PDF deutsch - Interpharma

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KLEINE VIREN
– GROSSE WIRKUNG
JUST A VIRUS !
Dieses Begleitheft zum 3D-Film
Zusätzliche Informationen fin-
Filmpräsentationen mit
Didaktische Hinweise
« Just a Virus ! » ( 8 Minuten )
den sich auf der Web-Seite : www.
Begleitmaterial können
Die Kapitel sind so organisiert,
ergänzt und vertieft das Thema
biotechlerncenter.interpharma.ch
angefordert werden bei :
dass auch einzelne Themen
« Grippe-Viren ». Das Material
( Just a Virus ! ). Auch können
eignet sich besonders für
weiterführende Arbeits­blätter
Janine Hermann
benen Abfolge) erarbeitet
den Unterricht in Biologie oder
heruntergeladen werden.
Leiterin Educationals
werden können. lllll Basis-
Chemie auf Sekundar- und Gym-
Zudem stehen dort ein Bio-In-
Interpharma, Petersgraben 35
kenntnisse in Molekular- und
nasialstufe. Es hilft, spannende
formatikprogramm sowie
Ch-4003 Basel
Zell–Biologie werden für
Lektionen zu einem aktuellen
Vorschläge für die Unterrichts-
Mobile +41( 0 )79 791 49 81
die individuelle Lektüre voraus-
und vieldiskutierten Thema zu
gestaltung zur Verfügung. lllll [email protected]
gesetzt. lllll Schülerinnen und
gestalten und ist auch eine gute
Wir hoffen, dass viele Lehrerin-
Schüler ohne Vorkenntnisse
Informationsgrundlage für
nen und Lehrer sich für das aus
benötigen einen einführenden
weiterführende individuelle
verschiedensten Blickwinkeln
oder begleitenden Unter-
Arbeiten. lllll Dieses Begleitheft
aufgezeigte Thema « Influenza »
richt. lllll Die einzelnen Themen
will mit dem Schwerpunktthema
interessieren und ihre Schul-
eignen sich gut für Gruppenarbeit
« Influenza » bestehende
klassen für das biologische,
oder zur Vorbereitung individu-
Fachbücher ergänzen und
chemische und medizinische
eller Vorträge im Unterricht. lllll neuste Forschungsresultate und
Phänomen « Grippe-­ Viren »
Das Kapitel zur Grippeüberwa-
Problemkreise einbringen.
begeistern können.
chung ( Seite 14-15 ) kann auch
(nicht zwingend in der vorgege-
unabhängig von vertieftem Biologiewissen erarbeitet werden. lllll Auf der letzten Seite
finden Sie die Lernziele jedes
Kapitels.
Umschlag : Bilder aus dem
3D-Film « Just a Virus ! ».
Dendritische Zellen.
Graphik : Influenza-Virus,
S. 3. ( F. Höffeler )
10-11 20-21 4-7 16-17 18-19 14-15 12-13 2-3 8-9 22-23 viren allgegenwärtig !
Grippe-viren… …Influenza-viren
viren im Angriff !
Klein und in geringer Zahl – aber
bedeutende Wachposten !
Hauptakteure der Influenzainfektion
Das Influenza-Virus welt­weit
überwacht…
…und in Laboratorien weltweit analysiert
Die Forschung ist gefordert !
Bioinformatik –Influenza-Viren
glossar
INHALTSVERZEICHNIS
Kapsid-Protein
Bakteriophage T4 (Bakterien-Virus)
Aufsicht auf Kapsid
Doppelsträngige DNA/
dsDNA
Kopf
Tabak-Mosaik-Virus/TMV (Pflanzen-Virus)
Einzelsträngige
RNA / ss(+)RNA
Kapsid-Protein
Aufsicht auf Kapsid
Schwanz
Schwanzfiber
Bakteriophage T4 (Bakterien-Virus)
Bakteriophage T4 (Bakterien-Virus)
Maul- und Klauenseuche-Virus (Tier-Virus)
Kopf
Kapsid
Kopf
Doppelsträngige DNA/
dsDNA
Doppelsträngige DNA/
Einzelsträngige
dsDNA
RNA /ss(+)RNA
Schwanz
Schwanz
Schwanzfiber
Schwanzfiber
Maul- und Klauenseuche-Virus (Tier-Virus)
Maul- und Klauenseuche-Virus (Tier-Virus)
Influenza-Virus A (Tier-Virus, menschliches Grippe-Virus)
Einzelsträngige
Bakteriophage
T4 (Bakterien-Virus)
Hülle
Kapsid
RNA /ss(+)RNA
Einzelsträngige
Matrixproteine
RNA /ss(+)RNA
Kapsid
Polymerase
Doppelsträngige DNA/
dsDNA
Hämagglutinin
Neuraminidase
Kopf
Schwanz
Einzelsträngige
RNA/ss(-)RNA
Schwanzfiber
mit Proteinen umhüllte
RNA (8 verschiedene
Chromosomen)
Influenza-Virus A (Tier-Virus, menschliches Grippe-Virus)
Hülle
