Delirium - Dr. med. S. Elsasser

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Delirium
Diagnose, Screening, Therapie
in der Akutmedizin
3. Zentralschweizer Pflegesymposium
Emergency & Intensive Care
KKL Luzern 16. Juni 2015 1330 – 1400
Serge Elsasser
Inhalt




Delirium
Definition
Diagnose – Differentialdiagnose
Prophylaxe
• Nicht – pharmakologisch
• Medikamentös
 Therapie
• Nicht – pharmakologisch
• Medikamentös
Nicht behandelt
 Delirium tremens, Alkohol – Benzodiazepin – Entzug
New Engl J Med 2014; 371: 2109-13
Delirium
• Synonyme
akuter exogener Reaktionstyp (Bonhoeffer 1917, Delir, Halluzinose,
Dämmerzustand, epileptische Erregung)
akute IPS-Psychose, IPS-Syndrom
akuter Verwirrtheitszustand, Durchgangsyndrom (Wieck 1956)
acute brain failure
akute Enzephalopathie, kognitive Dysfunktion
hirnorganisches Psychosyndrom (obsolet?)
Karl Ludwig Bonhoeffer
Delirium – Epidemiologie
Häufigkeit in der Intensivmedizin
9 – 95%
PLOS One 2014; 9: e85332, Ann Intensive Care 2012; 2: 51
9 – 50% IPS-Patienten ohne Beatmung
60 – 95 % IPS-Patienten unter mechanischer Beatmung
10 – 24% persistierende kognitive Dysfunktion
Folgen
• Verlängerung IPS - Aufenthalt (1.38 Tg)
• Verlängerung Spitalaufenthalt (0.97 Tg)
• Längere Beatmungszeit (1.8 Tg)
• zweifach höhere Letalität (RR 2.19)
• ~ Verdoppelung der IPS- und Spitalkosten
BMJ 2015; 350: h2538
BMJ 2015; 350: h2538
CCM 2004; 32: 955-62
Delirium – Epidemiologie
IPS und Spitalkosten bei Patienten
ohne – mildem – schweren Delirium
Crit Care Med 2004; 32: 955-62
Metaanalyse Einfluss eines Deliriums auf
Spital - Mortalität
BMJ 2015; 350: h2538
Prädisponierende Faktoren
 Alter > 70
 Kognitiver Status
• Demenz
• Delir in der Anamnese
• Stürze in der Anamnese
 Funktioneller Status
 Eingeschränktes Sehen
und Hören
 Malnutrition,
Dehydration
 Medikamente
 “Diagnoseliste”
• Schwere akute / chronische
Erkrankung
• Chronische neurologische
Erkrankung
• Alkoholkrankheit
• Terminale Krankheit
• HIV Infektion
• Polymorbidität
 Genetische Faktoren?
 Geschlecht?
Crit Care 2008; S3
ICM 2001; 27: 1297-1304
ICM 2007; 33: 66-73
Risikofaktoren
Alter, Schweregrad, Benzodiazepine
Pandharipande et al. Anesthesiology 2006; 104: 21-6
Auslöser
 Medikamente
•
Anticholinerge Substanzen
•
…
•
Medikamenten Entzug
 Entzug bei Alkohol- oder Benzodiazepinabhängigkeit
 Zerebraler Insult bzw. akutneurologische Erkrankung
 Chirurgie
 Akute Erkrankung, Trauma
 Verlegung auf Intensivstation
 Schmerz
 Schlafentzug
 Blasenkatheter
 Fixation
Pathophysiologie
Delirium – Auslöser
Ursachen und Beeinflussungen von Schmerz, Agitation und Delirium
New Engl J Med 2014; 370: 444-54
Cholinerge Hypothese
Acetylcholin
Scopolamin
Anticholinerges Medikament
100
Operation/Infektion
75
Acetylcholinsturz
Physiologische
Abnahme
50
25
Demenz/Delir Grenze ► klinische Symptome
40
80
Jahre
Nach W. Seiler, AGUK, Universitätsspital Basel
„Anticholinergika“
Kein anticholinerger Effekt
•
•
•
•
Aspirin
Nitroglycerin
Betablocker
Insulin
Anticholinerge NW
•
•
•
•
•
Trizyklische Antidepressiva
Neuroleptika
Antihistaminika
Antiarrhythmika (Class I)
Pethidin
Anticholinerge Medikamente
•
•
•
•
Antiemetika/Antivertiginosa
