.
Zur gelelektrophoretischen Qualitätskontrolle wurde ein 1,0 % (w/v) Agarosegel hergestellt,
indem 1,0 g Agarose in 100 ml 1× TBE-Puffer unter Aufkochen mit einer Mikrowelle gelöst
wurden. Verdunstungsverluste wurden mit Aqua Bidest ausgeglichen und das Agarosegel
wurde unter Rühren auf ca. 60 °C abgekühlt. Das Gel wurde in den Gelschlitten gegossen, der
zuvor mit Klebeband abgedichtet und dem der Gel-Taschenformerkamm eingesetzt worden
ist. Nachdem das Gel polymerisiert ist, wurden die Klebestreifen entfernt, der Gelschlitten in
die Elektrophoresekammer überführt, in die Kammer 1× TBE-Puffer gelüberdeckend gegossen, der Taschenformerkamm herausgezogen und die zu trennenden Proben in die Taschen
pipettiert. Die Proben (1 kb Längenstandard, PCR-Produkt) wurden in einem 10 l Ansatz,
aus x l der Probe und 5 l Loadingbuffer aufgetrennt. Die Elektrophorese wurde bei ca. 80 V
für ca. 4 Stunden durchgeführt. Anschließend wurde das Gel 15 min in einem Ethidiumbromidbad gefärbt, unter UV-Licht ausgewertet und mit einer Kamera aufgenommen.
2.4 EINZELZELL COMPARATIVE GENOMISCHE HYBRIDISIERUNG (SS CGH)
Eine weitere elegante molekularzytogenetische Methode, die es erlaubt, in einem einzigen
Experiment einen Überblick über die genetischen Veränderungen von Tumorzellen auf chro-
Material und Methoden 56
mosomaler Ebene zu erlangen, ist die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization) (Kallioniemi et al. 1992, du Manoir et al. 1993). Diese Methode wurde seit ihrer Erstbeschreibung auf eine Vielzahl von malignen und benignen Neoplasien angewendet und hat dabei erfolgreich zur Aufdeckung verschiedener chromosomaler
Aberrationen geführt. Ein wesentlicher Vorteil dieser Methode besteht darin, dass als Ausgangsmaterial etwa 0,5 bis 1µg DNA für die Analyse ausreichen. Ein weiterer Vorteil ist, dass
keine Metaphasechromosomen der zu untersuchenden Tumorzellen notwendig sind. In der
CGH-Analyse werden die detektierbaren Veränderungen entweder als DNA-Gewinn oder
Verlust klassifiziert. Die biologische Bedeutung eines DNA-Gewinns kann dabei in der Aktivierung eines Onkogens, der Verlust dagegen in der Inaktivierung eines Tumorsuppressorgens
liegen. Beide Genklassen können fundamental in die Entstehung und Progression invasiver,
metastatischer Klone eingebunden sein [Houldsworth und Chaganti, 1994].
Ein Test- und ein Referenzgenom, d.h. Tumor- und Normal-DNA werden zunächst aus mindestens Tumorzellen und Normalzellen gewonnen und dann durch Einbau von chemisch modifizierten Nukleotiden unterschiedlich markiert. Dies erfolgt bei einer Direktmarkierung beispielsweise durch den grünen Fluoreszenzfarbstoff Fluorescein (FITC) und den roten Fluoreszenzfarbstoff Rhodamin. Beide DNA-Präparationen werden dann zu gleichen Teilen gemischt
und auf normale Metaphasechromosomen (auf einem einfachen Objektträger) hybridisiert, wo
sie um homologe Bindungsstellen konkurrieren. Überwiegt in den Tumorzellen eine DNASequenz, so bindet diese DNA häufiger an die entsprechende chromosomale DNA der Metaphasenpräparation. Bei der Betrachtung im Fluoreszenzmikroskop überwiegt dann der Fluoreszenzfarbstoff der Tumorprobe, d.h. im Fall von FITC die grüne Fluoreszenz. Haben die
Tumorzellen hingegen DNA verloren, bindet relativ mehr Normal-DNA, dessen Fluoreszenzsignal dann in dieser chromosomalen Region zu beobachten ist, d.h. im Falle von Rhodamin
die rote Fluoreszenz. Besteht ein Gleichgewicht zwischen Test- und Referenzgenom, so ergibt
sich bei der simultanen Betrachtung beider Fluorochrome eine gelbe Mischfarbe. Entscheidend ist, dass die Information, ob im Tumor ein DNA-Gewinn (Amplifikation) oder ein
DNA-Verlust (Deletion) vorliegt, durch Fluoreszenzsignale repräsentiert wird [Störkel et al.,
1996].
Um eine quantitative Aussage zu ermöglichen, erfolgt die Auswertung nicht visuell, sondern
über eine sog. CCD- („Charge-coupled-device“) Kamera. Sie kodiert und quantifiziert das
Fluoreszenzsignal als Graustufenbild. Weiterhin erfolgt die Aufnahme der Fluoreszenzbilder
nicht simultan, sondern seriell für jedes Fluorochrom einzeln. Dabei verhindern selektive Filter, dass es zu einer Überlagerung der Fluoreszenzsignale zwischen den einzelnen Fluores-
Material und Methoden 57
zenzfarbstoffen kommt. Um eine Identifizierung der Chromosomen zu ermöglichen, werden
die Metaphasenpräparate vor der Auswertung noch mit dem blauen Fluoreszenzfarbstoff
DAPI behandelt, wodurch jedes Chromosom in einem typischen Bänderungsmuster angefärbt
wird. Das DAPI-Bild dient daher der Identifizierung der Chromosomen, während FITC den
Tumor- und Rhodamin die Normal-DNA repräsentiert. Die Darstellung der Fluoreszenzintensitäten entlang der einzelnen Chromosomen erfolgt im Auswerteergebnis nicht anhand der
absoluten, sondern der relativen Werte zwischen grünem und rotem Signal, dem sog. RadioBild. Da bei Messung von nur einer einzigen Metaphase Rauschsignale nicht ohne weiteres zu
unterdrücken sind, wird nicht nur eine Metaphase, sondern immer mehrere Metaphasen ausgewertet und das Ergebnis gemittelt. Im Endergebnis ergibt sich das sog. CGH-SummenKaryogramm über alle 22 Chromosomen einschließlich des X- und Y-Chromosoms [Petersen
et al., 1996; Störkel et al., 1996].
Für den Einsatz der CGH-Analyse in dieser Dissertation war die erforderte DNA-Menge von
bis zu einem Mikrogramm der limitierende Faktor. Bei der CGH-Analyse von Zelllinien ist
dies kein Problem, da genügend klonale Zellen produziert werden können, um mehrere Mikrogramm DNA zu erhalten. In dieser Arbeit wurde Patienten-Biopsie-Gewebe analysiert.Wenn die DNA der gesamten heterogenen nicht-klonalen Gewebemasse isoliert werden
würde, dann stellten die Daten nur die Mittelwerte aller Zellen dar, so dass klinisch relevante
genetische Veränderungen, die vielleicht nur in einem kleinen Zell-Cluster zu finden sind,
überlagert werden würden. Aus diesem Grund wurden Einzelzellen, die als Identifizierungskriterium mit dem Antikörper Mib-1 positiv gegen das Ki67 Protein Fluoreszenz-Markierte
wurden, sowie Einzelzellen der negativen Umgebung, Laser-mikrodisseziert (siehe Kapitel
2.2.6) und erst nach Gesamt-Genomische Amplifikation mittels Linker-adaptor PCR (siehe
Kapitel 2.2.7; um die CGH-DNA-Einsatzmenge von 1 µg zu erhalten) weiter mit der CGH
analysiert. Die Durchführung der CGH erfolgte in Kooperation mit Frau Dr. Langer, Institut
für Humangenetik, München.
Ergebnisse 58
3
ERGEBNISSE
Das Harnblasenkarzinom ist ein sehr heterogenes Gewebe, da es aus verschiedenen Zellen mit
unterschiedlichen chromosomalen Aberrationen besteht. Für die Untersuchung erster genetischer Defekte auf Einzelzell-Ebene, die mit einem Wachstumsvorteil einhergehen, sollte in
dieser Dissertation zunächst eine Doppelfärbung aus Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
(FISH) und Immunhistochemie etabliert werden. Aufgrund dieser speziellen FISHImmunhistochemie Färbemethode war es möglich einen Überblick über den Ploidie-Grad und
den Harnblasen-spezifischen frühen Defekten im Gen-Lokus 9p21 in proliferierenden Zellen
mittels der UroVysion-Sonde zu erlangen. Weitere genetische Aberrationen sollten mittels
Komparativer Genomischer Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization) untersucht werden.
3.1
Etablierung der UroVysion-Ki67-Doppelfärbung
Bei der UroVysion-Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung kommen drei Zentromer-spezifische
Sonden für die Chromosomen 3, 7 und 17, sowie eine Chromosomen-spezifische Sonde für
die chromosomale Region 9p21 (Gen p16) zum Einsatz. Der Proliferationsmarker Ki67 ist ein
nukleäres Antigen in Zellen der Wachstumsphase/-fraktion, also jener Zellen, die sich vermehren (proliferieren).
Die Etablierung der UroVysion-Ki67-Doppelfärbung wurde zunächst an Sphäeroiden von
urothelialen Zelllinien (UROtsa, J82 und RT4) durchgeführt, um die idealen Bedingungen für
die Kombination beider Methoden festzustellen. Eine Austestung der Doppelfärbung anhand
von Lymphozyten-Präparaten wurde ausgelassen, da aufgrund der Sphäeroiden das Urothelgewebe besser simuliert werden konnte und somit ein erfolgreiches Doppelfärbungs-Protokoll
1:1 auf die histologischen Schnitte der Harnblasen-Biopsien übertragen werden konnte. Zur
Auswertung des Urothelgewebes wurde die Anzahl der UroVysion-Hybridisierungssignale
der chromosomenspezifischen Zentromer-Sonden sowie der lokusspezifischen Gensonde pro
Zellkern (insgesamt bzw. getrennt in Ki67 positive und negative Kerne) bestimmt. Es wurden
so viele Zellkerne wie möglich (meist zwischen 20 und 30 Zellkerne; limitierender Faktor war
die vorhandene Ausgangs-Zellzahl der Kryogewebs-Biopsie) als 2-dimensionale Bildstapel
aufgenommen und ausgewertet.
Die UroVysion-Hybridisierungseffizienz wurde an Normalgewebe (normal erscheinendes
Urothel) einer Harnblasen-Zystektomie (Befund: Nested Variant eines Urothelkarzinoms;
Ergebnisse 59
pT2bG3, pN0 (8/15), Mx, R0) bestimmt. Nachfolgende Abbildungen/Tabellen zeigen das
Ergebnis des Normalgewebes für den hybridisierten FISH-Sondensatz. Tabelle 8 gibt die
Hybridisierungseffizienz der eingesetzten UroVysion-Sonde an. Diese liegt für die erwarteten
zwei Hybridisierungssignale pro Sonde und Kern bei Werten zwischen 85 % und 91 % und ist
damit um einiges geringer als für Urin-Zytologie-Präparaten von Patienten ohne Urothelkarzinom (93%; laut UroVysion/Vysis). Dennoch zeigt das Normalgewebe für die Mehrheit der
Zellen einen überwiegend diploiden Karyotyp.
Abbildung 9.: Austestung der UroVysion-Hybridisierungseffizienz an Normalgewebe (normal erscheinendes Urothel) einer Harnblasen-Zystektomie (Befund: Nested Variant eines Urothelkarzinoms; pT2bG3,
pN0 (8/15), Mx, R0) (Vergrößerung 1000 Fach)
Tabelle 8.: Hybridisierungseffizienz der UroVysion-Sonde getestet an Normalurothel (n = 33 Zellkerne)
Signale pro Zellkern (n)
<2
2
>2
Chromosom 3 Zentromer
9%
88 %
3%
Chromosom 7 Zentromer
12 %
88 %
0
Chromosom 17 Zentromer
12 %
85 %
3%
Chromosom 9p21 Gen p16
9%
91 %
0
Sonde
Ergebnisse 60
Aneusomie Index n = 33 Zellkerne
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
Abbildung 10.: Graphische Darstellung der Hybridisierungseffizienz der UroVysion-Sonde getestet an
Normalurothel. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen
pro Zellkern an.
Tabelle 9.: Normalurothel, Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden
Mittelwert
Standardabweichung (+/- SD)
Chromosom 3 Zentromer
1,94
0,35
Chromosom 7 Zentromer
1,85
0,44
Chromosom 17 Zentromer
1,85
0,57
Chromosom 9p21 Gen p16
1,85
0,51
Anzahl der Signale pro Zellkern
Sonde
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
Urothel-Normalgewebe (Chromosomenindex und
Standardabweichung)
Abbildung 11.: Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung der
UroVysion-Sonden im getesteten Normalurothel
Der Chromosomen Index (Tabelle 9; Abbildung 11) ist für den verwendeten UroVysionSonden-Mix knapp unter 2, die Werte für die Standardabweichungen liegen zwischen 0,35
und 0,57 und sind damit erwartungsgemäß relativ gering.
Aufgrund der geringen Zell- und Fallzahl der Patientenproben konnte keine ausführliche Statistische-Auswertung durchgeführt werden. Es wurden lediglich versucht erste Tendenzen
statistisch (t-Test) zu erfassen und deskriptiv darzulegen.
Ergebnisse 61
Für die Etablierung der Methoden können folgende Ergebnisse notiert werden: Je nachdem ob
der gleiche histologische Schnitt nach der Doppelfärbung auch für die Einzelzell-Analyse
eingesetzt wurde, wurden Veränderungen am Protokoll durchgeführt, wie z.B. der Einsatz von
PEN-Membran Objektträger (PALM) und das Weglassen jeglicher Gegenfärbung der Kerne
(wie DAPI).
Aufgrund der Aufeinanderfolge vieler verschiedener Methoden am selben histologischen Gewebeschnitt, konnten viele Schaltstellen festgestellt werden, die entscheidend für ein Gelingen der Methoden waren. Für die Doppelfärbung war zunächst entscheidend die Reihenfolge
der Methoden, denn wenn die Immunhistochemie vor der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
durchgeführt wurde, war der Nachweis des Ki67 Antigens nicht mehr möglich. Es wurden
Kryogewebsschnitte verwendet, um einer Vernetzung und Denaturierung von Protein, DNA
und RNA durch die Formalin-Paraffin-Einbettung entgegenzuwirken. Im nachfolgenden wird
auf die einzelnen Abschnitte des Doppelfärbe-Protokolls mit den jeweiligen HauptVariationen näher eingegangen:
A) Herstellung histologischer Schnitte/Präparate:
Die Kryogewebsschnitte wurden kurz vor dem Experiment hergestellt, da ein längeres
Lagern angefertigter Schnitte, den Part der Immunhistochemie negativ beeinträchtigt.
Die Schnitte wurden auf Superfrost-Objektträger bzw. auf UV-Behandelte PENMembran Objektträger (für den Einsatz in der Lasermikrodissektion und nachfolgender Applikationen) aufgezogen, um ein Abschwimmen der Schnitte während der
Waschschritten entgegenzuwirken. Bei der Verwendung von Einzelzellsuspensionen
wurden die Objektträger zusätzlich mit Poly-L-Lysin beschichtet, was ein Anhaften
der Zellkerne während des gesamten Experimentes gewährleistete.
B) Fixierung/ Gewebevorbehandlung:
Eine geeignete Fixierung und Vorbehandlung, und somit die Permeabilisierung, des
Gewebes ist entscheidend für den Aufschluss der Zellen/Zellkerne, so dass die FISHSonde und der Ki67-Antikörper an ihre Ziel-Sequenz/-Epitope spezifisch binden können. Die enzymatische Gewebevorbehandlung (z.B. mit Proteinase K) erwies sich entsprechend der Herstellerangaben als ineffizient für den immunhistochemischen Versuchsabschnitt aus. Somit konnte der Zellaufschluss nur durch eine geeignete Fixierung und Verwendung von Detergenzien (wie 0,4x SSC/ 0,3 % NP-40) erfolgen.
Die
besten
Doppelfärbe-Ergebnisse
konnten
durch
eine
gekühlte
(-20°C)
50% Methanol/ 50 % Aceton-Fixierung erreicht werden. Das Verwenden einer Carnoys-Fixierung oder 4% Formaldehyd-Lösung zusätzlich zur Methanol-Aceton-
Ergebnisse 62
Fixierung beeinträchtigten entweder die Sonden-Hybridisierung oder die Immunhistochemie. Des Weiteren wurden versucht die dicht nebeneinander liegenden Zellkerne
des Urothels mittels Salzsäure-Behandlung (0,2 M HCl) zu Spreiten, was sich jedoch
negativ auf die Hybridisierungseffizient auswirkte und somit nicht weiter verfolgt
wurde.
C) Hybridisierung und Posthybridisierungswaschung
Die UroVysion-Hybridisierung und Posthybridisierungs-Waschschritte wurden im
Großen und Ganzen nach den Herstellerangaben durchgeführt. Ausnahme stellte nur
die Dentaurierungstemperatur des mit Sonde benetzten Gewebes dar. Es wurde eine
Temperatur von 96 °C für zwei Minuten gewählt, da kein Formaldehyd im Experiment
eingesetzt wurde, welches die DNA-Denaturierungs-Temperatur normalerweise auf
ca. 70 °C herabsetzt.
D) Immunhistochemie
Der FISH folgte direkt die Immunhistochemie mit dem Ki67 Proliferationsmarker
(Klon Mib-1). Nach Austesten verschiedener Verdünnungsstufen für den ErstAntikörper (Ki67) und den Sekundärantikörper (FITC bzw. letztendlich Alexa488)
wurden jene Verdünnungen gewählt, deren Signal-zu-Hintergrund-Ratio am besten
war. Zu Beachten galt dabei, dass der pH-Wert der Waschlösung PBS (Phosphate Saline Buffer) essentiell für ein Gelingen der Immunhistochemie war.
E) Gegenfärbung und Detektion
Standard Gegenfärbung der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung ist der Einsatz einer
bläulich-violett fluoreszierenden Substanz, DAPI (4'
,6-Diamidino-2-phenylindol) mit
dem Zusatz des Fluoreszenzstabilisators Antifade. Wurde derselbe histologische Gewebeschnitt nach der Doppelfärbung noch für Applikationen der Einzelzell-Analyse
verwendet, musste die DAPI-Gegenfärbung ausgelassen werden, da diese Substanz
aufgrund des Interkalierens in die DNA und ihrer Emission im UV-Bereich weitere
Experimente beeinträchtigt. Außerdem kann DAPI nicht auf den PEN-Membran Objektträgern verwendet werden, da eine Wechselwirkung mit der Membran zu einer
Hintergrundfärbung führt und somit die Detektion der Zellkerne erschwert.
3.2
Untersuchung von Patientenfällen mittels UroVysion-Ki67-Doppelfärbung
Ergebnisse 63
Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden insgesamt 40 Patientenfälle mittels UroVysion-Ki67Doppelfärbung untersucht (genaue Auflistung siehe Abbildung 12). Bei der Wahl des Patientenkollektivs wurden hauptsächlich Biopsie-Proben (Kryogewebe) favorisiert, die nicht älter
als 5-7 Jahren waren und eine urotheliale Präkanzerose (Dysplasie oder Hyperplasie) als Primär-Diagnose umfassten. Dies war vor allem für die Dysplasien unter anderem der limitierende Faktor. Bei der Methoden-Etablierung wurden teilweise höhergradige Tumore verwendet, welche nun mit den Präkanzerosen bezüglich Tumorprogression bzw. der Akquirierung
weiterer chromosomaler Defekte verglichen werden können.
Normal
(1 Fall)
Hyperplasien
(13 Fälle)
Papilläre Tumore
(pTaG1) (3 Fälle)
Dysplasien
(12 Fälle)
Carcinoma in situ
(7 Fälle)
Invasive Tumore (pT1G3)
(4 Fälle)
Abbildung 12.: Mittels UroVysion-Ki67-Doppelfärbung untersuchte Patientenfälle (insgesamt 40). Die
fortgeschrittenen Tumoren dienten zur Methoden-Etablierung und anschließend zum quantitativen
Vergleich akquirierter chromosomaler Defekte in Bezug auf die entsprechenden Präkanzerosen.
Im Nachfolgenden wird zunächst auf die Ergebnisse der Urothelkarzinome und anschließend
erst auf den Schwerpunkt dieser Doktorarbeit, die Präkanzerosen, eingegangen.
pT1G3
Die Ergebnisse der vier untersuchten pT1G3-Fälle sind Abbildung 13 und 14, sowie Tabelle
10 bis 11 dargestellt. Die pT1G3 Tumore enthielten ca. ein Dreifaches mehr an ruhenden
(Ki67 negativen) Zellen, als proliferierende (Ki67 positive).
Ergebnisse 64
Abbildung 13.: A) Urovysion-Ki67-Doppelfärbung eines papillär-invasiven Urothelkarzinoms (max. Eindringtiefe pT1G3; 11922_04_A2). Die Bezeichnung der einzelnen Sonden ist in A) beschrieben. B)
Übersichts-Darstellung der DAPI-Gegenfärbung, CEP7-Sonde und Ki67-Immunhistochemie.
Tabelle 10.: Invasive Harnblasentumore (pT1G3; 4 Fälle). Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden. Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
2,12
[1,221]
2,05
[1,174]
2,14
[1,243]
2,29
[1,280]
2,14
[1,356]
2,34
[1,261]
2,21
[1,125]
2,09
[1,065]
2,24
[1,148]
1,10
[1,006]
1,00
[1,024]
1,13
[1,006]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 11.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in invasiven Harnblasentumoren (n = 4 Fälle).
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,1035
0,0288
0,2585
0,3667
Im Vergleich zum analysierten Normalgewebe liegen die Werte für die Standardabweichung
der einzelnen Sonden teilweise um das 3-fache höher, was auf eine hohe chromosomale Instabilität in dem Tumor hindeutet (vergleiche Tabelle 9 und 10). Des Weiteren kann ein signifikanter Unterschied in der Signal-Anzahl der CEP7-Sonde zwischen Ki67 positiven (proliferierenden) und negativen (ruhenden) Zellen bestimmt werden.
Ergebnisse 65
Aneusomie Index:
4 pT1G3-Fälle/92 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
A)
LSI9p21
4,00
3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
4 pT1G3-Fälle/92Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
B)
Aneusom ie Index:
4 pT1G3-Fälle/22 Zellkerne
(Ki-67 positive)
Aneusom ie Index:
4 pT1G3-Fälle/70 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100,00
100,00
%
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
Anzahl der Signale pro
Zellkern
80,00
Monosomie Index
60,00
CEP7
CEP17
LSI9p21
C)
4,00
3,00
CEP3
CEP7
2,00
CEP17
1,00
LSI9p21
0,00
U r o V ysio n- So1
nd en- Sig nalz ahl
4 p T 1G3 - F älle/ 2 2 Z ell ker ne
( Ki - 6 7 p o si t ive Ker ne)
E)
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
Anzahl der Signale pro
Zellkern
80,00
CEP7
CEP17
LSI9p21
D)
4,00
3,00
CEP3
2,00
CEP7
CEP17
1,00
LSI9p21
0,00
1 n- S igna lza hl
Uro Vys io n- S o nde
4 pT 1G3 - F ä lle / 7 0 Z ellk e rne
( Ki- 6 7 ne ga t iv e Z e llk e rne )
F)
Abbildung 14.: Invasive Harnblasentumore (pT1G3; 4 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysionHybridisierungssignale pro Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt
die Anzahl an Signalen pro Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und
der Standardabweichung der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 66
pTaG1
Der Anteil an Ki67 negativen Zellen ist in den pTaG1 (low grade)-Gewebeproben um das 6,4
fache größer als der Anteil der positiven und somit proliferierenden Zellen.
Die Zentromer-Sonde CEP3 detektiert eine starke chromosomale Instabilität des Chromosoms
3 in proliferierenden Zellen der papillären Harnblasentumoren, im Gegensatz zu den Ruhenden Zellen. (siehe Standardabweichung in Tabelle 12). Des Weiteren kann ein signifikanter
Unterschied in der Signal-Anzahl der CEP7-Sonde zwischen proliferierenden und ruhenden
Zellen bestimmt werden.
Tabelle 12.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden bei papillären Harnblasentumoren (n = 3 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne
insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
1,85
[0,715]
2,20
[1,032]
1,80
[0,647]
1,78
[0,647]
2,30
[0,675]
1,70
[0,609]
1,64
[0,610]
1,70
[0,675]
1,63
[0,604]
0,68
[0,704]
0,80
[0,789]
0,66
[0,695]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 13.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in papillären Harnblasentumoren (n = 3 Fälle).
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,1039
0,0007
1,0000
0,0957
Ergebnisse 67
Aneusomie Index
3 pTaG1-Fälle/74 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
A)
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
b
1
3 pTaG1-Fälle/74 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
B)
Aneusomie Index
3 pTaG1-Fälle/ 10 Zellkerne
(Ki-67 positive)
Aneusom ie Index
3 pTaG1-Fälle/64 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100
90
100,00
80
70
80,00
60
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
50
40
30
Monosomie Index
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
20
10
0,00
C)
0
CEP3
Anzahl der Signale pro
Zellkern
%
60,00
CEP7
CEP17
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
D)
LSI9p21
3,00
3,50
3,00
CEP3
2,50
CEP7
2,00
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
Uro V ys io n- S o nde
1 n- S ignalzahl
3 pT aG 1- F ä lle / 10 Z ellk erne
( Ki- 6 7 po s it ive Ke rne)
Anzahl der Signale pro Zellkern
%
2,50
2,00
1,00
0,50
0,00
E)
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
1,50
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
3 pTaG1-Fälle/ 64 Zellkerne
(Ki-67 negative Zellkerne)
F)
Abbildung 15.: Papilläre Harnblasentumoren (n = 3). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer
Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysionHybridisierungssignale pro Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt
die Anzahl an Signalen pro Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und
der Standardabweichung der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 68
Carcinoma in situ (CIS)
Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen proliferierenden und nicht-proliferierenden
Zellen im Carcinoma in situ (Tabelle 15; 14). Der Anteil an Ki67 positiven Zellkernen beträgt
ungefähr die Hälfte der Negativen.
Tabelle 14.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden beim urothelialen
Carcinoma in situ (n = 7 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
2,3
[1,126]
2,54
[1,260]
2,19
[1,047]
2,36
[1,088]
2,61
[1,022]
2,26
[1,103]
2,30
[1,192]
2,46
[1,187]
2,23
[1,194]
1,46
[0,918]
1,65
[0,936]
1,40
[0,910]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 15.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in urothelialen Carcinoma in situ (n = 7 Fälle).
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
1,0000
1,0000
0,6248
0,7525
Ergebnisse 69
Aneusom ie Index:
7 CIS-Fälle/145 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
A)
0,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
4,00
3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
7 CIS-Fälle/145 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
Aneusom ie Index:
7 CIS-Fälle/99 Zellkerne
(Ki-67 negative)
Aneusom ie Index:
7 CIS-Fälle/46 Zellkerne
(Ki-67 positive)
100,00
100,00
80,00
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
Anzahl der Signale pro Zellkern
80,00
Monosomie Index
CEP7
CEP17
LSI9p21
3,50
3,00
CEP3
2,00
CEP7
1,50
1,00
CEP17
0,50
LSI9p21
0,00
Uro Vysio n-Sonden-Signalzahl
1
7C IS-Fälle/ 46 Zellkerne
(Ki-67 positive Kerne)
E)
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
C)
4,00
2,50
%
CEP3
Anzahl der Signale pro Zellkern
%
B)
CEP7
CEP17
LSI9p21
4,00
3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
D)
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
7 CIS-Fälle/99 Zellkerne
(Ki-67 negative Zellkerne)
F)
Abbildung 16.: Carcinoma in situ (n = 7). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie
aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysion-Hybridisierungssignale pro
Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen pro
Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung
der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 70
Hyperplasie
In Abbildung 17 ist die UroVysion-Ki67-Doppelfärbung am Beispiel einer Hyperplasie dargestellt.
Betrachtet man die Werte der Standardabweichung des UroVysion-Sondenmixes (Tabelle 16;
Abbildung 18) kann eine geringfügig stärkere chromosomale Instabilität bei Ki67 positiven
Zellen festgestellt werden. Es besteht ein signifikanter Unterschied (Tabelle 17) zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen bei Hyperplasien bezogen auf die Hybridisierungseigenschaften der UroVysion-Zentromersonde für Chromosom 7 CEP7 (p-Wert =
0,0018).
Abbildung 17.: Urotheliale Hyperplasie (18438_03_B). In A) ist das entsprechende Areal des Kryogewebes mittels Hämalaun-Eosin-Färbung (100 fache Vergrößerung) dargestellt. Am Fluoreszenzmikroskop
wurde eine Übersicht des Areals aufgenommen: B) DAPI-Gegenfärbung und C) Fluoreszenz der CEP7Sonde und der Ki67 Immunhistofärbung (Kleiner Herd proliferierender Zellen). D) UroVysion-Ki67Doppelfärbung (1000 fache Vergrößerung). Die Bezeichnung der einzelnen Sonden ist in D) beschrieben.
Ergebnisse 71
Tabelle 16.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden bei Hyperplasien (n =
13 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
1,74
[0,671]
1,75
[0,79]
1,74
[0,627]
1,86
[0,64]
2,10
[0,679]
1,79
[0,609]
1,85
[0,682]
1,85
[0,849]
1,84
[0,616]
1,6
[0,717]
1,55
[0,859]
1,61
[0,664]
Zentromer
Chromosom 7
Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 17.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in Hyperplasien (n = 13 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,5672
0,0018
0,3806
0,5910
Ergebnisse 72
Aneusomie Index
13 Hyperplasien/ 294 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,0
80,0
%
60,0
Monosomie Index
Disomie Index
40,0
Polysomie Index
20,0
Anzahl der Signale pro
Zellkern
0,0
CEP3
CEP7
CEP17
A)
LSI9p21
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
13 Hyperplasien/ 294 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
B)
Aneusomie Index
13 Hyperplasien/ 75 Zellkerne
(Ki-67 positive)
Aneusomie Index
13 Hyperplasien/ 219 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100,0
100,0
80,0
%
80,0
Monosomie Index
60,0
Disomie Index
40,0
Polysomie Index
20,0
Monosomie Index
60,0
%
Disomie Index
40,0
Polysomie Index
20,0
0,0
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
C)
0,0
2,50
2,00
CEP3
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
U r o V ysio n- So nd
1 en- Sig nal z ahl
13 Hyp er p l asi en/ 75 Z el lker ne
( Ki - 6 7 p o sit i ve Ker ne)
E)
Anzahl der Signale pro Zellkern
3,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
D)
3,00
2,50
2,00
CEP3
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
13 Hyperplasien/ 219 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
F)
Abbildung 18.: Hyperplasien (n = 13 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie
aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysion-Hybridisierungssignale pro
Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen pro
Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung
der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 73
Dysplasien
In Abbildung 13 ist die UroVysion-Ki67-Doppelfärbung am Beispiel einer Dysplasie dargestellt.
Betrachtet man die Werte der Standardabweichung des UroVysion-Sondenmixes (Tabelle 18;
Abbildung 19) kann eine geringfügig stärkere chromosomale Instabilität bei Ki67 positiven
Zellen festgestellt werden. Stärker jedoch bei der Zentromer-Sonde für Chromosom 7 CEP7,
wobei der Wert verglichen mit dem Carcinoma in situ- und dem pT1G3-Tumoren ähnlich
hoch ist. Es besteht ein signifikanter Unterschied (Tabelle 19) zwischen Ki67 positiven und
Ki67 negativen Zellkernen bei Hyperplasien bezogen auf die Hybridisierungseigenschaften
der UroVysion-Zentromersonde für Chromosom 7 CEP7 (p-Wert= 0,0119).
Tabelle 18.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden bei Dysplasien (n = 12
Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
1,98
[0,734]
2,00
[0,883]
1,98
[0,685]
1,91
[0,919]
2,14
[1,032]
1,85
[0,883]
1,77
[0,800]
1,88
[0,678]
1,74
[0,834]
1,33
[0,900]
1,38
[0,795]
1,32
[0,936]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 19.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in Dysplasien (n = 12 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,3601
0,0119
0,1829
0,6909
Ergebnisse 74
Aneusomie Index
12 Dysplasien/177 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
60,00
40,00
20,00
0,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
CEP3
CEP7
CEP17
A)
LSI9p21
3,00
2,50
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
12 Dysplasien/ 177 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
Aneusomie Index
12 Dysplasien/ 42 Zellkerne
(Ki-67 positive)
B)
Aneusomie Index
12 Dysplasien/ 135 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100,00
100,00
80,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
%
40,00
Polysomie Index
Polysomie
Index
20,00
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17 LSI9p21
0,00
C)
CEP3
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
LSI9p21
1,00
0,50
0,00
Anzahl der Signale pro Zellkern
3,50
Anzahl der Signale pro Zellkern
Monosomie
Index
Disomie Index
60,00
CEP7
CEP17 LSI9p21
D)
3,00
2,50
2,00
CEP3
1,50
CEP7
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
1
UroVysion-Sonden-Signalzahl
12 Dysplasien/ 42 Zellkerne
Ki-67 positive Kerne)
E)
1
UroVysion-Sonden-Signalzahl
12 Dysplasien/ 135 Zellkerne
(Ki-67 negative Zellkerne)
F)
Abbildung 19.: Dysplasien (n = 12 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie
aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysion-Hybridisierungssignale pro
Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen pro
Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung
der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 75
Vergleich zwischen Hyperplasien und Dysplasien
Vergleicht man Ki67 positive Zellkerne von Hyperplasien mit jenen der Dysplasien, so lässt
sich nicht nur ein histologisch-morphologischer Unterschied (Hyperplasien weisen einen geringfügig höheren Anteil an proliferierenden Zellen (Faktor 0,29) auf als Dysplasien) feststellen, sondern auch auf chromosomaler Ebene können die Präkanzerosen voneinander unterschieden werden. Dies zeigt sich folgendermaßen: Hyperplasien sind vor allem für die
Zentromer-Sonde CEP17 und die Gensonde LSI9p21 chromosomal instabiler als Dysplasien,
welche wiederum eher eine chromosomale Instabilität für die Zentromer-Sonden CEP3 und
CEP7 zeigen (siehe Tabelle 16 und 17).
Betrachtet man die Ki67 negativen Zellkerne von Hyperplasien und Dysplasien, so sind die
Hyperplasien geringfügig stärker chromosomal stabil. Vor allem für die Zentromer-Sonde
CEP3 (p-Wert 0,001) und die Lokusspezifische Gensonde LSI9p21 (p-Wert 0,036) kann ein
signifikanter Unterschied zwischen Dysplasien und Hyperplasien festgestellt werden (siehe
Tabelle 16 und 17).
Ohne Auftrennung der Ki67-Färbung in positive und negative Zellkerne kann ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Präkanzerosen für die Zentromer-Sonde CEP3 (p-Wert
0,0012) und die Lokusspezifische Gensonde LSI9p21 (0,0498) gemessen werden (vgl. Tabellen 20 bis 22).
Die Dysplasien haben insgesamt eine höhere chromosomale Instabilität, was ein Anhaltspunkt
dafür sein kann, dass gerade das daraus entstehende Carcinoma in situ im Gegensatz zu den
papillären Tumorformen (pTa low-grade) eher ein aggressives Wachstumsverhalten in Richtung invasiven Urothelkarzinom zeigt.
Tabelle 20.: Ki67 positiven Zellkerne: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen Hyperplasien (n = 13 Fälle) und Dysplasien (n = 11 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,0964
0,8006
0,4301
0,6229
Tabelle 21.: Ki67 negativen Zellkerne: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen Hyperplasien (n = 13 Fälle) und Dysplasien (n = 11 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,0008
0,4131
0,7271
0,0364
Tabelle 22.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Hyperplasien (n = 13 Fälle) und Dysplasien (n = 11 Fälle) ohne Berücksichtigung der Ki67-Färbung
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,0012
0,4092
0,9407
0,0498
Ergebnisse 76
Abbildung 20 und Tabelle 23 fassen die Ergebnisse der UroVysion-FISH zusammen.
2
CEP3
CEP7
1,5
CEP17
1
LSI9p21
0,5
pT1G3.
Carcinoma
. in situ.
Dysplasie.
pTaG1
Hyperplasie
.
0
Normall
Mittlere Chromosomenanzahl
(Chromosomen Index)
2,5
Abbildung 20.: Mittlere Sonden-Hybridisierungsanzahl (Chromosomen Index; ohne Auftrennung in Ki67
positive und negative Zellen) in normalem Urothel, urothelialer Hyperplasie, Papillären Harnblasentumoren (pTaG1), Dysplasie und Carcinoma in situ des Urothels, sowie in invasiven Harnblasentumoren
(pT1G3)
Tabelle 23.: Patienten bzw. Proben Kennzeichen
Fall
Alter
M/W
Region
Histologie
% Zellen mit 2 Sonden Signalen (Anteil diploider Zellen)
CEP7
CEP17
LSI9p21
Progression
(in Monaten)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
76
63
47
67
87
56
66
88
35
68
42
72
51
M
M
M
W
W
W
M
M
W
M
M
M
M
BSW
BSW
BSW
BSW
B.B.
B.B.
B.B.
B.B.
B.B.
BSW
BSW
B.B.
B.H.
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
63,16
80,95
64,29
75,00
68,42
66,67
66,67
73,33
55,0
59,26
33,33
66,67
60,47
68,42
70,00
67,86
64,70
52,63
50,00
78,95
89,65
73,68
66,67
66,67
66,67
58,14
31,58
61,91
74,99
68,75
42,10
68,18
73,68
77,42
60,00
59,26
33,33
50,00
67,44
57,59
76,19
71,43
50,00
57,90
39,13
52,63
53,13
55,0
62,96
66,67
83,33
62,79
>4
Kerne/
≠2
CEP
Signale
+
+
+
+
+
+
14
15
16
17*
18*
19
20*
21*
22
73
59
55
61
66
59
80
69
80
M
M
M
M
M
M
W
M
M
BSW
B.D.
B.D.
B.B.
B.H.
BSW
B.H.
BSW
B.B.
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
33,33
62,50
65,22
52,63
61,54
70,00
61,54
50,00
57,14
66,66
66,67
70,00
81,25
50,00
88,89
38,46
66,67
57,14
50,00
50,00
57,14
52,63
35,71
60,00
53,85
50,00
57,14
83,33
45,83
47,83
26,32
21,43
0,00
30,77
66,67
42,86
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
8 (CIS)
3 (pTaG1)
4 (pTaG1)
7 (pTaG1);
19 (CIS)
23*
24*
89
47
W
M
BSW
BSW
Dysplasie
Dysplasie
60,87
69,70
65,22
54,55
52,17
45,45
52,17
48,49
+
+
+
7 (Dysplasie)
B.B. = Blasenboden
B.D. = Blasendach
B.H.= Blasenhinterwand
CEP3
FISH
(+/-)
>12
Kerne/
≠ 2 LSI
p16
Signale
+
+
+
+
BSW = Blasenseitenwand
M = Mann W = Frau
+/- = Positiv/Negativ; * = Erstdiagnose Dysplasie
12 (pTaG1)
10 (pTaG1)
12 (pTxG1)
Ergebnisse 77
3.3
Etablierung von Doppelfärbung, Lasermikrodissektion und der Sequentiellen
Applikation von Gesamt-Genomischer Amplifikation (Linker-adaptor PCR) und
Komparativer Genomischer Hybridisierung (CGH) an einzelnen Urothelzellen.
Die Komparative Genomische Hybridisierung wurde im Rahmen einer Kooperation mit Prof.
M.R. Speicher, Uni Graz, Österreich, durch Frau Dr. S. Langer im Zentrum für Humangenetik, Technische Universität München, Deutschland, durchgeführt und die Daten uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Für die Multiplex-Analyse (Sequentielle Applikation von FISH/Immunhistochemie/ Einzelzell-DNA-Isolation/Einzelzell-CGH) musste die Kompatibilität der einzelnen Methoden untereinander angepasst werden, was zunächst in vitro anhand von Zelllinien (UROtsa, J82 und
RT4) ausgetestet wurde und anschließend in vivo unter Verwendung von HarnblasenTumorbiopsien. In Abbildung 21 sind die einzelnen Schritte der Multiplex-Analyse dargestellt; und Abbildung 22 zeigt beispielhaft ihre Ausführung anhand von J82 Einzelzellen. Die
Auswertung der Einzelzell-CGH erfolgte nach Kriterien, die bereits bei Langer et al. (2005)
angewandt wurden. Entscheidendes Kriterium dabei war die erfolgreiche GesamtGenomische Amplifikation der Einzelzell-DNA (DNA hoher Qualität) und als Resultat eine
auswertbare CGH. Abbildung 23 zeigt die Hybridisierung auf einer Lymphozyten-Metaphase
mit Einzelzell-DNA und das Ratioprofil der guten Einzelzell-CGH-Hybridisierung.
Es wurde in verschiedenen Versuchsansätzen versucht qualitativ hochwertige Einzelzell-DNA
für die scCGH aus Harnblasengewebe zu isolieren und zu amplifizieren: A) aus histologischen Schnitten, die zuvor mittels Urovysion-FISH/Ki67-IHC analysiert wurden, B) aus Gewebezellvereinzelung; die Einzelzellsuspension wurde auch mittels Urovysion-FISH/Ki67IHC analysiert, C) aus nativem, ungefärbten histologischen Schnitten, wobei Parallelschnitte
mittels Urovysion-FISH/Ki67-IHC analysiert wurden. Die kritischen Punkte bei der Etablierung der Multiplex-Analyse werden im Nachfolgenden beschrieben.
Abbildung 21.: (nächste Seite) Sequentielle Einzelzellanalyse eines Ki67 negativen diploiden DysplasieZellkerns (weiblich; 89 Jahre). Schritt 1 stellt die Doppelfärbung dar, an die nach Auswertung des Zellkerns in Schritt 2 die Lasermikrodissektion ansetzt, um nach Gesamt-Genomischer Amplifikation (LAPCR) einen Überblick aller Aberrationen des Zellkerns mittels Komparativer Genomischer Hybridisierung (CGH; Schritt 3) zu erhalten. Die Gesamt-Genomische Amplifikation mittels Linker-adaptor PCR
(a-e) ist die erste Kontrollstelle der DNA-Qualität und Verlinkung zwischen FISH/IHC und CGH. Nach
der Lyse des Zellkerns wird die DNA mit dem Restriktionsenzym Mse1 geschnitten (a) und parallel dazu
das Adapter-Präanealing (b) durchgeführt; nach Ligation (c) der Adapter an die geschnittene DNA wird
die DNA amplifiziert (d) und ein Teil des Produkts für die anschließende CGH mit Fluorochromen (e)
markiert.
Ergebnisse 78
1
2
a)
d)
b)
b)
c)
e)
3
Ergebnisse 79
G)
H)
I)
J)
Abbildung 22.: Etablierung der UroVysion-FISH/Ki67-IHC für die Single-Cell-Analyse mittels CGH
anhand von J82-Einzelzellsuspensionen. A) Areal auf PEN-Membran mit Laser markierten Zellkernen
(Phasenkontrast; 400 x); B-E) Zellkernschicht-Aufnahmen der einzelnen UroVysion-Sonden und der
Ki67-Färbung (Fluoreszenzaufnahmen; Falschfarben-Gegenfärbung; 1000x); F) Auszuwertender J82Zellkern (Zellkernschicht-Aufnahmen der UroVysion/Ki67-Doppelfärbung mit Deconvolution bearbeitet;
1000x) G-I) Dokumentation der Lasermikrodissektion (vor, während und nach der Isolation); J) CGHProfil der J82-Zelle (zuvor FISH-Immunhistochemisch gefärbt)
Ergebnisse 80
A)
B)
C)
D)
Verluste:
-9p21
Hinzugewinne:
X (Xp21, Xq)
Abbildung 23.: Darstellung der Hybridisierungsqualität einer erfolgreichen Einzelzell-CGH einer
weiblichen Patientenprobe. Die grün-markierte zu untersuchende DNA (A) wird mit einer rotmarkierten Kontroll-DNA (B; normaler Karyotyp) auf Lymphozyten-Metaphasepräparaten hybridisiert (C). Als Resultat erscheinen unterrepräsentierte Regionen der Test-DNA als rote Bereiche und
überrepräsentierte erscheinen grünlich; gelblich-orange zeigen sich im Gegensatz dazu balancierte
Bereiche. Die Ergebnisse werden in einem CGH-Profil (D) zusammengefasst.
Eine mangelhafte CGH-Hybridisierung, wie in Abbildung 24 gezeigt, kann aufgrund mehrerer Faktoren auftreten: zum einen kann die
CGH an sich Fehler aufweisen (z.B. schlechtes/altes
Lymphozyten-Metaphasenpräparat,
schlechte Hybridisierungsbedingungen) oder
die zu untersuchende Einzelzell-DNA ist nur
unvollständig vervielfältigt (z.B. schlechte
DNA-Qualität durch Zellkern-Beschädigung
bei der Lasermikrodissektion oder aufgrund
der Vorbehandlung, wie Fixierung oder GeAbbildung 24.: Fehlerhafte Einzelzell-CGH aufgrund mangelhafter Hybridisierung, unvollständiger Gesamt-Genomischer Amplifikation
oder/und Teil-Mikrodissektion der Einzelzelle.
genfärbung, etc.).
Ergebnisse 81
Die Lasermikrodissektion und Amplifikation der Gesamt-Genomischen Einzelzell-DNA mittels Linker-adaptor-PCR (LA-PCR) wurde wie bei Langer et al. (2005) durchgeführt. Die
erfolgreiche Gesamt-Genomische Amplifikation der DNA wurde durch eine Kontroll-PCR
der Gene CK19 und p53 (Exon 8/9) überprüft (siehe Abbildung 25).
A 1 2 3
B 1
2
4 5
6 7 8 9 10 11 12
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Abbildung 25.: Kontroll-PCR (A) p53 Exon 8/9 PCR (Amplifikat ~ 350 bp) und B) CK19 (Amplifikat
~ 600 bp) der mittels Linker-adaptor PCR amplifizierten UROtsa-Einzelzellen. Bande 1 enthält einen
DNA-Molekulargewichtsmarker (1kb). Bande 2-7 enthalten die DNA von jeweils einer UROtsa-Zelle,
wobei die Zelle in Bande 3, 5 und 7 mit Methylenblau (0,01%) gegengefärbt wurde. Bande 8 und 10
sind die Positiv Kontrollen der Primären PCR bzw. der Kontroll-PCR und Bande 9 und 11 die jeweiligen Negativ-Kontrollen.
Für die Lasermikrodissektion der Proben wurden letztendlich PEN-Membran-Beschichtete
Objektträger (PALM) verwendet, damit die Energie des Lasers nicht die Zellkerne beschädigen kann. Die Abbildungen 26 und 27 zeigen Einzelzell-CGH-Profile eines pTaG1-Falles, der
zuvor mittels FISH-Immunhistochemie-Doppelfärbung behandelt wurde. Der Unterschied
zwischen beiden CGH-Profilen besteht in der Verwendung von PEN-Membran-Objektträger
(PALM) bei der mikrodissezierten Einzelzelle in Abbildung 26 im Gegensatz zu den verwendeten Superfrost-Objektträgern (Menzel) bei der Einzelzelle in Abbildung 27. Das Ergebnis
der CGH ist unter Anwendung der PEN-Membran-Objektträger besser (ruhigeres Profil),
vermutlich da durch den zentral auf den Zellkern fokussierten Laserstrahl während des Katapultierens bei den Superfrost-Objektträgern die DNA in Mitleidenschaft gezogen wird. Bei
den PEN-Membran-Objektträgern kann für das Katapultieren mit dem Laser dabei ein Punkt
auf der PEN-Membran – für das Katapultieren des Zellkerns in den Puffer-Gefüllten Deckel
Ergebnisse 82
des Reaktionsgefäßes – fokussiert werden; somit wird gewährleistet, dass der komplette Zellkern unbeschädigt isoliert werden kann.
Trotzdem landet nicht jeder Kern im Deckel, was erst als Resultat der LA-PCR zu sehen ist.
Wichtig für das Schneiden und Isolieren der Einzelzellen mit Hilfe des PALM-LaserMikrodissektionssystems ist, dass das Präparat trocken ist. Dadurch kann nicht nur der Laser
besser schneiden, sondern auch die Hitzeeinwirkung auf die zu isolierende Stelle ist geringer,
was sich wiederum positiv für die Einzelzell-DNA-Analyse auswirkt.
Ein weiteres Kriterium, das eine erfolgreiche Gesamt-Genomische Einzelzell-DNA Amplifikation negativ beeinflusst, ist die Wahl der Gegenfärbung der Zellen (sei es am Ende der
FISH das DAPI oder zur Erleichterung der Visualisierung von nativen Zellen/Geweben z.B.
Methylenblau). Die FISH-Präparate für die nachfolgende Einzelzell-Multiplex-Analyse wurden nicht mit DAPI gegengefärbt, da dessen Emission (~ 380 nm) im Wellenlängenbereich
des UV-Lichtes liegt, und somit die DNA degradiert werden könnte [Langer et al., 2005]. Es
konnte gezeigt werden, dass aber auch Gegenfärbungen mit Methylenblau (0,01 %) oder
Giemsa die Gesamt-Genomische Amplifikation erschwerten bzw. verhinderten (in Abbildung
25 gezeigt). Somit mussten die Zellkerne mittels Phasenkontrast visualisiert werden, was eine
immense histologische Erfahrung voraussetzt.
Bei den verschiedenen Versuchsansätzen zur Isolation und Amplifikation qualitativ hochwertiger Einzelzell-DNA für die scCGH aus Harnblasengewebe konnte ein größerer Anteil an
Zellen nur bei Versuchsansatz C) erfolgreich amplifiziert und mittels CGH analysiert werden.
Aufgrund der Vielzahl an Methoden, die an einer Zelle appliziert wurden, war die DNAQualität vieler Zellen aus Ansatz A) und B) nicht für die CGH einsetzbar. Außerdem musste
viel Gewebe für die Herstellung der Einzelzellsuspension eingesetzt werden, da der Zellverlust bei der Präparation hoch war. Aufgrund der immunhistochemischen Analyse der Zellen
konnten für die Zellvereinzelung keine proteolytischen Enzyme (Proteinase K, Pepsin,
Trypsin) angewandt werden, da diese auch die Ki67 Proteine aus dem Gewebe/ den Zellen
entfernten/denaturierten.
Die Ergebnisse der Multiplex-Analyse an Patientenproben sind unter Kapitel 3.4 zusammengefasst.
Ergebnisse 83
Abbildung 26.: Einzelzell-CGH Profil eines pTaG1-Falles (zuvor mittels FISH-Immunihistochemie doppelgefärbt). Isolation der Zelle von FISH-Immunhistogefärbten Präparaten auf Superfrost-Objektträgern
(Menzel). (Verluste: 1p, 9, 12q, Y; Hinzugewinne: 16p, 19q, 20q)
Abbildung 27.: Einzelzell-CGH Profil eines pTaG1-Falles (zuvor FISH-Immunihistochemiedoppelgefärbt). Isolation der Zelle von FISH-Immunhistogefärbten Präparaten auf PEN-MembranObjektträgern (PALM). (Verluste: Y; Hinzugewinne: 20)
Ergebnisse 84
3.4
Ergebnisse der mittels Einzelzell-CGH-Analyse untersuchten Patientenfällen
Die Einzelzell-Analyse der Patientenproben erwies sich aufgrund oben genannter Gründe als
sehr schwierig. Im Nachfolgenden werden die Ergebnisse der verschiedenen Versuchsansätze
zusammengefasst. Abbildung 28 fast alle beobachteten chromosomalen Aberrationen der
Harnblasengewebsproben, welche nach dem Versuchsansatz C) durchgeführt wurden, zusammen. Tabelle 24 ist die genaue Darstellung der chromosomalen Veränderungen pro Patientenprobe einiger Beispiel Proben.
Ergebnisse 85
Zellen mit Deletionen /Amplifikationen
1p
5
4
3
2
1
Y
Xp
9p
10
p
11
p
12
p
13
p
14
p
15
p
16
p
17
p
18
p
19
p
20
p
21
p
22
p
8p
7p
6p
5p
4p
3p
-1
2p
0
-2
-3
-4
-5
Chromosomale Aberrationen
A)
Chromosomale Aberrationen
B)
Chromosomale Aberrationen
C)
Zellen mit Deletionen /Amplifikationen
1p
5
4
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
-5
10
8
Zellen mit Deletionen/
1p
Amplifikationen
6
4
2
0
-2
-4
-6
-8
-10
Abbildung 28.: Zusammenfassung der chromosomalen Verlusten und Hinzugewinne in A) Carcinoma in
situ (1 Fall; 15 Zellen); B) Hyperplasien (3 Fälle; 12 Zellen); C) Dysplasien (6 Fälle; 26 Zellen). Anzahl
der Zellen mit Hinzugewinn oder Verlust eines Abschnitts am jeweiligen chromosomalen Arm ist als
grüner bzw. roter Balken dargestellt.
Ergebnisse 86
Tabelle 24.: Am Beispiel dieser 10 Fälle werden chromosomale Aberrationen (Verluste in rot und Hinzugewinne in grün abgebildet) in den untersuchten Ki67 positiven (+) und negativen (-) sowie in den nativen
(*) Urothelzellkernen genauer dargestellt
Probe/ Zellbezeichnung
Carcinoma in situ männlich
C1 51+
C1 52+
C1 55C1 59C1 60C2 62+
C2 63+
C2 67C2 68C2 69C3 73+
C3 75+
C3 76+
C3 79C3 801 Hyperplasie männlich
B1 20+
B1 26+
B1 30B1 31B2 43B2 41B3 44+
B3 45+
B3 462 Hyperplasie männlich
D1 883 Hyperplasie männlich
A3 16+
A3 194 Dysplasie männlich
A1+
A2+
A3+
A4+
A6+
A11+
A12+
A13+
A16+
A18+
5 Dysplasie männlich
B1+
B4+
B7+
B8+
6 Dysplasie männlich
C2+
C4+
7 Dysplasie männlich
A2*
A8*
AB*
8 Dysplasie männlich
1*
2*
3*
9 Dysplasie männlich
1*
2*
3*
4*
5*
6*
1q 3p 3q 5q 6p 6q 8p 8q 9p 9q 10q 11q 12p 12q 13q 16p 16q 17p 17q 18p 18q 20 21q 22 Xp Xq Y
Ergebnisse 87
Nachfolgende Abbildungen (29-32) sind eine Zusammenfassung aller Ergebnisse der Interphase-FISH verglichen mit der Einzelzell-CGH aufgeteilt nach Klassifikation der HarnblasenGewebeprobe.
Interphase-FISH
Einzelzell-CGH
Anzahl
% der Kerne
Anzahl
ausgewerteter
mit 9p21
ausgewerteter
Chromsom 9
weitere
Verlust
Kerne
Kerne
9p21 Verlust
Verlust
Aberrationen
6
50
2
0
0
0
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
60,00
40,00
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
Abbildung 29.: pT1G3 (1 Fall): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Interphase-FISH
Anzahl
% der Kerne
ausgewerteter
mit 9p21
Kerne
Verlust
6
16,66
Einzelzell-CGH
Anzahl
ausgewerteter
Kerne
9p21 Verlust
Chromsom 9
Verlust
15
6,67
0
weitere
Aberrationen
Hinzugewinne:
1q, 3. 6, 8, 11,
12, 13, 16, 18,
X, Y
Verlust: 9p, 10
q
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
60,00
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
CEP17
Abbildung 30.: CIS (1 Fall): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Ergebnisse 88
Interphase-FISH
Anzahl
% der Kerne
ausgewerteter
mit 9p21
Kerne
Verlust
294 (13 Fälle)
Anzahl
ausgewerteter
Kerne
37,8
12 (3 Fälle)
Einzelzell-CGH
9p21 Verlust Chromsom 9
(%)
Verlust (%) weitere Aberrationen
0
Hinzugewinne: 3p, 6,
9p, X
0
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,0
80,0
%
60,0
Monosomie Index
40,0
Disomie Index
Polysomie Index
20,0
0,0
CEP3
CEP7
CEP17 LSI9p21
Abbildung 31.: Hyperplasien (13 Fälle): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Interphase-FISH
Anzahl
% der Kerne
ausgewerteter
mit 9p21
Kerne
Verlust
177 (11 Fälle)
Anzahl
ausgewerteter
Kerne
55,06
26 (6 Fälle)
Einzelzell-CGH
9p21 Verlust Chromsom 9
(%)
Verlust (%) weitere Aberrationen
47,06
17,65
Hinzugewinne: 4p, 6p,
8q, 9p, 10q 12p, 17q,
18p, 21q, 20q, 22, X, Y
Verluste: 1q, 5q, 9p,
12q, 13q
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
60,00
40,00
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
Abbildung 32.: Dysplasien (11 Fälle): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Ergebnisse 89
3.5
Durchsicht der Ergebnisse nach potentiellen Kandidatengenen
Als Kandidatengene stehen möglicherweise in Assoziationen mit dem Auftreten von Tumoren. Im Nachfolgenden (Tabelle 25 bis 28) sind exemplarisch einige Kandidatengene aufgeführt, die auf den mittels FISH- oder CGH-Analysierten chromosomalen Bereichen liegen:
Tabelle 25.: Dysplasie: Kandidatengene: Ergebnisse der Einzelzell-CGH-Analyse: Hinzugewinne
CHROMOSOM
X
LOKUS
Xq13
KANDIDATENGEN
FOXO4/AFX
Xp11.23
Xq22.3-q23
Xp11
Xq26
Xq28
GATA1
ACSL 4
CCNB3 (cyclin B3)
CD40 Ligand
G6PD (glucose-6phosphate dehydrogenase)
HMGB3 (high-mobility
group box 3)
Xq28
Y
4p
6p
8q
9p
10q
12p
17q
18p
20q
21q
22
Xq22
4p16.3
NOX1 (NADPH oxidase)
?
FGFR3
6p21.2
6p22.3
CDKN1A
E2F3
6p21.3
HMGA1
6p21.3
6p21.3
8q24
9p21.3
TNF
MSH5
C-MYC
CDKN2A/p16/MTS1
10q23.3
10q11.2
10q24
PTEN
RET
HIF1AN
10q
12p13
12p12
12p13
17q12
17q21.31
17q11.2
17q22-qter
Ki-67/MIB-1
CDKN1B/ P27KIP1
KRAS
GAPDH
AATF
BRCA1
NF1
CDK3
?
STK15/Aurora-A/BTAK
HMGN1
MMP11
PDGFB
20q13.2-q13.3
21q22.3-q22.2
22q11.2
22q12.3-q13.1
FUNKTION
Transkriptionsfaktor; Zielgen des AKT; Hat
die Fähigkeit einen RB-unabhängigen
p27kip1-vermittelten G1-Arrest (Wechselwirkung mit Cyclin D)
Transkriptionsfaktor
Energie-Haushalt (Fettsäurestoffwechsel)
An Mitose-Phase beteiligt.
Vermittelt B-Zell Proliferation
Energie-Haushalt
DNA-Bindung
Energie-Haushalt
Defekte häufig bei Harnblasenkrebs detektierbar (Onkogen); Defekte aber z.B. auch
in Thanatophoric Dysplasia
Zellzyklusregulation (G1/S-Kontrollpunkt)
Transkriptionsfaktor; Zellzyklusregulation
(S-Phase)
Architektonischer Transkriptionsfaktor; An
chromosomalen Rearrangierungen in benignen (meist mesenchymalen) Tumoren
beteiligt
Onkogen; Zellproliferation stimulierend
DNA-Reparatur
Onkogen; Zellproliferation stimulierend
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
Tumorsuppressor
Proto-Onkogen
Inhibitor von HIF1; involviert bei Angiogenese
Zellproliferation
G1/S-Kontrollpunkt; Zellzyklus-Regulator
RAS-Signalweg; Krebsentstehung
Energie-Haushalt
Beeinflusst Zellwachstum
Tumorsuppressor; DNA-Reparatur
Inhibiert Ras
Zellzyklusregulation
Zellzyklus; potentieller Tumorsuppressor
Architektonischer Transkriptionsfaktor
Prognosefaktor: Invasivität/Aggressivität
Wachstumsfaktor
Ergebnisse 90
Tabelle 26.: Dysplasie: Kandidatengene: Ergebnisse der Einzelzell-CGH-Analyse: Deletionen
CHROMOSOM
1q
LOKUS
1q25
GEN
ABL2
1q44
AKT3
9p
5q21
5q11-q12
9p21.3
APC
MSH3
CDKN2A/p16/MTS1
12q
12q23
12q13
12q14
12q15
12q15
APAF1 (Apoptotic protease activating factor 1)
ATF1
CDK4
HMGA2
MDM2
13q14
13q12.3
13q14.1
RB
BRCA2
FOXO1/FKHR
5q
13q
FUNKTION
Reguliert das Zytoskellet während ZellDifferenzierung und –Proliferation.