Influenza-Virus A (Tier-Virus, menschliches
Grippe-Virus)
HIV (Menschliches Immunschwäche-Virus)
Hülle
Matrixproteine
Maul- und Klauenseuche-Virus (Tier-Virus)
Hülle
Matrixproteine
Kapsid
Einzelsträngige
RNA/ss(-)RNA
Einzelsträngige
RNA/ss(-)RNA
Einzelsträngige
RNA /ss(+)RNA
Polymerase
Matrixproteine
Polymerase
Hämagglutinin
Glykoprotein
Einzelsträngige
Neuraminidase
RNA /ss(+)RNA
Hämagglutinin
mit Proteinen umhüllte
Neuraminidase
RNA (2 identische
Chromosomen)
mit Proteinen
Integrase
und umhüllte
Protease
RNA (8 verschiedene
mit Proteinen umhüllte
Chromosomen)
RNA (8 verschiedene
Chromosomen)
Reverse Transkriptase
HIV (Menschliches Immunschwäche-Virus)
HIV (Menschliches Immunschwäche-Virus)
Hülle
Hülle
Matrixproteine
Influenza-Virus A (Tier-Virus, menschliches Grippe-Virus)
Matrixproteine
Glykoprotein
Hülle
Glykoprotein
mit
Proteinen umhüllte
Matrixproteine
RNA (2 identische
mit Proteinen umhüllte
Chromosomen)
RNA (2 identische
Polymerase
Integrase und Protease
Chromosomen)
Hämagglutinin
Integrase und Protease
Neuraminidase
Einzelsträngige
RNA /ss(+)RNA
Einzelsträngige
2
RNA /ss(+)RNA
Einzelsträngige
RNA/ss(-)RNA
Reverse Transkriptase
Reverse Transkriptasemit Proteinen umhüllte
RNA (8 verschiedene
Chromosomen)
Tabak-Mosaik-Virus/TMV (Pflanzen-Virus)
Tabak-Mosaik-Virus/TMV
(Pflanzen-Virus)
Einzelsträngige
RNA / ss(+)RNA
Einzelsträngige
RNA / ss(+)RNA
Kapsid-Protein
Kapsid-Protein
Aufsicht auf Kapsid
Aufsicht auf Kapsid
Virus ( lat. Gift,
Schleim, Gestank )
Viren sind Partikel mit
einem Genom aus doppelsträngiger oder
einzelsträngiger DNA
oder RNA von unterschiedlichster
Grösse.
Tabak-Mosaik-Virus/TMV
(Pflanzen-Virus)
Einige sind
von
Kapsid-Protein
einer Protein­hülle um­
schlossen ( bAufsicht
ehüllte
auf Kapsid
Viren ), andere sind
nackt. Vermehren können sie sich nur in
lebenden Zellen,
an die sie nach einem
Schlüssel- SchlossPrinzip andocken und
in sie eindringen.
Einzelsträngige
RNA / ss(+)RNA
Viren besitzen keinen
eigenen Stoffwechsel.
Sie benutzen den Syntheseapparat der Zelle,
die sie befallen haben.
→ wirtsspezifisch / organspezifisch.
Viren sind für Pflanzen, Tiere und Menschen gefährliche Krankheitserreger. Einzelsträngige
RNA / ss(+)RNA
viren allgegenwärtig !
Tabak-Mosaik-Virus/TMV (Pflanzen-Virus)
Aufnahmen mit Elektronenmikroskop ( EM )
Tabak-Mosaik-Virus / TMV,
Bakteriophage T4,
Influenza-Virus A,
HIV,
Länge 300 nm, ∅ 18 nm
Länge 111 nm, ∅ 78 nm
∅ 80-120 nm
∅ 100 - 120 nm
Die Gene der acht viralen Chromosomen
Ribonukleotide
A
G
U
C
1 Neuraminidase ( NA )
5 Ionenkanal ( M2-Protein )
2 Hämagglutinin ( HA )
6RNA-Polymerase-Komplex
3Matrixprotein
7Nukleoprotein
4Virushülle
8 virale RNA
Viren
Viren sind kleinste, für das Auge
unsichtbare Partikel und können viel
bewirken : Sie befallen nicht nur
Bakterien → Bakteriophagen, sondern
gehören für Pflanzen, Tiere und Menschen zu den gefährlichsten Krankheitserregern. lllll Ende 19. Jahrhundert
suchten niederländische Forscher nach
der Ursache einer Tabakpflanzenkrankheit. Filtrierungsexperimente zeigten
deutlich, dass die Krankheit nicht durch
Bakterien verursacht wurde → Beijerinck. lllll 1935 konnten die Erreger
kristallisiert werden. Die im Elektronen­
mikroskop als feine Stäbchen erkennbaren Partikel (S. 3) sind seither als
Tabak-Mosaik-Viren bekannt → Bernal
→ Klug. lllll Mit Bakteriophagen T
und Escherichia coli konnte 1952
in einem Experiment ( Hershey-ChaseExperiment ) eindeutig bewiesen
werden, dass allein die Information
der Phagen-DNA ausreicht, um in Bak-
RNA-Polymerase-Komplex
(RNA-Polymerase +
zwei Bindeproteine)
terien neue Phagen entstehen zu
lassen. Damit wurde gezeigt, dass die
DNA die Trägerin der Erbinformation
ist → Hershey-Chase Experiment.