Spasmolytika (Buscopan®)
Atropin/Scopolamin
Ipratropium
Atropine-like activity
•
•
•
•
•
Prednisolon
Digoxin
Nifedipin
Furosemid
Ranitidin
Mintzer J, Burns A. J R Soc Med 2000; 93: 457
Zusammenfassung Pathophysiologie
1. Neurotransmitter – Ungleichgewicht
2. Tryptophan – Metabolismus
• bestimmt hyperaktiv - hypoaktiv
3. Vorbestehende Hirn – Schädigung
ICM 2009;35:781-95
Take Home
 Delirium ist häufig
 Verschlechtert Prognose deutlich
 Gekennzeichnet durch Verwirrung bei fehlender
Orientierung
Diagnose
Delirium – Symptome (Hyperaktiv)






15 – 80% aller Delirien
Desorientierung und Verwirrungszustände
Wechselnde Bewusstseinstrübung
Unruhe, innere und äussere, Tag – Nacht Umkehr
Halluzinationen, Situations- und Personenverkennung
Variable sympathische Aktivierung
•
•
•
•
•
•
•
Tachycardie (z.T. sehr ausgeprägt), Hypertonie
Schwitzen, Fieber
Erhöhtes Herzminutenvolumen („hyperdynamer Kreislauf“)
Erhöhter Sauerstoff – Verbrauch
Hyperventilation  zerebraler Blutfluss 
Dehydratation
Hypokaliämie, Hypomagnesiämie, Hypophosphatämie
Delirium – Symptome (Hypoaktiv)





20 – 75 % aller Delirien (gemischt: 1 – 50%)
Apathie
Kontaktmangel, Rückzug
Halluzinationen, bei Nachfrage oft vorhanden
Wenig vegetative Zeichen
DSM IV: Delirium
A. Verminderte Fähigkeit externe Stimuli zu beachten und die
Aufmerksamkeit neuen externen Stimuli zuzuwenden. Das bedeutet
mindestens 1 Kriterium der Folgenden:
1. Fragen müssen wiederholt werden, weil die Aufmerksamkeit abschweift
2. Perseverierende Antworten zu vorherigen Fragen
B.
C.
D.
E.
Desorganisiertes Denken
Verwirrung, die sich über kurze Zeit entwickelt hat
Fluktuierender Bewusstseinszustand
Mindestens 2 der folgenden 6:
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Verminderter Bewusstseinszustand
Wahrnehmungs – Störungen
Gestörter Schlaf – Wach – Rhythmus
Gesteigerte oder verminderte Psychomotorik
Zeitlich, örtlich oder autopsychische Desorientierung
Gedächtnis – Störung
F. 1 Kriterium der Folgenden
1. Organische Ursache dieser Verwirrung
2. Verwirrungszustand kann nicht durch nicht – somatische psychische
Erkrankung erklärt werden
DSM V: Delirium
A. Störung der Aufmerksamkeit und Bewusstseins
B. Störung der Kognition (z.B. Gedächtnisstörung,
Desorientierung, Sprachschwierigkeit) die nicht durch
eine Demenz erklärt ist
C. Die Störung entwickelt sich über kurze Zeit (meist
Stunden bis Tage und fluktuierend)
D. Anamnese, Untersuchung und Labor sprechen für eine
medizinische Erkrankung, Drogen oder Medikamente
oder Kombination davon als Ursache
Diagnostik
 Akuter Beginn, Fluktuationen
• Ev. Fremdanamnese
 Störungen in der Aufmerksamkeit
• Ist der Patient unfähig, seinen Gedankengang oder Fragen zu
folgen? (Zahlen subtrahieren, Vor-/Rückwärts-Buchstabieren)
• Ist der Patient leicht ablenkbar?
• Ist die Aufmerksamkeit des Patienten auf etwas Bestimmtes
(irrelevantes) eingeengt?
• Fluktuiert die Aufmerksamkeit, zeigt der Patient
Konzentrationsschwäche?
• Falls eine dieser Fragen mit „ja“ beantwortet → V.a. Delir
Lazzarini 2014
Diagnostik
 Desorganisiertheit des Denkens
•
•
•
•
Ist das Denken verlangsamt, gehemmt oder umständlich?
Kommt es zu Gedankenkreisen, Grübeln, Sinnieren?
