II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der

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II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der
Quantenmechanik
11
Abgeschlossene und abschließbare Operatoren
11.1 Lineare Operatoren und Graphen. Es seien X , Y Banachräume über
K = R oder K = C .
a) Ein linearer Operator von X nach Y ist eine lineare Abbildung T : D(T ) → Y
mit einem Unterraum D(T ) ⊆ X als Definitionsbereich. Mit R(T ) ⊆ Y bezeichnen
wir das Bild von T . Im Fall X = Y nennen wir T einen Operator in X .
b) Ein Operator U von X nach Y heisst Erweiterung von T , falls D(T ) ⊆ D(U)
und Ux = T x für x ∈ D(T ) gilt; wir schreiben dann T ⊆ U .
c) Mit Γ(T ) := {(x, T x) | x ∈ D(T )} ⊆ X × Y bezeichnen wir wie in 6.10 den
Graphen von T . Durch
τ : D(T ) → Γ(T ) ,
τ x := (x, T x) ,
wird eine lineare Isomorphie von D(T ) auf den Graphen Γ(T ) definiert.
d) Auf dem Produktraum X × Y verwenden wir die ℓ2 -Norm
k (x, y) k2 := k x k2 + k y k2 ,
(x, y) ∈ X × Y ;
im Fall von Hilberträumen X, Y ist dann auch X × Y ein Hilbertraum. Auf dem
Vektorraum D(T ) definieren wir die Graphennorm durch
k x k2T := k x k2 + k T x k2 ,
x ∈ D(T ) ,
(1)
und führen die Bezeichnung
DT := (D(T ), k kT )
(2)
für den durch die Graphennorm normierten Raum D(T ) ein. Damit wird die obige
Isomorphie τ zu einer Isometrie
τ : DT → Γ(T ) ,
τ x := (x, T x) .
(3)
Die Inklusion
i : DT → X ,
ix := x ,
(4)
und der Operator T : DT → Y sind offenbar stetig.
e) Ein Operator T von X nach Y heisst abgeschlossen, falls sein Graph Γ(T ) in
X × Y abgeschlossen ist. Nach dem Satz vom abgeschlossenen Graphen 6.11 ist ein
abgeschlossener Operator mit D(T ) = X automatisch stetig.
f) Ein Operator T von X nach Y heisst abschließbar, falls der Abschluss Γ(T ) des
Graphen wieder ein Graph in X × Y ist.
11 Abgeschlossene und abschließbare Operatoren
71
11.2 Satz. Es seien X , Y Banachräume. Für einen Operator T von X nach Y
sind äquivalent:
(a) T ist abgeschlossen.
(b) Für eine Folge (xn ) in D(T ) mit xn → x in X und T xn → y in Y folgt
x ∈ D(T ) und T x = y .
(c) Der normierte Raum DT ist vollständig.
Beweis. Es ist (b) eine Ausformulierung der Abgeschlossenheit von Γ(T ) , also
äquivalent zu (a). Weiter folgt (a) ⇔ (c)“ sofort aus der Vollständigkeit von X ×Y
”
3
und der Isometrie DT ∼
= Γ(T ) .
11.3 Multiplikationsoperatoren und Ortsoperatoren. a) Es seien Ω ⊆ Rn
offen und a ∈ C(Ω) eine stetige, i. a. unbeschränkte Funktion. Als erstes Beispiel
betrachten wir den Multiplikationsoperator Ma : f 7→ af in L2 (Ω) mit Definitionsbereich
D(Ma ) := {f ∈ L2 (Ω) |
R
Ω
| a(t) f (t) |2 dt < ∞} .
(5)
Offenbar besteht D(Ma ) aus allen Äquivalenzklassen modulo Nullfunktionen messbarer Funktionen auf Ω mit
k f k2Ma =
R
Ω
| f (t) |2 (1 + | a(t) |)2 dt < ∞ ,
und daher ist DMa = L2 (Ω, (1 + | a |2) dt) ein Hilbertraum. Der Operator Ma ist
also abgeschlossen.
b) Speziell für a(t) = tj ist durch Qj := Mtj : f (t) 7→ tj f (t) in L2 (Rn ) der
Ortsoperator der j -ten Koordinate gegeben.
11.4 Diagonaloperatoren. Nun sei a = (aj )j∈N0 eine beliebige Folge. Als diskre”
tes Analogon“ zu einem Multiplikationsoperator betrachten wir in ℓ2 den Diagonaloperator ∆a = diag(aj ) : (xj ) 7→ (aj xj ) mit Definitionsbereich
D(∆a ) := {x = (xj ) ∈ ℓ2 |
∞
P
j=0
| aj xj |2 < ∞} .
(6)
1
Dann ist auch D∆a = ℓ2 ((1 + | a |2 ) /2 ) ein Hilbertraum, und der Operator ∆a ist
ebenfalls abgeschlossen.
11.5 Ein Differentialoperator. a) Über einem kompakten Intervall J = [a, b]
betrachten wir den Differentialoperator T : f 7→ f ′ mit Definitionsbereich D(T ) =
C 1 (J) im Banachraum C(J) . Für die Folge (fn (t) := n1 sin n(t−a)) gilt k fn ksup → 0 ,
aber (fn′ (t) = cos n(t − a)) und somit k T fn ksup = 1 6→ 0 ; der Operator
T : (D(T ), k ksup ) → C(J) ist also unstetig.
b) Es ist jedoch T ein abgeschlossener Operator in C(J) , da C 1 (J) unter der zu
k kC 1 äquivalenten Graphennorm vollständig ist. Dies ergibt sich auch aus Satz
11.2 (b): Für eine Folge (fn ) in C 1 (J) mit fn → f in C(J) und fn′ → g in C(J)
folgt f ∈ C 1 (J) und f ′ = g (vgl. etwa [KA1], 22.14 für eine etwas schärfere Aussage).
72
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
c) Im Hilbertraum L2 (J) dagegen ist T nicht abgeschlossen, da man für eine Folge (fn ) in C 1 (J) aus fn → f in L2 (J) und fn′ → g in L2 (J) nicht f ∈ C 1 (J)
schließen kann. Der Operator ist jedoch abschließbar; zum Nachweis dieser Tatsache
verwenden wir den folgenden
11.6 Satz. Es seien X , Y Banachräume. Für einen Operator T von X nach Y
sind äquivalent:
(a) T ist abschließbar.
(b) Für eine Folge (xn ) in D(T ) mit xn → 0 in X und T xn → y in Y folgt
y = 0.
d → X der Inklusion (4) auf die Vervollständigung
(c) Die stetige Fortsetzung bi : D
T
von DT ist injektiv.
Beweis. (a) ⇒ (b)“: In (b) gilt (0, y) ∈ Γ(T ) , also y = 0 , da Γ(T ) ein Graph
”
ist.
(b) ⇒ (a)“: Für (x, y) ∈ Γ(T ) und (x, y ′ ) ∈ Γ(T ) gibt es Folgen (xn , yn ) und
” ′ ′
(xn , yn ) in Γ(T ) mit (xn , yn ) → (x, y) und (x′n , yn′ ) → (x, y ′ ) . Dann ist (xn − x′n )
eine Folge in D(T ) mit xn − x′n → 0 in X und T (xn − x′n ) → y − y ′ in Y . Aus (b)
folgt dann y − y ′ = 0 , und folglich ist Γ(T ) ein Graph.
(a) ⇔ (c)“: Der Operator τ aus (3) lässt sich zu einer bijektiven Isometrie
”
d → Γ(T )
τb : D
T
auf die Vervollständigung von DT fortsetzen. Mit der Projektion
π :X ×Y → X,
π(x, y) := x ,
gilt i = πτ und somit auch bi = π τb . Daher ist bi genau dann injektiv, wenn dies auf
π|Γ(T ) zutrifft, und dies ist genau dann der Fall, wenn Γ(T ) ein Graph ist.
3
Beachten Sie bitte, dass die stetige Fortsetzung eines injektiven linearen Operators
auf den Abschluss oder die Vervollständigung von dessen Definitionsbereich i. a.
nicht injektiv ist, vgl. dazu 2.7.
11.7 Abschluss von Operatoren. a) Für einen abschließbaren Operator T von
X nach Y ist also Γ(T ) der Graph eines Operators T von X nach Y , und dieser
Abschluss T von T ist offenbar die minimale abgeschlossene Erweiterung von T .
b) Für ein Paar (x, T x) ∈ Γ(T ) = Γ(T ) gibt es eine Folge ((xn , T xn )) in Γ(T )
mit (xn , T xn ) → (x, T x) in X × Y . Dann ist (xn ) eine Cauchy-Folge in DT und
d . Es folgt x = bix
d → Y
b und T (x) = Tb x
b , wobei Tb : D
hat einen Limes xb in D
T
T
die stetige Fortsetzung von T auf die Vervollständigung von dessen Definitionsbed auch
reich bezüglich der Graphennorm ist. Umgekehrt ist für ein Element xb ∈ D
T
bix
b ∈ D(T ) ; aufgrund der Injektivität von bi gilt also zusammenfassend
d
D(T ) = biD
T
und T (bixb) = Tb xb für bixb ∈ D(T ) .
(7)
11.8 Satz. Der Operator T : f 7→ f ′ in L2 (J) mit D(T ) = C 1 (J) ist abschließbar.
11 Abgeschlossene und abschließbare Operatoren
73
Beweis. Es sei (fn ) eine Folge in C 1 (J) mit fn → 0 in L2 (J) und fn′ → g in
L2 (J) . Für jede Testfunktion ϕ ∈ D(a, b) gilt dann
Rb
a
g(t) ϕ(t) dt = n→∞
lim
Rb
a
fn′ (t) ϕ(t) dt = − n→∞
lim
und Satz 3.17 impliziert g = 0 .
Rb
a
fn (t) ϕ′ (t) dt = 0 ,
3
11.9 Ein Sobolev-Raum. Der Definitionsbereich des Operators T heißt SobolevRaum W21 (a, b) := D(T ) . Dieser ist also der Raum aller Funktionen f ∈ L2 [a, b] , für
die eine Folge (fn ) in C 1 [a, b] existiert, sodass k f − fn kL2 → 0 gilt und die Folge
(fn′ ) eine Cauchy-Folge in L2 [a, b] ist. Der Limes T f = lim fn′ hängt nach Satz
n→∞
11.8 nicht von der Wahl der Folge (fn ) ab und kann als verallgemeinerte Ableitung
f ′ := T f von f in L2 [a, b] betrachtet werden. Die Graphennorm von T ist die
Sobolev-Norm
k f kW21 :=
R
b
a
| f (t) |2 dt +
1/2
Rb
′
2
a | f (t) | dt
.
