1 PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN Polarimetrie durchgeführt am 05.07.2010 von Matthias Dräger, Alexander Narweleit und Fabian Pirzer 1 1.1 Physikalische Grundlagen Polarisation Bei den Grundformen von Wellen unterscheidet man zwischen zwei Arten von Wellen, der Longitudinalwelle (auch Längswelle) und der Transversalwelle (auch Quer-, Schub- oder Scherwelle). Longitudinalwellen breiten sich in Richtung ihrer Auslenkung aus, d.h. Auslenkung und Ausbreitung haben die gleiche Richtung (siehe Abb.1, rechts). Bei Transversalwellen stehen Auslenkung und Ausbreitung senkrecht zueinander (siehe Abb.1, links), wodurch eine Ebene ausgezeichnet, die als Schwingungsebene bezeichnet wird. Abbildung 1: Transversal- und Longitudinalwellen Es können nur Transversalwellen polarisiert werden, wobei die Polarisation hierbei die Richtung ihrer Schwingung beschreibt. Im Allgemeinen setzen sich diese aus einer Vielzahl von elementaren Wellenzügen zusammen. Die Welle ist polarisiert, wenn es eine bevorzugte Schwingungsebene gibt, die man als Polarisationsebene bezeichnet. Die Schwingungsrichtung wird dann Polarisationsrichtung genannt. Der Polarisationsgrad gibt an, wie hoch der Anteil von Wellenzügen mit gleicher Schwingunsebene zu allen Wellenzügen ist. Bei Licht handelt es sich um eine elektromagnetische Transversalwelle, wobei ein elektrische und magnetisches Feld die Schwingungsgrößen angeben. Die Richtung und Größes des elektrischen Feldes ist hierbei die Schwingungsrichtung. 1.2 Lineare und zirkulare Polarisation Linear polarisierte Wellen besitzen eine feststehende Polarisationsebene. Wenn sich zwei oder mehrere elementare Wellenzüge mit verschiedenen Schwingungsebenen überlagern, so überlagern sich ihre Auslenkungen, die vektoriell addiert werden müssen. Wenn sich zwei zueinander senkrechte Wellenzüge mit einer Phasenverschiebung von 0◦ oder 180◦ überlagern, dann entsteht eine linear polarisierte Welle (Abb.2). Abbildung 2: Vektoraddition von Wellenzügen zu linearer Polarisation Sind zwei Wellen mit gleicher Amplitude um 90◦ gegeneinander verschoben, so kreist die Schwingungsrichtung bei gleichbleibender Größe des resultierenden elektrischen Feldes gleichförmig um die 1 1.3 Anisotropie 1 PHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN Ausbreitungsrichtung. Es handelt sich um eine zirkular polarisierte Welle. Abbildung 3: Vektoraddition von Wellenzügen zu zirkularer Polarisation Sind Phasenlagen und Amplituden unterschiedlich, ändert sich periodisch die Raumrichtung und die Größe des resultierenden elektrischen Feldvektors. Es handelt sich dann um elliptisch polarisierte Wellen. 1.3 Anisotropie Anisotrope Stoffe besitzen in verschiedenen Raumrichtungen unterschiedliche Eigenschaften, die bei optischen Erscheinungen zu Doppelbrechung und Dichroismus führen. 1.4 Doppelbrechung und Spannungsoptik Doppelbrechung findet bei anisotropen Kristallen statt, bei denen einfallende Lichtstrahlen an der Grenzfläche des Kristalls je nach Schwingungsrichtung unterschiedlich gebrochen und so in zwei Teilbündel aufgespalten werden, die senkrecht zueinander polarisiert sind. Dieses Phänomen nutzt man bei einem Nicolschen Prisma, wo die Teilbündel getrennt werden, da das eine Bündel die Fläche durchsetzt und das andere durch Totalreflexion abgelenkt wird. Abbildung 4: Polarisation durch ein Nicolsches Prisma Mechanische Spannungen können in Substanzen mit langen Molekülketten eine Doppelbrechung verursachen (Spannungsdoppelbrechung), die durch hervorrufen von Polarisationserscheinungen zur Untersuchung von Spannungszuständen herangezogen wird. 1.5 Dichroismus Dichroismus bezeichnet die Abhängigkeit des Lichtabsorbtionsbereiches bestimmter Stoffe von der Polarisation einer elektromagnetischen Welle. Bei farbigen, optisch doppelbrechenden Kristallen ist dies von der Ausbreitungsrichtung im Kristall und der Schwingungsebene des Lichtes abhängig. Dichroitische Kristalle können verwendet werden, um sichtbares polarisiertes Licht zu erzeugen. Das 2 1.6 Optische Aktivität und Konzentrationsmessung 2 AUFGABEN Prinzip des Dichroismus wird auch bei sogenannten Polaroidfilter (Polarisationsfilter) genutzt, bei denen komplementär polarisiertes Licht absorbiert wird. 1.6 Optische Aktivität und Konzentrationsmessung Unter optische Aktivität versteht man die Drehung der Schwingungsebene von linear polarisiertem Licht durch bestimmte Substanzen (z.B. Quarz). Dabei gibt der Drehsinn an, in welche Richtung sich die Polarisationsebene von polarisiertem Licht dreht, wobei die Bezugsrichtung die Blickrichtung entgegen der Bewegungsrichtung des Lichtes ist. Ein weiterer Punkt ist die Konfiguration der Substanz, die mit dem Vorsatz D und L bezeichnet wird, wenn die räumliche Anordnung der Moleküle spiegelsymmetrisch ist. Die Drehung der Polarisationsebene erfolgt durch Doppelbrechung, da sich aufgrund der unterschiedlichen Ausbreitungsgeschwindigkeiten der Komponenten eine Phasenverschiebung ergibt. Optisch aktiv sind vor allem alle organischen Verbindungen, die ein sogenanntes asymmetrisches Kohlenstoff-Atom besitzen, d.h. an jedem Bindungsarm befindet sich ein anderes Molekül (Abb.5). Bei solchen Molekülen gibt es unterschiedliche räumliche Anordnungen, die spiegelsymmetrisch zueinander sind (Spiegelbildisomerie). Diese Isomere werden Antipoden genannt. Ein Gemisch beider Antipoden, das keine optische Aktivität zeigt, wird Razemat genannt. Abbildung 5: Milchsäuremolekül Beispiele für optisch aktive Verbindungen ist das Milchsäuremolekül (Abb.5), Zucker, einige Verbindungen des Zitronensäurezyklus und viele Enzyme. 1.7 Polarisationsmikroskopie Polarisationsmikroskopie behandelt die Untersuchung der Strukturen von optisch anisotroper Objekte. Diese lassen sich unter Beleuchtung mit linear polarisiertem Licht analysieren, da sich deutliche Intensitäts- und Farbkontraste ergeben. 2 Aufgaben 1. (Spezifische Drehwinkel): Bestimmung der spezifischen Drehwinkel [α] von D(-)-Fructose, D(+)Glucose und Saccharose. 2. (Mischprobe): Quantitative Analyse eines Zuckergemisches. 3