Reissen Gedankengänge plötzlich ab?
Ist das Denken beschleunigt, gibt es eine Vielzahl von Einfällen
die ablenken, Weitschweifigkeit?
• Sind die Gedanken vage, unklar, unlogisch oder unverständlich?
• Häufiger Wechsel oder Verlust des Denkziels?
• Falls eine dieser Fragen mit „ja“ beantwortet → V.a. Delir
Delirium – Tools
CAM-ICU und ICDSC vergleichbar
ICM 2008;34:431
CAM – ICU
ICDSC
ICDSC ≥ 4 → Delirium
ICDSC 2
Abklärung
Delirum
Folgende Ursachen sollen ausgeschlossen werden
 Hypoxämie, Hypoglykämie
 Hypo - / Hyperthyreose
→ ABGA, Pulsoxymetrie, BZ
→ TSH







→ Routine - Blutentnahme
→ CT
→ Antibiotika
→ LP
→ Vit. B12, Folsäure – Mangel?
→ Tox – Screening
→ EEG
Elektrolystörungen (Na, Ca)
Trauma, fokale Ausfälle
Infekt
Fieber, Meningismus
Makrozytose
Intoxikation
Epi
Delirium – DD / Ätiologie
I
Infektiös (Encephalitis, Meningitis, Pneumonie, HWI)
W
A
T
C
H
Withdrawal – Entzug (Alkohol, Benzodiazepine)
Akut metabolisch (Elektrolyte, Nieren- Leberversagen)
Trauma (Schädel-Hirn-Trauma, postoperativ)
CNS – ZNS Pathologie (Stroke, ICH, Tumor, Epi)
Hypoxie (z.B. Herzinsuffizienz, LE)
D
E
A
T
H
Deficiencies – Mangel (Vit. B12, Thiamin, Folsäure)
Endokrin (Schilddrüse, BZ, Parathyroidea, Adrenal)
Akut vaskulär (Schock, Vaskulitis, Ischämie)
Toxine (Alkohol, Anästhetika, Opiate, Anticholinergica)
Heavy metals (Arsen, Blei, Quecksilber)
Differential – Diagnose Delirium
Symptom
Beginn
Verlauf
Bewusstsein
Schlafentzug Delirium
wechselnd
variabel
↓
Aufmerksamkeit ↓
Gedächtnis
gestört
Denken
Konz.Störung
Orientierung intakt
Reversibel
ja
akut (h-d)
fluktuierend
↓
↓
↓
unorganisiert
desorientiert
ja
Depression
Demenz
wechselnd
variabel
meist normal
min. Defizit
meist intakt
intakt
selektiv des.
z.T.
langsam (m-j)
langsam
meist normal
rel. normal
↓
gestört
zuerst intakt
nein
Schwierige Differentialdiagnose zu Lewy Body Demenz
• Fluktuation der kognitiven Fähigkeiten
• Optische Halluzinationen
• Motorische Parkinsonsyndrome
Klinisch wichtig, da Lewy Body Demenz sehr empfindlich auf Neuroleptika
Psychomotorischer Erregungszustand
 Definition
Status (desorganisierter und zielloser) psychomotorischer
Hyperaktivität mit impulsivem und/oder unberechenbarem
Verhalten, gereizten und einschüchternden Verhalten, vermehrter
Reaktivität gegenüber innerer und äußerer Stimuli, Irritabilität,
unkooperativen Verhalten bzw. Widerstand gegen die Behandlung,
reduziertem Schlaf und Aggressivität
 Ursachen
•Psychosen (schizophren, schizoaffektiv)
•Persönlichkeitsstörungen
•Intoxikationen (v.a. Alkohol, Cocain, Amphetamine)
•Ängstliche Erregung
•Delirium
•Gerontopsychiatrisch
J Psychiatr Pract 2005; 11(Suppl 1): 5-108
Take Home
 Nicht jede Unruhe / Erregung ist ein Delirium
 Organische Ursache ausschliessen
• Hypoxämie, Hypoglykämie, Endokrin
Prophylaxe
Therapie
Prophylaxe – Therapie
Schwierigkeiten mit Studien
 Wenig grosse, aktuelle Studien
 Unterschiedliche Outcome – Variablen
• Delirium – Inzidenz, deliriumfreie Tage, IPS – Aufenthalt,
Beatmungsdauer, Co – Medikation, Tod…
 Unterscheidung Prophylaxe – Therapie teilweise
schwierig
 «Delirium» oft nicht genügend charakterisiert
• Hypoaktiv – Hyperaktiv
• Psychotische Symptome
• Selbstgefährdendes Verhalten
Prophylaxe
 Optimale Therapie der Risikofaktoren