In Abschnitt 14 gehen wir genauer auf Sobolev-Räume ein.
1
Hier zeigen wir noch W21 (a, b) ⊆ Λ /2 [a, b] ⊆ C[a, b] und verwenden dabei
11.10 Räume Hölder-stetiger Funktionen. Es seien K eine kompakte Menge
in einem Banachraum und 0 < α ≤ 1 . Eine Funktion f : K 7→ K erfüllt eine
O -Hölderbedingung zum Exponenten α , falls es C > 0 gibt mit
| f (s) − f (t) | ≤ C k s − t kα
für alle s, t ∈ K .
Der Raum aller dieser Funktionen ist gegeben durch
(t) |
< ∞} .
Λα (K) := {f : K 7→ K | [f ]α := sup | fk(s)−f
s−t kα
s6=t
Der Ausdruck [ ]α ist eine Halbnorm auf Λα (K) . Mit
k f kΛα := [f ]α + k f ksup
erhält man eine Norm, unter der Λα (K) dann ein Banachraum ist. Eine HölderBedingung zum Exponenten α = 1 heißt auch Lipschitz-Bedingung.
1
11.11 Satz. Man hat W21 (a, b) ⊆ Λ /2 [a, b] , und für f ∈ W21 (a, b) gilt eine SobolevAbschätzung
k f kΛ 1/2 ≤ C k f kW21
für
f ∈ W21 (a, b) .
(8)
a) Es genügt, (8) für f ∈ C 1 [a, b] zu zeigen; dann folgt die Behauptung mittels Satz
1
2.6, der Vollständigkeit von Λ /2 [a, b] und Satz 11.8.
b) Für f ∈ C 1 [a, b] gibt es nach dem Mittelwertsatz der Integralrechnung einen Punkt
t0 ∈ [a, b] mit
1
b−a
Rb
a
f (s) ds = f (t0 ) .
Aus dem Hauptsatz ergibt sich dann
f (t) = f (t0 ) +
Rt
t0
f ′ (τ ) dτ =
1
b−a
Rb
a
f (τ ) dτ +
Rt
t0
f ′ (τ ) dτ
74
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
für alle t ∈ [a, b] , und daraus folgt mit der Schwarzschen Ungleichung
k f ksup ≤
1
b−a
k f kL1 + k f ′ kL1 ≤ (b − a)−1/2 k f kL2 + (b − a)1/2 k f ′ kL2 .
c) Weiter hat man
| f (t) − f (s) | = |
Rt
s
f ′ (τ ) dτ | ≤ k f ′ kL2 | t − s |1/2
und erhält insgesamt eine Abschätzung (8).
3
11.12 Summen, Produkte und Inverse von Operatoren. a) Bei der Definition
von Summen und Produkten von Operatoren ist natürlich auf die Definitionsbereiche
zu achten. Für Operatoren T und S von X nach Y setzen wir
D(T + S) := D(T ) ∩ D(S) und (T + S)x := T x + Sx für x ∈ D(T + S) .
b) Für einen weiteren Operator U von Y nach Z sei
D(UT ) := {x ∈ D(T ) | T x ∈ D(U)} und (UT )x := UT x für x ∈ D(UT ) .
c) Für einen injektiven Operator T definieren wir den inversen Operator von Y nach
X einfach durch D(T −1 ) := R(T ) und T −1 y := x für y = T x ; dann gilt offenbar
R(T −1 ) = D(T ) . Für die Isometrie
V :X ×Y →Y ×X,
V (x, y) := (y, x) ,
(9)
gilt dann Γ(T −1 ) = V Γ(T ) ; somit ist T −1 genau dann abgeschlossen, wenn dies auf
T zutrifft.
11.13 Spektrum und Resolvente. Es sei T ein Operator in einem Banachraum
X . Die Resolventenmenge von T wird definiert durch
ρ(T ) := {λ ∈ C | λI−T : D(T ) → X bijektiv, (λI−T )−1 beschränkt} , (10)
ihr Komplement σ(T ) := C\ρ(T ) heisst Spektrum von T . Die Resolvente wird auf
ρ(T ) definiert durch RT (λ) := (λI − T )−1 ∈ L(X) .
11.14 Satz. Es sei T ein abgeschlossener Operator im Banachraum X .
a) Für λ ∈ C ist auch λI − T abgeschlossen.
b) Die Resolventenmenge von T ist gegeben durch
ρ(T ) := {λ ∈ C | λI − T : D(T ) → X ist bijektiv} .
(11)
Sie ist offen in C , und die Resolvente RT : ρ(T ) → L(X) ist holomorph.
Beweis. a) Es sei (xn ) eine Folge in D(λI − T ) = D(T ) mit xn → x in X und
(λI − T )xn → y in X . Dann folgt T xn → λx − y , also x ∈ D(T ) = D(λI − T )
und T x = λx − y , also (λI − T )x = y .
b) Es sei µ ∈ C , so dass µI − T : D(T ) → X bijektiv ist. Da DT und X Banachräume sind und µI − T : DT → X stetig ist, ist auch die Inverse (µI − T )−1 :
X → DT stetig aufgrund des Satzes vom inversen Operator 6.8. Insbesondere hat
man µ ∈ ρ(T ) und RT (µ) ∈ L(X) .
11 Abgeschlossene und abschließbare Operatoren
75
Nun sei λ ∈ C mit | λ − µ | < k RT (µ) k−1 . Nach Satz 8.1 ist dann auch
λI − T = (λ − µ)I + µI − T = [(λ − µ)RT (µ) + I] (µI − T ) : D(T ) → X
ein bijektiver Operator von D(T ) nach X , und man hat λ ∈ ρ(T ) . Weiter ist
(λI − T )−1 = (µI − T )−1
∞
P
(−1)k RT (µ)k (λ − µ)k
k=0
für | λ − µ | < k RT (µ) k−1 , und somit ist die Resolvente holomorph.
3
Für abgeschlossene Operatoren T und λ ∈ ρ(T ) ist also (λI −T )−1 : X → DT stetig,
insbesondere also auch stetig als Operator von X nach X . Mit der Resolventen
RT (λ) ∈ L(X) ist im folgenden immer der letztere Operator gemeint. Dann ist also
RT : ρ(T ) → L(X) holomorph; der Beweis des Satzes zeigt auch, dass sogar die
Funktion ( · I − T )−1 : ρ(T ) → L(X, DT ) holomorph ist.
11.15 Beispiele. a) Für den Diagonaloperator ∆a in ℓ2 aus (6) ist aj ein Eigenwert
mit dem Einheitsvektor ej als Eigenvektor; daher gilt {aj | j ∈ N0 } ⊆ σ(∆a ) . Für
λ ∈ C\{aj | j ∈ N0 } gibt es δ > 0 mit | λ − aj | ≥ δ für alle j ∈ N0 ; der Operator
1
diag( λ−a
) ist daher auf ℓ2 beschränkt. Somit gilt
j
1
) für λ ∈ ρ(∆a ) . (12)
σ(∆a ) = {aj | j ∈ N0 } und R∆a (λ) = diag( λ−a
j
b) Für den Multiplikationsoperator Ma in L2 (Ω) aus (5) gilt analog zu a)
σ(Ma ) = a(Ω) und RMa (λ) = M(λ−a)−1 für λ ∈ ρ(Ma ) .
(13)
⊆“ ergibt sich wie in a). Ein Punkt λ = a(τ ) ∈ a(Ω)
muss nicht un( n
”
/2
, |t−τ | ≤
k
bedingt ein Eigenwert von Ma sein. Für die Funktionen fk (t) :=
0 , |t−τ | >
√
gilt jedoch k fk kL2 = ωn , wobei ωn das Volumen der n -dimensionalen Einheitskugel ist. Weiter gilt
√
k (λ − Ma )fk kL2 ≤ ωn sup {| λ − a(t) | | | t − τ | ≤ k1 } → 0 ;
Die Inklusion
daher kann keine Abschätzung k (λ − Ma )f k ≥ c k f k mit einer Konstanten c > 0
gelten, und man hat λ ∈ σ(Ma ) .
c) Für den Ortsoperator aus 11.3 b) gilt σ(Qj ) = R und
RQj (λ) = M(λ−tj )−1
für λ ∈ C\R .
(14)
Für eine in C dichte Folge a = (aj )j∈N0 gilt ρ(∆a ) = ∅ nach (12), ganz im Gegensatz
zum Fall beschränkter linearer Operatoren. Umgekehrt kann auch σ(T ) = ∅ gelten:
11.16 Beispiele. a) Wir betrachten den abgeschlossenen Differentialoperator
T : f 7→ f ′ mit D(T ) = C 1 [a, b] in C[a, b] aus 11.5. Wegen (λI − T )eλt = 0 ist
jeder Punkt λ ∈ C ein Eigenwert von T , und daher ist ρ(T ) = ∅ .
b) Jetzt betrachten wir die Einschränkung T0 von T auf den Definitionsbereich
D(T0 ) := {f ∈ C 1 [a, b] | f (a) = 0} . Die Eigenfunktionen eλt aus a) liegen dann
1
k
1
k
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II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
nicht in D(T0 ) . Im Gegensatz zu a) ist der abgeschlossene Operator λI − T0 :
D(T0 ) → C[a, b] für alle λ ∈ C bijektiv, da das Anfangswertproblem
−ẋ(t) + λx(t) = g(t) ,
x(a) = 0 ,
für jede Funktion g ∈ C[a, b] die eindeutige Lösung
f (t) =
Rt
a
g(s) eλ(s−t) ds
in C 1 [a, b] hat Folglich gilt σ(T0 ) = ∅ .
Wir wenden nun Theorem 9.20 über das Spektrum kompakter linearer Operatoren
auf die Untersuchung gewisser unbeschränkter Operatoren an.
11.17 Satz. Es seien T ein abgeschlossener Operator in einem Banachraum X
und µ ∈ ρ(T ) . Dann sind äquivalent:
(a) Die Einbettung i : DT → X ist kompakt.
(b) Die Resolvente RT (µ) : X → X ist kompakt.
Beweis. (a) ⇒ (b)“: Es ist (µI − T )−1 : X → DT stetig und daher die Resolvente
”
RT (µ) = i (µI − T )−1 : X → X nach (a) kompakt.
