Gastroenterologie Chemotherapie Was ist das eigentlich ? Patientenvortrag Tillman Deist Facharzt für Innere Medizin Gastroenterologie, Proktologie, Onkologie und Nephrologie, internist. Röntgendiagnostik MVZ Ebern - Gastroenterologie Coburger Str. 17 Chemotherapeutika sind Zellteilungs- Gifte Gastroenterologie Colchizin = das Gift der Herbzeitlosen hemmt die Teilung der Chromosomen (Vorraussetzung für jede Zellteilung / Wachstum) Sie machen sich die Tatsache zu Nutze, dass Tumorzellen schneller wachsen, sich somit schneller teilen (müssen), als normale Zellen im Körper Ribosomen = Kraftwerke der Zelle Mitose/M-phase: Trennung der Chromosomen Wirkprinzipien der Chemotherapeutika (1) Die DNA ist nichts anderes als die Aneinanderreihung der 4 verschiedenen Purinen und Pyrimedinen (s.u.). Wie ein Morsealphabet verschlüsselt die Reihenfolge dann Information Purine und Purimedine •Thymin •Cytosin •Guanin •Adenosin Vor der Zellteilung: •Öffnen der Helix •Anfertigung identischer Kopien •Wiederverschluß jetzt 2 er Helices Proteinsynthese (1): •Öffnen der Helix •Bildung von RNA- Kopien •Thymin Uracil Proteinsynthese (2) •RNA wandert an Ribosomen •Für jede Nukleinsäurefolge wird eine Aminosäure angekettet Wirkprinzipien der Chemotherapeutika (2) Chemotherapeutika setzen in verschiedenen Phasen des Zellzykluses an Wirkprinzipien der Chemotherapeutika (3) Gastroenterologie Verschiedene Angriffsmechanismen auf die Zellteilung: • Einschleusen falscher Purine und Pyrimedine. Dadurch bricht die DNA und RNA Synthese ab • Hemmung des Enzyms, das die einzelnen Bausteine wiederzusammensetzt • Eingehen von Verbindungen mit der offenen Helix, sodass kein Ablesen erfolgen kann oder sich die Helix nicht mehr schließen läßt • Einbau falscher Bausteine in die gebildeten Proteine, die dadurch wertlos werden • Hemmung der Vorbereitungen der Zellteilung Gastroenterologie „Biologicals“ - Eingriff in die Steuerung der Wachstumsprozesse einer Zelle - Ligand Rezeptoren an der Oberfläche von Zellen Wirkung nach Schlüssel- Schloß Prinzip Zellwachstum bei Besetzung des Rezeptors PTEN P13K Tyrosinkinase SOS GrB2 RAS ShC p ShC AKT p p p NFκB G5K3 mTOR FKHR Bad RAF1 MEK MAPK Zellwachstum Stat3 Zellzyklusprogression Angiogenese Metastasierung (Gefäßwachstum) (Streuung) Zellüberleben Zellwachstum (Gefäßwachstum) (Streuung) Gastroenterologie „Chemotherapie“ - Schemata und Protokolle - Chemotherapie wird in Kombinationen und Zyklen appliziert. z.B.: • CHOP- Chemotherapie – Cyclophosphamid – Doxorubicin (Adriamycin) d1 – Vincristin – Prednison mg pro m² Körperoberfläche Tag 750 mg/m² d1 50 mg/m² 1,4 100 mg/m² mg p.o. d1 d1-5 Wiederholung alle 3 Wochen, d.h.:an Tag 22 • Folfox 4 – – – – 5 Floururacil (kontinuierlich) 5 Floururacil (als Bolus) Folinsäure Oxaliplatin 600 400 200 85 mg/m²/24h mg/m² mg/m² mg/m² Wiederholung alle 2 Wochen Als Beispiel: 2 bekannte Chemotherapie Protokolle d1+2 d1+2 d1+2 d1 Problem der Verlaufsbeurteilung - Staging – Restaging Fieberhafte Pneumonie Nach 3 Tagen noch Fieber Zunehmende Infiltration nach 3-5 Tagen/ Thorax Wechsel