Lösungen 6 - Fakultät für Physik

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Ludwig–Maximilians–Universität München – Fakultät für Physik
E1 – Mechanik
Musterlösung
Übungsblatt 6
WS 2014 / 2015
Prof. Dr. Hermann Gaub
Aufgabe 1
Zwei Kugeln der gleichen Masse mit den Geschwindigkeiten ~v und −3~v stoßen elastisch aufeinander. Der Ablenkungswinkel im Schwerpunktsystem sei θ. Zeigen Sie, dass der Winkel α im
Laborsystem immer größer 90◦ ist.
[Hinweis]Überlegen Sie wie die Geschwindigkeiten der Kugeln im Schwerpunktsystem aussehen
und transformieren Sie das ins Laborsystem.
Lösung:
Zuerst berechnet man die Geschwindigkeit des Schwerpunktsystems, die durch
~u =
mv~1 + mv~2
m(~v − 3~v )
=
= −~v
m1 + m2
2m
(1)
gegeben ist. Die Geschwindigkeiten der Kugeln im Schwerpunktsystem sind also 2v und −2v.
Dann berechnen wir die Komponenten der Endgeschwindigkeiten nach dem Stoß. Wenn die
1
x-Achse parallel zu v ist, dann sind im Schwerpunktsystem die Anfangsgeschwindigkeiten
2v
−2v
u~1 =
,
u~2 =
(2)
0
0
Der Impulserhaltungssatz bei gleichen Massen besagt, dass auch die Endgeschwindigkeiten
entgegengesetzt sind, also:
2v
0
2v cos(θ)
~
U1 =
cos(θ) +
sin(θ) =
(3)
0
2v
2v sin(θ)
−v
Diese Geschwindigkeiten werden nun zurück ins Laborsystem transformiert, indem ~u =
0
zu den beiden Vektoren dazu addiert wird:
2 cos(θ) − 1
−2 cos(θ) − 1
~
~
V1 =
v
;
V2
v
(4)
2 sin(θ)
−2 sin(θ)
Also sind V~1 und V~2 Geschwindigkeiten im Laborsystem. Der Winkel α, den die beiden Vektoren
einschließen berechnet man wie folgt:
cos(α) =
(2 cos(θ) − 1)(−2 cos(θ) − 1) + (2 sin(θ))(−2sin(θ))
V~1 · V~2
p
=p
|V~1 ||V~2 |
(2 cos(θ) − 1)2 + 4 sin2 (θ) (2 cos(θ) + 1)2 + 4 sin2 (θ)
1 − 4 cos2 (θ) − 4 sin2 (θ)
3
p
=p
= −p
5 − 4 cos(θ) 5 + 4 cos(θ)
25 − 16 cos2 (θ)
(5)
(6)
Wie man hier sehen kann ist der cos(α) immer negativ. Dadurch ist klar, dass α immer größer
als 90◦ ist.
Aufgabe 2
Ein Wagen (Leergewicht M=500 g) bewegt sich reibungsfrei auf einer Ebene mit der Geschwindigkeit v0 = 10 m
s in x-Richung. Auf dem Wagen ist eine Wanne mit vernachlässigbarer Masse
und der Grundfläche A = 6m2 mit der offenen Seite nach oben befestigt. Plötzlich zur Zeit t = 0,
setzt ein Platzregen mit 180 Litern pro Stunde und Quadratmeter ein. Die Regentropfen fallen
senkrecht.
[Hinweis] Sie mögen das Integral
R
1
a+bx dx
= 1b ln(a + bx) + C nützlich finden.
a) Gilt hier der Impulserhaltungssatz ? Gilt der Energieerhaltungssatz ?
Lösung:
Es gilt der Impulserhaltungssatz aber nicht der Energieerhaltungssatz, da ein inelastischer
Stoß vorliegt.
b) Wie groß ist die Geschwindigkeit des Wagens als Funktion der Zeit ?
Lösung:
Zu beachten ist, dass wegen der Impulserhaltung gilt:
p = mv = m0 v0 = m(t)v(t)
2
(7)
d.h. die Masse ist nicht konstant, da sie eine Funktion der Zeit ist.
kg
kg
dm
1
6m2 = 180
6m2 = 0, 3
= 180
dt
hm2
3600sm2
s
(8)
da ein Liter Wasser natürlich einen Kilogram Wasser entspricht. Integriert man nun dm
dt ,
so ergibt sich
m(t) = m0 + 0, 3kgs−1 · t
(9)
Die Gleichung der Impulserhaltung (7) lässt sich nun nach v(t) auflösen:
v(t) =
0, 5kg · 10 m
m 0 v0
5m
s
=
=
−1
m(t)
0, 5kg + 0, 3kgs t
0, 5s + 0, 3kgs−1 · t
(10)
c) Kommt der Wagen innerhalb der endlichen Strecke zum Stehen ? Begründen Sie ihre
Antwort durch Rechung.