(b) ⇒ (a)“: Es ist µI −T : DT → X stetig und daher i = RT (µ) (µI −T ) : DT → X
”
nach (b) kompakt.
3
Ist also eine Resolvente RT (µ) ∈ L(X) kompakt, so gilt dies für alle Resolventen
RT (λ) ∈ L(X) , λ ∈ ρ(T ) . Operatoren, die die in diesem Satz formulierten Eigenschaften besitzen, heißen Operatoren mit kompakten Resolventen oder, aufgrund des
folgenden Satzes 11.19, Operatoren mit diskretem Spektrum.
Es ist also interessant, die Kompaktheit von Einbettungsoperatoren zu untersuchen.
11.18 Satz. Es sei a = (aj )j∈N0 eine Folge in C mit | aj | → ∞ für j → ∞ .
1
a) Der Einbettungsoperator i : ℓ2 ((1 + | a |2) /2 ) → ℓ2 ist kompakt.
b) Der Diagonaloperator ∆a besitzt eine kompakte Resolvente
Beweis. a) Durch in : (x0 , x1 , . . .) 7→ (x0 , . . . , xn , 0, 0, . . .) werden endlichdimensio1
1
nale Operatoren von ℓ2 ((1+| a |2) /2 ) nach ℓ2 definiert. Für ρn := inf j>n (1+| aj |2 ) /2
gilt ρn → ∞ , und man hat
k (i − in )x k2 =
∞
P
j=n+1
also k i − in k → 0 für → ∞ .
| xj |2 ≤
1
ρ2n
∞
P
(1 + | aj |2 ) | xj |2 ,
j=n+1
b) folgt aus a) und Satz 11.17, da nach (12) ja auch ρ(∆a ) 6= ∅ gilt.
3
Für die Diagonaloperatoren aus Satz 11.18 ist σ(∆a ) eine Folge ohne Häufungspunkt
in C . Dies gilt allgemein:
11.19 Satz. Es sei T ein abgeschlossener Operator mit kompakten Resolventen
in einem Banachraum X . Dann ist das Spektrum σ(T ) höchstens abzählbar ohne
Häufungspunkt in C .
77
11 Abgeschlossene und abschließbare Operatoren
Beweis. Es gibt einen Punkt µ ∈ ρ(T ) , so dass die Resolvente RT (µ) ∈ K(X)
kompakt ist. Für λ ∈ C gilt
λI − T = (µI − T ) + (λ − µ)I = (I − (µ − λ)RT (µ)) (µI − T ) ,
und für λ 6= µ ergibt sich daraus
λ ∈ σ(T ) ⇔
1
µ−λ
∈ σ(RT (µ)) .
(15)
Nach Theorem 9.20 ist σ(RT (µ)) höchstens abzählbar mit {0} als einzig möglichem
Häufungspunkt, und daraus folgt die Behauptung.
3
11.20 Satz. Für 0 < α ≤ 1 ist die Einbettung i : Λα (K) → C(K) kompakt.
Beweis. a) Es sei (fn ) eine Folge in Λα (K) mit k fn kΛα ≤ 1 . Nach Satz 1.24 b)
gibt es in K eine abzählbare dichte Teilmenge A . Nach Lemma 7.4 besitzt (fn )
eine auf A punktweise konvergente Teilfolge (gn ) .
b) Ähnlich wie in Satz 5.26 ergibt sich nun die gleichmäßige Konvergenz der Folge
1
(gn ) auf K . Zu ε > 0 sei δ := 21 ε /α . Nach Satz 1.24 a) gibt es b1 , . . . , br ∈ K
mit K ⊆
r
S
j=1
Uδ (bj ) . Für j = 1, . . . , r wählen wir aj ∈ A mit k aj − bj k < δ . Da
(gn (aj )) konvergiert, gibt es n0 ∈ N mit | gn (aj ) − gm (aj ) | < ε für n, m ≥ n0 und
j = 1, . . . , r .
c) Es seien nun n, m ≥ n0 und t ∈ K . Wir wählen j ∈ {1, . . . , r} mit k t−aj k < 2δ
und erhalten | gn (t) − gn (aj ) | ≤ (2δ)α = ε , also
| gn (t) − gm (t) | ≤ | gn (t) − gn (aj ) | + | gn (aj ) − gm (aj ) | + | gm(aj ) − gm (t) | < 3ε .
Somit gilt k gn ) − gm ksup ≤ 3ε für n, m ≥ n0 , und (gn ) ist eine gleichmäßige
Cauchy-Folge.
3
11.21 Satz. Die Einbettungen i : C 1 [a, b] → C[a, b] und i : W21 (a, b) → C[a, b] sind
kompakt.
Die zweite Aussage folgt sofort mittels Satz 11.11. Allgemeiner lässt sich mittels
Satz 11.20 zeigen, dass die Einbettungen von Definitionsbereichen von Differentialoperatoren über kompakten Mengen in L2 -Räume kompakt sind.
78
12
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren
Ab jetzt betrachten wir nur noch Operatoren zwischen Hilberträumen H , G . Das
Skalarprodukt auf dem Hilbertraum H × G ist gegeben durch
h(x1 , y1 )|(x2 , y2 )i = hx1 |x2 iH + hy1 |y2 iG .
12.1 Konstruktion adjungierter Operatoren. a) Es seien H, G Hilberträume
und T : D(T ) → G ein Operator von H nach G . Ist für ein y ∈ G die Linearform
x 7→ hT x|yi stetig auf D(T ), so kann sie nach Satz 2.6 zu einer stetigen Linearform
auf D(T ) fortgesetzt werden. Nach dem Rieszschen Darstellungssatz 5.6 gibt es dann
genau einen Vektor z ∈ D(T ) mit
hT x|yi = hx|zi ,
x ∈ D(T ) .
b) Diese Formel gilt auch für jeden Vektor z + n mit n ∈ D(T )⊥ ; ein Vektor z ∈ H
ist also durch sie genau dann eindeutig bestimmt, wenn D(T )⊥ = {0} ist, wenn also
D(T ) in H dicht ist. In diesem Fall setzen wir
D(T ∗) := {y ∈ G | x 7→ hT x|yi ist stetig}
(1)
und definieren den adjungierten Operator T ∗ : D(T ∗ ) → H zu T durch
hx|T ∗ yi = hT x|yi ,
x ∈ D(T ) , y ∈ D(T ∗ ) .
(2)
12.2 Beispiele. a) Es seien Ω ⊆ Rn offen und a ∈ C(Ω) . Der Multiplikationsoperator Ma in L2 (Ω) aus (11.5) ist dicht definiert wegen Cc (Ω) ⊆ D(Ma ) , und es ist
Ma∗ = Mā . In der Tat gilt zunächst
hMa f |gi =
R
Ω
a(t)f (t) g(t) dt =
R
Ω
f (t) a(t)g(t) dt = hf |Mā gi
für f ∈ D(Ma ) und g ∈ D(Mā ) = D(Ma ) , und dies zeigt Mā ⊆ Ma∗ . Umgekehrt
sei nun g ∈ D(Ma∗ ) und h := Ma∗ g ∈ L2 (Ω) . Dann gilt
R
Ω
a(t)f (t) g(t) dt = hMa f |gi = hf |hi =
R
Ω
f (t) h(t) dt
(3)
für alle f ∈ D(Ma ) . Nun sei K ⊆ Ω kompakt und ϕ ∈ L2 (K) . Die durch 0 auf Ω
fortgesetzte Funktion ϕe liegt dann in D(Ma ) , und aus (3) folgt
R
K
a(t)ϕ(t) g(t) dt =
R
Ω
e
a(t)ϕ(t)
g(t) dt =
R
Ω
e
ϕ(t)
h(t) dt =
R
K
ϕ(t) h(t) dt .
Dies zeigt a(t)g(t) = h(t) fast überall auf K und somit auch fast überall auf Ω .
Folglich gilt āg ∈ L2 (Ω) und somit g ∈ D(Mā ) .
b) Der Diagonaloperator ∆a in ℓ2 aus (11.6) ist wegen [ej ]j∈N0 ⊆ D(∆a ) dicht
definiert, und analog zu a) ergibt sich ∆∗a = ∆ā .
In ungünstigen Fällen kann D(T ∗ ) = {0} sein:
12 Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren
79
12.3 Beispiel. a) Es seien {ek }k∈N0 die Einheitsvektoren in ℓ2 und D(T ) = [ek ]k∈N0 .
Für eine Indizierung {eij }N0 ×N0 dieser Einheitsvektoren über N0 × N0 definieren wir
T : D(T ) → ℓ2 durch T ekj = ek , k ∈ N0 , und lineare Fortsetzung.
b) Nun sei y = (yk )k∈N0 ∈ D(T ∗ ) . Für k, j ∈ N gilt
hekj |T ∗yi = hT ekj |yi = hek |yi = yk .
Nach der Besselschen Ungleichung ist aber
∞
P
j=1
| hekj |T ∗ yi |2 < ∞ , und somit gilt
yk = lim hekj |T ∗ yi = 0 für alle k ∈ N0 . Folglich ist D(T ∗ ) = {0} .
j→∞
Der Operator T aus dem letzten Beispiel ist nicht abschließbar aufgrund des folgenden Resultats:
12.4 Satz. a) Ein adjungierter Operator T ∗ : D(T ∗ ) → H ist stets abgeschlossen.
b) Es ist D(T ∗) genau dann dicht in G , wenn T abschließbar ist.
∗
c) Für abschließbare Operatoren gilt T = T ∗ und T ∗∗ = T .
Beweis. Ähnlich wie in (11.9) verwenden wir die Isometrie
U : G×H → H ×G,
U(y, x) := (−x, y) ;
(4)
a) ergibt sich dann sofort aus der Formel
U(Γ(T ∗ )) = Γ(T )⊥ .
(5)
Die Inklusion ⊆“folgt sofort aus (2). Ist umgekehrt (u, v) ∈ Γ(T )⊥ gegeben, so gilt
”
hx|ui + hT x|vi = 0 für x ∈ D(T ) . Dies bedeutet v ∈ D(T ∗ ) und T ∗ v = −u , und
es folgt (u, v) = (−T ∗ v, v) = U(v, T ∗ v) ∈ U(Γ(T ∗ )) .
b) ⇒ “: Es sei (xn ) eine Folge in D(T ) mit xn → 0 in H und T xn → y in G . Für
”
z ∈ D(T ∗ ) gilt dann
hy|zi = n→∞
lim hT xn |zi = n→∞
lim hxn |T ∗ zi = 0 ,
und wegen der Dichtheit von D(T ∗ ) in G muss y = 0 sein.