Influenza-Viren A
Influenza-Viren A befallen Menschen,
Vögel, Schweine und Pferde → Vogelgrippe → Schweinegrippe. lllll Bei
der saisonalen Grippe erkranken in der
Schweiz jedes Jahr zwischen Dezember
und März etwa 200‘000 Menschen
an akuten Atemweginfektionen
→ Grippesymptome → Influenza. lllll Das Virus wird hauptsächlich durch
Tröpfchen ( Aerosole ) übertragen
( Husten, Niesen ). lllll Beim Menschen
befallen Influenza-Viren die Bronchien
und seltener auch die Lungenbläschen.
Auf diesen Körperzellen sitzen Membranproteine, die von den InfluenzaViren als Rezeptoren genutzt werden.
Oberflächenproteine des InfluenzaVirus binden dort nach dem Schlüssel-
RNA-Polymerase
virale RNA
RNA-Polymerase-Bindeprotein 2
8
4
RNA-Polymerase-Bindeprotein 1
3
Hämagglutinin
6
7
Nicht-Struktur-Proteine
2
Nukleoprotein
M1-/M2-Proteine
5
Neuraminidase
1
Influenza-Virus-Chromosomen
Nukleoprotein
Aufbau eines Influenza-Virus
Schloss-­Prinzip an. Sobald das Virus
angedockt hat, wird es von der Zelle
mit einer Membranhülle umschlossen
und als Vesikel ins Zellinnere geschleust,
wo ein Vermehrungszyklus beginnen
kann.
Aufbau
eines Influenza-Virus
Das Genom des Influenza-Virus besteht aus 8 viralen → ss( – )RNA-Strängen unterschiedlicher Länge, die für
alle Virusproteine kodieren. Sie liegen
mit Nukleoproteinen und einem
RNA-Polymerase-Komplex in einer
Hülle aus Matrixproteinen. Daran lagert sich eine äussere Virushülle an.
Membranproteine der Virushülle,
wie Hämagglutinine ( HA ) und Neuraminidasen ( NA ) sind für das Eindringen
in die Zelle und das Verlassen der Zelle
verantwortlich.
3
12
Freisetzen
der Viren
1
Adsorption
11
Festsitzen an
Zellmembran
Virus
Zellmembran
2
Zellplasma
9b
Knospung
neuer
Viren
Endozytose
8a
Transport
von Membranproteinen
ER
7a
Translation
von Membran9a
proteinen
Transport
von Matrixproteinen
3
Öffnung
des Endosoms
Ribosom
6a
Translation
von Proteinen
10
4
Transport
von Nukleoproteinen
Wanderung
in den Zellkern
Kernpore
8b
5a
Vom Nukleus
zur Virushülle
Zellkern
mRNA
-Synthese
4
5b
Erster Replikationsschritt
6b
Zweiter
Replikationsschritt
7b
Bildung
der viralen
Chromosomen
Grippe-viren…
1
Beim Influenzavirus dauert
ein Infektions-Zyklus ( 1–12 ) etwa
vier Stunden.
Viren nähern sich der Bronchienoberfläche,
docken an Zellrezeptoren an und werden ins
Zellinnere geschleust
2
1 Adsorption Hämagglutinine
des Influenza-Virus binden an spezifische Membranproteine menschlicher
Bronchialzellen, die ihnen als Rezeptoren dienen. Diese Membranproteine
tragen auf der Aussenseite kurze
Zucker­ketten, an deren Ende eine Sialinsäure sitzt.
2 Endozytose Die Zelle schleust
das Virus in Vesikeln ( → Endosomen )
verpackt ins Zellinnere ( Zytosol ).
→ Endozytose.
Im Zellinnern ist das Virus in ein Endosom
verpackt
3
Virale Chromosomen diffundieren aus dem
Endosom ins Zellplasma
5a
5b
Im Zellkern wird die virale Erbsubstanz
(RNA ) repliziert und transkribiert
Das Influenza-Virus dringt in die Zelle ein,
vermehrt sich und verlässt die Zelle.
3 Öffnung des Endosoms Die Endosomen wandern zum Zellkern.
Dabei werden Protonen (H+) in diese
Endosomen gepumpt. Im Innern sinkt
der pH auf etwa 5. Dadurch ändern
die Hämagglutinine ihre räumliche
Struktur. Die Virusmembran kann mit
der Membran des Endosoms fusionieren (« verschmelzen »). Es entstehen
Öffnungen im Endosom und die viralen Chromosomen strömen aus.