 Nicht – medikamentöse Prophylaxe immer sinnvoll
• Protokoll zur Behandlung von kognitiven Faktoren,
Schlaflosigkeit, Immobilität, Seh- und Hörschwäche,
Dehydrierung
NEJM 1999; 340: 669-76
Frühe Physiotherapie – Mobilisation
 Patienten > 48 h beatmet und unabhängig vor Eintritt (Barthel > 70)
 Ausschluss
• Rasch progrediente neuro-muskuläre Erkrankung
• Herzstillstand
• Erhöhter Hirndruck, Amputation
 Ergebnisse
•
•
•
•
Delirium vermindert (33 vs. 57%)
Weniger Beatmungstage (3.4 vs. 6.1 Tg)
Spital – Letalität (18 vs 25%)
Selbstständig bei Entlassung (59 vs. 35%)
Lancet 2009; 373: 1874-82
Medikamentöse Prophylaxe
Neuroleptika
 Haloperidol (Haldol®):
•3 x 0.5 mg 3 d prä/postop., Delir 15.1 vs. 16.5%, aber H reduzierte
Schweregrad und Dauer
J Am Geriatr Soc 2005;53:1658-66
•0.5 mg i.v., dann 0.1 mg/h für 12 Std.; Delir 15.3 vs 23.2%
CCM 2012; 40: 731-9
•3 x 2.5 mg i.v. für 14 Tage/Entlassung, kein Effekt
Lancet Resp Med 2013; 1: 515-23
 Olanzapin (Zyprexa®)
•5 mg prä- und postoperativ p.os
Psychosomatics 2010; 51: 409-18
•495 Pat. Knie- Hüft-TP, sign. Delir – Reduktion (14 vs. 40%)
 Risperidon (Risperdal®)
•101 Pat. 65 J. nach AKB, 2 x 0.5 mg Risperidon
•Delirium in 13.7 vs. 34%; LOS und IPS – Tage gleich
Anesthesiology 2012; 116: 987-97
•Nach AKB, 1 mg reduzierte Delir von 31.7 auf 11.1%
•Kein Unterschied in LOS, IPS – Tage, Komplikationen
Anaesth Intensive Care 2007; 35: 714-9
Medikamentöse Prophylaxe
Neuroleptika
 Metaanalyse von 5 Studien
• Haloperidol, Risperidon, Olanzapin
• Gepoolte Risiko-Reduktion 50% (RR 0.51, 0.33 – 0.79)
• Schweregrad und Länge des Deliriums nicht beeinflusst
Psychosomatics 2013; 54: 124-31
 Metaanalyse von 6 Studien
•
•
•
•
Olanzapin, Risperidon, Haloperidol
RR: Olanzapin 0.36; Risperidon 0.38; Haloperidol 0.68
Haloperidol weniger effektiv als neuere Antipsychotica.
Schweregrad und Länge des Deliriums nicht beeinflusst
J Clin Psychiatry 2013: 74: e1136
Medikamentöse Prophylaxe
J Clin Psychiatry 2013: 74: e1136
Medikamentöse Prophylaxe
Steroide
Kortikosteroide
Dexamethason intraoperativ bei Herz – Ops
•
•
•
•
4494 Patienten
1 mg/kg i.v. ( entspricht bei 70 kg 420 mg Prednison)
Delirium in 9.2 vs. 11.7% (p < 0.006)
RR (95% CI) 0.79 (0.66 – 0.94)
ABER
• Kontrollierte Studie ob Steroide SIRS nach HLM günstig
beeinflussen
• Delirium sekundärer Endpunkt
• Steroide besitzen «atropine-like activity»
• Steroide begünstigen Delirium (CCM 2014; 42: 1480-6)
• Signifikant weniger Pneumonien mit Steroiden
JAMA 2012; 308: 1761-7
Medikamentöse Prophylaxe
Melatonin
 Melatonin – Agonist (Ramelteon)
• MT1 und MT2 Agonist
 67 Patienten mit akuter schwerer Erkrankung
• Ramelteon 8 mg/d für 1 Woche
• Delirium in 3 vs 32%
JAMA Psychiatry 2014; 71: 397-403
 145 Patienten mit akuter Erkrankung und Alter > 65 J
• Melatonin 0.5 mg/d für 14 Tage
• Delirium in 12 vs 31% (adj. OR 0.19)
Int J Geriatr Psychiatry 2011; 26: 687-94
 222 Patienten > 65 J. mit Hüft-TP
• Sedation präoperativ (nachts und 90 min vor Op) mit Placebo,
Melatonin 5 mg, Midazolam 7.5 mg, Clonidin 100 μg
• Delir: Placebo 33%, Melatonin 9%, Midazolam 44%, Clonidin 37%
Saudi J Anesth 2010; 4: 169-73
Medikamentöse Prophylaxe
Diverse
 Gabapentin (Neurontin®):
• 900 mg/d; postop. Delirium in 5/12 vs. 0/9 Patienten
• Opiat-sparender Effekt verantwortlich?