des Antibiotikums Chemotherapeutika •Sind Gifte, können dem Patienten auch schaden •Wirken langsam •Tumore lassen sich klinisch meist nicht erfassen •Auch ein Wachstumsstillstand kann ein Erfolg sein •Palliative Therapiesituation •Curative Therapiesituation Staging- Untersuchungen - möglicht histologisch gesicherter Läsionen • Lebermetastasen • Lymphknotenmetastasen • • • • Hautmetastasen Pleurerguß Ascites Primärherd • Tumormarker - Größenausmessung mittels Ultraschall oder Computertomographie(CT) - Größenausmessung mittels Ultraschall oder Computertomographie(CT) Tasten (Palpation) = Größenschätzung - Tasten (Palpation) = Größenschätzung - Punktion (Menge) Röntgen- Thorax - Menge messen, Ultraschall - CT, Endoskopie, Inspektion, (Vaginal/Rektal)- Sonographie - Messung im Blut Verlaufsbeurteilung - Nomenklatur • 5 Jahres- Überleben: • Medianes Überleben: • CR: • PR • Ansprechen: • No Change/ • PD „Heilung“ in % durchschnittliches Überleben in Monaten/Jahre Complete response (komplette Remission) des Tumors partial response (partielle Remission) >= 50% PR + CR Remission Rate (RR) Keine Veränderung /stabile Erkrankung -30% - +20 % Tumorgrößenveränderung progressive disease (fortschreitende Erkrankung, Tumorvergrösserung um +- 20 % und mehr) Tumormarker Ca 12-5 Eierstock Ca 15-3 Brust CEA Darm, Magen (Bauchspeicheldrüse) CA 19-9 Pankreas, biliäres System Ca 72-4 Magen AFP Hepatozelluläres Ca, Teratom HCG Seminom, Teratom NSE Kleinzelliges Bronchial Ca SCC, Cyphra 21 Plattenepithel Ca der Lunge Beta2Microglobulin Lymphome S 100 Melanom Chromogranin A Neuroendokrine Tumore Ziel einer Chemotherapie (1) • Heilung nur durch Chemotherapie (curative Chemotherapie) • Akute Leukämien • Hodgkin Tumore (Lymphknotenkrebs) • Non Hogkin Tumore (Lymphknotenkrebs) – hochmaligne • Hodentumore • Sarkome (Weichteiltumore) Wenn Heilung möglich ist Dann: Maximale Dosis Viele Nebenwirkungen akzeptabel Ziel einer Chemotherapie (2a) • Verbesserung der Heilungschancen nach erfolgreicher Operation (adjuvante Chemotherapie) • • • • Mamma Carcinom (Brustkrebs) Colon Carcinom (Darmkrebs) Ovarial Carcinom (Eierstockkrebs) Pankreas Carcinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) Für ein um einige Prozent gebessertes 5 Jahresüberleben überschaubarer Zeitraum postoperativ !! Nur moderate Nebenwirkungen akzeptabel Ziel einer Chemotherapie (2b) • Verbesserung der Heilungschancen nach erfolgreicher Operation (adjuvante Hormon- Chemotherapie) • Mamma Carcinom (Brustkrebs) • Prostata Carcinom (Prostatakrebs) Es entstehen fast keine Nebenwirkungen Wechseljahrbeschwerden Testosteronentzug Ziel einer Chemotherapie (3) • Verzögerung des Wachstums einer Tumors ohne Chance auf Heilung (palliative Chemotherapie) • • • • • • • • • Mamma Carcinom (Brustkrebs) Colon Carcinom (Darmkrebs) Bronchial Carcinom (Lungenkrebs) Magen Carcinom (Magenkrebs) Cholangiozelluläres Carcinom (Gallenwegskrebs Pankreas Carcinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs) Nierencell Carcinom (Nierenkrebs) Hepatocelluläres Carcinom (Leberzellkrebs) Larynx/Pharynx