Lösung:
Die zurückgelegte Strecke lässt sich durch Integration von v(t) ermitteln:
Z
Z
5m
m
dt
10
s(t) =
dt = 10
=
ln(1 + 0, 6s−1 · t)
−1
−1
0, 5s + 0, 3kgs t
s
1 + 0, 6s t
0, 6
(11)
Der Wagen kommt nicht zum Stehen, da
ln(x) → ∞
Anders ausgedrückt: Die Geschwindigkeit wird nie Null, da v(t) ∝
(12)
1
t
ist.
d) Welche Kraft muss aufgebracht werden, um die Geschwindigkeit des Wagens konstant auf
dem Wert v0 zu halten ?
Lösung:
Die Kraft ist durch die Impulsänderung definiert:
F =
dm
m
kg
dp
=v
= 10 · 0, 3
= 3N
dt
dt
s
s
(13)
Aufgabe 3
Auf einer Stange mit Höhe h = 12m liegt ein Apfel der Masse M = 0, 5kg. Es wird von einer
Kugel der Masse m = 5g) durchschossen. Die Kugel fällt dreimal so weit von der Stange zur
Erde wie der Apfel. Der Abstand zwischen den Auftreffpunkten ist d = 16m. Beide Körper sind
als Massenpunkte anzusehen. Die Erdbeschleunigung beträgt g = 9, 81 sm2 .
3
a) Was kann man beim inelastischen Stoß über den Gesamtimpuls und über die kinetische
sowie die Gesamtenergie aussagen? Werden diese Größen erhalten ?
Lösung:
Beim inelastischen Stoß wird der Gesamtimpuls erhalten:
pKugel = p0Kugel + p0Apf el
(14)
0
0
mvKugel = mvKugel
+ mvApf
el
(15)
Die kinetische Enerige wird nicht erhalten. Allerdings wird die Gesamtenergie erhalten, da beim
Durchschuss Wärme erzeugt wird:
0
Ekin = Ekin
+W
(16)
b) Wie groß war die ursprüngliche Geschwindigkeit der Kugel vor dem Stoß?
Lösung:
Die Ursprüngliche Geschwindigkeit der Kugel vor dem Stoß ergibt sich aus der Impulserhaltung(Siehe Gleichung 15).
M 0
0
vK = vK
+
v
(17)
m A
Nun sind die Fallweiten von Apfel und Kugel gegeben durch:
0
xA = vA
t
und
0
x K = vK
t
(18)
Die Kugel fällt dreimal so weit von der Stange zur Erde:
xK = 3xA
Die Fallzeiten von Kugel und Apfel sind natürlich gleich:
s
2h
t=
g
(19)
(20)
und deshalb gilt für die Geschwindigkeiten:
0
0
vK
= 3vA
(21)
0
0
0
t
d = xK − xA = (vK
− vA
)t = 2vA
(22)
Nun lässt sich der Abstandt d ermitteln
0 auflöst:
und daraus die Geschwindigkeit des Apfels, indem man nach vA
r
d
g
0
vA =
2 2h
Damit folgt schließlich für die Geschwindigkeit der Kugel vor dem Stoß:
r
M d
g
m
vK = (3 +
)
= 526, 8
m 2 2h
s
4
(23)
(24)
c) Wie viel Wärme wurde beim Durchschuss erzeugt ?
Lösung:
Die Gesamtenergie bleibt erhalten:
1
1
1
2
02
02
Eges = mvK
= mvK
+ M vA
+W
2
2
2
(25)
Nach der Wärme W aufgelöst ergibt sich daraus:
W =
M 02
m 2
02
(vK − vK
−
v ) = 686, 8J
2
m A
(26)
Aufgabe 4
Das Positron e+ ist das Antiteilchen des Elektrons e− . Treffen ein Elektron und ein Positron
aufeinander, dann annhilieren sie sich. Dabei entsteht ein energiereiches Teilchen X als Zwichenzustand, das nach sehr kurzer Zeit wieder zerfällt:
e+ + e− → X → A + B + ...
(27)
Bei Experimenten am Teilchenbeschleuniger möchte man nun, dass als Zwischenzustand ein
Teilchen mit einer möglichst grossen Masse entsteht, damit es in möglichst interessante Endprodukte zerfallen kann.