4 Wanderung in den Zellkern Durch Nukleoporen gelangen
die viralen Chromo­somen in den Zellkern. Hier lösen sich die Nukleopro­
teine von den → ss( – )RNA-Strängen.
5a mRNA-Synthese Die ss( – )
RNAs werden zu → ss( + )RNAs transkribiert, die dann virale mRNAs sind.
Die virale RNA-Polymerase, die
das Virus an den RNA-Segmenten in
die Zelle schleust, kann nicht ohne
RNA -Vorlaufsequenz ( Primer ) die Transkription beginnen. Daher schnappen
die viralen Eindringlinge im Zellkern
der zellulären mRNA die Kappen weg.
→ Kappe weg !
5b Erster Replikationsschritt Das virale Genom wird zunächst von
ss( – )RNA zur ss( + ) transkribiert.
6a Translation von Proteinen Die virale mRNA gelangt ins Zytosol.
An freien Ribosomen werden
die Matrix- und die Nukleoproteine,
sowie die Komponenten des Polyme­
rase-Komplexes synthetisiert.
6b Zweiter Replikationsschritt Die ss( + )RNA dient als
Kopiervorlage zur Bildung der ss( – )
RNA, die das Genom der neuen
Viren darstellen.
7a Translation von Membran­
proteinen Die viralen Hüllproteine,
z.B. HA und NA, werden von Ribosomen in Proteine übersetzt, die an den
Membranen des Endoplasmatischen
Retikulums ( ER ) gebunden sind. Dadurch werden die Proteine während
ihrer Synthese direkt in die Membran
eingebaut.
7b Bildung der viralen Chromosomen Nukleoproteine und der Polymerase-Komplex binden an die
fertigen neuen ss( - )RNAs.
8a Transport von Membran­
proteinen Membranvesikel, die virale
Hüllproteine wie Hämagglutinine und
Neuraminidasen enthalten, schnüren
sich vom ER ab und gelangen zur Zellmembran, mit der sie verschmelzen.
8b Vom Nukleus zur Virus­
hülle Die im Zellkern zusammengebauten Chromosomen wandern durch
die Kernporen ins Zytoplasma und
finden den Weg zur sich neu bildenden
Virushülle mit den Matrixproteinen.
9a Transport von Matrix­
proteinen Matrixproteine werden
im Zytosol an freien Ribsomen gebildet.
Sie wandern zur Zellmembran. Dort, wo
die viralen Hüllproteine sitzen, lagern
sie sich unter die Membran und bilden
eine Schicht aus Matrixproteinen.
9b Knospung neuer Viren Das neue Virus baut sich schrittweise
zusammen und schnürt sich von
der Zellmembran ab.
10 Transport von Nukleo­
proteinen und RNA-Polymerasen Nukleoproteine und Bestandteile
des viralen Polymerasenkomplexes
werden an freien Ribosomen gebildet
und dann wieder in den Zellkern geschleust.
11 Festsitzen an Zellmembran
Die Viruspartikelbildung ist abgeschlossen, doch meistens bleiben die Partikel
mit den Hämagglutininen noch an
den Zellrezeptoren hängen (S. 12).
12 Freisetzen der Viren Das virale
Hüllprotein Neuraminidase schnürt
das neu gebildete Virus vom Zelloberflächenrezeptor ab. Die befreiten Viren
können nun neue Zellen infizieren
und sich weiter vermehren.
5
Zellrezeptor mit Sialinsäure
Rezeptor
5´-Kappe
der zellulären mRNA
OH
COO-
H C H
H C
HO
OH
OH
C H
O
H3C
O
O
…Influenza-viren
Sie heften sich an spezifische
Zell­rezeptoren an und entreissen der Zelle die «Kappen» der Boten-RNA (mRNA ).
6
Kappe weg ! ( Cap-snatching )
C
C
H2
O
HO
NH
HO
O
HO
Kappe weg !
2-3 Bindungen bei Schweinen,
Vögeln und Pferden; bei Menschen
in Lungenbläschen
RNA-PolymeraseKomplex
an viraler ( – ) RNA
2-6-Bindungen bei
Schweinen; bei Menschen
in Bronchien
N-Acetyl-Neuraminsäure
(Sialinsäure)
Galactose
2
3
2-3-Bindung
virale ( + ) RNA
2
2-6-Bindung
6
virale ( – ) RNA
Kappe weg ! ( « Cap-snatching » )
Viren müssen zu ihrer Vermehrung
den Syntheseapparat der Zelle nutzen.
