TU Chemnitz Institut für Physik Physikübungen für Wirtschaftsingenieure WS2003 Lösungsvorschläge für das 3. Übungsblatt 1. Eine kleine Masse rutscht vom höchsten Punkt einer großen Halbkugel vom Radius R reibungsfrei ab. a) In welcher Höhe über der Unterlage hebt sie auf Grund der zunehmenden Geschwindigkeit von der Kugel ab? b) Statt einer Masse rollt eine kleine Kugel r R reibungsfrei auf der Halbkugel ab. In welcher Höhe über der Unterlage löst sie sich von der Kugel? aR g N h α g α R Abb. 1 Abb. 2 a) Betrachtung in verschiedenen Bezugssystemen Inertialsystem: Die Zentripetalkraft, die die Masse auf der Kreisbahn hält, wird gerade eben durch die Normalkomponente m~gN aufgebracht. Bei weiterer Erhöhung der Geschwindigkeit reicht m~gN nicht mehr aus und die Masse verlässt die Kreisbahn. F~zentripetal = m~gN Mitbewegtes System: Die Zentrifugalkraft wird durch die von außen eingeprägte Normalkomponente m~gN der Schwerkraft kompensiert. Die Kräfte heben sich gegenseitig auf und die Masse bewegt sich nicht relativ zu dem mitbewegten Bezugssystem. Bei weiterer Erhöhung der Geschwindigkeit reicht m~gN nicht mehr aus und die Masse bewegt sich relativ zum Bezugssystem, d.h., sie verlässt die Kreisbahn. F~zentrifugal = −m~gN (= −F~zentripetal ) Bedingung für das Abheben |F~R | = |m~aR | = |m~gN | ⇒ |~aR | = |~gN | (~gN : Normalkomponente von ~g ) siehe Abb. 2: Aus Abb. 2 entnimmt man cos α = ggN ⇒ gN = g · cos α 2 Für die Zentrifugalkraft FR gilt: FR = m vR Damit ist die Bedingung für das Abheben: FR = m v2 = m~gN R v2 = gN R Sowohl v als auch gN sind von der Höhe h abhängig, es müssen also v(h) und g(h) berechnet werden. Eine Lösung der Bewegungsgleichung für die Masse würde v(h) liefern, ist aber sehr kompliziert; wesentlich einfacher ist der Weg über die Energie als Erhaltungsgröße! Die Geschwindigkeit v(h) der Kugel ergibt sich aus dem Energieerhaltungssatz (Abb. 1) 1 Egesamt = Epotentiell + Ekinetisch = mgh + mv 2 = const. 2 Zu Beginn ist h = R und v = 0, d.h. Egesamt = mgR. Somit ergibt sich: mgR = mgh + Eingesetzt in aR = v2 R q m 2 v ⇒ v = 2g(R − h) 2 erhält man: aR = 2g(R − h) R Damit wird aus der Bedingung für das Abheben aR = aN (siehe Abb. 2): 2g(R − h) = g · cos α R cos α ergibt sich aus Abb. 1 zu: cos α = h/R Damit ist: 2g(R − h) h =g· R R ⇒ 2R − 2h = h und nach Auflösen nach h: h = 23 R b) Die Bedingung für das Abheben ist wieder aR = gN , es ändert sich hingegen die Geschwindigkeit in Abhängigkeit von der Höhe. Mit Berücksichtigung der Rotationsenergie der rollenden Kugel lautet der Energiesatz: Egesamt = Epotentiell + Ekinetisch = Epotentiell + ETranslation + ERotation 1 ETranslation = mv 2 2 1 ERotation = Jω 2 2 mit dem Trägheitsmoment J. Das Trägheitsmoment einer Kugel um die Schwerpunktachse ist: 2 JKugel = mr2 5 somit ergibt der Energiesatz: 1 1 mg(R − h) = mv 2 + Jω 2 2 2 Der Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit v und der Winkelgeschwindigkeit ω ist beim Abrollen