Neurology 2006; 67: 1251-3
 Ketamin
• 58 Patienten, CABG, bei Einleitung K 0.5 mg/kg
• Delirium postoperativ in 3 vs. 31%
J Cardiothor Vasc Anesth 2009; 23: 651-7
Medikamentöse Therapie
Haloperidol (Haldol®)
Rivastigmin (Exelon®)
Quetiapin (Seroquel®, Sequase®)
Olanzapin (Zyprexa®)
Pipamperon (Dipiperon®)
Risperidon (Risperdal®)
Propofol (Disoprivan®)
Midazolam (Dormicum®)
Ziprasidon (Zeldox®, nicht in CH)
Neuroleptika - Klassifikation
Antipsychotikum
niederpotent
Pipamperon (Dipiperon®),
Levomepromazin (Nozinan®)
Thioridazin (Melleril®)
hochpotent
Haloperidol (Haldol®), Flupentixol (Fluanxol®)
atypische
(second generation
antipsychotics, SGA)
Clozapin (Leponex®), Olanzapin (Zyprexa®),
Quetiapin (Seroquel®, Sequase®),
Risperidon (Risperdal®)
Haloperidol (Haldol®)
 Vermindert Krampfschwelle
 Behandelt Agitation
 Verwendet bei Delirium, das nicht durch Aethyl – oder
Benzodiazepin – Entzug verursacht ist
 Kontraindikationen
• Koma
• Parkinson, Läsion Basalganglien (Clozapin, Leponex®)
 Dosis: 0.5 – 2 – 10 mg i.v./i.m./p.os ¼ – ½ stündlich (?), fix 6-stdl.
 Maximal – Dosis:
• 100mg / Tag (60 mg mit Benzodiazepinen)
• Tages – Dosen bis 400 mg berichtet
• 20 mg/d (60% D2 – Rezeptoren blockiert)
BMJ 2001; 322: 144-9
http://www.icudelirium.org
 Extrapyramidale Symptome bei hochdosierter i.v. – Gabe meist kein
Problem.
J Clin Psychiatry 1987; 48: 278-80 und Heart Lung 1988; 17: 238-41
 Bei Hypovolämie Hypotonie möglich (a – Antagonist)
BMJ 2001; 322: 144-9
Haloperidol (Haldol®)
 Bioverfügbarkeit 60-70%
 Verteilungsvolumen 10 - 22 l/kg
 t½ 20 h
 Hauptsächlich metabolisiert, aktive Metaboliten
 Substrat von
• CYP 1A2 (Raucher!)
• CYP 2D6 (Poor metabolizer)
• CYP 3A4
 Wirkungseintritt 3 - 20 min
Studien - Haloperidol
 Fallserie, 3 Patienten, Dosis 10mg jede Stunde
Am J Psychiatry 1977; 134; 1431-2
 Keine RCT für IPS
• Retrospektiv: Geringere Letalität bei Haldol Therapie
CCM 2005; 33: 226-9
 Sedation nach Protokoll:
• Mit H weniger Beatmungstage (3.2 vs 1.2)
J Trauma 2008; 65: 217-26
 Vergleiche mit atypischen Neuroleptika
Haldol® – persönliche Sicht
 Bis vor gut 10 Jahren hochdosiertes Haldol® bei
hyperaktivem Delir / akuter Erregung mit gutem Erfolg
gegeben
 2007: FDA – Warnung vor i.v. – Gabe
 2010: Janssen Cilag Empfehlung: i.v. Gabe nur unter
Monitor – Überwachung
 Irgendwann 10 mg Haldol® Tageshöchstdosis
 Hyperaktives Delir mit 10 mg Haldol® und 7.5 mg
Temesta® nicht immer genügend behandelt
• Reserve Disoprivan??