Proliferation, Zellüberleben und Tumorgenese
Tumorsuppressorgen
DNA Reparatur
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
Bildet Kern des Apoptosoms; Apoptose
Transkriptionsfaktor-Aktivator
G1/S-Kontrollpunkt; Zellzyklus
DNA-Architektonischer Faktor
Onkogen; AKT- und p53 Pathway; Wirkt
gegen G1 Arrest und Apoptose
Zellzyklusregulation; Differenzierung
DNA-Reparatur
Transkriptionsfaktor
Tabelle 27.: Hyperplasie: Kandidatengene: Ergebnisse der Einzelzell-CGH-Analyse: Hinzugewinne
CHROMOSOM
3q
LOKUS
3q28
GEN
TP63
6
6p21.2
6p22.3
CDKN1A
E2F3
6p21.3
HMGA1
9p
6p21.3
6p21.3
9p21.3
TNF
MSH5
CDKN2A/p16/MTS1
X
Xq13
FOXO4/AFX
Xp11.23
Xq22.3-q23
Xp11
Xq26
Xq28
GATA1
ACSL 4
CCNB3 (cyclin B3)
CD40 Ligand
G6PD (glucose-6phosphate dehydrogenase)
HMGB3 (high-mobility
group box 3)
NOX1 (NADPH oxidase
1)
Xq28
Xq22
FUNKTION
Tumorsuppressorgen; involviert im
NOTCH-Pathway
Zellzyklusregulation (G1/S-Kontrollpunkt)
Transkriptionsfaktor; Zellzyklusregulation
(S-Phase)
Architektonischer Transkriptionsfaktor; An
chromosomalen Rearrangierungen in benignen (meist mesenchymalen) Tumoren
beteiligt
Onkogen; Zellproliferation stimulierend
DNA-Reparatur
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
Transkriptionsfaktor; Zielgen des AKT; Hat
die Fähigkeit einen RB-unabhängigen
p27kip1-vermittelten G1-Arrest (Wechselwirkung mit Cyclin D)
Transkriptionsfaktor
Energie-Haushalt (Fettsäurestoffwechsel)
An Mitose-Phase beteiligt.
Vermittelt B-Zell Proliferation
Energie-Haushalt
DNA-Bindung
Energie-Haushalt
Ergebnisse 91
.Tabelle 28.: Kandidatengene, die aufgrund einer Aneusomie der Chromosomen 3, 7, 17, 9p21 – detektiert
mit der UroVysion-FISH – in Zusammenhang mit der Krebsentstehung und –progression stehen könnten
CHROMOSOM
3
7
17
9p21
LOKUS
3q28
GEN
TP63
3p21.3
3p25
3p25-26
7q36
17p13
17q12
17q21.31
17q11.2
9p21.3
MLH1
CRAF
VHL
SSH
P53
AATF
BRCA1
NF1
CDKN2A/p16/MTS1
FUNKTION
Tumorsuppressorgen; involviert im
NOTCH-Pathway
DNA-Reparatur
Tumorgenese und Zellproliferation
Tumorsuppressor
Zellproliferation und -Differenzierung
Tumorsuppressor
Beeinflusst Zellwachstum
Tumorsuppressor; DNA-Reparatur
Inhibiert Ras
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
3.6 Vergleich der Hyperplasie und Dysplasie Ergebnisse dieser Dissertation mit jenen
aus der Literatur.
In der Literatur sind zuvor keine CGH-Daten von Harnblasen Dysplasien und Hyperplasien
auf Einzelzell-Niveau beschrieben worden (vgl. Tabelle 29 und 30). Von den Präkanzerosen
der Harnblase wurden ausschließlich Hyperplasien (11 Fälle) mittels CGH von Obermann et
al. (2003) untersucht. Obermann et al. (2003) beschrieben weitere chromosomale Veränderungen (Verlust von 2q, 4, 8p, 11p; Hinzugewinn von 17; Amplifikation von 11q12q13), die
jedoch nicht bei den in dieser Doktorarbeit untersuchten Einzelzellen von urothelialen Hyperplasien beobachtet werden konnten. Schwarz et al. (2007) untersuchten unter anderem Hyperplasien und Dysplasien der Harnblase mittels UroVysion und stellten bei ungefähr 50 %
der Dysplasien und 17 % der Hyperplasien Polysomien der untersuchten Sonden fest. In dieser Dissertation konnten jedoch geringere Werte für Polysomien beschrieben werden: 1217 % der Dysplasien und 6-10 % der Hyperplasien. Des Weiteren zeigten Schwarz et al.
(2007), dass die Deletion des p16-Locus die häufigste beobachtete aneuploide Läsion darstellt. Diese Feststellung konnte auch in dieser Arbeit durch UroVysion-FISH- sowie Einzelzell-CGH- Daten in beiden urothelialen Präkanzerosen bestätigt werden.
Ergebnisse 92
Tabelle 29.: Molekulare Charakterisierung von urothelialen Hyperplasien (Literaturdaten bis 2007)
Artikel
Material/ Methode
Ergebnis
Hartmann et al. (1999)
Mikrodissezierte 31 Hyperplasie-
70 % der Hyperplasien zeigten Deletionen
Biopsien von Patienten mit Papillären
am Chromosom 9, die bei der Hälfte der
Tumoren. FISH: 9q22 (FACC),
Fälle auch im Tumor detektiert werden
p21(p16/CDKI2), und 17p13(p53)
konnten.
15 Hyperplasien.
Chromosomen Abschnitt 9q häufiger ver-
LOH (Chromosom 9
ändert als 9p
Hyperplasien (11 Fälle) mittels CGH,
Hauptsächlich Chromosom 9 deletiert.
LOH, FISH
Weitere: Verlust von 2q, 4, 8p, 11p; Hin-
Chow et al. (2000)
Obermann et al. (2003)
zugewinn von 17; Amplifikation von
11q12q13
Van Oers et al. (2006)
Kryogewebe von 30 Hyperplasien.
Chromosom 9 Deletionen sind Häufiger als
DNA-Isolation zur FGFR3-Analyse
Veränderungen an Chromosom 8 oder
und LOH der Chromosomen 8 und 9
FGFR3 Mutationen.
Tabelle 30.: Molekulare Charakterisierung von urothelialen Dysplasien (Literaturdaten bis 2007)
Artikel
Material/ Methode
Ergebnis
Cheng et al. (2000,
1999)
Histologische Begutachtung von 60
reaktiven Atypien, und 26 Dysplasien
inklusive Follow-up
36 Dysplasien,
IHC (CK20)
Nur die Dysplasie-Patienten (ohne reaktive Atypien) zeigten maligne Progression.
Harnden et al. (1996)
Hofstädter et al. (1986)
DNA Cytophotometry
Zuk et al. (1988)
Fallstudie
Krause et al (2004)
Paraffingewebe (Dysplasie Grad 1-3)
FISH (CEP 1 und 9)
Hartmann et al. (2002)
Mikrodisseziertes Kryogewebe (33
CIS, 16 Dysplasie Grad 2).
FISH (9p22, 9p21, 17p13; CEP9, CEP
17), LOH (9p, 9q, 17p), p53 (Exon 5-9)
Sequenzierung.
Wagner et al. (1995)
Normal Urothel, Dysplasie, CIS (Paraffin).
IHC, FISH (p53, erbB-2, EGFR-r Expression), Ki67 Index
Sun et al. (2002)
Dysplasien, CIS (Paraffin).
IHC p53 und Ki67
Dysplasien (jedoch nicht normal und
entzündlich verändertes Urothel) zeigten
positive CK20 Expression.
Normal Urothel: diploide Zellkerne,
Dysplasie: tetraploide DNA Level und
CIS: viele aneuploide Zellkerne.
2/15 Patienten (13 %) mit Primärer Diagnose Dysplasie entwickelten ein CIS.
Dysplasien: Chromosom 1 (5-18%) aneuploid und Monosomie Chromosom 9
(19-29 %). CIS Aneuploidie für beide
Chromosomen (27 %)
Deletionsraten für Dysplasie: Chromosom
9 (75%) und Chromosom 17 (53 %)
Deletionsraten für CIS: Chromosom 9
(86%) und Chromosom 17 (84 %)
Mutationsrate für p53: Dysplasie: 67%,
CIS: 72%
IHC-Ergebnis: EGF-r und Oberflächige
erbB-2 Expression gleichstark in normal
Urothel und Dysplasien. Diffuse Expression von erbB-2 und p53 in Dysplasie.
FISH-Ergebnis: erbB-2 Amplifikation
und p53 Deletion in CIS.
Oncogen-Expression allein unzureichend für Diagnostik
p53 und Ki67 Expression nimmt mit
zunehmenden Malignitätsgrad zu.
high-grade Dysplasie/ CIS ist Präkanzerose für invasiven Tumor
Diskussion 93
4
DISKUSSION
Im Verlauf der Tumorgenese und Progression treten vermehrt chromosomale Modifikationen
des Urothelzell-Genoms auf, akkumulieren und es manifestieren sich nur jene, die nicht für
die Zelle letal sind [Harris, 1991; Weinberg, 1989; Loeb; 1991]. Somit ist die Penetranz eines
bestimmten Genotyps bei unterschiedlichen Phänotypen bestimmbar. Darüber hinaus müssen
die genetischen Veränderungen den Zellen einen Wachstumsvorteil zu Beginn der Tumorgenese vermitteln, damit ein wuchernder Tumorklon entsteht [Vineis, 2003; Spencer et al.,
2006; Vineis et al., 2007]. Die Kanzerogenese der Harnblase wird auf zwei verschiedene
Pathways zurückgeführt, an deren Anfang die Präkanzerosen Hyperplasie einerseits und andererseits die Dysplasie stehen [Eble et al., 2004; Wu, 2005]. Das Urothelkarzinom kann bereits
in frühen Tumorstadien und Tumorvorstadien (Präkanzerosen) diagnostiziert werden. Somit
bietet sich der Harnblasenkrebs als ein gutes Modelsystem bei der Untersuchung der schrittweisen Transformation von Normalepithel zu einem invasiven Karzinom – und somit zur Analyse von involvierten Veränderungen des Phänotyps und Genotyps – an.
Im Rahmen eines DFG-geförderten Projektes, in dem diese Dissertation entstanden ist, sollten
neue molekularzytogenetische Methoden etabliert und genutzt werden, um die Aneuploidisierung in der frühen Karzinogenese des Urothelkarzinoms zu untersuchen. Die Arbeitshypothese dieses DFG-Projektes basiert auf den Ausblick der Dissertation von Christine Maierhofer
unter Anleitung von Prof. Speicher [Maierhofer, 2003]. Es sollten Strategien zur Identifizierung von Zellverbänden, die erste Veränderungen aufweisen, die zu einer malignen Entartung
führen können entwickelt werden und erste erfassbare chromosomale Veränderungen systematisch analysiert werden. Daten, die bisher über Tumorerkrankungen generiert wurden (vergleiche für Präkanzerosen des Harnblasenkarzinoms Tabellen 29 und 30), beruhen auf einer
Mischung verschiedener Zellen aus meist heterogenem Gewebe, wodurch seltene oder erste
genetische, für die Tumorgenese entscheidende Veränderungen überdeckt werden. Um die
Krebsentstehung zu verstehen, müssen Daten aus individuellen Zellen in ihrem natürlichen
Gewebekontext erhoben werden [Liotta und Petricoin, 2000]. Deshalb wurden histologische
Gewebeschnitte von Präkanzerosen (Dysplasien und Hyperplasien), und zum Vergleich weitere von frühen Tumorvorstufen bis zum Urothelkarzinom als Untersuchungsmaterial ausgewählt. Da das Ausgangsmaterial eine limitierende Anzahl an Zellen enthält, musste versucht
werden mehrere Methoden anhand desselben Materials durchzuführen. Aus diesem Grund
wurden Methoden für die Einzelzell-Analyse etabliert (Doppelfärbung mittels Fluoreszenz-insitu-Hybridisierung/ Immunhistochemie und sequentielle Applikation der Einzelzell-
Diskussion 94
Komparativen Genomischen Hybridisierung), um erste genetische, nicht letale Veränderungen der Kanzerogenese des Harnblasenkarzinoms zu erfassen. Chromosomale Aberrationen in
Präkanzerosen des Urothels wurden bisher nur spärlich beschrieben, und ihre Einstufung in
Tumorwachstums-förderliche bzw. letale Veränderungen erfolgte erstmalig in dieser Dissertation.
Die Methoden-Etablierung war sehr zeitintensiv und ein Schwerpunkt der Arbeit. Diese wird
als erstes diskutiert und im Anschluss daran die damit erzielten Ergebnisse.
Etablierung der Urovysion-Ki67-Doppelfärbung
Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) erlaubt einen detaillierten Blick auf chromosomale Aberrationen und somit auf die Kopiezahl der Chromosomen oder bestimmter Gene
der Krebszellen in einem ansonsten stark heterogenen Gewebe. Die Methode hat in ihrer mehr
als 20-Jährigen Entstehungsgeschichte einen großen Wandel durchgemacht. Der ersten ZweiFarben Detektion folgt die Verwendung von Multicolor- und Chromosomen-Painting- Sonden
[M-FISH (multicolor-Fluorescence-in-situ-hybridization), Speicher et al., 1996; SKY-FISH
(Spectral Karyotyping), Schröck et al., 1996], die den simultanen Nachweis vieler bis zu aller
Chromosomen eines Zellkerns erlauben. Neben der DNA-Detektion gibt es auch Applikationen für den RNA-Nachweis; und durch Kombination mit weiteren Methoden – zur Vervielfachung der Daten-Ausbeute eines Präparates –, wie z.B. bei der sequentiellen Durchführung
der Immunhistochemie auf demselben FISH-Präparat kann auch ein gleichzeitiger Nachweis
von bestimmten Proteinen durchgeführt werden [Levsky und Singer, 2003]. Aus diesem
Grund war die FISH in Kombination mit einer immunhistochemischen Färbung (Ki67) die
beste Methode zur primären Analyse erster für die weitere Tumorgenese entscheidender genetischer Aberrationen.
Das Ki67-Protein, dessen Gen auf Chromosom 10q25 kodiert ist, wird in allen aktiven Phasen
des Zellzyklus (G1, S, G2 und Mitose) exprimiert, die Expression fehlt jedoch in ruhenden
Zellen (G0). Durch den immunhistochemischen Nachweis des Proteins unter Verwendung des
monoklonalen Antikörpers Mib-1 kann die Wachstumsfraktion in einer Zellpopulation, z.B.
einem Gewebe, bestimmt werden und für prognostische Rückschlüsse über das Wachstumspotential des Tumors herangezogen werden. Dabei korreliert die Anzahl der proliferierenden
Ki67 positiven Zellen mit dem histologischen Grad des Tumors [Endl und Gerdes, 2000]. In
einer Studie von Menke et al. (2004) konnte außerdem die Ki67 Protein Konzentration in
Harnblasenkrebs-Gewebeproben mit der Ki67 spezifischen RNA Konzentration im Urin kor-
Diskussion 95
reliert werden, was den Einsatz dieses Proteins als Prognosemarker wiederum bestätigt. Obwohl die Ki67-Protein-Bestimmung in der Diagnostik eingesetzt wird, ist wenig über die Biologie und Funktion dieses Proliferationsmarkers während des Zellzyklus bekannt. Eine Missregulation der Ki67 Expression durch z.B. Translokation oder Mutation des Gens ist bisher
nicht beschrieben worden. In dieser Arbeit diente dieses Protein zur differentiellen Betrachtung chromosomaler Veränderungen in nicht-letalen, proliferierenden Zellen im Vergleich zu
ihrer Umgebung; d.h. es sollten genetische Aberrationen bestimmt werden, die eventuell sogar einen Wachstumsvorteil für die Zelle bieten können. Speel et al. sammelten schon 1994
Erfahrung in der Kombination von Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) mit der Immunhistochemie (IHC) und simultaner BrdU-Inkorporation; wobei die Immunhistochemie
(unter anderem Ki67) vor dem FISH- und BrdU-Experimentabschnitt durchgeführt wurde.
In dieser Dissertation wurde an Interphase-Kernen histologischer Schnitte von HarnblasenBiopsien eine Doppelfärbung aus M-FISH mit der in der Routine-Diagnostik angewandten
UroVysion-Sonde und sequentiell, auf demselben histologischen Schnitt, die Immunhistochemische-Fluoreszenz-Färbung des Ki67-Proteins durchgeführt. Die Kombination einer MFISH mit einer immunhistochemischen Analyse des Proliferationsmarkers Ki67 auf ein und
demselben histologischen Schnitt wurde erstmals in vorliegender Doktorarbeit beschrieben
und durchgeführt.
Der in dieser Arbeit angewandte UroVysion-FISH-Test zeigte in Studien eine höhere Sensitivität bei der Detektion von Harnblasentumoren in zytologischen Präparaten als andere Urintests (wie BTA stat, NMP22, FDP und Telomerase assay) und wird als diagnostische/prognostische Methode angewandt [Bubendorf et al., 2001; Varella-Garcia et al., 2004;
Skacel, et al., 2003]. Die Urovysion-Sondenzusammensetzung basiert unter anderem auf Beobachtungen von Smeets et al. (1987). Smeets et al. (1987) deckten mittels Bandierungstechniken in 13 Harnblasentumeren die häufigsten genetischen Aberrationen auf, und zwar Chromosomen 1, 3, 7, 9, 10, 11, 17, Y. Die in dem UroVysion-Test verwendeten Sonden (Zentromer-Sonden für die Aneuploidie-Detektion der Chromosomen 3, 7 und 17, sowie die Lokusspezifische Sonde für 9p21, Gen p16) detektieren die chromosomalen Hauptveränderungen
des Urothelkarzinoms, welche für eine prognostische Analyse geeignet sind [Bubendorf et al.,
2001]. Aus diesem Grund wurden in dieser Dissertation die Harnblasenproben mittels dieses
UroVysion-FISH untersucht.
Eine Aneuploidie ist durch das Vorhandensein von mehr als zwei Signalen der ZentromerSonden pro Nukleus gekennzeichnet. Zugewinne, sog. Polysomien, von mehr als zwei dieser
Zentromer-Sonden können in bis zu 95 % der hochgradigen Urothelkarzinome detektiert wer-
Diskussion 96
den [Placer et al., 2002]. Niedriggradige Harnblasenkarzinome zeigen kaum oder zu einem
geringeren Anteil Polysomien. Ein negativer UroVysion-Test hingegen kann das Vorliegen
eines Urothelkarzinoms jedoch nicht ausschließen, da die UroVysion-FISH meist niedriggradige Karzinome nicht detektieren kann. Hier wurden überwiegend frühe Präkanzerosen als
Primärdiagnosen berücksichtigt, was einer seltenen Entität entspricht. Im Nachfolgenden wird
zunächst auf die experimentelle Durchführung der Doppelfärbung eingegangen.
Bei der Doppelfärbung ist zunächst für den Einsatz fluoreszierender Substanzen zu beachten,
dass auch das Gewebe eine gewisse Autofluoreszenz zeigt, die die Auswertung von Fluoreszenz-Färbungen erschweren oder sogar verhindern können. Endogene fluoreszierende Moleküle sind hauptsächlich im Harnblasengewebe Kollagen und die reduzierte Form des Nicotinamidadenindinukleotids (NADH). Die endogene Fluoreszenz des Harnblasengewebes nimmt
in Korrelation zur zunehmenden Entartung des Gewebes ab [D’Hallewin et al., 2002], ist jedoch in dem hier untersuchten Urothelgewebe so gering, so dass die Doppelfärbung problemlos (ohne weitere chemische Vorbehandlung diesbezüglich) angewandt werden konnte. Im
Gegensatz zu D’Hallewin et al. (2002) konnte kein Unterschied in der Hybridisierung von
Normal- oder Tumor-Urothel festgestellt werden; jedoch war die Hybridisierung des Bindegewebes (Stroma) schwieriger, was eventuell auf zelluläre Unterschiede (stabilere Zellmembranen der Stromazellen) des Stromas zurückgeführt werden kann.
Für die methodische Durchführung der Proliferations-Analyse an Harnblasengewebe beschrieben Kirbis et al. 2004 erstmalig den Einsatz des Mib-1 ohne weitere Vorbehandlung des
Gewebes zur Antigen-Demaskierung. Alleinige Methanol-Fixierung war ausreichend, um das
Gewebe morphologisch zu konservieren und für den Antikörper zugängig zu machen. Dementsprechend wurde in dieser Dissertation auf eine Antigen-Demaskierung mittels Inkubation
in Target Retrieval Lösung der Firma DAKO (ein modifizierter Citratpuffer (pH 6,1); Behandlung mindestens 20 Minuten bei > 90 °C) verzichtet. Das Vermeiden des Gebrauchs dieser Lösung liegt in der Schonung der DNA (Erhalt hochmolekularer DNA für nachfolgende
Experimente) in den Zellen des Gewebes.
Bei der Etablierung der Doppelfärbung waren die richtige Wahl folgender Variablen entscheidend: „Fixierung“, „Prähybridisierung“ und „Sekundärantikörper“. Eine richtige Fixierung des Gewebes ist nicht nur für die Konservierung der Gewebe-Morphologie entscheidend,
sondern auch für die Zellaufschließung, so dass FISH-Sonde und Antikörper an ihre ZielSequenzen/-Epitope
gelangen.
Die
Formalin-Fixierung
(Formalin-fixiertes
Paraffin-
eingebettetes, kurz FFPE-Gewebe) vernetzt die Proteine und Nukleinsäuren im Gewebe, was
für eine starke Konservierung der Morphologie sorgt, aber gleichzeitig auch die Nukleinsäu-
Diskussion 97
ren denaturiert [Liotta und Petricoin, 2000]. Damit simultan eine immunhistochemische Färbung des Ki67-Proteins und der Erhalt hochmolekularer DNA gewährleistet werden, wurde in
dieser Dissertation auf Kryo-Fixiertes Gewebe zurückgegriffen. Für den Erhalt der histologischen Morphologie und der gleichzeitigen Durchführbarkeit nachfolgender Experimente wurden drei Fixierungs-Variationen (Ansatz A) „Mit Carnoy’s Fixierung“, B) „Ohne Carnoy’s
Fixierung“ und C) 50% Methanol/50%Aceton ausgetestet. Dabei hat sich Ansatz C) als am
besten geeignet für die Doppelfärbung herauskristallisiert. Die anderen Fixier-Möglichkeiten
wirkten sich hauptsächlich auf die Ki67-Immunhistochemie negativ aus und die FISH-Signale
waren zum Teil einerseits durch einen „Grauschleier“ oder aufgrund von unspezifischer Bindung nicht auswertbar. Hauptursache hierfür ist vermutlich die Verwendung von Formalin
(wässrige Lösung von Formaldehyd) in den Fixierungsansätzen A) und B) sein.
Die Prähybridisierung, der erste Experimentabschnitt der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung,
umfasst nicht nur die bereits erwähnte Fixierung, sondern auch eine enzymatische oder weitere chemische Vorbehandlung des Gewebes, z.B. mit Proteinase K, Pepsin oder Salzsäure
(HCl). Eine enzymatische Vorbehandlung machte – entsprechend den Herstellerangaben –
eine Ki67 immunhistochemische Detektion unmöglich. Die HCl-Behandlung lockerte zwar
das Urothelgewebe auf, die spezifische UroVysion-Sondenbindung wurde jedoch erschwert.
Für den immunhistochemischen Abschnitt wurde gegen das Ki67-Protein als Erst-Antikörper
Mib-1 der Firma DAKO in einer geringeren Verdünnung – als von der Firma empfohlen –
eingesetzt, da keine Antigen-Demaskierung angewandt wurde. Als Negativ-Kontrolle wurde
Maus IgG1 (DAKO) im gleichen Verdünnungsverhältnis eingesetzt. Die Detektion des ErstAntikörpers erfolgte durch einen Fluoreszenz-Markierten Sekundärantikörper; wobei bessere
Resultate (stärkere und stabilere Fluoreszenz-Intensität) bei Gebrauch von Alexa488 der Firma Invitrogen im Gegensatz zum FITC-markierten Sekundärantikörper der Firma DAKO
erzielt wurden.
Bei der Auswertung der Hybridisierungssignale Ki67 positiver und negativer Zellen wurden
Schichtaufnahmen (z-Staging) des auszuwertenden Areals pro Fluoreszenz-markierter Sonde
(wobei das Ki67 Protein simultan zur grün-fluoreszierenden Chromosom 7 Sonde detektiert
wurde) durchgeführt, damit alle Signale eines Zellkerns aufgenommen werden konnten – bei
einem 6 µm dicken Schnitt war der gescannte Bereich doppelt so groß (zwischen 8-12 µm).
Nach Dekonvolution und Überlagerung aller Schichtaufnahmen pro Areal und Sonde wurden
die Signale pro Zellkern bestimmt, und zwar unter Berücksichtigung der Ki67 immunhistochemischen Färbung (positive bzw. negative Zellkerne). Details zur Auswertung sind in Kapitel 2.2.5 ausgeführt. Es wurden so viele Zellkerne wie möglich ausgewertet, was aufgrund der
Diskussion 98
geringen Zellzahl der Harnblasenbiopsien (vor allem der Präkanzerosen und des Carcinomain-situ) auf weniger als 40 Zellen limitiert war. Es wurde versucht erste Tendenzen der Resultate statistisch (t-Test), deskriptiv zu verfolgen.
Die Etablierung der Doppelfärbung erfolgte zunächst auf histologischen Schnitten der Sphäroide von Urothel-Zelllinien, anschließend wurde die Hybridisierungseffizienz an Normalurothelzellen einer Zystektomie (Befund: Nested variant eines Urothelkarzinoms; pT2bG3,
pN0 (8/15), Mx, R0; vergleiche Abbildungen 9-11 und Tabellen 8-9) bestimmt. Sie liegt für
die erwarteten zwei Signale pro Sonde und Zellkern bei Werten zwischen 85 % bis 91 %;
somit überwiegend diploide Zellen (siehe Chromosomen-Index und Standardabweichung in
Tabelle 10). Gemäß den Angaben des UroVysion-Herstellers Vysis konnte an Urin-ZytologiePräparaten von Patienten (ohne vorhergehend diagnostiziertem Urothelkarzinom) sogar eine
Hybridisierungseffizienz von 93 % erfasst werden. Dies ist aus zweierlei Gesichtspunkten
bemerkenswert: erstens, obwohl die Hybridisierung an Gewebeproben grundsätzlich schwieriger ist (aufgrund von Schnittartefakten und Zugänglichkeit der Gewebezellen für die Sonde)
als an Einzelzellen wie den Urinzellen, konnte eine vergleichbar starke Hybridisierungseffizienz und somit ein hoher Anteil (> 85 %) an den erwarteten diploiden Zellkernen detektiert
werden. Zweitens, entsprechend den Theorien der multifokalen Entstehung von Harnblasentumoren (insbesondere jener der „Feldkanzerisierung“) wurde erwartet, dass das Normalurothel des Harnblasenkrebspatienten einen geringeren Anteil diploider Zellen zeigen würde.
Andere chromosomale oder genetische Aberrationen, die nicht mit dem UroVysion-Kit detektiert werden können, können natürlich nicht ausgeschlossen werden. Lediglich festgehalten
werden kann, dass kein signifikanter Unterschied zu den von Vysis untersuchten Urothelzellen der gesunden Probanden festgestellt werden kann. Ein Auftreten von multifokalen Harnblasentumoren wurde bisher zu den zwei Urothelkarzinom-Pathways nicht in Korrelation gesetzt und könnte als Hypothese einer zukünftigen Arbeit dienen. Es wurde bewusst Normalurothel eines Harnblasenkrebs-Patienten untersucht, um einen genetischen Vergleich zu den
Präkanzerosen (Dysplasie und Hyperplasie), deren klinischen Daten zu eventuell vorhergehender Krebserkrankungen des Urogenitaltrakts zum Analysezeitpunkt nicht vorlagen, zu
haben.
Einige Urothelzellen wurden im Anschluss an die Doppelfärbung ausgewählt, um mit hochauflösenden Methoden (Einzelzell-Analyse), deren Etablierung im Nachfolgenden beschrieben sind, weitere Daten der Genotyp-Phänotyp Korrelation zu sammeln.
Etablierung der Einzelzell-Analyse mittels Komparativer Genomischer Hybridisierung
Diskussion 99
Lange schon ist die Einzelzelle (engl. single-cell) als „kleinste Einheit“ – von der jegliche
Aktivität Richtung Erkrankung ausgeht – bekannt [Virchow, 1858], dennoch sind die Methoden für die Single-Cell Analyse noch nicht ausgereift [Sweedler and Arriaga, 2007]. Vor allem Zellen, die noch in ihrem physiologischen Gewebekontext stehen, wie z.B. in histologischen Schnitten zu finden, konnten meist nicht für weitere molekularbiologische Untersuchungen (zu geringe DNA/RNA- oder Protein-Ausbeute) eingesetzt werden. Viele molekulargenetische Methoden, wie die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization), erfordern bis zu einem Mikrogramm an DNA, während die diploide Einzelzelle nur ~ 6 pg DNA beinhaltet [Hawkins et al., 2002].
Die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization),
erstmals von Kallioniemi et al. (1992) beschrieben, ist die Methode der Wahl, wenn es darum
geht einen Überblick über die genetischen Aberrationen und somit Gen-KopiezahlVeränderungen vor allem in soliden Tumoren, deren Metaphase-Präparationen für FISHAnalyse oder Karyogramm-Erstellung schwierig sind, zu erhalten. Obwohl mit der CGH viele
Gesamt-Genomische Veränderungen erkannt werden können, bestehen trotzdem einige
Nachteile, die man bei ihrer Durchführung nicht außer Acht lassen sollte: So können mittels
CGH nur abnorme relative Kopiezahlen bestimmt werden, jedoch nicht der Ploidie-Grad oder
balancierte chromosomale Umbauten (Rearrangierungen) [Kallioniemi, 1994]. Auch die Sensitivität ist gering, denn Aberrationen kleiner als 3-5 Mb oder 20-30 cM können nicht detektiert werden, sofern sie nicht hoch amplifiziert im Genom vorliegen [Kallioniemi, 1994]. Des
Weiteren können mittels CGH nur die Haupt-Aberrationen eines Gewebes detektiert werden,
und die Daten können aufgrund von kontaminierenden normalen Gewebes verfälscht werden.
Aus diesem Grund ist es ratsam einzelne Zellen zu mikrodissezieren und diese Subklone nach
Gesamt-Genomischer DNA-Amplifikation weiter zu charakterisieren, um somit mehr Rückschlüsse aus dem heterogenen Tumor ziehen zu können. In dem Fall ist die Komparative Genomische Hybridisierung Methode der ersten Wahl, wenn es um die Charakterisierung einzelner Zellen einer Tumorprobe geht. In kürzester Zeit kann aus einer geringen DNA-Menge
ein Überblick über den Karyotyp erhalten werden, und diese Information könnte für weitere
nachfolgende zytogenetische Methoden (z.B. Etablierung eines FISH-Sonden-Mix für die
Diagnostik) genutzt werden. Die CGH erleichtert das Finden und Lokalisieren von Genen, die
in Tumorwachstum und –progression involviert sein können, sowie die Detektion von chromosomalen Regionen mit prognostischem Potential. Beachtet werden muss nur, dass für den
Informationsgehalt der CGH-Daten, die Resultate immer mit einer weiteren (zytogenetischen)
Methode verifiziert werden müssen (der Grund hierfür liegt – wie bereits erwähnt- darin, dass
Diskussion 100
auch eine in der CGH diploid und somit normal erscheinende Probe aufgrund des mittels
CGH nicht bestimmbaren Ploidie-Grades und/ oder weiterer balancierter chromosomaler
Rearrangierungen nicht normal sein kann).
Für die Amplifikation der Gesamt-Genomischen DNA der Einzelzelle stehen mittlerweile
mehrere Techniken zur Verfügung (primer-extension preamplification, I-PEP-PCR [Zhang et
al., 1992]; degenerate oligonucleotide-primed PCR, DOP-PCR [Telenius et al., 1992]; AluPCR [Nelson et al., 1989]; Linker-adaptor PCR; LA-PCR [Ludecke et al., 1989]). Hartmann
et al. (2004) kombinierten bereits Lasermikrodissektion, Gesamt-Genomische Amplifikation
mittels I-PEP-PCR, LOH, FISH und Sequenzierung für die Analyse von Harnblasenkrebsproben. Erste Erkenntnisse mittels Laser-mikrodissezierten Tumor-Einzelzellen, deren GesamtGenomische DNA für weitere molekularbiologische Methoden (wie PCR und Sequenzierung)
dienen sollte, sammelten Dietmaier et al. bereits 1999. In dieser Arbeit wurde jedoch die Linker-adaptor PCR (LA-PCR) – erstmals 1989 von Ludecke et al. beschrieben – genutzt. Sie
beruht auf dem Prinzip einer Ligations-vermittelten PCR-Amplifikation. Nicht nur die DNA
von Laser-mikrodissezierten einzelnen Zellen kann hiermit sicher vervielfältigt werden, sondern die Methode wurde auch bei der Amplifikation einzelner Laser-mikrodissezierter chromosomaler Abschnitte für die Generierung von Sonden (chromosome painting probes) für die
in-situ-Hybridisierung genutzt [Thalhammer et al., 2004]. Klein et al. etablierten erstmals
1999 eine Kombination aus LA-PCR und CGH für die Einzelzell-Analyse von KnochenmarkTumorzellen, der so genannten „SCOMP“-Technik. Jahre später publizierten Pirker et al.
(2004) die Einsetzbarkeit der LA-PCR verglichen mit anderen Gesamt-Genomischen Amplifikationsmethoden (wie die DOP-PCR; degenerate oligonucleotide-primed PCR) für den Einsatz in der CGH von wenigen bis einzelnen Zellen. Dabei stellten sie fest, dass gerade die LAPCR eine höhere Sensitivität, Amplifikat-Ausbeute und Genauigkeit (kaum falsch-positive
Signale in der CGH) aufwies und deshalb besser für die Gesamt-Genomische Amplifikation
weniger bis einzelner Zellkerne geeignet ist. Weiterhin publizierten Langer et al. (2005) die
Nutzung der LA-PCR, um M-FISH-analysierte Einzelzellen für eine weitere CGH-Analyse
einsetzen zu können. Dies begründet die Wahl dieser DNA Amplifikations-Methode in vorliegender Dissertation.
Nach Etablierung der sequentiellen Applikation der Doppelfärbung, Lasermikrodissektion,
LA-PCR und Einzelzell-CGH anhand von Einzelzellen urothelialer Zelllinien (siehe Abbildung 21), wurden histologische Schnitte urothelialer Gewebeproben untersucht. In Abbildung
22 ist ein repräsentatives Beispiel der Möglichkeit der Methoden-Kombination von FISHausgewerteter Einzelzelle eines Dysplasie-Gewebeschnittes, deren DNA nach Gesamt-
Diskussion 101
Genomischer Amplifikation mittels CGH weiter analysiert wurde. Das Ergebnis der FISH
spiegelt jenes der CGH wieder. Obwohl eine Vielzahl von Analyse-Techniken
(FISH/IHC/Lasermikrodissektion/LA-PCR/CGH) an dieser Einzelzelle angewandt wurden,
konnte dennoch ein hintergrundrausch-armes CGH-Profil einer diploiden Zelle – entsprechend des vorangehenden FISH-Ergebnisses – dargestellt werden.
Bezüglich der Kompatibilität aller Methoden untereinander musste nicht nur die Doppelfärbung für diese Einzelzell-Analyse neu etabliert werden (siehe Kapitel 2.4). Um Zellkern mit
intakter, gesamter DNA mittels Laser isolieren zu können, wurden mit PEN-Membranbeschichteten Objektträger der Firma PALM verwendet. Weiterhin war insbesondere die angewandte „Fixierung“ und „Zellkern-Gegenfärbung“ in der Doppelfärbung entscheidend für
ein gelingen der Gesamt-Genomischen DNA-Amplifikation und Einzelzell-Analyse. Da sich
die Verwendung von DAPI als Gegenfärbung der Zellkerne bei der Doppelfärbung für den
Einsatz in der nachfolgenden Einzelzell-Analyse als ungeeignet erwies (ein Grund hierfür ist
unter anderem, dass die PEN-Folie das DAPI-anregende UV-Licht reflektiert und die Zellen
nicht darstellbar sind), wurde mit Gegenfärbungssubstanzen wie Giemsa oder Methylenblau
(siehe Abbildung 25) experimentiert. Diese erwiesen sich nicht als geeignet, vermutlich da sie
die (Sekundär-)Struktur der DNA verändern oder die Bindung der Adaptor-Sequenzen während der LA-PCR verhindern. Aus diesem Grund wurde auf eine Gegenfärbung der Zellen
gänzlich verzichtet und versucht die Zellkerne mittels Phasenkontrast zu visualisieren, was
optisch enorm schwierig war und große histologische Erfahrung verlangte.
Durch die Verwendung der PEN-Membran Objektträger mussten am Doppelfärbeprotokoll im
immunhistochemischen Abschnitt die Mengen der Antikörper-Lösungen und des Blockierungs-Reagenz verdoppelt werden, da sich die Flüssigkeiten aufgrund von Abstoßungsreaktionen mit der Folie über dem Gewebeschnitt zusammenzogen. Bei Auswertung der Immunhistochemie konnte diesbezüglich etwas mehr Hintergrundfärbung beobachtet werden. Da
jede Folie zusätzlich zu den angegebenen Bestandteilen noch Weichmacher enthält, die z.B.
bei Erhitzen (z.B. während der Denaturierung des Gewebeschnittes) herausdiffundieren können, kann es zu einer Milieuveränderung kommen, welche vielleicht die Ursache für die veränderten Stringenzbedingungen ist.
In dieser Arbeit konnten nur wenige Zellen sowohl mittels FISH-Immunhistochemie als auch
mittels CGH näher untersucht werden. Die meisten Zellen wurden mittels CGH untersucht
und in Korrelation zu FISH(-Immunhistochemie)-Daten aus Parallelschnitten gesetzt. Die
geringe Anzahl an Zellen an denen beide Methoden (Doppelfärbung und CGH) sequentiell
durchgeführt werden konnte, liegt an der Vielzahl an Techniken, die jede einzelne Zelle
Diskussion 102
durchläuft, und somit an der großen Schwierigkeit am Ende noch qualitativ hochwertige DNA
für die CGH beizubehalten. Durchschnittlich konnten 2/5 der eingesetzten Zellen weiter für
die CGH-Analyse verwendet werden. Trotz schwieriger Durchführung der Einzelzell-Analyse
konnten CGH-Daten von 55 Einzelzellen aus insgesamt 11 Fällen (2 pT1G3 Zellen; 15 CIS
Zellen; 12 Hyperplasie Zellen; 26 Dysplasie Zellen) akquiriert werden, deren Ergebnisse im
Nachfolgenden diskutiert werden.
Für die Auswertung der CGH wurden die Chromosomalen Regionen (1p32-pter, 13p, 14p,
15p, 21p, 22p, Telomere und heterochromatische Regionen am Chromosom 1q, 9q, 16q und
Yq), die nach Kallioniemi et al (1994) vermehrt falsch-positive Resultate aufzeigen, mit Vorsicht analysiert.
Ergebnisse
Aufgrund der Komplexität der Ergebnisse wird zunächst der Kerngedanke dieser Dissertation
„das Vorkommen chromosomaler Aberrationen in proliferierenden Urothelzellen von Präkanzerosen und ihre mögliche biologische Auswirkung“ fokussiert, und im Anschluss daran die
weiteren Ergebnisse betrachtet. Entsprechend der zwei Harnblasen-Tumorgenese-Pathways
wurde in dieser Dissertation die Erforschung erster Chromosomenaberrationen in HarnblasenPräkanzerosen in diese zwei Gruppen (Dysplasie/Hyperplasie) getrennt von einander und im
Anschluss vergleichend verfolgt. Der Schwerpunkt wurde dabei auf die Dysplasie gelegt.
Bisher sind keine Daten über die Inzidenz und das Auftreten von de novo oder primären
Dysplasien in der Weltbevölkerung bekannt. Ihre Diagnose ist nicht nur sehr selten, sondern
auch durch den Wandel in der Nomenklatur der Dysplasie und der nicht-einheitlichen Befundung der einzelnen Pathologen unterschiedlich. Es ist fraglich, ob die heutzutage als Dysplasie befundeten Biopsien noch eine Präkanzerose des Carcinoma-in-situ im klassischen Sinne
[Cheng et al., 1999] sind, reversibel sind [Droller und Malmström, 2000], oder sogar erste
Veränderungen in Richtung papillären Pathway sein können. Aus diesem Grund müssen
Dysplasien nach der WHO-Nomenklatur von 2004 als Präkanzerosen neu genetisch eingestuft
bzw. charakterisiert werden und ihre Daten mit dem klinischen Verlauf sowie dem jeweilig
diskutierten Tumorpathway korreliert werden. Auch über eine Therapie der Urotheldysplasie
ist wenig bekannt, so dass Patienten bisher nur bezüglich einer Tumorprogression in regelmäßigen Abständen nachuntersucht/beobachtet werden [Wijström et al., 2000]. Die Erkennung
und Abgrenzung einer leichtgradigen Dysplasie von einer reaktiven Atypie oder einem Carcinoma in situ ist daher entscheidend, jedoch diagnostisch nicht sehr leicht (bisher basierend auf
Diskussion 103
Unterschiede in der CK20-Expression diagnostiziert), so dass weitere Kriterien oder (Tumor-)
Marker zur Differenzierung herangezogen werden müssen [Lopez-Beltran et al., 2002a]. Die
Expression von Cytokeratin 20 (CK20) ist begrenzt auf das Urothel, sowie auf das Epithel des
Gastro-Intestinal-Traktes. Im Urothel wird CK20 normalerweise von ausdifferenzierten Zellen (Superficial Zellen, sog. umbrella cells, und seltener Intermediär-Zellen) exprimiert, sobald die Expression von der Norm des benignen Gewebes abweicht (stärker und vermehrt
auftritt), kann auf eine tumorigene Progression geschlossen werden. Dysplasien zeigen bereits
eine erhöhte CK20 Expression, was auf eine maligne Entartung des Gewebes hinweisen kann.
Weitere Unterscheidungs- und Progressionsmerkmale stellten Krause et al. (2004) mittels
einer FISH-Analyse von Dysplasien und Carcinoma-in-situ (n = 63) der Chromosomen 1 und
9 fest.
In den Studien von Hartmann et al. (1999), Hofstädter et al. (1986), Schwarz et al. (2007) und
Stoehr et al. (2005) wurden erstmals frühe genetische Defekte in den Zellen urothelialer Präkanzerosen und sogar in Zellen des Normalurothels beschrieben; dabei standen diese Veränderungen des Genoms meist in Korrelation zu einem vorhergehenden oder weiteren Auftreten
eines Urothelkarzinoms. In dieser Dissertation wurde versucht – sofern möglich – BiopsieProben mit Primärdiagnose einer Präkanzerose zu untersuchen (siehe Tabelle 23), um erste
chromosomale Veränderungen detektieren zu können. Die Bestimmung der chromosomalen
Aberrationen und des Grades der chromosomalen Instabilität (dargestellt durch den Grad der
Standardabweichung; siehe Tabelle 10-19) sollte die bereits in der Literatur publizierten Ergebnisse der zwei Harnblasenkarzinom-Pathways wiederspiegeln. Die differentielle Betrachtung chromosomaler Veränderungen in proliferierenden Zellen des Urothels ist erstmalig in
dieser Dissertation beschrieben worden.
Ki67 Positive Zellen
Proliferierende und somit durch das Ki67 Protein nachweisbare Zellen im Urothel sind normalerweise die Basalzellen – adulte Stammzellen –, die in Richtung Superfizialzellen und
Lumen der Harnblase ausdifferenzieren. In Korrelation zum Tumorgrad nimmt auch die Zahl
der proliferierenden Zellen zu, welche im intermediären Bereich und somit nicht nur auf den
nahe der Basalmembran gelegenen Bereich begrenzt sind. Ein Beispiel hierfür ist in Abbildung 17 C) dargestellt; oft finden sich im präkanzerösen Urothel kleine proliferierende Zellcluster. Die Anzahl an Ki67 positiven Zellen ist je nach proliferativer Aktivität des Gewebes
unterschiedlich hoch. Bei den Präkanzerosen fand man in dieser Arbeit meist ungefähr fünf
Diskussion 104
positive Zellen pro histologischen Schnitt pro Biopsie-Probe – also eine relativ geringe Anzahl.
Im Laufe der Tumorprogression akkumulieren die genetischen Veränderungen, so dass womöglich erste Defekte der Tumorgenese durch spätere Veränderungen im invasiven Tumor
überdeckt werden. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Doppelfärbung und der CGH (siehe
Tabelle 10-19 und Abbildung 29-32).
Es ist fast unmöglich allein durch die histologische, lichtmikroskopische Betrachtung der Präkanzerosen aberrante Zellen zu sehen und aufgrund derer prognostischer Aussagen treffen zu
können [Liotta und Petricoin, 2000]. Vor allem die Detektion chromosomaler Aberrationen in
den Ki67 positiven Zellen der Präkanzerosen kann neue Erkenntnisse der Krebsentstehung
liefern oder eine prognostische Entscheidungshilfe darstellen.
Inwieweit bereits Präkanzerosen für die untersuchten Zentromer-Sonden eine chromosomale
Instabilität zeigen und ob es biologisch relevante Unterschiede zu proliferierenden Zellen
gibt, wurde bei der Auswertung der UroVysion-Ki67-Doppelfärbung mitunter bedacht. Betrachtet man die Ergebnisse der Hyperplasien getrennt von jenen der Dysplasie, können folgende Resultate notiert werden (siehe Tabelle 23 und Abbildung 28):
Hyperplasie
FISH :
Verfolgt man die Ergebnisse für den über die Hyperplasie zu papillären Harnblasenkarzinomen führenden Pathway (Tabelle 12 und 16), so kann nur eine Zunahme der chromosomalen
Instabilität für Chromosom 3 in den pTaG1 Tumoren in proliferierenden Zellen und eine
leichte Tendenz zur Akquirierung von Polysomien der Chromosomen 3, 7 und 17 in Ki67
positiven Zellen festgestellt werden. Es trat nur bezüglich Chromosom 7 eine höhere Disomie-Rate in den proliferierenden Zellen auf (verglichen mit den Ki67 negativen Zellen). Auf
Chromosom 7 ist das Gen des Sonic Hedgehog Signalweges, SHH, lokalisiert, was eine Rolle
bei der Proliferation und Differenzierung (sowie Tumorprogression) innehat [Oniscu et al.,
2004; Thievessen et al., 2005; Jenkins et al., 2007]. Bezüglich des 9p21 Lokus konnte eine
vermehrte Deletion (meist heterozygot) dieser Region in pTaG1 Tumoren, aber auch in den
untersuchten Hyperplasien unter anderem in den proliferierenden Zellen gemessen werden.
Dieser Lokus beinhaltet die Gene p16 und p15, die eine entscheidende Rolle am G1/SKontrollpunkt des Zellzyklus haben, und als negative Rückkopplung dienen und den Zellzyklus bei Vorhandensein von DNA-Schäden zu arretieren. Eine Deletion dieser Region befähigt
die Zellen sich weiterzuteilen, obwohl sie eventuell weitere, ansonsten letale DNA-Defekte
Diskussion 105
besitzen. Der Verlust der Tumorsuppressorgene p15 und p16 auf 9p21 und p53 auf 17p13.1
führt zur Dysregulierung des Zellzyklus bzw. Hemmung des programmierten Zelltodes (Apoptose) und stellt offensichtlich ein frühzeitiges Ereignis bei der Entstehung von Urothelkarzinomen dar. Die Inaktivierung von p16 entsteht meist durch eine Mutation oder Promotor
Hypermethylierung. Der Verlust von p16 kann in einer Vielzahl von Tumoren beobachtet
werden. Raschke et al. (2005) stellten diesbezüglich jedoch fest, dass die homozygote Deletion des CDKN2A (p16) Lokus von Tumor zu Tumor zumindest auf Ebene der Zelllinien auf
unterschiedliche
Weise
entsteht
(von
Promotor-Hypermethylierung,
Leseraster-
Deletion/Missense-Mutation im Exon 2 bis Deletion).
Manchmal findet man in urothelialen Tumoren und Zelllinien anstelle der p16 Deletion, und
somit Expressionsverlust dieses Gens, eher eine Unterexpression des RB1 Gens [Grimm et
al., 1995]. Auch in dieser Dissertation konnte eine Deletion von 13q, der Region in der unter
anderem das Rb-Gen lokalisiert ist, in Dysplasien mittels CGH beobachtet werden.
CGH:
Die proliferierenden Zellen der Hyperplasien zeigten im Gegensatz zu ihrer Ki67 negativer
Umgebung keine chromosomalen Umbauten in der CGH-Analyse. Genetische Defekte können dadurch jedoch nicht ausgeschlossen werden, da nur selektiv und nur wenige Zellen betrachtet werden konnten und die Methode der CGH auch keinen Aufschluss über das Vorliegen von z.B. Punktmutationen, Translokationen oder sogar Epigenetischen Veränderungen
geben kann. In Hyperplasien müssen demzufolge in erster Line zellbiologische Ereignisse
vonstatten gehen, die den Zellen eine Proliferationssteigerung ohne zunächst weitere maligne
Transformation bieten. Dies wäre auch eine Erklärung für die längere Latenzzeit und dafür,
dass nicht aus jeder Hyperplasie ein papilläres Harnblasenkarzinom entsteht (vergleiche Tabelle 23).
Dysplasie
FISH:
Bisher wurde in der Literatur die Dysplasien als Vorläufer des Carcinoma-in-situ diskutiert,
wobei der Tumorverlauf von der Dysplasie über das Carcinoma-in-situ (CIS) zu invasiven
Tumoren führt, welches sich durch Zunahme an chromosomalen Aberrationen (Tabelle 10,
14, 18) in Ki67 positiven und auch negativen Zellkernen zeigt.
CGH:
Diskussion 106
In Dysplasien zeigten die proliferierenden Ki67 positiven Zellen im Gegensatz zu jenen der
Hyperplasien chromosomale Veränderungen. Knapp 60 % dieser Zellen zeigten eine homogene Deletion am Chromosom 9p und 25 % sogar einen DNA-Verlust am gesamten Chromosom 9. Diese Veränderung wurde bereits in der Literatur als ein sehr frühes Ereignis in der
Tumorgenese diskutiert [Williamson, 1995; van Oers et al., 2006]. Daneben konnten folgende
weitere heterogene chromosomale Aberrationen in den Ki67 positiven Dysplasie-Zellen detektiert werden: Amplifikation der Chromosomen 9p, 12p, 17q, 18p, 22, X (zweithäufigste
Aberration) und Y; sowie Deletion der Chromosomen 9 und 13q. Diese genetischen Veränderungen scheinen für die Zelle nicht letal zu sein und bieten möglicherweise sogar einen
Wachstumsvorteil für die Zelle. Aus diesem Grund ist es ratsam in einer zukünftigen Arbeit
bestimmte Gene dieser chromosomalen Regionen genauer (bezüglich ihres Einflusses auf die
Proliferation oder prognostischen Potentials) zu untersuchen. Mögliche Kandidatengene dieser Regionen werden im Nachfolgenden ausführlich noch beschrieben. Vorweggenommen
wird nur die Deletion am 13q:
Das kleinzellige schlecht differenzierte Harnblasenkarzinom ist durch eine Deletion auf
Chromosom 13q gekennzeichnet, was mit dem kleinzelligen Phänotyp gekoppelt zu sein
scheint. Diese Deletion findet man auch beim kleinzelligen Bronchialkarzinom, wodurch das
Retinoblastoma-Gen (Rb) auf 13q14.2 involviert sein kann und in Zusammenhang mit einer
schlechten Prognose und dem kleinzelligen Phänotyp steht [Cordon-Cardo et al., 1994; Levin
et al., 1995; Xu et al., 1993]. Auch zwei der untersuchten Dysplasie Zellen zeigten im proliferienden Status eine Deletion auf 13q, wodurch vermutlich das Rb-Gen betroffen ist.
Ki67 Negative Zellen
Die Ki67 negativen Zellen in der Umgebung von proliferierenden Zellen zeigen ein heterogenes Bild der FISH-Signalverteilung. Vermutlich werden die Chromosomen auf die Tochterzellen zufällig verteilt (vgl. Abbildung 13).
Hyperplasie
FISH:
Es konnte kaum ein Unterschied zwischen proliferierenden und ruhenden Zellen festgestellt
werden. Über die Hälfte der Zellen zeigten Diploidie in der Auswertung der UroVysionFISH. Die Hyperplasie gilt als eine gutartige Urothelveränderung, die durch eine erhöhte Mitoserate gekennzeichnet ist [Hildebrandt, 1998] und hauptsächlich in Verbindung mit einer
Tumorprogression Deletionen am Chromosom 9 aufweist [Hartmann et al., 1999]. Es können
Diskussion 107
dennoch chromosomale Aberrationen vorliegen, die nicht durch die UroVysion-FISH detektiert werden konnten und deshalb mit einer Einzelzell-CGH untersucht wurden.
CGH:
Nur die Ki67 negativen Hyperplasie-Zellen zeigten chromosomale Veränderungen (siehe Tabelle 24), in Genen, die hauptsächlich bei der Zellzyklusregulation involviert sind (vergleiche
Tabelle 27). Durch eine Amplifikation dieser Gene kann die Zelle im Zellzyklus inhibiert
worden sein. Hyperplasien entstehen aufgrund einer erhöhten Mitoserate. Einzelne maligne
entartete Zellen könnten dabei durch normale Zellen überwuchert werden, was auch die höhere Latenzzeit bis zur Tumorentstehung bzw. größeren Reversibilität der Hyperplasien erklären
würde. Diese Hypothese resultiert aus den Ergebnissen der CGH, wobei die proliferierenden
Zellen keine chromosomalen Aberrationen (in der CGH) aufwiesen. Die Wahrscheinlichkeit
des Auftretens von chromosomalen Defekten in einem stark proliferierenden Gewebe ist höher als in einem Gewebe mit geringer Mitoserate. Die ruhenden Zellen wiederum zeigten
vermehrt genetische Veränderungen, so dass vermutet werden kann das diese genetischen
Modifikationen eine Zellzyklus- Inhibition hervorrufen (siehe Tabelle 27).
Dysplasie
FISH:
In einer FISH-Analyse von Krause et al. (2004) zeigten Dysplasien in 5-18 % Aberrationen
des Chromosoms 1 und in 19-29 % Monosomie des Chromosoms 9, während CIS eine 27 %
Aneuploidie beider Centromer-Sonden aufwies. Die Dysplasie zweiten und dritten Grades
wird nach der neuen WHO-Nomenklatur (2004) mit dem CIS mittlerweile als histopathologisch identisch eingestuft; Krause et al. (2004) versuchten innerhalb der alten Einteilung dieser Neoplasien neue Erkenntnisse und Unterschiede aufzuzeigen. Diese Ergebnisse konnten in
dieser Dissertation weder mittels FISH- noch mittels CGH-Analyse bestätigt werden. Die hier
untersuchten Dysplasie Fälle zeigten in 55,06 % der FISH-Fälle (n = 12) und in 47,06 % der
CGH-analysierten Einzelzellen (n = 26) einen 9p21 Verlust und in 17,65 % einen weiteren
Verlust am Chromosom 9, während 6,67 % des CGH-analysierten CIS Zellen (n = 15; 1 Fall)
einen 9p21 Verlust zeigten und keine weitere Deletion am Chromosom 9, sowie in der FISHAnalyse in 49,54 % der CIS-Fälle (n = 7) eine Deletion des 9p21-Lokus (siehe Abbildung 29
und 31). Der Unterschied zwischen den Ergebnissen dieser Arbeit und jener von Krause et al.
(2004) liegen sicherlich in der Wahl und Befundung des Probenmaterials, aber auch bei der
Wahl der FISH-Sonde für Chromosom 9 (Zentromer-Sonde versus 9p21-Lokusspezifische-
Diskussion 108
Sonde), so dass der Anteil an Deletionen in der 9p21-Region höher als der Anteil weiterer
Defekte an Chromosom 9 sein kann.
Sauter et al. (1995b) konnten in einer FISH-Analyse (n = 138 primäre Harnblasenkarzinome)
des Chromosoms 17 und der Gen-Loki für p53 und erbB-2 zeigen, dass vor allem eine hohe
Aneusomie-Rate (97 %) des Chromosoms 17 mit einer p53 Deletion und Überexpression einhergeht. In dieser Dissertation konnte, entsprechend Sauter et al. (1995 b), unter Verwendung
der UroVysion-Sonde auch eine erhöhte Aneusomie-Rate (>80%) für das Chromosom 17
gemessen werden; aber nur in den Ki67 negativen Dysplasie-Zellkernen. Sun et al. (2002)
korrelierten weiterhin die Überexpression von p53 und des Ki67 Proteins in ihrer Intensität
mit dem Grad der Dysplasie bzw. dem Tumorgrad. Da das Ausmaß der Expression der Proteine p53 und Ki67 von benignem Urothel über die Dysplasie und Carcinoma-in-situ bis zum
Transitionalzellkarzinom stetig ansteigt, kann auch von diesem Marker (vergleiche FISHAnalyse von Krause et al., 2004) ausgehend geschlossen werden, dass die Dysplasie eine Präkanzerose des Carcinoma in situ ist, und das Carcinoma in situ eine Tumorvorstufe des invasiven Urothelkarzinoms [Sun et al., 2002].
CGH:
Weitere in den CGH-Profilen festgestellte amplifizierte und deletierte Regionen z.B. der
Chromosomen 22 und Y (vergleiche Tabelle 24 bis 26) konnten jedoch nicht mittels FISH
überprüft werden, da es sich bei dem kommerziellen UroVysion-Kit, um eine feste SondenZusammensetzung der gängigsten chromosomalen Aberrationen des Urothels handelt, die nur
Regionen der Chromosomen 3, 7, 17 und 9p21 detektiert.
Die festgestellten chromosomalen Aberrationen umfassen eine Vielzahl an Genen, die in
Zellproliferation, Apoptose und Stoffwechsel involviert sind. In diesem Abschnitt sollen nur
exemplarisch STK15 und Rb genannt sein, weitere werden im Abschnitt über mögliche Kandidatengene ausgeführt:
Durch die detektierte Amplifikation in der chromosomalen Region 20q könnte das Gen der
STK15/BTAK/Aurora-A-Kinase betroffen sein. Yamamoto et al. (2006) stellten bei einer
Studie unter Verwendung einer Immufluoreszenz-Detektion der Zentrosomen und von Aurora-A, sowie FISH-Analyse (LSI ZNF217, dem 20q13.2 Amplikon, sowie den ZentromerSonden der Chromosomen 7, 9, 17, und 20) von 100 Harnblasenkarzinomproben (über TURB
gewonnen), dass jene Tumore (92,9% der invasiven Tumore) mit einer Amplifikation des
20q13 Lokus auch eine Zentrosomale Amplifikation und gleichzeitig eine Überexpression
von Aurora-A zeigten. Somit postulierten sie, entsprechend Fraizer et al. (2004), dass die
Diskussion 109
chromosomale Instabilität von einer Amplifikation des 20q13 und somit des Aurora-A-Gens
einhergeht. Eine weitere für Patienten relevante Beobachtung machten Denzinger et al. (2007)
bei der STK15-Expressionsstudie (versus weiterer Marker wie TP53, CK20, MIB1) von Biopsie-Gewebe von Harnblasenkarzinompatienten und gesunden Individuen; eine STK15
Amplifikation gemessen in benignem Urothel steht in Korrelation zu einem kürzeren Rezidivfreien Zeitraum und Tumor-spezifischen Überleben. Eine Amplifikation in der Region 20q
konnte auch in nicht-proliferierenden Dysplasie-Zellen beobachtet werden (siehe Tabelle 24).