Zur Transkription, Replikation und
Translation nutzen sie Nukleotide und
Aminosäuren der Zelle (Seite 4 und 5).
lllll Zudem entreissen sie den zellulären mRNAs die → 5’-Kappen. Die virale
Polymerase, aus drei Untereinheiten
bestehend, schneidet durch ihre
Endonuklease von der zellulären mRNA
die 5’-Kappe mit etwa 10-15 Nukleotiden ab. Diese dient der viralen Polymerase dann als Vorläufersequenz
( Primer ) für die Synthese der viralen
mRNAs. lllll Die 5’-Kappen sind für
mehrere Prozesse von entscheidender
Bedeutung. Sie schützen die mRNAs
vor frühzeitigem Abbau, sind wichtig
für den Transport aus dem Nukleus
und helfen den Ribosomen beim Beginn der Translation. Mit dem Abschneiden der 5’-Kappen zellulärer mRNAs
legen die Viren die Synthese zelleigener
Proteine lahm .
Zellrezeptor mit Sialinsäure
Influenza-Viren binden mit dem Oberflächenprotein Hämagglutinin an verschiedene zelluläre Membranproteine,
die Zuckerreste mit endständiger
Sialinsäure tragen. An → Epithelzellen
der menschlichen → Bronchien ist
die Sialinsäure über eine alpha-( 2,6 )Bindung an die Galaktose gebunden
und an Zellen der Lunge über eine
a-( 2,3 )-Bindung. lllll Es existieren
insgesamt 16 verschiedene Hämagglutinine ( H1, H2, H3… ), von denen
jedes Virus nur eine Variante trägt.
Die Varianten binden zum Teil
unterschiedlich stark an die 2,6- und
die 2,3-Bindung.
Influenza-Viren gelangen mit der Atemluft in den Körper
Viren nähern sich der Bronchial-Aussenmembran, die von Flimmerhärchen bedeckt ist
7
Influenza-Viren gleiten diesen Härchen entlang zur Membran
Natürliche Killerzellen wandern zu infizierten Zellen
Natürliche Killerzellen greifen infizierte Zellen an
Lymphozyten stossen Antikörper aus
Antikörper fangen Viren ab
Antikörper fangen Viren ab, bevor diese
an Zellrezeptoren andocken können
Dendritische Zelle mit ihren charakteristischen Ausstülpungen fängt Erreger ein
Täglich kommen wir mit Viren in
Kontakt. Nur gut, dass wir ein wirksames Immunsystem besitzen.
Es nimmt mit diesen Eindringlingen
den Kampf auf. Es schaltet auch
die von Viren befallenen Zellen aus,
sodass sich die Viren in diesen Zellen
nicht weiter vermehren können. lllll
Die → Immunität der Wirbeltiere
gegen Erreger ist zum einen → angeboren, zum anderen → erworben. Ist
ein Virus, wie das Grippe-Virus, in
den menschlichen Körper gelangt,
so befällt es Zellen und vermehrt sich
darin.
Angeborenes
Immunsystem
Natürliche Killerzellen ( → NK-Zellen )
gehören zur angeborenen Immunität
8
und können sehr rasch eingreifen.
Sie zirkulieren durch den Körper und
spüren Zellen auf, die mit Viren infiziert
sind. Dies gelingt ihnen dank Oberflächenmolekülen, die auf der virusinfizierten Zelle vorkommen.
Personalausweis
Alle Körperzellen mit Zellkernen tragen
eine Art Personalausweis auf ihrer
Oberfläche, die → MHC Moleküle ( Klasse-I ). Manche Viren verursachen durch
ihre Infektion, dass die infizierte Zelle
diesen Personalausweis ( fast ) nicht
mehr ausbildet. NK-Zellen bemerken
dies schnell und greifen an. Sie binden
an die infizierte Zelle und versetzen
ihr den « Todeskuss ».
« Todeskuss » → Apoptose
Bei dem Zusammentreffen der NK-Zelle
mit der infizierten Zelle gibt die NK-Zelle
ein Eiweiss ab – das → Perforin.
Perforin, wie der Name schon andeutet,
perforiert, durchlöchert die infizierte
Zelle. Nun können durch diese Poren
wichtige Ionen, wie z.B. Kaliumionen (K+), aus der Zelle ausströmen
und Wasser kann in die infizierte Zelle
einströmen – sie platzt. NK-Zellen
verpassen der infizierten Zelle noch
eine weitere Schädigung. Sie sondern
Enzyme ab, → Granzyme. Die Granzyme
gelangen hauptsächlich durch die von
Perforin gebildeten Poren ins Zellinnere
und bauen dort Proteine ab.
Täglich kommen wir mit Viren in Kontakt. Nur gut, dass wir ein wirksames
Immunsystem besitzen.
viren im Angriff !
Wachposten
Warnsignal
Die virusinfizierten Zellen sondern
→ Interferone ab, die den benachbarten, noch nicht infizierten Zellen
signalisieren, dass eine Virusinfektion
stattgefunden hat. Daraufhin bilden
die nicht infizierten Zellen Proteine,
die die Virusvermehrung hemmen.
Auf diese Weise wird eine Virusausbreitung von Zelle zu Zelle eingedämmt.