⇐ “: Für z ∈ D(T ∗)⊥ gilt (z, 0) ∈ Γ(T ∗ )⊥ und somit
”
(0, z) ∈ U(Γ(T ∗ )⊥ ) = (UΓ(T ∗ ))⊥ = Γ(T )⊥⊥ = Γ(T )
nach (5) und (5.6). Da nun Γ(T ) ein Graph ist, folgt z = 0 , und somit ist D(T ∗ )
dicht in G .
c) Aus (5) ergibt sich weiter
U(Γ(T ∗ )) = Γ(T )⊥ = Γ(T )
⊥
∗
= Γ(T )⊥ = U(Γ(T ))
∗
und damit Γ(T ) = Γ(T ∗ ) .
Schließlich wenden wir Aussage (5) auf T ∗ an. Der Isometrie U aus (4) entspricht
W :H ×G→G×H,
W (x, y) := (−y, x) = −U −1 (x, y) .
Damit ergibt sich W (Γ(T ∗∗ )) = Γ(T ∗ )⊥ mittels (5), also
Γ(T ∗∗ ) = W −1 (Γ(T ∗ )⊥ ) = (W −1 Γ(T ∗ ))⊥ = (UΓ(T ∗ ))⊥ = Γ(T )⊥⊥ = Γ(T )
und somit die Behauptung T ∗∗ = T .
3
Adjungierten- und Inversenbildung sind in folgendem Sinne miteinander verträglich:
80
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
12.5 Satz. Es sei T ein injektiver Operator von H nach G mit D(T ) = H und
D(T −1 ) = G . Dann existiert (T ∗ )−1 , und es ist (T ∗ )−1 = (T −1 )∗ .
Beweis. a) Es sei y ∈ D(T ∗ ) mit T ∗ y = 0 . Dann gilt hT x|yi = hx|T ∗ yi = 0 für
alle x ∈ D(T ) , also hz|yi = 0 für alle z ∈ R(T ) . Da aber R(T ) = D(T −1 ) in G
dicht ist, folgt y = 0 . Somit ist T ∗ injektiv, und (T ∗ )−1 existiert.
b) Nun seien v = T u ∈ D(T −1 ) ⊆ G und x = T ∗ y ∈ D((T ∗ )−1 ) ⊆ H . Dann gilt
hT −1v|xi = hu|T ∗yi = hT u|yi = hv|(T ∗)−1 xi ;
daher ist v 7→ hT −1 v|xi stetig, und man hat x ∈ D((T −1)∗ ) sowie (T −1 )∗ x =
(T ∗ )−1 x . Dies zeigt (T ∗ )−1 ⊆ (T −1 )∗ .
c) Nun sei umgekehrt x ∈ D((T −1)∗ ) ⊆ H und y = (T −1 )∗ x ∈ G . Für einen Vektor
v = T u ∈ D(T −1 ) ⊆ G folgt hT −1 v|xi = hv|yi ; man hat also hu|xi = hT u|yi für
alle u ∈ D(T ) . Dies zeigt y ∈ D(T ∗ ) und x = T ∗ y ∈ R(T ∗ ) = D((T ∗ )−1 ) .
3
Satz 5.14 gilt auch für unbeschränkte Operatoren:
12.6 Satz. Es sei T ein abschließbarer Operator von H nach G mit dichtem Definitionsbereich. Dann gilt
R(T )⊥ = N(T ∗ )
und
R(T ∗ )⊥ = N(T )
R(T ) = N(T ∗ )⊥
und
R(T ∗ ) = N(T )⊥ .
sowie
(6)
(7)
Beweis. a) Für y ∈ N(T ∗ ) gilt h T x|y i = h x|T ∗y i = 0 für alle x ∈ D(T ) , also
y ∈ R(T )⊥ . Ist umgekehrt y ∈ R(T )⊥ , so ist x 7→ h T x|y i (= 0) stetig auf D(T ) ,
also y ∈ D(T ∗ ) und T ∗ y = 0 . Dies zeigt die erste Gleichung in (6). Damit folgt auch
die zweite Gleichung wegen R(T ∗ )⊥ = N(T ∗∗ ) = N(T ) aufgrund von Satz 12.4 c).
b) Aussage (7) folgt sofort aus (6) durch Bildung von Orthogonalkomplementen (vgl.
Formel (5.6)).
3
Die Formeln (7) liefern wie in Abschnitt 5 Informationen über die Lösbarkeit linearer
Gleichungen T x = y und T ∗ v = u . Im Fall abgeschlossener Operatoren ist die
Abgeschlossenheit der Bilder von T und von T ∗ sogar äquivalent. Dieses wichtige
Resultat geht auf S. Banach (1929) und F. Hausdorff (1932) zurück:
12.7 Theorem(vom abgeschlossenen Bild). Es seien H, G Hilberträume. Für
einen abgeschlossenen Operator von H nach G mit D(T ) = H sind äquivalent:
(a) R(T ) ist abgeschlossen in G .
(b) R(T ) = N(T ∗ )⊥ .
(c) R(T ∗ ) = N(T )⊥ .
(d) R(T ∗ ) ist abgeschlossen in H .
Beweis. Die Äquivalenzen (a) ⇔ (b)“ und (c) ⇔ (d)“ folgen aus Formel (7).
”
”
(a) ⇒ (c)“: Es sei x ∈ N(T )⊥ gegeben. Durch
”
ϕ : v 7→ h u|x i für u ∈ D(T ) und v = T u
12 Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren
81
wird eine Linearform auf R(T ) definiert: Gilt auch v = T u′ , so ist u − u′ ∈ N(T )
und somit h u|x i = h u′|x i .
Die Bijektion T : (DT ∩ N(T )⊥ ) → R(T ) besitzt nach Theorem 6.8 eine stetige
Inverse, da DT und R(T ) Hilberträume sind. Für eine Nullfolge (vn ) in R(T ) gilt
daher vn = T un für eine Nullfolge (un ) in DT , und es folgt ϕ(vn ) = h un |x i → 0 .
Die Linearform ϕ ist also stetig auf R(T ) , und nach dem Rieszschen Darstellungssatz 5.6 gibt es genau ein y ∈ R(T ) ⊆ G mit ϕ(v) = h v|y i für v ∈ R(T ) . Dies
bedeutet
h T u|y i = h u|x i für alle u ∈ D(T ) ,
also y ∈ D(T ∗ ) und x = T ∗ y ∈ R(T ∗ ) .
(d) ⇒ (a)“: Nach der soeben bewiesenen Implikation (a) ⇒ (d)“ folgt aus der
”
”
Abgeschlossenheit von R(T ∗ ) die von R(T ∗∗ ) = R(T ) aufgrund von Satz 12.4 c). 3
Ein linearer Operator in einem Hilbertraum H mit dichtem Definitionsbereich lässt
sich mit seinem adjungierten Operator vergleichen:
12.8 Definition. Es sei H ein Hilbertraum. Ein Operator A in H mit D(A) = H
a) heisst symmetrisch, falls A ⊆ A∗ gilt,
b) heisst selbstadjungiert, falls A = A∗ ist.
12.9 Beispiele und Bemerkungen. a) Ein Multiplikationsoperator Ma in L2 (Ω)
oder ein Diagonaloperator ∆a in ℓ2 ist genau dann symmetrisch, wenn er selbstadjungiert ist, nämlich genau dann, wenn a reellwertig ist. Insbesondere sind die
Ortsoperatoren Qj der Quantenmechanik selbstadjungiert.
b) Nach Satz 12.4 a) ist ein selbstadjungierter Operator A abgeschlossen. Durch Einschränkung von A auf echte dichte Unterräume des Definitionsbereichs DA erhält
man symmetrische Operatoren, die nicht abgeschlossen, also auch nicht selbstadjungiert sind.
12.10 Symmetrische Operatoren. a) Ein Operator A in H mit D(A) = H ist
also genau dann symmetrisch, falls gilt
hAx|yi = hx|Ayi für x , y ∈ D(A) .
(8)
Insbesondere ist dann also h Ax|x i ∈ R für alle x ∈ D(A) .
b) Ein symmetrischer Operator A in H ist stets abschließbar. Dies folgt sofort aus
Satz 12.4 b), kann aber auch leicht direkt gezeigt werden. Nach Satz 12.4 c) gilt dann
∗
also A = A∗ und A∗∗ = A .
c) Für einen symmetrischen Operator A in H gilt
k (λI − A)x k ≥ | Im λ | k x k ,
x ∈ D(A) , λ ∈ C .
(9)
Dies folgt wie in (5.19): Für λ = α + iβ ∈ C und x ∈ D(A) hat man
k (λI − A)x k k x k ≥ | h (λI − A)x|x i | = | h (αI − A)x|x i + h iβx|x i |
≥ | β | k x k2
wegen h (αI − A)x|x i ∈ R . Für Im λ 6= 0 ist daher der Operator λI − A injektiv.
Er besitzt auch ein abgeschlossenes Bild, falls er abgeschlossen ist. Er ist jedoch i. a.
nicht surjektiv, denn es gilt:
82
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
12.11 Satz. Es sei A ein symmetrischer Operator in H .
a) Ist R(λI − A) = R(λ̄I − A) = H für ein λ ∈ C , so ist A selbstadjungiert.
b) Ist N(λI − A∗ ) = N(λ̄I − A∗ ) = {0} für ein λ ∈ C\R , so ist A selbstadjungiert.
Beweis. a) Es sei y ∈ D(A∗ ) . Für x ∈ D(A) gilt
h(λI − A)x|yi = λ hx|yi − hAx|yi = hx|λ̄yi − hx|A∗ yi = hx|(λ̄I − A∗ )yi .
Da λ̄I − A surjektiv ist, gibt es z ∈ D(A) mit (λ̄I − A∗ )y = (λ̄I − A)z , und es folgt
h(λI − A)x|yi = hx|(λ̄I − A)zi = h(λI − A)x|zi .
Da auch λI − A surjektiv ist, impliziert dies y = z ∈ D(A) .
b) Für λ ∈ C\R sind R(λI − A) und R(λ̄I − A) nach (9) abgeschlossen. Die
Behauptung folgt daher aus a) und der ersten Formel in (7).