Eine Expressionsstudie, ähnlich der von Schwarz et al. (2004), anhand von Dysplasien könnte
Aufschluss über das Vorliegen einer STK15 Überexpression in proliferierenden Zellen geben.
Vergleich Hyperplasie vs. Dysplasie
Bei der Auswertung des FISH-Abschnitts der Doppelfärbung konnten bei den Präkanzerosen
mit Ausnahme der Zentromer-Sonde CEP7 keine signifikanten Unterschiede der SondenKopiezahl zwischen Ki67 positiven und negativen Zellen festgestellt werden. Möglicherweise
beherbergen die Ki67 negativen Zellen andere zelluläre Veränderungen, die nicht mit der UroVysion-Sonde detektiert werden können, und die Zellen in der G0-Phase verbleiben lassen
(keine verstärkende Aktivierung der Proliferation aufgrund eines chromosomalen Defekts)
oder sogar den Zelltod einleiten. Weitere chromosomale Aberrationen konnten mittels CGH
auf Einzelzell-Niveau beobachtet werden (siehe Tabelle 24). Das Auftreten von Polysomien
des Chromosoms 7 kann von klinischer Bedeutung sein, wenn in der Patientenprobe auch eine
erhöhte Expression des Epidermal Growth Factor Rezeptors (EGFR) oder anderer Marker
stattfindet. Anhand dieser Faktoren die Therapie-Antwort des Tumors im Vergleich zu Unterschieden vor und nach der Behandlung eventuell evaluierbar. Diese Unterschiede könnten
entweder durch die Eliminierung der aberranten Zellen, einer phänotypischen Umkehrung des
genetisch abnormen Klons oder Überwuchern von ungehemmten Zellklonen auftreten und die
Wirkung und Sensitivität einer Chemotherapie bestimmen.
Vergleicht man die Ergebnisse Ki67 positiver Zellen (aber auch ihrer Ki67 negativen Umgebung) der untersuchten Proben hinsichtlich beider Pathways, so lässt sich eine stärkere chromosomale Instabilität im „Dysplasie-CIS-Pathway“ im Gegensatz zum „Hyperplasie-pTaG1Pathway“ feststellen. Im Gegensatz zum untersuchten Normalurothel zeigten die Dysplasien
einen geringeren Anteil diploider Zellen, und die ebenfalls als benigne eingestuften Hyperplasien zeigten nur in 33% der untersuchten Fälle annähernd diploide Sondensignale/Zellen (mit
Werten über 70 %; dennoch geringere Anzahlen diploider Zellen als das Normalurothel), was
sicherlich eine erste Entartung des Urothels anzeigt. Der Anteil an aberranten Zellen in den
Diskussion 110
untersuchten Hyperplasien in dieser Arbeit ist etwas höher als in einer Studie von Schwarz et
al. (2007) (Werte um 17 % für Zellen mit Polysomien), so dass es fraglich ist, ob diese Werte
nur eine genetische Instabilität auf dem Niveau eines „Hintergrundrauschens“ ist. Dieses Ergebnis gibt das bereits in der Literatur erwähnte aggressivere Progressionsverhalten des
„Dysplasie-CIS-Pathway“ wieder [Cheng et al., 1999]; dies könnte durch Deletion bestimmter
Tumorsuppressorgene oder Amplifikation spezifischer Onkogene und Wachstumsfaktoren
begründet sein. Insgesamt konnte in allen untersuchten Proben die Tendenz zu mehr Polysomien beim Carcinoma-in-situ und den invasiven Tumoren festgestellt werden, was Daten von
Schwarz et al. (2007) wiederspiegelt. Bemerkenswert dabei ist, dass Polysomien stärker bei
Ki67 positiven Zellen detektiert werden können. Dies könnte in Zusammenhang mit einem
Wachstumsvorteil dieser chromosomalen Aberration für die Zelle stehen und müsste durch
eine Analyse betroffener molekularer Faktoren näher bestimmt werden. Beckmann et al.
(2007) stellten fest, dass eine höhere Kopiezahl (z.B. Gen-Duplikation) meist nicht so schädlich ist wie eine Deletion.
In dieser Dissertation konnten mit Hilfe der etablierten Doppelfärbung erstmalig chromosomale Aberrationen in proliferierenden Zellen der Präkanzerosen der Harnblase beschrieben
werden (siehe Tabelle 16-21 und Abbildung 17-19). Die Signifikanz dieser Beobachtung kann
sogar dadurch bestärkt werden, dass Dysplasien und Hyperplasien, welche die bisher in der
Literatur diskutierten zwei Tumorgenese-Pathways der Harnblase begründen, - wie erwartet unterschiedliche Aberrationen aufweisen. Während proliferierende Zellen von Hyperplasien
für die UroVysion-Sonde CEP17 und LSI9p21 chromosomal instabiler sind, zeigen jene der
Dysplasien diese Instabilität eher für die Sonden CEP 3 und CEP7. Es besteht ein signifikanter Unterschied diesbezüglich zwischen Dysplasien und Hyperplasien für die Sonden CEP 3
und LSI9p21 (siehe Tabelle 20-22). Somit kann das Auftreten von chromosomalen Aberrationen in den Präkanzerosen, im Gegensatz zu den Angaben von Schwarz et al. (2007), nicht
zufällig sein, sondern es werden frühzeitig spezifische Signalwege ein- bzw. ausgeschaltet.
Wendet man die Standardkriterien der UroVysion-FISH-Auswertung an alle untersuchten
Präkanzerose-Fällen an, so sind 91 % der Dysplasien und nur 62 % der Hyperplasien FISH
positiv, wobei Dysplasien präferentiell aufgrund der Deletion 9p21-Kriterien (hier: homozygot auftretend) als positiv eingestuft werden konnten (siehe Tabelle 23). Eine Progression
dieser Fälle konnte in 23 % der Hyperplasien und in 46 % der Dysplasien festgestellt werden.
Im Schnitt zeigten die Hyperplasie-Patienten einen längeren Tumor-freien Zeitraum (vergleiche Tabelle 23). Es konnte jedoch keine direkte Korrelation zwischen FISH-Positivität und
Progression festgestellt werden. Auffällig war, dass drei Dysplasie-Patienten einen pTaG1
Diskussion 111
Tumor entwickelten, was eigentlich dem anderen Harnblasenkrebs-Pathway entspräche. Ob
dies jedoch aufgrund von Unterschieden in der Befundung (neue WHO-Nomenklatur aus dem
Jahre 2004) liegt, oder bereits kennzeichnende Veränderungen für den papillären Pathway
vorliegen, müsste noch weiter bestimmt werden. Außerdem entwickelten nur jene Patienten
ein Carcinoma-in-situ oder invasiven Tumor bzw. erneut eine Dysplasie, die sowohl für mehr
als vier Kerne Aneusomien der Zentromer-Sonden und gleichzeitig homo- bzw. heterozygote
Deletionen des 9p21 Lokus in mehr als 12 Kernen zeigten. Droller und Malmström (2000)
vermuteten das eine Atypie und eine low-grade Dysplasie reversible neoplastische Zustände
des Urothels sind oder sogar aufgrund von einer Entzündungsreaktion hervorgerufen werden.
Des Weiteren wiesen sie daraufhin, dass auch benigne/normal erscheinendes Urothel genotypische Veränderungen tragen kann. Stoehr et al. (2002b) führten eine histologische-genetische
Kartierung von Harnblasenproben durch und zeigten, dass genetische Veränderungen (hierbei: p53-Mutationen) in Tumor-umgebenen benignem Urothel vorkommen und vermutlich
durch intraurotheliale Migration entstanden sein müssen. Untersuchungen bestätigten, dass
das Auftreten einer Dysplasie (entstrpechen der WHO-Nomenklatur vor 2004) das Risiko der
Tumorprogression oder einer Rezidivierung beinhaltet [Wijström et al, 2000]. Die in dieser
Doktorarbeit verwendeten Biopsie-Proben der Patienten mit Primärdiagnose Dysplasie zeigten keine Tumorprogression in einem Zeitraum von mindestens 12 Monaten nach Erstdiagnose. Dies könnte die These von Droller und Malmström (2000) über einen „reversiblen Zustand“ der Dysplasien bestätigen. Wie in dieser Dissertation beobachtet, stellten auch Bollmann et al. (2005) bei der FISH-Urin-Analyse von Harnblasenkarzinom-Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden fest, dass nur diese Patienten ein Rezidiv entwickelten, deren
FISH-Resultat sowohl die Deletion 9p21 und gleichzeitig vereinzelt (in Einzelzellen) Trisomien oder Tetrasomien der anderen Zentromer-Sonden zeigten. Vor allem für die weitere
Prognose der Dysplasie-Patienten ist es aufgrund dieser Ergebnisse ratsam die Biopsien mittels UroVysion-FISH zu untersuchen. Bei einem FISH-positiven Ergebnis aller UroVysionSonden sollte eine Nachuntersuchung mittels Blasenspieglung spätestens nach ungefähr einem halben Jahr erneut durchgeführt werden, da nur 8 % der untersuchten Fälle mit diesem
„Doppelten“-FISH-positiven Ergebnis kein Rezidiv entwickelten und keine Progression zeigten.
Weitere Ergebnisse
Der Anteil an Polysomien (Chromosomen Index > 2) der Zentromer-Sonden war in den in
dieser Arbeit untersuchten Harnblasengewebsproben beim Carcinoma-in-situ und invasiven
Diskussion 112
Urothelkarzinom höher im Vergleich zu den analysierten papillären Tumoren (pTaG1) und
Präkanzerosen (siehe Tabelle 10-19 und Abbildung 14-20). Gleichzeitig zeigten alle untersuchten Proben homo- bzw. heterozygote Deletionen der p16- Region (Detektiert mit der Lokus-spezifischen Sonde Region 9p21; Chromosomen Index < 1,8) im Gegensatz zu der Normalurothel-Probe, dies bestätigt die Entartung des Gewebes neben der histologischen, morphologischen Ebene auch auf genetischer Ebene. Bei den invasiven Harnblasenproben und
dem Carcinoma-in-situ erreicht die chromosomale Instabilität Werte >1, dicht gefolgt von den
Dysplasien Werten mit knapp unter 1. Entsprechend den Studien von Hartmann et al. (1999)
und Obermann et al. (2003), wurde auch in dieser Arbeit festgestellt, dass Hyperplasien und
papillären (low-grade) Harnblasentumore (Werte um die 0,7) geringfügig chromosomal stabiler sind. Die als benigne eingestufte Hyperplasie erreicht dennoch nicht die Werte des Normalurothels (< 0,5), womit diese Präkanzerose bereits ein erstes malignes Potential zeigt.
Im weiteren Tumorverlauf bei der Entstehung eines invasiven Urothelkarzinoms muss neben
diesem Wachstumsvorteil auch ein Überlebensvorteil für die Tumorzellen vorhanden sein,
was in einer Stabilisierung, also einem Stagnieren der Zunahme an chromosomalen Instabilität, zu sehen sein kann [Spencer et al., 2006; Cahill et al., 1999]. Bei der Auswertung der
Doppelfärbung der invasiven Fälle konnte im Vergleich zu den Carcinoma-in-situ-Proben
kein weiterer starker Gewinn an Polysomien und eher ein Rückgang der Werte der Standardabweichung, also ein Gewinn an chromosomaler Stabilität, beobachtet werden (vergleiche
Tabelle 14). Diesbezüglich muss erwähnt werden, dass es sich bei den untersuchten Zellen der
invasiven Tumore nicht um Zellen der „Invasionsfront“ handelte, somit auch deren Aufgabe
nicht primär Wachstum und Invasion, sondern eher überleben ist.
Alle untersuchten Patienten bzw. Einzelzellen zeigten relativ komplexe Rearrangierungen des
Karyotyps, was letztendlich auf die Heterogenität des Gewebes zurückzuführen ist. Unterrepräsentierte chromosomale Regionen im Bereich 9p21 – detektiert durch CGH – konnten mit
Hilfe der FISH bei den untersuchten Zellen der Dysplasien und CIS weitestgehend bestätigt
werden (Abbildung 29 und 31). Es ist zu erwarten, dass ein polyploider Karyotyp mit balancierten CGH-Profil in der FISH-Analyse mehr als zwei Signale zeigt (z.B. Abbildung 28);
während mittels CGH detektierte Deletionen wiederum unterschiedliche FISH-Ergebnisse
aufweisen können (von einer partiellen Monosomie bis zu einer Polyploidie reichend; z.B.
Abbildung 31). Da es sich bei dem Untersuchungsmaterial um Einzelzellen handelte, konnte
eine Kompensation über- oder unterrepräsentierter Regionen durch das Vermischen mehrerer
unterschiedlicher Subklone oder Verunreinigen der Probe mit normalen bzw. infiltrierenden
inflammatorischen Zellen ausgeschlossen werden. Der pT1G3 Fall und die Hyperplasie-Fälle
Diskussion 113
zeigten keine übereinstimmenden FISH-Signale der LSI9p21-Sonde der Doppelfärbung im
Vergleich zu den CGH-Ergebnissen von Deletionen in der 9p21 Region (siehe Abbildung 28
und 30). Der Hauptgrund hierfür ist sicherlich darin zu sehen, dass die Einzelzell-Analyse im
Gegensatz zum FISH-untersuchten Gewebeschnitt nur einen kleinen Bereich des Gewebes
wiederspiegelt. Ein Vergleich der Daten bezüglich der Zentromer-Sonden war nicht möglich,
da die CGH nur genomische Imbalancen detektieren kann, aber keine Aussage über den Ploidie-Grad zulässt. Dies zeigt wie bedeutend es ist, den Ploidie-Grad mittels anderer Cytogenetischer Methoden, wie Interphase-FISH oder Durchflußzytometrie, zu bestimmen, denn besonders bei der Progression zu soliden Tumoren steigt die Häufigkeit der Polyploidisierung
der Zellkerne stetig an (im Gegensatz zu den durch balancierte Translokationen geprägten
hämatologischen Malignitäten) [Ried et al., 1999].
Weitere Ergebnisunterschiede können aufgrund von anwendungs-technischen Grenzen beider
Methoden herrühren. FISH Analysen weisen falsch-negative Ergebnisse auf, wenn z.B. αSatelliten Sonden verwendet werden [Harrison et al., 1998]. Geringe Kopiezahlen eines Tandemrepeats können zu einer geringeren Signalintensität führen und somit würde die Interphase-FISH fälschlicherweise eine Monosomie aufzeigen, wenn nur eines der beiden Chromosomen betroffen ist (z.B. bei hereditären Tumoren durch unterschiedliche parentale Herkunft),
während die CGH das Profil eines diploiden Karyotyps vorweist. Trotz dieser Ungenauigkeiten wurden bei der Doppelfärbung unter anderem α-Satelliten Sonden für die FISH (Zentromer-Sonden der UroVysion) eingesetzt, um den Ploidie-Grad der Zellkerne zu bestimmen.
Unstimmigkeiten zwischen CGH und Interphase-FISH Ergebnissen können auch aufgrund
von unterschiedlicher Hybridisierungseffizienz und Missinterpretation der Interphase-FISHSignale herrühren. Auch wenn ein getesteter und für die Routine-Diagnostik zugelassener
Sonden-Mix (UroVysion) verwendet wurde, können falsch-negative Resultate (aufgrund von
Polymorphismen in der Anzahl der Tandemrepeats) und falsch-positive Ergebnisse (gespaltene Signale, die auf eine mitotische Aktivität hinweisen oder durch Chromosomen-Brüche
entstehen) auftreten. Um ein Beispiel zu nennen, so können getrennte Chromatiden den Anschein von vier (wenn auch schwächer in der Fluoreszenzintensität und kleiner) anstelle von
zwei Signalen erwecken. Verschiedene Aspekte können bei der CGH zu fehlerhaft interpretierten Ergebnissen führen, wie z.B. technische Artefakte aufgrund einer unzureichenden Unterdrückung (Blockierung) von repetitiven DNA-Sequenzen, Fehlern bei der HintergrundKorrektion, oder Veränderungen der Telomer-Regionen (welche das korrekte Ende eines
Chromosoms kennzeichnen und meist eine schwache Bindung der Fluoreszenz-Sonde aufweisen). Des Weiteren sind die heterochromatischen Regionen der Chromosomen 1, 9 und 16 oft
Diskussion 114
schwierig auszuwerten [du Manoir et al., 1995]. Außerdem können die exakte Position der
Aberration sowie die präzise Zuordnung der Grenzen von DNA-Zugewinnen oder -Verlusten
durch die räumliche Auflösung der Chromosomen beeinträchtigt werden, z.B. durch nichtlineares Strecken/Spreiten der Chromosomen und dadurch hervorgerufene unterschiedliche
Länge der Chromosomen [Bentz et al., 1998]. Letztendlich kann auch die fehlerhafte mathematische Auswertung der Quotienten der CGH-Profile (andere Grenzwerte) zu falschpositiven Ergebnissen führen [Barth et al., 2000]. Diese Fehlerquellen wurden bei der Auswertung der Einzelzell-CGH-Daten berücksichtigt; z.B. zeigten etliche CGH-Profile Deletionen/Amplifikationen im Telomer-Bereich der Chromosomen, welche nicht mit in die Auswertung aufgenommen wurden (vergleiche Abbildungen 22, 26, 27).
Im Rahmen dieser Doktorarbeit mittels FISH nachgewiesenen Deletionen der Region 9p21
konnten in 7 von 12 Fällen auch mittels CGH bestätigt werden. Darüberhinaus zeigte die
CGH noch weitere von Amplifikation und Deletion betroffene chromosomale Regionen auf
(siehe Abbildung 29-32), und zwar bereits in den Präkanzerosen. Diese genetischen Veränderungen können somit nicht aufgrund der Tumorprogression entstanden sein, sondern sind sicherlich auch von kausaler Bedeutung für die Tumorinitiation.
Die Detektion erster nicht-letaler chromosomaler Aberrationen in proliferierenden Zellen von
urothelialen Präkanzerosen gibt nicht nur Klarheit über erste gravierende Veränderungen bei
der Tumorgenese – unter Berücksichtigung von Evolutions- und Selektionsfaktoren –, sondern könnte – viel entscheidender – neben einer diagnostischen, prognostischen Vorhersage
für die Entscheidung weiterer Therapiemaßnahmen hilfreich sein. Denn am Anfang der Kanzerogenese sind die ersten Tumorklone noch monoklonalen Ursprungs, gehen also wie viele
andere normale Zellen im biologischen Gewebe- bzw. Organverband auf eine gemeinsame
Ursprungszelle zurück (wie z.B. bei der X-chromosomalen Inaktivierung oder bei den Antikörperproduzierenden B-Vorläuferzellen), so dass eine gerichtete Therapie gegen diese ersten
präkanzerösen Zellen ein weiteres Tumorwachstum inhibieren oder sogar gänzlich verhindern
[Weinberg, 2006]. Der monoklonale Ursprung präkanzeröser Zellen konnte auch in dieser
Dissertation verfolgt werden (vergleiche das Auftreten gleicher chromosomaler Aberrationen
in den CGH-analysierten Dysplasie-Einzelzellen, die im weiteren Progressionsverlauf auch in
CIS und invasiven Tumoren detektiert werden konnten, in Tabelle 24).
Die Dysplasie gilt als Präkanzerose des Carcinoma-in-situ (CIS). Für die Karzinogenese des
CIS postulierten Demir et al. (2003) eine Progression zu einem invasiven Tumor über Mechanismen des „Zell-Kannibalismus“ einzelner Zellen oder Zellkolonien („intraepitheliale Dedifferenzierung“). Es wäre interessant festzustellen, inwieweit dieselben Pathways (unter ande-
Diskussion 115
rem für Mikro-Invasion oder andere Beeinflussung der umgebenden Zellen) bereits bei
Dysplasien detektierbar sind. Bereits Schwarz et al. (2007) fragten sich, ob die detektierte
Aneusomie bzw. Aneuploidie in Einzelzellen das Ergebnis eines allgemeinen genetischen
Schaden des Urothels (entsprechend der These von Pycha et al., 1999) ist oder aufgrund von
horizontaler, pagetoider Tumorzell-Wanderung entsteht. Gemäß Hafner et al. (2002) ist die
Mehrheit der multifokalen Harnblasenkarzinome sowohl gleichzeitig als auch nachfolgend
auftretendend monoklonalen Ursprungs (Hafner et al., 2002; Pantel et al., 1999; allgemein bei
Weinberg, 2006, beschrieben). Molekulare Studien zeigten, dass beim Harnblasenkrebs sowohl durch intraurotheliale Migration als auch durch eine Feldkanzerisierung Tumorzellen
bei Harnblasenkarzinom-Patienten disseminieren können [Hafner et al., 2001; Stoehr et al.,
2002], wobei ein klonales Verwandtschaftsverhältnis zwischen multifokalen Läsionen besteht
[Hartmann et al., 2002b]. In den untersuchten Präkanzerosen ohne Vorbefund bzw. gleichzeitigem multifokalem Auftreten eines Urothelkarzinoms kann eine horizontale, pagetoide Tumordissemination zumindest in den präkanzerösen Stadien ausgeschlossen werden (vergleiche Tabelle 23). Dadurch dass sowohl in den proliferativ aktiven Zellen als auch in umgebenden ruhenden Zellen chromosomale Aberrationen detektierbar sind, sprechen diese Daten eher
für eine Feldkanzerisierung der Harnblase.
Kandidaten-Gene
Die Einzelzell CGH-Analyse deckte weitere chromosomale Aberrationen in den Präkanzerosen auf. Betroffene Kandidatengene, die in den entsprechenden Regionen liegen, sind in Tabelle 25-28 aufgeführt und müssten in einer weiteren funktionellen Analyse untersucht werden. Die Kandidatengene sind sehr heterogen und umfassen sowohl Transkriptionsfaktoren,
Proliferationsfaktoren, Apoptoseregulatoren als auch Gene des Stoffwechsels. Die Hyperplasien zeigten keine chromosomalen Veränderungen in der CGH-Analyse von proliferierenden
Zellen, möglicherweise können dort jedoch Kandidatengene durch Punktmutationen (mittels
CGH nicht erfassbar) betroffen sein. Proliferierende Zellen der Dysplasien zeigten vor allem
Verluste in den chromosomalen Bereichen 9p und 13q, sowie Hinzugewinne in 9p, 12p, 17q,
18p, 22, X und Y. Die Analyse von Kandidatengenen dieser Bereiche kann neue Erkenntnisse
in der Tumorinitiation der Harnblasenkarzinome erbringen. Die Rolle viele der Gene in Tabelle 25-28 (z.B. p53, MLH, p16, HMG-Group-Proteine, Rb, MDM2) aufgeführten Gene sind
bereits gut erforscht und Veränderungen in der Gen-Kopiezahl korreliert meist gut mit der
Gen-Expression (damit können zunächst epigenetische Faktoren bei der ExpressionsBeeinflussung ausgeschlossen werden). Andere Gene in den alterierten chromosomalen Regi-
Diskussion 116
onen sind wiederum weniger gut untersucht und ihre Funktion dementsprechend weniger bekannt (z.B. TP63, CDK3, Ki67).
Gene, die in den veränderten chromosomalen Bereichen der nicht-proliferierenden Zellen
lokalisiert sind, können Aufschluss über Zellzyklus-inhibierende bzw. Apoptose-einleitende
Veränderungen geben (z.B. E2F3, MSH5, TNF, CDKN1A, STK15, C-MYC, Ki-67, ABL2,
AKT3, MSH3, CDK4, MDM2, sowie insbesondere das bei Hyperplasien eventuell betroffene
Gen FOXO4).
Vergleich mit anderen Präkanzerosen anderer Gewebe/Organe
Abnormalitäten der chromosomalen Kopiezahl treten nicht nur beim Harnblasenkarzinom,
sondern bei fast allen Tumoren auf, und zeigen spezifische Regionen (so genannte Hot-spots)
der Amplifikation oder Deletion, die wiederum spezifisch für die/den jeweilige(n) Tumorart, grad und –progress sind. Die Anzahl an diesen Kopiezahl-Veränderungen nimmt mit zunehmenden Grad und Progression des Tumors zu, und zwar nicht-zufällig und teils aufgrund der
gesteigerten chromosomalen Instabilität. Hot-Spots können ein Hinweis für chromosomale
Regionen und Gene sein, die entscheidend für die Tumorgenese sind. Es wird vermutet, dass
eine ungenaue, fehlerhafte homologe Rekombination (ausgelöst durch Defekte im DNAReparatur-Pathway) innerhalb repetitiver Sequenzen, die die Bildung des Kinetochore Komplexes umfassen, zu chromosomalen Verlusten und Hinzugewinnen führen, in dem es zu
Rearrangierungen spezifischer Zentromer-Sequenzen kommt.
Die differentielle Betrachtung des genetischen Status von proliferierenden Zellen im Vergleich zu ihrer „ruhenden“ Umgebung ist erstmalig in dieser Dissertation beschrieben worden.
Dabei wurden Aberrationen an folgenden Chromosomen festgestellt: Verluste in den chromosomalen Bereichen 9p und 13q, sowie Hinzugewinne in 9p, 12p, 17q, 18p, 22, X und Y. Daten, die von Präkanzerosen anderer Tumorentitäten bisher erhoben wurden [Lee et al., 1993;
Ried et al., 1999; Heselmeyer et al., 1996; Hughes et al., 2006], betrachten genetische Veränderungen im gesamten Gewebe ohne weitere immunhistochemische Unterscheidungskriterien
bezüglich der Proliferations-Aktivität des Gewebes. Für die Anfänge der Harnblasenkarzinogenese ist es interessant, die auftretenden chromosomalen Aberrationen mit jenen in Präkanzerosen anderer Gewebe, Organe und Tumorentitäten zu vergleichen. Der Vergleich kann
Rückschlüsse über die Grundzüge der Tumorgenese liefern, bzw. weitere Ansatzpunkte bei
der Untersuchung des Harnblasenkarzinoms in seinen Anfängen. Das Wissen über bestimmte
chromosomale Imbalancen in frühen Tumorstadien und Präkanzerosen, die generell in Zusammenhang mit der Tumorgenese stehen, kann hilfreich sein, spezifische FISH-Sonden zu-
Diskussion 117
sammenzustellen, die charakteristisch für die unterschiedlichen Tumortypen sind. Die Multicolour-FISH (M-FISH) ermöglicht es, in nur einem einzigen Experiment wichtige prognostische Daten innerhalb weniger Tage zu erhalten.
Vergleicht man die Daten von Präkanzerosen anderer Gewebe mit jenen des Urothels können
Gemeinsamkeiten beobachtet werden: z.B. Polysomien des Chromosoms 7, welche Hinzugewinne der langen Arme der Chromosomen 8q und 13q (diese Veränderungen sind gekoppelt
an einen zur Progression neigenden Phänotyp) vorangehen [Lee et al., 1993; Ried et al., 1999;
Heselmeyer et al., 1996; Hughes et al., 2006]. Dennoch lassen sich schwer Tumorspezifische
erste (Initial-)Veränderungen feststellen, da die chromosomalen Veränderungen bereits bei
Präkanzerosen verschiedener Gewebe sehr komplex zu sein scheinen, so dass die vorliegenden Aberrationen nur Rückschlüsse über eine maligne Progression zu lassen können; jedoch
keinen Aufschluss über die Initial-Veränderung bei der Tumorgenese des jeweiligen Gewebes
[Lee et al., 1993; Ried et al., 1999; Heselmeyer et al., 1996; Hughes et al., 2006].
Schlussfolgernd konnte mit dieser Doktorarbeit gezeigt werden, dass chromosomale Aberrationen bereits ein frühes Ereignis der Tumorentstehung (Präkanzerosen) sind und nicht nur sekundär auftreten, und dass sie aufgrund ihres Vorkommens in proliferierenden Zellen eine
biologische Relevanz für die Tumorevolution innehaben. Die CGH-Analysen wiederum deuten eher auf spezifisch auftretende Genmutationen (z.B. Region 9p21 in Dysplasien) hin.
Zusammenfassung/Abstract 118
5
ZUSAMMENFASSUNG
Das Harnblasenkarzinom ist der zweithäufigste bösartige urologische Tumor. Der Grossteil
(80%) der Tumore ist bei Erstdiagnose oberflächlich begrenzt, und weist eine hohe Rezidivrate auf.
Die spezifischen ersten genetischen Veränderungen der Tumorgenese des Harnblasenkarzinoms, die nicht letal und eventuell einen Wachstumsvorteil beherbergen, sind bisher nicht
bekannt. Ein Screening von Tumorvorstadien nach spezifischen Veränderungen auf chromosomaler Ebene in proliferierenden Zellen ermöglicht der gleichzeitige Einsatz zweier Methoden:
der
Interphase-Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
und
der
Immunhistochemi-
schen(IHC)-Detektion des Proliferationsmarkers Ki67. Eine Zusammenstellung spezifischer
Chromosomensonden (Urovysion; Abbott/Vysis) für diese Tumorentität wird bereits in der
Routine-Diagnostik genutzt, um Rezidive und Tumor-Neuerkrankungen im Urin bzw. in
Spülzytologien von Harnblasenkarzinom-Patienten nachzuweisen. In dieser Arbeit wurden 40
Harnblasengewebs-Biopsien untersucht, darunter waren 13 Hyperplasien, 12 Dysplasien, 7
CIS, 3 pTaG1 und 4 pT1G3-Fälle. Bei den Tumorvorstadien wurde darauf geachtet, dass es
sich dabei möglichst um eine Erstdiagnose handelte. Zusätzlich wurde auf Einzelzell-Niveau
mit Hilfe der Vergleichenden Genomischen Hybridisierung (CGH, Comparative Genomic
Hybridisierung) das Genom nach Deletionen und Amplifikationen untersucht. Ziel war es,
durch Kombination der drei Methoden (FISH, IHC und CGH) erste nicht letale typische
chromosomale Aberrationen zu detektieren.
Die Tumorvorstadien zeigten typische Chromosomenveränderungen, sowohl in den proliferienden Zellen, als auch in den umgebenden nicht-proliferierenden. Hyperplasien zeigten nur
in nicht-proliferierenden Zellen Aberrationen. In proliferierenden Zellen von Dysplasien traten Verluste an den Chromosomen 9 und 13q auf, sowie Gewinne an den Chromosomen 9p,
12p, 17q, 18p, 22, X und Y. Involvierte Kandidatengene sind zahlreich und umfassen jene die
Zellproliferation, Differenzierung, Apoptose und Stoffwechsel regulieren.
In den Untersuchungen konnten chromosomale Veränderungen erstmalig in proliferierenden
Zellen von Präkanzerosen detektiert werden, somit müssen diese Aberrationen mit einem proliferativen Vorteil und einer biologischen Relevanz einhergehen.
Diese Arbeit wurde unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG-Nr.:
Kn263/9-2).
Zusammenfassung/Abstract 119
6
ABSTRACT
Bladder cancer is the second common malignant urological neoplasia. Most of the tumors are
superficial (80 %) at first diagnosis and reccur frequently.
In order to understand the initial genetic aberrations reflecting growth advantage in bladder
cancer we investigated first chromosomal aberrations and validated their biological potential
at single cell level. Using multi-colour fluorescence in situ hybridisation (FISH; Urovysion)
and Ki-67 immunohistochemistry first data was aquired and completed by lasermicrodissecting single cells for single-cell comparative genomic hybridisation (CGH) analyses.
Double staining of fluorescence in situ hybridisation (Urovysion, Vysis/Abbott) and Ki-67
immunohistochemistry was carried out on frozen tissue sections from 25/40 patients with precancerous lesions of the bladder (13 hyperplasia, 12 dysplasia; those with preferably primary
diagnosis; and further specimen from 7 carcinoma in situ, 3 pTaG1, 4 pT1G3). In addition 55
single cells of these precancerous lesions were laser-microdissected and analysed with single
cell comparative genomic hybridisation (CGH).
Focussing on the proliferating cells versus their non-proliferative neighbourhood in precancerous lesions of the bladder, chromosomal aberrations were detected in both types of cells.
Proliferating hyperplastic cells showed almost a normal, diploid FISH and no further loss of
chromosomal loci in the CGH-analysis. The CGH data of dysplasia cells showed mainly a
loss of the chromosomal region 9p21 in proliferating cells, like expected from FISH results.
Other chromosomal aberrations, depicted in dysplasia cells, were deletion of chromosome 9
and 13q as well as amplifications of the chromosomes 9p, 12p, 17q, 18p, 22, X and Y. In this
regions many candidate genes, involved in regulation of cell proliferation and differentiation,
apoptosis and metabolism, are located.
These methods established are apt to show that genetic aberrations detected in early bladder
lesions or normal urothelium are biologically relevant since found in proliferating cells.
This work has been supported by the German Science Foundation (DFG, grant no: Kn263/92).
Literatur 120
7
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Anhang: Abkürzungsverzeichnis 137
8 ANHANG
Abkürzungsverzeichnis
°C
µg
µL
µm
5-ALA
AMP
ARF
ATP
AUM
BCG
BSA/FCS
CCD
CCND1
CDK
CDKIs
CEA
CEP
CGH
CIN
CIS
CK20
cM
CMYC
COX1
CT
DAPI
DNA
DFG
dNTPs (dATP, dCTP,
dGTP, dTTP)
DOP-PCR
E2F
EDTA
EGFR
EtBr
FGFR3
FISH
g
G1/G0
G1/G2/G3
h
hCFHrp
HCl
HE-Färbung
HP
H-Ras
Grad Celsius
Mikrogramm
Mikroliter
Mikrometer
5-Aminolävulinsäure
Adenosinmonophosphat
Adenosyl-Ribosylierungs-Faktor
Adenosintriphosphat
Asymmetric unic membrane
Bacillus-Calmette-Guérin
Bovine Serum Albumine/ Fötales Kälberserum
Charge-coupled-device (Kamera)
Cyclin D1
Cyclin-abhängige Kinase
CDK-Inhibitoren
Carcinoembryonic Antigen
Centromere-Enumeration Probes
Komparative Genomische Hybridisierung
Chromosomale Instabilität
Carcinoma-in-situ
Zytokeratin 29
Centi-Morgan
v-myc myelocytomatosis viral oncogene homolog (avian)
Cyclooxygenase
Computer-Tomographie
4’,6-Diamidino-2-phenylindol
Desoxyribonukleinsäure
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Desoxytrinukleotide
Degenerate Oligonnucleotid-Primer-PCR
Transkriptionsfaktor
Ethylendiamintetraacetat
Epidermal-Growth-Factor-Receptor
Ethidiumbromid
Fibroblast-Growth-Factor-Rezeptor 3
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
Gramm
Wachstumsstadium
Differenzierungsgrad
Stunde
Human complement factor H related protein
Salzsäure
Hämalaun-Eosin-Färbung
Heizplatte
Anhang: Abkürzungsverzeichnis 138
IHC
ISUP
J
kb
KCl
kDa
kg
KH2PO4
Ki67
L
LA-PCR
LOH
LPC
LSI
MDM2
M-FISH
mg
MIB-1
min
ml
mm
MMPs
MRT
Mse1
MTS1
n
Na2HPO4
NaCl
N-cad/E-cad
ng
nm
NMP22
NP-40
OFA
OT
p-/q-Arm
p16
p53
PBS
PCR
PEN
PEP-PCR
pg
pH
PPIX
PSF
pT1/pT1G3
pTa/pTaG1/2
Rb
RNA
RT
Immunhistochemie
International Society of Urological Pathology
Jahren
Kilobasen
Kaliumchlorid
Kilodalton
Kilogramm
Kaliumhydrogenphosphat
Proliferationsmarker
Liter
Linker-adaptor PCR
Loss of Heterozygosity
Laser Pressure Catapulture
transformed 3T3 cell double minute 2
Multicolour-FISH
Milligramm
Ki-67 clone MIB-1
Minute
Milliliter
Millimeter
Matrix-Metalloproteinases
Magnetresonanztomographie
Restriktionsenzym
Tumorsuppressorgen
Anzahl
Natriumhydrogenphosphat
Natriumchlorid
N-/E-Cadherin
Nanogramm
Nanometer
Nuklear Matrix Protein
Igepal; Detergenz
One-Phor-All-Buffer-Plus
Objektträger
Bezeichnung chromosomaler Regionen
Tumorsuppressorgen
Tumorsuppressorgen
Phosphate Saline Buffer
Polymerasekettenreaktion
Polyethylen
Primer-Extension PCR
Pikogramm
potentia Hydrogenii
Protoporphyrin IX
Point Spread Function
Invasive Harnblasenkarzinome
Papilläre Harnblasenkarzinome
Retinoblastoma-Gen
Ribonukleinsäure
Raumtemperatur
Anhang: Abkürzungsverzeichnis 139
RWTH
SD
sec
sFRP1
SNPs
SSC
TBE
TNM
TSP1
TUR
UICC
u-Pa
UROtsa, J82, RT4
UV
VEGF
WB
WGA
WHO
WIF1
WNT
ZNS
Rheinisch-Westphälische-Technische-Hochschule
Standardabweichung
Sekunde
secreted frizzled-related protein 1
Single nucleotide polymorphisms
Standard Saline Citrat
Tris-Borat-EDTA-Puffer
Klassifikationssystem (siehe Seite 20)
thrombospondin 1
Transurethrale Tumorresektion
Union International Contre le Cancer
Urokinase
Harnblasen-Zelllinien
Ultraviolett
Vascular Endothelial Growth Factor
Wasserbad
Whole genomic amplification
World Health Organisatzion
WNT Inhibitor Faktor 1
Protein-Bezeichnung
Zentralnervensystem
Anhang: Lebenslauf 140
Lebenslauf
Persönliche Daten:
Name:
Stella Vasiliki Koufou
Geburtsdatum:
21.09.1979
Geburtsort:
Bremen
Anschrift:
Kullenhofstr. 54 B/ App. 721
52074 Aachen
Familienstand:
ledig
Nationalität:
Griechisch
Schulausbildung:
1985 -1998
Grundschule bis Gymnasium in Bremen, parallel dazu
1986-1995
Grundschule bis Gymnasium Griechische Schule, Bremen
07/1998
Abitur (Schulzentrum Huckelriede, Bremen)
Universität:
10/1998-03/2004
Universität Bremen: Biologie-Studium
Abschluss:
Diplom Biologin
Schwerpunkte:
Molekular- und Zellbiologie, Genetik einschl. Humangenetik (Hauptfach); Mikrobiologie, Biotechnologie (1. Nebenfach); Biochemie (2.
Nebenfach)
Diplomarbeit:
Untersuchungen zur Expression von High Mobility Group (HMG-) Protein-Genen an Paraffin-Eingebetteten, primären Mammakarzinomen
07/2002-11/2002
Praktikum (Studentische Hilfskraft): Arbeitsgruppe Genomforschung/Bioinformatik, Abteilung Molekulare Ökologie, MaxPlanck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
10/2003- 03/2004 Studentische Hilfskraft: Fachbereich 2, Universität Bremen
Promotion
seit 06/04:
Aachen, den 31.01.2008
Uniklinikum Aachen, Institut für Pathologie
_________________________________
Anhang: Kongresse, Publikationen141
Kongresse, Publikationen
Poster
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M. Speicher and R. Knüchel:
“Insight in chromosomal Aberrations and their proliferative advantage for precancerous
urothelial lesions.” CNIO Meeting: Bladder Cancer: Searching targets and biomarkers using
genomic and proteomic approaches, 5-6 Oktober 2006, Madrid, Spanien
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel:
„Untersuchung genetischer Aberrationen in Präkanzerosen der Harnblase mittels Fluoreszenzin-situ-Hybridisation und Ki67 Immunhistochemie Doppelfärbung, sowie Comparative Genomic Hybridisation.“ 90. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie 19.-21.
April 2006, Berlin
S. Koufou, S. Langer, M.R. Speicher and R. Knuechel:
“Single-cell multi-analysis (FISH, IHC, single-cell CGH) of early flat urothelial lesions.”
3rd Münster Conference on Single cell analysis 2006, Münster
Vorträge
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel:
“Double staining of Fluorescence-in-situ-hybridisation-(Urovysion®) and Ki67 Immunohistochemistry for detection of genetic aberrations in precancerous lesions of the bladder.”
15th Annual Meeting of the German Society for Cytometry 2005, Leipzig
Zitierfähige Abstracts
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel: Double staining of Fluorescence-in-situ-hybridisation-(Urovysion®) and Ki67 Immunohisto-chemistry for
detection of genetic aberrations in precancerous lesions of the bladder. Cell Proliferation,
38(4): 204-214, Aug 2005
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel: Untersuchung
genetischer Aberrationen in Präkanzerosen der Harnblase mittels Fluoreszenz-in-situHybridisation und Ki67 Immunhistochemie Doppelfärbung, sowie Comparative Genomic
Hybridisation. Pathol. Res. Pract. 202 (4):199-350, 2006
S. Koufou, S. Langer, M.R. Speicher and R. Knuechel: Single-cell multi-analysis (FISH,
IHC, single-cell CGH) of early flat urothelial lesions. BMMS, 1(3): 208-215 , 2007
Anhang: Danksagung142
DANKSAGUNG
Bei Frau Prof. Knüchel-Clarke (Institut für Pathologie) möchte ich mich für die Möglichkeit,
an ihrem Institut diese Doktorarbeit anzufertigen, und für die Übernahme des Gutachtens bedanken. Außerdem danke ich ihr herzlich für die stetige Diskussionsbereitschaft und die positive Unterstützung meiner Promotion.
Herrn Prof. Klinner (Institut für Biologie IV, RWTH Aachen) danke ich für die freundliche
Übernahme des Zweitgutachtens.
Mein Dank gilt Herrn Prof. Speicher (Institut für Humangenetik, Graz, Österreich) für die
Ausarbeitung des interessanten DFG-geförderten Themas und temporären Vermittlung weiterer Kooperationspartner für die Single-cell CGH.
Frau Dr. Langer (Institut für Humangenetik, München) gilt besonders mein Dank nicht nur für
die Kooperation, sondern für ihre stete Bereitschaft die LA-PCR und vielmehr Single-cell
CGH durchzuführen; ohne diese Methoden und interessanten Ergebnisse wäre diese Dissertation nicht so zeitnah möglich gewesen.
Herrn Dr. Geigl (Institut für Humangenetik, München) danke ich für die temporäre Durchführung der Einzelzell-CGH und für seine konstruktiven Anregungen und zahlreichen Hilfestellungen bei der Etablierung der LA-PCR am Institut für Pathologie, Aachen
Von Assistenzarzt Seite des Instituts für Pathologie, Aachen, danke ich insbesondere Frau Dr.
Gaisa und Frau Dr. Lindemann-Docter für die Begutachtung histologischer Gewebeschnitte
und für die hilfreichen Fachgespräche.
Etlichen Personen des Instituts für Pathologie habe ich für die Einarbeitung in etliche Methoden bzw. Technischen Geräten zu danken: Herrn Dr. Krieg (PALM-MikrodissektionsSystem); Herrn Bösl für die Einarbeitung in hiesiges Fluoreszenz-Mikroskop-System (ZStapel-Aufnahme und Dekonvolutions-Programm), sowie für die Einarbeitung in Anfertigung
histologischer Kryogewebsschnitte und in die Zellkultur inklusive Sphäroidherstellung den
MTA des Instituts für Pathologie, Aachen.
Allen Mitarbeitern des Instituts möchte ich für die stets angenehme, gutgelaunte und hilfsbereite Arbeitsatmosphäre danken.
Stephie Rosewick, Kerstin Raupach, Janine Fischer, Sabine Neuss-Stein und Melanie Rezvani
danke ich für die schöne gemeinsame Zeit im Labor und Büro. Stephie Rosewick möchte ich
darüber hinaus noch für die aufmunternden Worte und zahlreichen Ratschlägen, wenn mal
wieder etwas nicht funktionierte, ganz herzlich danken.
Der größte Dank gilt meinen FreundInnen, meiner Cousine Stamoula, meinem Vater und vor
allem meiner Mutter, die für mich in jeder Phase meiner Promotion ein offenes Ohr hatten
und mich von ganzem Herzen motiviert und unterstützt haben!
Die Durchführung der Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt.
„GENETISCHE ABERRATIONEN MIT EINEM
WACHSTUMSVORTEIL IN FRÜHEN
PRÄKANZEROSEN DES UROTHELS DER
HARNBLASE“
Von der Fakultät für Mathematik, Informatik und Naturwissenschaften der
Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen zur Erlangung des
akademischen Grades einer Doktorin der Naturwissenschaften genehmigte
Dissertation
vorgelegt von
Diplom-Biologin
Stella Vasiliki Koufou
aus Bremen
Berichter: Prof. Dr. med. R. Knüchel-Clarke
Prof. Dr. rer. nat. U. Klinner
Tag der mündlichen Prüfung: 30.04.2008
Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der Hochschulbibliothek online
verfügbar.
Genetische Aberrationen mit einem Wachstumsvorteil in frühen Präkanzerosen des Urothels
der Harnblase
Dissertation an der RWTH Aachen
vorgelegt von
Dipl.-Biol. Stella Vasiliki Koufou
Dissertation eingereicht: 31. Januar 2008
1. Gutachter: Prof. Ruth Knüchel-Clarke
2. Gutachter: Prof. Ulrich Klinner
Tag der mündlichen Prüfung:
30.04.2008
Wissenschaftler meinen, sie könnten mit Mikroskopen und Teleskopen alle Geheimnisse der Natur entschleiern. Und sie glauben nur an das, was sie wiegen
und messen können.
Aber sie verstehen doch alles nur stückweise.
Jostein Gaarder
Meiner Mutter (in Memoriam) und meinem Vater
Inhaltsverzeichnis 4
INHALTSVERZEICHNIS
1
2
EINLEITUNG
07
BEGRIFFSBESTIMMUNG: KREBS
07
PHASEN DER TUMORGENESE
09
DAS HARNBLASENKARZINOM
13
Epidemiologie
13
Entwicklung und Anatomie der Harnblase
14
Ätiologie des Harnblasenkarzinoms
16
Pathologie des Harnblasenkarzinoms
17
TNM-Klassifikation
20
Symptomatik, Diagnostik und Therapie des Harnblasenkarzinoms
22
BIOLOGIE DES HARNBLASENKARZINOMS
25
Histopathologie versus Genetik
30
FRAGESTELLUNG UND ZIELSETZUNG DER VORLIEGENDEN ARBEIT
34
MATERIAL UND METHODEN
36
MATERIAL
36
PATIENTENKOLLEKTIV
36
ZELLLINIEN
37
LABORGERÄTE
37
CHEMIKALIEN
39
ENZYME
39
PUFFER UND LÖSUNGEN
40
VERWENDETE OLIGONUKLEOTIDPRIMER
41
METHODEN
42
ZUSAMMENSTELLUNG DES FALLMATERIALS UND IDENTIFIZIERUNG DER
UROTHELREGIONEN
42
MONOLAYER- UND SPHAEROID-ZELLKULTUR
42
HISTOLOGISCHE METHODEN
43
Inhaltsverzeichnis 5
DOPPELFÄRBUNG: FLUORESZENZ-IN-SITU-HYBRIDISIERUNG (FISH)/
IMMUNHISTOCHEMIE (IHC)
44
AUSWERTUNG DER DOPPELFÄRBUNG
50
MIKRODISSEKTION
51
Manuelle Mikrodissektion
51
Laser-gestützte Mikrodissektion
52
Herstellung einer Einzelzellsuspension
53
AMPLIFIKATION GENOMISCHER EINZELZELL-DNA DURCH
POLYMERASEKETTENREAKTION (PCR)
53
DNA-ISOLATION UND QUANTIFIZIERUNG
55
EINZELZELL COMPARATIVE GENOMISCHE HYBRIDISIERUNG (SS CGH) 55
3
ERGEBNISSE
58
ETABLIERUNG DER UROVYSION-Ki67-DOPPELFÄRBUNG
58
UNTERSUCHUNG VON PATIENTENFÄLLEN MITTELS UROVYSION-Ki67DOPPELFÄRBUNG
63
ETABLIERUNG VON DOPPELFÄRBUNG, LASERMIKRODISSEKTION, LINKERADAPTOR-PCR, CGH ZUR EINZELZELL-ANALYSE
77
ERGEBNISSE DER MITTELS EINZELZELL-ANALYSE UNTERSUCHTEN
PATIENTENFÄLLEN
84
POTENTIELLE KANDIDATENGENE
89
LITERATURDATEN ZU UROTHELIALEN PRÄKANZEROSEN
91
DISKUSSION
93
ETABLIERUNG DER UROVYSION-Ki67-DOPPELFÄRBUNG
94
ETABLIERUNG DER EINZELZELL-ANALYSE MITTELS CGH
99
ERGEBNISSE
102
5
ZUSAMMENFASSUNG
119
6
ABSTRACT
120
7
LITERATURVERZEICHNIS
121
8
ANHANG
138
4
Inhaltsverzeichnis 6
Abkürzungsverzeichnis
138
Lebenslauf
141
Kongresse, Publikationen
142
Danksagung
143
Einleitung 7
1
EINLEITUNG
Angaben der WHO (World Health Organisation) zufolge, gehören Krebserkrankungen weltweit zu den häufigsten Todesursachen, mit 7,6 Millionen Todesfällen (13 %) jährlich [WHO,
2006]. Allein in Deutschland erkranken jährlich über 400.000 Menschen an malignen (bösartigen) Tumoren, mit steigender Inzidenz [Bertz et al., 2006].
Um das Phänomen „ Krebs“ zu verstehen und besser bekämpfen zu können, werden heutzutage verschiedene Ansatz-/Angriffspunkte erforscht. So auch in dieser Doktorarbeit. Es sollen
erste genetische Veränderungen in frühen Tumorstadien/ -Vorstufen des Harnblasenkarzinoms, die nicht letal sind und zu einer bösartigen (malignen) Entartung führen können, untersucht werden.
Begriffsbestimmung: Krebs
Der Begriff Krebs umfasst eine Vielzahl von Erkrankungen, die prinzipiell in jedem Organ
und Gewebe zu jedem Zeitpunkt vorkommen können. Jedoch gibt es erhebliche Häufigkeitsunterschiede nach Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, geographischer Region, Ernährungs-/Lebensgewohnheiten usw. Charakteristisch für Krebs ist eine sich von normalen
Zellen unterscheidende Proliferation (Zell/Gewebewachstum). Diese aberranten, Wachstumsenthemmten Zellen entstehen und akkumulieren in Abhängigkeit von Evolution und Selektion [Cahill et al., 1999]. Dadurch unterscheiden sich Krebszellen von dem Zustand der Hypertrophie und Hyperplasie, welche aus „ normalen“ Zellen bestehen [Kufe et al., 2006].
Krebserkrankungen entstehen infolge ungehinderter Proliferation von Zellen, die aufgrund
von genetischen Defekten zur Fehlsteuerung des Zellwachstums führen. Als Tumor (Neoplasie) bezeichnet man eine Gewebeneubildung in Form eines spontanen, verschiedengradig enthemmten, autonom und irreversiblen Überschusswachstums von körpereigenem Gewebe, das
in der Regel mit unterschiedlich ausgeprägtem Verlust spezifischer Zell- und Gewebefunktionen verbunden ist. Dieses sich verselbständigte Wachstum führt zunächst zu benignen (gutartigen) Tumoren, aus denen sich nach Invasion und Durchbruch anatomischer Barrieren, z.B.
die angrenzenden Basalmembranen, maligne (bösartige) Tumore entwickeln. Zusammen mit
den malignen Erkrankungen des Blutes und Knochenmarks (Leukämie und Lymphom), sowie
jenen des Stützgewebes (präziser: dem Mesoderm; mesenchymaler Ursprung), die so genannten Sarkome, gehören die Karzinome, die von Zellen im Deckgewebe von Haut oder
Schleimhaut (Epithel) ausgehen, zu der Gruppe der malignen Tumorerkrankungen (Krebser-
Einleitung 8
krankungen). Krebszellen, deren Wachstum bei intakter Basalmembran auf das Epithel limitiert ist (so genanntes Carcinoma-in-situ oder intraepitheliale Neoplasie), können molekulare
Veränderungen tragen, die einem Krebsphänotyp entsprechen. Diese Zellen gelten als Vorläufer (Präkanzerose) des invasiven Karzinoms. Hingegen unterscheiden diese Eigenschaften der
Aggressivität und Invasion Krebs von anderen Gewebeveränderung, die aus „ normalen“ ,
morphologisch unauffälligen Zellen bestehen, wie die Hypertrophie und Hyperplasie [Kufe et
al., 2006]. Im Laufe der Tumorentstehung (sog. Tumorfortschreiten bzw. Tumorprogression)
lassen sich morphologische Umwandlungen der vorhandenen Gewebestrukturen beobachten,
die über die prämalignen Stadien der Hyperplasie und Dysplasie, weiter über jene des präinvasiven und invasiven Karzinoms bis hin zur Fernmetastasierung, d.h. der Absiedelung von
Tumorzellen in einem anderen, entfernten Gewebe, führen [Fearon und Vogelstein, 1990].
Dabei verlieren sich im Verlauf der Tumorprogression die ursprünglichen Gewebecharakteristiken, so dass der Tumor anaplastisch (entdifferenziert) wird. Die Anaplasie bezeichnet die
Umwandlung höher differenzierter Zellen, die dem normalen Gewebe noch morphologisch
und biologisch am ähnlichsten sind, in weniger differenzierte Zellen. Ist dieser Zustand reversibel, so spricht man von einer Metaplasie. Ein Rezidiv wiederum kennzeichnet ein lokales
Wiederauftreten eines Tumors, eines so genannten Tochtergeschwulstes, nach Entfernung
(Resektion) des Primär-Tumors.
Auch das Epithel-Umgebende Gewebe, das so genannte Stroma oder Interstitium, erfährt tumorbedingt Veränderungen, wie z.B. eine erhöhte lymphozytäre Infiltration – ausgelöst durch
eine immunologische Reaktion des Organismus gegen den Tumor – oder ein Tumormitbestimmtes Einsetzen der Angiogenese (Gefäßwachstum) bzw. Vaskularisation (Gefäßneubildung). Bereits ab der Größe von einigen Millimetern, ist die Versorgung des Tumors
mit Sauerstoff und anderen essentiellen Faktoren gemindert, so dass es zu Nekrosen (Absterben von Zellen) im Tumorzentrum kommt. Um dem entgegenzuwirken ist eine relativ früh
einsetzende Angiogenese und Vaskularisation entscheidend. Damit zeigt sich, dass die bislang
bezeichnete Autonomie des Krebses nur einer vereinfachten Darstellung zugrunde lag, d.h.
das der Krebs doch kein rein Zell-Autonomes System ist, sondern abhängig von der Wechselwirkung mit den umgebenden Nachbarzellen ist [Kenny et al., 2007].
Krebszellen tragen eine Kaskade genetischer und epigentischer Veränderungen, die im Verlauf der Tumorentstehung akkumulieren und sich gegen Selektions- und Evolutionsdruck behaupten müssen, um nicht letal zu sein und in die nächste Tumor-Tochterzellgeneration weitergegeben werden zu können. Die Penetranz bezeichnet das Ausmaß einer bestimmten phä-
Einleitung 9
notypischen Manifestation eines bestimmten Genotyps, und ist für einige Genotypen durch
weitere Faktoren, wie altersbedingte Veränderungen, beeinflusst [Beckmann et al., 2007].
Phasen der Tumorgenese
Es gibt eine Vielzahl von Theorien zur Krebsentstehung. Die bisher nahe liegende ist, dass ein
Kopierfehler, ein (sogar angeborener) Schaden der DNA in bestimmten Genen die Initialzündung für die Karzinogenese liefert [Loeb, 1991]. Mögliche Ansatzstellen für eine Kanzerisation sind in Abbildung 1. dargestellt. Krebs entsteht aus einer ausgereiften, InvasionsBefähigten Krebszelle. Die Krebsentstehung (Kanzerogenese) kann dabei als ein Mehrstufenprozess mit langjähriger Latenzzeit angesehen werden, der in drei Phasen unterteilt werden
kann [Harris, 1991; Weinberg, 1989]. Erst die Addition mehrerer genetischer Veränderungen
(Aberrationen) führt zur Entstehung eines manifesten Karzinoms [Lengauer, 1997; 1998].
Abbildung 1.: Defekte im Zellzyklus, die zu einer Missverteilung der Chromosomen führen können. Gene,
die aufgrund von Veränderungen in der DNA-Reparatur und dadurch hervorgerufener Genom Instabilität betroffen sind, sind rot dargestellt. [Marx, 2002]
Einleitung 10
Veränderungen des Erbgutes durch kanzerogene Substanzen können eine normale Zelle in
einen „ präkanzerösen“ Zustand überführen, man bezeichnet diesen Vorgang als Initiation
(vergleiche Abbildung 2). Dabei werden durch kanzerogene Substanzen erste DNASchädigungen induziert, die zu Nukleotidsequenz-Austausch führen. Hierzu zählen intragenetische Gen- bzw. Punktmutationen sowie Basen-Substitutionen, Deletionen oder Insertionen
einzelner oder mehrerer Nukleotide. Dazu gehören auch Polymorphismen, z.B. SNPs (single
nucleotide polymorphisms). Diese Prozesse können bei der Zellteilung den normalen Ablauf
der Replikation stören und so Mutationen im Tochter-DNA-Strang verursachen. Der Grad der
Auswirkung der DNA-Schädigung ist abhängig von der Art und der Lage der dadurch ausgetauschten Aminosäure im Protein, so führt nicht jeder Nukleotid-Austausch zu einer Veränderung des Gen-Produktes. Wird die genetische Information jedoch verändert, entstehen u.a.
Abbildung 2.: Die Karzinogenese ist ein mehrstufiger Prozess, der multiple genetische und epigenetische Veränderungen in Protoonkogenen, Tumorsuppressorgenen und anderen involviert (Harris,
1991)
Missens- oder Nonsens-Mutationen, Stop-Kodons oder Leseraster-Mutationen, bei welchen
infolge Insertion oder Deletion der Basen-Triplet-Code eine andere Bedeutung bekommt und
ein so genannter Frame-Shift, eine Verschiebung des Leserasters, auftritt. Geringe Veränderungen verursachen z.B. Austausche gleicher Aminosäuren. Substitution eines Pyrimidinbzw. Purin-Nukleotids gegen ein anderes Pyrimidin- bzw. Purin-Nukleotid wird Transition,
Substitution eines Pyrimidin- gegen ein Purin-Nukleotid Transversion genannt. Neben diesen
„ Mikro-Mutationen“ treten auch größere auf, die Chromosomen-Mutationen. Das sind Veränderungen der Form bzw. der Struktur von Chromosomen, wie z.B. Translokation. Dabei handelt es sich um Fusionen von verschiedenen Chromosomen oder von Segmenten einzelner
Einleitung 11
Chromosomen. Beim zusammengesetzten (fusionierten), im Gegensatz zum einfachen
(Wild-) Typ, können dabei während der Rekombination Deletionen oder Insertionen von Anteilen chromosomaler Arme auftreten, was zu Verlusten oder Zugewinnen an chromosomalem
Material, und hierdurch bedingt zur Produktion neuer Gene, so genannter Fusionsgene, führen
kann. Bei Genom-Mutationen handelt es sich um Änderungen in der Chromosomenzahl, Aneuploidie genannt, durch Verlust (Deletion) oder Vervielfachung (Amplifikation) ganzer
Chromosomen oder Anteile von Chromosomen [Beckmann et al., 2007]. Aneuploidie kann in
vielen Tumorarten beobachtet werden und ist eine Missverteilung der Chromosomen während
der Mitose, wobei der genaue Prozess derzeit immer noch unklar bleibt [Weaver und Cleveland, 2005]. Nach der „ Aneuploidie-Hypothese“ ist die Aneuploidie die treibende Kraft der
Tumorgenese und demnach proportional zur chromosomalen Instabilität [Boveri, 1902; Nowell, 1976; Duesberg et al., 2001; 2003; 2005]. Die Identifizierung von spezifischen Signalmustern bzw. Aneuploidieclustern innerhalb des Gewebeverbandes können daher neue Informationen über die Tumorentwicklung liefern.