Erworbenes
Immunsystem
Neben diesen angeborenen und
un­spezifischen Abwehrmechanismen
existieren ganz spezifische Vorgänge.
Diese werden erst erworben, nachdem
die Infektion erfolgt ist. Sie werden
parallel zur angeborenen Abwehr
gestartet, kommen aber wegen
der langen Anlaufphase erst nach
ein paar Tagen zum Tragen. Während
die NK-Zellen infizierte Körperzellen
abtöten und so eine weitere Vermehrung in diesen Zellen verhindern,
wirken → Antikörper, die spezifisch für
ein bestimmtes Virus sind, als Virenfänger für frei im Körper vorkommende
Viren. Die Antikörper werden erst
nach Viruskontakt von bestimmten
→ Lymphzellen, den → B-Zellen,
gebildet. Damit die B-Zellen zur Antikörperbildung angeregt werden,
müssen sie stimuliert und aktiviert
werden. Dies geschieht über andere
Spezialzellen des erworbenen Immunsystems : die → T-Helferzellen sind
eine weitere Untergruppe von Lymphzellen. Aber auch die T-Helferzellen
müssen zuvor stimuliert werden.
Diese Aufgabe übernehmen die
→ dendritischen Zellen. Sie sind Wächterzellen und gleichsam Feuermelder
des Immunsystems. Sie streifen durch
den Körper auf der Suche nach Eindringlingen. Haben sie einen solchen
aufgespürt, verleiben sie sich den
Eindringling, in diesem Fall das Grippe-Virus, ein. Sie bauen das Virus
zu Bruchstücken ab und wandern zu
einem nächstgelegenen Lymphknoten.
Sie zeigen Teile des abgebauten Virus,
besonders des Hämagglutinins, auf
ihrer Zelloberfläche. Die verschiedenen
Grippe-Viren besitzen verschiedene Hämagglutininvarianten und die Bruchstücke jeder Variante passen an eine
andersartige besondere Empfängerstruktur ( Rezeptor ) auf den T-Zellen.
Trifft eine T-Helferzelle mit einer
für dieses Virus passenden Empfängerstruktur ( Rezeptor ) ein, dann bindet
sie an die dargebotene Virusstruktur
( z.B. Hämag­glutin­inbruchstück ) und
wird dadurch aktiviert.
Gedächtnis ist gefragt !
Die aktivierte T-Helferzelle begibt
sich nun in einen anderen Bereich
im Lymphknoten, in dem vor allem
B-Zellen vorkommen. B-Zellen,
die Rezeptoren für Teile des Grippe-Virus
besitzen, werden nach Bindung an
diese Strukturen und die zusätzlichen
Signale, die sie von Grippe-Virus spezifischen T-Helferzellen erhalten, stimuliert : Sie vermehren sich und reifen zu
→ Plasmazellen, die nun spezifische
Antikörper gegen das Grippe-Virus
absondern. ( → Primärantwort ) lllll
Die Antikörper passen nun zu den Virus­
strukturen ( → Antigen ) wie ein Schlüssel zum Schloss. Der entstandene
Antigen-Antikörper-Komplex kann
dann von → Fresszellen ( → Makrophagen ) aufgenommen und verdaut
werden. lllll Ein Teil der spezifischen
Plasmazellen bleibt auch nach Bekämpfung der Grippeinfektion noch erhalten
und wird zu → B-Gedächtniszellen.
Diese können im Falle einer erneuten
Infektion mit demselben Grippe­virusstamm sehr rasch wieder
die Antikörperbildung aufnehmen.
( → Sekundär­­­antwort )
9
Klein und in geringer Zahl –
aber bedeutende
Wachposten !
Fresszellen – sie spielen eine wichtige Rolle im Immunsystem.
10
Ein «Arm» der dendritischen Zelle hat ein Virus « gepackt »
Das Virus wird ins Zellinnere aufgenommen
Virale Fragmente werden auf den dendritischen Zellen gezeigt
Fresszellen beseitigen Eindringlinge
und Zellabfall. Ursprünglich kannte
man nur die → Makrophagen, die
der russische Biologe Ilia Metschnikow
als Erster beschrieb. lllll Später entdeckten die Immunologen eine weitere
Zellart, die Erreger aufnehmen kann :
Die → dendritischen Zellen ( DC ).
Der Name bezieht sich auf die vielen
langen, fingerartigen Fortsätze dieser
Zellen, die wie baumartige Verzwei­­
gungen erscheinen ( griech. dendron =
Baum ). lllll Dendritische Zellen sind
nur in geringer Zahl vorhanden, kleiner
als Makrophagen und im ganzen Körper
verbreitet. lllll Dendritische Zellen ( DC )
kommen als unreife oder als reife Zellen vor. Wenn ein Erreger in den Körper
gelangt, verursacht er eine → Entzündung. lllll Im Gewebe ansässige
unreife dendritische Zellen suchen
ihre Umgebung ab. Sie fangen den Erreger ab, nehmen ihn ins Zellinnere
auf und zerlegen ihn ( → Antigenprozessierung ). Sie wandern weiter
zu einem benachbarten Lymphknoten.