3
Für selbstadjungierte Operatoren gilt in Erweiterung von Satz 5.18:
12.12 Satz. Es sei A ein selbstadjungierter Operator in H .
a) Dann gilt σ(A) ⊆ R .
b) Für Im λ 6= 0 sind die Resolventen RA (λ) normal; man hat RA (λ)∗ = RA (λ̄)
und
1
| Im λ |
k RA (λ) k ≤
,
Im λ 6= 0 .
(10)
Beweis. a) Es sei λ ∈ C\R . Der Operator λI−A ist nach Satz 12.4 a) abgeschlossen
und nach (9) injektiv mit abgeschlossenem Bild. Weiter gilt
R(λI − A)⊥ = N(λ̄I − A∗ ) = N(λ̄I − A) = {0}
wiederum nach (9). Somit ist λ ∈ ρ(A) , und man hat σ(A) ⊆ R .
b) Die Aussage RA (λ)∗ = RA (λ̄) folgt wegen (λI − A)∗ = (λ̄I − A∗ ) = (λ̄I − A)
aus Satz 12.5, und daraus ergibt sich die Normalität dieser Resolventen. Schließlich
folgt (10) sofort aus (9).
3
12.13 Ein Differentialoperator. a) Wir haben in 11.8 den (verallgemeinerten)
Differentialoperator T : f 7→ f ′ in L2 [a, b] mit D(T ) = W21 (a, b) als Abschluss des
Differentialoperators T : f 7→ f ′ in L2 [a, b] mit D(T ) = C 1 [a, b] konstruiert; T
ist also ein abgeschlossener Operator. Nach Satz 11.11 ist W21 (a, b) stetig in C[a, b]
eingebettet. Daher ist
D(A) := {f ∈ W21 (a, b) | f (a) = f (b) = 0}
(11)
ein abgeschlossener Unterraum von W21 (a, b) , und auch der durch Af := if ′ auf
D(A) definerte Operator ist in L2 [a, b] abgeschlossen.
b) Für f, g ∈ W21 (a, b) liefert partielle Integration
Rb
a
if ′ g dt −
Rb
a
f ig ′ dt = if g|ba .
(12)
12 Symmetrische und selbstadjungierte Operatoren
83
Dies ist klar für f, g ∈ C 1 [a, b] und folgt für f, g ∈ W21 (a, b) durch Approximation.
Somit ist A symmetrisch. Formel (12) besagt aber
hAf |gi = hf |ig ′i
für alle f ∈ D(A) und alle g ∈ W21 (a, b) ; daher hat man W21 (a, b) ⊆ D(A∗ ) und
A∗ g = ig ′ für g ∈ W21 (a, b) . Der Operator A ist also nicht selbstadjungiert.
c) Wir zeigenRnun D(A∗ ) = W21 (a, b) : Für g ∈ D(A∗ ) setzen wir h := A∗ g ∈ L2 [a, b]
und H(t) := at h(τ ) dτ . Wir wählen eine Folge hn ∈ C[a, b] mit hn → h in L2 [a, b]
R
uns setzen Hn (t) := at hn (τ ) dτ . Dann gelten Hn → H und Hn′ = hn → h in
L2 [a, b] , und daraus folgt H ∈ W21 (a, b) und H ′ = h .
Für eine Testfunktion ϕ ∈ D(a, b) ergibt sich mittels (12)
Rb
a
iϕ′ g dt = h Aϕ|g i = h ϕ|A∗ g i = h ϕ|h i =
Rb
a
Rb
a
ϕ h dt = −
(H − ig)ϕ′ dt = 0 für alle ϕ ∈ D(a, b) .
Rb
a
ϕ′ H dt ,
also
(13)
Nach dem folgenden Lemma ist H − ig eine konstante Funktion, und daraus folgt
g ∈ W21 (a, b) .
∗
d) Nach (11) ist also dim D(A )/D(A) = 2 . Wir suchen nun selbstadjungierte Erweiterungen Ae von A . Aus A ⊆ Ae folgt sofort Ae = Ae∗ ⊆ A∗ , also A ⊆ Ae ⊆ A∗ .
e muss also ein D(A) enthaltender Unterraum von
Der Definitionsbereich D(A)
e nach (12)
D(A∗ ) = W21 (a, b) der Kodimension 1 sein. Weiter muss für f, g ∈ D(A)
f g(b) = f g(a) gelten. Dies kann durch eine Randbedingung f (b) = γf (a) erreicht
werden, wobei wegen f g(b) = γγf g(a) offenbar γγ = 1 gelten muss. Selbstadjungierte Erweiterungen von A sind also für γ ∈ C mit | γ | = 1 gegeben durch
D(Aeγ ) := {f ∈ W21 (a, b) | f (b) = γf (a)} und Aeγ f = if ′ für f ∈ D(Aeγ ) . (14)
Die Einbettungen iγ : DAeγ → L2 [a, b] der Definitionsbereiche der Operatoren Aeγ
in L2 [a, b] sind kompakt nach Satz 11.21; es handelt sich also um Operatoren mit
kompakten Resolventen.
12.14 Lemma. Es sei f ∈ L2 [a, b] mit
ist f eine konstante Funktion.
Rb
a
f ϕ′ dt = 0 für alle ϕ ∈ D(a, b) . Dann
R
Beweis. a) Für ϕ ∈ D(a, b) setzen wir Φ(t) := at ϕ(s) ds , a ≤ t ≤ b . Ist nun
R
I(ϕ) := ab ϕ(s) ds = 0 , so folgt Φ ∈ D(a, b) , und die Voraussetzung liefert
Rb
a
f (t) ϕ(t) dt =
Rb
a
f (t) Φ′ (t) dt = 0 .
b) Nun wählen wir χ ∈ D(a, b)
mit I(χ) = 1 . Für ϕ ∈ D(a, b) gilt dann
R
I(ϕ − I(ϕ)χ) = 0 . Aus a) folgt ab f (t) (ϕ(t) − I(ϕ) χ(t)) dt = 0 , also
0 =
Rb
a
f (t) ϕ(t) dt −
Rb
a
f (s) χ(s) (
Rb
a
ϕ(t) dt) ds =
Rb
a (f (t)
− I(f χ)) ϕ(t) dt .
Nach Satz 3.17 stimmt daher f (fast überall) mit der konstanten Funktion I(f χ)
überein.
3
Lemma 12.14 gilt auch für L1 -Funktionen. Die Aussage ist der einfachste Fall eines
Regularitätssatzes für Differentialgleichungen.
84
13
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
Spektralzerlegungen und Quantenmechanik
Aus Theorem 10.9 ergibt sich für selbstadjungierte Operatoren mit kompakten Resolventen die folgende Spektralzerlegung:
13.1 Theorem(Spektralsatz). Es sei A : D(A) → H ein selbstadjungierter Operator mit kompakten Resolventen im Hilbertraum H .
a) Es gibt eine Folge (λj )j∈N0 in R mit | λj | → ∞ für j → ∞ und eine Orthonormalbasis {ej }j∈N0 von H , so dass
D(A) = {x ∈ H |
∞
P
j=0
λ2j | hx|ej i |2 < ∞}
(1)
und die folgende Entwicklung gelten:
Ax =
∞
P
j=0
λj hx|ej i ej
für x ∈ D(A) .
(2)
b) Für x ∈ D(A) konvergiert die in H geltende Fourier-Entwicklung x =
unbedingt im Hilbertraum DA .
∞
P
hx|ej i ej
j=0
c) Weiter ist σ(A) = {λj }∞
j=0 und N(λj I − A) = [ei | λi = λj ] für j ∈ N0 .
Beweis. a) Nach Satz 12.12 gilt i ∈ ρ(A) , und die Resolvente RA (i) ist kompakt
und normal. Nach Theorem 10.9 gilt es also eine komplexe Nullfolge (µj )j∈N0 und
ein Orthonormalsystem {ej }j∈N0 in H mit der Entwicklung
∞
P
RA (i)y =
µj h y|ej i ej , y ∈ H .
j=0
(3)
Da RA (i) injektiv ist, muss {ej }j∈N0 eine Orthonormalbasis von H und µj 6= 0 für
alle j ∈ N0 sein. Aus (3) ergeben sich
D(A) = R(RA (i)) = {x ∈ H |
RA (i)−1 x =
∞
P
1
µj
j=0
∞
P
j=0
1
| µj |2
| h x|ej i |2 < ∞} und
(4)
h x|ej i ej , x ∈ D(A) .
Wegen Ax = ix − (iI − A)x = ix − RA (i)−1 x für x ∈ D(A) folgt
Ax =
∞
P
(i −
j=0
1
) h x|ej
µj
und somit (2) mit λj := i −
∞
P
j=0
1
| µj |2
1
µj
i ej , x ∈ D(A) ,
. Weiter ergibt sich (1) aus (4) und
| h x|ej i |2 < ∞ ⇔
∞
P
j=0
| λj |2 | h x|ej i |2 < ∞ .
b) Für x ∈ D(A) sei y = RA (i)−1 x ∈ H . Da (iI − A)−1 : H → DA stetig ist, folgt
aus der unbedingten Konvergenz der Entwicklung y =
∞
P
h y|ej i ej in H und (3)
j=0
die unbedingte Konvergenz der Entwicklung
x = (iI − A)−1 y =
∞
P
h y|ej i (iI − A)−1 ej =
j=0
∞
P
j=0
µj h y|ej i ej =
∞
P
hx|ej i ej
j=0
13 Spektralzerlegungen und Quantenmechanik
85
im Hilbertraum DA (sie muss bzgl. k kA nicht orthogonal sein).
c) Der Rest des Beweises verläuft wie der von Satz 10.3: Wegen (2) gilt
k (µI − A)x k2 =
∞
P
i=0
| µ − λi |2 | hx|eii |2
für x ∈ D(A) .
(5)
Für µ ∈ R\{λi | i ∈ N0 } gibt es ε > 0 mit | µ − λi | ≥ ε für alle i ∈ N0 . Aus (5)
ergibt sich
k (µI − A)x k2 ≥ ε2 k x k2
für x ∈ D(A) ;
folglich ist µI −A injektiv und hat ein abgeschlossenes Bild. Weiter ist R(µI −A)⊥ =
N(µI − A) = {0} und somit µ ∈ ρ(A) . Für µ = λj schließlich liefert (5)
(λj I − A)x = 0 ⇔ hx|ei i = 0 für λi 6= λj . 3
13.2 Beispiel. Wir betrachten den Differentialoperator Ae1 : f 7→ if ′ in L2 [−π, π]
mit D(Ae1 ) := {f ∈ W21 (−π, π) | f (−π) = f (π)} aus (12.14). Aus Ae1 f = λf folgt
sofort f (x) = C e−iλx , und die Randbedingung erzwingt λ ∈ Z . Somit gilt
D(Ae1 ) = {f ∈ L2 [−π, π] |
Ae1 f (x) = −
∞
P
k=−∞
∞
P
k=−∞
b
k f(k)
eikx
k 2 | fb(k) |2 < ∞} und
für f ∈ D(Ae1 ) .