• Reserve Dexmetomedin??
Atypische Antipsychotica
Wenige Studien auf IPS
 Haloperidol vs Olanzapin
(Zyprexa®):
• O: 5mg p.MS vs. H 3 x 2.5 – 5 mg
• Weniger NW mit Olanzapin (EPS 6/45 vs. 0/28
ICM 2004; 30; 444-9
 Haloperidol vs. Ziprasidon vs. Placebo
• Strenge Selektion (103/3297 Pat. eingeschlossen)
• Einschluss: Bewusstseinsveränderung („abnormal level“)
• Keine signifikanten Unterschiede
CCM 2010; 38: 428-37
Quetiapin




36 Patienten mit ICDSC ≥ 4 Punkten
Haloperidol nach Bedarf (i.v. 1 – 10 mg max. 2-stündlich)
Quetiapin (50 – 200 mg 12-stündlich) oder Placebo
Quetiapin führte zu schnellerer Delirium-Kontrolle,
weniger Unruhe, schnellerer Verlegung nach Hause /
Rehabilitation
CCM 2010; 38: 419-27
 Kleine Pilotstudie
Atypische Antipsychotica
Studien auf Bettenstationen
 Haloperidol und Risperidon (2 x 0.5 mg) gleich effektiv
Psychosomatics 2004; 45: 297-301
 Risperidon und Olanzapin gleich effektiv
• R bei > 70-jährigen weniger effektiv
Hum Psychopharmacol 2010; 25: 298-302
 Vergleich Haloperidol – Olanzapin – Risperidon
• 64 Patienten, psychiatrischer Liaison – Service Chandigarh
• Dosis (max.): H 10 mg/d, O 20 mg /d, R 4 mg/d
• Delir Scores signifikant reduziert, keine Unterschiede H O R
J Psychosom Res 2011; 71: 277 - 81
Atypische Antipsychotica
 Quetiapin
• 29 Patienten mit Delir aufgrund DSM IV
• Q 25 – 175 mg (mittlere Dosis 40 mg/d)
• Schnellerer Abfall Delir – Score (nicht kognitiv signifikant,
kognitiv nicht signifikant
• Abnorme, unwillkürliche Bewegungen: Q 4.8%; P 14.3%
J Psychosom Res 2010; 69: 485-90
 Pipamperon
• EPS seltener als bei Haloperidol, ev. Spätdyskinesien
• Keine kontrollierten Studien
• Erfahrungsgemäss nützlich bei Tag – Nacht – Umkehr
• Dosis: 10 – 120 – 240 mg /d
• KI: Lewy Body Demenz, M. Parkinson
Haldol® vs Quetiapin
 52 Patienten mit Delirium
 Haloperidol (p.os 0.5 – 2 mg/d)
 Quetiapin (25 – 100 mg/d)
 Quetiapin und Haloperidol gleich wirksam
Drug Design, Development and Therapy 2013; 7: 657-67
 Kleine Pilotstudie
Haloperidol vs Quetiapin vs Risperidon
vs Olanzapin





80 Patienten mit Delirium
Haloperidol (p.os 0.5 – 10 mg/d)
Quetiapin (25 – 200 mg/d)
Olanzapin (1 – 20 mg/d)
Risperidon (0.25 – 4 mg)
 Gleiche Wirksamkeit und Sicherheit
 Bei älteren Patienten Olanzapin ungünstiger
BMC Psychiatry 2013; 13: 240
NW Neuroleptika
 Hypotonie
 Extrapyramidale Symptome
 Laryngeal - Spasmen
 Malignes neuroleptisches Syndrom
 Dyslipidämien
 Hypo - / Hyperglykämien
 Anticholinerge Symptome
• Mundtrockenheit
• Obstipation
• Harnverhalt
NW Haloperidol
QT – Verlängerung & Torsades




Torsades de pointes (cave verlängerte QT - Zeit)
70 publizierte Fälle (1962-2009)
Meist Patienten mit Schizophrenie
Meist (68/71) andere Risikofaktoren
• Elektrolytstörungen (40%); Herzkrankheit (47%); andere
arrhythmogene Pharmaka (91%); vorbestehende QT – Verlängerung
(QTc > 450 msec in 26%)
 Kumulative Dosen 5 – 645 mg (TdP), 2 – 1540 mg (QTc ↑)
 Keine Fälle bei Dosen unter 2 mg
J Hosp Med 2010; 5: E8-E16
Int J Clin Pharm 2011; 33: 806-14
Parasympathomimetica
 Rivastigmin (Exelon®)
• 527 Pat. nach Stroke, 62 mit Delir (11.8%), 27 schwer (5.1%)