Spontane oder durch Chemikalien ausgelöste Mutationen treten an ca. 10000 Stellen pro Zelle
und Tag auf. Mutationsereignisse sind dabei nicht gleichmäßig über die Sequenz eines Gens
verteilt. Es gibt Stellen, an welchen Mutationen selten oder nicht auftreten, während an anderen, so genannten „ hot-spots“ , mehrere unabhängige Mutationsereignisse auftreten können.
Auch in präneoplastischen Veränderungen wie Hyperplasien und Dysplasien sind bereits genetische Veränderungen vorhanden. Dabei ist der Tumorphänotyp genetisch determiniert, es
handelt sich um eine Störung und Deregulierung physiologisch aktiver oder mutierter Gene
auf DNA-, RNA- und Proteinebene.
Das weitere Schicksal der mutierten Zelle hängt stark von der Art der Mutation ab. Während
manche Mutationen die Zellfunktion gar nicht beeinträchtigen (stille Mutation), und zu viele
Mutationen meist das Absterben der Zelle zur Folge haben, scheinen besonders Mutationen in
wichtigen Kontrollgenen die Krebsentwicklung zu initiieren (z.B. durch Aktivierung von Onkogenen, das sind Gene, die in Wachstumsstimulierende Pathways involviert sind; oder Deaktivierung von Tumorsuppressorgenen, welche das normale Wachstum kontrollieren und inhibieren). So zeigen beispielsweise die Hälfte aller menschlichen Tumoren Mutationen im Tumorsuppressorgen p53. Eine besondere Bedeutung kommt den DNA-Reparatursystemen zu,
die normalerweise mit hoher Effizienz Replikationsfehler korrigieren und damit Mutationen
verhindern. Diese Systeme können versagen, wenn z.B. zu viele Fehler gleichzeitig auftreten
oder deren Wirkung durch Fremdstoffe gehemmt wird.
Einleitung 12
Erst durch den Einfluss bestimmter wachstumsstimulierender Faktoren tritt die Tumorgenese
in die Promotionsphase ein, in der sich die initiierte Zelle zu teilen beginnt (selektive, klonale
Expansion) [Tomlinson und Bodmer, 1999]. Diese Wachstumsstimulation kann durch Chemikalien ausgelöst werden, aber auch durch Entzündungen oder körperfremde Feststoffe.
Durch weitere genetische und epigenetische Faktoren tritt die Kanzerogenese in die dritte
Phase, die Progressionsphase, ein. Hierbei entwickeln die Zellen Eigenschaften des ungehemmten Wachstums und Metastasierung; man spricht auch von einer malignen Transformation. Ein Tumorwachstum entsteht durch ein Ungleichgewicht zwischen überschießender Proliferation und vermindertem Absterben von Tumorzellen, der Apoptose (programmierter Zelltod). Weitere Zellvermehrung führt schließlich zur Bildung von Tumoren und damit zu klinisch erkennbarem Krebs. Dabei ist entscheidend, dass verschiedene innere und äußere Faktoren zu Mutation, Gen-Überexpression und Gen-Unterexpression führen und somit unterschiedliche Pathways involviert sind, die nicht zu einem typischen, allgemeingültigen KrebsPathway führen, sondern über verschiedene Wege zu Zellen mit einem für Krebs charakteristischen Phänotyp [Kufe et al., 2003; Weinberg, 2006].
Kritisch an dem Mehrstufenmodell der Karzinogenese ist, dass es nur den Prozess der Krebsentstehung beschreibt, aber nicht auf die Ursache eingeht. Beobachtungen an Retinoblastomen (Rb) von Kindern führten zu der von Knudson (1971) postulierten „ Two-Hit“ Hypothese: Zwei unabhängige Mutationen sind erforderlich, um zu einem malignen Wachstum zu führen. Bei der vererbten (hereditären) Form des Retinoblastoms ist ein Teil der Vorraussetzung durch das Vorliegen einer Keimbahn-Mutation erfüllt; das Entstehen einer zweiten Mutation, ist die zweite Vorraussetzung. Dies erklärt das sehr frühe und bilaterale Auftreten der Tumore in hereditären Fällen. Bei sporadischen Tumoren müssen zwei unabhängige
Veränderungen in derselben Zelle erworben werden [Knudson, 2001]. Nowak et al. (2002)
hingegen behaupten, dass Tumore aufgrund einer Mutation, die zu einer chromosomalen Instabilität (CIN) führt, initiiert werden. Sie vermuten weiter, dass sporadische Tumore eine
vererbbare Aberration, die eher die genetische Instabilität als das zelluläre Wachstum beeinflusst, als erste Veränderung tragen.
Auch altersbedingte chromosomale Veränderungen, wie die Telomerverkürzung, können Ursache einer Krebsentstehung sein. Die Telomerverkürzung findet mit jeder Zellteilung bis zu
einem kritischen Wert, dem so genannten Hayflick Limit [Hayflick und Moorhead, 1961],
statt. Bei einer Fehlfunktion können Signalwege, in denen über p53 oder das RetinoblastomaGen involviert sind, zu weiteren Zellteilungen und damit zu offenen Chromosomen-Enden
Einleitung 13
führen, welche weiterhin über den „ breakage-fusion-bridge“ Mechanismus chromosomale
Aberrationen in den Zellen bewirken können [McClintock et al., 1941].
Nicht jede Mutation ist dazu fähig eine Zelle in einer malignen Form zu transformieren, dazu
spielen viel zu viele Faktoren eine Rolle, die darüber entscheiden, welche Mutation transformierend wirkt und ob diese Veränderung das Tumorwachstum vorantreibt (mit einem
„ Wachstumsvorteil“ einhergeht) [Vineis, 2003 und Vineis et al., 2007]. Die Untersuchung des
Schicksals erster präkanzeröser Mutationen stellt sich bisher als technisch schwierig dar, da
Krebs meist in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird bzw. um ausschlaggebende Mutationen in prämalignen Stadien zu detektieren, Untersuchungen auf dem EinzelzellLevel durchgeführt werden müssten. Spencer et al. (2006) haben deshalb versucht mit Hilfe
eines Computer-basierten Modells sich der Evolution der Tumorgenese zu nähern und dabei
unter anderem festgestellt, dass am Anfang der Tumorgenese verschiedene heterogene, polyklonale Zell-/Mutationsklone existieren. Welche Veränderungen am Anfang der Tumorgenese stehen und zu weiterem Tumorwachstum führen, müsste noch experimentell genauer
untersucht werden.
Das Harnblasenkarzinom
Epidemiologie
Das Harnblasenkarzinom ist der zweithäufigste urologische Tumor nach dem Prostatakarzinom. In der Bundesrepublik Deutschland erkranken jährlich ca. 26000 Patienten neu an einer
bösartigen Neubildung (maligne Neoplasie) der Harnblase, dem Harnblasenkrebs. Ungefähr
5000 Patienten versterben tumorbedingt. Am häufigsten tritt der Harnblasenkrebs im höheren
Alter zwischen 50 und 70 Jahren auf. Männer sind dabei mehr als doppelt (2,5-3-mal) so häufig betroffen als Frauen [Bertz et al., 2006].
In ca. 90 % entstehen Harnblasenkarzinome in der Schleimhaut (Urothel), die neben der
Harnblase auch Nierenbecken, Harnleiter und Harnröhre auskleidet, so genannte Urothelkarzinome. Die restlichen 10 % bilden Plattenepithelkarzinome, welche eine maligne Entartung
(Transformation) eine Plattenepithelmetaplasie und somit eine histologische Veränderung des
Urothels sind, sowie Adenokarzinome der Harnblase. 70-80 % der Patienten haben bei Diagnosestellung einen oberflächlichen Tumor (pTa1), während bei 30 % bereits ein fortgeschrittenes, in die Muskulatur fortgeschrittenes Krebsstadium vorliegt. Es werden flache Wachstumsformen von papillären unterschieden [Eble et al., 2004].
Einleitung 14
Nach kompletter Resektion können 60-80 % der Patienten nach 4 Jahren ein Rezidiv entwickeln. Das Progressions-Risiko ist bei nicht invasiven Tumoren pTa um vieles kleiner (> 4%)
als bei pT1-Tumoren (30%). Jedoch haben Tumorrezidive häufig ein höheres malignes Potential, welches sich in zunehmender Invasivität und schlechterem Tumorgrading widerspiegelt.
Entwicklung und Anatomie der Harnblase
Die Harnbase (Vesica urinaria) zählt neben Nierenbecken (Pelvis renalis), Harnleiter (Urether) und Harnröhre (Urethra) zu den ableitenden Harnwegen (siehe Abbildung 3).
Wegen der ontogenetischen Zusammenhänge werden Harn- und Geschlechtsorgane unter der
Bezeichnung Urogenitalsystem zusammengefasst. Entwicklungsgeschichtlich sind die ableitenden Harnwege unterschiedlicher Herkunft. Nierenbecken, Urether, Trigonum (Trigonum
vesicae) der Harnblase und Teile der prostatischen Harnröhre entstehen aus dem gemeinsamen nephrogenen Strang, was ein Teil der Urogenitalfalte ist, dabei handelt es sich um eine
Mesodermvorwölbung; hingegen entsteht der Rest der Harnblase aus der Kloake, welche im
Frühstadium der gemeinsame Endabschnitt von Darmkanal und Urogenitalsystem ist, somit
entsteht aus der Kloake auch der Enddarm [Schiebler, 2005].
Abbildung 3.: Die Harnblase (Quelle:Wikipedia)
Die Harnblase ist ein muskulöses Hohlorgan, welches den von den Nieren gebildeten Urin
aufnimmt. Ihre Form variiert je nach Entwicklungsstand und Füllungsgrad. Sie ist im kleinen
Becken unter dem Peritoneum (Bauchfell), welches die Harnblase vom Scheitel (Apex vesicae) bis ungefähr zur Einmündung der Uretheren (Ostium ureteris) bedeckt, und hinter der
Symphyse lokalisiert. Sie ist am Beckenboden, der Blasenvorderwand und über den Urachus
Einleitung 15
(Allantoisrudiment,
ursprünglicher
Harngang)
an
der
Abdomenvorderwand
fixiert.
Makroskopisch wird die Harnblase in den Blasenhals (Collum vesicae) am Übergang zur Urethra (Harnröhre), das 3x5 cm große Trigonum zwischen Uretherenmündungen und Blasenauslass, in die Basis oder den Blasengrund (Fundus vesicae), die lateralen und anteriore Region und den Blasenscheitel (Apex vesicae) unterteilt [Schiebler, 2005; Schubert, 1997].
Die Harnblasenwand besteht aus drei Schichten: Tunica mucosa (Muskelschicht), Lamina
Propria und der Urothelschicht (Schleimhaut). Die Schleimhaut ist im Gegensatz zur darunter
liegenden Muskelschicht verschieblich (siehe Abbildung 4). Sie ist bei leerer Blase in Falten
gelegen, die mit zunehmender Füllung verschwinden. Eine Ausnahme bildet das Trigonum,
hier ist die Schleimhaut mit der Muskelschicht verwachsen [Benninghoff, 1993].
Die Lamina propria ist eine gut verschiebliche, gelegentlich auch Fettzellen enthaltende Bindegewebsschicht (Tela submucosa). Die Tunica muscularis besteht aus netzartig miteinander
verflochtenen Bündeln glatter Muskulatur. Die Blasenmuskulatur ist so konzipiert, dass während der Miktion (Blasenentleerung) die Urethermündungen verschlossen werden und der
Blasenauslass geöffnet wird [Bucher und Wartenberg, 1997].
Die Lamina Propria befindet sich zwischen Tunica muscularis und Urothel. Diese Schicht
besteht aus lockerem, blutgefäßreichem Bindegewebe mit einzelnen markscheidenfreien Nervenfasern und meist wenigen, unterschiedlich dicht und parallel zur Oberfläche angeordneten
glatten Muskelfaserbündeln [Schubert, 1997].
Das auskleidende Urothel (Transitionalepithel, Übergangsepithel) ist normalerweise in der
Harnblase 5-7 Zelllagen hoch. Es enthält in allen Bereichen der ableitenden Harnwege eine
charakteristische oberflächliche Zellschicht (Superfizialzellen, „ umbrella cells“ ), die von einer Sialinsäurehaltigen Mukopolysaccharidschicht bedeckt ist. Diese Schicht dient dem Urothel als Schutz vor Infektionen und anderen schadhaften Substanzen im Urin. Studien zeigten, dass antimikrobiell wirkenden Peptide (AMP; z.B. Cathelicidin und Defensin) gegen eine
bakterielle Kolonisation des Urothels sorgen (Ausnahme: der Harnröhren-Einlass und der
Urin selbst) [Zasloff, 2006]. Die Superfizialzellen haben luminal eine verdickte Doppelmembran („ asymmetric unic membrane“ = AUM), die urothelspezifische Antigene (z.B. Uroplakin III) enthält. Unter dieser oberflächlichen Zellschicht liegt eine 2-5 Zelllagen hohe
Schicht kleiner Intermediärzellen und an diese Zellschicht grenzt die Basalzellschicht mit
länglichen, senkrecht zur Basalmembran angeordneten Zellkernen an (sog. Palisadenstellung)
[Schubert, 1997].
Im Trigonum finden sich plattenepitheliale Zellen, die in ihrem Metabolismus (z.B. Glykogengehalt) hormonabhängig sind und u.a. Östrogenrezeptoren enthalten [Schubert, 1997].
Einleitung 16
Urothel
Lamina propria
Tunica
muscularis
-- Deckzellen
„ umbrella cells“
Stratum
longitudinae
Stratum
circulae
-- Intermediarzellen
-- Basalzellen
--Stroma
Tunica adventitia
Abbildung 4.: Die Harnblasenwand (verändert nach Gray, 1918)
Ätiologie des Harnblasenkarzinoms
Für die Entstehung von Harnblasenkarzinomen wird ein multifaktorieller, mehrstufiger Prozess diskutiert, bei dem komplette bzw. inkomplette Faktoren die maligne Transformation in
der Urothelzelle verursachen (Initiation) und proliferationsstimulierende Mediatoren in einem
zweiten Schritt bzw. mehreren Schritten das Tumorwachstum realisieren (Promotion) [Bichler
et al., 2000]. Die Entstehung multipler Tumoren an unterschiedlichen Stellen im Urothel ist
bedingt durch ähnliche Veränderungen, die entweder simultan oder sequentiell innerhalb einzelner Zellen an verschiedenen Lokalisationen auftreten [Tanagho und McAninch, 1992].
Vor allem berufliche und außerberufliche Umwelteinflüsse sowie bestimmte Lebensgewohnheiten sind für die Harnblasenkarzinogenese bedeutend. Als Hauptursache für den Harnblasenkrebs gelten dabei das Rauchen und die Exposition gegenüber aromatischen Aminen.
Daneben wurden verschiedene weitere chemische Substanzen als krebsauslösend beschrieben.
Als Karzinogene bekannt sind die aromatischen Amine 2-Naphtylamin, Benzidin und 4Aminobiphenyl [Jost, 2003]. Es gibt auch etliche Karzinogene bzw. Co-Karzinogene, die im
Körper erst synthetisiert werden können, wie sekundäre und tertiäre Amine oder Nitrosamine,
die bei Vorhandensein von Nitrit bzw. Nitrat entstehen. Eine Rolle spielen auch einige Medikamente, wie Cyclophosphamid-haltige Zytostatika oder der Gebrauch von Analgetika, deren
Metaboliten (Phenacetin) als eine Ursache von Harnblasenkrebs gilt. Als erwiesen gilt
Einleitung 17
schließlich die Assoziation zwischen der Schistosomiasis (Bilharziose) der Harnblase und der
Harnblasentumorgenese [Eble et al., 2004; Bichler et al., 2000].
Pathologie des Harnblasenkarzinoms
Harnblasentumore entwickeln sich aus dem Urothel, und zwar bevorzugt an durch kanzerogene Noxen persistent exponierter Stellen (Seitenwände: 46%; Hinterwand: 18 %; Trigonum:
13 %; Blasendach: 9%; Vorderwand: 8 %; Blasenhals: 6 %) [Helpap, 1993] Jedem invasiven
Urothelkarzinom geht eine präneoplastische/-kanzeröse oder nicht-invasive Läsion voraus.
Sie kann auf eine Transformation einer einzigen immortalisierten (Stamm-) Zelle oder viral
immortalisierten, urothelialen Basalzelle zurückgeführt werden und ist folglich monoklonal
(wobei auch eine polyklonale Entstehung in der Literatur diskutiert wird). Auch auf molekularer Ebene (DNA, RNA, Protein) können Veränderungen und Akkumulationen der Aberrationen im Verlauf der Harnblasentumorgenese von einer Präkanzerose zu einem muskelinvasiven und metastasierenden Karzinom beobachtet werden [Riede und Schäfer, 1995].
Flache urotheliale Läsionen: Hyperplasie, Metaplasie, reaktive Atypie, Dysplasie, CIS
Das normale Harnblasenepithel besteht meist aus drei bis sieben Zellschichten (siehe Abbildung 4). Der Basalmembran sitzen kleine kubische Basalzellen auf, von denen die proliferierten und differenzierten Zellen zum Lumen der Harnblase hin wandern, wobei sie sich vergrößern und schirmartig dem Urothel aufliegen, als so genannte Umbrella-Zellen. Sie werden
durch Desquamation mit dem Urin ausgeschwemmt [Bichler et al., 2000; Helpap, 1989]. Das
normale Epithel kann durch verschiedene Ursachen, z.B. Entzündungen oder Karzinogene,
proliferativ oder metaplastisch verändert sein. Man unterscheidet dabei die Hyperplasie von
Metaplasie und Dysplasie.
Durch Proliferation kann es zu der Wachstumsformation einer Hyperplasie kommen, einer
durch Mitosen vermehrter Zellzahl [Hildebrandt, 1998]. Die einfache Hyperplasie kann fokal
oder diffus zu einer Verbreiterung des normalerweise dreischichtigen Urothels führen und
teilweise Atypien aufzeigen. Durch papilläre Hyperplasien ist oft eine Abgrenzung zu den so
genannten benignen Papillomen bzw. gutdifferenzierten Karzinomen schwierig [Bichler et al.,
2000]. Untersuchungen zeigten, dass Hyperplasien von Patienten, die in der Folge ein papilläres Urothelkarzinom entwickelten, dieselben genetischen Aberrationen aufwiesen, wie im
papillären Karzinom. Mehr als 70 % der untersuchten Hyperplasien besaßen Deletionen am
Einleitung 18
Chromosom 9 (meist Monosomie); gleichzeitig konnten p53-Deletionen beobachtet werden
[Hartmann et al., 1999]. Als weitere benigne urotheliale Hyperplasie sind die von Brunnerschen Zellnester zu nennen. Sie gehen wahrscheinlich von den Basalzellen aus und tauchen in
der Submucosa auf [Edwards et al., 1972].
Die reaktive Atypie wird von der WHO als eine benigne Läsion klassifiziert und umfasst Veränderungen des Gewebes aufgrund von chronisch entzündlicher Prozesse, Infektionen, Steinleiden oder medikamentös-toxisch Induktion [Helpap und Köllermann, 2000].
Mit zunehmenden Atypien und Abnahme der Palisadenstellung der Basalzellen kommt es
zum Bild der Dysplasie des Urothels. Die Dysplasien werden strikt vom Carcinoma-in-situ
(CIS) unterschieden [Eble et al., 2004]. Dysplasien leichteren Grades sind Veränderungen des
Urothels mit Kernvergrößerung, Anisomorphie und Hyperchromasie der Zellkerne, wobei
diese Zellkernveränderungen noch reversibel sein können [Weinberg, 2006]. Die Übergänge
zum Carcinoma-in-situ sind fließend und schwer differenzierbar. Das CIS gilt als karzinomatöse Vorstufe und ist gekennzeichnet durch eine hochgradige Kernpolymorphie und Desquamation einzelner Zellen [Kunze 1998].
Karzinome – Carcinoma-in-situ, Urothel-, Plattenepithel-, Adenokarzinom u.a.
Die Mehrzahl der Harnblasenkarzinome besteht zu ca. 90 % aus Urothelkarzinomen, ca. 5-6%
aus Plattenepithelkarzinomen und ca. 2 % aus Adeno- bzw. undifferenzierten Karzinomen
[Bichler et al., 2000]. Seltener sind sekundäre Blasentumore (<1%), die durch Infiltration
(weibliches Genitale, Prostata, Kolon) und Metastasierung (Mamma-, Magen-, Bronchialkarzinom, Melanom) anderer Tumore entstehen.
Das Carcinoma-in-situ (CIS) stellt eine Sonderform des Blasenkarzinoms dar. Dabei handelt
es sich um eine intraepithelial wachsende, die Lamina propria nicht infiltrierende, maligne
Läsion mit Zeichen einer Entdifferenzierung (G3). Histologisch unterteilt McKenney et al.
(2001) das CIS in sechs Typen. Haupt-Kennzeichen des CIS sind große Zellkerne mit hohem
Chromatingehalt, prominente Nukleoli und einer erhöhten mitotischen Aktivität. Suburothelial findet sich eine ausgeprägte Angioneogenese [Riede und Schäfer, 1995; McKenney et al.,
2001]. Das Carcinoma-in-situ kann sowohl als einzige Tumorentität, als auch in Kombination
mit einem anderen Blasentumor vorkommen [Jakse et al., 1989; Althausen et al., 1976]. In
38-83% entwickelt sich aus dem Carcinoma-in-situ innerhalb von 5 Jahren ein invasives Karzinom [Koss et al., 1974]. Besondere Sonderformen des CIS sind zum einen der Denuding
Typ, bei dem zum größten Teil das Urothel abschilfert, und die selten vorkommende pagetoi-
Einleitung 19
de Variante. Kennzeichen der pagetoiden Variante ist, eine unübliche, zufällige, nicht weitläufige Verteilung von großen einzelnen Zellen oder Zellgruppen in ansonsten normal erscheinendem Urothel; und das stets sekundäre Auftreten (nie Initial-Läsion) im Beisein einer anderen malignen Neoplasie oder einem manifestem CIS [Orozco et al.; 1993; McKenney et al.,
2001; Lopez-Beltran et al., 2002b]. Das pagetoide Wachstum gilt als eine Mikroinvasion und
Kanzerisation des Urothels [Demir et al., 2003].
Das Urothelkarzinom kann in rein papillärer oder in prädominant solider Form auftreten; mit
oberflächlichen oder invasiven Habitus [Knowles, 1999]. Die Mehrzahl der Urothelkarzinome
(ca. 75-85 %) weisen bei Diagnosestellung ein Tumorstadium Ta oder T1 auf, d.h. sie wachsen oberflächlich. Ebenso sind die meisten papillär und hoch bis mäßig differenziert, d.h. sie
liegen in einem Differenzierungsgrad G1 oder G2 vor. Typischerweise kommt es bei 70-80 %
der Patienten mit derartigen papillären Tumoren zu wiederholten lokalen Rezidiven, wobei es
in 20-30 % zu einer Tumorprogression mit Verschlechterung des histologischen Differenzierungsgrades kommt. Alle Urothelkarzinome die ein Tumorstadium von T2 oder mehr aufweisen, gelten als invasiv. Diese Gruppe von Tumoren, die ungefähr 30 % ausmacht, hat eine
vielfach schlechtere Prognose. Invasive Tumore können endo- oder exophytisch wachsen
[Riede und Schäfer, 1995]. Die endophytischen Tumoren werden auch als „ solide“ Tumoren
bezeichnet und können eine noduläre oder ulzerierte Oberfläche aufweisen.
Das Plattenepithelkarzinom findet man gehäuft zusammen mit einer Bilharzioseerkrankung
[Riede und Schäfer, 1995]. Histologisches Kennzeichen der Plattenepithelkarzinome sind
keratisierende Zellgebiete, in denen einzelne Zellen konzentrisch von Plattenepithel umgeben
werden. Mehr als 80 % der Plattenepithelkarzinome sind mäßig bis schlecht differenziert und
wachsen bereits zum Zeitpunkt der Erstdiagnose muskelinvasiv, was zu einer sehr ungünstigen Prognose führt.
Adenokarzinome machen weniger als 2% aller Blasentumore aus. Dieses seltene Harnblasenkarzinom soll von den Urachusresten des Blasendaches oder von den periprostatischen Drüsen ausgehen [Riede und Schäfer, 1995].
Das Auftreten anderer Karzinome ist mit unter 1 % viel seltener [Helpap, 2001]. Hierzu zählen sowohl benigne (Fibrom, Myxom, Leiomyom, Hämangiom, Neurofibrom, Neurinom) als
auch maligne Formen (Leiomyosarkom, Fibrosarkom, Rhabdomyosarkom, retikuloendotheliale Tumore). Ein weiterer, seltener epithelialer Tumor der Harnblase ist das primäre maligne
Melanom. Die Prognose ist ungünstig, einen Heilung ist bis heute nicht beschrieben worden
[Rübben et al., 1998; Riede und Schäfer, 1995]. Es gibt ebenso Harnblasenmetastasen von
Magenkarzinomen und Nierenzellkarzinomen, die aber sehr selten beobachtet werden.
Einleitung 20
TNM-Klassifikation – Tumor-Staging/-Grading
Die Stadieneinteilung des Harnblasenkarzinoms erfolgt nach der TNM-Klassifikation für urologische
Tumoren der Union International Contre le Cancer
(UICC) und nach dem Differenzierungsgrad der Tumorzellen (Grading) (WHO).
Die histologische WHO-Klassifikation urothelialer
Harnblasentumoren und abnormer flacher Urothelläsionen wurde 1999 aktualisiert [Mostofi et al., 1999].
Die Klassifizierung und Definition verschiedener flacher urothelialer Läsionen und einiger Varianten invaAbbildung 5.: Stadieneinteillung des
Harnblasenkarzinoms
siver urothelialer Karzinome wurden hinzugefügt (siehe Tabelle 1). Die Aktualisierung war notwendig, um
der Biologie und dem Verhalten (der Dignität) der
verschiedenen Läsionen besser gerecht zu werden sowie eine schärfere Trennung zwischen
benignen und malignen urothelialen Prozessen zu ziehen. Die Präzisierung der Terminologie
soll den Vergleich von Studienergebnissen erleichtern (Helpap, 2002).
Tabelle 1.: WHO/ISUP-Konsensus-Klassifikation 1999
Normal
Papilläre urotheliale Neoplasien
Normales Urothel
Papillom
Hyperplasie
Invertiertes Papillom
Flache Hyperplasie
Papilläre Neoplasia mit niedrig-malignem Potential
Papilläre Hyperplasie
(PUNLMP)
Flache Läsionen mit Atypien
Papilläres urotheliales Karzinom (low-grade)
Reaktive (inflammatorische) Atypie
Papilläres urotheliales Karzinom (high-grade)
Atypie unklarer Bedeutung
Invasive Neoplasien
Dysplasie (low-grade intraurotheliale Neoplasie)
Invasion der Lamina propria
Carcinoma-in-situ (high- grade intraurotheliale Neoplasie)
Invasion der Muskulatur
Der Klassifikation der Harnblasenkarzinome liegt die Infiltrationstiefe zugrunde, welche in
der Stadieneinteilung nach der TNM-Klassifikation berücksichtigt wird (siehe Tabelle 2).
Mit dem Stadium Ta wird ein Tumor bezeichnet der noch auf die Blasenmukosa beschränkt
ist. Die Infiltration des subepithelialen Bindegewebes bis an die untere Begrenzung (Lamina
propria) heran, bezeichnet man als Stadium T1. Nach Durchbrechen des Tumors durch die
Lamina propria hindurch in die oberflächliche Muskelschicht liegt das Stadium T2 vor. Im
Stadium T3 ist das perivesikale Gewebe infiltriert, während bei Infiltration der Nachbarorga-
Einleitung 21
ne des kleinen Beckens (Prostata, Samenblase, Uterus, Vagina) das Stadium T4 erreicht ist
(siehe Abbildung 5). Mit dem Zusatz (m) werden multiple Läsionen bezeichnet.
Die Infiltrationstiefe des Tumors hat entscheidenden Einfluss auf die später zu wählende Therapie [Jost, 2003]. Klinisch werden daher oberflächlich wachsende Karzinome (pTa, Cis, pT1)
und invasiv wachsende (infiltrierende) Karzinome (
pT2) unterschieden. Jedoch können
Tumore des Stadiums T1 aufgrund ihrer Infiltration des subepithelialen Bindegewebes nicht
mehr im engeren Sinne zu den oberflächlichen Tumoren gezählt werden.
Je nach Lymphknotenbefall und Fernmetastasierung wird entsprechend die Therapiewahl getroffen. Unter regionären Lymphknoten versteht man jene des kleinen Beckens. Das Harnblasenkarzinom metastasiert hämatogen am häufigsten in die Lunge, das Skelettsystem und die
Leber [Tanagho und McAninch, 1992].
Tabelle 2.: TNM-Klassifikation (nach Wittekind et al. UICC TNM-System, 2002)
Primärtumor (T= lokale Ausdehnung)
Lymphknotenbefall (N)
TX
Primärtumor kann nicht beurteilt werden
NX
T0
kein Anhalt für Primärtumor
Ta
nichtinvasiver papillärer Tumor
N0
Kein Anhalt für regionäre Lymphknoten
Tis
Carcinoma-in-situ („ flacher Tumor“ )
N1
Metastase in solitären Lymphknoten
T1
Tumor infiltriert subepitheliale Bindegewebe
T2
Tumor infiltriert Muskulatur
T3
werden
2 cm in
größter Ausdehnung
N2
Metastase in solitären Lymphknoten >2 cm,
T2a
aber < 5 cm in größter Ausdehnung oder
T2b
multiple Lymphknoten
Tumor infiltriert perivesikales Fettgewebe
N3
T3b
Tumor infiltriert benachbarte Organe
T4a
T4b
5 cm
Metastasen in Lymphknoten > 5 cm in größter
Ausdehnung
T3a
T4
Regionäre Lymphknoten können nicht beurteilt
Fernmetastasen (M)
MX
Fernmetastasen können nicht beurteilt werden
M0
Kein Anhalt für Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
Differenzierungsgrad (G)
G1
gut differenziert
G2
mäßig differenziert
G3
schlecht differenziert
G4
Anaplastisches Karzinom (entdifferenziert)
Der Differenzierungsgrad eines Harnblasentumors beurteilt die Stärke der ZellmorphologieAbweichungen und korreliert mit dem Tumorstadium und der Überlebenszeit des Patienten.
Einleitung 22
Symptomatik, Diagnostik und Therapie des Harnblasenkarzinoms
Das Hauptsymptom ist die Hämaturie, die bei 80-90 % der Patienten schmerzlos verläuft und
makroskopisch bereits im Urin nachweisbar ist [Jost, 2003]. Die Symptome der Reizblase, die
gewöhnlich das Resultat einer sekundären bakteriellen Infektion sind, finden sich bei einem
Viertel der Patienten mit Blasenkrebs. Hierzu zählen weitere Symptome, wie Miktionshäufigkeit, Dysurie, Harndrang und Nykturie. Wenn der Tumor ein Harnleiterostium obstruiert und
damit eine Hydronephrose hervorruft, können auch Schmerzen in der Flanke und Fieber auftreten. 20 % der Patienten haben keine spezifischen Symptome, so dass die maligne Erkrankung oft erst bei einer Untersuchung wegen einer okkulten Hämaturie oder Pyurie diagnostiziert wird [Tanagho und McAninch, 1992].
Bei der Diagnostik von Harnblasentumoren werden neben einer klinischen Untersuchung
auch Urinuntersuchungen und Zytologie sowie Zytoskopie eingesetzt. Es wird primär eine
Unterscheidung zwischen oberflächlichen und invasiven Wachstum angestrebt, da dies eine
unterschiedliche Therapie zur Folge hat. Ca. 70-80 % aller Harnblasenkarzinome weisen bei
Erstdiagnose ein oberflächliches Tumorstadium auf. Sie können multipel oder solitär auftreten. In 5-10 % dieser Fälle kommt es zu einer Progression des Tumorstadiums. Charakteristisch ist in diesen Fällen das hohe Rezidivrisiko in den ersten beiden Jahren (ca. 50-75 %).
Während die Prognose bei den oberflächlichen Urothelkarzinomen noch sehr gut ist (5Jahres-Überlebensrate von 50-95 %), sinkt diese bei invasiven Stadien auf unter 30 % [Eble et
al., 2004].
Eine Gewebeentnahme durch transurethrale Tumorresektion (TUR) oder Biopsie mit Zytologiegewinnung ist immer noch die beste diagnostische Methode mit der höchsten Sensitivität
und Spezifität von jeweils über 90 %. Das dabei entnommene Gewebe bietet die Möglichkeit
der genaueren histologischen Klassifizierung und im Falle eines nicht-invasiven Tumorstadiums zusätzlich eine Therapie. Die alleinige Zytologie ist eine nicht-invasive Methode mit nur
geringer Sensitivität von ca. 30 % bei gut differenzierten Harnblasenkarzinomen. Deshalb
wird der Fokus derzeit auf nicht-invasive Diagnoseverfahren (Analyse von Urin oder Blut)
gerichtet, die mit ebenso hoher Sensitivität und Spezifität zur frühen Tumordetektion bzw.
Tumorprogressionsbeurteilung
genutzt
werden
können.
Die
Fluoreszenz-in-situ-
Hybridisierung (FISH) findet zum gegenwärtigen Zeitpunkt als ein viel versprechender Urintest („ UroVysion“ von Vysis/Abbott), bei dem Chromosomen-Abnormalitäten bei Patienten
mit Harnblasenkarzinom mit einer Sensitivität von über 80 % und einer Spezifität bis zu 96 %
detektiert werden können [Halling et al., 2000; Tritschler et al., 2006]. Andere nicht-invasive
Einleitung 23
Diagnoseverfahren (vgl. Tabelle 3), wie der NMP22 BladderCheck-Test (gegen das nukleare
Matrixprotein, NMP22), zeichneten sich jedoch durch eine geringere Spezifität und Sensitivität aus [Tritschler et al., 2007].
Tabelle 3.: Klinisch zugelassene urinzytologische Tumormarker für das Harnblasenkarzinom
(nach Stenzl und FeiL, 2005)
TUMORMARKER
KENNZEICHEN
SPEZIFITÄT
SENSITIVITÄT
Zytologie
Nicht-invasive Methode
99 %
34%
ImmunoCyt/uCyt+ assay (Diagnocure Inc.)
Immunozytologisches Fluoreszenz Assay. Identifiziert
werden zwei Mucine und das
glykosylierte Carcinoembryonic Antigen (CEA)
80 %
73 %
BTA Trak Assay / BTA Stat
Test (Bard Diagnostic Sciences)
Enzym-Immunoassay gegen
hCFHrp (human complement
factor H related protein)
71 %/ 74 %
64 %/ 72 %
75 %/ 95 %
66 %/ 65 %
94 %
80 %
NMP22 / NMP22 BladderChek
Test (Maritech Inc.)
UroVysion Test (Abbott/Vysis)
Immunoassay gegen NMP22
(Nuclear matrix protein)
Multiplex-Fluoreszenz-insitu-Hybridisierung (MFISH) die Aneuploidie der
Chromosomen 3, 7, 17 und
Deletion des 9p21 Lokus
detektiert
Der Stellenwert der molekularbiologischen und der molekulargenetischen Parameter (unter
anderem p53, M344, MIB-1/Ki67, E-Cadherin, CK20, Mikrosatellitenanalyse, spezifische
Chromosomen-Aberrationen etc.) muss jedoch noch in weiteren klinischen Studien validiert
werden [Helpap et al., 2003]. Eine Zeit- und Kosten-effiziente Umsetzung zur Nutzung neuer
Urinmarker im klinischen Alltag wäre viel versprechend.
Mit der Fluoreszenzzytoskopie mit 5-Aminolävulinsäure (5-ALA), einer Photodynamischen
Diagnostik und Therapie Methode, können gezielte Biopsien bzw. Resektion flacher urothelialer Läsionen, die mit bloßem Auge schwer oder nicht erkennbar sind, durchgeführt werden.
Hierbei wird 5-ALA intravesikal instilliert. Die Substanz 5-ALA ist ein Ausgangsprodukt der
Hämbiosynthese. Durch exogene Zufuhr von 5-ALA lässt sich eine Akkumulation von endogenen Porphyrinen, in erster Linie von Protoporphyrin IX (PPIX), in Zellen epithelialen Ursprungs erreichen. Mittels blauvioletten Lichtes (Wellenlängenbereich von ca. 400nm) erfolgt
die Fluoreszenzanregung wobei die typische rote Fluoreszenz unter Verwendung eines gelben
Langpassfilters, welcher in das Okular der Beobachtungsoptik des Zytoskops eingebaut ist,
Einleitung 24
erkannt werden kann. Insbesondere flache Läsionen grenzen sich mit hohem Kontrast gegenüber der normalen Schleimhaut ab. Die Sensitivität dieser Methode ist mit 90-95% sehr hoch
[Heidenreich und Hofmann, 1999; Knüchel et al., 2003; Hungerhuber et al., 2007].
Bei fortgeschrittenen Tumoren der Harnblase sollten weitere Untersuchungen, wie Computertomographie (CT), Magnetresonanztomographie (MRT) und die Skelett-Szintigraphie zur
Bestimmung der Tumorausbreitung angeschlossen werden. Hierdurch kann eine Beurteilung
bezüglich dem Vorhandensein hämatogener bzw. lymphogener Fernmetastasen (Lunge, Leber, Knochen, ZNS) erfolgen.
Das therapeutische Vorgehen orientiert sich an Leitlinien, die von der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Gesellschaft für Urologie aufgestellt wurden. Dabei wird zunächst
zwischen einer Therapie oberflächlicher (Ta, T1, Tis) und einer Therapie invasiver Harnblasenkarzinome ( T2a) unterschieden.
Primäres Ziel aller therapeutischen Maßnahmen eines oberflächlichen Urothelkarzinoms ist
ein tumorfreies Überleben mit gleichzeitigem Bestehen einer funktionsfähigen Harnblase.
Eine transurethrale Resektion (TUR) ist nach wie vor der „ Goldstandart“ in der Therapie des
Harnblasenkarzinoms. Dabei werden zunächst die exophytischen Tumoranteile reseziert, des
weiteren die Tumorbasis einschließlich Blasenwandmuskulatur und die Tumorränder. Das
hierbei gewonnene Gewebe wird anschließend einzeln histopathologisch untersucht. Dies
erlaubt eine Beurteilung hinsichtlich Tumorart, Differenzierung und Infiltrationstiefe. Der
transurethralen Resektion folgt stets eine zytoskopische Rezidiv-Überwachung. Zur intravesikalen Rezidivprophylaxe stehen Zytostatika (Doxorubicin, Mitomycin C) und der Immunmodulator BCG (Bacillus-Calmette-Guérin) zur Verfügung. Der Vorteil einer intravesikale
Chemotherapie gegenüber einer BCG-Instillation bei Niedrig-Risiko-Patienten (pTaG1) ist
umstritten. Bei Mittel- und Hoch-Risiko-Patienten mit mehrfach rezidivierten Tumoren und
höherem Grading ist dagegen eine BCG-Instillation indiziert, da hiermit ein höheres progressionsfreieres Überleben erzielt werden kann. Nachteil dieser Behandlung ist die Gefahr des
Auftretens (selten) einer systemischen „ BCG-itis“ . Bei Hoch-Risiko-Patienten (unter anderem
mehrere Rezidive in kurzer Zeit) kann entweder eine Zystektomie oder eine kurative Radiotherapie angewandt werden, um einem muskelinvasiven Stadium vorzubeugen. Eine radikale
Zystektomie ist ebenfalls bei Patienten mit rezidivierendem Carcinoma-in-situ anzustreben.
Bei der radikalen Zystektomie werden beim Mann zusätzlich neben der Harnblase, auch Prostata und Samenblasen entfernt; bei Frauen werden Harnblase, gegebenenfalls Harnröhre, sowie Uterus entfernt. Die Art der Harnableitung richtet sich je nach Tumorstadium auch an den
persönlichen Wünschen des Patienten. Die häufigste angewandte Form ist das intestinale
Einleitung 25
Conduit, wobei die Harnleiter in ein ausgeschaltetes Darmstück implantiert werden und das
aborale Ende als inkontinentes Stoma in die Bauchwand eingenäht wird. Des Weiteren kann
man Darmsegmente als Ersatzblasen (Pouch) umformen. Bei den primär metastasierten Urothelkarzinomen versprechen Chemotherapien (z.B. Cisplatin und Methodrexat) einen guten
palliativen Effekt und Ansprechraten >50 % mit allerdings nur um Monate verlängertem Überleben [Jost, 2003; Heidenreich und Hofmann, 1999]]
Biologie des Harnblasenkarzinoms
Das Harnblasenkarzinom weist sowohl eine histologische als auch eine genetische Heterogenität auf. Auf genetischer Ebene können etliche komplexe und wiederkehrende chromosomale
Veränderungen beim Harnblasenkarzinom beobachtet werden. Für die Entstehung und Progression von Harnblasenkarzinomen stellen chromosomale Veränderungen offenbar eine elementare Ursache dar. Wie es zu dieser chromosomalen Instabilität kommt, ist bisher nicht
bekannt.
Studien haben gezeigt, dass vor allem Deletionen und chromosomale Hinzugewinne (Amplifikationen) beim Harnblasenkarzinom vorkommen, was in Kontrast zu in anderen Neoplasien,
wie Sarkomen und hämatologischen malignen Neoplasien, beobachteten Translokationen
steht. Aber auch epigenetische Veränderungen, wie eine genomweite Hypomethylierung stellt
ein sehr häufiges Ereignis in Urothelkarzinomen dar [Schulz, 1998].
Nicht-invasive niedriggradige oberflächliche Neoplasien, wie die papillären Läsionen
pTaG1-2, haben nur wenige genetische Veränderungen und werden deshalb als „ genetisch
stabil“ bezeichnet; während hochgradig nicht-invasive papilläre Urothelneoplasien (pTaG3),
Carcinoma-in-situ und invasiv wachsende (pT1-4) Karzinome als „ genetisch instabil“ eingestuft werden und im Durchschnitt 7-10 numerische Aberrationen pro Zelle besitzen [Eble et
al., 2004]. Aufgrund dieser unterschiedlichen Habitusformen des Urothelkarzinoms werden
zwei Pathways für die Harnblasenkanzerogenese diskutiert (siehe Abbildung 6) [Gibas und
Gibas, 1997].
Einleitung 26
Abbildung 6.: Entwicklung (Tumorgenese und Progression ) von Harnblasenkarzinomen.
* = Mutation; = geminderte Expression;
= Überexpression; - = Deletion; += Amplifikation HRAS
(Onkogen), FGFR3 (Fibroblast growth factor receptor; Onkogen), p53 (Tumorsuppressor), RB (Retinoblastoma Protein; Tumorsuppressor), N-/E-cad ( N-/E-Cadherin; Tumorprogression), MMPs (Matrix
Metalloproteinasen; Tumorprogression); VEGF (Vascular endothelial growth factor; Angiogenesefaktor),
TSP1 (Trombospondin 1; Antiangiogenesefaktor), COX2 (Cyclooxygenase 2; Antiangiogenesefaktor)
[verändert nach Eble et al., 2004 und Wu, 2005]
Diese Tatsache wird auch durch klinische Daten und Forschungsergebnissen gestützt [Wu,
2005]. Die im Harnblasenkarzinom veränderten Genabschnitte kodieren zum einen für Onkogene, die durch Mutation oder Amplifikation eine Aktivierung erfahren; und zum anderen
können Tumorsuppressorgene inaktiviert werden. Mehrere involvierte Tumorsuppressorgene
besitzen eine erhebliche Signifikanz bei der Regulation des Zellzyklus am G1-S Kontrollpunkt. Von besonderer Bedeutung für den G1-S-Übergang ist die Phosphorylierung des RbProteins. Fast alle fortgeschrittenen Karzinome weisen mindestens einen Defekt in dem RbRegulationssystem p15ink4b/p16ink4a - CDK4/6 - Cyclin D –RB und dem p53-Kontrollsystem
p14ARF – MDM2 – p53 – p21CIP1 auf (Bryan et al., 2005).
Zu den am häufigsten beobachteten numerischen Chromosomenaberrationen beim Harnblasenkarzinom zählen die Monosomie des Chromosoms 9 und Trisomie des Chromosoms 7.
Waldmann et al. (1991) berichteten von numerischen Aberrationen der Chromosomen 7, 9
und 11 in 27 untersuchten Blasentumoren, wobei sie eine Korrelation zwischen der Polysomie
Einleitung 27
7 und einer schnellen Tumorprogression beobachteten. Eine Studie von Schwarz et al. (2007)
zeigte, dass bereits ca. 50 % der Zellen in urothelialen Dysplasien Polysomien mindestens
eines Chromosoms in einer Fluoreszenz-in-situ-Analyse der chromosomalen ZentromerSonden 3, 7, 17 und der genspezifischen Sonden 9p21/p16 sowie HER2 (UroVysion und
Pathvysion, Vysis/Abbott), zeigten. Wobei eine Präferenz für Tetraploidien in Dysplasien von
Hofstädter et al. (1986) beschrieben wurde. Sauter et al. (1995a) untersuchten den Verlust
vom Y Chromosom in 68 Harnblasentumorproben, konnten jedoch den relativ häufigen Verlust dieses Chromosoms nicht mit einer Tumorprogression korrelieren. Die Anzahl an polysomer Zellen und Chromosomen steigt mit dem Grad des Tumors an.
Für die Charakterisierung struktureller Chromosomenaberrationen wurde in multiplen Studien
vor allem die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genetic hybridization) genutzt. Diese Methode erlaubt die Erfassung relativer Kopiezahl-Veränderungen
(Chromosomale Deletionen und Amplifikationen) im gesamten Genom, sofern diese eine
Größe von > 1-10 Mb umfassen. Dadurch konnten in mehr als 20 genomischen Regionen
chromosomale Veränderungen bei Harnblasenkarzinomen detektiert werden: 1q21-31, 2q13,
3p22-24, 6p22, 7p13, 8p11, 8q21, 8q24, 9p21, 10p13-14, 11q13, 12q13-15, 13q13, 13q31-33,
18p11, 19q13, 20q13, 21p11, 22q11-13, Xp11-13 und Xq21-22.2. Einige dieser Regionen
enthalten bereits bekannte Onkogene, wie das CMYC (8q24), CCND1 (11q13) und MDM2
(12q15). Es ist möglich, dass auch in den anderen chromosomalen Regionen bislang nichtindifizierte Onkogene liegen [Cordon-Cardo et al., 2000; Fadl-Emula, 2005].
Deletionen an Chromosom 9, die zu einem Verlust der Heterozygosität (LOH= loss of heterozygosity) führen, stellen die häufigste strukturelle chromosomale Aberration bei Blasenkarzinomen dar. Dabei tritt gehäuft eine Deletion der Region 9p21 auf, die das Gen CDKN2 (p16,
MTS-1) – ein Inhibitor der Cyclin-abhängigen Kinase 4 und 6 (CDK4/6) – beinhaltet [Brauers
und Jakse, 1997]. Untersuchungen zeigten, dass strukturelle Aberrationen am Chromosom 9
weniger kennzeichnend für eine Tumorprogression sind, sondern bei der Initiation der Tumorgenese involviert sind [Brauers und Jakse, 1997].
Eine Deletion des kurzen Chromosomenarms von 11 (11p) tritt hingegen eher bei entdifferenzierten und histopathologisch fortgeschrittenen Urothelkarzinomen auf. Deletionen am kurzen
Chromosomenarm von 17 (17p) können sowohl in fortgeschrittenen Tumorstadien als auch
bei oberflächlichen Tumoren beobachtet werden, die im weiteren Tumorverlauf eine Muskelinvasion aufweisen können. Auch auf Chromosom 8 wird die eine oder andere Region als
Tumorsuppressorgen-beinhaltend diskutiert (z.B. 8p22 oder 8p11.2-12; sFRP1).
Einleitung 28
Mutationen in den Genen H-RAS und FGFR3 und Deletionen an Chromosom 9 werden eher
in lokal begrenzten, oberflächlichen, papillären Tumoren beobachtet; im Gegensatz dazu findet man Veränderungen der Gene p53 und Rb (Retinoblastoma-Gen) und Gene die mit Tumorprogression und Metastasierung einhergehen (N-cad, E-cad, MMPs, VEGF, TSP1,
COX2) eher in invasiven Tumorstadien [Wu, 2005]. Auch Aneuploidien der gesamten DNA
findet man in nur 50 % der nicht-invasiven niedriggradigen oberflächlichen (papillären) Neoplasien [Eble et al., 2004]. Der Grad der genetischen Instabilität korreliert direkt mit Tumorstadium und Tumorgrad.
Abbildung 6 fasst die bisher erwähnten Charakteristika beider Harnblasenkanzerogenese
Pathways zusammen. Ausgehend vom Normalurothel können invasive Harnblasenkarzinome
anscheinend auf zwei verschiedene Wege entstehen [Spruck et al., 1994; Wu, 2005]. Mit zunehmendem Tumorstadium und –grad steigt dabei auch die Anzahl an chromosomalen Veränderungen [Richter et al., 1997; Hovey et al., 1998]. Der eine Entstehungs-Weg führt über
die Hyperplasie zum niedriggradigen (hoch differenzierten), nicht-invasiven papillären Harnblasenkarzinom. Der zweite Weg führt über die Dysplasie oder Carcinoma-in-situ zur Entstehung von hochgradigen (schlecht/niedrig differenzierten), invasiven Formen des Harnblasenkarzinoms [Eble et al., 2004; Reznikoff et al., 2000; Wu, 2005]. Als ein sehr frühes Ereignis
in der Tumorgenese kann der vollständige, wie auch Teilverlust von Chromosom 9 gesehen
werden [Williamson, 1995; van Oers et al., 2006]. Diese Veränderung und weitere Aneuploidie, sowie weitere Veränderungen wie eine Y Chromosom Nullisomie, kann bereits in histologisch normal erscheinendem Urothel in Harnblasenkrebs-Patienten detektiert werden [Obermann et al., 2004; Sauter et al., 1995a]. Diese Aberration an Chromosom 9 ist kennzeichnend für beide Harnblasenkarzinom-Entstehungswege, aber vor allem für gut differenzierte
papilläre Tumore (bei 30%) typisch. Sie ist jedoch bereits in Hyperplasien unter anderen Aberrationen (wie Verlust der Chromosomen 2q, 4, 8p und 11p; Zugewinn von Chromosom 17
und Amplifikation der Region 11q12-13) zu finden, was die Hyperplasie als eine frühe neoplastische Läsion (Präkanzerose) - mit der Fähigkeit Progression in ein maligneres Stadium zu
zeigen – determiniert [Hartmann et al., 2002b; Obermann et al., 2003]. 10 % von den gut differenzierten papillären Tumoren zeigen nur eine invasive Progression, was mit einer guten
Prognose einhergeht. pTa-Tumore zeigen insgesamt nur eine begrenzte Anzahl an genetischen
Veränderungen, so findet man z.B. in nur 3 % Mutationen von TP53. Ein früher TP53 Verlust
ist jedoch charakteristisch für das Carcinoma-in-situ. Die Dysplasie zeigt gleichermaßen p53Mutationen wie das Carcinoma-in-situ, so dass die Dysplasie als ein Vorläufer des CIS gelten
kann [Hartmann et al., 2002a]. Ein weiteres Gen, welches charakteristisch für nur einen der
Einleitung 29
beiden Pathways ist, ist das für den papillären Tumorprogressionsweg typische FGFR3
(fibroblast growth factor receptor 3). FGFR3 tritt erst nach dem Ereignis der Deletion am
Chromosom 9 auf [van Oers et al., 2006]. Die beiden ursprünglich als pTaG1 und pTaG2 bezeichneten niedrig bzw. mittelgradig, nicht-invasiven Papillären Tumore zeigen, laut Wild et
al. (2005), keine sie wesentlich näher differenzierende chromosomale Veränderungen. Häufige Veränderungen bei pTa-G1-Tumoren sind Verluste von Chromosom Y und 9 sowie Vermehrungen von 1q. Demgegenüber zeigen pT1-Karzinome Veränderungen praktisch aller
Chromosomen, am häufigsten Deletionen von 2q, 5q, 6q, 8p und 11p und Zugewinne von 1q,
3p, 3q, 5p, 6p, 8q und 10p. Somit zeigen pT1-Karzinome eine größere genetische Instabilität
als die pTa-Gruppe. Die klinischerseits häufige Zusammenfassung der Stadien pTa und pT1
als eine Gruppe der so genannten oberflächlichen Karzinome ist, laut Heidenreich und Hofmann (1999), aus biologischer Sicht kaum gerechtfertigt. Ein Teil der pT1-Tumoren stehen
bezüglich ihres genetischen Profils offenbar den muskelinvasiven Karzinomen (pT2-4) sehr
nahe [Heidenreich und Hofmann, 1999].
Präkanzerosen (Tumorvorläufer), wie Hyperplasie und Dysplasie (im weitesten Sinne auch
das Carcinoma-in-situ), gehen in ca. 40 % der Fälle in invasive Karzinome über und werden
deshalb als ihre häufigste Vorstufe angesehen [Richter et al., 1997; Hovey et al., 1998].
Charakteristisch für Urothelkarzinome sind nicht nur häufige Rezidive und das Auftreten
kaum sichtbarer flacher premaligner Läsionen, wie z.B. Hyperplasien oder Dysplasien, sondern auch eine Multifokalität der Neoplasien [Weinberg, 2006]. Zwei verschiedene Theorien
beschäftigen sich mit dem Ursprung der Multifokalität, sprich warum sich Neoplasien in der
Harnblase meist nicht auf einen einzelnen Tumor beschränken. Zum einen, geht die
1. Theorie über die Aussaat von Tumorzellen [Simon et al., 2001] davon aus, dass neoplastische Zellen nur an einer einzelnen Stelle in der Blase entstehen und sich später – entweder
durch aktive Migration (intraurothelial) oder durch Abschuppung und anschließender Übertragung durch den Urin und Wiederansiedelung – an anderen Stellen in der Blase verteilen.
Diese Theorie beruht auf der Tatsache, dass ein Grossteil (80-90%) der multifokalen Blasenneoplasien monoklonalen Ursprungs sind [Simon et al., 2001]. Wobei ein gewisser Teil der
multifokalen Neoplasien aber polyklonal sind [Hafner et al., 2002; Hafner et al., 2001]. Dagegen betrachtet die 2. Theorie die Harnblasenkanzerogenese als Ursprung einer „ Feldkanzerisation“ , d.h. dass exogene Mutagene/Kanzerogene in der gesamten Harnblase ubiquitär genetische Defekte in den Zellen hervorrufen und diese genetisch instabilen Zellen dann Ursprung
für polyklonale maligne Aberrationen sind. Andererseits könnten auch alle Tumore zu Anfang
polyklonal sein und sich mit der Zeit durch einen stärkeren, erfolgreicheren Klon überwu-
Einleitung 30
chern lassen, so dass sich daraus eine scheinbare Monoklonalität ergibt [Braakhuis et al.,
2003; Hafner et al., 2002]. Die These der „ Feldkanzerisierung“ wird auch durch eine Studie
von Schwarz et al. (2007) gestützt, die bereits in prämalignen Läsionen von Harnblasenblasenkarzinom-Patienten chromosomale Veränderungen zu einem höheren Prozentsatz detektierten, im Vergleich zu Proben von gesunden Patienten. Demgegenüber sprechen die Daten
von Denzinger et al. (2006) und Junker et al. (2003) eher für eine monoklonale Entwicklung
der multifokalen Läsionen durch intraurothelialer Migration. Ihre Daten spiegelten Ergebnisse
vorhergehender Studien wieder, in denen fortgeschrittene Urothelkarzinome vielmehr einen
monoklonalen Habitus aufwiesen.
Histopathologie versus Genetik
Der histopathologische Befund ist ein essentieller prognostischer Faktor, jedoch mit einigen
Barrieren. Bei frühen Formen wie Hyperplasien und Dysplasien reichen die morphologischen
Veränderungen des Gewebes jedoch nicht aus, um einzuschätzen, wie und ob sich die Läsionen im Verlauf der Zeit bis zur Malignität entarten. Hyperplasien entwickeln sich entweder
über papillären Tumorformen weiter zu aggressiven infiltrierenden Neoplasien oder sie gehen
keine weitere Transformation ein. Der histologische Befund liefert dazu keinen Aufschluss.
Im Gegensatz dazu können durch molekularzytogenetische Untersuchungen in Hyperplasien
und sogar normal erscheinendem Urothel, z.T. signifikante chromosomale Veränderungen
gefunden werden [Stoehr et al., 2005].
Obwohl bis heute schon eine Vielzahl von chromosomalen Veränderungen beschrieben wurden, sind die entscheidenden und charakteristischen genetischen Aberrationen, insbesondere
der frühen Formen (Präneoplasien und prämalignen Entartungen), bisher nur unzureichend
bekannt.
Im Folgenden werden einige Gene, die auch im Harnblasenkarzinom verändert sind, näher
beschrieben (Tabelle 4); ihnen wird eine Rolle bei der Zellzyklusregulation unter anderem am
G1-S-Kontrollpunkt zugeschrieben:
Einleitung 31
Tabelle 4. (inklusive nachfolgende Seiten): Gene die in der Harnblasenkarzinogenese involviert sind
Tumorsuppressorgene
P53-Tumorsuppressorgen
Das Gen TP53, ein Tumorsuppressorgen, ist auf Chromosom 17p13.1 lokalisiert und besteht aus 11 Exons und 10 Introns. Die Funktion des
p53 Proteins liegt in der Zellzyklusregulation insbesondere bei Vorliegen von DNA-Schäden, denn p53 inhibiert in dem Fall die Zellzyklusprogression von der G1 zur S-Phase durch die transkriptionelle Aktivierung von p21WAF1/CIP1 (6p21) [Mitra et al., 2007]. Darüber hinaus
spielt p53 eine Rolle bei der Apoptose.
Verlust der Heterozygosität (LOH= Loss of heterozygosity) im 17 p Lokus und/oder Mutation in einem oder beiden p53 Allelen inaktivieren das Tumorsuppressorgen TP53. Dies führt zu einer Akkumulation des Proteins im Nukleus, wegen einer Phosphorylierung nach der
DNA-Schädigung, und zum Verlust der Tumorsuppressor-Aktivität [Mitra et al., 2007]. Durch seine Interaktion am Spindelkontrollpunkt
während der Mitose, kontrolliert p53 den Übergang von der Metaphase zur Anaphase und somit die korrekte Kontraktion der Mikrotubuli.
Dadurch ist bei einem p53-Verlust die Verteilung der Chromosomen auf die Tochterzellen im Verlauf der Mitose erheblich gestört [Slaton
et al., 2001].
Mutationen im p53 Gen gehören zu den häufigsten genetischen Veränderungen im Harnblasenkarzinom. Die meisten Missense-Mutationen
befinden sich dabei in vielen Karzinomarten in den Exonen 4-8, der Lokalisation der DNA-Bindungsdomäne. Aberrationen am p53 Lokus
sind mit einem höheren Stadium und Differenzierungsgrad bei Harnblasenkarzinomen assoziiert [Fujimoto et al., 1992; Mitra et al., 2007].
Neben der Funktion als Tumorsuppressorgen interagiert p53 mit weiteren zellulären Onkogenen, wie das humane MDM2-Gen (murine
double minute 2). Der Abbau von P53 erfolgt Ubiquitin-vermittelt, wobei das MDM2 als Ubiquitin E3-Ligase wirkt. Ist der Abbau von P53
aufgrund von Mutationen gestört, kann das Protein in den Zellen akkumulieren und immunhistochemisch nachgewiesen werden [Slaton et
al., 2001].