Carcinom (Kehlkopf/Rachenkrebs) Wenn Lebensverlängerung ohne Heilung, dann muss dies Leben lebenswert sein, Nebenwirkungen nicht akzeptabel Ziel einer Chemotherapie (4) • Verkleinerung eines Tumors um eine bessere Operabilität zu erreichen (neoadjuvante (Strahlen) Chemotherapie) • Rectum Carcinom (Enddarmkrebs) • Mamma Carcinom (Brustkrebs) • Magen / Speiseröhren Carcinom Nebenwirkungen spielen geringere Rolle, da „sehr“ kurzer Therapiezeitraum, Patient muss am Ende noch operabel sein Nebenwirkungen Differentialwirkung auf verschiedene Zellsysteme (1) • Langsam proliferierende Körperzellen – Nervenzellen Parästhesien bei Cisplatin. Therapeutische Optionen gering, allenfalls – – – – – Vit B Komplex (Neurotrat forte) Carbamazepin (Tegretal) Gabapentin (Neurontin) Calcium Magnesium Infusionen vor Chemo Venlafaxin / Xaliproden – Knochenzellen – Bindegewebe – Erbgut insgesamt: Zweittumore (meist Lymphome) ab 10-15 Jahre nach der initialen Therapie Differentialwirkung auf verschiedene Zellsysteme (2) – Schnell proliferierende Körperzellen Zellart Normwerte Klinisches Symptom Therapieänderung Begleitmedikation Lymphozyten Keine Infektanfällig-keit (Viren) keine Influenza Impfung, Virostatika?, (Mistel) Erythrozyten <7-8 mg/dl Anämie Cave KHK Keine (?) Transfusion (Erythropoetin) (Neutrophile) Granulozyten < 3 GPt/l (I) <0,5 Gp/l (IV) Fieber, Blutvergiftung (opp.Keime) Wachstumsfaktoren Thrombozyten < 30 GPT/l Spontanbltg Petechien, Haut/GI/Blase Epithelzellen des Darms Keine Diarrhoe (Soor), Übelkeit, Erbrechen Verschieben des Therapiedurchganges bis >3, bzw >100 GPT/l, Dosisreduktion (75%) Zellen des Haarfollikels Keine Haarausfall keine Perücke Thrombozytentransfusionen Symptomatisch +Loperamid/ Imodium Nebenwirkung der „Biologicals“ • • • • • • Akute allergische Reaktionen (Schock) Hautveränderungen (Akne- artig) Nagelbett entzündungen Blutdruckerhöhungen Wundheilungsstörungen Müdigkeit, Gewichtsabnahme Keine Nebenwirkungen, die denen der üblichen Chemotherapeutika entsprechen Therapie gegen Erbrechen (1) Verschiedene Chemotherapeutika machen verschiedenstarkes Erbrechen !! Antezipatorisches Nur durch konsequente Therapie des akuten Erbrechen Erbrechen zu vermeiden Am schwierigsten zu Behandeln Früherbrechen Erbrechen während der Infusion bzw. am Tag der Infusion – Therapie gut möglich Späterbrechen Erbrechen ab Tag 2 heute das Hauptproblem Unterscheidung von Tumor- bedingter Übelkeit Therapie gegen Erbrechen (2) Neurokinin-1-Antagonist (Aprepitant, Emend ®) Hoch wirksam gegen die Akutwirkung (125 mg i.v.) Gut wirksam peroral auch gegen Späterbrechen Serotoninantagonisten (Zofran®, Anemet ®, Navobane ®, Kevtril ®) Sehr potent direkt vor Chemo Weniger sichere Wirkung p.o. bzw. dauerhaft Steroide (Cortison) z.B. Dexamethason 8 (16) mg vor Chemotherapie, 3 x 4 mg p.o. an d 2+3 Metoclopramid (Paspertin®) I.V. vor Chemotherapie 4 x 1 Tbl (20 Tropfen/ 1 Supp) während der Therapie und evt einige Tage danach Neuroleptika ( Atosil ®, Melperon ® Zyprexa ®, Haloperidol ®) Benzodiazepin (Valium ®, Diazepam, Tranxilium ®)