(6)
(7)
Wir gehen nun auf die in der Einleitung skizzierten Grundlagen der Quantenmechanik genauer ein, zunächst für Observable, d. h. selbstadjungierte Operatoren mit
kompakten Resolventen. Ein Beispiel für eine solche Observable ist der HamiltonOperator des harmonischen Oszillators, vgl. Abschnitt 15.
13.3 Messergebnisse. a) Die Menge aller möglichen Messergebnisse einer Observablen A ist durch das Spektrum σ(A) ⊆ R des Operators gegeben. Nun besitze A
diskretes Spektrum und die Spektralzerlegung (2). Es seien {µk }k∈N0 die Menge der
verschiedenen Eigenwerte von A und
Pk x :=
P
λj =µk
h x|ej i ej
(8)
die orthogonalen Projektionen auf die Eigenräume N(µk I − A) von A . Dann gilt
∞
P
k=0
k Pk x k2 = 1 für alle x ∈ H , und es ist k Pk x k2 die Wahrscheinlichkeit dafür,
dass die Messung der Observablen A im Zustand x den Wert µk liefert. Für einen
Eigenvektor x ∈ R(Pk ) von A liefert die Messung insbesondere sicher den Wert µk .
b) Für einen Zustand x ∈ D(A) und µ ∈ R wird die Variation
um einen Mittelwert µ minimal für
µ = µ(A, x) :=
Man hat
∞
P
j=0
λj | hx|ej i |2 =
µ(A, x) = h Ax|x i ∈ R ,
∞
P
k=0
µ k k Pk x k 2 .
∞
P
j=0
| λj − µ |2 hx|ej i |2
(9)
(10)
86
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
und diese Zahl wird für alle Observablen als Mittelwert oder Erwartungswert von A
in x bezeichnet.
c) Für einen Zustand x ∈ D(A) heißt die Zahl
δ(A, x) := k Ax − µ(A, x)x k
(11)
Streuung von A in x . Es gilt genau dann δ(A, x) = 0 , wenn x ein Eigenvektor von
A ist. Dies bedeutet, dass die Observable A im Zustand x exakt messbar ist.
Im Fall eines diskreten Spektrums ergibt sich aus (2) die minimale Variation
δ(A, x)2 =
∞
P
j=0
| λj −µ(A, x) |2 hx|ej i |2 =
∞
P
k=0
| µk −µ(A, x) |2 k Pk x k2 . (12)
13.4 Satz. Für zwei Observable A, B mit Kommutator [A, B] := AB − BA und
einen Zustand x ∈ D(A) ∩ D(B) mit Ax ∈ D(B) und Bx ∈ D(A) gilt
1
2
δ(A, x) δ(B, x) ≥
| h[A, B]x|xi | .
Beweis. Wir betrachten Aµ = A − µ(A, x)I und B µ = B − µ(B, x)I . Damit folgt
h[A, B]x|xi = h(AB − BA)x|xi = h(Aµ B µ − B µ Aµ )x|xi
= hAµ B µ x|xi − hx|Aµ B µ xi = 2i ImhAµ B µ x|xi
und somit
| h[A, B]x|xi | ≤ 2 | hB µx|Aµ xi | ≤ 2 k B µx k k Aµ x k = 2 δ(A, x) δ(B, x) . 3
Observable mit [A, B] 6= 0 sind also i. a. nicht gleichzeitig exakt messbar.
13.5 Heisenbergsche Unschärfe-Relation. Für Orts- und Impulsoperator gilt
die Heisenbergsche Vertauschungsrelation [Pj , Qj ] ⊆ h̄i I , vgl. 8.18. Aus Satz 13.4
folgt also die Heisenbergsche Unschärfe-Relation
h̄
2
δ(Pj , x) δ(Qj , x) ≥
für k x k = 1 .
(13)
Orts- und Impulskoordinate sind also nie gleichzeitig exakt messbar.
Wir lösen nun die Schrödinger-Gleichung für einen Hamilton-Operator mit diskretem
Spektrum:
13.6 Satz. Es sei H ein selbstadjungierter Operator mit kompakten Resolventen.
Das Anfangswertproblem
ẋ(t) = − h̄i Hx(t) ,
x(0) = x0 ∈ D(H) ,
(14)
besitzt die eindeutig bestimmte Lösung
x(t) = U(t)x0 ,
x0 ∈ D(H) ,
(15)
mit durch
t
U(t)y := e−i h̄ H y =
∞
P
j=0
λj
e−i h̄ t hy|ej i ej ,
y ∈H,
(16)
definierten unitären Operatoren. Es ist {U(t) | t ∈ R} eine stark stetige Operatorgruppe, d. h. es gilt lim U(t + τ )y = U(t)y für alle t ∈ R und y ∈ H , und man
τ →0
hat
U(0) = I ,
U(t + s) = U(t) U(s) ,
t, s ∈ R .
(17)
87
13 Spektralzerlegungen und Quantenmechanik
Beweis. a) Der Operator H besitze die Spektralzerlegung (2). Für eine C 1 -Lösung
x : I → D(H) von (14) auf einem Intervall mit 0 ∈ I setzen wir xj (t) := hx(t)|ej i
für j ∈ N0 und erhalten
x˙j (t) = hẋ(t)|ej i = h− h̄i Hx(t)|ej i = − h̄i hx(t)|Hej i = − h̄i λj xj (t) .
Zusammen mit xj (0) = hx0 |ej i liefert dies
i
xj (t) = e− h̄ λj t hx0 |ej i ;
(18)
es gibt also höchstens eine Lösung des Problems (14).
i
b) Wegen | e− h̄ λj t | = 1 konvergiert die Reihe in (16) auf H punktweise gegen einen
unitären Operator, und Formel (17) rechnet man sofort nach.
c) Zu y ∈ H und ε > 0 gibt es j0 ∈ N mit
k U(t + τ )y − U(t)y k2 ≤
j0P
−1
j=0
∞
P
j=j0
| hy|ej i |2 ≤ ε2 , und es folgt
i
| e− h̄ λj τ − 1 |2 hy|ej i |2 + 4 ε2 ≤ 5 ε2
für genügend kleine | τ | . Daher ist die Operatorgruppe U stark stetig.
i
d) Für x0 ∈ D(H) bleibt (14) zu zeigen. Wegen (1) und | e− h̄ λj t | = 1 gilt offenbar
x(t) = U(t)x0 ∈ D(H) für alle t ∈ R . Für t, t + τ ∈ R gilt nun
x(t+τ )−x(t)
τ
δj (t, τ ) = ( e
∞
P
+ h̄i Hx(t) =
− i λj (t+τ )
−iλ t
h̄
−e h̄ j
τ
Zu ε > 0 gibt es j0 ∈ N mit
j=0
δj (t, τ ) ej
mit
i
+ h̄i λj e− h̄ λj t ) hx0 |ej i =
∞
P
j=j0
1
τ
Rτ
0
i
| λj |2 | hx0 |ej i |2 ≤ h̄2 ε2 , also
Schließlich gibt es δ > 0 , so dass für | τ | ≤ δ auch
daraus folgt die Behauptung.
i
(1 − e−λj h̄ s ) ds h̄i λj e− h̄ λj t hx0 |ej i .
j0P
−1
j=0
∞
P
j=j0
| δj (t, τ ) |2 ≤ 4 ε2 .
| δj (t, τ ) |2 ≤ ε2 ist, und
3
Wir wollen nun die Erweiterung des Spektralsatzes auf allgemeine selbstadjungierte
Operatoren diskutieren. Dazu formulieren wir zunächst den Spektralsatzes 13.1 um:
13.7 Spektralmaße. a) Es sei also zunächst A eine Observable mit diskretem
Spektrum. Wie in (8) seien Pk die orthogonalen Projektionen auf die Eigenräume
N(µk I − A) von A . Die Formeln (1) und (2) lauten dann
D(A) = {x ∈ H |
Ax =
∞
P
k=0
∞
P
k=0
µ2k hPk x|xi < ∞} und
µk Pk x für x ∈ D(A) .
(19)
(20)
Aufgrund der Polarformel ist (20) auch äquivalent zu
hAx|xi =
∞
P
k=0
µk hPk x|xi für x ∈ D(A) .
(21)
88
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
b) Wegen
∞
P
k=0
k Pk x k2 < ∞ für x ∈ H konvergiert die Reihe
menge J ⊆ N0 punktweise unbedingt auf H , und PJ :=
P
k∈J
P
k∈J
Pk für jede Index-
Pk ist die orthogonale
Projektion auf den Raum [R(Pk )]k∈J . Wegen k Pk k = 1 für alle k hat man für
unendliche J keine Konvergenz in der Operatornorm.
c) Für eine Menge δ ⊆ R definieren wir orthogonale Projektionen
E(δ) := EA (δ) :=
P
µk ∈δ
Pk .
(22)
Dies definiert ein (orthogonales) Spektralmaß E : P(R) → L(H) auf der Potenzmenge von R , d. h. es gilt (δ c bezeichnet das Komplement einer Menge δ in R )
1lE(R) = I ,
2lE(δ c ) = I − E(δ) für δ ⊆ R ,
3lE(δ)∗ = E(δ) für δ ⊆ R ,
5lE(δ)x =
∞
P
n=1
4lE(δ ∩ η) = E(δ) E(η) für δ, η ⊆ R ,
E(δn )x für disjunkte Vereinigungen δ =
∞
S
n=1
δn .
Diese Eigenschaften sind leicht nachzurechnen. Für jeden Vektor x ∈ H ist insbesondere µx : δ 7→ hE(δ)x|xi ein diskretes positives Maß auf R mit µx (σ(A)) =
µx (R) = 1 .
d) Die Formeln (19)–(21) können dann so formuliert werden:
D(A) = {x ∈ H |
Ax =
R∞
−∞
hAx|xi =
R∞
−∞
λ2 dhE(λ)x|xi < ∞} und
λ dE(λ)x für x ∈ D(A) .
R∞
−∞
λ dhE(λ)x|xi für x ∈ D(A) .