Retinoblastoma-Suppressorgen (RB)
Das Retinoblastoma-Tumorsuppressorgen ist auf dem langen Arm von Chromosom 13 (13q14) lokalisiert. Ein Verlust des Gens führt zu
einer Ausbildung von Retinoblastomen, Osteosarkomen, Weichteilsarkomen, Bronchialkarzinomen sowie Mamma- und Prostatakarzinomen [Mitra et al., 2007]. Das Proteinprodukt (pRb) ist ein nukleäres Phosphoprotein, welches in vielen Pathways, die in der urothelialen
Karzinogenese involviert sind, eingreift. Das pRb wirkt regulatorisch am G1-S Kontrollpunkt des Zellzyklus. Dephosphoryliert – sprich in
der aktiven Form – bindet es an den Transkriptionsfaktor E2F. In der inaktiven Form – phosphoryliert – wird E2F nicht mehr durch die
Bindung des Rb-Proteins inhibiert und es kommt vor allem zur Transkription von Genen, die für die DNA Synthese an der S-Phase essentiell sind (z.B. Thymidylate Synthase, TS) [Schafer, 1998; DeGregori et al., 1995]. Für die Phosphorylierung von Rb sind Enzyme des
Cyclin-abhängigen Kinase Komplexes (CDK; cyclin-dependent kinase) verantwortlich, wie Cyclin D1/CDK4/6 und Cyclin E/CDK2.
Dieser Komplex besteht aus zwei Komponenten, einer aktivierenden Kinase und einer Cyclin Komponente. Durch CDK-Inhibitoren
(CDKIs) wird die Rb Phosphorylierung negativ reguliert. In Urothelkarzinomen mit einer Rb Überexpression ist meist das Rb Gen inaktiviert worden (aufgrund einer konstitutiven Hyperphosphorylierung des Proteins, wegen des Verlustes von p16 oder einer Cyclin D1 Überexpression) [Chatterjee et al., 2004]. Eine CDK4 Amplifikation und Überexpression konnte vor allem in Hochgradigen Urothelkarzinomen
nachgewiesen werden [Simon et al., 2002; Aaboe et al., 2005]. Takahashi et al. (1991) untersuchten die Effekte einer Inaktivierung dieses
Gens in Harnblasenkarzinomzelllinien und unterstützten damit die postulierte Funktion des Retinoblastom-Gens als Wachstums- und Tumorsuppressor. Zusammenfassend kann man sagen, dass Deletionen und Mutationen dieses Gens primär mit einem invasiven und progredienten Tumorhabitus assoziiert sind [Mitra et al., 2007].
Einleitung 32
Onkogene
H-Ras
Die ras-Onkogene kodieren für 21kDa-Proteine mit GTPase-Aktivität, die für die intrazelluläre Signaltransduktion essentiell sind. Ihre
Aktivierung erfolgt über singuläre Aminosäuresubstitutionen, denen Missense-Mutationen auf der Ebene der Nukleinsäuren zugrunde
liegen. Die erste Mutation der RAS Onkogen-Familie war eine Punktmutation im Codon 12 des H-RAS Gens, welche in der Harnblasenkrebszelllinie T24 identifiziert wurde [Reddy et al., 1982]. Die Mutationsfrequenz der RAS Gene bleibt im Harnblasenkarzinom kontrovers.
Fest steht, dass die prominente beobachtete Alteration jene im Codon 12 des H-RAS Gens darstellt und nur wenige Fälle K-RAS Mutationen
zeigen, sowie bisher keine N-RAS Mutationen detektiert werden konnten [Cordon-Cardo et al., 2000]. Bei menschlichen Harnblasentumoren im Gegensatz zum transgenen Mausmodell konnten bislang keine Korrelation zwischen dem Vorliegen einer H-RAS Mutation und dem
histopathologischen Stadium sowie der Tumordifferenzierung festgestellt werden [Knowles und Williamson, 1993; Cordon-Cardo et al.,
2000].
c-erbB-2 (Her-2/neu)
Dysplasien 2. Grades (hochgradig) und Carcinoma-in-situ zeigen eine diffuse Überexpression des c-erb-B-2 (Her-2/neu) Onkoproteins
[Hofstädter et al., 1986; Wagner et al., 1995]. Eine prognostische Signifikanz ist beim Harnblasenkarzinom nicht gesichert.
c-myc
Eine erhöhte c-myc Kopiezahl ist mit einem aggressiven Harnblasenkrebs-Phänotyp assoziiert, jedoch ohne Signifikanz bezüglich RezidivNeigung, Prognose oder Überleben [Habuchi et al., 2005].
Zellzyklusregulatoren
Cycline, CDKs und CDKIs : p16/CDKN2
Alterationen der Cycline können vermehrt in Blasentumoren detektiert werden. Eine Überexpression von Cyclin D1, welches ein Prognosefaktor für die Invasivität des Tumors ist, kann in 20-80 % der Harnblasentumoren festgestellt werden [Reznikoff et al., 2000; Takagi et al.;
2000].
Die Haupt-CDK-Inhibitoren (CDKIs) sind p21, p27 und p16. Sie regulieren die CDK Komplex Aktivität und sind somit für die ZellzyklusSuppression nötig. Das Gen p21WAF1/CIP1 kodiert für einen Cyclin-abhängigen Kinase Inhibitor (CDKI), dem p21 Protein, welches in Wechselwirkung zu p53 steht. Die Prognostische Rolle von p21 bleibt in den Harnblasenkarzinomen bisher unklar. p27 wiederum bindet an die
Komplexe aus Cyclin E/CDK2 und an Cyclin D1/CDK4/6 und inhibiert dadurch die Progression von der G1 zur S-Phase. Ein Verlust der
Expression von p27 ist in vielen Tumoren zu finden und geht mit einer Krebsprogression einher [Mitra et al., 2007].
Der dritte wichtige CDK-Inhibitor ist das p16, welches im CDKN2A Lokus am Chromosom 9p21 kodiert ist. Der CDKN2A Gen-Lokus
wurde unabhängig voneinander in den frühen 90er von Serrano et al. (1993) und Kamp et al. (1994) identifiziert. Dieser Lokus ist in einer
Vielzahl von Tumoren am häufigsten alteriert. Unter anderem wird dieser Lokus (Deletionen) in einem klinisch angewandten diagnostischen Test namens UroVysion (Vysis, Abbott) mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung an zytologischen Urin-Proben untersucht. Ein
positives Ergebnis (Hetero- oder Homozygote Deletion des 9p21 Lokus) nach einer intravesikalen Therapie indiziert ein 4-fach höheres
Risiko ein Rezidiv zu entwickeln [Halling et al., 2002].
Der humane CDKN2A Lokus beinhaltet neben dem genannten Gen, das INK4a Gen, welches den CDK-Inhibitor p16 codiert und im Retinoblastoma-Pathway involviert ist, noch das ARF (p19) Gen, welches das p14 codiert. Erst Stott et al. (1998) erkannten die Funktion von
p19ARF/p14ARF im Zellzyklus. p14 inhibiert Mdm2 und somit entfaltet es im p53-Pathway seine Wirkung. In Harnblasentumoren findet man
eine Loss of Heterozygosity (LOH) im INK4a/ARF-Gen-Lokus sehr häufig. Der Verlust von ARF hat eine erhöhte Zellproliferationsrate
zur Folge, da die Zellzyklus-inhibierende Funktion entfällt [Korgaonkar et al., 2002]. Yurakh et al. (2006) evaluierten den prognostischen
Effekt verschiedener Zellzyklusregulatoren in urothelialen Neoplasien. Dabei konnten sie feststellen, das gerade der Verlust der p14ARF
Expression und die homozygote Deletion des 9p21 Lokus unabhängige Prognose Faktoren für ein erneutes Tumor-Wiederauftreten bei
frühen Harnblasenneoplasien sind.
Benachbart zum p16-Gen liegt auch das Gen p15, im CDK2B-Lokus, auf Chromosom 9 [Hannon und Beach, 1994]. Der Verlust der p16Funktion ist meist verbunden mit dem Verlust von p15, beide Verluste wurden in Harnblasenkarzinomen bereits beschrieben [Gruis et al.,
1995; Yeager et al., 1995].
Einleitung 33
Aurora A
Aurora A (auch unter anderem als Aurora-2, BTAK und STK15 genannt), ist eine Serin-Threonin-Kinase, die in Prozesse der Zytokinese
und Zellteilung durch Regulation der chromosomalen Segregation involviert ist. Das Gen ist auf Chromosom 20q13 lokalisiert, einer in
vielen Geweben/Organen häufig von Aberrationen betroffenen Region [Bolanos-Garcia, 2005].
Die Funktion des Aurora A -Proteins entfaltet sich während der Zellteilung durch Wechselwirkung mit Mitose-Kontrollpunkt-Proteinen.
Das Protein wird inaktiviert bzw. degradiert während die Zelle die G1-Phase durchläuft. In der G2/M-Phase können die höchsten Expressionswerte der Aurora A -Kinase gemessen werden. Eine Überexpression dieser Kinase beeinflusst die Funktion der Zelle negativ und ist mit
genetischer Instabilität und Tumorgenese assoziiert, da der Mitose-Kontrollpunkt auf dem Level der Cdc20-BubR1 Interaktion [Ke et al.,
2003]. Auch eine Resistenz gegen die Apoptose induziert durch Taxol wird durch eine übermäßige Expression der Aurora A -Kinase
ausgelöst [Bolanos-Garcia, 2005]. Außerdem wirkt Aurora A als Schlüsselregulationskomponente im p53 Pathway; dabei wirkt eine Überexpression der Kinase eine p53 Degradierung, so dass eine Onkogene Transformation erleichtert wird [Katayama et al., 2004]. Um den
Signalweg besser zu verstehen, fehlen bisher jedoch Kenntnisse über die Kinase die Aurora A phosphoryliert.
In der Harnblase finden sich vor allem erhöhte Aurora A –Expressionswerte in kanzerösen Läsionen. Es besteht eine Korrelation zwischen
einer niedriggradigen Aurora A -Amplifikation in histologisch benigne erscheinendem Urothelgewebe von Harnblasenkrebs-Patienten und
einem geminderten Rezidiv-freien sowie tumorspezifischen Überleben [Denzinger et al., 2007].
Ki67 (Mib-1)
Das Ki67 Antigen wird detektiert durch Immunhistochemie mit dem monoklonalen Antikörper Mib-1. In Proliferierenden Zellen (G1-Phase
bis zur Mitose) akkumuliert Ki67, aber nicht in Zellen der G0-Phase [Gerdes et al., 1984]. Mehrere unabhängige Studien haben die Eignung
dieses Antikörpers gegen Ki67 als Prognostischer Marker gezeigt [Habuchi et al., 2005]. Während andere Studien sich mit deren Entschlüsselung seiner biologischen Funktion sich befassen [Schlüter et al., 1993; Schmidt et al., 2003]
WNT-Pathway
Deletionen am Chromosom 8p können häufig in Harnblasentumoren detektiert werden und sind ein Zeichen von Progression des Tumors.
Das secreted Frizzled-related Protein 1 (sFRP1), ein Antagonist der Frizzled-Rezeptoren und der WNT Pathway Aktivierung, ist auf Chromosom 8 in der Region 8p12-11.1 zu finden [Stoehr et al., 2004]. Die Expression von sFRP1 ist oft herabgesetzt in Harnblasentumoren,
was auch in der Studie von Stoehr et al. (2004) gezeigt werden konnte. Obendrein bedeutet ein Verlust der sFRP1-Expression eine geringere Überlebenszeit für Patienten mit Papillären, nicht muskelinvasiven Tumoren.
Ein weiteres Protein des WNT-Pathway, dessen Expression gemindert ist, ist der WNT Inhibitor Faktor 1 (WIF1). Dabei korreliert die
Expression mit dem Tumorstadium in der Harnblase [Wissmann et al., 2003].
Die in vielen Tumoren betroffenen Gene des WNT-Pathways sind jedoch APC (Chromosom 5q21) und β-Catenin. Diese sind allerdings
nicht in Primären Harnblasenkarzinomen und in den Harnblasenzelllinien RT4, RT112, J82 und UROtsa durch Mutationen verändert
[Stoehr et al., 2002a].
Wachstumsfaktoren (z.B. FGF, EGF)
FGFR3
Laut einer Studie von van Oers et al. (2006), treten Deletionen des Chromosoms 9 häufiger als FGFR3-Mutationen in Hyperplasien (n=30;
keine papillären Formationen) auf. Des Weiteren findet man ein Expression eher in niedriggradigen Tumoren. Für eine Prognose-Relevanz
dieses Faktors sind jedoch noch weitere Studien nötig [Habuchi et al., 2005].
EGFR
Ein Überexpression des Epidermal growth factor Rezeptors (EGFR; Her1), zu den Tyrosinkinase Wachstumsfaktor-Rezeptoren Typ 1
gehörend, konnte in Harnblasentumoren zwar detektiert werden, jedoch ohne prognostischer Signifikanz [Habuchi et al., 2005; Rotterud et
al., 2005].
Einleitung 34
Adhäsionsmoleküle und Motilitätsfaktoren (E-Cadherin, Integrin)
Etliche Moleküle der Extrazellulären Matrix, Adhäsionsmoleküle und Motilitätsfaktoren wurden auf ihre Prognostische Relevanz im Harnblasenkarzinom untersucht. Mit einem höhergradigen, invasions-befähigten Stadium des Harnblasenkarzinoms werden vor allem veränderte
Expressionslevel der Matrix Metalloproteinase 2 (MMP-2), E-Cadherin und der Plasminogenaktivator vom Urokinase-Typ (u-Pa) in signifikanter Verbindung gesetzt [Habuchi et al., 2005].
Welche dieser genetischen Veränderungen bereits in prämalignen Urothelläsionen vorkommen und was ihr biologisches Potential ist (letale Wirkung oder Wachstumsförderung), müsste in weiteren Studien anhand von präkanzerösen Harnblasen-Proben untersucht werden.
Ziele dieser Arbeit
Die Transformation von normalem Epithel zu einem invasiven Karzinom ist durch eine Zunahme an zellulären und histomorphologischen Veränderungen gekennzeichnet. Die Möglichkeit Urothelkarzinome in frühen Tumorstadien bzw. sogar Tumorvorstadien (Präkanzerosen) zu detektieren, macht das Urothelkarzinom zu einem geeigneten Modelsystem für die
Untersuchung von genetischen Aberrationen der Tumorentstehung und Progression sowie
deren Auswirkungen auf den Phänotyp. Dadurch können weitere Rückschlüsse über die
schrittweise Karzinogenese gezogen werden. Darüber hinaus können molekulare und zytogenetische Biomarker identifiziert werden, die nicht nur Klarheit über die Krebsentstehung geben, aber auch nützlich bei der frühen Vorhersage von transformierenden Veränderungen, die
zu einem aggressiven Phänotyp führen können, sind. Außerdem ist ein Einblick in regulatorische Signalwege (Pathways) der Genom-Integrität möglich, um die zu einer schrittweisen
(Feld-)Kanzerisation führenden Veränderungen einer Präkanzerose zu einem invasiven Karzinom zu verstehen.
Im Rahmen dieser Arbeit sollten erste genomische Veränderungen in prämalignen Läsionen
und Präkanzerosen des Harnblasenkarzinoms charakterisiert werden.
Die in Harnblasentumoren am häufigsten beschriebenen genetischen Veränderungen sind die
Aneuploidien der Chromosomen 3, 7 und 17 sowie Deletion des 9p21 Lokus. Diese sollten
mit Hilfe des für die zytologische Diagnostik angewandten
Fluoreszenz-in-situ-
Hybridisierungs(FISH)-basierten Urin-Tests namens UroVysion (Vysis/Abbott) vor allem in
Hyperplasien und Dysplasien des Urothels untersucht werden. Der erhobene Datensatz sollte
durch ein weiteres Kriterium näher charakterisiert werden. Es sollte mittels Immunhistochemie gegen das Ki67 Antigen (Mib-1 Antikörper; DAKO) der Proliferationsstatus der Zellen
determiniert werden. Dadurch sollten Rückschlüsse gezogen werden können, ob proliferie-
Einleitung 35
rende Zellen in Präneoplasien bereits genetische Veränderungen aufweisen, und somit Aufschluss über das biologische Potential dieser genetischen Aberration geben können. Für die
praktische Durchführung dieser Aufgabe sollten die Urovysion-FISH und die Ki67 Immunhistochemie sequentiell an der gleichen Gewebeprobe eingesetzt werden. Mit Hilfe der Komparativen Genomischen Hybridisierung (comparative genetic hybridization; CGH) sollte der
gesamt-genomische Aberrations-Status anhand von Einzelzellen der Präneoplasien näher bestimmt werden.
Die im Genom der Tumorproben gefundenen Veränderungen, sollten mit der Klinik der Patienten in Zusammenhang gebracht werden, um mögliche genetische Marker für die Tumorfrüherkennung und Prognose zu lokalisieren.
Material und Methoden 36
2
MATERIAL UND METHODEN
2.1
MATERIAL
2.1.1 Patientenkollektiv
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden Harnblasenbiopsien von 40 Patienten (34 Männer, 6 Frauen) untersucht. Der Altersmedian betrug 65 Jahre, Altersmittelwert lag bei 63,9
Jahren und die Altersspannbreite reichte von 35 bis 89 Jahren.
Von den untersuchten Proben sind 13 histologisch als benigne Urothelhyperplasie, 12 als Urotheldysplasie eingestuft; des Weiteren wurden folgende Proben untersucht: 7 Carcinoma-insitu, 3 Papilläre Neoplasien der Harnblase (pTaG1) und 4 invasive Tumore der Harnblase
(pT1G3). Zusätzlich wurde eine Probe verwendet, deren Befund histologisch normales Urothelgewebe aufzeigte (Nested Variant).
Im zweiten Teil der Arbeit (im Rahmen der Einzelzell-Experimente) wurde Material von 11
Patienten (55 Einzelzellen) verwendet. Fokussiert wurden dabei hauptsächlich Proben die
histologisch als Dysplasie des Urothels eingestuft worden sind (Erstdiagnose) und die Patienten in ihrer Anamnese kein Urothelkarzinom aufwiesen (6 Proben). Des Weiteren wurden 3
Hyperplasien (Erstdiagnose), 1 Carcinoma-in-situ und 1 pT1G3 untersucht.
Das Material wurde größtenteils in der urologischen Abteilung des Klinikums der Universität
München – Großhadern unter der Leitung von Prof. Dr. med. Christian Stief gewonnen. Die
Aufarbeitung der Präparate (Kryokonservierung) erfolgte in üblicher Weise am Institut für
Pathologie der Universitätsklinik Regensburg unter der Leitung von Prof. Dr. med. F. Hofstädter. Die Befundung der histologischen Präparate fand teilweise am Institut für Pathologie
des Universitätsklinikums Regensburg (Proben vor 2003) und teilweise am Institut für Pathologie des Universitätsklinikums RWTH Aachen (Proben seit 2003) statt, letzteres unter Leitung von Prof. Dr. med. Ruth Knüchel-Clarke.
Material und Methoden 37
2.1.2 Zelllinien
Aliquots der verwendeten urothelialen humanen Zelllinien (Tabelle 5) wurden freundlicherweise von der Arbeitsgruppe Dr. Rene Krieg zur Verfügung gestellt.
Tabelle 5: Verwendete humane urotheliale Zelllinien
Name
Geschlecht
Alter
Ethnizität
Erkrankung
Antigen Expression
männlich
63 J
Kaukasisch
Transitionales Papillom
HLA A25(10), A3, B12, Cw3; Blood Type O
Isoenzyme
Zytogenetische Analyse
Kultivierungsbedingungen
Mittlere Chromosomenanzahl = 49 (42-55). Es handelt sich um eine aneuploide männli-
RT4
AK-1, 1; ES-D, 1-2; G6PD,
B; GLO-I, 1-2; Me-2, 1;
PGM1, 1-2; PGM3, 1-2
che Zelllinie, mit einer nahe-diploiden Chromosomenzahl. Die nahe-tetraploide Population dominiert nach einigen Passagen. Die 48/ 49 Karyotypen haben ein einzelnes X und
ein einzelnes Y Chromosom. Drei der Karyotypen mit höherer Ploidie haben zwei X
McCoys 5a Medium (modifiziert) mit 1,5
mM L-Glutamin, 2,2 g Natriumbikarbonat, 90
%; Fetales Kälberserum, 10 %; Temperatur:
37 °C
Chromosomen und ein Y Chromosom. Marker Chromosomen sind folgende: del(6)(q21),
del(10)(p11), 14p+, 12p+
Name
Geschlecht
Alter
männlich
58 J
Ethnizität
Kaukasisch,
Schwedisch
Isoenzyme
Erkrankung
Antigen Expression
Transitionales Harnblasenkarzinom
HLA A2, Aw32, B5, B12, Cw5; Blood Type A
Zytogenetische Analyse
Kultivierungsbedingungen
Eagle’ s Medium mit 2 mM L-Glutamin und
J82
Es handelt sich um eine aneuploide männliche Zelllinie (XY), mit einer triploiden
Earle’ s BSS, sowie 1,5 g/L Natriumbikarbo-
AK-1, 1; ES-D, 1; G6PD, B;
Chromosomenzahl. Die Chromosomenanzahl reicht von hyperdiploidem bis hexaploi-
nat, 0,1 mM nicht-essentielle Aminosäuren,
GLO-I, 2; Me-2, 1-2; PGM1,
dem Karyotyp. Normale Chromosomen N11 und N20 sind unterrepräsentiert im Ver-
1,0 mM Natriumpyruvat, 90 %; Fetales
1; PGM3, 2
gleich zu den anderen Chromosomen. Alterierte Formen dieser Chromosomen können als
Kälberserum, 10 %; Temperatur: 37 °C;
MarkerChromosomen angesehen werden. Chromosom N13 tendiert zur Überrepräsentie-
Atmosphäre: 5 % CO2
rung. Fünf Markerchromosomen sind bekannt: 20q+, 11q+, 8p+, del(1)(q31), 5p+(HSR)
oder hier: RPMI 1640 Medium; Fetales
Kälberserum, 10 %; Temperatur: 37 °C
Name
Geschlecht
Alter
weiblich
12 J
Ethnizität
Isoenzyme
Erkrankung
Antigen Expression
Normalurothel aus dem linken Urether; SV40
-
transfiziert
Zytogenetische Analyse
UROtsa
Kultivierungsbedingungen
Eagle’ s Medium mit 2 mM L-Glutamin und
Earle’ s BSS; Fetales Kälberserum, 5 %;
-
Bis zur 15. Passage kaum genetisch instabil.
Temperatur: 37 °C; Atmosphäre: 5 % CO2
oder hier: RPMI 1640 Medium; Fetales
Kälberserum, 10 %; Temperatur: 37 °C
2.1.3 Laborgeräte
0,2; 0,5; 1,5 und 2 ml
Pipetten und –spitzen (Eppendorf)
Reaktionsgefäße (Eppendorf)
1-5, 1-10, 1-25 ml
1-10, 10-100, 100-1000 µl
Glas-Pasteurpipette (Costar)
gestopfte Pipettenspitzen
50 ml Falcon-Tubes (Falcon)
(Süd-Laborbedarf)
96-well Platte (Falcon)
1-10, 10-100, 100-1000 µl
Material und Methoden 38
Aqua
Bidest
(Wasserfiltrierungsanlage,
-kämme/-träger (Bluemarine, Serva/ Sub-
Millipore Eschborn)
cell GT, Biorad)
Brutschrank (Heraeus)
Kryofixiergel: Tissue Tek OCT compound
CASY I (SchärfeSystem)
containing (Sakura)
Dampfkochtopf (Fissler)
Kühl-Zentrifuge (5415 R, Eppendorf)
24 x 60 mm und 24 x 24 mm Deckgläser
Kunstoff-Pasteurpipette (Sarstedt)
(Automat Star)
Kunstoff-Küvette (UVette, Eppendorf)
Digitale Kamera
Laser-Mikrodissektions-Mikroskop Micro-
Eis
beam HT mit Software RoboLPC V.2.2
Färbetrog (Coplin; Roth)
(PALM)
Feinwaage (Sartorius)
Magnetrührer mit Heizplatte (RCT basic,
Feuchte
Kammer:
Plastik-Objektträger-
IKA Labortechnik)
kasten (Neolab) feuchtem Papierhandtuch
Mikroskop (Dialux 20 EB, Leitz)
0,2 ml SafeLock
Mikrotom HM 560 (Microm)
PCR
Reaktionsgefäße
(Amplitube Simport)
Mikrotommesser A35 Type (Feather)
Inverses-Fluoreszenz-Mikroskop: Axiovert
Objektträger 6 x 76mm; Mattrand (RL R.
S100 (Zeiss)
Langenbrinck)
Computer (Apple) mit Software Openlab
Objektträger PALM
v2 (Improvision)
Polyethylen Naphthalat (PEN)-Membran,
Digitale Kamera C4742-95 (Hamamatsu)
1 mm glass (PALM)
Monochromator Polychrom IV (P0W LPS-
Objektträger SuperFrost Plus 25 x 75 x 1
150, Till-Photonics)
mm (Menzel-Gläser)
Xenon-Lampe (Ushio)
PCR-Maschine: ThermoCycler (PTC-200,
Z-Motorisierung Orbit (Improvision)
MJResearch)
Werkbank Cytair UF42-14 (ESI Flufrance)
Photometer (Biophotometer, Eppendorf)
Versch. Größen Glas-Bechergläser und –
Reaktionsgefäßständer
Erlenmeyerkolben (Schott Duran)
Skalpell (Feather)
Heizplatte Typ PZ35 (Präzitherm)
Spannungsquelle
Hybridisierungsgerät ThermoBrite
(Blue Power 500, Serva)
StatSpin A (Abbott Molecular)
Stereomikroskop (Discovery.V12, ZEISS)
Inkubationsofen (Heraeus)
mit Software (Diskus, Hilgers Königswin-
Kleine/mittlere
ter)
Kammer/
Gelelektrophorese-
für
MembranSlides,
Gelelektrophorese
Sterile Injektionsnadeln BD Microlance 3
(Becton Dickenson, Franklin Lakes, USA)
Material und Methoden 39
Styropor-Box
Zellkulturflasche T75, Cellstar (greiner
Thermomixer compact (Eppendorf)
bio-one)
UV-Leuchttisch (MWG Biotech/ ROTH)
Zentrifuge
Vortex VF2 (IKA-Labortechnik)
Sepatech)
Megafuge
1.0
(Heraeus
Waage (BP1200, Sartorius)
2.1.4 Chemikalien
Agarose (Seakem)
Aceton (Apotheke des Universtitätsklini-
L-Glutamin/Penstrep (PAA)
kums RWTH Aachen)
Natriumcarbonat (Merck)
DAPI/ Antifade (0,1 µg/ ml; QBiogene)
Hämalaun (Merck)
Tween 20 Lösung 10 % (Applichem)
Eosin (Sigma)
Igepal 10 % (Sigma)
Methylenblau-Trihydratpulver
(Sigma,
Bovine Serum Albumin BSA 100% (In-
München)
Ethanol
ATP 10 mM (Roche)
(Apotheke
des
Universtitäts-
vitrogen)
klinikums RWTH Aachen)
Agarose (LE, Biozym)
Xylol (Apotheke des Universtitätsklini-
Ethidiumbromid EtBr (Sigma)
kums RWTH Aachen)
DNA-Ladepuffer (DNA II, Applichem)
Victroclud-Eindeckmedium
(Lan-
genbrinck)
DNA-Molekulargewichtsmarker 100 kb
DNA-Ladder
Methanol (Apotheke des Universtitätsklinikums RWTH Aachen)
2.1.5 Enzyme und Antikörper
Trypsin (PAA)
1. Antikörper: Monoklonaler Maus Anti-Human Ki67 Antigen Klon Mib-1
(DakoCytomation; M7340)
Negativ-Kontrolle: Monoklonaler Maus IgG1 Antikörper (DakoCytomation; X0931)
2. Antikörper:
AlexaFluor 488 Ziege Anti-Maus IgG ( H+L) (Molecular Probes; A11029)
FITC-Markierte Rabbit Anti-Maus F(ab’ )2-Fragmente (DakoCytomation; X7903)
Material und Methoden 40
Proteinase K 10 mg/ml (Sigma)
Restriktionsenzym MseI 50000U/ml (New England Biolabs)
T4-DNA-Ligase 5 U/µl (Roche)
Polymerase-Mix (5 U/µl) aus dem Expand Long Template PCR System (Roche)
Taq DNA Polymerase 5 U/µl (Invitrogen)
2.1.6 Puffer und Lösungen
Zellkultur
Medium für Zelllinien UROtsa und J82: RPMI 1640-Medium (PAA) + 10 % FKS (PAN oder
Sigma) + L-Glutamin/Penstrep (PAA)
Medium für Zelllinie RT4: McCoys 5A (PAN) + 10% FKS (s.o.) + L-Glutamin/Penstrep
(s.o.)
PBS (Biochrom)
CASY-Lösung (SchärfeSystem)
Hämalaun-Eosin(HE)-Färbung
Hämalaun (Merck)
Eosin (Sigma)
1% Kalziumkarbonat-Lösung (Sigma)
70%, 96%, 100% Ethanol-Lösung (s.o.)
Xylol (s.o.)
Methylenblau-Färbung (0,1%)
10 ml Methylenblau-Lösung ad 100 ml mit Aqua Bidest
Doppelfärbung: Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH)/ Immunhistochemie (IHC)
Carnoy’ s:
1 Teil Essigsäure (Merck, Darmstadt), 3 Teile Methanol (s.o.)
20 x SSC, pH 5,3 UroVysion-Kit (Vysis/ Abbott)
0,4 x SSC/ 0,3 % NP-40, pH 7- 7,5
20 ml 20 x SSC, 3 ml NP-40 (UroVysion-Kit, Vysis/Abbott)
ad 1000 ml mit Aqua Bidest
PBS, pH 7,4
8 g NaCl (Merck), 1,15 g Na2HPO4 (Merck),
0,2 g KCl (Merck), 0,24 g KH2PO4 (Merck)
Material und Methoden 41
Amplifikation genomischer Einzelzell-DNA durch Polymerasekettenreaktion (PCR)
One phor all Buffer plus/ OFA (Amersham)
Puffer 1 (Expand Long Template PCR System, Roche)
Nukleotide dNTPs (Roche)
100 mM: je 10 µl dCTP, dATP, dTTP, dGTP und ad 100 µl mit Aqua Bidest
Puffer-dNTP-Mix: 480 µl 10 x PCR-Puffer (Sigma) und je 5 µl dCTP, dATP, dTTP, dGTP
(dNTPs von Roche) ad 500 µl.
Fetales Kälberserum/Bovine Serum Albumine/BSA (New England Biolabs)
DNA-Isolation und Quantifizierung
QIAgen- Kit: QIAamp DNA Micro-Kit
Agarose-Gelelektrophorese
10 x Tris-Borat-EDTA – Puffer (TBE, Applichem). Zusammensetzung:
55,03 g/L (0,89 M) Borsäure; 7,44 g/L (0,02 M) EDTA-Na2 · 2H2O;
107,81 g/L (0,89 M) Tris
1 x TBE mit Ethidiumbromid (EtBr) :
50 ml 10 x TBE + 450 ml Aqua Bidest + 75 µl EtBr
2.1.7 Verwendete Oligonukleotidprimer und Fluoreszenz-in-situ-Sonde
Fluoreszenz-in-situ-Sonde: UroVysion (Vysis/Abbott)
Oligonukleotidprimer (100µM, Metabion):
LIB1 (HPLC-gereinigt): 5´-AGT GGG ATT CCT GCT GTC AGT-3´
ddMse11 (HPLC-gereinigt): 5´-TAA CTG ACA GCdd-3´
p 53 Exon 8/9 Forward: 5’ - AGG ACC TGA TTT CCT TAC TGC-3’
p53 Exon 8/9 Reverse : 5’ - GAG GTC CCA AGA CTT AGT AC-3’
CK 19 Forward: 5’ -GAA GAT CCG CGA CTG GTA C-3’
CK 19 Reverse: 5’ -TTC ATG CTC AGC TGT GAC TG-3’
Material und Methoden 42
2.2
METHODEN
Im Rahmen dieser Doktorarbeit soll der Zusammenhang von genetischen Defekten und dem
Proliferationsstatus in Tumorvorstufen der Harnblase untersucht werden. Die zu untersuchenden Zellen sind der limitierende Faktor, da einerseits die proliferierenden Zellen vereinzelt in
den Präkanzerosen vorkommen, andererseits die Biopsien zum größten Teil aus Stroma bestehen und das Urothel weniger als 10 % der Biopsie ausmacht. Deshalb wurde versucht eine
Vielzahl an Methoden an ein und demselben Gewebeschnitt bzw. sogar an derselben Zelle
anzuwenden. Die nachfolgend angewandten Protokolle sind charakterisiert durch die Anzahl
an Applikationen, die nach der jeweiligen Methode noch folgen.
2.2.1
ZUSAMMENSTELLUNG DES FALLMATERIALS UND IDENTIFIZIERUNG
DER UROTHELREGIONEN
Die Kriterien für die Auswahl des Patientenkollektivs wurden bereits in Kapitel 2.1.1 beschrieben. Für die differenzierte Betrachtung der histologischen Schnitte wurden verschiedene
Färbemethoden angewandt (HE-, Methylenblau-, Giemsa-Färbung), die unter Kapitel 2.2.3.2 f
beschrieben sind, und die Befunde zusammen mit einer Pathologin (Dr. Gaisa, Dr. Lindemann-Docter und/oder Prof. Dr. Knüchel-Clarke) nochmals für das jeweilige Präparat bestätigt.
2.2.2
MONOLAYER- UND SPHAEROID-ZELLKULTUR
Im Rahmen der Etablierung der in dieser Dissertation verwendeten Methoden (Doppelfärbung
mittels Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung und Immunhistochemie, sowie EinzelzellApplikationen) wurden die in Tabelle 5 erwähnten urothelialen Zelllinien verwendet, welche
freundlicherweise von Dr. R. Krieg, Institut für Pathologie, Aachen, zur Verfügung gestellt
wurden.
Die Harnblasen(Karzinom)-Zelllinien UROtsa und J82 wurden in RPMI 1640 Medium mit
10 % Fetalem Kälberserum (FCS) sowie L-Glutamin/Penstrep bei 37°C in einer Wasserdampfgesättigten Atmosphäre mit 5% CO2 kultiviert.
Sie wuchsen adhärent in T75 (175 cm2)-Kulturflaschen mit je 10 ml Medium und wurden alle
2-4 Tage 1:3 passagiert. Dazu wurden die Zellen nach Absaugen des Mediums kurz mit PBS
Material und Methoden 43
gewaschen und anschließend bis zu 5 min mit Trypsin/EDTA (0,02% / 0,05%) bei 37°C behandelt. Die Karzinomzellen wurden vom Flaschenboden abgelöst und in 10 ml frischem
Medium/FCS aufgenommen. Nach 5-minütiger Zentrifugation bei 2000 U/min wurde der
Überstand abgenommen, die Zellen in 5 ml frischem Medium resuspendiert und 1-2 ml der
Zellsuspension in eine neue Flasche überführt und mit Medium auf 10 ml aufgestockt.
96-well-Platten wurden mit 100µl 1%iger Agarose (in PBS) bestückt. Für nachfolgende Experimente wurden Sphäroide angesetzt, die eine in vitro Simulation des Gewebes darstellen, da
die Zellen in Kultur kugelförmige 3D-Aggregate formen, die je nach Kulturdauer im Zentrum
sogar nekrotisch werden. Zur Generierung der Sphäroide wurden in 200 µl 6000-8000 Zellen
in Suspension auf die ausgehärtete Agarose gegeben. Nach 24stündiger Inkubation bei 37 °C
bildeten sich Sphäroide aus. Nach vier Tagen wurden die Sphäroide mit einer Pipette geerntet
und in OCT(TissueTek)-Gewebekryokleber aufgefroren. Für weitere Experimente wurden am
Kryo-Mikrotom 6-8 Mikrometer Schnitte der Präparate hergestellt und sofort weiterverarbeitet. Zum Überprüfen der Sphäeroid-Zellmorphologie wurden Schnitte mittels HämalaunEosin (HE) gefärbt (die Methode ist in Kapitel 2.2.3.2 beschrieben).
2.2.3
HISTOLOGISCHE METHODEN
2.2.3.1 Herstellung histologischer Schnitte
Mit Hilfe eines Kryo-Mikrotoms wurden von den auf Metallträgern kühlfixierten BiopsieBlöcken ca. sechs Mikrometer dicke Schnitte angefertigt und je nach weiterer Anwendung auf
normale Objektträger (für HE-Färbung), beschichtete SuperFrost-Objektträger (Menzel; für
Doppelfärbung) oder Polyethylen Naphthalat (PEN)-Membran Objektträger (PALM; für Lasermikrodissektion) aufgezogen. Die Schnitte wurden luftgetrocknet und bei -20 Grad aufbewahrt (wenn diese nicht sofort weiterverwendet werden konnten; jedoch nicht länger als ein
Tag).
2.2.3.2 Hämalaun-Eosin(HE)-Färbung
Nach der Herstellung der Schnitte wurde zur Begutachtung der Morphologie eine HämalaunEosin(HE)-Färbung an 6 m dicken Schnitten der Gewebeproben durchgeführt. Das dunkelviolette, positiv geladene Hämalaun lagert sich dabei an die negativ geladenen Phosphatgruppen der DNA an und färbt nach Erhöhen des pH-Wertes über pH 3 somit die Zellkerne und
Material und Methoden 44
Nukleoli blau. Eosin, zu der Fluorescein-Gruppe gehörend, färbt Zytoplasma, Bindegewebe
und Kollagenfasern kräftig rosa (Burck, 1969).
Die angefertigten Kryogewebsschnitte wurden für 10 min in Hämalaun-Lösung gefärbt und
nach kurzem eintauchen in Leitungswasser in einem anderen Färbetrog mit einem Kalziumkarbonat-Wasser-Gemisch (ca. 1-2 g/ 200 ml) gebläut. Die Gegenfärbung des Stromas mittels
Eosin erfolgte für 45 Sekunden. Das überschüssige Eosin wurde durch kurzes Eintauchen in
Leitungswasser entfernt. Schließlich wurden die Präparate in einer aufsteigenden Alkoholreihe differenziert (70%ig Ethanol), fixiert (kurz in 96% und 100% Ethanol, dann fünf Minuten
in 100% Ethanol), zweimal für fünf Minuten in Xylol ausgehärtet und mit Vitroclud eingedeckt.
2.2.3.3 Methylenblau-Färbung
Vor allem zur schnellen Überprüfung der Gewebemorphologie zeitgleich zum Anfertigen der
Schnitte wurden die Schnitte kurz (max. 30 Sekunden) in 0,01 % Methylenblau-Lösung gefärbt und die überschüssige Farbe in einen Färbetrog mit Wasser abgewaschen. Im Wasserfeuchten Zustand oder nach Eindeckeln konnte die Gewebemorphologie betrachtet werden.
Zellkerne erscheinen blau und das Stroma rosefarben.
2.2.4
DOPPELFÄRBUNG:
FLUORESZENZ-IN-SITU-HYBRIDISIERUNG
(FISH)/
IMMUNHISCHTOCHEMIE (IHC)
Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) ist eine zytogenetische Methode. Die In situ
Hybridisierung (ISH) wurde erstmals 1969 von Gall und Pardue (1969) sowie unabhängig
davon von John et al. (1969) beschrieben. Die ISH ermöglicht es, Nukleinsäuresequenzen
direkt im biologischen Präparat, also in Geweben, Zellen und auf Chromosomen (Ziel-DNA),
darzustellen. Das Prinzip der ISH besteht darin, dass durch vorherige Hitzedenaturierung sowohl Ziel-DNA als auch Sonden-DNA als Einzelstrang vorliegen und anschließend in einem
Renaturierungsschritt, der sog. Hybridisierung, die Einzelstränge im Bereich komplementärer
Basensequenzen von Ziel-DNA und Sonden-DNA zu einem Doppelstrang sich vereinigen.
Die DNA-Sonde, in diesem Fall der kommerziell erworbene UroVysion-Sonden-Mix (Vysis/Abbott), ist direkt mit je einem Fluoreszenzfarbstoff (Fluorochrom) pro Sonde markiert.
Anschließend wird die Sonden-DNA in diesem Kontext auf Interphase-Zellkerne aufgebracht.
Nach der Hybridisierung werden in einer Reihe von Waschschritten nicht gebundene Son-
Material und Methoden 45
denmoleküle entfernt. Über die Waschbedingungen – die Zugabe von Formamid, Salzkonzentration und Temperatur – kann die Stringenz der Hybridisierung gesteuert werden, d. h.
wie genau die korrespondierenden Sequenzen von Sonden- und Ziel-DNA aufeinander passen
sollen. Direkt markierte Fluoreszenz-Sonden benötigen kein weiteres Detektionssystem, sondern können umgehend mit einem Fluoreszenzmikroskop erfasst werden.
Die Fluoreszenzfarbstoffe absorbieren Licht einer bestimmten Wellenlänge und emittieren
einen Teil der aufgenommenen Energie als Licht einer längeren, energieärmeren Wellenlänge.
Solche Farbstoffmoleküle können visualisiert werden, wenn sie mit Licht der absorbierten
Wellenlänge bestrahlt werden und durch einen Filter betrachtet werden. Diese Filter bestehen
aus einem Exzitationsfilter, der die Exzitations-Wellenlänge auswählt, einem Dichroischen
Spiegel und ein Emissionsfilter, der das Exitationslicht blockiert. Das Licht der benötigten
Wellenlänge erhält man in einem konventionellen Fluoreszenzmikroskop durch eine Quecksilber- oder Xenonlampe und einen entsprechenden Filter (Exzitationsfilter). Der Emissionsfilter lässt nur Wellenlängen, die von dem fluoreszierenden Farbstoff emittiert werden, zum
Okular bzw. zur Kamera gelangen.
Die verschiedenen Fluoreszierenden-Moleküle emittieren jeweils Licht bestimmter Wellenlänge. Dies ermöglicht verschiedene chromosomale Regionen in einem FISH-Experiment
gleichzeitig zu untersuchen (multicolour-FISH). Über eine kombinatorische Markierung mit
fünf Fluorochromen gelang es gleichzeitig zwei Arbeitsgruppen unabhängig voneinander die
simultane Darstellung aller menschlichen Chromosomen in verschiedenen Farben (Speicher et
al. 1996, Schröck et al. 1996). Bei der sog. Multiplex Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (MFISH; Speicher et al., 1996) wird für jedes der fünf Fluorochrome separat mittels fluorochrom-spezifischen Anregungs- und Emissionsfiltern mit einer CCD (Charge-coupled-device)Kamera ein Bild aufgenommen. Mit Hilfe von einer speziellen digitalen BildverarbeitungsSoftware (hier: Openlab v2.2 von Improvision) kann aus den Einzelkanalbildern anschließend
ein zusammengesetztes Bild erzeugt werden, das jedem Chromosom je nach Signalkombination eine Falschfarbe zuweist.
Für die Bestimmung der Chromosomen-Anzahl hat sich der Gebrauch Chromosomenspezifischer Zentromer-Sonden (CEP = Centromere-Enumeration Probes) etabliert, da die
Zentromer-Region stark repetitive Sequenzen enthält, die für eine hohe SondenHybridisierungs-Effizienz garantieren. Bei komplexen Sonden, die auch repetitive ubiquitär
auftretende Sequenzen enthalten, wird vor der eigentlichen Hybridisierung eine so genannte
Vorhybridisierung zwischen Sonden-DNA und Nichtmarkierter hochrepetitiver DNA wie der
Material und Methoden 46
Cot-1-Fraktion einfügt, um eine unspezifische Hybridisierung auf entsprechende repetitive
Sequenzen der Ziel-DNA zu verhindern.
Für den klinischen Einsatz der multicolour-FISH haben Sokolova et al. (2000) den SondenSatz für das Bestimmen der Harnblasenkarzinom-typischen Aneuploidien – Deletion 9p21
und Zugewinn Chromosom 3, 7, 17 – entwickelt, welcher nunmehr von Vysis/Abbott als UroVysion-FISH-Test vertrieben wird.
A) UroVysion: Zentromer- und Genspezifische Sonden mit entsprechender Fluorochrom-Färbung
B) Normaler Zellkern (diploid)
Tumorzellkerne (aneuploid)
Abbildung 7 UroVysion: a) Darstellung des Sonden-Mixes mit korrespondierendem Fluorochrom;
b) Schema der FISH-Sonden-Signale Auswertung (nach Bubendorf et al., 2003)
Im Rahmen dieser Dissertation wurde die kommerzielle UroVysion-Sonde von Vysis/Abbott
für die FISH an Harnblasen-Gewebeschnitten verwendet. Die UroVysion ist eine MultiplexFISH (M-FISH), die in Interphase-Zellkerne zur Anwendung kommt. Dabei handelt es sich um
mit je einem Fluorochrom direktmarkierte Sonden, und zwar drei chromosomenspezifische
Zentromer-Sonden (Centromere Probe, CEP: CEP 3-Spectrum Red, CEP 7-Spectrum Green, CEP
17-Spectum Aqua) und einer Lokusspezifischen Sonde (9p21-Spectrum Gold gegen das Gen
p16). Normale Zellkerne enthalten zwei Kopien von jedem Chromosom oder Gen (Allel), das
heißt sie sind diploid und für die FISH werden zwei Sonden-Signale pro Zentromer-Sonde erwartet. Eine höhere Anzahl von Kopien pro Chromosom (Polysomie) zeigt meist eine chromosomale
Instabilität an, die bei Tumoren häufig vorkommt und deshalb diagnostisch genützt werden kann
(vgl. Abbildung 7). Vorstudien haben gezeigt, dass Abberationen der Chromosomen 3, 7 und 17
bei Urotheltumoren besonders häufig sind [Sokolova et al., 2000]. Verluste von Chromosom 9
und 9p21 gehören zu den wenigen chromosomalen Aberrationen, die schon früh in der Tumorgenese des Harnblasenkarzinoms auftreten und eventuell kausal für die Entstehung sein können. In
Material und Methoden 47
der Routine-Diagnostik wird das UroVysion-Kit von Vysis/Abbott zur Untersuchung von den
gängigsten in Tumoren detektierten Aneuploidien und Deletion des 9p21-Lokus in Zytologischen
Präparaten (abgeschilferte Urothelzellen im Urin und Harnblasenspülflüssigkeit) der Harnblase
verwendet [Bubendorf et al., 2003]. Mittlerweile erfährt dieses Kit auch eine Adaptation auf andere Tumorentitäten (wie Darm etc.).
Die wichtigste technische Vorraussetzung für FISH ist die Verfügbarkeit eines Fluoreszenzmikroskops mit adäquaten Fluoreszenzfiltern. Eine Z-Motorik am Mikroskop erleichtert dabei die Aufnahme aller Sonden-Signale eines Zellkerns, die ansonsten beim Fokussieren und Dokumentieren
einer einzigen Zellkern-Ebene verloren gingen.
Für die Auswertung der fluoreszierenden Färbung wird die Technik der Dekonvolutionsmikroskopie angewandt. Hierfür werden ein inverses Mikroskop mit Monochromator, Emissions- und Absorptions-Filter für die benötigte Wellenlänge, Z-Motorisierung für die Zellkern-Schichtaufnahmen, Kamera und Software zur Dekonvolution genutzt. Ein Monochromator ist ein optisches Gerät zur spektralen Isolierung (Prisma oder optisches Gitter) einer bestimmten Wellenlänge aus dem Spektrum des Lichts (hier: Xenon-Lampe). Es werden
Schichtaufnahmen der Zellkerne mit den fluoreszierenden Signalen mit einer Kamera aufgenommen und mit Hilfe eines Programms für Dekonvolution bearbeitet. Dekonvolution ist eine
Signalverarbeitung mittels verschiedener algorithmischer Verfahren. Der Grad der Unschärfe,
welche aufgrund von Fluoreszenz-Reflektionen nicht fokussierter Bereiche entsteht, kann als
sog. Point Spread Function (PSF) erfasst und berechnet werden (Signal-zu-HintergrundRatio) [Wallace et al., 2001; Sibarita, 2005].
Die Präparate werden mit Licht hoher Energie bestrahlt und emittieren Licht anderer schwächerer Frequenz, d.h. ihre Fluoreszenz wird somit sichtbar. Aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung besitzen die Gewebe/Zellpräparate bereits eine charakteristische Autofluoreszenz. Die DNA-Sonden für die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) und der Sekundär
Antikörper der Immunhistochemie sind mit bestimmten fluoreszierenden Farb-Substanzen
markiert. Bei den hier verwendeten Fluorochromen handelt es sich um SprectrumGreen
(grün), SpectrumRed (rot), SpectrumGold(gelb) und SpectrumAqua (blau) für die FISHSonden sowie Alexa 488 (grün) für den Sekundär-Antikörper der im nachfolgenden beschriebenen Immunhistochemie. Die Fluoreszenz Emission hat eine andere Wellenlänge (Farbe) als
das absorbierte Licht (Exzitation), so dass spezifisch das Fluorochrom visualisiert werden
kann. Aufgrund des großen Spektrums unterschiedlicher Fluorochrome können verschiedene
biologische Strukturen gleichzeitig im selben Präparat detektiert werden. Die fluoreszierenden
Strukturen emittieren Licht gleichgültig ob sie gerade fokussiert werden, so dass ihre Darstellung getrübt und kontrastlos erscheint. Dieses Phänomen ist nicht zufällig, sondern basiert auf
Material und Methoden 48
die optischen Gegebenheiten des Mikroskops. Durch Kenntnis dieser PSF kann dieses Phänomen mit Hilfe einer Computer-basierten Methode, der Dekonvolution, reduziert und ein
Bild rekonstruiert werden.
Der UroVysion-FISH-Test wurde für die Detektion chromosomaler Aberrationen in Vorstadien
und frühen Tumorstadien der Harnblasenkarzinogenese anhand von Gewebeschnitten von Harnblasen-Biopsien adaptiert. Da auf demselben Präparat zusätzlich immunhistochemisch proliferierende Zellen dargestellt und weitere nachfolgende Applikationen durchgeführt werden sollten,
musste das ursprüngliche Protokoll der UroVysion an diese Gegebenheiten angepasst werden.
Die Immunhistochemie (IHC) dient der Detektion bestimmter Antigene im Gewebe. In diesem
Fall wurde der Mib-1 Antikörper von DAKO gegen das Ki67 Antigen, ein Proliferationsmarker,
angewandt. Ki67 ist nur in proliferierenden Zellen (siehe Abbildung 8) und nicht in Zellen des
G0-Stadiums detektierbar [Endl und Gerdes, 2000]. Ein Fluoreszenz-markierter Sekundärantikörper (FITC von DAKO oder Alexa488 von Invitrogen) bindet spezifisch den Erstantikörper und
kann nun visuell im Fluoreszenzmikroskop betrachtet werden. Die Veränderungen des UroVysion-Protokolls und die letztendliche Etablierung der Doppelfärbung mittels FISH und Immunhistochemie werden im nachfolgenden beschrieben (Tabelle 6).
Abbildung 8.: Lokalisation der Ki67 Immunhistochemie während
der einzelnen Zellzyklusphasen (verändert nach Endl und Gerdes, 2000)
Material und Methoden 49
Tabelle 6.: Verschiedene Ansätze der FISH/Immunhistochemie Doppelfärbung
FISH (Urovysion)/ IHC (Ki-67) an Nativmaterial (Kryoschnitte) / Alexa 488-Protokoll
Kryoschnitte: 5 µm auf Superfrost-Objektträger (OT)
"mit Carnoy's-Fixierung"
"ohne Carnoy's-Fixierung"
50 % Methanol/50% Aceton ("Biomat")
Tag 1:
Tag 1:
Tag 1:
1. Fixierung
10 min
RT
Trocknen
20 min
RT
Carnoy's
10 min
RT
Trocknen
Carnoy's Fixativ
1 Teil Essigsäure + 3 Teile Methanol
2.Fixierung
50 % Methanol/50% Aceton- Fixierung
2.Fixierung
30 min
-20 °C
Aceton
30 min
-20 °C
Aceton
30 min
-20°C
Methanol (MetOH)
30 min
-20°C
Methanol (MetOH)
1 min
RT
Formaldehyd 4%
1 min
RT
Formaldehyd 4%
FISH
20 min
-20 °C
50 % Methanol/50% Aceton
~15 min
RT
Trocknen
FISH
Waschen
Waschen
2 min
RT
Millipor Wasser
2 min
RT
Millipor Wasser
je 1 min
RT
70%/85%/100% Ethanol (EtOH)
je 1 min
RT
70%/85%/100% Ethanol (EtOH)
~15 min
RT
Trocknen
~15 min
RT
Trocknen
Sonde Denaturieren (DUNKEL)
Sonde Denaturieren (DUNKEL)
Sonde Denaturieren (DUNKEL)
5 min
5 min
5 min
73 °C WB Sonde ins Wasserbad
Gewebe Denaturieren
Gewebe Denaturieren
3 µl
2 min
Sonde auf Gewebe geben
3 µl
Deckglas auflegen und mit Fixogum
luftdicht abschließen
luftdicht abschließen
96 °C HP OT's auf Heizplatte
2 min
37 °C
ü.N.
3 µl
Sonde ins Wasserbad
Sonde auf Gewebe geben
Deckglas auflegen und mit Fixogum
luftdicht abschließen
96 °C HP
OT's auf Heizplatte
2 min
37 °C
OT's in einer feuchten Kammer im
ü.N.
Hybridisierung
OT's in einer feuchten Kammer im
73 °C WB
Gewebe Denaturieren
Sonde auf Gewebe geben
Deckglas auflegen und mit Fixogum
Hybridisierung
ü.N.
73 °C WB Sonde ins Wasserbad
96 °C HP
OT's auf Heizplatte
37 °C
OT's in einer feuchten Kammer im
Hybridisierung
Brutschrank inkubieren
Brutschrank inkubieren
Brutschrank inkubieren
FISH (Urovysion)/ IHC (Ki-67) an Nativmaterial (Kryoschnitte) / Alexa 488-Protokoll
Kryoschnitte: 5 µm auf Superfrost-Objektträger (OT)
"mit Carnoy's-Fixierung" Fortsetzung
"ohne Carnoy's-Fixierung" Fortsetzung
"ohne Carnoy's-Fixierung" Fortsetzung
Tag 2:
Tag 2:
Tag 2:
Waschen 1
Waschen 1
30 sec
RT
Deckglas in 0,4xSSC/0,3%NP40 entfernen
2 min
73°C WB OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
Waschen 1
30 sec
RT
Deckglas in 0,4xSSC/0,3%NP40 entfernen
30 sec
RT
Deckglas in 0,4xSSC/0,3%NP40 entfernen
2 min
73°C WB
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
2 min
73°C WB
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in 0,4xSSC/0,3%NP40 inkubieren
1 min
RT
OT's in Millipor Wasser inkubieren
1 min
RT
OT's in Millipor Wasser inkubieren
1 min
RT
OT's in Millipor Wasser inkubieren
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
RT
0,5 ml Blockierungslösung
30 min
RT
0,5 ml Blockierungslösung
30 min
RT
0,5 ml Blockierungslösung
Waschen 2
5 min
Waschen 2
Blocking:
30 min
Waschen 2
Blocking:
Blocking:
Blockierungslösung:
Blockierungslösung:
Blockierungslösung:
0,1 % Tween 20/ 10 % FCS/ PBS
0,1 % Tween 20/ 10 % FCS/ PBS
0,1 % Tween 20/ 10 % FCS/ PBS
(50µl / 5 ml /44,95 ml)
(50µl / 5 ml /44,95 ml)
(50µl / 5 ml /44,95 ml)
1. Antikörper:
1. Antikörper:
1. Antikörper:
1h
37 °C
Mib-1 (1:25 mit PBS)
1h
37 °C
Mib-1 (1:25 mit PBS)
1h
37 °C
Mib-1 (1:25 mit PBS)
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
2. Antikörper:
2. Antikörper:
2. Antikörper:
1h
RT DUNKELAlexa 488 (1:400 mit Blockierungslösung)
1h
RT DUNKELAlexa 488 (1:400 mit Blockierungslösung)
1h
RT DUNKEL Alexa 488 (1:400 mit Blockierungslösung)
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in PBS waschen
5 min
RT
in Millipor Wasser waschen
5 min
RT
in Millipor Wasser waschen
5 min
RT
in Millipor Wasser waschen
Eindeckeln
~ 10 µl
Eindeckeln
DAPI
~ 10 µl
Eindeckeln
DAPI
~ 10 µl
DAPI
Deckglas drauflegen
Deckglas drauflegen
Deckglas drauflegen
mit Nagellack Ränder versiegeln
mit Nagellack Ränder versiegeln
mit Nagellack Ränder versiegeln
Material und Methoden 50
Das sequentielle Anwenden der FISH und IHC in einem Doppelfärbe-Protokoll erfordert die
Anpassung einiger Komponenten. Entscheidend ist zunächst die Reihenfolge, erst FISH dann
IHC oder andersherum. Des Weiteren ist die Vorbehandlung des Gewebes für die Hybridisierungs- und Immundetektions-Effizienz relevant. Für die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
müssen die bereits markierten DNA-Sonden sowie geeignete Präparate vorbereitet werden.
Die DNA von Sonde und Präparat muss jeweils einzelsträngig vorliegen, damit sich während
der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung die komplementären DNA-Stränge bzw. -Sequenzen
finden können. Eine Antigen-Demaskierung ist nicht nötig. Für eine genaue Analyse von Tumorzellen im Gewebeverband genügt in der Regel nicht die Aufnahme eines 2 dimensionalen
Bildes. Um die gesamte 3-dimensionale Information eines Zellkerns zu erhalten, müssen
lichtoptische Serienschnitte für die verwendeten Fluorochrome durch den Zellkern gelegt
werden. Die Daten werden mittels Dekonvolution berechnet und die Bilderserie für die jeweiligen Fluorochrome übereinander gelegt, damit die gesamte Fluorochrom/Signal Information
eines Zellkernes (eines Gewebes) auf einer Bildebene dargestellt werden kann.
Überlappende Zellen und Zellen mit verschwommenen FISH-Signalen werden nicht analysiert. Signale, die sehr dicht beieinander liegen, werden als gespaltene Signale gedeutet und
als ein Signal gezählt [Bubendorf et al., 2001]. Als immunhistochemisch bzw. Ki67 positive
Zellen wurden jene deren Zellkern diffus grün-fluoreszierte bzw. auch die Nukleoli sich grünfluoreszierend absetzten. Da das Gewebe der Biopsie meist nur ein kleines Areal an Urothel
aufwies, wurde versucht so viele Zellen wie möglich (max. 20-50 Zellkerne) auszuwerten.
2.2.5
AUSWERTUNG DER DOPPELFÄRBUNG
Bei der UroVysion FISH in der Routine-Diagnostik von Urin-Proben oder Spülzytologien
gelten folgende Auswerte-Kriterien: Es werden 25 Zellkerne ausgewertet und dabei gilt der
UroVysion-Test als „ positiv“ , wenn
aufweisen oder in
4 Zellen >2 Zentromer-Sonden-Signale pro Nukleus
12 Zellkernen eine Deletion des 9p21 Lokus nachgewiesen werden kann.
Bei der Auswertung der Doppelfärbung wurde nicht in erster Linie in FISH-positive bzw. –
negative Patientenproben differenziert, sondern die Unterscheidung wurde auf Ebene der
Ki67-Färbung durchgeführt. Ki67- positive Zellen bezüglich ihrer chromosomalen Defekte
mit negativen Zellen verglichen.