gegeben durch: v v2 ω = ⇒ ω2 = 2 r r Damit lautet der Energiesatz: 1 2 7 mgR = mgh + mv 2 + mv 2 = mgh + mv 2 2 5 10 Analog zum Teil a) berechnet man daraus v: 10 g(R − h) 7 v2 = Eingesetzt in die Bedingung des Abhebens aR = gN bzw. v 2 /R = g · cos α ergibt sich: v2 10g(R − h) h = = g · cos α = g · R 7R R 10 10 7 R− h= h 7 7 7 10 17 ⇒ R= h 7 7 ⇒ 10 R 17 Somit ist die Höhe, in der die Kugel abhebt h = 2. Ein mathematisches Pendel schwingt nach rechts gegen einen Stift, der sich im Abstand s unterhalb des Aufhängepunktes befindet (Abb. 3). a) Man berechne die Schwingungsdauer T des Pendels für s = l/2. wobei l = 1m sein soll. b) In welchen Grenzen ist T durch die Veränderung von s variierbar? l s Abb. 3 a) Für das mathematische Pendel der Länge l gilt: s Tl = 2π l g Die Dauer der halben Schwingung nach links ist demnach 12 Tlinks = 12 2π der halben Schwingung nach rechts Daraus ergibt sich die Gesamtdauer 1 T 2 rechts = 1 2π 2 q l g und die Dauer l−s g s Tgesamt q s l l−s 1 1 = Tlinks + Trechts = π +π 2 2 g g Speziell für s = l/2, d.h. l − s = l − l/s = l/2: s Tgesamt s s l l l 1 =π +π =π (1 + √ ) g 2g g 2 b) Grenzen: s = 0: s Tgesamt s s l l l =π +π = 2π g g g (das ist das ungestörte Pendel !) s = l: s Tgesamt s s l l−l l =π +π =π g g g (halbe Schwingungsdauer, da die Kugel direkt umkehrt) 3. Ein Bolzen mit einer Masse von mB = 25 g fällt auf einen Holzklotz der Masse mK = 1kg, der auf einer Schraubenfeder mit der Federkonstante k = 500 N/m befestigt ist. Er bleibt im Holz stecken und drückt die Feder s = 15cm zusammen. (Die Masse der Feder und der Einfluß der Schwerkraft auf die Bewegung nach den Zusammenstoß sei vernachlässigbar.) a) Mit welcher Frequenz schwingt die Anordnung? b) Wie groß ist die Auslenkung 1,1 s nach Erreichen der ersten maximalen Auslenkung? c) In der wievielten Periode befindet sich die Schwingung? d) Wie groß sind die Maximalwerte der Geschwindigkeit und Beschleunigung? a) Für die Schwingung einer Masse m an einer Feder der Federkonstanten k gilt: ω2 = bzw.: k m r T = 2π m k m m B m m B K K 0 -yo s s k k mit f = 1 T und m = mB + mK ergibt sich: 1 1 f= = T 2π s k = 3.515Hz m b) Ansatz für die Auslenkung y(t) in Abhängigkeit mit der Zeit (s = ym ): s k y(t) = −ym cos ωt = −ym cos t m Anfangsbedingung (t = 0): y(0) = −ym = −15cm Zum Zeitpunkt t1 =1.1 s: s k y(t1 ) = −ym cos t1 = −15cm cos m s ! 500N 1.1s = −13.672cm (0.025 + 1.0)Kgm c) Die Schwingingsdauer beträgt T = 1/f =0.2845 s Anzahl der Schwingungen: n = t1 /T =3.87, d.h. die Schwingung befindet sich kurz vor der Vollendung der 4. Periode d) v(t) = dy(t) = ym ω sin ωt dt der sin ist maximal 1, d.h.: s vmax = ωym = k · 15cm = m a(t) = s 500N m · 0.15m = 3.313 (0.025 + 1.0)Kgm s dv(t) = ym ω 2 cos ωt dt der cos ist maximal 1, d.h.: amax = ω 2 ym = k 500N m · 15cm = · 0.15m = 73.17 2 m (0.025 + 1.0)Kgm s 4. In welcher Höhe über der Erdoberfläche muß ein Satellit rotieren, damit er von der Erde aus betrachtet zu stehen