(23)
(24)
(25)
13.8 Der Ortsoperator. Als Beispiel einer Oberservablen mit nicht diskretem
Spektrum σ(Q) = R betrachten wir den Ortsoperator Q = Mt : f (t) 7→ tf (t) in
L2 (R) mit Definitionsbereich
R
D(Q) = {f ∈ L2 (R) |
+ t2 ) | f (t) |2 dt < ∞} .
R (1
Durch
f ∈ L2 (R) ,
E(δ)f := EQ (δ)f := χδ f ,
(26)
definieren wir ein Spektralmaß auf dem System M(R) der messbaren Teilmengen
von R ; die Eigenschaften 1l- 5lsind leicht nachzurechnen.
b) Für f ∈ L2 (R) gilt hE(δ)f |f i =
R
R∞
λ2 dhE(λ)f |f i < ∞ ⇔
R∞
λ dhE(λ)f |f i =
−∞
δ
| f (t) |2 dt und daher
R
R
t2 | f (t) |2 dt < ∞ ⇔ f ∈ D(Q) ;
Formel (23) gilt also auch hier. Genauso sieht man
−∞
R
R
t | f (t) |2 dt = hQf |f i für f ∈ D(Q) ,
also (25). Auch (24) gilt bei geeigneter Interpretation des dort auftretenden Integrals.
13 Spektralzerlegungen und Quantenmechanik
89
Der allgemeine Spektralsatz für selbstadjungierte Operatoren A stammt für beschränkte selbstadjungierte Operatoren von D. Hilbert (1906) und für den allgemeinen
Fall von J. von Neumann (1929). Er besagt, dass es zu A genau ein Spektralmaß
E : Bo(R) → L(H) auf den Borelmengen von R mit E(σ(A)) = I gibt, sodass
(23)–(25) gelten. Hierbei ist Bo(R) die kleinste σ -Algebra von Mengen in R , die
alle offenen (oder abgeschlossenen) Mengen enthält.
Das in (24) auftretende Integral wird nun genauer erklärt:
13.9 Spektralintegrale beschränkter Funktionen. Es sei E : Σ → L(H) ein
Spektralmaß auf einer σ -Algebra Σ von Mengen in Ω .
a) Es seien B(Ω, Σ) der Banachraum der beschränkten Σ -meßbaren Funktionen auf
Ω , versehen mit der sup -Norm und
E(Ω, Σ) := {f ∈ B(Ω, Σ) | f (Ω) endlich}
der Unterraum der einfachen Funktionen auf Ω ; dieser ist dicht in B(Ω, Σ) .
c) Für f ∈ E(Ω, Σ) mit f (Ω) = {α1 , . . . , αr } ⊆ C und δj := f −1 (αj ) definiert man
die Integrale
R
η f (λ) dE(λ) :=
r
P
j=1
αj E(δj ∩ η) ∈ L(H) für η ∈ Σ .
Die Abbildung ΦE : E(Ω, Σ) → L(H) , ΦE (f ) :=
multiplikativ mit Norm 1 ; für η ∈ Σ gelten
R
R
η
f (λ) dE(λ) = E(η)
R
R
Ω
R
f (λ) dE(λ) =
( η f (λ) dE(λ))∗ = η f (λ) dE(λ) ,
R
k η f (λ) dE(λ) k ≤ sup | f (λ) | .
Ω
(27)
f (λ) dE(λ) , ist linear und
R
Ω
f (λ) dE(λ) E(η) ,
(28)
(29)
(30)
λ∈η
d) Nach Satz 2.6 hat ΦE : E(Ω, Σ) 7→ L(H) eine eindeutig bestimmte stetige Fortg : B(Ω, Σ) 7→ L(H) ; diese ist linear und multiplikativ mit Φ
g (1) = I
setzung Φ
E
E
g
und k ΦE k = 1 . Wir verwenden weiter die Notationen
R
g (f ) für f ∈ B(Ω, Σ) ,
f (λ) dE(λ) := Φ
E
R
R
Ω f (λ) dE(λ) E(η) ;
η f (λ) dE(λ) := E(η) Ω f (λ) dE(λ) =
Ω
R
(31)
(32)
die Aussagen (29) und (30) gelten dann auch für f ∈ B(Ω, Σ) .
Die Aussagen in 13.9 sind relativ leicht nachzurechnen, die folgenden etwas mühsamer:
13.10 Spektralintegrale unbeschränkter Funktionen. a) Für ein Spektralmaß
E : Bo(R) 7→ L(H) und eine Borel-messbare Funktion f : R 7→ C setzen wir
fn (λ) :=
(
f (λ) , | f (λ) | ≤ n
0 , | f (λ) | > n
und definieren einen Operator ΦE (f ) =
R∞
−∞
für n ∈ N
f (λ) dE(λ) in H durch
D(ΦE (f )) = {x ∈ H | ∃ lim ΦE (fn )x} ,
n→∞
(33)
90
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
ΦE (f )x = n→∞
lim ΦE (fn )x für x ∈ D(ΦE (f )) .
(34)
b) Es ist ΦE (f ) ein abgeschlossener Operator mit dichtem Definitionsbereich und
¯ . Für Borel-messbare Funktionen f, g : R 7→ C gelten weiter:
ΦE (f )∗ = ΦE (f)
D(ΦE (f )) = {x ∈ H |
hΦE (f )x|xi =
k ΦE (f )x k2 =
R
R
R
R
R
R
| f (λ) |2 hdE(λ)x|xi < ∞} ,
(35)
f (λ) hdE(λ)x|xi für x ∈ D(ΦE (f )) ,
(36)
| f (λ) |2 hdE(λ)x|xi für x ∈ D(ΦE (f )) ,
(37)
α ∈ C,
(38)
ΦE (f ) + ΦE (g) ⊆ ΦE (f + g) ,
(39)
ΦE (f ) ΦE (g) ⊆ ΦE (f g) und
(40)
D(ΦE (f ) ΦE (g)) = D(ΦE (f g)) ∩ D(ΦE (g)) ,
(41)
E(δ) ΦE (f ) ⊆ ΦE (f ) E(δ) für δ ∈ Bo(C) .
(42)
ΦE (αf ) = α ΦE (f ) ,
13.11 Theorem(Spektralsatz). Es sei A : D(A) → H ein selbstadjungierter
Operator im Hilbertraum H . Dann gilt σ(A) ⊆ R , und es existiert genau ein Spektralmaß E : Bo(R) → L(H) auf den Borelmengen von R mit E(σ(A)) = I und
A = ΦE (λ) . Man hat also
R
D(A) = {x ∈ H | σ(A) λ2 hdE(λ)x|xi < ∞}
Rn
Ax = lim −n
λ dE(λ)x für x ∈ D(A) .
n→∞
und
(43)
(44)
Einen (langen) Beweis des Spektralsatzes findet man in den meisten Lehrbüchern
der Funktionalanalysis, etwa in [Tr] oder [Wei].
13.12 Messergebnisse in der Quantenmechanik. Wir können nun die Aussagen in 13.3 verallgemeinern:
a) Die Menge aller möglichen Messergebnisse einer Observablen A ist durch das
Spektrum σ(A) ⊆ R gegeben. Für einen Zustand x ∈ H und δ ∈ Bo(R) ist
hE(δ)x|xi = k E(δ)x k2 die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Messung der Observablen A im Zustand x einen Wert in der Menge δ liefert.
b) Wie in (25) ist der Erwartungswert gegeben durch
µ(A, x) = hAx|xi =
R∞
−∞
λ dhE(λ)x|xi ,
und für die Streuung von A in x ∈ D(A) hat man wegen (37)
δ(A, x)2 = k Ax − µ(A, x)x k2 =
R
R
| λ − µ(A, x) |2 hdE(λ)x|xi .
13 Spektralzerlegungen und Quantenmechanik
91
13.13 Multiplikationsoperatoren. a) Es seien Ω ⊆ Rn offen, a ∈ C(Ω, R) und
Ma : f 7→ af der selbstadjungierte Multiplikationsoperator in L2 (Ω) aus (11.5). Wie
in (26) wird durch
f ∈ L2 (Ω) ,
E(δ)f := EMa (δ)f := χa−1 (δ) f ,
(45)
ein Spektralmaß auf Bo(R) definiert.
b) Für s =
r
P
j=1
R∞
−∞
αj χδj ∈ E(R, Bo) gilt nach (27)
s(λ) dE(λ)f =
r
P
j=1
αj E(δj )f =
R
r
P
j=1
αj χa−1 (δj ) f = (s ◦ a) · f ,
∞
und durch Approximation folgt −∞
λ dE(λ) f = af für alle f ∈ D(Ma ) , d. h. E ist
R
in der Tat das Spektralmaß von Ma . Insbesondere ist k E(δ)f k2 = a−1 (δ) | f (s) |2 ds
die Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Messung von Ma in einem Zustand f ein
Messergebnis in δ liefert.
Nun können wir die Schrödinger-Gleichung im allgemeinen Fall lösen:
13.14 Satz. Es sei H ein selbstadjungierter Operator mit Spektralmaß E . Das
Anfangswertproblem
ẋ(t) = − h̄i Hx(t) ,
x(0) = x0 ∈ D(H) ,
(46)
besitzt die eindeutig bestimmte Lösung
x(t) = U(t)x0 ,
x0 ∈ D(H) ,
(47)
mit der durch
t
U(t)y := e−i h̄ H y =
R∞
−∞
t
e−i h̄ λ dE(λ)y ,
y∈H,
(48)
definierten stark stetigen unitären Operatorgruppe.