Zur
Auswertung
des
Urothelgewebes
wurde
die
Anzahl
der
UroVysion-
Hybridisierungssignale der chromosomenspezifischen Zentromer-Sonden sowie der lokusspezifischen Gensonde pro Zellkern (insgesamt bzw. getrennt in Ki67 positive und negative Ker-
Material und Methoden 51
ne) bestimmt. Es wurden so viele Zellkerne wie möglich (meist zwischen 20 und 30 Zellkerne, darunter meist ca. fünf Ki67 positive Zellkerne; limitierender Faktor war die vorhandene
Ausgangs-Zellzahl der Kryogewebs-Biopsie) als 2-dimensionale Bildstapel aufgenommen
und gemäß Lee et al. (1993) und Bollmann et al. (2005) folgendermaßen ausgewertet:
Der Chromosomen Index (CI; entspricht dem Mittelwert) ist die mittlere Kopienzahl (copy
number) jedes Chromosoms, d.h. die Gesamtzahl aller Hybridisierungssignale dividiert durch
die Gesamtzahl analysierter Zellkerne [Bollmann et al., 2005]. Der Chromosomen Index sowie die Standardabweichung wurden für die Anzahl der Signale pro DNA-Sonde pro Zellkern
ermittelt. Die Standardabweichung wurde als Maß für den Grad der chromosomalen Instabilität betrachtet (Unterschiede in der Signalanzahl pro Zellkern). Der Aneusomie Index ist die
Frequenz der Aneusomie in der Patientenprobe, d.h. der Prozentsatz der analysierten Zellkerne mit einer, zwei oder mehr als zwei Chromosomenkopie(n). Der Aneusomie Index diente
auch zur Darstellung des Grades der chromosomalen Instabilität [Bollmann et al., 2005].
Mit der UroVysion-Hybridisierungseffizienz [%] wird der prozentuale Anteil der Kerne, die
die richtige Anzahl an Signalen (hier ist der Wert von zwei Signalen pro Kern – entsprechend
dem diploiden Karyotyp – als normal/ richtig gleichgesetzt und differierende Werte hiervon
als Fehlschlag/falsch angesehen) aufweisen, bestimmt. Berechnet wird dieser Wert folgendermaßen: 100 - [Hybridisierungsfehlschläge / aussagefähige Ergebnisse + Hybridisierungsfehlschläge] * 100. Die Hybridisierungseffizienz wurde an normal erscheinendem Urothel
(Normalgewebe) einer Zystektomie (Befund: „ Nested Variant“ eines Urothelkarzinoms;
pT2bG3, pN0 (8/15), Mx, R0) bestimmt.
Aufgrund der geringen Zell- und Fallzahl der Patientenproben konnte keine ausführliche statistische Auswertung durchgeführt werden. Es wurden lediglich versucht erste Tendenzen
statistisch (t-Test; p-Wert) zu erfassen und deskriptiv darzulegen.
2.2.6
MIKRODISSEKTION
Manuelle Mikrodissektion
Material und Methoden 52
Die Manuelle Mikrodissektion wurde genutzt, um für die Einzelzellsuspensionsherstellung
das Stroma vom Urothel isoliert zu gewinnen. Von den Methylenblau-gefärbten schwach
feuchten Schnitten wurde mit einer Injektionsnadel zuerst das Stroma, welches sich wie ein
Band leicht abziehen ließ, unter mikroskopischer Visualisierung (2,5 x Vergrößerung)
mikrodisseziert und anschließend die Urothelzellen in ein separates 1,5 ml EppendorfReaktionsgefäß überführt.
Laser-gestützte Mikrodissektion
Das zu mikrodissezierende Material (Gewebe/Einzelzellsuspension) wurde auf Polyethylen
Naphthalat (PEN)-Membran-Objektträger (PALM) aufgebracht. Diese Objektträger wurden
zuvor mit UV-Licht für 20 min bestrahlt, um die Adhäsivität zu steigern und DNasen zu inaktivieren; bei Verwendung von Einzelzellsuspensionen wurde die Membran zusätzlich mit Poly-L-Lysin behandelt, damit die Zellen besser auf der Membran adherieren und nicht bei den
nachfolgenden Experimenten vom Objektträger gewaschen werden. Für die Laser-gestützte
Mikrodissektion wurde das UV-Laser Microbeam System (Microbeam HT) von PALM genutzt. In die Optik eines inversen Fluoreszenz-Mikroskops ist ein UV-A Laser integriert.
Hiermit können Gewebeareale, einzelne Zellen sogar einzelne Chromosomenabschnitte präzise geschnitten und kontaktfrei in den Deckel eines Reaktionsgefäßes, welcher z.B. einen Puffer enthält, katapultiert werden. Das Verfahren der Lasermikrodissektion zeichnet sich durch
die Reinheit und Kontaminationsfreiheit der Proben aus. Der Mikroskoptisch (Robo-Stage),
der Mikromanipulator (Robot-Manipulator) und die Laser-mikromanipulations- Prozedur
werden mit Hilfe eines Computers gesteuert. Die Präparate werden mit einem Objektiv (40 x
Vergrößerung) fokussiert und das mikroskopierte Bild mittels Videokamera auf dem Computer-Bildschirm projiziert, damit letztendlich für die Dokumentation der Mikrodissektion
Schnappschüsse der Durchführung abgespeichert werden können. Die Parameter für das
Schneiden (CUT) des Areals sind so ausgewählt, dass der Laser das Gewebe und die PENMembran durchtrennt (UV-Energy = 54 und UV-Fokus = 51). Für das Katapultieren des Gewebe-Areals bzw. der Einzelzelle liegt der Laser-Fokus unterhalb der Membran und mit einem einzigen Laser-Schuss (LPC; Laser pressure catapulting; oder RoboLPC; UV-Energy =
74 und UV-Fokus = 49) wird es in ein Lyse-Puffer-gefülltes Deckelchen eines 200 µl Eppendorf-Reaktionsgefäß, das in weniger als einem Millimeter über das zu mikrodissezierende
Areal mit Hilfe des Mikromanipulators gehalten wird, geschossen. Aufgrund der geringen
Material und Methoden 53
Größe der Einzelzelle, konnte ein Gelingen der Lasermikrodissektion durch Visualisierung
der Zelle im Deckelchen nicht erfolgen.
Herstellung einer Einzelzellsuspension
Das mikrodissezierte Areal wurde in einem 1,5 ml Reaktionsgefäß mit 30 µl Aqua Bidest
(andere Lösungen/Puffer/Enzyme wirkten sich negativ auf den Versuchsablauf aus) aufgenommen und die Zellvereinzelung erfolgte und dreiminütigem vortexen.
2.2.7
AMPLIFIKATION
GENOMISCHER
EINZELZELL-DNA
DURCH
POLYMERASEKETTENREAKTION (PCR)
Viele Experimente und Analysen gestalten sich schwierig, da nicht genügend DNA der zu
untersuchenden Probe zur Verfügung steht. Insbesondere bei der Untersuchung von Einzelzellen kann der Forscher nur auf wenige Pikogramm DNA zurückgreifen (~ 6 pg humane DNA/
diploidem Genom). Für die Vervielfältigung der gesamten DNA (einer Zelle) wurden mittlerweile einige Methoden entwickelt.
Zu den PCR-basierten Methoden für die Gesamt-Genomische Amplifikation (Whole genomic
amplification, WGA) zählen u.a. die Degenerate-Oligonucleotid-Primer PCR (DOP-PCR;
Telenius et al. 1992; Cheung and Nelson 1996), die Primer-Extensions PCR (PEP-PCR;
Cheung and Nelson 1996) und die Linker-adaptor PCR (LA-PCR; Ludecke et al., 1989). Die
DOP-PCR und PEP-PCR haben den Nachteil unspezifische Artefakte zu amplifizieren
(Cheung and Nelson 1996), nicht alle Loci zu erfassen (Paunio et al. 1996; Dean et al. 2002)
und kurze Produkte (< 3 kb) zu produzieren, die für viele Anwendungen nicht mehr zu
gebrauchen sind (Telenius et al. 1992). Dies ist nicht so bei der Linker-adaptor PCR.
2.2.7.1 MseI-Adapter-PCR/ LA-PCR
Die Linker-adaptor PCR (LA-PCR; hier Mse1-Adapter-PCR genannt) wurde erstmals 1989
von Ludecke et al. beschrieben. Die Methode beruht auf den Restriktionsverdau der ZielDNA und Ligation der DNA-Fragment-Enden an einen Adaptor mit bekannter Nukleotidsequenz, so dass die Fragmente über eine PCR amplifiziert werden können. Für den Restriktionsverdau sollte ein Restriktionsenzym gewählt werden, das ein vier-Basen Motiv erkennt
und somit die Möglichkeit bietet, die erwartete mittlere DNA-Länge von 256 bp (44) basie-
Material und Methoden 54
rend auf der Prämisse, dass die vier Basen gleichmäßig im Genom verteilt sind und der Verdau komplett durchlaufen ist [Klein et al., 1999]. Klein et al. (1999) stellten bei Voruntersuchungen fest, dass nur MseI einen Einzelzell-DNA-Schmier von 100-1500 bp Länge ähnlich
jener Länge von geschnittener Hochmolekularer DNA (1 µg) produzierte. Die hier angewandte Linker-adaptor PCR wurde wie bei Langer et al. (2005) durchgeführt.
a) Zellaufschluss für MseI-Adapter-PCR
Die in 4,5 µl Mse-Lysis-Puffer isolierten (Lasermikrodissezierten) Zellen wurden bei 42°C
für 10 Stunden in einem PCR-Heizblock verdaut. Die Proteinase K wurde anschließend für 10
Minuten bei 80°C hitzeinaktiviert.
b) MseI-Verdau
Zu 4,5 µl lysierten Zellen wurde 0,2 µl 10x OFA-Buffer, 0,5 µ1 (entsprechend 10 U) MseI
Restriktionsenzym und 1,3 µl Nuklease-freies Wasser gegeben. In einem Parallelansatz wurde
1 µl (500 pg) Referenz-DNA (Human Genomic DNA, male oder female) mit 0,5 µl MseI Restriktionsenzym, 3 µl nukleasefreiem Wasser und 0,5 µl 10x OFA-Buffer versetzt. Beide Ansätze wurden für 3 Stunden bei 37°C in einem PCR Heizblock inkubiert. Das Restriktionsenzym wurde anschließend bei 65°C für 5 Minuten inaktiviert.
c) Pre-Annealing und Ligation der Primer
Ein Pre-Annealing-Ansatz setzte sich zusammen aus 0,5 µl OFA-Buffer, 0,5 µl 100 µM
LIB1-Oligonukleotidadapter, 0,5 µl 100 µM ddMse11-Oligonukleotidadapter und 1,5 µl
nukleasefreiem Wasser. Das Annealing wurde in einem PCR-Heizblock in absteigenden
Temperaturen (1 °C/ min) von 65°C (diese Temperatur diente gleichzeitig zur Inaktivierung
des Restriktionsenzyms vor der Ligation) bis 15°C in einminütigen Schritten durchgeführt.
d) Ligation
Zu den 3 µl preannealten Adaptern wurden 1 µl T4-DNA-Ligase, 1 µl 10x Ligase-Puffer
(enthält 10 mM ATP) und 5 µl des MseI-verdauten Zell-Lysats bzw. 5 µl der MseIgeschnittenen Referenz-DNA gegeben. Der Reaktionsansatz wurde bei 15°C in einem PCRBlock über Nacht ligiert.
e) Primäre PCR
Zu dem Ligations-Produkt wurden 40 µl eines PCR-Mix addiert, welcher sich aus folgenden
Bestandteilen zusammensetzte: 3 µl 10x konzentrierter PCR-Puffer Nr. 1 aus dem Expand
Long Template PCR System (enthält 2,25 mM Magnesiumchlorid und Detergenzien), 2 µl
10mM dNTP-Mix, 1 µl (3,5 U) Polymerasen-Mix aus dem Expand Long Template PCR System und 35 µl nukleasefreiem Wasser.
Material und Methoden 55
Das PCR-Programm gestaltete sich folgendermaßen (Tabelle 7):
Tabelle 7.: Primär-PCR LA-PCR
Temperatur
Füllreaktion
1. PCR-Zyklus
14x
2. PCR-Zyklus
8x
3. PCR-Zyklus
22x
Endreaktion
68°C
94°C
57°C
68°C
94°C
57°C +1°C/cycle
68°C
94°C
65°C
68°C
68°C
4°C
Zeit
3min
40sec
30sec
1min 30sec +1sec/cycle
40sec
30sec
1min 45sec +1sec/cycle
40sec
30sec
1min 53sec +1sec/cycle
3min 40sec
2.3 DNA-ISOLATION UND QUANTIFIZIERUNG
Zur Asservierung wurde zusätzlich DNA aus den Proben mit Hilfe des Qiagen Micro Kits
isoliert. Zur Konzentrationsbestimmung von DNA-Lösungen wurde die optische Dichte bei
260 nm gemessen (Biophotometer von Eppendorf) und nach folgendem Zusammenhang ausgewertet: Eine optische Dichte von 1,0 entspricht einer DNA-Konzentration von 50 g/ml.
Dies gilt für doppelsträngige DNA.
Zur gelelektrophoretischen Qualitätskontrolle wurde ein 1,0 % (w/v) Agarosegel hergestellt,
indem 1,0 g Agarose in 100 ml 1× TBE-Puffer unter Aufkochen mit einer Mikrowelle gelöst
wurden. Verdunstungsverluste wurden mit Aqua Bidest ausgeglichen und das Agarosegel
wurde unter Rühren auf ca. 60 °C abgekühlt. Das Gel wurde in den Gelschlitten gegossen, der
zuvor mit Klebeband abgedichtet und dem der Gel-Taschenformerkamm eingesetzt worden
ist. Nachdem das Gel polymerisiert ist, wurden die Klebestreifen entfernt, der Gelschlitten in
die Elektrophoresekammer überführt, in die Kammer 1× TBE-Puffer gelüberdeckend gegossen, der Taschenformerkamm herausgezogen und die zu trennenden Proben in die Taschen
pipettiert. Die Proben (1 kb Längenstandard, PCR-Produkt) wurden in einem 10 l Ansatz,
aus x l der Probe und 5 l Loadingbuffer aufgetrennt. Die Elektrophorese wurde bei ca. 80 V
für ca. 4 Stunden durchgeführt. Anschließend wurde das Gel 15 min in einem Ethidiumbromidbad gefärbt, unter UV-Licht ausgewertet und mit einer Kamera aufgenommen.
2.4 EINZELZELL COMPARATIVE GENOMISCHE HYBRIDISIERUNG (SS CGH)
Eine weitere elegante molekularzytogenetische Methode, die es erlaubt, in einem einzigen
Experiment einen Überblick über die genetischen Veränderungen von Tumorzellen auf chro-
Material und Methoden 56
mosomaler Ebene zu erlangen, ist die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization) (Kallioniemi et al. 1992, du Manoir et al. 1993). Diese Methode wurde seit ihrer Erstbeschreibung auf eine Vielzahl von malignen und benignen Neoplasien angewendet und hat dabei erfolgreich zur Aufdeckung verschiedener chromosomaler
Aberrationen geführt. Ein wesentlicher Vorteil dieser Methode besteht darin, dass als Ausgangsmaterial etwa 0,5 bis 1µg DNA für die Analyse ausreichen. Ein weiterer Vorteil ist, dass
keine Metaphasechromosomen der zu untersuchenden Tumorzellen notwendig sind. In der
CGH-Analyse werden die detektierbaren Veränderungen entweder als DNA-Gewinn oder
Verlust klassifiziert. Die biologische Bedeutung eines DNA-Gewinns kann dabei in der Aktivierung eines Onkogens, der Verlust dagegen in der Inaktivierung eines Tumorsuppressorgens
liegen. Beide Genklassen können fundamental in die Entstehung und Progression invasiver,
metastatischer Klone eingebunden sein [Houldsworth und Chaganti, 1994].
Ein Test- und ein Referenzgenom, d.h. Tumor- und Normal-DNA werden zunächst aus mindestens Tumorzellen und Normalzellen gewonnen und dann durch Einbau von chemisch modifizierten Nukleotiden unterschiedlich markiert. Dies erfolgt bei einer Direktmarkierung beispielsweise durch den grünen Fluoreszenzfarbstoff Fluorescein (FITC) und den roten Fluoreszenzfarbstoff Rhodamin. Beide DNA-Präparationen werden dann zu gleichen Teilen gemischt
und auf normale Metaphasechromosomen (auf einem einfachen Objektträger) hybridisiert, wo
sie um homologe Bindungsstellen konkurrieren. Überwiegt in den Tumorzellen eine DNASequenz, so bindet diese DNA häufiger an die entsprechende chromosomale DNA der Metaphasenpräparation. Bei der Betrachtung im Fluoreszenzmikroskop überwiegt dann der Fluoreszenzfarbstoff der Tumorprobe, d.h. im Fall von FITC die grüne Fluoreszenz. Haben die
Tumorzellen hingegen DNA verloren, bindet relativ mehr Normal-DNA, dessen Fluoreszenzsignal dann in dieser chromosomalen Region zu beobachten ist, d.h. im Falle von Rhodamin
die rote Fluoreszenz. Besteht ein Gleichgewicht zwischen Test- und Referenzgenom, so ergibt
sich bei der simultanen Betrachtung beider Fluorochrome eine gelbe Mischfarbe. Entscheidend ist, dass die Information, ob im Tumor ein DNA-Gewinn (Amplifikation) oder ein
DNA-Verlust (Deletion) vorliegt, durch Fluoreszenzsignale repräsentiert wird [Störkel et al.,
1996].
Um eine quantitative Aussage zu ermöglichen, erfolgt die Auswertung nicht visuell, sondern
über eine sog. CCD- („ Charge-coupled-device“ ) Kamera. Sie kodiert und quantifiziert das
Fluoreszenzsignal als Graustufenbild. Weiterhin erfolgt die Aufnahme der Fluoreszenzbilder
nicht simultan, sondern seriell für jedes Fluorochrom einzeln. Dabei verhindern selektive Filter, dass es zu einer Überlagerung der Fluoreszenzsignale zwischen den einzelnen Fluores-
Material und Methoden 57
zenzfarbstoffen kommt. Um eine Identifizierung der Chromosomen zu ermöglichen, werden
die Metaphasenpräparate vor der Auswertung noch mit dem blauen Fluoreszenzfarbstoff
DAPI behandelt, wodurch jedes Chromosom in einem typischen Bänderungsmuster angefärbt
wird. Das DAPI-Bild dient daher der Identifizierung der Chromosomen, während FITC den
Tumor- und Rhodamin die Normal-DNA repräsentiert. Die Darstellung der Fluoreszenzintensitäten entlang der einzelnen Chromosomen erfolgt im Auswerteergebnis nicht anhand der
absoluten, sondern der relativen Werte zwischen grünem und rotem Signal, dem sog. RadioBild. Da bei Messung von nur einer einzigen Metaphase Rauschsignale nicht ohne weiteres zu
unterdrücken sind, wird nicht nur eine Metaphase, sondern immer mehrere Metaphasen ausgewertet und das Ergebnis gemittelt. Im Endergebnis ergibt sich das sog. CGH-SummenKaryogramm über alle 22 Chromosomen einschließlich des X- und Y-Chromosoms [Petersen
et al., 1996; Störkel et al., 1996].
Für den Einsatz der CGH-Analyse in dieser Dissertation war die erforderte DNA-Menge von
bis zu einem Mikrogramm der limitierende Faktor. Bei der CGH-Analyse von Zelllinien ist
dies kein Problem, da genügend klonale Zellen produziert werden können, um mehrere Mikrogramm DNA zu erhalten. In dieser Arbeit wurde Patienten-Biopsie-Gewebe analysiert.Wenn die DNA der gesamten heterogenen nicht-klonalen Gewebemasse isoliert werden
würde, dann stellten die Daten nur die Mittelwerte aller Zellen dar, so dass klinisch relevante
genetische Veränderungen, die vielleicht nur in einem kleinen Zell-Cluster zu finden sind,
überlagert werden würden. Aus diesem Grund wurden Einzelzellen, die als Identifizierungskriterium mit dem Antikörper Mib-1 positiv gegen das Ki67 Protein Fluoreszenz-Markierte
wurden, sowie Einzelzellen der negativen Umgebung, Laser-mikrodisseziert (siehe Kapitel
2.2.6) und erst nach Gesamt-Genomische Amplifikation mittels Linker-adaptor PCR (siehe
Kapitel 2.2.7; um die CGH-DNA-Einsatzmenge von 1 µg zu erhalten) weiter mit der CGH
analysiert. Die Durchführung der CGH erfolgte in Kooperation mit Frau Dr. Langer, Institut
für Humangenetik, München.
Ergebnisse 58
3
ERGEBNISSE
Das Harnblasenkarzinom ist ein sehr heterogenes Gewebe, da es aus verschiedenen Zellen mit
unterschiedlichen chromosomalen Aberrationen besteht. Für die Untersuchung erster genetischer Defekte auf Einzelzell-Ebene, die mit einem Wachstumsvorteil einhergehen, sollte in
dieser Dissertation zunächst eine Doppelfärbung aus Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
(FISH) und Immunhistochemie etabliert werden. Aufgrund dieser speziellen FISHImmunhistochemie Färbemethode war es möglich einen Überblick über den Ploidie-Grad und
den Harnblasen-spezifischen frühen Defekten im Gen-Lokus 9p21 in proliferierenden Zellen
mittels der UroVysion-Sonde zu erlangen. Weitere genetische Aberrationen sollten mittels
Komparativer Genomischer Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization) untersucht werden.
3.1
Etablierung der UroVysion-Ki67-Doppelfärbung
Bei der UroVysion-Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung kommen drei Zentromer-spezifische
Sonden für die Chromosomen 3, 7 und 17, sowie eine Chromosomen-spezifische Sonde für
die chromosomale Region 9p21 (Gen p16) zum Einsatz. Der Proliferationsmarker Ki67 ist ein
nukleäres Antigen in Zellen der Wachstumsphase/-fraktion, also jener Zellen, die sich vermehren (proliferieren).
Die Etablierung der UroVysion-Ki67-Doppelfärbung wurde zunächst an Sphäeroiden von
urothelialen Zelllinien (UROtsa, J82 und RT4) durchgeführt, um die idealen Bedingungen für
die Kombination beider Methoden festzustellen. Eine Austestung der Doppelfärbung anhand
von Lymphozyten-Präparaten wurde ausgelassen, da aufgrund der Sphäeroiden das Urothelgewebe besser simuliert werden konnte und somit ein erfolgreiches Doppelfärbungs-Protokoll
1:1 auf die histologischen Schnitte der Harnblasen-Biopsien übertragen werden konnte. Zur
Auswertung des Urothelgewebes wurde die Anzahl der UroVysion-Hybridisierungssignale
der chromosomenspezifischen Zentromer-Sonden sowie der lokusspezifischen Gensonde pro
Zellkern (insgesamt bzw. getrennt in Ki67 positive und negative Kerne) bestimmt. Es wurden
so viele Zellkerne wie möglich (meist zwischen 20 und 30 Zellkerne; limitierender Faktor war
die vorhandene Ausgangs-Zellzahl der Kryogewebs-Biopsie) als 2-dimensionale Bildstapel
aufgenommen und ausgewertet.
Die UroVysion-Hybridisierungseffizienz wurde an Normalgewebe (normal erscheinendes
Urothel) einer Harnblasen-Zystektomie (Befund: Nested Variant eines Urothelkarzinoms;
Ergebnisse 59
pT2bG3, pN0 (8/15), Mx, R0) bestimmt. Nachfolgende Abbildungen/Tabellen zeigen das
Ergebnis des Normalgewebes für den hybridisierten FISH-Sondensatz. Tabelle 8 gibt die
Hybridisierungseffizienz der eingesetzten UroVysion-Sonde an. Diese liegt für die erwarteten
zwei Hybridisierungssignale pro Sonde und Kern bei Werten zwischen 85 % und 91 % und ist
damit um einiges geringer als für Urin-Zytologie-Präparaten von Patienten ohne Urothelkarzinom (93%; laut UroVysion/Vysis). Dennoch zeigt das Normalgewebe für die Mehrheit der
Zellen einen überwiegend diploiden Karyotyp.
Abbildung 9.: Austestung der UroVysion-Hybridisierungseffizienz an Normalgewebe (normal erscheinendes Urothel) einer Harnblasen-Zystektomie (Befund: Nested Variant eines Urothelkarzinoms; pT2bG3,
pN0 (8/15), Mx, R0) (Vergrößerung 1000 Fach)
Tabelle 8.: Hybridisierungseffizienz der UroVysion-Sonde getestet an Normalurothel (n = 33 Zellkerne)
Signale pro Zellkern (n)
<2
2
>2
Chromosom 3 Zentromer
9%
88 %
3%
Chromosom 7 Zentromer
12 %
88 %
0
Chromosom 17 Zentromer
12 %
85 %
3%
Chromosom 9p21 Gen p16
9%
91 %
0
Sonde
Ergebnisse 60
Aneusomie Index n = 33 Zellkerne
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
Abbildung 10.: Graphische Darstellung der Hybridisierungseffizienz der UroVysion-Sonde getestet an
Normalurothel. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen
pro Zellkern an.
Tabelle 9.: Normalurothel, Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden
Mittelwert
Standardabweichung (+/- SD)
Chromosom 3 Zentromer
1,94
0,35
Chromosom 7 Zentromer
1,85
0,44
Chromosom 17 Zentromer
1,85
0,57
Chromosom 9p21 Gen p16
1,85
0,51
Anzahl der Signale pro Zellkern
Sonde
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
Urothel-Normalgewebe (Chromosomenindex und
Standardabweichung)
Abbildung 11.: Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung der
UroVysion-Sonden im getesteten Normalurothel
Der Chromosomen Index (Tabelle 9; Abbildung 11) ist für den verwendeten UroVysionSonden-Mix knapp unter 2, die Werte für die Standardabweichungen liegen zwischen 0,35
und 0,57 und sind damit erwartungsgemäß relativ gering.
Aufgrund der geringen Zell- und Fallzahl der Patientenproben konnte keine ausführliche Statistische-Auswertung durchgeführt werden. Es wurden lediglich versucht erste Tendenzen
statistisch (t-Test) zu erfassen und deskriptiv darzulegen.
Ergebnisse 61
Für die Etablierung der Methoden können folgende Ergebnisse notiert werden: Je nachdem ob
der gleiche histologische Schnitt nach der Doppelfärbung auch für die Einzelzell-Analyse
eingesetzt wurde, wurden Veränderungen am Protokoll durchgeführt, wie z.B. der Einsatz von
PEN-Membran Objektträger (PALM) und das Weglassen jeglicher Gegenfärbung der Kerne
(wie DAPI).
Aufgrund der Aufeinanderfolge vieler verschiedener Methoden am selben histologischen Gewebeschnitt, konnten viele Schaltstellen festgestellt werden, die entscheidend für ein Gelingen der Methoden waren. Für die Doppelfärbung war zunächst entscheidend die Reihenfolge
der Methoden, denn wenn die Immunhistochemie vor der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
durchgeführt wurde, war der Nachweis des Ki67 Antigens nicht mehr möglich. Es wurden
Kryogewebsschnitte verwendet, um einer Vernetzung und Denaturierung von Protein, DNA
und RNA durch die Formalin-Paraffin-Einbettung entgegenzuwirken. Im nachfolgenden wird
auf die einzelnen Abschnitte des Doppelfärbe-Protokolls mit den jeweiligen HauptVariationen näher eingegangen:
A) Herstellung histologischer Schnitte/Präparate:
Die Kryogewebsschnitte wurden kurz vor dem Experiment hergestellt, da ein längeres
Lagern angefertigter Schnitte, den Part der Immunhistochemie negativ beeinträchtigt.
Die Schnitte wurden auf Superfrost-Objektträger bzw. auf UV-Behandelte PENMembran Objektträger (für den Einsatz in der Lasermikrodissektion und nachfolgender Applikationen) aufgezogen, um ein Abschwimmen der Schnitte während der
Waschschritten entgegenzuwirken. Bei der Verwendung von Einzelzellsuspensionen
wurden die Objektträger zusätzlich mit Poly-L-Lysin beschichtet, was ein Anhaften
der Zellkerne während des gesamten Experimentes gewährleistete.
B) Fixierung/ Gewebevorbehandlung:
Eine geeignete Fixierung und Vorbehandlung, und somit die Permeabilisierung, des
Gewebes ist entscheidend für den Aufschluss der Zellen/Zellkerne, so dass die FISHSonde und der Ki67-Antikörper an ihre Ziel-Sequenz/-Epitope spezifisch binden können. Die enzymatische Gewebevorbehandlung (z.B. mit Proteinase K) erwies sich entsprechend der Herstellerangaben als ineffizient für den immunhistochemischen Versuchsabschnitt aus. Somit konnte der Zellaufschluss nur durch eine geeignete Fixierung und Verwendung von Detergenzien (wie 0,4x SSC/ 0,3 % NP-40) erfolgen.
Die
besten
Doppelfärbe-Ergebnisse
konnten
durch
eine
gekühlte
(-20°C)
50% Methanol/ 50 % Aceton-Fixierung erreicht werden. Das Verwenden einer Carnoys-Fixierung oder 4% Formaldehyd-Lösung zusätzlich zur Methanol-Aceton-
Ergebnisse 62
Fixierung beeinträchtigten entweder die Sonden-Hybridisierung oder die Immunhistochemie. Des Weiteren wurden versucht die dicht nebeneinander liegenden Zellkerne
des Urothels mittels Salzsäure-Behandlung (0,2 M HCl) zu Spreiten, was sich jedoch
negativ auf die Hybridisierungseffizient auswirkte und somit nicht weiter verfolgt
wurde.
C) Hybridisierung und Posthybridisierungswaschung
Die UroVysion-Hybridisierung und Posthybridisierungs-Waschschritte wurden im
Großen und Ganzen nach den Herstellerangaben durchgeführt. Ausnahme stellte nur
die Dentaurierungstemperatur des mit Sonde benetzten Gewebes dar. Es wurde eine
Temperatur von 96 °C für zwei Minuten gewählt, da kein Formaldehyd im Experiment
eingesetzt wurde, welches die DNA-Denaturierungs-Temperatur normalerweise auf
ca. 70 °C herabsetzt.
D) Immunhistochemie
Der FISH folgte direkt die Immunhistochemie mit dem Ki67 Proliferationsmarker
(Klon Mib-1). Nach Austesten verschiedener Verdünnungsstufen für den ErstAntikörper (Ki67) und den Sekundärantikörper (FITC bzw. letztendlich Alexa488)
wurden jene Verdünnungen gewählt, deren Signal-zu-Hintergrund-Ratio am besten
war. Zu Beachten galt dabei, dass der pH-Wert der Waschlösung PBS (Phosphate Saline Buffer) essentiell für ein Gelingen der Immunhistochemie war.
E) Gegenfärbung und Detektion
Standard Gegenfärbung der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung ist der Einsatz einer
bläulich-violett fluoreszierenden Substanz, DAPI (4'
,6-Diamidino-2-phenylindol) mit
dem Zusatz des Fluoreszenzstabilisators Antifade. Wurde derselbe histologische Gewebeschnitt nach der Doppelfärbung noch für Applikationen der Einzelzell-Analyse
verwendet, musste die DAPI-Gegenfärbung ausgelassen werden, da diese Substanz
aufgrund des Interkalierens in die DNA und ihrer Emission im UV-Bereich weitere
Experimente beeinträchtigt. Außerdem kann DAPI nicht auf den PEN-Membran Objektträgern verwendet werden, da eine Wechselwirkung mit der Membran zu einer
Hintergrundfärbung führt und somit die Detektion der Zellkerne erschwert.
3.2
Untersuchung von Patientenfällen mittels UroVysion-Ki67-Doppelfärbung
Ergebnisse 63
Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden insgesamt 40 Patientenfälle mittels UroVysion-Ki67Doppelfärbung untersucht (genaue Auflistung siehe Abbildung 12). Bei der Wahl des Patientenkollektivs wurden hauptsächlich Biopsie-Proben (Kryogewebe) favorisiert, die nicht älter
als 5-7 Jahren waren und eine urotheliale Präkanzerose (Dysplasie oder Hyperplasie) als Primär-Diagnose umfassten. Dies war vor allem für die Dysplasien unter anderem der limitierende Faktor. Bei der Methoden-Etablierung wurden teilweise höhergradige Tumore verwendet, welche nun mit den Präkanzerosen bezüglich Tumorprogression bzw. der Akquirierung
weiterer chromosomaler Defekte verglichen werden können.
Normal
(1 Fall)
Hyperplasien
(13 Fälle)
Papilläre Tumore
(pTaG1) (3 Fälle)
Dysplasien
(12 Fälle)
Carcinoma in situ
(7 Fälle)
Invasive Tumore (pT1G3)
(4 Fälle)
Abbildung 12.: Mittels UroVysion-Ki67-Doppelfärbung untersuchte Patientenfälle (insgesamt 40). Die
fortgeschrittenen Tumoren dienten zur Methoden-Etablierung und anschließend zum quantitativen
Vergleich akquirierter chromosomaler Defekte in Bezug auf die entsprechenden Präkanzerosen.
Im Nachfolgenden wird zunächst auf die Ergebnisse der Urothelkarzinome und anschließend
erst auf den Schwerpunkt dieser Doktorarbeit, die Präkanzerosen, eingegangen.
pT1G3
Die Ergebnisse der vier untersuchten pT1G3-Fälle sind Abbildung 13 und 14, sowie Tabelle
10 bis 11 dargestellt. Die pT1G3 Tumore enthielten ca. ein Dreifaches mehr an ruhenden
(Ki67 negativen) Zellen, als proliferierende (Ki67 positive).
Ergebnisse 64
Abbildung 13.: A) Urovysion-Ki67-Doppelfärbung eines papillär-invasiven Urothelkarzinoms (max. Eindringtiefe pT1G3; 11922_04_A2). Die Bezeichnung der einzelnen Sonden ist in A) beschrieben. B)
Übersichts-Darstellung der DAPI-Gegenfärbung, CEP7-Sonde und Ki67-Immunhistochemie.
Tabelle 10.: Invasive Harnblasentumore (pT1G3; 4 Fälle). Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden. Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
2,12
[1,221]
2,05
[1,174]
2,14
[1,243]
2,29
[1,280]
2,14
[1,356]
2,34
[1,261]
2,21
[1,125]
2,09
[1,065]
2,24
[1,148]
1,10
[1,006]
1,00
[1,024]
1,13
[1,006]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 11.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in invasiven Harnblasentumoren (n = 4 Fälle).
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,1035
0,0288
0,2585
0,3667
Im Vergleich zum analysierten Normalgewebe liegen die Werte für die Standardabweichung
der einzelnen Sonden teilweise um das 3-fache höher, was auf eine hohe chromosomale Instabilität in dem Tumor hindeutet (vergleiche Tabelle 9 und 10). Des Weiteren kann ein signifikanter Unterschied in der Signal-Anzahl der CEP7-Sonde zwischen Ki67 positiven (proliferierenden) und negativen (ruhenden) Zellen bestimmt werden.
Ergebnisse 65
Aneusomie Index:
4 pT1G3-Fälle/92 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
A)
LSI9p21
4,00
3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
4 pT1G3-Fälle/92Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
B)
Aneusom ie Index:
4 pT1G3-Fälle/22 Zellkerne
(Ki-67 positive)
Aneusom ie Index:
4 pT1G3-Fälle/70 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100,00
100,00
%
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
Anzahl der Signale pro
Zellkern
80,00
Monosomie Index
60,00
CEP7
CEP17
LSI9p21
C)
4,00
3,00
CEP3
CEP7
2,00
CEP17
1,00
LSI9p21
0,00
U r o V ysio n- So1
nd en- Sig nalz ahl
4 p T 1G3 - F älle/ 2 2 Z ell ker ne
( Ki - 6 7 p o si t ive Ker ne)
E)
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
Anzahl der Signale pro
Zellkern
80,00
CEP7
CEP17
LSI9p21
D)
4,00
3,00
CEP3
2,00
CEP7
CEP17
1,00
LSI9p21
0,00
1 n- S igna lza hl
Uro Vys io n- S o nde
4 pT 1G3 - F ä lle / 7 0 Z ellk e rne
( Ki- 6 7 ne ga t iv e Z e llk e rne )
F)
Abbildung 14.: Invasive Harnblasentumore (pT1G3; 4 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysionHybridisierungssignale pro Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt
die Anzahl an Signalen pro Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und
der Standardabweichung der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 66
pTaG1
Der Anteil an Ki67 negativen Zellen ist in den pTaG1 (low grade)-Gewebeproben um das 6,4
fache größer als der Anteil der positiven und somit proliferierenden Zellen.
Die Zentromer-Sonde CEP3 detektiert eine starke chromosomale Instabilität des Chromosoms
3 in proliferierenden Zellen der papillären Harnblasentumoren, im Gegensatz zu den Ruhenden Zellen. (siehe Standardabweichung in Tabelle 12). Des Weiteren kann ein signifikanter
Unterschied in der Signal-Anzahl der CEP7-Sonde zwischen proliferierenden und ruhenden
Zellen bestimmt werden.
Tabelle 12.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden bei papillären Harnblasentumoren (n = 3 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne
insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
1,85
[0,715]
2,20
[1,032]
1,80
[0,647]
1,78
[0,647]
2,30
[0,675]
1,70
[0,609]
1,64
[0,610]
1,70
[0,675]
1,63
[0,604]
0,68
[0,704]
0,80
[0,789]
0,66
[0,695]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 13.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in papillären Harnblasentumoren (n = 3 Fälle).
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,1039
0,0007
1,0000
0,0957
Ergebnisse 67
Aneusomie Index
3 pTaG1-Fälle/74 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
A)
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
b
1
3 pTaG1-Fälle/74 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
B)
Aneusomie Index
3 pTaG1-Fälle/ 10 Zellkerne
(Ki-67 positive)
Aneusom ie Index
3 pTaG1-Fälle/64 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100
90
100,00
80
70
80,00
60
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
50
40
30
Monosomie Index
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
20
10
0,00
C)
0
CEP3
Anzahl der Signale pro
Zellkern
%
60,00
CEP7
CEP17
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
D)
LSI9p21
3,00
3,50
3,00
CEP3
2,50
CEP7
2,00
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
Uro V ys io n- S o nde
1 n- S ignalzahl
3 pT aG 1- F ä lle / 10 Z ellk erne
( Ki- 6 7 po s it ive Ke rne)
Anzahl der Signale pro Zellkern
%
2,50
2,00
1,00
0,50
0,00
E)
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
1,50
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
3 pTaG1-Fälle/ 64 Zellkerne
(Ki-67 negative Zellkerne)
F)
Abbildung 15.: Papilläre Harnblasentumoren (n = 3). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer
Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysionHybridisierungssignale pro Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt
die Anzahl an Signalen pro Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und
der Standardabweichung der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 68
Carcinoma in situ (CIS)
Es gibt keinen signifikanten Unterschied zwischen proliferierenden und nicht-proliferierenden
Zellen im Carcinoma in situ (Tabelle 15; 14). Der Anteil an Ki67 positiven Zellkernen beträgt
ungefähr die Hälfte der Negativen.
Tabelle 14.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden beim urothelialen
Carcinoma in situ (n = 7 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
2,3
[1,126]
2,54
[1,260]
2,19
[1,047]
2,36
[1,088]
2,61
[1,022]
2,26
[1,103]
2,30
[1,192]
2,46
[1,187]
2,23
[1,194]
1,46
[0,918]
1,65
[0,936]
1,40
[0,910]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 15.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in urothelialen Carcinoma in situ (n = 7 Fälle).
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
1,0000
1,0000
0,6248
0,7525
Ergebnisse 69
Aneusom ie Index:
7 CIS-Fälle/145 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
A)
0,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
4,00
3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
7 CIS-Fälle/145 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
Aneusom ie Index:
7 CIS-Fälle/99 Zellkerne
(Ki-67 negative)
Aneusom ie Index:
7 CIS-Fälle/46 Zellkerne
(Ki-67 positive)
100,00
100,00
80,00
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
Anzahl der Signale pro Zellkern
80,00
Monosomie Index
CEP7
CEP17
LSI9p21
3,50
3,00
CEP3
2,00
CEP7
1,50
1,00
CEP17
0,50
LSI9p21
0,00
Uro Vysio n-Sonden-Signalzahl
1
7C IS-Fälle/ 46 Zellkerne
(Ki-67 positive Kerne)
E)
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
C)
4,00
2,50
%
CEP3
Anzahl der Signale pro Zellkern
%
B)
CEP7
CEP17
LSI9p21
4,00
3,50
3,00
2,50
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
D)
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
7 CIS-Fälle/99 Zellkerne
(Ki-67 negative Zellkerne)
F)
Abbildung 16.: Carcinoma in situ (n = 7). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie
aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysion-Hybridisierungssignale pro
Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen pro
Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung
der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 70
Hyperplasie
In Abbildung 17 ist die UroVysion-Ki67-Doppelfärbung am Beispiel einer Hyperplasie dargestellt.
Betrachtet man die Werte der Standardabweichung des UroVysion-Sondenmixes (Tabelle 16;
Abbildung 18) kann eine geringfügig stärkere chromosomale Instabilität bei Ki67 positiven
Zellen festgestellt werden. Es besteht ein signifikanter Unterschied (Tabelle 17) zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen bei Hyperplasien bezogen auf die Hybridisierungseigenschaften der UroVysion-Zentromersonde für Chromosom 7 CEP7 (p-Wert =
0,0018).
Abbildung 17.: Urotheliale Hyperplasie (18438_03_B). In A) ist das entsprechende Areal des Kryogewebes mittels Hämalaun-Eosin-Färbung (100 fache Vergrößerung) dargestellt. Am Fluoreszenzmikroskop
wurde eine Übersicht des Areals aufgenommen: B) DAPI-Gegenfärbung und C) Fluoreszenz der CEP7Sonde und der Ki67 Immunhistofärbung (Kleiner Herd proliferierender Zellen). D) UroVysion-Ki67Doppelfärbung (1000 fache Vergrößerung). Die Bezeichnung der einzelnen Sonden ist in D) beschrieben.
Ergebnisse 71
Tabelle 16.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden bei Hyperplasien (n =
13 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
1,74
[0,671]
1,75
[0,79]
1,74
[0,627]
1,86
[0,64]
2,10
[0,679]
1,79
[0,609]
1,85
[0,682]
1,85
[0,849]
1,84
[0,616]
1,6
[0,717]
1,55
[0,859]
1,61
[0,664]
Zentromer
Chromosom 7
Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 17.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in Hyperplasien (n = 13 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,5672
0,0018
0,3806
0,5910
Ergebnisse 72
Aneusomie Index
13 Hyperplasien/ 294 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,0
80,0
%
60,0
Monosomie Index
Disomie Index
40,0
Polysomie Index
20,0
Anzahl der Signale pro
Zellkern
0,0
CEP3
CEP7
CEP17
A)
LSI9p21
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
13 Hyperplasien/ 294 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
B)
Aneusomie Index
13 Hyperplasien/ 75 Zellkerne
(Ki-67 positive)
Aneusomie Index
13 Hyperplasien/ 219 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100,0
100,0
80,0
%
80,0
Monosomie Index
60,0
Disomie Index
40,0
Polysomie Index
20,0
Monosomie Index
60,0
%
Disomie Index
40,0
Polysomie Index
20,0
0,0
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
C)
0,0
2,50
2,00
CEP3
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
U r o V ysio n- So nd
1 en- Sig nal z ahl
13 Hyp er p l asi en/ 75 Z el lker ne
( Ki - 6 7 p o sit i ve Ker ne)
E)
Anzahl der Signale pro Zellkern
3,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
D)
3,00
2,50
2,00
CEP3
CEP7
1,50
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
13 Hyperplasien/ 219 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
F)
Abbildung 18.: Hyperplasien (n = 13 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie
aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysion-Hybridisierungssignale pro
Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen pro
Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung
der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 73
Dysplasien
In Abbildung 13 ist die UroVysion-Ki67-Doppelfärbung am Beispiel einer Dysplasie dargestellt.
Betrachtet man die Werte der Standardabweichung des UroVysion-Sondenmixes (Tabelle 18;
Abbildung 19) kann eine geringfügig stärkere chromosomale Instabilität bei Ki67 positiven
Zellen festgestellt werden. Stärker jedoch bei der Zentromer-Sonde für Chromosom 7 CEP7,
wobei der Wert verglichen mit dem Carcinoma in situ- und dem pT1G3-Tumoren ähnlich
hoch ist. Es besteht ein signifikanter Unterschied (Tabelle 19) zwischen Ki67 positiven und
Ki67 negativen Zellkernen bei Hyperplasien bezogen auf die Hybridisierungseigenschaften
der UroVysion-Zentromersonde für Chromosom 7 CEP7 (p-Wert= 0,0119).
Tabelle 18.: Chromosomen Index und Standardabweichung der UroVysion-Sonden bei Dysplasien (n = 12
Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie aller Zellkerne insgesamt.
Sonde
Chromosom 3 Zentro-
Mittelwert
Zellkerne
Insgesamt
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Positiver Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
Mittelwert
Ki67
Negativer Kerne
[Standardabweichung
(+/- SD)]
1,98
[0,734]
2,00
[0,883]
1,98
[0,685]
1,91
[0,919]
2,14
[1,032]
1,85
[0,883]
1,77
[0,800]
1,88
[0,678]
1,74
[0,834]
1,33
[0,900]
1,38
[0,795]
1,32
[0,936]
mer
Chromosom 7 Zentromer
Chromosom 17
Zentromer
Chromosom 9p21
Gen p16
Tabelle 19.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Ki67 positiven und Ki67 negativen Zellkernen in Dysplasien (n = 12 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,3601
0,0119
0,1829
0,6909
Ergebnisse 74
Aneusomie Index
12 Dysplasien/177 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
60,00
40,00
20,00
0,00
Anzahl der Signale pro
Zellkern
CEP3
CEP7
CEP17
A)
LSI9p21
3,00
2,50
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
2,00
1,50
1,00
0,50
0,00
UroVysion-Sonden-Signalzahl
1
12 Dysplasien/ 177 Zellkerne
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
Aneusomie Index
12 Dysplasien/ 42 Zellkerne
(Ki-67 positive)
B)
Aneusomie Index
12 Dysplasien/ 135 Zellkerne
(Ki-67 negative)
100,00
100,00
80,00
80,00
%
Monosomie Index
60,00
Disomie Index
40,00
%
40,00
Polysomie Index
Polysomie
Index
20,00
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17 LSI9p21
0,00
C)
CEP3
3,00
2,50
CEP3
2,00
CEP7
1,50
CEP17
LSI9p21
1,00
0,50
0,00
Anzahl der Signale pro Zellkern
3,50
Anzahl der Signale pro Zellkern
Monosomie
Index
Disomie Index
60,00
CEP7
CEP17 LSI9p21
D)
3,00
2,50
2,00
CEP3
1,50
CEP7
CEP17
1,00
LSI9p21
0,50
0,00
1
UroVysion-Sonden-Signalzahl
12 Dysplasien/ 42 Zellkerne
Ki-67 positive Kerne)
E)
1
UroVysion-Sonden-Signalzahl
12 Dysplasien/ 135 Zellkerne
(Ki-67 negative Zellkerne)
F)
Abbildung 19.: Dysplasien (n = 12 Fälle). Gegenüberstellung Ki67 positiver und negativer Kern, sowie
aller Zellkerne insgesamt. A), C), D) Prozentuale Verteilung der UroVysion-Hybridisierungssignale pro
Zellkern. Der Monosomie (< 2), Disomie (2) und Polysomie (> 2) Index zeigt die Anzahl an Signalen pro
Zellkern an. B), E), F) Graphische Darstellung des Chromosomen Indexes und der Standardabweichung
der UroVysion-Sonden
Ergebnisse 75
Vergleich zwischen Hyperplasien und Dysplasien
Vergleicht man Ki67 positive Zellkerne von Hyperplasien mit jenen der Dysplasien, so lässt
sich nicht nur ein histologisch-morphologischer Unterschied (Hyperplasien weisen einen geringfügig höheren Anteil an proliferierenden Zellen (Faktor 0,29) auf als Dysplasien) feststellen, sondern auch auf chromosomaler Ebene können die Präkanzerosen voneinander unterschieden werden. Dies zeigt sich folgendermaßen: Hyperplasien sind vor allem für die
Zentromer-Sonde CEP17 und die Gensonde LSI9p21 chromosomal instabiler als Dysplasien,
welche wiederum eher eine chromosomale Instabilität für die Zentromer-Sonden CEP3 und
CEP7 zeigen (siehe Tabelle 16 und 17).
Betrachtet man die Ki67 negativen Zellkerne von Hyperplasien und Dysplasien, so sind die
Hyperplasien geringfügig stärker chromosomal stabil. Vor allem für die Zentromer-Sonde
CEP3 (p-Wert 0,001) und die Lokusspezifische Gensonde LSI9p21 (p-Wert 0,036) kann ein
signifikanter Unterschied zwischen Dysplasien und Hyperplasien festgestellt werden (siehe
Tabelle 16 und 17).
Ohne Auftrennung der Ki67-Färbung in positive und negative Zellkerne kann ein signifikanter Unterschied zwischen beiden Präkanzerosen für die Zentromer-Sonde CEP3 (p-Wert
0,0012) und die Lokusspezifische Gensonde LSI9p21 (0,0498) gemessen werden (vgl. Tabellen 20 bis 22).
Die Dysplasien haben insgesamt eine höhere chromosomale Instabilität, was ein Anhaltspunkt
dafür sein kann, dass gerade das daraus entstehende Carcinoma in situ im Gegensatz zu den
papillären Tumorformen (pTa low-grade) eher ein aggressives Wachstumsverhalten in Richtung invasiven Urothelkarzinom zeigt.
Tabelle 20.: Ki67 positiven Zellkerne: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen Hyperplasien (n = 13 Fälle) und Dysplasien (n = 11 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,0964
0,8006
0,4301
0,6229
Tabelle 21.: Ki67 negativen Zellkerne: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen Hyperplasien (n = 13 Fälle) und Dysplasien (n = 11 Fälle)
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,0008
0,4131
0,7271
0,0364
Tabelle 22.: Bestimmung der Signifikanz (p-Wert) der unterschiedlichen Sonden-Hybridisierung zwischen
Hyperplasien (n = 13 Fälle) und Dysplasien (n = 11 Fälle) ohne Berücksichtigung der Ki67-Färbung
Sonde
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
p-Wert
0,0012
0,4092
0,9407
0,0498
Ergebnisse 76
Abbildung 20 und Tabelle 23 fassen die Ergebnisse der UroVysion-FISH zusammen.
2
CEP3
CEP7
1,5
CEP17
1
LSI9p21
0,5
pT1G3.
Carcinoma
. in situ.
Dysplasie.
pTaG1
Hyperplasie
.
0
Normall
Mittlere Chromosomenanzahl
(Chromosomen Index)
2,5
Abbildung 20.: Mittlere Sonden-Hybridisierungsanzahl (Chromosomen Index; ohne Auftrennung in Ki67
positive und negative Zellen) in normalem Urothel, urothelialer Hyperplasie, Papillären Harnblasentumoren (pTaG1), Dysplasie und Carcinoma in situ des Urothels, sowie in invasiven Harnblasentumoren
(pT1G3)
Tabelle 23.: Patienten bzw. Proben Kennzeichen
Fall
Alter
M/W
Region
Histologie
% Zellen mit 2 Sonden Signalen (Anteil diploider Zellen)
CEP7
CEP17
LSI9p21
Progression
(in Monaten)
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
76
63
47
67
87
56
66
88
35
68
42
72
51
M
M
M
W
W
W
M
M
W
M
M
M
M
BSW
BSW
BSW
BSW
B.B.
B.B.
B.B.
B.B.
B.B.
BSW
BSW
B.B.
B.H.
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
Hyperplasie
63,16
80,95
64,29
75,00
68,42
66,67
66,67
73,33
55,0
59,26
33,33
66,67
60,47
68,42
70,00
67,86
64,70
52,63
50,00
78,95
89,65
73,68
66,67
66,67
66,67
58,14
31,58
61,91
74,99
68,75
42,10
68,18
73,68
77,42
60,00
59,26
33,33
50,00
67,44
57,59
76,19
71,43
50,00
57,90
39,13
52,63
53,13
55,0
62,96
66,67
83,33
62,79
>4
Kerne/
≠2
CEP
Signale
+
+
+
+
+
+
14
15
16
17*
18*
19
20*
21*
22
73
59
55
61
66
59
80
69
80
M
M
M
M
M
M
W
M
M
BSW
B.D.
B.D.
B.B.
B.H.
BSW
B.H.
BSW
B.B.
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
Dysplasie
33,33
62,50
65,22
52,63
61,54
70,00
61,54
50,00
57,14
66,66
66,67
70,00
81,25
50,00
88,89
38,46
66,67
57,14
50,00
50,00
57,14
52,63
35,71
60,00
53,85
50,00
57,14
83,33
45,83
47,83
26,32
21,43
0,00
30,77
66,67
42,86
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
+
8 (CIS)
3 (pTaG1)
4 (pTaG1)
7 (pTaG1);
19 (CIS)
23*
24*
89
47
W
M
BSW
BSW
Dysplasie
Dysplasie
60,87
69,70
65,22
54,55
52,17
45,45
52,17
48,49
+
+
+
7 (Dysplasie)
B.B. = Blasenboden
B.D. = Blasendach
B.H.= Blasenhinterwand
CEP3
FISH
(+/-)
>12
Kerne/
≠ 2 LSI
p16
Signale
+
+
+
+
BSW = Blasenseitenwand
M = Mann W = Frau
+/- = Positiv/Negativ; * = Erstdiagnose Dysplasie
12 (pTaG1)
10 (pTaG1)
12 (pTxG1)
Ergebnisse 77
3.3
Etablierung von Doppelfärbung, Lasermikrodissektion und der Sequentiellen
Applikation von Gesamt-Genomischer Amplifikation (Linker-adaptor PCR) und
Komparativer Genomischer Hybridisierung (CGH) an einzelnen Urothelzellen.
Die Komparative Genomische Hybridisierung wurde im Rahmen einer Kooperation mit Prof.
M.R. Speicher, Uni Graz, Österreich, durch Frau Dr. S. Langer im Zentrum für Humangenetik, Technische Universität München, Deutschland, durchgeführt und die Daten uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt.
Für die Multiplex-Analyse (Sequentielle Applikation von FISH/Immunhistochemie/ Einzelzell-DNA-Isolation/Einzelzell-CGH) musste die Kompatibilität der einzelnen Methoden untereinander angepasst werden, was zunächst in vitro anhand von Zelllinien (UROtsa, J82 und
RT4) ausgetestet wurde und anschließend in vivo unter Verwendung von HarnblasenTumorbiopsien. In Abbildung 21 sind die einzelnen Schritte der Multiplex-Analyse dargestellt; und Abbildung 22 zeigt beispielhaft ihre Ausführung anhand von J82 Einzelzellen. Die
Auswertung der Einzelzell-CGH erfolgte nach Kriterien, die bereits bei Langer et al. (2005)
angewandt wurden. Entscheidendes Kriterium dabei war die erfolgreiche GesamtGenomische Amplifikation der Einzelzell-DNA (DNA hoher Qualität) und als Resultat eine
auswertbare CGH. Abbildung 23 zeigt die Hybridisierung auf einer Lymphozyten-Metaphase
mit Einzelzell-DNA und das Ratioprofil der guten Einzelzell-CGH-Hybridisierung.
Es wurde in verschiedenen Versuchsansätzen versucht qualitativ hochwertige Einzelzell-DNA
für die scCGH aus Harnblasengewebe zu isolieren und zu amplifizieren: A) aus histologischen Schnitten, die zuvor mittels Urovysion-FISH/Ki67-IHC analysiert wurden, B) aus Gewebezellvereinzelung; die Einzelzellsuspension wurde auch mittels Urovysion-FISH/Ki67IHC analysiert, C) aus nativem, ungefärbten histologischen Schnitten, wobei Parallelschnitte
mittels Urovysion-FISH/Ki67-IHC analysiert wurden. Die kritischen Punkte bei der Etablierung der Multiplex-Analyse werden im Nachfolgenden beschrieben.
Abbildung 21.: (nächste Seite) Sequentielle Einzelzellanalyse eines Ki67 negativen diploiden DysplasieZellkerns (weiblich; 89 Jahre). Schritt 1 stellt die Doppelfärbung dar, an die nach Auswertung des Zellkerns in Schritt 2 die Lasermikrodissektion ansetzt, um nach Gesamt-Genomischer Amplifikation (LAPCR) einen Überblick aller Aberrationen des Zellkerns mittels Komparativer Genomischer Hybridisierung (CGH; Schritt 3) zu erhalten. Die Gesamt-Genomische Amplifikation mittels Linker-adaptor PCR
(a-e) ist die erste Kontrollstelle der DNA-Qualität und Verlinkung zwischen FISH/IHC und CGH. Nach
der Lyse des Zellkerns wird die DNA mit dem Restriktionsenzym Mse1 geschnitten (a) und parallel dazu
das Adapter-Präanealing (b) durchgeführt; nach Ligation (c) der Adapter an die geschnittene DNA wird
die DNA amplifiziert (d) und ein Teil des Produkts für die anschließende CGH mit Fluorochromen (e)
markiert.
Ergebnisse 78
1
2
a)
d)
b)
b)
c)
e)
3
Ergebnisse 79
G)
H)
I)
J)
Abbildung 22.: Etablierung der UroVysion-FISH/Ki67-IHC für die Single-Cell-Analyse mittels CGH
anhand von J82-Einzelzellsuspensionen. A) Areal auf PEN-Membran mit Laser markierten Zellkernen
(Phasenkontrast; 400 x); B-E) Zellkernschicht-Aufnahmen der einzelnen UroVysion-Sonden und der
Ki67-Färbung (Fluoreszenzaufnahmen; Falschfarben-Gegenfärbung; 1000x); F) Auszuwertender J82Zellkern (Zellkernschicht-Aufnahmen der UroVysion/Ki67-Doppelfärbung mit Deconvolution bearbeitet;
1000x) G-I) Dokumentation der Lasermikrodissektion (vor, während und nach der Isolation); J) CGHProfil der J82-Zelle (zuvor FISH-Immunhistochemisch gefärbt)
Ergebnisse 80
A)
B)
C)
D)
Verluste:
-9p21
Hinzugewinne:
X (Xp21, Xq)
Abbildung 23.: Darstellung der Hybridisierungsqualität einer erfolgreichen Einzelzell-CGH einer
weiblichen Patientenprobe. Die grün-markierte zu untersuchende DNA (A) wird mit einer rotmarkierten Kontroll-DNA (B; normaler Karyotyp) auf Lymphozyten-Metaphasepräparaten hybridisiert (C). Als Resultat erscheinen unterrepräsentierte Regionen der Test-DNA als rote Bereiche und
überrepräsentierte erscheinen grünlich; gelblich-orange zeigen sich im Gegensatz dazu balancierte
Bereiche. Die Ergebnisse werden in einem CGH-Profil (D) zusammengefasst.
Eine mangelhafte CGH-Hybridisierung, wie in Abbildung 24 gezeigt, kann aufgrund mehrerer Faktoren auftreten: zum einen kann die
CGH an sich Fehler aufweisen (z.B. schlechtes/altes
Lymphozyten-Metaphasenpräparat,
schlechte Hybridisierungsbedingungen) oder
die zu untersuchende Einzelzell-DNA ist nur
unvollständig vervielfältigt (z.B. schlechte
DNA-Qualität durch Zellkern-Beschädigung
bei der Lasermikrodissektion oder aufgrund
der Vorbehandlung, wie Fixierung oder GeAbbildung 24.: Fehlerhafte Einzelzell-CGH aufgrund mangelhafter Hybridisierung, unvollständiger Gesamt-Genomischer Amplifikation
oder/und Teil-Mikrodissektion der Einzelzelle.
genfärbung, etc.).
Ergebnisse 81
Die Lasermikrodissektion und Amplifikation der Gesamt-Genomischen Einzelzell-DNA mittels Linker-adaptor-PCR (LA-PCR) wurde wie bei Langer et al. (2005) durchgeführt. Die
erfolgreiche Gesamt-Genomische Amplifikation der DNA wurde durch eine Kontroll-PCR
der Gene CK19 und p53 (Exon 8/9) überprüft (siehe Abbildung 25).