Dort präsentieren sie die Antigene
des Erregers auf ihrer Zelloberfläche.
lllll Auf dem Weg zum Lymphknoten
reifen sie also von einer Antigen sammelnden Zelle zu einer → Antigen präsentierenden Zelle. lllll Dendritische
Zellen werden zum angeborenen
Immunsystem gerechnet, sie sind aber
auch ein Bindeglied zwischen dem
angeborenen und dem erworbenen
Immunsystem. ( S. 8 ) lllll Dendritische
Zellen tragen auf ihrer Oberfläche
Mustererkennungsrezeptoren ( PRRs ),
die molekulare Muster auf Erregern
( engl. patho­­gen-associated molecular
patterns → PAMP ) registrieren und
sie somit erkennen. lllll Zu diesen
Rezeptoren zählen auch die Toll-artigen
Rezeptoren ( → TLR ). Die TLR sind
entwicklungsgeschichtlich sehr alt
und während der Evolution konserviert
worden. Den Rezeptor hat man ursprünglich bei der Fruchtfliege Drosophila, dem Haustier der Genetiker,
gefunden und ihm den Namen « Toll »
gegeben ( → Toll ).
Rezeptor
Hämagglutinin
Rezeptor
Hämagglutinin
Virus
Rezeptor
DC
Das Virus wird über
Hämagglutinin an
Rezeptor der dendritischen
Zelle ( DC ) gebunden
und in die Zelle geschleust.
Hämagglutinin
Virus
DC
Virus
DC
VirusFragment
VirusFragment
VirusFragment
MHCMolekül
MHCMolekül
MHCMolekül
MembranSystem
Das Virus wird während
der Passage durch das
Membran-System zerlegt.
Bestimmte Virus-Fragmente werden an MHC-Moleküle
gekoppelt, die sich auf
der Innenseite der Membranvesikel befinden.
MembranSystem
VirusFragment
VirusFragment
VirusFragment
MembranSystem
MHCMolekül
MHCMolekül
MHCMolekül
Transportvesikel bringen
die MHC-Moleküle mitsamt
den viralen Fragmenten an
den Zellrand. Durch Fusion
der Mem­branen gelangen
die MHC-Moleküle auf
die Aussenfläche der DC
und diese können sie nun
anderen Zellen präsentieren.
Ralph Steinman –
Entdecker der
dendritischen
Zellen (DC)
Steinman, ein kanadischer
Immunologe, ging im Jahre
1970 in das Labor des Makrophagenforschers Zanvil
Cohn an der Rockefeller-Universität in New York. Steinman beschrieb dort, wie
Zellen Moleküle verschlingen. → Endocytose. lllll Anfang der 1970er -Jahre
entwickelten die Immunologen Zellkultursysteme, um
die zellulären Grundlagen
der Immunität besser un­
tersuchen zu können. Bald
hatte man erkannt, dass
neben den B- und T-Lymphozyten ein weiterer Zelltyp vonnöten war, man
nannte ihn « akzessorische
Zelle » ( Hilfszelle ). Diese
akzessorischen Zellen hafte-
Es gibt verschiedene dieser TLRs und
sie kommen u.a. auf unreifen dendritischen Zellen vor. Die über die TLRs
empfangenen Signale haben Einfluss
auf den Fressvorgang der Zellen
( → Phagocytose → Endozytose ), ihre
Wanderung ( → Chemotaxis ) und
das Absondern von bestimmten Boten­
stoffen ( → Zytokine und → Chemokine ).
Auch beeinflusssen sie die Antigen­
ten im Laborversuch an Glasoberflächen, und Steinman
untersuchte sie mit verschiedenen Mikroskopiertechniken. Ihm offenbarte sich
ein neuer Immunzelltyp,
der verzweigte, sich rasch
ändernde Ausstülpungen
bildete. Steinman nannte
ihn dendritische Zellen (DC),
wegen der « baumartigen »
Erscheinung ( dendron =
griech. Baum ). Er war davon
überzeugt, dass die dendritische Zelle die « Hilfszelle »
war. Sie konnte die T-Zellen
zur Zellteilung und die
T-Killerzellen zur Reaktion
gegen Antigene veranlassen.
Auch war er überzeugt,
dass es sich bei dieser Hilfszelle nicht um Makrophagen
handelte. lllll Die Wissenschaftsgemeinde anerkannte
nur langsam die Bedeutung
seiner Entdeckung.
Steinman erntete zuerst
unbarmherzige Kritik.