Beweis. a) Für C 1 -Lösungen x1 , x2 : I → D(H) von (46) ist x := x1 − x2 eine
C 1 -Lösung von (46) mit x(0) = 0 . Man hat
d
k x(t) k2
dt
= hẋ(t)|x(t)i + hx(t)|ẋ(t)i = − h̄i hHx(t)|x(t)i + h̄i hx(t)|Hx(t)i = 0
für alle t ∈ I und somit x(t) = x(0) = 0 . Es gibt also höchstens eine Lösung des
Problems (46).
b) Nach (37) ist U(t) unitär, und die Gruppen-Eigenschaft (17) folgt aus der Multiplikativität von ΦE .
c) Für y ∈ H ergibt sich mit b) und (37)
k U(t + τ )x − U(t)x k2 = k U(t)U(τ )x − U(t)x k2 = k U(τ )x − x k2
=
R
i
R
| e− h̄ τ λ − 1 |2 hdE(λ)x|xi → 0
für τ → 0 aus dem Satz über majorisierte Konvergenz.
d) Für x ∈ D(H) gilt wegen (42)
R
R
λ2 hdE(λ)U(t)x|U(t)xi =
R
R
λ2 hdE(λ)x|xi < ∞
92
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
und somit auch z := U(t)x ∈ D(H) . Weiter gilt
∆τ (x) :=
k ∆τ (x) k2
=
1
τ
R
(U(t + τ )x − U(t)x) + h̄i HU(t)x =
R
− h̄i τ λ
| τ1 (e
1
τ
− 1) + h̄i λ |2 hdE(λ)z|zi → 0
(U(τ )z − z) + h̄i Hz
für τ → 0 wiederum nach dem Satz über majorisierte Konvergenz.
und
3
13.15 Evolution quantenmechanischer Systeme und Hamilton-Operator.
Die statistische Interpretation der Quantenmechanik legt es nahe, dass die Evolution
eines Systems durch eine stark stetige unitäre Operatorgruppe U : R → L(H) beschrieben wird. Aus dieser Annahme lässt sich die Existenz eines Hamilton-Operators
mathematisch folgern. Nach einem Resultat von M.H. Stone (1932) besitzt nämlich
jede stark stetige unitäre Gruppe U : R → L(H) einen infinitesimalen Erzeuger“ ,
”
d. h. es gibt einen eindeutig bestimmten selbstadjungierter Operator H in H mit
t
U(t) = e−i h̄ H für alle t ∈ R . Dieser ist gegeben durch Hx = ih̄ lim U (h)x−x
und
h
h→0
dann der Hamilton-Operator des Systems. Einen Beweis des Satzes von Stone findet
man etwa in [Wei], 7.38.
13.16 Satz. Es sei A ein selbstadjungierter Operator in H mit Spektralmaß E .
Die Räume E(δ)H , δ ∈ Bo(R) , reduzieren A , und man hat
σ( A|E(δ)H ) ⊆ δ , δ ∈ Bo(R) .
(49)
Beweis. a) Für x ∈ D(A) ∩ E(δ)H gilt Ax = AE(δ)x = E(δ)Ax ∈ E(δ)H nach
(44). Entsprechend ist auch (E(δ)H)⊥ = E(R − δ)H invariant unter A .
(
1
α−λ
, λ nahe δ
; dann ist g eine beschränkte
0 , sonst
Borel-Funktion auf R und daher ΦE (g) ∈ L(H) . Wegen (40) ist
b) Für α 6∈ δ sei g(λ) :=
(αI − A) ΦE (g) E(δ) =
R
δ (α
− λ) g(λ) dE(λ) = E(δ) ,
und ebenso hat man ΦE (g) (αI − A) E(δ) ⊆ E(δ) . Daher gilt α ∈ ρ( A|E(δ)H ) .
13.17
3
∞
S
Diagonalisierung“. Für jede disjunkte Zerlegung R =
δk in (kleine)
”
k=−∞
Borelmengen hat man also eine orthogonale Zerlegung H =
∞
L
k=−∞
E(δk )H des Hil-
bertraums, bezüglich der A Block-diagonal“ mit σ( A|E(δk )H ) ⊆ δk ist. Auf E(δk )
”
ist A nahe an einem Multiplikationsoperator mit einem Faktor aus δk .
13.18 Satz. Es sei A ein selbstadjungierter Operator in H mit Spektralmaß E .
a) Für α ∈ R gilt α ∈ σ(A) ⇔ E(α − ε, α + ε) 6= 0 für alle ε > 0 .
b) Es ist α ∈ R genau dann ein Eigenwert von A , wenn E{α} =
6 0 ist. In diesem
Fall ist E{α} die orthogonale Projektion auf den Eigenraum N(αI − A) .
c) Im Fall E{α} = 0 gilt R(αI − A) = H .
93
13 Spektralzerlegungen und Quantenmechanik
Beweis. a) ⇐ “: Ist α ∈ ρ(A) , so gibt es ε > 0 mit (α − ε, α + ε) ⊆ ρ(A) . Wegen
”
E(σ(A)) = I folgt daraus E(α − ε, α + ε) = 0 .
⇒ “: Nun sei E(α − ε, α + ε) = 0 für ε > 0 . Für δ := R\[α − ε, α + ε] gilt dann
”
E(δ) = I , und aus Satz 13.16 folgt σ(A) ⊆ δ , also α 6∈ σ(A) .
b) ⇐ “: Aus E{α}x = x folgt Ax =
”
also α ∈ N(αI − A) .
R∞
−∞
λ dE(λ) E{α}x =
R
{α}
λ dE(λ)x = αx ,
⇒ “: Nun gelte Ax = αx . Für δn := R\[α− n1 , α+ n1 ] ist (αI − A)|E(δn )H nach Satz
”
13.16 invertierbar; aus AE(δn )x = E(δn )Ax = αE(δn )x folgt somit E(δn )x = 0 .
Wegen der σ -Additivität 5laus 13.7 ergibt sich daraus E{α}x = x .
c) Im Fall E{α} = 0 gilt R(αI − A)⊥ = N(αI − A) = {0} nach Satz 12.6.
3
13.19 Stationäre Lösungen der Schrödingergleichung. a) Für einen Eigenzustand x ∈ D(H) eines Hamilton-Operators ist der Zustand U(t)x stationär, d. h.
von der Zeit unabhängig. Gilt in der Tat Hx = αx , so folgt E{α}x = x und somit
t
U(t)x = e−i h̄ H x =
R∞
−∞
t
e−i h̄ λ dE(λ) E{α}x =
R
{α}
t
t
e−i h̄ λ dE(λ)x = e−i h̄ α x .
b) Umgekehrt ist auch jeder stationäre Zustand x ∈ D(H) Eigenzustand von H .
Andernfalls gibt es zwei kleine disjunkte offene Intervalle I1 und I2 mit E(I1 )x 6= 0
und E(I2 )x 6= 0 . Nach (48) werden diese beiden Komponenten von x mit unterschiedlicher Geschwindigkeit gedreht“, sodass U(t)x nicht stationär sein kann.
”
13.20 Definition. Es sei A ein selbstadjungierter Operator in H .
a) Das diskrete Spektrum von A ist gegeben durch
σd (A) := {α ∈ R | α ist isolierter Punkt von σ(A) und dim N(αI − A) < ∞} ,
b) das wesentliche Spektrum von A durch σe (A) := σ(A)\σd (A) .
c) Eine Weyl-Folge für A und α ∈ R ist eine Folge (xn ) in D(A) mit
w
k xn k = 1 , xn → 0 und k (αI − A)xn k → 0 .
13.21 Satz. Für eine Zahl α ∈ R gilt
a) α ∈ σd (A) ⇔ α ist isolierter Eigenwert endlicher Vielfachheit in σ(A) ,
b) α ∈ σe (A) ⇔ Es gibt eine Weyl-Folge für A und α .
Beweis. a) Zu zeigen ist nur ⇒ “. Da α isolierter Punkt von σ(A) ist, gibt es ε > 0
”
mit {α} = σ(A) ∩ (α − ε, α + ε) . Aus Satz 13.18 folgt E{α} = E(α − ε, α + ε) 6= 0 ,
und daher ist α ein Eigenwert von A .
b) ⇒ “: Ist dim N(αI − A) = ∞ , so ist eine orthonormale Folge in N(αI − A) eine
”
Weyl-Folge für A und α .
Nun sei α ein nicht isolierter Punkt in σ(A) . Es gibt eine Folge (αn ) in σ(A) , die
streng monoton gegen α konvergiert. Weiter gibt es εn > 0 , sodass die Intervalle
In := (αn − εn , αn + εn ) disjunkt sind. Wir wählen xn ∈ E(In )H mit k xn k = 1 .
w
Dann ist (xn ) eine orthonormale Folge, und daher gilt xn → 0 . Schließlich hat man
k (αI − A)xn k2 ≤
R αn +εn
αn −εn
| α − λ |2 hdE(λ)xn |xn i ≤ sup | α − λ |2 → 0
λ∈In
94
II. Unbeschränkte Operatoren und Observable der Quantenmechanik
für n → ∞ .
⇐ “: Nun sei (xn ) eine Weyl-Folge für A und α . Ist α ∈ ρ(A) , so erhält man
”
den Widerspruch k xn k ≤ C k (αI − A)xn k → 0 . Nun sei α ∈ σd (A) . Mit {α}c =
R\{α} ist nach Satz 13.16 dann αI − A auf E({α}c )H invertierbar, und wie zuvor
erhält man k E({α}c )xn k ≤ C k (αI − A)E({α}c )xn k ≤ C k (αI − A)xn k → 0 .
w
w
Wegen xn → 0 gilt auch E({α})xn → 0 und somit k E({α})xn k → 0 , da ja
dim E({α})H < ∞ ist. Insgesamt hat man also den Widerspruch k xn k → 0 . 3
13.22 Spektren von Multiplikationsoperatoren. a) Es seien Ω ⊆ Rn offen,
a ∈ C(Ω, R) und Ma : f 7→ af der selbstadjungierte Multiplikationsoperator in
L2 (Ω) aus (11.5). Nach (11.13) gilt σ(Ma ) = a(Ω) ; es gibt also nur dann isolierte
Punkte des Spektrums, wenn a auf einer Zusammenhangskomponente Ωk von Ω
konstant ist. In diesem Fall sind die Funktionen mit Träger in Ωk Eigenfunktionen
von Ma , und es ist dim N(αI − A) = ∞ . Somit gilt stets σd (Ma ) = ∅ .
b) Wegen E(α)f = χa−1 (α) f gemäß (45) ist α ∈ R genau dann ein Eigenwert von
Ma , wenn {t ∈ Ω | a(t) = α} keine Nullmenge ist; in diesem Fall gilt dann auch
dim N(αI − A) = ∞ . Es kann also eingebettete“ Eigenwerte in σ(A) = σe (A)
”
geben.
13.23 Satz. Ein selbstadjungierter Operator A in H besitzt genau dann kompakte
Resolventen, wenn σe (A) = ∅ ist.
Beweis. ⇒ “ folgt sofort aus Theorem 13.1.
”
⇐ “: Im Fall σe (A) = ∅ reduzieren sich die Aussagen (43) und (44) auf (1) und (2).
”
Die Kompaktheit der Einbettung i : DA → H folgt dann wie in Satz 11.18 a). 3
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