A 1 2 3
B 1
2
4 5
6 7 8 9 10 11 12
3 4 5 6 7 8 9 10 11 12
Abbildung 25.: Kontroll-PCR (A) p53 Exon 8/9 PCR (Amplifikat ~ 350 bp) und B) CK19 (Amplifikat
~ 600 bp) der mittels Linker-adaptor PCR amplifizierten UROtsa-Einzelzellen. Bande 1 enthält einen
DNA-Molekulargewichtsmarker (1kb). Bande 2-7 enthalten die DNA von jeweils einer UROtsa-Zelle,
wobei die Zelle in Bande 3, 5 und 7 mit Methylenblau (0,01%) gegengefärbt wurde. Bande 8 und 10
sind die Positiv Kontrollen der Primären PCR bzw. der Kontroll-PCR und Bande 9 und 11 die jeweiligen Negativ-Kontrollen.
Für die Lasermikrodissektion der Proben wurden letztendlich PEN-Membran-Beschichtete
Objektträger (PALM) verwendet, damit die Energie des Lasers nicht die Zellkerne beschädigen kann. Die Abbildungen 26 und 27 zeigen Einzelzell-CGH-Profile eines pTaG1-Falles, der
zuvor mittels FISH-Immunhistochemie-Doppelfärbung behandelt wurde. Der Unterschied
zwischen beiden CGH-Profilen besteht in der Verwendung von PEN-Membran-Objektträger
(PALM) bei der mikrodissezierten Einzelzelle in Abbildung 26 im Gegensatz zu den verwendeten Superfrost-Objektträgern (Menzel) bei der Einzelzelle in Abbildung 27. Das Ergebnis
der CGH ist unter Anwendung der PEN-Membran-Objektträger besser (ruhigeres Profil),
vermutlich da durch den zentral auf den Zellkern fokussierten Laserstrahl während des Katapultierens bei den Superfrost-Objektträgern die DNA in Mitleidenschaft gezogen wird. Bei
den PEN-Membran-Objektträgern kann für das Katapultieren mit dem Laser dabei ein Punkt
auf der PEN-Membran – für das Katapultieren des Zellkerns in den Puffer-Gefüllten Deckel
Ergebnisse 82
des Reaktionsgefäßes – fokussiert werden; somit wird gewährleistet, dass der komplette Zellkern unbeschädigt isoliert werden kann.
Trotzdem landet nicht jeder Kern im Deckel, was erst als Resultat der LA-PCR zu sehen ist.
Wichtig für das Schneiden und Isolieren der Einzelzellen mit Hilfe des PALM-LaserMikrodissektionssystems ist, dass das Präparat trocken ist. Dadurch kann nicht nur der Laser
besser schneiden, sondern auch die Hitzeeinwirkung auf die zu isolierende Stelle ist geringer,
was sich wiederum positiv für die Einzelzell-DNA-Analyse auswirkt.
Ein weiteres Kriterium, das eine erfolgreiche Gesamt-Genomische Einzelzell-DNA Amplifikation negativ beeinflusst, ist die Wahl der Gegenfärbung der Zellen (sei es am Ende der
FISH das DAPI oder zur Erleichterung der Visualisierung von nativen Zellen/Geweben z.B.
Methylenblau). Die FISH-Präparate für die nachfolgende Einzelzell-Multiplex-Analyse wurden nicht mit DAPI gegengefärbt, da dessen Emission (~ 380 nm) im Wellenlängenbereich
des UV-Lichtes liegt, und somit die DNA degradiert werden könnte [Langer et al., 2005]. Es
konnte gezeigt werden, dass aber auch Gegenfärbungen mit Methylenblau (0,01 %) oder
Giemsa die Gesamt-Genomische Amplifikation erschwerten bzw. verhinderten (in Abbildung
25 gezeigt). Somit mussten die Zellkerne mittels Phasenkontrast visualisiert werden, was eine
immense histologische Erfahrung voraussetzt.
Bei den verschiedenen Versuchsansätzen zur Isolation und Amplifikation qualitativ hochwertiger Einzelzell-DNA für die scCGH aus Harnblasengewebe konnte ein größerer Anteil an
Zellen nur bei Versuchsansatz C) erfolgreich amplifiziert und mittels CGH analysiert werden.
Aufgrund der Vielzahl an Methoden, die an einer Zelle appliziert wurden, war die DNAQualität vieler Zellen aus Ansatz A) und B) nicht für die CGH einsetzbar. Außerdem musste
viel Gewebe für die Herstellung der Einzelzellsuspension eingesetzt werden, da der Zellverlust bei der Präparation hoch war. Aufgrund der immunhistochemischen Analyse der Zellen
konnten für die Zellvereinzelung keine proteolytischen Enzyme (Proteinase K, Pepsin,
Trypsin) angewandt werden, da diese auch die Ki67 Proteine aus dem Gewebe/ den Zellen
entfernten/denaturierten.
Die Ergebnisse der Multiplex-Analyse an Patientenproben sind unter Kapitel 3.4 zusammengefasst.
Ergebnisse 83
Abbildung 26.: Einzelzell-CGH Profil eines pTaG1-Falles (zuvor mittels FISH-Immunihistochemie doppelgefärbt). Isolation der Zelle von FISH-Immunhistogefärbten Präparaten auf Superfrost-Objektträgern
(Menzel). (Verluste: 1p, 9, 12q, Y; Hinzugewinne: 16p, 19q, 20q)
Abbildung 27.: Einzelzell-CGH Profil eines pTaG1-Falles (zuvor FISH-Immunihistochemiedoppelgefärbt). Isolation der Zelle von FISH-Immunhistogefärbten Präparaten auf PEN-MembranObjektträgern (PALM). (Verluste: Y; Hinzugewinne: 20)
Ergebnisse 84
3.4
Ergebnisse der mittels Einzelzell-CGH-Analyse untersuchten Patientenfällen
Die Einzelzell-Analyse der Patientenproben erwies sich aufgrund oben genannter Gründe als
sehr schwierig. Im Nachfolgenden werden die Ergebnisse der verschiedenen Versuchsansätze
zusammengefasst. Abbildung 28 fast alle beobachteten chromosomalen Aberrationen der
Harnblasengewebsproben, welche nach dem Versuchsansatz C) durchgeführt wurden, zusammen. Tabelle 24 ist die genaue Darstellung der chromosomalen Veränderungen pro Patientenprobe einiger Beispiel Proben.
Ergebnisse 85
Zellen mit Deletionen /Amplifikationen
1p
5
4
3
2
1
Y
Xp
9p
10
p
11
p
12
p
13
p
14
p
15
p
16
p
17
p
18
p
19
p
20
p
21
p
22
p
8p
7p
6p
5p
4p
3p
-1
2p
0
-2
-3
-4
-5
Chromosomale Aberrationen
A)
Chromosomale Aberrationen
B)
Chromosomale Aberrationen
C)
Zellen mit Deletionen /Amplifikationen
1p
5
4
3
2
1
0
-1
-2
-3
-4
-5
10
8
Zellen mit Deletionen/
1p
Amplifikationen
6
4
2
0
-2
-4
-6
-8
-10
Abbildung 28.: Zusammenfassung der chromosomalen Verlusten und Hinzugewinne in A) Carcinoma in
situ (1 Fall; 15 Zellen); B) Hyperplasien (3 Fälle; 12 Zellen); C) Dysplasien (6 Fälle; 26 Zellen). Anzahl
der Zellen mit Hinzugewinn oder Verlust eines Abschnitts am jeweiligen chromosomalen Arm ist als
grüner bzw. roter Balken dargestellt.
Ergebnisse 86
Tabelle 24.: Am Beispiel dieser 10 Fälle werden chromosomale Aberrationen (Verluste in rot und Hinzugewinne in grün abgebildet) in den untersuchten Ki67 positiven (+) und negativen (-) sowie in den nativen
(*) Urothelzellkernen genauer dargestellt
Probe/ Zellbezeichnung
Carcinoma in situ männlich
C1 51+
C1 52+
C1 55C1 59C1 60C2 62+
C2 63+
C2 67C2 68C2 69C3 73+
C3 75+
C3 76+
C3 79C3 801 Hyperplasie männlich
B1 20+
B1 26+
B1 30B1 31B2 43B2 41B3 44+
B3 45+
B3 462 Hyperplasie männlich
D1 883 Hyperplasie männlich
A3 16+
A3 194 Dysplasie männlich
A1+
A2+
A3+
A4+
A6+
A11+
A12+
A13+
A16+
A18+
5 Dysplasie männlich
B1+
B4+
B7+
B8+
6 Dysplasie männlich
C2+
C4+
7 Dysplasie männlich
A2*
A8*
AB*
8 Dysplasie männlich
1*
2*
3*
9 Dysplasie männlich
1*
2*
3*
4*
5*
6*
1q 3p 3q 5q 6p 6q 8p 8q 9p 9q 10q 11q 12p 12q 13q 16p 16q 17p 17q 18p 18q 20 21q 22 Xp Xq Y
Ergebnisse 87
Nachfolgende Abbildungen (29-32) sind eine Zusammenfassung aller Ergebnisse der Interphase-FISH verglichen mit der Einzelzell-CGH aufgeteilt nach Klassifikation der HarnblasenGewebeprobe.
Interphase-FISH
Einzelzell-CGH
Anzahl
% der Kerne
Anzahl
ausgewerteter
mit 9p21
ausgewerteter
Chromsom 9
weitere
Verlust
Kerne
Kerne
9p21 Verlust
Verlust
Aberrationen
6
50
2
0
0
0
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
60,00
40,00
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
Abbildung 29.: pT1G3 (1 Fall): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Interphase-FISH
Anzahl
% der Kerne
ausgewerteter
mit 9p21
Kerne
Verlust
6
16,66
Einzelzell-CGH
Anzahl
ausgewerteter
Kerne
9p21 Verlust
Chromsom 9
Verlust
15
6,67
0
weitere
Aberrationen
Hinzugewinne:
1q, 3. 6, 8, 11,
12, 13, 16, 18,
X, Y
Verlust: 9p, 10
q
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
60,00
40,00
Polysomie Index
20,00
0,00
CEP3
CEP17
Abbildung 30.: CIS (1 Fall): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Ergebnisse 88
Interphase-FISH
Anzahl
% der Kerne
ausgewerteter
mit 9p21
Kerne
Verlust
294 (13 Fälle)
Anzahl
ausgewerteter
Kerne
37,8
12 (3 Fälle)
Einzelzell-CGH
9p21 Verlust Chromsom 9
(%)
Verlust (%) weitere Aberrationen
0
Hinzugewinne: 3p, 6,
9p, X
0
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,0
80,0
%
60,0
Monosomie Index
40,0
Disomie Index
Polysomie Index
20,0
0,0
CEP3
CEP7
CEP17 LSI9p21
Abbildung 31.: Hyperplasien (13 Fälle): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Interphase-FISH
Anzahl
% der Kerne
ausgewerteter
mit 9p21
Kerne
Verlust
177 (11 Fälle)
Anzahl
ausgewerteter
Kerne
55,06
26 (6 Fälle)
Einzelzell-CGH
9p21 Verlust Chromsom 9
(%)
Verlust (%) weitere Aberrationen
47,06
17,65
Hinzugewinne: 4p, 6p,
8q, 9p, 10q 12p, 17q,
18p, 21q, 20q, 22, X, Y
Verluste: 1q, 5q, 9p,
12q, 13q
Aneusomie Index
(Ki-67 positive und negative Zellkerne)
100,00
80,00
%
Monosomie Index
Disomie Index
Polysomie Index
60,00
40,00
20,00
0,00
CEP3
CEP7
CEP17
LSI9p21
Abbildung 32.: Dysplasien (11 Fälle): Ergebnisse FISH und scCGH aller Zellkerne (Ki67+/- insgesamt)
Ergebnisse 89
3.5
Durchsicht der Ergebnisse nach potentiellen Kandidatengenen
Als Kandidatengene stehen möglicherweise in Assoziationen mit dem Auftreten von Tumoren. Im Nachfolgenden (Tabelle 25 bis 28) sind exemplarisch einige Kandidatengene aufgeführt, die auf den mittels FISH- oder CGH-Analysierten chromosomalen Bereichen liegen:
Tabelle 25.: Dysplasie: Kandidatengene: Ergebnisse der Einzelzell-CGH-Analyse: Hinzugewinne
CHROMOSOM
X
LOKUS
Xq13
KANDIDATENGEN
FOXO4/AFX
Xp11.23
Xq22.3-q23
Xp11
Xq26
Xq28
GATA1
ACSL 4
CCNB3 (cyclin B3)
CD40 Ligand
G6PD (glucose-6phosphate dehydrogenase)
HMGB3 (high-mobility
group box 3)
Xq28
Y
4p
6p
8q
9p
10q
12p
17q
18p
20q
21q
22
Xq22
4p16.3
NOX1 (NADPH oxidase)
?
FGFR3
6p21.2
6p22.3
CDKN1A
E2F3
6p21.3
HMGA1
6p21.3
6p21.3
8q24
9p21.3
TNF
MSH5
C-MYC
CDKN2A/p16/MTS1
10q23.3
10q11.2
10q24
PTEN
RET
HIF1AN
10q
12p13
12p12
12p13
17q12
17q21.31
17q11.2
17q22-qter
Ki-67/MIB-1
CDKN1B/ P27KIP1
KRAS
GAPDH
AATF
BRCA1
NF1
CDK3
?
STK15/Aurora-A/BTAK
HMGN1
MMP11
PDGFB
20q13.2-q13.3
21q22.3-q22.2
22q11.2
22q12.3-q13.1
FUNKTION
Transkriptionsfaktor; Zielgen des AKT; Hat
die Fähigkeit einen RB-unabhängigen
p27kip1-vermittelten G1-Arrest (Wechselwirkung mit Cyclin D)
Transkriptionsfaktor
Energie-Haushalt (Fettsäurestoffwechsel)
An Mitose-Phase beteiligt.
Vermittelt B-Zell Proliferation
Energie-Haushalt
DNA-Bindung
Energie-Haushalt
Defekte häufig bei Harnblasenkrebs detektierbar (Onkogen); Defekte aber z.B. auch
in Thanatophoric Dysplasia
Zellzyklusregulation (G1/S-Kontrollpunkt)
Transkriptionsfaktor; Zellzyklusregulation
(S-Phase)
Architektonischer Transkriptionsfaktor; An
chromosomalen Rearrangierungen in benignen (meist mesenchymalen) Tumoren
beteiligt
Onkogen; Zellproliferation stimulierend
DNA-Reparatur
Onkogen; Zellproliferation stimulierend
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
Tumorsuppressor
Proto-Onkogen
Inhibitor von HIF1; involviert bei Angiogenese
Zellproliferation
G1/S-Kontrollpunkt; Zellzyklus-Regulator
RAS-Signalweg; Krebsentstehung
Energie-Haushalt
Beeinflusst Zellwachstum
Tumorsuppressor; DNA-Reparatur
Inhibiert Ras
Zellzyklusregulation
Zellzyklus; potentieller Tumorsuppressor
Architektonischer Transkriptionsfaktor
Prognosefaktor: Invasivität/Aggressivität
Wachstumsfaktor
Ergebnisse 90
Tabelle 26.: Dysplasie: Kandidatengene: Ergebnisse der Einzelzell-CGH-Analyse: Deletionen
CHROMOSOM
1q
LOKUS
1q25
GEN
ABL2
1q44
AKT3
9p
5q21
5q11-q12
9p21.3
APC
MSH3
CDKN2A/p16/MTS1
12q
12q23
12q13
12q14
12q15
12q15
APAF1 (Apoptotic protease activating factor 1)
ATF1
CDK4
HMGA2
MDM2
13q14
13q12.3
13q14.1
RB
BRCA2
FOXO1/FKHR
5q
13q
FUNKTION
Reguliert das Zytoskellet während ZellDifferenzierung und –Proliferation.
Proliferation, Zellüberleben und Tumorgenese
Tumorsuppressorgen
DNA Reparatur
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
Bildet Kern des Apoptosoms; Apoptose
Transkriptionsfaktor-Aktivator
G1/S-Kontrollpunkt; Zellzyklus
DNA-Architektonischer Faktor
Onkogen; AKT- und p53 Pathway; Wirkt
gegen G1 Arrest und Apoptose
Zellzyklusregulation; Differenzierung
DNA-Reparatur
Transkriptionsfaktor
Tabelle 27.: Hyperplasie: Kandidatengene: Ergebnisse der Einzelzell-CGH-Analyse: Hinzugewinne
CHROMOSOM
3q
LOKUS
3q28
GEN
TP63
6
6p21.2
6p22.3
CDKN1A
E2F3
6p21.3
HMGA1
9p
6p21.3
6p21.3
9p21.3
TNF
MSH5
CDKN2A/p16/MTS1
X
Xq13
FOXO4/AFX
Xp11.23
Xq22.3-q23
Xp11
Xq26
Xq28
GATA1
ACSL 4
CCNB3 (cyclin B3)
CD40 Ligand
G6PD (glucose-6phosphate dehydrogenase)
HMGB3 (high-mobility
group box 3)
NOX1 (NADPH oxidase
1)
Xq28
Xq22
FUNKTION
Tumorsuppressorgen; involviert im
NOTCH-Pathway
Zellzyklusregulation (G1/S-Kontrollpunkt)
Transkriptionsfaktor; Zellzyklusregulation
(S-Phase)
Architektonischer Transkriptionsfaktor; An
chromosomalen Rearrangierungen in benignen (meist mesenchymalen) Tumoren
beteiligt
Onkogen; Zellproliferation stimulierend
DNA-Reparatur
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
Transkriptionsfaktor; Zielgen des AKT; Hat
die Fähigkeit einen RB-unabhängigen
p27kip1-vermittelten G1-Arrest (Wechselwirkung mit Cyclin D)
Transkriptionsfaktor
Energie-Haushalt (Fettsäurestoffwechsel)
An Mitose-Phase beteiligt.
Vermittelt B-Zell Proliferation
Energie-Haushalt
DNA-Bindung
Energie-Haushalt
Ergebnisse 91
.Tabelle 28.: Kandidatengene, die aufgrund einer Aneusomie der Chromosomen 3, 7, 17, 9p21 – detektiert
mit der UroVysion-FISH – in Zusammenhang mit der Krebsentstehung und –progression stehen könnten
CHROMOSOM
3
7
17
9p21
LOKUS
3q28
GEN
TP63
3p21.3
3p25
3p25-26
7q36
17p13
17q12
17q21.31
17q11.2
9p21.3
MLH1
CRAF
VHL
SSH
P53
AATF
BRCA1
NF1
CDKN2A/p16/MTS1
FUNKTION
Tumorsuppressorgen; involviert im
NOTCH-Pathway
DNA-Reparatur
Tumorgenese und Zellproliferation
Tumorsuppressor
Zellproliferation und -Differenzierung
Tumorsuppressor
Beeinflusst Zellwachstum
Tumorsuppressor; DNA-Reparatur
Inhibiert Ras
Zellzyklusregulation; Negativ Regulator der
Zellproliferation
3.6 Vergleich der Hyperplasie und Dysplasie Ergebnisse dieser Dissertation mit jenen
aus der Literatur.
In der Literatur sind zuvor keine CGH-Daten von Harnblasen Dysplasien und Hyperplasien
auf Einzelzell-Niveau beschrieben worden (vgl. Tabelle 29 und 30). Von den Präkanzerosen
der Harnblase wurden ausschließlich Hyperplasien (11 Fälle) mittels CGH von Obermann et
al. (2003) untersucht. Obermann et al. (2003) beschrieben weitere chromosomale Veränderungen (Verlust von 2q, 4, 8p, 11p; Hinzugewinn von 17; Amplifikation von 11q12q13), die
jedoch nicht bei den in dieser Doktorarbeit untersuchten Einzelzellen von urothelialen Hyperplasien beobachtet werden konnten. Schwarz et al. (2007) untersuchten unter anderem Hyperplasien und Dysplasien der Harnblase mittels UroVysion und stellten bei ungefähr 50 %
der Dysplasien und 17 % der Hyperplasien Polysomien der untersuchten Sonden fest. In dieser Dissertation konnten jedoch geringere Werte für Polysomien beschrieben werden: 1217 % der Dysplasien und 6-10 % der Hyperplasien. Des Weiteren zeigten Schwarz et al.
(2007), dass die Deletion des p16-Locus die häufigste beobachtete aneuploide Läsion darstellt. Diese Feststellung konnte auch in dieser Arbeit durch UroVysion-FISH- sowie Einzelzell-CGH- Daten in beiden urothelialen Präkanzerosen bestätigt werden.
Ergebnisse 92
Tabelle 29.: Molekulare Charakterisierung von urothelialen Hyperplasien (Literaturdaten bis 2007)
Artikel
Material/ Methode
Ergebnis
Hartmann et al. (1999)
Mikrodissezierte 31 Hyperplasie-
70 % der Hyperplasien zeigten Deletionen
Biopsien von Patienten mit Papillären
am Chromosom 9, die bei der Hälfte der
Tumoren. FISH: 9q22 (FACC),
Fälle auch im Tumor detektiert werden
p21(p16/CDKI2), und 17p13(p53)
konnten.
15 Hyperplasien.
Chromosomen Abschnitt 9q häufiger ver-
LOH (Chromosom 9
ändert als 9p
Hyperplasien (11 Fälle) mittels CGH,
Hauptsächlich Chromosom 9 deletiert.
LOH, FISH
Weitere: Verlust von 2q, 4, 8p, 11p; Hin-
Chow et al. (2000)
Obermann et al. (2003)
zugewinn von 17; Amplifikation von
11q12q13
Van Oers et al. (2006)
Kryogewebe von 30 Hyperplasien.
Chromosom 9 Deletionen sind Häufiger als
DNA-Isolation zur FGFR3-Analyse
Veränderungen an Chromosom 8 oder
und LOH der Chromosomen 8 und 9
FGFR3 Mutationen.
Tabelle 30.: Molekulare Charakterisierung von urothelialen Dysplasien (Literaturdaten bis 2007)
Artikel
Material/ Methode
Ergebnis
Cheng et al. (2000,
1999)
Histologische Begutachtung von 60
reaktiven Atypien, und 26 Dysplasien
inklusive Follow-up
36 Dysplasien,
IHC (CK20)
Nur die Dysplasie-Patienten (ohne reaktive Atypien) zeigten maligne Progression.
Harnden et al. (1996)
Hofstädter et al. (1986)
DNA Cytophotometry
Zuk et al. (1988)
Fallstudie
Krause et al (2004)
Paraffingewebe (Dysplasie Grad 1-3)
FISH (CEP 1 und 9)
Hartmann et al. (2002)
Mikrodisseziertes Kryogewebe (33
CIS, 16 Dysplasie Grad 2).
FISH (9p22, 9p21, 17p13; CEP9, CEP
17), LOH (9p, 9q, 17p), p53 (Exon 5-9)
Sequenzierung.
Wagner et al. (1995)
Normal Urothel, Dysplasie, CIS (Paraffin).
IHC, FISH (p53, erbB-2, EGFR-r Expression), Ki67 Index
Sun et al. (2002)
Dysplasien, CIS (Paraffin).
IHC p53 und Ki67
Dysplasien (jedoch nicht normal und
entzündlich verändertes Urothel) zeigten
positive CK20 Expression.
Normal Urothel: diploide Zellkerne,
Dysplasie: tetraploide DNA Level und
CIS: viele aneuploide Zellkerne.
2/15 Patienten (13 %) mit Primärer Diagnose Dysplasie entwickelten ein CIS.
Dysplasien: Chromosom 1 (5-18%) aneuploid und Monosomie Chromosom 9
(19-29 %). CIS Aneuploidie für beide
Chromosomen (27 %)
Deletionsraten für Dysplasie: Chromosom
9 (75%) und Chromosom 17 (53 %)
Deletionsraten für CIS: Chromosom 9
(86%) und Chromosom 17 (84 %)
Mutationsrate für p53: Dysplasie: 67%,
CIS: 72%
IHC-Ergebnis: EGF-r und Oberflächige
erbB-2 Expression gleichstark in normal
Urothel und Dysplasien. Diffuse Expression von erbB-2 und p53 in Dysplasie.
FISH-Ergebnis: erbB-2 Amplifikation
und p53 Deletion in CIS.
Oncogen-Expression allein unzureichend für Diagnostik
p53 und Ki67 Expression nimmt mit
zunehmenden Malignitätsgrad zu.
high-grade Dysplasie/ CIS ist Präkanzerose für invasiven Tumor
Diskussion 93
4
DISKUSSION
Im Verlauf der Tumorgenese und Progression treten vermehrt chromosomale Modifikationen
des Urothelzell-Genoms auf, akkumulieren und es manifestieren sich nur jene, die nicht für
die Zelle letal sind [Harris, 1991; Weinberg, 1989; Loeb; 1991]. Somit ist die Penetranz eines
bestimmten Genotyps bei unterschiedlichen Phänotypen bestimmbar. Darüber hinaus müssen
die genetischen Veränderungen den Zellen einen Wachstumsvorteil zu Beginn der Tumorgenese vermitteln, damit ein wuchernder Tumorklon entsteht [Vineis, 2003; Spencer et al.,
2006; Vineis et al., 2007]. Die Kanzerogenese der Harnblase wird auf zwei verschiedene
Pathways zurückgeführt, an deren Anfang die Präkanzerosen Hyperplasie einerseits und andererseits die Dysplasie stehen [Eble et al., 2004; Wu, 2005]. Das Urothelkarzinom kann bereits
in frühen Tumorstadien und Tumorvorstadien (Präkanzerosen) diagnostiziert werden. Somit
bietet sich der Harnblasenkrebs als ein gutes Modelsystem bei der Untersuchung der schrittweisen Transformation von Normalepithel zu einem invasiven Karzinom – und somit zur Analyse von involvierten Veränderungen des Phänotyps und Genotyps – an.
Im Rahmen eines DFG-geförderten Projektes, in dem diese Dissertation entstanden ist, sollten
neue molekularzytogenetische Methoden etabliert und genutzt werden, um die Aneuploidisierung in der frühen Karzinogenese des Urothelkarzinoms zu untersuchen. Die Arbeitshypothese dieses DFG-Projektes basiert auf den Ausblick der Dissertation von Christine Maierhofer
unter Anleitung von Prof. Speicher [Maierhofer, 2003]. Es sollten Strategien zur Identifizierung von Zellverbänden, die erste Veränderungen aufweisen, die zu einer malignen Entartung
führen können entwickelt werden und erste erfassbare chromosomale Veränderungen systematisch analysiert werden. Daten, die bisher über Tumorerkrankungen generiert wurden (vergleiche für Präkanzerosen des Harnblasenkarzinoms Tabellen 29 und 30), beruhen auf einer
Mischung verschiedener Zellen aus meist heterogenem Gewebe, wodurch seltene oder erste
genetische, für die Tumorgenese entscheidende Veränderungen überdeckt werden. Um die
Krebsentstehung zu verstehen, müssen Daten aus individuellen Zellen in ihrem natürlichen
Gewebekontext erhoben werden [Liotta und Petricoin, 2000]. Deshalb wurden histologische
Gewebeschnitte von Präkanzerosen (Dysplasien und Hyperplasien), und zum Vergleich weitere von frühen Tumorvorstufen bis zum Urothelkarzinom als Untersuchungsmaterial ausgewählt. Da das Ausgangsmaterial eine limitierende Anzahl an Zellen enthält, musste versucht
werden mehrere Methoden anhand desselben Materials durchzuführen. Aus diesem Grund
wurden Methoden für die Einzelzell-Analyse etabliert (Doppelfärbung mittels Fluoreszenz-insitu-Hybridisierung/ Immunhistochemie und sequentielle Applikation der Einzelzell-
Diskussion 94
Komparativen Genomischen Hybridisierung), um erste genetische, nicht letale Veränderungen der Kanzerogenese des Harnblasenkarzinoms zu erfassen. Chromosomale Aberrationen in
Präkanzerosen des Urothels wurden bisher nur spärlich beschrieben, und ihre Einstufung in
Tumorwachstums-förderliche bzw. letale Veränderungen erfolgte erstmalig in dieser Dissertation.
Die Methoden-Etablierung war sehr zeitintensiv und ein Schwerpunkt der Arbeit. Diese wird
als erstes diskutiert und im Anschluss daran die damit erzielten Ergebnisse.
Etablierung der Urovysion-Ki67-Doppelfärbung
Die Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) erlaubt einen detaillierten Blick auf chromosomale Aberrationen und somit auf die Kopiezahl der Chromosomen oder bestimmter Gene
der Krebszellen in einem ansonsten stark heterogenen Gewebe. Die Methode hat in ihrer mehr
als 20-Jährigen Entstehungsgeschichte einen großen Wandel durchgemacht. Der ersten ZweiFarben Detektion folgt die Verwendung von Multicolor- und Chromosomen-Painting- Sonden
[M-FISH (multicolor-Fluorescence-in-situ-hybridization), Speicher et al., 1996; SKY-FISH
(Spectral Karyotyping), Schröck et al., 1996], die den simultanen Nachweis vieler bis zu aller
Chromosomen eines Zellkerns erlauben. Neben der DNA-Detektion gibt es auch Applikationen für den RNA-Nachweis; und durch Kombination mit weiteren Methoden – zur Vervielfachung der Daten-Ausbeute eines Präparates –, wie z.B. bei der sequentiellen Durchführung
der Immunhistochemie auf demselben FISH-Präparat kann auch ein gleichzeitiger Nachweis
von bestimmten Proteinen durchgeführt werden [Levsky und Singer, 2003]. Aus diesem
Grund war die FISH in Kombination mit einer immunhistochemischen Färbung (Ki67) die
beste Methode zur primären Analyse erster für die weitere Tumorgenese entscheidender genetischer Aberrationen.
Das Ki67-Protein, dessen Gen auf Chromosom 10q25 kodiert ist, wird in allen aktiven Phasen
des Zellzyklus (G1, S, G2 und Mitose) exprimiert, die Expression fehlt jedoch in ruhenden
Zellen (G0). Durch den immunhistochemischen Nachweis des Proteins unter Verwendung des
monoklonalen Antikörpers Mib-1 kann die Wachstumsfraktion in einer Zellpopulation, z.B.
einem Gewebe, bestimmt werden und für prognostische Rückschlüsse über das Wachstumspotential des Tumors herangezogen werden. Dabei korreliert die Anzahl der proliferierenden
Ki67 positiven Zellen mit dem histologischen Grad des Tumors [Endl und Gerdes, 2000]. In
einer Studie von Menke et al. (2004) konnte außerdem die Ki67 Protein Konzentration in
Harnblasenkrebs-Gewebeproben mit der Ki67 spezifischen RNA Konzentration im Urin kor-
Diskussion 95
reliert werden, was den Einsatz dieses Proteins als Prognosemarker wiederum bestätigt. Obwohl die Ki67-Protein-Bestimmung in der Diagnostik eingesetzt wird, ist wenig über die Biologie und Funktion dieses Proliferationsmarkers während des Zellzyklus bekannt. Eine Missregulation der Ki67 Expression durch z.B. Translokation oder Mutation des Gens ist bisher
nicht beschrieben worden. In dieser Arbeit diente dieses Protein zur differentiellen Betrachtung chromosomaler Veränderungen in nicht-letalen, proliferierenden Zellen im Vergleich zu
ihrer Umgebung; d.h. es sollten genetische Aberrationen bestimmt werden, die eventuell sogar einen Wachstumsvorteil für die Zelle bieten können. Speel et al. sammelten schon 1994
Erfahrung in der Kombination von Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) mit der Immunhistochemie (IHC) und simultaner BrdU-Inkorporation; wobei die Immunhistochemie
(unter anderem Ki67) vor dem FISH- und BrdU-Experimentabschnitt durchgeführt wurde.
In dieser Dissertation wurde an Interphase-Kernen histologischer Schnitte von HarnblasenBiopsien eine Doppelfärbung aus M-FISH mit der in der Routine-Diagnostik angewandten
UroVysion-Sonde und sequentiell, auf demselben histologischen Schnitt, die Immunhistochemische-Fluoreszenz-Färbung des Ki67-Proteins durchgeführt. Die Kombination einer MFISH mit einer immunhistochemischen Analyse des Proliferationsmarkers Ki67 auf ein und
demselben histologischen Schnitt wurde erstmals in vorliegender Doktorarbeit beschrieben
und durchgeführt.
Der in dieser Arbeit angewandte UroVysion-FISH-Test zeigte in Studien eine höhere Sensitivität bei der Detektion von Harnblasentumoren in zytologischen Präparaten als andere Urintests (wie BTA stat, NMP22, FDP und Telomerase assay) und wird als diagnostische/prognostische Methode angewandt [Bubendorf et al., 2001; Varella-Garcia et al., 2004;
Skacel, et al., 2003]. Die Urovysion-Sondenzusammensetzung basiert unter anderem auf Beobachtungen von Smeets et al. (1987). Smeets et al. (1987) deckten mittels Bandierungstechniken in 13 Harnblasentumeren die häufigsten genetischen Aberrationen auf, und zwar Chromosomen 1, 3, 7, 9, 10, 11, 17, Y. Die in dem UroVysion-Test verwendeten Sonden (Zentromer-Sonden für die Aneuploidie-Detektion der Chromosomen 3, 7 und 17, sowie die Lokusspezifische Sonde für 9p21, Gen p16) detektieren die chromosomalen Hauptveränderungen
des Urothelkarzinoms, welche für eine prognostische Analyse geeignet sind [Bubendorf et al.,
2001]. Aus diesem Grund wurden in dieser Dissertation die Harnblasenproben mittels dieses
UroVysion-FISH untersucht.
Eine Aneuploidie ist durch das Vorhandensein von mehr als zwei Signalen der ZentromerSonden pro Nukleus gekennzeichnet. Zugewinne, sog. Polysomien, von mehr als zwei dieser
Zentromer-Sonden können in bis zu 95 % der hochgradigen Urothelkarzinome detektiert wer-
Diskussion 96
den [Placer et al., 2002]. Niedriggradige Harnblasenkarzinome zeigen kaum oder zu einem
geringeren Anteil Polysomien. Ein negativer UroVysion-Test hingegen kann das Vorliegen
eines Urothelkarzinoms jedoch nicht ausschließen, da die UroVysion-FISH meist niedriggradige Karzinome nicht detektieren kann. Hier wurden überwiegend frühe Präkanzerosen als
Primärdiagnosen berücksichtigt, was einer seltenen Entität entspricht. Im Nachfolgenden wird
zunächst auf die experimentelle Durchführung der Doppelfärbung eingegangen.
Bei der Doppelfärbung ist zunächst für den Einsatz fluoreszierender Substanzen zu beachten,
dass auch das Gewebe eine gewisse Autofluoreszenz zeigt, die die Auswertung von Fluoreszenz-Färbungen erschweren oder sogar verhindern können. Endogene fluoreszierende Moleküle sind hauptsächlich im Harnblasengewebe Kollagen und die reduzierte Form des Nicotinamidadenindinukleotids (NADH). Die endogene Fluoreszenz des Harnblasengewebes nimmt
in Korrelation zur zunehmenden Entartung des Gewebes ab [D’ Hallewin et al., 2002], ist jedoch in dem hier untersuchten Urothelgewebe so gering, so dass die Doppelfärbung problemlos (ohne weitere chemische Vorbehandlung diesbezüglich) angewandt werden konnte. Im
Gegensatz zu D’ Hallewin et al. (2002) konnte kein Unterschied in der Hybridisierung von
Normal- oder Tumor-Urothel festgestellt werden; jedoch war die Hybridisierung des Bindegewebes (Stroma) schwieriger, was eventuell auf zelluläre Unterschiede (stabilere Zellmembranen der Stromazellen) des Stromas zurückgeführt werden kann.
Für die methodische Durchführung der Proliferations-Analyse an Harnblasengewebe beschrieben Kirbis et al. 2004 erstmalig den Einsatz des Mib-1 ohne weitere Vorbehandlung des
Gewebes zur Antigen-Demaskierung. Alleinige Methanol-Fixierung war ausreichend, um das
Gewebe morphologisch zu konservieren und für den Antikörper zugängig zu machen. Dementsprechend wurde in dieser Dissertation auf eine Antigen-Demaskierung mittels Inkubation
in Target Retrieval Lösung der Firma DAKO (ein modifizierter Citratpuffer (pH 6,1); Behandlung mindestens 20 Minuten bei > 90 °C) verzichtet. Das Vermeiden des Gebrauchs dieser Lösung liegt in der Schonung der DNA (Erhalt hochmolekularer DNA für nachfolgende
Experimente) in den Zellen des Gewebes.
Bei der Etablierung der Doppelfärbung waren die richtige Wahl folgender Variablen entscheidend: „ Fixierung“ , „ Prähybridisierung“ und „ Sekundärantikörper“ . Eine richtige Fixierung des Gewebes ist nicht nur für die Konservierung der Gewebe-Morphologie entscheidend,
sondern auch für die Zellaufschließung, so dass FISH-Sonde und Antikörper an ihre ZielSequenzen/-Epitope
gelangen.
Die
Formalin-Fixierung
(Formalin-fixiertes
Paraffin-
eingebettetes, kurz FFPE-Gewebe) vernetzt die Proteine und Nukleinsäuren im Gewebe, was
für eine starke Konservierung der Morphologie sorgt, aber gleichzeitig auch die Nukleinsäu-
Diskussion 97
ren denaturiert [Liotta und Petricoin, 2000]. Damit simultan eine immunhistochemische Färbung des Ki67-Proteins und der Erhalt hochmolekularer DNA gewährleistet werden, wurde in
dieser Dissertation auf Kryo-Fixiertes Gewebe zurückgegriffen. Für den Erhalt der histologischen Morphologie und der gleichzeitigen Durchführbarkeit nachfolgender Experimente wurden drei Fixierungs-Variationen (Ansatz A) „ Mit Carnoy’ s Fixierung“ , B) „ Ohne Carnoy’ s
Fixierung“ und C) 50% Methanol/50%Aceton ausgetestet. Dabei hat sich Ansatz C) als am
besten geeignet für die Doppelfärbung herauskristallisiert. Die anderen Fixier-Möglichkeiten
wirkten sich hauptsächlich auf die Ki67-Immunhistochemie negativ aus und die FISH-Signale
waren zum Teil einerseits durch einen „ Grauschleier“ oder aufgrund von unspezifischer Bindung nicht auswertbar. Hauptursache hierfür ist vermutlich die Verwendung von Formalin
(wässrige Lösung von Formaldehyd) in den Fixierungsansätzen A) und B) sein.
Die Prähybridisierung, der erste Experimentabschnitt der Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung,
umfasst nicht nur die bereits erwähnte Fixierung, sondern auch eine enzymatische oder weitere chemische Vorbehandlung des Gewebes, z.B. mit Proteinase K, Pepsin oder Salzsäure
(HCl). Eine enzymatische Vorbehandlung machte – entsprechend den Herstellerangaben –
eine Ki67 immunhistochemische Detektion unmöglich. Die HCl-Behandlung lockerte zwar
das Urothelgewebe auf, die spezifische UroVysion-Sondenbindung wurde jedoch erschwert.
Für den immunhistochemischen Abschnitt wurde gegen das Ki67-Protein als Erst-Antikörper
Mib-1 der Firma DAKO in einer geringeren Verdünnung – als von der Firma empfohlen –
eingesetzt, da keine Antigen-Demaskierung angewandt wurde. Als Negativ-Kontrolle wurde
Maus IgG1 (DAKO) im gleichen Verdünnungsverhältnis eingesetzt. Die Detektion des ErstAntikörpers erfolgte durch einen Fluoreszenz-Markierten Sekundärantikörper; wobei bessere
Resultate (stärkere und stabilere Fluoreszenz-Intensität) bei Gebrauch von Alexa488 der Firma Invitrogen im Gegensatz zum FITC-markierten Sekundärantikörper der Firma DAKO
erzielt wurden.
Bei der Auswertung der Hybridisierungssignale Ki67 positiver und negativer Zellen wurden
Schichtaufnahmen (z-Staging) des auszuwertenden Areals pro Fluoreszenz-markierter Sonde
(wobei das Ki67 Protein simultan zur grün-fluoreszierenden Chromosom 7 Sonde detektiert
wurde) durchgeführt, damit alle Signale eines Zellkerns aufgenommen werden konnten – bei
einem 6 µm dicken Schnitt war der gescannte Bereich doppelt so groß (zwischen 8-12 µm).
Nach Dekonvolution und Überlagerung aller Schichtaufnahmen pro Areal und Sonde wurden
die Signale pro Zellkern bestimmt, und zwar unter Berücksichtigung der Ki67 immunhistochemischen Färbung (positive bzw. negative Zellkerne). Details zur Auswertung sind in Kapitel 2.2.5 ausgeführt. Es wurden so viele Zellkerne wie möglich ausgewertet, was aufgrund der
Diskussion 98
geringen Zellzahl der Harnblasenbiopsien (vor allem der Präkanzerosen und des Carcinomain-situ) auf weniger als 40 Zellen limitiert war. Es wurde versucht erste Tendenzen der Resultate statistisch (t-Test), deskriptiv zu verfolgen.
Die Etablierung der Doppelfärbung erfolgte zunächst auf histologischen Schnitten der Sphäroide von Urothel-Zelllinien, anschließend wurde die Hybridisierungseffizienz an Normalurothelzellen einer Zystektomie (Befund: Nested variant eines Urothelkarzinoms; pT2bG3,
pN0 (8/15), Mx, R0; vergleiche Abbildungen 9-11 und Tabellen 8-9) bestimmt. Sie liegt für
die erwarteten zwei Signale pro Sonde und Zellkern bei Werten zwischen 85 % bis 91 %;
somit überwiegend diploide Zellen (siehe Chromosomen-Index und Standardabweichung in
Tabelle 10). Gemäß den Angaben des UroVysion-Herstellers Vysis konnte an Urin-ZytologiePräparaten von Patienten (ohne vorhergehend diagnostiziertem Urothelkarzinom) sogar eine
Hybridisierungseffizienz von 93 % erfasst werden. Dies ist aus zweierlei Gesichtspunkten
bemerkenswert: erstens, obwohl die Hybridisierung an Gewebeproben grundsätzlich schwieriger ist (aufgrund von Schnittartefakten und Zugänglichkeit der Gewebezellen für die Sonde)
als an Einzelzellen wie den Urinzellen, konnte eine vergleichbar starke Hybridisierungseffizienz und somit ein hoher Anteil (> 85 %) an den erwarteten diploiden Zellkernen detektiert
werden. Zweitens, entsprechend den Theorien der multifokalen Entstehung von Harnblasentumoren (insbesondere jener der „ Feldkanzerisierung“ ) wurde erwartet, dass das Normalurothel des Harnblasenkrebspatienten einen geringeren Anteil diploider Zellen zeigen würde.
Andere chromosomale oder genetische Aberrationen, die nicht mit dem UroVysion-Kit detektiert werden können, können natürlich nicht ausgeschlossen werden. Lediglich festgehalten
werden kann, dass kein signifikanter Unterschied zu den von Vysis untersuchten Urothelzellen der gesunden Probanden festgestellt werden kann. Ein Auftreten von multifokalen Harnblasentumoren wurde bisher zu den zwei Urothelkarzinom-Pathways nicht in Korrelation gesetzt und könnte als Hypothese einer zukünftigen Arbeit dienen. Es wurde bewusst Normalurothel eines Harnblasenkrebs-Patienten untersucht, um einen genetischen Vergleich zu den
Präkanzerosen (Dysplasie und Hyperplasie), deren klinischen Daten zu eventuell vorhergehender Krebserkrankungen des Urogenitaltrakts zum Analysezeitpunkt nicht vorlagen, zu
haben.
Einige Urothelzellen wurden im Anschluss an die Doppelfärbung ausgewählt, um mit hochauflösenden Methoden (Einzelzell-Analyse), deren Etablierung im Nachfolgenden beschrieben sind, weitere Daten der Genotyp-Phänotyp Korrelation zu sammeln.
Etablierung der Einzelzell-Analyse mittels Komparativer Genomischer Hybridisierung
Diskussion 99
Lange schon ist die Einzelzelle (engl. single-cell) als „ kleinste Einheit“ – von der jegliche
Aktivität Richtung Erkrankung ausgeht – bekannt [Virchow, 1858], dennoch sind die Methoden für die Single-Cell Analyse noch nicht ausgereift [Sweedler and Arriaga, 2007]. Vor allem Zellen, die noch in ihrem physiologischen Gewebekontext stehen, wie z.B. in histologischen Schnitten zu finden, konnten meist nicht für weitere molekularbiologische Untersuchungen (zu geringe DNA/RNA- oder Protein-Ausbeute) eingesetzt werden. Viele molekulargenetische Methoden, wie die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization), erfordern bis zu einem Mikrogramm an DNA, während die diploide Einzelzelle nur ~ 6 pg DNA beinhaltet [Hawkins et al., 2002].
Die Komparative Genomische Hybridisierung (CGH; comparative genomic hybridization),
erstmals von Kallioniemi et al. (1992) beschrieben, ist die Methode der Wahl, wenn es darum
geht einen Überblick über die genetischen Aberrationen und somit Gen-KopiezahlVeränderungen vor allem in soliden Tumoren, deren Metaphase-Präparationen für FISHAnalyse oder Karyogramm-Erstellung schwierig sind, zu erhalten. Obwohl mit der CGH viele
Gesamt-Genomische Veränderungen erkannt werden können, bestehen trotzdem einige
Nachteile, die man bei ihrer Durchführung nicht außer Acht lassen sollte: So können mittels
CGH nur abnorme relative Kopiezahlen bestimmt werden, jedoch nicht der Ploidie-Grad oder
balancierte chromosomale Umbauten (Rearrangierungen) [Kallioniemi, 1994]. Auch die Sensitivität ist gering, denn Aberrationen kleiner als 3-5 Mb oder 20-30 cM können nicht detektiert werden, sofern sie nicht hoch amplifiziert im Genom vorliegen [Kallioniemi, 1994]. Des
Weiteren können mittels CGH nur die Haupt-Aberrationen eines Gewebes detektiert werden,
und die Daten können aufgrund von kontaminierenden normalen Gewebes verfälscht werden.
Aus diesem Grund ist es ratsam einzelne Zellen zu mikrodissezieren und diese Subklone nach
Gesamt-Genomischer DNA-Amplifikation weiter zu charakterisieren, um somit mehr Rückschlüsse aus dem heterogenen Tumor ziehen zu können. In dem Fall ist die Komparative Genomische Hybridisierung Methode der ersten Wahl, wenn es um die Charakterisierung einzelner Zellen einer Tumorprobe geht. In kürzester Zeit kann aus einer geringen DNA-Menge
ein Überblick über den Karyotyp erhalten werden, und diese Information könnte für weitere
nachfolgende zytogenetische Methoden (z.B. Etablierung eines FISH-Sonden-Mix für die
Diagnostik) genutzt werden. Die CGH erleichtert das Finden und Lokalisieren von Genen, die
in Tumorwachstum und –progression involviert sein können, sowie die Detektion von chromosomalen Regionen mit prognostischem Potential. Beachtet werden muss nur, dass für den
Informationsgehalt der CGH-Daten, die Resultate immer mit einer weiteren (zytogenetischen)
Methode verifiziert werden müssen (der Grund hierfür liegt – wie bereits erwähnt- darin, dass
Diskussion 100
auch eine in der CGH diploid und somit normal erscheinende Probe aufgrund des mittels
CGH nicht bestimmbaren Ploidie-Grades und/ oder weiterer balancierter chromosomaler
Rearrangierungen nicht normal sein kann).
Für die Amplifikation der Gesamt-Genomischen DNA der Einzelzelle stehen mittlerweile
mehrere Techniken zur Verfügung (primer-extension preamplification, I-PEP-PCR [Zhang et
al., 1992]; degenerate oligonucleotide-primed PCR, DOP-PCR [Telenius et al., 1992]; AluPCR [Nelson et al., 1989]; Linker-adaptor PCR; LA-PCR [Ludecke et al., 1989]). Hartmann
et al. (2004) kombinierten bereits Lasermikrodissektion, Gesamt-Genomische Amplifikation
mittels I-PEP-PCR, LOH, FISH und Sequenzierung für die Analyse von Harnblasenkrebsproben. Erste Erkenntnisse mittels Laser-mikrodissezierten Tumor-Einzelzellen, deren GesamtGenomische DNA für weitere molekularbiologische Methoden (wie PCR und Sequenzierung)
dienen sollte, sammelten Dietmaier et al. bereits 1999. In dieser Arbeit wurde jedoch die Linker-adaptor PCR (LA-PCR) – erstmals 1989 von Ludecke et al. beschrieben – genutzt. Sie
beruht auf dem Prinzip einer Ligations-vermittelten PCR-Amplifikation. Nicht nur die DNA
von Laser-mikrodissezierten einzelnen Zellen kann hiermit sicher vervielfältigt werden, sondern die Methode wurde auch bei der Amplifikation einzelner Laser-mikrodissezierter chromosomaler Abschnitte für die Generierung von Sonden (chromosome painting probes) für die
in-situ-Hybridisierung genutzt [Thalhammer et al., 2004]. Klein et al. etablierten erstmals
1999 eine Kombination aus LA-PCR und CGH für die Einzelzell-Analyse von KnochenmarkTumorzellen, der so genannten „ SCOMP“ -Technik. Jahre später publizierten Pirker et al.
(2004) die Einsetzbarkeit der LA-PCR verglichen mit anderen Gesamt-Genomischen Amplifikationsmethoden (wie die DOP-PCR; degenerate oligonucleotide-primed PCR) für den Einsatz in der CGH von wenigen bis einzelnen Zellen. Dabei stellten sie fest, dass gerade die LAPCR eine höhere Sensitivität, Amplifikat-Ausbeute und Genauigkeit (kaum falsch-positive
Signale in der CGH) aufwies und deshalb besser für die Gesamt-Genomische Amplifikation
weniger bis einzelner Zellkerne geeignet ist. Weiterhin publizierten Langer et al. (2005) die
Nutzung der LA-PCR, um M-FISH-analysierte Einzelzellen für eine weitere CGH-Analyse
einsetzen zu können. Dies begründet die Wahl dieser DNA Amplifikations-Methode in vorliegender Dissertation.
Nach Etablierung der sequentiellen Applikation der Doppelfärbung, Lasermikrodissektion,
LA-PCR und Einzelzell-CGH anhand von Einzelzellen urothelialer Zelllinien (siehe Abbildung 21), wurden histologische Schnitte urothelialer Gewebeproben untersucht. In Abbildung
22 ist ein repräsentatives Beispiel der Möglichkeit der Methoden-Kombination von FISHausgewerteter Einzelzelle eines Dysplasie-Gewebeschnittes, deren DNA nach Gesamt-
Diskussion 101
Genomischer Amplifikation mittels CGH weiter analysiert wurde. Das Ergebnis der FISH
spiegelt jenes der CGH wieder. Obwohl eine Vielzahl von Analyse-Techniken
(FISH/IHC/Lasermikrodissektion/LA-PCR/CGH) an dieser Einzelzelle angewandt wurden,
konnte dennoch ein hintergrundrausch-armes CGH-Profil einer diploiden Zelle – entsprechend des vorangehenden FISH-Ergebnisses – dargestellt werden.
Bezüglich der Kompatibilität aller Methoden untereinander musste nicht nur die Doppelfärbung für diese Einzelzell-Analyse neu etabliert werden (siehe Kapitel 2.4). Um Zellkern mit
intakter, gesamter DNA mittels Laser isolieren zu können, wurden mit PEN-Membranbeschichteten Objektträger der Firma PALM verwendet. Weiterhin war insbesondere die angewandte „ Fixierung“ und „ Zellkern-Gegenfärbung“ in der Doppelfärbung entscheidend für
ein gelingen der Gesamt-Genomischen DNA-Amplifikation und Einzelzell-Analyse. Da sich
die Verwendung von DAPI als Gegenfärbung der Zellkerne bei der Doppelfärbung für den
Einsatz in der nachfolgenden Einzelzell-Analyse als ungeeignet erwies (ein Grund hierfür ist
unter anderem, dass die PEN-Folie das DAPI-anregende UV-Licht reflektiert und die Zellen
nicht darstellbar sind), wurde mit Gegenfärbungssubstanzen wie Giemsa oder Methylenblau
(siehe Abbildung 25) experimentiert. Diese erwiesen sich nicht als geeignet, vermutlich da sie
die (Sekundär-)Struktur der DNA verändern oder die Bindung der Adaptor-Sequenzen während der LA-PCR verhindern. Aus diesem Grund wurde auf eine Gegenfärbung der Zellen
gänzlich verzichtet und versucht die Zellkerne mittels Phasenkontrast zu visualisieren, was
optisch enorm schwierig war und große histologische Erfahrung verlangte.
Durch die Verwendung der PEN-Membran Objektträger mussten am Doppelfärbeprotokoll im
immunhistochemischen Abschnitt die Mengen der Antikörper-Lösungen und des Blockierungs-Reagenz verdoppelt werden, da sich die Flüssigkeiten aufgrund von Abstoßungsreaktionen mit der Folie über dem Gewebeschnitt zusammenzogen. Bei Auswertung der Immunhistochemie konnte diesbezüglich etwas mehr Hintergrundfärbung beobachtet werden. Da
jede Folie zusätzlich zu den angegebenen Bestandteilen noch Weichmacher enthält, die z.B.
bei Erhitzen (z.B. während der Denaturierung des Gewebeschnittes) herausdiffundieren können, kann es zu einer Milieuveränderung kommen, welche vielleicht die Ursache für die veränderten Stringenzbedingungen ist.
In dieser Arbeit konnten nur wenige Zellen sowohl mittels FISH-Immunhistochemie als auch
mittels CGH näher untersucht werden. Die meisten Zellen wurden mittels CGH untersucht
und in Korrelation zu FISH(-Immunhistochemie)-Daten aus Parallelschnitten gesetzt. Die
geringe Anzahl an Zellen an denen beide Methoden (Doppelfärbung und CGH) sequentiell
durchgeführt werden konnte, liegt an der Vielzahl an Techniken, die jede einzelne Zelle
Diskussion 102
durchläuft, und somit an der großen Schwierigkeit am Ende noch qualitativ hochwertige DNA
für die CGH beizubehalten. Durchschnittlich konnten 2/5 der eingesetzten Zellen weiter für
die CGH-Analyse verwendet werden. Trotz schwieriger Durchführung der Einzelzell-Analyse
konnten CGH-Daten von 55 Einzelzellen aus insgesamt 11 Fällen (2 pT1G3 Zellen; 15 CIS
Zellen; 12 Hyperplasie Zellen; 26 Dysplasie Zellen) akquiriert werden, deren Ergebnisse im
Nachfolgenden diskutiert werden.
Für die Auswertung der CGH wurden die Chromosomalen Regionen (1p32-pter, 13p, 14p,
15p, 21p, 22p, Telomere und heterochromatische Regionen am Chromosom 1q, 9q, 16q und
Yq), die nach Kallioniemi et al (1994) vermehrt falsch-positive Resultate aufzeigen, mit Vorsicht analysiert.
Ergebnisse
Aufgrund der Komplexität der Ergebnisse wird zunächst der Kerngedanke dieser Dissertation
„ das Vorkommen chromosomaler Aberrationen in proliferierenden Urothelzellen von Präkanzerosen und ihre mögliche biologische Auswirkung“ fokussiert, und im Anschluss daran die
weiteren Ergebnisse betrachtet. Entsprechend der zwei Harnblasen-Tumorgenese-Pathways
wurde in dieser Dissertation die Erforschung erster Chromosomenaberrationen in HarnblasenPräkanzerosen in diese zwei Gruppen (Dysplasie/Hyperplasie) getrennt von einander und im
Anschluss vergleichend verfolgt. Der Schwerpunkt wurde dabei auf die Dysplasie gelegt.
Bisher sind keine Daten über die Inzidenz und das Auftreten von de novo oder primären
Dysplasien in der Weltbevölkerung bekannt. Ihre Diagnose ist nicht nur sehr selten, sondern
auch durch den Wandel in der Nomenklatur der Dysplasie und der nicht-einheitlichen Befundung der einzelnen Pathologen unterschiedlich. Es ist fraglich, ob die heutzutage als Dysplasie befundeten Biopsien noch eine Präkanzerose des Carcinoma-in-situ im klassischen Sinne
[Cheng et al., 1999] sind, reversibel sind [Droller und Malmström, 2000], oder sogar erste
Veränderungen in Richtung papillären Pathway sein können. Aus diesem Grund müssen
Dysplasien nach der WHO-Nomenklatur von 2004 als Präkanzerosen neu genetisch eingestuft
bzw. charakterisiert werden und ihre Daten mit dem klinischen Verlauf sowie dem jeweilig
diskutierten Tumorpathway korreliert werden. Auch über eine Therapie der Urotheldysplasie
ist wenig bekannt, so dass Patienten bisher nur bezüglich einer Tumorprogression in regelmäßigen Abständen nachuntersucht/beobachtet werden [Wijström et al., 2000]. Die Erkennung
und Abgrenzung einer leichtgradigen Dysplasie von einer reaktiven Atypie oder einem Carcinoma in situ ist daher entscheidend, jedoch diagnostisch nicht sehr leicht (bisher basierend auf
Diskussion 103
Unterschiede in der CK20-Expression diagnostiziert), so dass weitere Kriterien oder (Tumor-)
Marker zur Differenzierung herangezogen werden müssen [Lopez-Beltran et al., 2002a]. Die
Expression von Cytokeratin 20 (CK20) ist begrenzt auf das Urothel, sowie auf das Epithel des
Gastro-Intestinal-Traktes. Im Urothel wird CK20 normalerweise von ausdifferenzierten Zellen (Superficial Zellen, sog. umbrella cells, und seltener Intermediär-Zellen) exprimiert, sobald die Expression von der Norm des benignen Gewebes abweicht (stärker und vermehrt
auftritt), kann auf eine tumorigene Progression geschlossen werden. Dysplasien zeigen bereits
eine erhöhte CK20 Expression, was auf eine maligne Entartung des Gewebes hinweisen kann.
Weitere Unterscheidungs- und Progressionsmerkmale stellten Krause et al. (2004) mittels
einer FISH-Analyse von Dysplasien und Carcinoma-in-situ (n = 63) der Chromosomen 1 und
9 fest.
In den Studien von Hartmann et al. (1999), Hofstädter et al. (1986), Schwarz et al. (2007) und
Stoehr et al. (2005) wurden erstmals frühe genetische Defekte in den Zellen urothelialer Präkanzerosen und sogar in Zellen des Normalurothels beschrieben; dabei standen diese Veränderungen des Genoms meist in Korrelation zu einem vorhergehenden oder weiteren Auftreten
eines Urothelkarzinoms. In dieser Dissertation wurde versucht – sofern möglich – BiopsieProben mit Primärdiagnose einer Präkanzerose zu untersuchen (siehe Tabelle 23), um erste
chromosomale Veränderungen detektieren zu können. Die Bestimmung der chromosomalen
Aberrationen und des Grades der chromosomalen Instabilität (dargestellt durch den Grad der
Standardabweichung; siehe Tabelle 10-19) sollte die bereits in der Literatur publizierten Ergebnisse der zwei Harnblasenkarzinom-Pathways wiederspiegeln. Die differentielle Betrachtung chromosomaler Veränderungen in proliferierenden Zellen des Urothels ist erstmalig in
dieser Dissertation beschrieben worden.
Ki67 Positive Zellen
Proliferierende und somit durch das Ki67 Protein nachweisbare Zellen im Urothel sind normalerweise die Basalzellen – adulte Stammzellen –, die in Richtung Superfizialzellen und
Lumen der Harnblase ausdifferenzieren. In Korrelation zum Tumorgrad nimmt auch die Zahl
der proliferierenden Zellen zu, welche im intermediären Bereich und somit nicht nur auf den
nahe der Basalmembran gelegenen Bereich begrenzt sind. Ein Beispiel hierfür ist in Abbildung 17 C) dargestellt; oft finden sich im präkanzerösen Urothel kleine proliferierende Zellcluster. Die Anzahl an Ki67 positiven Zellen ist je nach proliferativer Aktivität des Gewebes
unterschiedlich hoch. Bei den Präkanzerosen fand man in dieser Arbeit meist ungefähr fünf
Diskussion 104
positive Zellen pro histologischen Schnitt pro Biopsie-Probe – also eine relativ geringe Anzahl.