[Hinweis] Benutzen Sie die Erhaltungssätze für relativistische Energie und Impuls. Die Massen
von Elektron und Positron sind gleich: me = 511 keV
. Mit Masse ist generell immer die ”Ruhec2
masse”gemeint.
a) Zeigen Sie allgemein, dass die Masse des Zwischenzustandes immer grösser oder gleich der
Massensumme der beiden reagierenden Teilchen ist. Betrachten Sie dazu nur den einfachen
Fall, dass das Teilchen 2 ruht und beweisen Sie für diesen Fall die Gleichung:
q
(28)
mX = m21 + m22 + 2m1 m2 γ1
Lösung:
Wir bezeichnen die beiden einlaufenden Teilchen mit 1 und 2 und den Zwichenzustand mit
einem Strich. Dann gelten die Erhaltungssätze für Impuls und Energie:
Impuls : m0 γ 0 v 0 = m1 γ1 v1
(29)
Energie : m0 γ 0 c2 = m1 γ1 c2 + m2 c2
(30)
Das sind zwei Gleichungen für die beiden Unbekannten m0 und v 0 des Zwichenzustands. (γ 0
ist eine bekannte Funktion von v 0 .) Wir bestimmen zunächst v 0 durch Division der beiden
Erhaltungssätze:
m1 γ1 v1
v0 =
(31)
m1 γ1 + m2
5
Dann folt m0 aus der Energieerhaltung:
s
r
2γ 2v2
v2
m
m
γ
+
m
1 1
2
1 1 1
2 − m2 γ 2 1
=
(m
γ
+
m
)
1
−
=
(m
γ
+
m
)
m0 =
1
1
2
1
1
2
1 1 2
γ0
(m1 γ1 + m2 )2 c2
c
(32)
s
q
v12
2
2
(33)
= m1 γ1 1 − 2 + 2m1 m2 γ1 + m22 = m21 + m22 + 2m1 m2 γ1
c
Für v1 = 0, d.h. γ1 = 1, ist die Masse m0 des Zwichenzustands also
q
m0 = m21 + m22 + 2m1 m2 γ1 = m1 + m2
(34)
Sobald Teilchen 1 aber mit von Null verschiedener Geschwindigkeit auf Teilchen 2 trifft,
ist γ1 > 1 und daher auch
q
(35)
m0 = m21 + m22 + 2m1 m2 γ1 > m1 + m2
b) Berechnen Sie die kinetische Energie, mit der man Positronen auf ruhende Elektronen
schiessen muss, damit der Zwichenzustand eine Masse von 90 GeV
hat. Verwenden Sie dazu
c2
die Gleichung aus Teil a).
Lösung:
Wir können die in a) hergeleitete Formel für m0 verwenden und diese nach m1 γ1 auflösen:
q
m0 = m21 + m22 + 2m1 m2 γ1
(36)
aufgelöst nach m1 γ1 ergibt:
m1 γ1 =
1
(m02 − m21 − m22 )
2m2
(37)
Also für das Elektron-Positron-Reaktion:
Ee+ = me γe+ c2 =
1
(m02 − 2m22 )c2
2me
(38)
Die kinetische Energie des Positrons ist also:
Ke+ = Ee+ − me c2 =
1
(m02 − 4m22 )c2
2me
keV 2 2
1
GeV 2
· (90 2 ) − 4 · (511 2 ) c = 7, 9 · 106 GeV
=
c
c
2 · 511 keV
c2
(39)
(40)
Zum Vergleich: Mit heutiger Technologie kann man Positronen und Elektronen auf Energien
von etwa 100 GeV beschleunigen.
6
c) In einem sog. Speicherring kreisen Elektronen und Positronen derselben Energie in entgegengesetzter Richtung und werden an bestimmten Punkten zur Kollision gebracht. Berechnen
Sie die kinetische Energie, auf die man Elektronen und Positronen in einem Speichering
beschleunigen muss, damit der bei der Kollision entstehende Zwischenzustand auch eine
Masse von 90 GeV
.
c2
Lösung:
Wir gehen wieder von den Erhaltungssätzen aus, diesmal aber in der Form:
Impuls : m0 γ 0 v 0 = 0
(41)
Energie : m0 γ 0 c2 = 2me γc2
(42)
Denn der Gesamtimpuls des kollidierenden e+ e− - Paares verschwindet, da sich beide
Teilchen mit gleicher Energie (also wegen gleicher Masse mit gleicher Geschwindigkeit, als
auch gleichem Impuls) in entgegengesetzte Richtung bewegen. Ihre Energien sind dann
jeweils me γc2 .
Aus der Impulserhaltung ergibt sich sofort v 0 = 0, also γ 0 = 1, und damit aus der
Energieerhaltung:
1
me γc2 = m0 c2
(43)
2
Die nötige Energie des Elektrons bzw. Positrons im Speichering ist also genau die Hälfte
der Ruheenergie des zu erzeugenden Zwichenzustands, d.h.
Ee− = Ee+ = 45GeV
(44)
Das ist ein sehr plausibles Ergebnis. Und es ist extrem viel weniger als die benötigte Energie
bei ruhendem Target. Die kinetische Energie K von Elektron bzw. Positron ist sogar noch
ein wenig kleienr, da man von E noch die Ruheenergie der Teilchen E0 = me c2 = 511keV
abziehen muss. Der Unterschied ist aber hier verschwindend gering.
7
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