scheint (geostationäre Bahn)? Erdradius re = 6378 km, Erdbeschleunigung an der Erdoberfläche g = 9,81m/s2 . Welchen Winkel muß ω zur Erdachse haben? ωe ω B 2 B S ω ωe 1 1 S S B 2 B 2 S 1 1 2 Bedingung für eine Kreisbahn: Fg = Fz (Kräftegleichgewicht zwischen Zentrifugal- und Gravitationskraft) Gravitationswechselwirkung: m1 m2 Fg = G 2 r Da in dieser Aufgabe G nicht gegeben ist, muss es zunächst aus dem bekannten g an der Erdoberfläche bestimmt werden. Auf der Erdoberfläche (r = re ) wird ein Körper der Masse m von der Erdmasse me mit der Kraft Fg angezogen: Fg = G me m re2 g = mg ⇒ G = re2 me Für beliebige Abstände r gilt dann: me m r 2 g me m me re2 re · 2 · gm = Fg = G 2 = e · 2 = r me r me r r re Fg = r d.h.: 2 gm gr re = gre r 2 Zentrifugalkraft: Fz = mω 2 r Kräftegleichgewicht Fz = Fg : re Fz = mω r = r 2 re2 g ⇒r = 2 ω 3 2 gm 2 gm s 3 ⇒r= re2 g ω2 Um zu erreichen, daß der Satelit über einem Ort auf der Erde zu stehen scheint, muß ω gleich der Winkelgeschwindigkeit der Erddrehung sein. ω = 2π/T (T = 23h56min =86160 s !) s r= 3 re2 g = ω2 s 3 re2 T 2 g 4π 2 s (6378 · 103 m)2 · (86160s)2 · 9.81m/s2 = 42179.0km 4π 2 Daraus ergibt sich die Höhe über der Erdoberfläche: r= 3 h = r − re = 42179km − 6378km = 35771km ≈ 36000km 5. (modifizierte Aufgabenstellung) Das Trägheitsmoment einer eisernen (ρFe = 7.86 g/cm3 ) zylindrischen Schwungscheibe um ihre Symmetrieachse J = mr2 /2, soll a) durch Parallelverschiebung der Drehachse und b) durch Anbringen einer Bleiummantelung (Dichte ρPb = 11.4 g/cm3 ) verdoppelt werden. Zu berechnen sind: a) die Größe der Verschiebung, b) die erforderliche Dicke des Bleimantels. a) Satz von STEINER: J = JSchwerpunkt + ms2 JSchwerpunkt : Trägheitsmoment für die Achse durch den Schwerpunkt J: Trägheitsmoment bezogen auf einen Punkt, der einen Abstand s zu der Achse besitzt Das Trägheitsmoment eines Zylinders des Radius r ist: 1 JZylinder = mr2 2 Verdopplung des Trägheitsmoments durch Verschiebung um s: 1 2 · JSchwerpunkt = 2 · mr2 = J 2 Umstellen nach s: S.v.Steiner = s 1 2 mr + ms2 2 r2 2 b) Gesucht: Trägheitsmoment eines Hohlzylinders (ra : äußerer Radius; ri = r: innerer Radius, Höhe H) Lösung durch Integration: Z JHohlzylinder = r2 dm s= V mit: dm = ρPb dV = 2πrhdr 1 2πr4 hρPb ra |ri = ρPb πh(ra4 − ri4 ) 4 2 ri Eine einfachere Berechnung ist durch Subtraktion der Trägheitsmomente für Zylinder möglich: JHohlzylinder = Z ra 2πr3 hρPb dr = 1 1 JHohlzylinder = mra ra2 − mri ri2 2 2 Die Massen ergeben sich aus den Dichten: ρ = m/V ⇒ m = ρ · V = ρ · πr2 h 1 JHohlzylinder = ρPb πh(ra4 − ri4 ) 2 Verdopplung des Trägheitsmoments: JSchwerpunkt + JHohlzylinder = 2 · JSchwerpunkt 1 1 1 mFe r2 + ρPb πh(ra4 − ri4 ) = 2 · mFe r2 2 2 2 r = ri 1 1 ⇒ ρPb πh(ra4 − ri4 ) = mFe ri2 2 2 mit: ρ = m/V ⇒ m = ρ · V = ρ · πr2 h ergibt sich: ρPb πh(ra4 − ri4 ) = ρFe πri4 h v s u 4 4 u ρFe + ρPb 4 ρFe ri + ρPb ri t ⇒ ra = = 4 ri4 ρPb ρFe s ra = r i 4 1 + s 4 ra = ri 1 + ρFe ρPb 7.86 = 1.14 · ri 11.4