• Rivastigmin 2 x 1.5 – 6 mg
• In 16/17 Patienten Delir besser
BMC Neurol 2008;8:34
 Rivastigmin bei IPS – Patienten
• Prospektive, plazebo – kontrollierte Studie gestoppt
• 12/54 Patienten mit Rivastigmin verstorben vs. 4/50 Patienten
mit Plazebo
BMJ 2010; 340: c2895
Dexmedetomidin (Dexdor®)




a2 - Agonist (ähnlich Clonidin)
Vergleich mit Lorazepam (Temesta®) bei beatmeten Patienten
Vergleich mit Midazolam (Dormicum®) bei beatmeten Patienten
Weniger Tage mit Delirium oder Koma, besseres Überleben
JAMA 2007; 298: 2644-53 und JAMA 2009; 301: 489-99
 D vs. Morphin nach Herzchirurgie
• D reduziert Dauer, aber nicht Inzidenz eines Delirium
Anesthesiology 2009; 111: 1075-84
Dexmedetomidin
 a2 - Agonist (ähnlich Clonidin)
 Vergleich mit Haloperidol (Haldol®) bei beatmeten Patienten
 Schnellere Extubation, kein Unterschied in Letalität
Crit Care 2009;13:R75
Clonidin (Catapresan®)
 Zentrales a2 – Sympathomimetikum
 Verschlechterung der Kognition
• Kann Delirien auslösen
Int J Cardiol 2006; 113: 276-8, NY State J Med 1981; 81: 382-3
 In Prüfung (Oslo Study of Clonidine in Elderly Patients with Delirium; LUCID)
 Wechsel von i.v. Dexmedetomidin auf p.o. Clonidin beschrieben
Pharmacotherapy 2015; 3: 251-9
 30 Patienten nach Aortendissektion Clonidin vs Placebo
• Reduzierte: Delir – Skala (0.6 vs 1.8); Weaning (1.4 vs 2.2 Tg); ICU –
Aufenthalt (31.4 vs 35.9 Std)
Interact Cardiovasc Thorac Surg 2010; 10: 58-62
 Studien bei Alkohol – Entzug
Anesth Analg 2004; 98: 738-44, South Med J 1991; 84: 312-21, Alcohol Clin Exp Res 1989; 13: 95-8
Propofol, Benzodiazepine




Benzodiazepine Mittel der Wahl bei Delirium tremens
Propofol dokumentiert bei Delirium tremens
Ausserhalb von Entzugs - Delirien nicht dokumentiert
Können Delirium auslösen
Anesth Prog 2006; 53: 95-7
CCM 2000; 28: 1781-4
Diverse
 Morphin
• Delirium nach Herzchirurgie mit 5 mg Haloperidol vs. 5
mg Morphin s.c. (!!) therapiert
• H: RASS höher, mehr zusätzliche Sedation
• Schmerzreduktion als Deliriums – Therapie
J Cardiothorac Vasc Anesth 2013; 27:933-8
Richtlinien Delirium
 Allgemein
• Nicht – pharmakologische Massnahmen
• KEINE delirbegünstigende Medikamente
 Empfehlung der SCCM und APA
• Haloperidol: 2 mg i.v., solange Agitation persistiert alle 20
Minuten Dosis verdoppeln
• Ausschleichen über Tage
Crit Care Med 2002; 30: 119-41
 NICE
• De – Eskalation, Haloperidol oder Olanzapin
BMJ 2010: 340: 247-9
Haloperidol in neuere Richtlinien
 S3 – Leitlinie zu Analgesie, Sedierung und
Delirmanagement in der Intensivmedizin
 Erwähnt H nicht, «there is some evidence for the use of
neuroleptics for both treatment and prophylaxis»
GMS 2010; 8: 1-36
 Clinical practice guidelines for the management of
pain, agitation, and delirium in adult patients in the
intensive care unit
• No evidence that treatment with haloperidol reduces
duration of delirium
• Treatment of delirium with dexmedetomidine rather than
benzodiazepines
Crit Care Med 2013; 41: 263-306
Therapie – Algorithmen
Möglicher
Behandlungs –
Algorithmus beim
Delirium
NEJM 2014; 370: 444-54
Algorithmus
ZIM LUKS
(mod)
Hyperaktivität o. produktivpsychotische Sympt.