Im Laufe der Tumorprogression akkumulieren die genetischen Veränderungen, so dass womöglich erste Defekte der Tumorgenese durch spätere Veränderungen im invasiven Tumor
überdeckt werden. Dies zeigen auch die Ergebnisse der Doppelfärbung und der CGH (siehe
Tabelle 10-19 und Abbildung 29-32).
Es ist fast unmöglich allein durch die histologische, lichtmikroskopische Betrachtung der Präkanzerosen aberrante Zellen zu sehen und aufgrund derer prognostischer Aussagen treffen zu
können [Liotta und Petricoin, 2000]. Vor allem die Detektion chromosomaler Aberrationen in
den Ki67 positiven Zellen der Präkanzerosen kann neue Erkenntnisse der Krebsentstehung
liefern oder eine prognostische Entscheidungshilfe darstellen.
Inwieweit bereits Präkanzerosen für die untersuchten Zentromer-Sonden eine chromosomale
Instabilität zeigen und ob es biologisch relevante Unterschiede zu proliferierenden Zellen
gibt, wurde bei der Auswertung der UroVysion-Ki67-Doppelfärbung mitunter bedacht. Betrachtet man die Ergebnisse der Hyperplasien getrennt von jenen der Dysplasie, können folgende Resultate notiert werden (siehe Tabelle 23 und Abbildung 28):
Hyperplasie
FISH :
Verfolgt man die Ergebnisse für den über die Hyperplasie zu papillären Harnblasenkarzinomen führenden Pathway (Tabelle 12 und 16), so kann nur eine Zunahme der chromosomalen
Instabilität für Chromosom 3 in den pTaG1 Tumoren in proliferierenden Zellen und eine
leichte Tendenz zur Akquirierung von Polysomien der Chromosomen 3, 7 und 17 in Ki67
positiven Zellen festgestellt werden. Es trat nur bezüglich Chromosom 7 eine höhere Disomie-Rate in den proliferierenden Zellen auf (verglichen mit den Ki67 negativen Zellen). Auf
Chromosom 7 ist das Gen des Sonic Hedgehog Signalweges, SHH, lokalisiert, was eine Rolle
bei der Proliferation und Differenzierung (sowie Tumorprogression) innehat [Oniscu et al.,
2004; Thievessen et al., 2005; Jenkins et al., 2007]. Bezüglich des 9p21 Lokus konnte eine
vermehrte Deletion (meist heterozygot) dieser Region in pTaG1 Tumoren, aber auch in den
untersuchten Hyperplasien unter anderem in den proliferierenden Zellen gemessen werden.
Dieser Lokus beinhaltet die Gene p16 und p15, die eine entscheidende Rolle am G1/SKontrollpunkt des Zellzyklus haben, und als negative Rückkopplung dienen und den Zellzyklus bei Vorhandensein von DNA-Schäden zu arretieren. Eine Deletion dieser Region befähigt
die Zellen sich weiterzuteilen, obwohl sie eventuell weitere, ansonsten letale DNA-Defekte
Diskussion 105
besitzen. Der Verlust der Tumorsuppressorgene p15 und p16 auf 9p21 und p53 auf 17p13.1
führt zur Dysregulierung des Zellzyklus bzw. Hemmung des programmierten Zelltodes (Apoptose) und stellt offensichtlich ein frühzeitiges Ereignis bei der Entstehung von Urothelkarzinomen dar. Die Inaktivierung von p16 entsteht meist durch eine Mutation oder Promotor
Hypermethylierung. Der Verlust von p16 kann in einer Vielzahl von Tumoren beobachtet
werden. Raschke et al. (2005) stellten diesbezüglich jedoch fest, dass die homozygote Deletion des CDKN2A (p16) Lokus von Tumor zu Tumor zumindest auf Ebene der Zelllinien auf
unterschiedliche
Weise
entsteht
(von
Promotor-Hypermethylierung,
Leseraster-
Deletion/Missense-Mutation im Exon 2 bis Deletion).
Manchmal findet man in urothelialen Tumoren und Zelllinien anstelle der p16 Deletion, und
somit Expressionsverlust dieses Gens, eher eine Unterexpression des RB1 Gens [Grimm et
al., 1995]. Auch in dieser Dissertation konnte eine Deletion von 13q, der Region in der unter
anderem das Rb-Gen lokalisiert ist, in Dysplasien mittels CGH beobachtet werden.
CGH:
Die proliferierenden Zellen der Hyperplasien zeigten im Gegensatz zu ihrer Ki67 negativer
Umgebung keine chromosomalen Umbauten in der CGH-Analyse. Genetische Defekte können dadurch jedoch nicht ausgeschlossen werden, da nur selektiv und nur wenige Zellen betrachtet werden konnten und die Methode der CGH auch keinen Aufschluss über das Vorliegen von z.B. Punktmutationen, Translokationen oder sogar Epigenetischen Veränderungen
geben kann. In Hyperplasien müssen demzufolge in erster Line zellbiologische Ereignisse
vonstatten gehen, die den Zellen eine Proliferationssteigerung ohne zunächst weitere maligne
Transformation bieten. Dies wäre auch eine Erklärung für die längere Latenzzeit und dafür,
dass nicht aus jeder Hyperplasie ein papilläres Harnblasenkarzinom entsteht (vergleiche Tabelle 23).
Dysplasie
FISH:
Bisher wurde in der Literatur die Dysplasien als Vorläufer des Carcinoma-in-situ diskutiert,
wobei der Tumorverlauf von der Dysplasie über das Carcinoma-in-situ (CIS) zu invasiven
Tumoren führt, welches sich durch Zunahme an chromosomalen Aberrationen (Tabelle 10,
14, 18) in Ki67 positiven und auch negativen Zellkernen zeigt.
CGH:
Diskussion 106
In Dysplasien zeigten die proliferierenden Ki67 positiven Zellen im Gegensatz zu jenen der
Hyperplasien chromosomale Veränderungen. Knapp 60 % dieser Zellen zeigten eine homogene Deletion am Chromosom 9p und 25 % sogar einen DNA-Verlust am gesamten Chromosom 9. Diese Veränderung wurde bereits in der Literatur als ein sehr frühes Ereignis in der
Tumorgenese diskutiert [Williamson, 1995; van Oers et al., 2006]. Daneben konnten folgende
weitere heterogene chromosomale Aberrationen in den Ki67 positiven Dysplasie-Zellen detektiert werden: Amplifikation der Chromosomen 9p, 12p, 17q, 18p, 22, X (zweithäufigste
Aberration) und Y; sowie Deletion der Chromosomen 9 und 13q. Diese genetischen Veränderungen scheinen für die Zelle nicht letal zu sein und bieten möglicherweise sogar einen
Wachstumsvorteil für die Zelle. Aus diesem Grund ist es ratsam in einer zukünftigen Arbeit
bestimmte Gene dieser chromosomalen Regionen genauer (bezüglich ihres Einflusses auf die
Proliferation oder prognostischen Potentials) zu untersuchen. Mögliche Kandidatengene dieser Regionen werden im Nachfolgenden ausführlich noch beschrieben. Vorweggenommen
wird nur die Deletion am 13q:
Das kleinzellige schlecht differenzierte Harnblasenkarzinom ist durch eine Deletion auf
Chromosom 13q gekennzeichnet, was mit dem kleinzelligen Phänotyp gekoppelt zu sein
scheint. Diese Deletion findet man auch beim kleinzelligen Bronchialkarzinom, wodurch das
Retinoblastoma-Gen (Rb) auf 13q14.2 involviert sein kann und in Zusammenhang mit einer
schlechten Prognose und dem kleinzelligen Phänotyp steht [Cordon-Cardo et al., 1994; Levin
et al., 1995; Xu et al., 1993]. Auch zwei der untersuchten Dysplasie Zellen zeigten im proliferienden Status eine Deletion auf 13q, wodurch vermutlich das Rb-Gen betroffen ist.
Ki67 Negative Zellen
Die Ki67 negativen Zellen in der Umgebung von proliferierenden Zellen zeigen ein heterogenes Bild der FISH-Signalverteilung. Vermutlich werden die Chromosomen auf die Tochterzellen zufällig verteilt (vgl. Abbildung 13).
Hyperplasie
FISH:
Es konnte kaum ein Unterschied zwischen proliferierenden und ruhenden Zellen festgestellt
werden. Über die Hälfte der Zellen zeigten Diploidie in der Auswertung der UroVysionFISH. Die Hyperplasie gilt als eine gutartige Urothelveränderung, die durch eine erhöhte Mitoserate gekennzeichnet ist [Hildebrandt, 1998] und hauptsächlich in Verbindung mit einer
Tumorprogression Deletionen am Chromosom 9 aufweist [Hartmann et al., 1999]. Es können
Diskussion 107
dennoch chromosomale Aberrationen vorliegen, die nicht durch die UroVysion-FISH detektiert werden konnten und deshalb mit einer Einzelzell-CGH untersucht wurden.
CGH:
Nur die Ki67 negativen Hyperplasie-Zellen zeigten chromosomale Veränderungen (siehe Tabelle 24), in Genen, die hauptsächlich bei der Zellzyklusregulation involviert sind (vergleiche
Tabelle 27). Durch eine Amplifikation dieser Gene kann die Zelle im Zellzyklus inhibiert
worden sein. Hyperplasien entstehen aufgrund einer erhöhten Mitoserate. Einzelne maligne
entartete Zellen könnten dabei durch normale Zellen überwuchert werden, was auch die höhere Latenzzeit bis zur Tumorentstehung bzw. größeren Reversibilität der Hyperplasien erklären
würde. Diese Hypothese resultiert aus den Ergebnissen der CGH, wobei die proliferierenden
Zellen keine chromosomalen Aberrationen (in der CGH) aufwiesen. Die Wahrscheinlichkeit
des Auftretens von chromosomalen Defekten in einem stark proliferierenden Gewebe ist höher als in einem Gewebe mit geringer Mitoserate. Die ruhenden Zellen wiederum zeigten
vermehrt genetische Veränderungen, so dass vermutet werden kann das diese genetischen
Modifikationen eine Zellzyklus- Inhibition hervorrufen (siehe Tabelle 27).
Dysplasie
FISH:
In einer FISH-Analyse von Krause et al. (2004) zeigten Dysplasien in 5-18 % Aberrationen
des Chromosoms 1 und in 19-29 % Monosomie des Chromosoms 9, während CIS eine 27 %
Aneuploidie beider Centromer-Sonden aufwies. Die Dysplasie zweiten und dritten Grades
wird nach der neuen WHO-Nomenklatur (2004) mit dem CIS mittlerweile als histopathologisch identisch eingestuft; Krause et al. (2004) versuchten innerhalb der alten Einteilung dieser Neoplasien neue Erkenntnisse und Unterschiede aufzuzeigen. Diese Ergebnisse konnten in
dieser Dissertation weder mittels FISH- noch mittels CGH-Analyse bestätigt werden. Die hier
untersuchten Dysplasie Fälle zeigten in 55,06 % der FISH-Fälle (n = 12) und in 47,06 % der
CGH-analysierten Einzelzellen (n = 26) einen 9p21 Verlust und in 17,65 % einen weiteren
Verlust am Chromosom 9, während 6,67 % des CGH-analysierten CIS Zellen (n = 15; 1 Fall)
einen 9p21 Verlust zeigten und keine weitere Deletion am Chromosom 9, sowie in der FISHAnalyse in 49,54 % der CIS-Fälle (n = 7) eine Deletion des 9p21-Lokus (siehe Abbildung 29
und 31). Der Unterschied zwischen den Ergebnissen dieser Arbeit und jener von Krause et al.
(2004) liegen sicherlich in der Wahl und Befundung des Probenmaterials, aber auch bei der
Wahl der FISH-Sonde für Chromosom 9 (Zentromer-Sonde versus 9p21-Lokusspezifische-
Diskussion 108
Sonde), so dass der Anteil an Deletionen in der 9p21-Region höher als der Anteil weiterer
Defekte an Chromosom 9 sein kann.
Sauter et al. (1995b) konnten in einer FISH-Analyse (n = 138 primäre Harnblasenkarzinome)
des Chromosoms 17 und der Gen-Loki für p53 und erbB-2 zeigen, dass vor allem eine hohe
Aneusomie-Rate (97 %) des Chromosoms 17 mit einer p53 Deletion und Überexpression einhergeht. In dieser Dissertation konnte, entsprechend Sauter et al. (1995 b), unter Verwendung
der UroVysion-Sonde auch eine erhöhte Aneusomie-Rate (>80%) für das Chromosom 17
gemessen werden; aber nur in den Ki67 negativen Dysplasie-Zellkernen. Sun et al. (2002)
korrelierten weiterhin die Überexpression von p53 und des Ki67 Proteins in ihrer Intensität
mit dem Grad der Dysplasie bzw. dem Tumorgrad. Da das Ausmaß der Expression der Proteine p53 und Ki67 von benignem Urothel über die Dysplasie und Carcinoma-in-situ bis zum
Transitionalzellkarzinom stetig ansteigt, kann auch von diesem Marker (vergleiche FISHAnalyse von Krause et al., 2004) ausgehend geschlossen werden, dass die Dysplasie eine Präkanzerose des Carcinoma in situ ist, und das Carcinoma in situ eine Tumorvorstufe des invasiven Urothelkarzinoms [Sun et al., 2002].
CGH:
Weitere in den CGH-Profilen festgestellte amplifizierte und deletierte Regionen z.B. der
Chromosomen 22 und Y (vergleiche Tabelle 24 bis 26) konnten jedoch nicht mittels FISH
überprüft werden, da es sich bei dem kommerziellen UroVysion-Kit, um eine feste SondenZusammensetzung der gängigsten chromosomalen Aberrationen des Urothels handelt, die nur
Regionen der Chromosomen 3, 7, 17 und 9p21 detektiert.
Die festgestellten chromosomalen Aberrationen umfassen eine Vielzahl an Genen, die in
Zellproliferation, Apoptose und Stoffwechsel involviert sind. In diesem Abschnitt sollen nur
exemplarisch STK15 und Rb genannt sein, weitere werden im Abschnitt über mögliche Kandidatengene ausgeführt:
Durch die detektierte Amplifikation in der chromosomalen Region 20q könnte das Gen der
STK15/BTAK/Aurora-A-Kinase betroffen sein. Yamamoto et al. (2006) stellten bei einer
Studie unter Verwendung einer Immufluoreszenz-Detektion der Zentrosomen und von Aurora-A, sowie FISH-Analyse (LSI ZNF217, dem 20q13.2 Amplikon, sowie den ZentromerSonden der Chromosomen 7, 9, 17, und 20) von 100 Harnblasenkarzinomproben (über TURB
gewonnen), dass jene Tumore (92,9% der invasiven Tumore) mit einer Amplifikation des
20q13 Lokus auch eine Zentrosomale Amplifikation und gleichzeitig eine Überexpression
von Aurora-A zeigten. Somit postulierten sie, entsprechend Fraizer et al. (2004), dass die
Diskussion 109
chromosomale Instabilität von einer Amplifikation des 20q13 und somit des Aurora-A-Gens
einhergeht. Eine weitere für Patienten relevante Beobachtung machten Denzinger et al. (2007)
bei der STK15-Expressionsstudie (versus weiterer Marker wie TP53, CK20, MIB1) von Biopsie-Gewebe von Harnblasenkarzinompatienten und gesunden Individuen; eine STK15
Amplifikation gemessen in benignem Urothel steht in Korrelation zu einem kürzeren Rezidivfreien Zeitraum und Tumor-spezifischen Überleben. Eine Amplifikation in der Region 20q
konnte auch in nicht-proliferierenden Dysplasie-Zellen beobachtet werden (siehe Tabelle 24).
Eine Expressionsstudie, ähnlich der von Schwarz et al. (2004), anhand von Dysplasien könnte
Aufschluss über das Vorliegen einer STK15 Überexpression in proliferierenden Zellen geben.
Vergleich Hyperplasie vs. Dysplasie
Bei der Auswertung des FISH-Abschnitts der Doppelfärbung konnten bei den Präkanzerosen
mit Ausnahme der Zentromer-Sonde CEP7 keine signifikanten Unterschiede der SondenKopiezahl zwischen Ki67 positiven und negativen Zellen festgestellt werden. Möglicherweise
beherbergen die Ki67 negativen Zellen andere zelluläre Veränderungen, die nicht mit der UroVysion-Sonde detektiert werden können, und die Zellen in der G0-Phase verbleiben lassen
(keine verstärkende Aktivierung der Proliferation aufgrund eines chromosomalen Defekts)
oder sogar den Zelltod einleiten. Weitere chromosomale Aberrationen konnten mittels CGH
auf Einzelzell-Niveau beobachtet werden (siehe Tabelle 24). Das Auftreten von Polysomien
des Chromosoms 7 kann von klinischer Bedeutung sein, wenn in der Patientenprobe auch eine
erhöhte Expression des Epidermal Growth Factor Rezeptors (EGFR) oder anderer Marker
stattfindet. Anhand dieser Faktoren die Therapie-Antwort des Tumors im Vergleich zu Unterschieden vor und nach der Behandlung eventuell evaluierbar. Diese Unterschiede könnten
entweder durch die Eliminierung der aberranten Zellen, einer phänotypischen Umkehrung des
genetisch abnormen Klons oder Überwuchern von ungehemmten Zellklonen auftreten und die
Wirkung und Sensitivität einer Chemotherapie bestimmen.
Vergleicht man die Ergebnisse Ki67 positiver Zellen (aber auch ihrer Ki67 negativen Umgebung) der untersuchten Proben hinsichtlich beider Pathways, so lässt sich eine stärkere chromosomale Instabilität im „ Dysplasie-CIS-Pathway“ im Gegensatz zum „ Hyperplasie-pTaG1Pathway“ feststellen. Im Gegensatz zum untersuchten Normalurothel zeigten die Dysplasien
einen geringeren Anteil diploider Zellen, und die ebenfalls als benigne eingestuften Hyperplasien zeigten nur in 33% der untersuchten Fälle annähernd diploide Sondensignale/Zellen (mit
Werten über 70 %; dennoch geringere Anzahlen diploider Zellen als das Normalurothel), was
sicherlich eine erste Entartung des Urothels anzeigt. Der Anteil an aberranten Zellen in den
Diskussion 110
untersuchten Hyperplasien in dieser Arbeit ist etwas höher als in einer Studie von Schwarz et
al. (2007) (Werte um 17 % für Zellen mit Polysomien), so dass es fraglich ist, ob diese Werte
nur eine genetische Instabilität auf dem Niveau eines „ Hintergrundrauschens“ ist. Dieses Ergebnis gibt das bereits in der Literatur erwähnte aggressivere Progressionsverhalten des
„ Dysplasie-CIS-Pathway“ wieder [Cheng et al., 1999]; dies könnte durch Deletion bestimmter
Tumorsuppressorgene oder Amplifikation spezifischer Onkogene und Wachstumsfaktoren
begründet sein. Insgesamt konnte in allen untersuchten Proben die Tendenz zu mehr Polysomien beim Carcinoma-in-situ und den invasiven Tumoren festgestellt werden, was Daten von
Schwarz et al. (2007) wiederspiegelt. Bemerkenswert dabei ist, dass Polysomien stärker bei
Ki67 positiven Zellen detektiert werden können. Dies könnte in Zusammenhang mit einem
Wachstumsvorteil dieser chromosomalen Aberration für die Zelle stehen und müsste durch
eine Analyse betroffener molekularer Faktoren näher bestimmt werden. Beckmann et al.
(2007) stellten fest, dass eine höhere Kopiezahl (z.B. Gen-Duplikation) meist nicht so schädlich ist wie eine Deletion.
In dieser Dissertation konnten mit Hilfe der etablierten Doppelfärbung erstmalig chromosomale Aberrationen in proliferierenden Zellen der Präkanzerosen der Harnblase beschrieben
werden (siehe Tabelle 16-21 und Abbildung 17-19). Die Signifikanz dieser Beobachtung kann
sogar dadurch bestärkt werden, dass Dysplasien und Hyperplasien, welche die bisher in der
Literatur diskutierten zwei Tumorgenese-Pathways der Harnblase begründen, - wie erwartet unterschiedliche Aberrationen aufweisen. Während proliferierende Zellen von Hyperplasien
für die UroVysion-Sonde CEP17 und LSI9p21 chromosomal instabiler sind, zeigen jene der
Dysplasien diese Instabilität eher für die Sonden CEP 3 und CEP7. Es besteht ein signifikanter Unterschied diesbezüglich zwischen Dysplasien und Hyperplasien für die Sonden CEP 3
und LSI9p21 (siehe Tabelle 20-22). Somit kann das Auftreten von chromosomalen Aberrationen in den Präkanzerosen, im Gegensatz zu den Angaben von Schwarz et al. (2007), nicht
zufällig sein, sondern es werden frühzeitig spezifische Signalwege ein- bzw. ausgeschaltet.
Wendet man die Standardkriterien der UroVysion-FISH-Auswertung an alle untersuchten
Präkanzerose-Fällen an, so sind 91 % der Dysplasien und nur 62 % der Hyperplasien FISH
positiv, wobei Dysplasien präferentiell aufgrund der Deletion 9p21-Kriterien (hier: homozygot auftretend) als positiv eingestuft werden konnten (siehe Tabelle 23). Eine Progression
dieser Fälle konnte in 23 % der Hyperplasien und in 46 % der Dysplasien festgestellt werden.
Im Schnitt zeigten die Hyperplasie-Patienten einen längeren Tumor-freien Zeitraum (vergleiche Tabelle 23). Es konnte jedoch keine direkte Korrelation zwischen FISH-Positivität und
Progression festgestellt werden. Auffällig war, dass drei Dysplasie-Patienten einen pTaG1
Diskussion 111
Tumor entwickelten, was eigentlich dem anderen Harnblasenkrebs-Pathway entspräche. Ob
dies jedoch aufgrund von Unterschieden in der Befundung (neue WHO-Nomenklatur aus dem
Jahre 2004) liegt, oder bereits kennzeichnende Veränderungen für den papillären Pathway
vorliegen, müsste noch weiter bestimmt werden. Außerdem entwickelten nur jene Patienten
ein Carcinoma-in-situ oder invasiven Tumor bzw. erneut eine Dysplasie, die sowohl für mehr
als vier Kerne Aneusomien der Zentromer-Sonden und gleichzeitig homo- bzw. heterozygote
Deletionen des 9p21 Lokus in mehr als 12 Kernen zeigten. Droller und Malmström (2000)
vermuteten das eine Atypie und eine low-grade Dysplasie reversible neoplastische Zustände
des Urothels sind oder sogar aufgrund von einer Entzündungsreaktion hervorgerufen werden.
Des Weiteren wiesen sie daraufhin, dass auch benigne/normal erscheinendes Urothel genotypische Veränderungen tragen kann. Stoehr et al. (2002b) führten eine histologische-genetische
Kartierung von Harnblasenproben durch und zeigten, dass genetische Veränderungen (hierbei: p53-Mutationen) in Tumor-umgebenen benignem Urothel vorkommen und vermutlich
durch intraurotheliale Migration entstanden sein müssen. Untersuchungen bestätigten, dass
das Auftreten einer Dysplasie (entstrpechen der WHO-Nomenklatur vor 2004) das Risiko der
Tumorprogression oder einer Rezidivierung beinhaltet [Wijström et al, 2000]. Die in dieser
Doktorarbeit verwendeten Biopsie-Proben der Patienten mit Primärdiagnose Dysplasie zeigten keine Tumorprogression in einem Zeitraum von mindestens 12 Monaten nach Erstdiagnose. Dies könnte die These von Droller und Malmström (2000) über einen „ reversiblen Zustand“ der Dysplasien bestätigen. Wie in dieser Dissertation beobachtet, stellten auch Bollmann et al. (2005) bei der FISH-Urin-Analyse von Harnblasenkarzinom-Patienten im Vergleich zu gesunden Probanden fest, dass nur diese Patienten ein Rezidiv entwickelten, deren
FISH-Resultat sowohl die Deletion 9p21 und gleichzeitig vereinzelt (in Einzelzellen) Trisomien oder Tetrasomien der anderen Zentromer-Sonden zeigten. Vor allem für die weitere
Prognose der Dysplasie-Patienten ist es aufgrund dieser Ergebnisse ratsam die Biopsien mittels UroVysion-FISH zu untersuchen. Bei einem FISH-positiven Ergebnis aller UroVysionSonden sollte eine Nachuntersuchung mittels Blasenspieglung spätestens nach ungefähr einem halben Jahr erneut durchgeführt werden, da nur 8 % der untersuchten Fälle mit diesem
„ Doppelten“ -FISH-positiven Ergebnis kein Rezidiv entwickelten und keine Progression zeigten.
Weitere Ergebnisse
Der Anteil an Polysomien (Chromosomen Index > 2) der Zentromer-Sonden war in den in
dieser Arbeit untersuchten Harnblasengewebsproben beim Carcinoma-in-situ und invasiven
Diskussion 112
Urothelkarzinom höher im Vergleich zu den analysierten papillären Tumoren (pTaG1) und
Präkanzerosen (siehe Tabelle 10-19 und Abbildung 14-20). Gleichzeitig zeigten alle untersuchten Proben homo- bzw. heterozygote Deletionen der p16- Region (Detektiert mit der Lokus-spezifischen Sonde Region 9p21; Chromosomen Index < 1,8) im Gegensatz zu der Normalurothel-Probe, dies bestätigt die Entartung des Gewebes neben der histologischen, morphologischen Ebene auch auf genetischer Ebene. Bei den invasiven Harnblasenproben und
dem Carcinoma-in-situ erreicht die chromosomale Instabilität Werte >1, dicht gefolgt von den
Dysplasien Werten mit knapp unter 1. Entsprechend den Studien von Hartmann et al. (1999)
und Obermann et al. (2003), wurde auch in dieser Arbeit festgestellt, dass Hyperplasien und
papillären (low-grade) Harnblasentumore (Werte um die 0,7) geringfügig chromosomal stabiler sind. Die als benigne eingestufte Hyperplasie erreicht dennoch nicht die Werte des Normalurothels (< 0,5), womit diese Präkanzerose bereits ein erstes malignes Potential zeigt.
Im weiteren Tumorverlauf bei der Entstehung eines invasiven Urothelkarzinoms muss neben
diesem Wachstumsvorteil auch ein Überlebensvorteil für die Tumorzellen vorhanden sein,
was in einer Stabilisierung, also einem Stagnieren der Zunahme an chromosomalen Instabilität, zu sehen sein kann [Spencer et al., 2006; Cahill et al., 1999]. Bei der Auswertung der
Doppelfärbung der invasiven Fälle konnte im Vergleich zu den Carcinoma-in-situ-Proben
kein weiterer starker Gewinn an Polysomien und eher ein Rückgang der Werte der Standardabweichung, also ein Gewinn an chromosomaler Stabilität, beobachtet werden (vergleiche
Tabelle 14). Diesbezüglich muss erwähnt werden, dass es sich bei den untersuchten Zellen der
invasiven Tumore nicht um Zellen der „ Invasionsfront“ handelte, somit auch deren Aufgabe
nicht primär Wachstum und Invasion, sondern eher überleben ist.
Alle untersuchten Patienten bzw. Einzelzellen zeigten relativ komplexe Rearrangierungen des
Karyotyps, was letztendlich auf die Heterogenität des Gewebes zurückzuführen ist. Unterrepräsentierte chromosomale Regionen im Bereich 9p21 – detektiert durch CGH – konnten mit
Hilfe der FISH bei den untersuchten Zellen der Dysplasien und CIS weitestgehend bestätigt
werden (Abbildung 29 und 31). Es ist zu erwarten, dass ein polyploider Karyotyp mit balancierten CGH-Profil in der FISH-Analyse mehr als zwei Signale zeigt (z.B. Abbildung 28);
während mittels CGH detektierte Deletionen wiederum unterschiedliche FISH-Ergebnisse
aufweisen können (von einer partiellen Monosomie bis zu einer Polyploidie reichend; z.B.
Abbildung 31). Da es sich bei dem Untersuchungsmaterial um Einzelzellen handelte, konnte
eine Kompensation über- oder unterrepräsentierter Regionen durch das Vermischen mehrerer
unterschiedlicher Subklone oder Verunreinigen der Probe mit normalen bzw. infiltrierenden
inflammatorischen Zellen ausgeschlossen werden. Der pT1G3 Fall und die Hyperplasie-Fälle
Diskussion 113
zeigten keine übereinstimmenden FISH-Signale der LSI9p21-Sonde der Doppelfärbung im
Vergleich zu den CGH-Ergebnissen von Deletionen in der 9p21 Region (siehe Abbildung 28
und 30). Der Hauptgrund hierfür ist sicherlich darin zu sehen, dass die Einzelzell-Analyse im
Gegensatz zum FISH-untersuchten Gewebeschnitt nur einen kleinen Bereich des Gewebes
wiederspiegelt. Ein Vergleich der Daten bezüglich der Zentromer-Sonden war nicht möglich,
da die CGH nur genomische Imbalancen detektieren kann, aber keine Aussage über den Ploidie-Grad zulässt. Dies zeigt wie bedeutend es ist, den Ploidie-Grad mittels anderer Cytogenetischer Methoden, wie Interphase-FISH oder Durchflußzytometrie, zu bestimmen, denn besonders bei der Progression zu soliden Tumoren steigt die Häufigkeit der Polyploidisierung
der Zellkerne stetig an (im Gegensatz zu den durch balancierte Translokationen geprägten
hämatologischen Malignitäten) [Ried et al., 1999].
Weitere Ergebnisunterschiede können aufgrund von anwendungs-technischen Grenzen beider
Methoden herrühren. FISH Analysen weisen falsch-negative Ergebnisse auf, wenn z.B. αSatelliten Sonden verwendet werden [Harrison et al., 1998]. Geringe Kopiezahlen eines Tandemrepeats können zu einer geringeren Signalintensität führen und somit würde die Interphase-FISH fälschlicherweise eine Monosomie aufzeigen, wenn nur eines der beiden Chromosomen betroffen ist (z.B. bei hereditären Tumoren durch unterschiedliche parentale Herkunft),
während die CGH das Profil eines diploiden Karyotyps vorweist. Trotz dieser Ungenauigkeiten wurden bei der Doppelfärbung unter anderem α-Satelliten Sonden für die FISH (Zentromer-Sonden der UroVysion) eingesetzt, um den Ploidie-Grad der Zellkerne zu bestimmen.
Unstimmigkeiten zwischen CGH und Interphase-FISH Ergebnissen können auch aufgrund
von unterschiedlicher Hybridisierungseffizienz und Missinterpretation der Interphase-FISHSignale herrühren. Auch wenn ein getesteter und für die Routine-Diagnostik zugelassener
Sonden-Mix (UroVysion) verwendet wurde, können falsch-negative Resultate (aufgrund von
Polymorphismen in der Anzahl der Tandemrepeats) und falsch-positive Ergebnisse (gespaltene Signale, die auf eine mitotische Aktivität hinweisen oder durch Chromosomen-Brüche
entstehen) auftreten. Um ein Beispiel zu nennen, so können getrennte Chromatiden den Anschein von vier (wenn auch schwächer in der Fluoreszenzintensität und kleiner) anstelle von
zwei Signalen erwecken. Verschiedene Aspekte können bei der CGH zu fehlerhaft interpretierten Ergebnissen führen, wie z.B. technische Artefakte aufgrund einer unzureichenden Unterdrückung (Blockierung) von repetitiven DNA-Sequenzen, Fehlern bei der HintergrundKorrektion, oder Veränderungen der Telomer-Regionen (welche das korrekte Ende eines
Chromosoms kennzeichnen und meist eine schwache Bindung der Fluoreszenz-Sonde aufweisen). Des Weiteren sind die heterochromatischen Regionen der Chromosomen 1, 9 und 16 oft
Diskussion 114
schwierig auszuwerten [du Manoir et al., 1995]. Außerdem können die exakte Position der
Aberration sowie die präzise Zuordnung der Grenzen von DNA-Zugewinnen oder -Verlusten
durch die räumliche Auflösung der Chromosomen beeinträchtigt werden, z.B. durch nichtlineares Strecken/Spreiten der Chromosomen und dadurch hervorgerufene unterschiedliche
Länge der Chromosomen [Bentz et al., 1998]. Letztendlich kann auch die fehlerhafte mathematische Auswertung der Quotienten der CGH-Profile (andere Grenzwerte) zu falschpositiven Ergebnissen führen [Barth et al., 2000]. Diese Fehlerquellen wurden bei der Auswertung der Einzelzell-CGH-Daten berücksichtigt; z.B. zeigten etliche CGH-Profile Deletionen/Amplifikationen im Telomer-Bereich der Chromosomen, welche nicht mit in die Auswertung aufgenommen wurden (vergleiche Abbildungen 22, 26, 27).
Im Rahmen dieser Doktorarbeit mittels FISH nachgewiesenen Deletionen der Region 9p21
konnten in 7 von 12 Fällen auch mittels CGH bestätigt werden. Darüberhinaus zeigte die
CGH noch weitere von Amplifikation und Deletion betroffene chromosomale Regionen auf
(siehe Abbildung 29-32), und zwar bereits in den Präkanzerosen. Diese genetischen Veränderungen können somit nicht aufgrund der Tumorprogression entstanden sein, sondern sind sicherlich auch von kausaler Bedeutung für die Tumorinitiation.
Die Detektion erster nicht-letaler chromosomaler Aberrationen in proliferierenden Zellen von
urothelialen Präkanzerosen gibt nicht nur Klarheit über erste gravierende Veränderungen bei
der Tumorgenese – unter Berücksichtigung von Evolutions- und Selektionsfaktoren –, sondern könnte – viel entscheidender – neben einer diagnostischen, prognostischen Vorhersage
für die Entscheidung weiterer Therapiemaßnahmen hilfreich sein. Denn am Anfang der Kanzerogenese sind die ersten Tumorklone noch monoklonalen Ursprungs, gehen also wie viele
andere normale Zellen im biologischen Gewebe- bzw. Organverband auf eine gemeinsame
Ursprungszelle zurück (wie z.B. bei der X-chromosomalen Inaktivierung oder bei den Antikörperproduzierenden B-Vorläuferzellen), so dass eine gerichtete Therapie gegen diese ersten
präkanzerösen Zellen ein weiteres Tumorwachstum inhibieren oder sogar gänzlich verhindern
[Weinberg, 2006]. Der monoklonale Ursprung präkanzeröser Zellen konnte auch in dieser
Dissertation verfolgt werden (vergleiche das Auftreten gleicher chromosomaler Aberrationen
in den CGH-analysierten Dysplasie-Einzelzellen, die im weiteren Progressionsverlauf auch in
CIS und invasiven Tumoren detektiert werden konnten, in Tabelle 24).
Die Dysplasie gilt als Präkanzerose des Carcinoma-in-situ (CIS). Für die Karzinogenese des
CIS postulierten Demir et al. (2003) eine Progression zu einem invasiven Tumor über Mechanismen des „ Zell-Kannibalismus“ einzelner Zellen oder Zellkolonien („ intraepitheliale Dedifferenzierung“ ). Es wäre interessant festzustellen, inwieweit dieselben Pathways (unter ande-
Diskussion 115
rem für Mikro-Invasion oder andere Beeinflussung der umgebenden Zellen) bereits bei
Dysplasien detektierbar sind. Bereits Schwarz et al. (2007) fragten sich, ob die detektierte
Aneusomie bzw. Aneuploidie in Einzelzellen das Ergebnis eines allgemeinen genetischen
Schaden des Urothels (entsprechend der These von Pycha et al., 1999) ist oder aufgrund von
horizontaler, pagetoider Tumorzell-Wanderung entsteht. Gemäß Hafner et al. (2002) ist die
Mehrheit der multifokalen Harnblasenkarzinome sowohl gleichzeitig als auch nachfolgend
auftretendend monoklonalen Ursprungs (Hafner et al., 2002; Pantel et al., 1999; allgemein bei
Weinberg, 2006, beschrieben). Molekulare Studien zeigten, dass beim Harnblasenkrebs sowohl durch intraurotheliale Migration als auch durch eine Feldkanzerisierung Tumorzellen
bei Harnblasenkarzinom-Patienten disseminieren können [Hafner et al., 2001; Stoehr et al.,
2002], wobei ein klonales Verwandtschaftsverhältnis zwischen multifokalen Läsionen besteht
[Hartmann et al., 2002b]. In den untersuchten Präkanzerosen ohne Vorbefund bzw. gleichzeitigem multifokalem Auftreten eines Urothelkarzinoms kann eine horizontale, pagetoide Tumordissemination zumindest in den präkanzerösen Stadien ausgeschlossen werden (vergleiche Tabelle 23). Dadurch dass sowohl in den proliferativ aktiven Zellen als auch in umgebenden ruhenden Zellen chromosomale Aberrationen detektierbar sind, sprechen diese Daten eher
für eine Feldkanzerisierung der Harnblase.
Kandidaten-Gene
Die Einzelzell CGH-Analyse deckte weitere chromosomale Aberrationen in den Präkanzerosen auf. Betroffene Kandidatengene, die in den entsprechenden Regionen liegen, sind in Tabelle 25-28 aufgeführt und müssten in einer weiteren funktionellen Analyse untersucht werden. Die Kandidatengene sind sehr heterogen und umfassen sowohl Transkriptionsfaktoren,
Proliferationsfaktoren, Apoptoseregulatoren als auch Gene des Stoffwechsels. Die Hyperplasien zeigten keine chromosomalen Veränderungen in der CGH-Analyse von proliferierenden
Zellen, möglicherweise können dort jedoch Kandidatengene durch Punktmutationen (mittels
CGH nicht erfassbar) betroffen sein. Proliferierende Zellen der Dysplasien zeigten vor allem
Verluste in den chromosomalen Bereichen 9p und 13q, sowie Hinzugewinne in 9p, 12p, 17q,
18p, 22, X und Y. Die Analyse von Kandidatengenen dieser Bereiche kann neue Erkenntnisse
in der Tumorinitiation der Harnblasenkarzinome erbringen. Die Rolle viele der Gene in Tabelle 25-28 (z.B. p53, MLH, p16, HMG-Group-Proteine, Rb, MDM2) aufgeführten Gene sind
bereits gut erforscht und Veränderungen in der Gen-Kopiezahl korreliert meist gut mit der
Gen-Expression (damit können zunächst epigenetische Faktoren bei der ExpressionsBeeinflussung ausgeschlossen werden). Andere Gene in den alterierten chromosomalen Regi-
Diskussion 116
onen sind wiederum weniger gut untersucht und ihre Funktion dementsprechend weniger bekannt (z.B. TP63, CDK3, Ki67).
Gene, die in den veränderten chromosomalen Bereichen der nicht-proliferierenden Zellen
lokalisiert sind, können Aufschluss über Zellzyklus-inhibierende bzw. Apoptose-einleitende
Veränderungen geben (z.B. E2F3, MSH5, TNF, CDKN1A, STK15, C-MYC, Ki-67, ABL2,
AKT3, MSH3, CDK4, MDM2, sowie insbesondere das bei Hyperplasien eventuell betroffene
Gen FOXO4).
Vergleich mit anderen Präkanzerosen anderer Gewebe/Organe
Abnormalitäten der chromosomalen Kopiezahl treten nicht nur beim Harnblasenkarzinom,
sondern bei fast allen Tumoren auf, und zeigen spezifische Regionen (so genannte Hot-spots)
der Amplifikation oder Deletion, die wiederum spezifisch für die/den jeweilige(n) Tumorart, grad und –progress sind. Die Anzahl an diesen Kopiezahl-Veränderungen nimmt mit zunehmenden Grad und Progression des Tumors zu, und zwar nicht-zufällig und teils aufgrund der
gesteigerten chromosomalen Instabilität. Hot-Spots können ein Hinweis für chromosomale
Regionen und Gene sein, die entscheidend für die Tumorgenese sind. Es wird vermutet, dass
eine ungenaue, fehlerhafte homologe Rekombination (ausgelöst durch Defekte im DNAReparatur-Pathway) innerhalb repetitiver Sequenzen, die die Bildung des Kinetochore Komplexes umfassen, zu chromosomalen Verlusten und Hinzugewinnen führen, in dem es zu
Rearrangierungen spezifischer Zentromer-Sequenzen kommt.
Die differentielle Betrachtung des genetischen Status von proliferierenden Zellen im Vergleich zu ihrer „ ruhenden“ Umgebung ist erstmalig in dieser Dissertation beschrieben worden.
Dabei wurden Aberrationen an folgenden Chromosomen festgestellt: Verluste in den chromosomalen Bereichen 9p und 13q, sowie Hinzugewinne in 9p, 12p, 17q, 18p, 22, X und Y. Daten, die von Präkanzerosen anderer Tumorentitäten bisher erhoben wurden [Lee et al., 1993;
Ried et al., 1999; Heselmeyer et al., 1996; Hughes et al., 2006], betrachten genetische Veränderungen im gesamten Gewebe ohne weitere immunhistochemische Unterscheidungskriterien
bezüglich der Proliferations-Aktivität des Gewebes. Für die Anfänge der Harnblasenkarzinogenese ist es interessant, die auftretenden chromosomalen Aberrationen mit jenen in Präkanzerosen anderer Gewebe, Organe und Tumorentitäten zu vergleichen. Der Vergleich kann
Rückschlüsse über die Grundzüge der Tumorgenese liefern, bzw. weitere Ansatzpunkte bei
der Untersuchung des Harnblasenkarzinoms in seinen Anfängen. Das Wissen über bestimmte
chromosomale Imbalancen in frühen Tumorstadien und Präkanzerosen, die generell in Zusammenhang mit der Tumorgenese stehen, kann hilfreich sein, spezifische FISH-Sonden zu-
Diskussion 117
sammenzustellen, die charakteristisch für die unterschiedlichen Tumortypen sind. Die Multicolour-FISH (M-FISH) ermöglicht es, in nur einem einzigen Experiment wichtige prognostische Daten innerhalb weniger Tage zu erhalten.
Vergleicht man die Daten von Präkanzerosen anderer Gewebe mit jenen des Urothels können
Gemeinsamkeiten beobachtet werden: z.B. Polysomien des Chromosoms 7, welche Hinzugewinne der langen Arme der Chromosomen 8q und 13q (diese Veränderungen sind gekoppelt
an einen zur Progression neigenden Phänotyp) vorangehen [Lee et al., 1993; Ried et al., 1999;
Heselmeyer et al., 1996; Hughes et al., 2006]. Dennoch lassen sich schwer Tumorspezifische
erste (Initial-)Veränderungen feststellen, da die chromosomalen Veränderungen bereits bei
Präkanzerosen verschiedener Gewebe sehr komplex zu sein scheinen, so dass die vorliegenden Aberrationen nur Rückschlüsse über eine maligne Progression zu lassen können; jedoch
keinen Aufschluss über die Initial-Veränderung bei der Tumorgenese des jeweiligen Gewebes
[Lee et al., 1993; Ried et al., 1999; Heselmeyer et al., 1996; Hughes et al., 2006].
Schlussfolgernd konnte mit dieser Doktorarbeit gezeigt werden, dass chromosomale Aberrationen bereits ein frühes Ereignis der Tumorentstehung (Präkanzerosen) sind und nicht nur sekundär auftreten, und dass sie aufgrund ihres Vorkommens in proliferierenden Zellen eine
biologische Relevanz für die Tumorevolution innehaben. Die CGH-Analysen wiederum deuten eher auf spezifisch auftretende Genmutationen (z.B. Region 9p21 in Dysplasien) hin.
Zusammenfassung/Abstract 118
5
ZUSAMMENFASSUNG
Das Harnblasenkarzinom ist der zweithäufigste bösartige urologische Tumor. Der Grossteil
(80%) der Tumore ist bei Erstdiagnose oberflächlich begrenzt, und weist eine hohe Rezidivrate auf.
Die spezifischen ersten genetischen Veränderungen der Tumorgenese des Harnblasenkarzinoms, die nicht letal und eventuell einen Wachstumsvorteil beherbergen, sind bisher nicht
bekannt. Ein Screening von Tumorvorstadien nach spezifischen Veränderungen auf chromosomaler Ebene in proliferierenden Zellen ermöglicht der gleichzeitige Einsatz zweier Methoden:
der
Interphase-Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
und
der
Immunhistochemi-
schen(IHC)-Detektion des Proliferationsmarkers Ki67. Eine Zusammenstellung spezifischer
Chromosomensonden (Urovysion; Abbott/Vysis) für diese Tumorentität wird bereits in der
Routine-Diagnostik genutzt, um Rezidive und Tumor-Neuerkrankungen im Urin bzw. in
Spülzytologien von Harnblasenkarzinom-Patienten nachzuweisen. In dieser Arbeit wurden 40
Harnblasengewebs-Biopsien untersucht, darunter waren 13 Hyperplasien, 12 Dysplasien, 7
CIS, 3 pTaG1 und 4 pT1G3-Fälle. Bei den Tumorvorstadien wurde darauf geachtet, dass es
sich dabei möglichst um eine Erstdiagnose handelte. Zusätzlich wurde auf Einzelzell-Niveau
mit Hilfe der Vergleichenden Genomischen Hybridisierung (CGH, Comparative Genomic
Hybridisierung) das Genom nach Deletionen und Amplifikationen untersucht. Ziel war es,
durch Kombination der drei Methoden (FISH, IHC und CGH) erste nicht letale typische
chromosomale Aberrationen zu detektieren.
Die Tumorvorstadien zeigten typische Chromosomenveränderungen, sowohl in den proliferienden Zellen, als auch in den umgebenden nicht-proliferierenden. Hyperplasien zeigten nur
in nicht-proliferierenden Zellen Aberrationen. In proliferierenden Zellen von Dysplasien traten Verluste an den Chromosomen 9 und 13q auf, sowie Gewinne an den Chromosomen 9p,
12p, 17q, 18p, 22, X und Y. Involvierte Kandidatengene sind zahlreich und umfassen jene die
Zellproliferation, Differenzierung, Apoptose und Stoffwechsel regulieren.
In den Untersuchungen konnten chromosomale Veränderungen erstmalig in proliferierenden
Zellen von Präkanzerosen detektiert werden, somit müssen diese Aberrationen mit einem proliferativen Vorteil und einer biologischen Relevanz einhergehen.
Diese Arbeit wurde unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG-Nr.:
Kn263/9-2).
Zusammenfassung/Abstract 119
6
ABSTRACT
Bladder cancer is the second common malignant urological neoplasia. Most of the tumors are
superficial (80 %) at first diagnosis and reccur frequently.
In order to understand the initial genetic aberrations reflecting growth advantage in bladder
cancer we investigated first chromosomal aberrations and validated their biological potential
at single cell level. Using multi-colour fluorescence in situ hybridisation (FISH; Urovysion)
and Ki-67 immunohistochemistry first data was aquired and completed by lasermicrodissecting single cells for single-cell comparative genomic hybridisation (CGH) analyses.
Double staining of fluorescence in situ hybridisation (Urovysion, Vysis/Abbott) and Ki-67
immunohistochemistry was carried out on frozen tissue sections from 25/40 patients with precancerous lesions of the bladder (13 hyperplasia, 12 dysplasia; those with preferably primary
diagnosis; and further specimen from 7 carcinoma in situ, 3 pTaG1, 4 pT1G3). In addition 55
single cells of these precancerous lesions were laser-microdissected and analysed with single
cell comparative genomic hybridisation (CGH).
Focussing on the proliferating cells versus their non-proliferative neighbourhood in precancerous lesions of the bladder, chromosomal aberrations were detected in both types of cells.
Proliferating hyperplastic cells showed almost a normal, diploid FISH and no further loss of
chromosomal loci in the CGH-analysis. The CGH data of dysplasia cells showed mainly a
loss of the chromosomal region 9p21 in proliferating cells, like expected from FISH results.
Other chromosomal aberrations, depicted in dysplasia cells, were deletion of chromosome 9
and 13q as well as amplifications of the chromosomes 9p, 12p, 17q, 18p, 22, X and Y. In this
regions many candidate genes, involved in regulation of cell proliferation and differentiation,
apoptosis and metabolism, are located.
These methods established are apt to show that genetic aberrations detected in early bladder
lesions or normal urothelium are biologically relevant since found in proliferating cells.
This work has been supported by the German Science Foundation (DFG, grant no: Kn263/92).
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Anhang: Abkürzungsverzeichnis 137
8 ANHANG
Abkürzungsverzeichnis
°C
µg
µL
µm
5-ALA
AMP
ARF
ATP
AUM
BCG
BSA/FCS
CCD
CCND1
CDK
CDKIs
CEA
CEP
CGH
CIN
CIS
CK20
cM
CMYC
COX1
CT
DAPI
DNA
DFG
dNTPs (dATP, dCTP,
dGTP, dTTP)
DOP-PCR
E2F
EDTA
EGFR
EtBr
FGFR3
FISH
g
G1/G0
G1/G2/G3
h
hCFHrp
HCl
HE-Färbung
HP
H-Ras
Grad Celsius
Mikrogramm
Mikroliter
Mikrometer
5-Aminolävulinsäure
Adenosinmonophosphat
Adenosyl-Ribosylierungs-Faktor
Adenosintriphosphat
Asymmetric unic membrane
Bacillus-Calmette-Guérin
Bovine Serum Albumine/ Fötales Kälberserum
Charge-coupled-device (Kamera)
Cyclin D1
Cyclin-abhängige Kinase
CDK-Inhibitoren
Carcinoembryonic Antigen
Centromere-Enumeration Probes
Komparative Genomische Hybridisierung
Chromosomale Instabilität
Carcinoma-in-situ
Zytokeratin 29
Centi-Morgan
v-myc myelocytomatosis viral oncogene homolog (avian)
Cyclooxygenase
Computer-Tomographie
4’ ,6-Diamidino-2-phenylindol
Desoxyribonukleinsäure
Deutsche Forschungsgemeinschaft
Desoxytrinukleotide
Degenerate Oligonnucleotid-Primer-PCR
Transkriptionsfaktor
Ethylendiamintetraacetat
Epidermal-Growth-Factor-Receptor
Ethidiumbromid
Fibroblast-Growth-Factor-Rezeptor 3
Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung
Gramm
Wachstumsstadium
Differenzierungsgrad
Stunde
Human complement factor H related protein
Salzsäure
Hämalaun-Eosin-Färbung
Heizplatte
Anhang: Abkürzungsverzeichnis 138
IHC
ISUP
J
kb
KCl
kDa
kg
KH2PO4
Ki67
L
LA-PCR
LOH
LPC
LSI
MDM2
M-FISH
mg
MIB-1
min
ml
mm
MMPs
MRT
Mse1
MTS1
n
Na2HPO4
NaCl
N-cad/E-cad
ng
nm
NMP22
NP-40
OFA
OT
p-/q-Arm
p16
p53
PBS
PCR
PEN
PEP-PCR
pg
pH
PPIX
PSF
pT1/pT1G3
pTa/pTaG1/2
Rb
RNA
RT
Immunhistochemie
International Society of Urological Pathology
Jahren
Kilobasen
Kaliumchlorid
Kilodalton
Kilogramm
Kaliumhydrogenphosphat
Proliferationsmarker
Liter
Linker-adaptor PCR
Loss of Heterozygosity
Laser Pressure Catapulture
transformed 3T3 cell double minute 2
Multicolour-FISH
Milligramm
Ki-67 clone MIB-1
Minute
Milliliter
Millimeter
Matrix-Metalloproteinases
Magnetresonanztomographie
Restriktionsenzym
Tumorsuppressorgen
Anzahl
Natriumhydrogenphosphat
Natriumchlorid
N-/E-Cadherin
Nanogramm
Nanometer
Nuklear Matrix Protein
Igepal; Detergenz
One-Phor-All-Buffer-Plus
Objektträger
Bezeichnung chromosomaler Regionen
Tumorsuppressorgen
Tumorsuppressorgen
Phosphate Saline Buffer
Polymerasekettenreaktion
Polyethylen
Primer-Extension PCR
Pikogramm
potentia Hydrogenii
Protoporphyrin IX
Point Spread Function
Invasive Harnblasenkarzinome
Papilläre Harnblasenkarzinome
Retinoblastoma-Gen
Ribonukleinsäure
Raumtemperatur
Anhang: Abkürzungsverzeichnis 139
RWTH
SD
sec
sFRP1
SNPs
SSC
TBE
TNM
TSP1
TUR
UICC
u-Pa
UROtsa, J82, RT4
UV
VEGF
WB
WGA
WHO
WIF1
WNT
ZNS
Rheinisch-Westphälische-Technische-Hochschule
Standardabweichung
Sekunde
secreted frizzled-related protein 1
Single nucleotide polymorphisms
Standard Saline Citrat
Tris-Borat-EDTA-Puffer
Klassifikationssystem (siehe Seite 20)
thrombospondin 1
Transurethrale Tumorresektion
Union International Contre le Cancer
Urokinase
Harnblasen-Zelllinien
Ultraviolett
Vascular Endothelial Growth Factor
Wasserbad
Whole genomic amplification
World Health Organisatzion
WNT Inhibitor Faktor 1
Protein-Bezeichnung
Zentralnervensystem
Anhang: Lebenslauf 140
Lebenslauf
Persönliche Daten:
Name:
Stella Vasiliki Koufou
Geburtsdatum:
21.09.1979
Geburtsort:
Bremen
Anschrift:
Kullenhofstr. 54 B/ App. 721
52074 Aachen
Familienstand:
ledig
Nationalität:
Griechisch
Schulausbildung:
1985 -1998
Grundschule bis Gymnasium in Bremen, parallel dazu
1986-1995
Grundschule bis Gymnasium Griechische Schule, Bremen
07/1998
Abitur (Schulzentrum Huckelriede, Bremen)
Universität:
10/1998-03/2004
Universität Bremen: Biologie-Studium
Abschluss:
Diplom Biologin
Schwerpunkte:
Molekular- und Zellbiologie, Genetik einschl. Humangenetik (Hauptfach); Mikrobiologie, Biotechnologie (1. Nebenfach); Biochemie (2.
Nebenfach)
Diplomarbeit:
Untersuchungen zur Expression von High Mobility Group (HMG-) Protein-Genen an Paraffin-Eingebetteten, primären Mammakarzinomen
07/2002-11/2002
Praktikum (Studentische Hilfskraft): Arbeitsgruppe Genomforschung/Bioinformatik, Abteilung Molekulare Ökologie, MaxPlanck-Institut für Marine Mikrobiologie, Bremen
10/2003- 03/2004 Studentische Hilfskraft: Fachbereich 2, Universität Bremen
Promotion
seit 06/04:
Aachen, den 31.01.2008
Uniklinikum Aachen, Institut für Pathologie
_________________________________
Anhang: Kongresse, Publikationen141
Kongresse, Publikationen
Poster
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M. Speicher and R. Knüchel:
“ Insight in chromosomal Aberrations and their proliferative advantage for precancerous
urothelial lesions.” CNIO Meeting: Bladder Cancer: Searching targets and biomarkers using
genomic and proteomic approaches, 5-6 Oktober 2006, Madrid, Spanien
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel:
„ Untersuchung genetischer Aberrationen in Präkanzerosen der Harnblase mittels Fluoreszenzin-situ-Hybridisation und Ki67 Immunhistochemie Doppelfärbung, sowie Comparative Genomic Hybridisation.“ 90. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Pathologie 19.-21.
April 2006, Berlin
S. Koufou, S. Langer, M.R. Speicher and R. Knuechel:
“ Single-cell multi-analysis (FISH, IHC, single-cell CGH) of early flat urothelial lesions.”
3rd Münster Conference on Single cell analysis 2006, Münster
Vorträge
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel:
“ Double staining of Fluorescence-in-situ-hybridisation-(Urovysion®) and Ki67 Immunohistochemistry for detection of genetic aberrations in precancerous lesions of the bladder.”
15th Annual Meeting of the German Society for Cytometry 2005, Leipzig
Zitierfähige Abstracts
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel: Double staining of Fluorescence-in-situ-hybridisation-(Urovysion®) and Ki67 Immunohisto-chemistry for
detection of genetic aberrations in precancerous lesions of the bladder. Cell Proliferation,
38(4): 204-214, Aug 2005
S. Koufou, S. Langer, K. Lindemann-Docter, M.R. Speicher and R. Knuechel: Untersuchung
genetischer Aberrationen in Präkanzerosen der Harnblase mittels Fluoreszenz-in-situHybridisation und Ki67 Immunhistochemie Doppelfärbung, sowie Comparative Genomic
Hybridisation. Pathol. Res. Pract. 202 (4):199-350, 2006
S. Koufou, S. Langer, M.R. Speicher and R. Knuechel: Single-cell multi-analysis (FISH,
IHC, single-cell CGH) of early flat urothelial lesions. BMMS, 1(3): 208-215 , 2007
Anhang: Danksagung142
DANKSAGUNG
Bei Frau Prof. Knüchel-Clarke (Institut für Pathologie) möchte ich mich für die Möglichkeit,
an ihrem Institut diese Doktorarbeit anzufertigen, und für die Übernahme des Gutachtens bedanken. Außerdem danke ich ihr herzlich für die stetige Diskussionsbereitschaft und die positive Unterstützung meiner Promotion.
Herrn Prof. Klinner (Institut für Biologie IV, RWTH Aachen) danke ich für die freundliche
Übernahme des Zweitgutachtens.
Mein Dank gilt Herrn Prof. Speicher (Institut für Humangenetik, Graz, Österreich) für die
Ausarbeitung des interessanten DFG-geförderten Themas und temporären Vermittlung weiterer Kooperationspartner für die Single-cell CGH.
Frau Dr. Langer (Institut für Humangenetik, München) gilt besonders mein Dank nicht nur für
die Kooperation, sondern für ihre stete Bereitschaft die LA-PCR und vielmehr Single-cell
CGH durchzuführen; ohne diese Methoden und interessanten Ergebnisse wäre diese Dissertation nicht so zeitnah möglich gewesen.
Herrn Dr. Geigl (Institut für Humangenetik, München) danke ich für die temporäre Durchführung der Einzelzell-CGH und für seine konstruktiven Anregungen und zahlreichen Hilfestellungen bei der Etablierung der LA-PCR am Institut für Pathologie, Aachen
Von Assistenzarzt Seite des Instituts für Pathologie, Aachen, danke ich insbesondere Frau Dr.
Gaisa und Frau Dr. Lindemann-Docter für die Begutachtung histologischer Gewebeschnitte
und für die hilfreichen Fachgespräche.
Etlichen Personen des Instituts für Pathologie habe ich für die Einarbeitung in etliche Methoden bzw. Technischen Geräten zu danken: Herrn Dr. Krieg (PALM-MikrodissektionsSystem); Herrn Bösl für die Einarbeitung in hiesiges Fluoreszenz-Mikroskop-System (ZStapel-Aufnahme und Dekonvolutions-Programm), sowie für die Einarbeitung in Anfertigung
histologischer Kryogewebsschnitte und in die Zellkultur inklusive Sphäroidherstellung den
MTA des Instituts für Pathologie, Aachen.
Allen Mitarbeitern des Instituts möchte ich für die stets angenehme, gutgelaunte und hilfsbereite Arbeitsatmosphäre danken.
Stephie Rosewick, Kerstin Raupach, Janine Fischer, Sabine Neuss-Stein und Melanie Rezvani
danke ich für die schöne gemeinsame Zeit im Labor und Büro. Stephie Rosewick möchte ich
darüber hinaus noch für die aufmunternden Worte und zahlreichen Ratschlägen, wenn mal
wieder etwas nicht funktionierte, ganz herzlich danken.
Der größte Dank gilt meinen FreundInnen, meiner Cousine Stamoula, meinem Vater und vor
allem meiner Mutter, die für mich in jeder Phase meiner Promotion ein offenes Ohr hatten
und mich von ganzem Herzen motiviert und unterstützt haben!
Die Durchführung der Arbeit wurde durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt.
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