• Haldol® 1 – 5 mg 6stdl i.v.
• Sequase ® 25 – 200 mg/d
• Risperdal® 1 – 6 mg/d
Alkohol/Benzo – Entzug
Unruhe, veg. Sympt.
• Diazepam (1-5mg, rep.)
• Lorazepam (1-4mg ev. DT)
• Propofol (Rescue, 10-20 mg)
• Clonidin 0.5- 2 μg/k/h
• ev. Beta - Blocker
Exkurs – Therapie des
psychomotorischen Erregungszustandes
Forschung
 1618 Studien (delirium AND therapy)
 532 laufende Studien
https://clinicaltrials.gov
Take Home Pharmakotherapie
 Vermeiden delirfördender Medikament
 Nicht – pharmakologische Interventionen
 Falls dies ungenügend ist für Prävention und
Therapie effektive Medikation nachgewiesen
 Prävention
• Bei Hochrisiko – Patienten (Olanzapin, Risperidon)
 Therapie
• Haloperidol
• Quetiapin
 Analgosedation (v.a. bei Hypertonie/Tachycardie)
• Dexmedetomidin, ev. Clonidin
Besten Dank für die Aufmerksamkeit
Noch Fragen?
Delirium tremens
New Engl J Med 2014; 371: 2109-13
Delirium tremens
New Engl J Med 2014; 371: 2109-13
Haloperidol in neuere Richtlinien
 Richtlinien Luzerner Psychiatrie
Delirium tremens
 Benzodiazepine (Mittel der Wahl)
 Geprüft wurden
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Benzodiazepine
Betablocker
Clonidin
Carbamazepin
Magnesium
Ethanol
Haloperidol
Phenytoin
Propofol
Gabapentin
Baclofen
Dexmedetomidin
+++
(+)
+
(+)
(+)
?
+
++
+?
+
Sedativa - Pharmakologie
Medi
Valium™
Diazepam
Temesta™
Lorazepam
Dormicum™
Midazolam
Propofol
Disoprivan™
Haloperidol
Haldol™
WB(i.v.)
HWZ
Metab.
2 – 5 min 20 – 120h
5 – 20 min 8 – 15 h
2 – 5 min 3 – 11 h
Demethyl.
1 – 2 min 26 – 32 h
3 – 20 min 18 – 54 h
Oxidation
Oxidation
Medi
Akt.Met.
NW
Ja
Phlebitis
Glucuronisierung Keine
Lösungsmittel
Oxidation
Ja (Sedation)
Keine
Ja (EPS)
Triglyceride 
QT 
Dosis i.v. *
Infusion
Diazepam
Valium™
Lorazepam
Temesta™
Midazolam
Dormicum™
0.03 – 0.1 mg/kg ½ - 6 stündlich
Nicht empfohlen
0.02 – 0.06 mg/kg 2 – 6 stdl.
0.01 – 0.1 mg/kg/h
0.02 – 0.08 mg/kg ½ - 2 stdl.
0.04 – 0.2 mg/kg/h
Propofol
Disoprivan™
Haloperidol
Haldol™
1.5 – 2.5 mg/kg
5 – 80 mg/kg/min
0.03 – 0.15 mg/kg ½ - 6 stdl.
0.04 - 0.15 mg/kg/h
WB: Wirkbeginn nach i.v. Gabe
Metab.: Abbau über
Akt.Met.: Aktive Metaboliten mit Wirkungen; EPS: Extrapyramidale Symptome
*: eventuell höhere Dosen bei beatmeten Patienten
Clomethiazol
Distraneurin®
Clomethiazol
Distraneurin®
Besten Dank
die Aufmerksamkeit
Noch für
Fragen?
Noch Fragen?
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