Es schien weit hergeholt zu
sein, im Zeitalter der beginnenden molekularen Zellbiologie einen neuen Zelltyp
einfach durch den Blick
ins Mikroskop entdecken zu
können. lllll Beharrlich
verfolgte Steinman seine
Forschungen an dendritischen Zellen. Steinman und
seine Mitarbeiter erkannten
erstmals die Rolle der DC
bei Immunreaktionen :
Er wies nach, dass DC auch
im menschlichen Blut vorkommen. Im Tierexperiment
gelang es ihm mit antigenbeladenen dendritischen
Zellen eine Immunität gegen
Tumore herbeizuführen.
Er erkannte, dass DC mit
Krankheit­serregern aktiviert werden können, um
eine Immunität einzuleiten.
präsentation der dendritischen Zellen
an T-Zellen im Lymphk­noten. lllll
DC verlieren während ihrer Reifung
die Fähigkeit, Erreger zu fressen, sind
jedoch nun fähig, T-Zellen zu aktivieren.
Sie können auch natürliche Killerzellen
( → NK-Zellen ) aktivieren. lllll Dendritische Zellen sind aber keine einheitliche Gruppe von Zellen, sondern
eine Familie mit mehreren Mitgliedern.
Sie entstehen nicht aus einer einzigen
Vorläuferzellart. Am bekanntesten
sind die konventionellen dendritischen
Zellen ( auch myeloide dendritische
Zellen oder mDC genannt ) und
die plasmocytoiden dendritischen
Zellen ( pDC ). Beide entstehen aus einer
blutbildenden Stammzelle im Knochen­
mark. Die mDC und pDC zirkulieren als
Vorläufer-DC im Blut. Angelockt durch
→ chemotaktische Signale wandern
sie als unreife Zellen in Gewebe ein.
Dort werden sie durch → Chemokine
festgehalten und somit ansässig.
Ein weiterer Zelltyp, der zu den dendritischen Zellen gerechnet wird, sind
die → Langerhans-Zellen, sie kommen
in den Deckgeweben und den Membranen von Schleimhäuten vor, die besonders durch Eindringlinge gefährdet sind
und deshalb wirksame Wächterzellen
benötigen.
1868 beschrieb erstmals
Paul Langerhans Zellen, nach
ihm « Langerhans-Zellen »
genannt, die er für einen Teil
des Nervensystems hielt.
Diese gehören jedoch zu den
1973 erstmals von Ralph
Steinman und Zanvil A. Cohn
beschriebenen dendritischen
Zellen des Immunsystems. lllll Steinman war Grundlagenforscher, dennoch begriff
er die enorme Heraus­forder­
ung, die die Übertragung
einer Entdeckung vom Labor
auf den Patienten darstellt.
Mithilfe dendritischer Zellen
versuchte Steinman
→ Vakzine zu entwickeln.
Für seine For­schungen an
dendritischen Zellen bekam
Steinman ( 1943-2011 )
den Nobelpreis für « Physiologie oder Medizin » 2011
verliehen.
11
Hämagglutinin ( HA )
Drei wichtige Schritte der Virusinfektion
werden durch dieses Protein gesteuert :
1. Durch die Hämagglutinine bindet
das Influenza-Virus an die → Epithelialzellen der Bronchien und eventuell
der Lunge. lllll 2. Weiter bewirkt es,
dass im Zellinnern die virale Membran
mit der endosomalen Membran fusio­
niert. Damit entstehen Löcher im
Endosom. Die RNA-Segmente des Influenza-Virusgenoms diffundieren
ins Zytosol und können dann in
den Zellkern gelangen. lllll 3. Verlässt
das Virus die Zelle, so wird es noch
an der Zell-oberfläche festgehalten,
denn das Hämagglutinin ist noch an
den Sialin-Zuckerrest des Rezeptors
gebunden.
Neuraminidase (NA)
Dieses Oberflächenprotein ist ein
Enzym. Als Enzym spaltet es alpha( 2,3 )- oder alpha (2,6) glykosidische Bindungen zwischen terminaler Sialinsäure und dem gebundenen Zuckerrest
des Zellrezeptors (S.13). lllll Die Neuraminidase bewirkt, dass neu gebildete
Viren die Zellen verlassen können.
Sie befreien das Virus, das durch das
Hämag­glutinin an den Sialin-Zuckerrest des Rezeptors gebunden ist, indem
sie die Sialinsäure abschneiden. Studien
haben gezeigt, dass Viren mit niedriger
NA -Aktivität die Zellen nicht effizient
verlassen können. lllll Auch die häufigen Mutationen der Neuraminidase
sind für die Impfstoffherstellung eine
Herausforderung → Mutation.
12
HA und NA mutieren
häufig !
Influenza-Viren schleusen mit ihrem
RNA-Genom auch die RNA-abhängigen RNA-Polymerasen ein, ohne
die sie sich nicht vermehren können.
Bei der Synthese des Komplementärstrangs werden Fehler gemacht, da die
Polymerasen falsche Basen ( Nukleotide )
einfügen. Bei den DNA-Polymerasen
gibt es einen Korrekturmechanismus,
der bei den RNA-Polymerasen fehlt.
Dies ist der Hauptgrund dafür, dass
RNA-Viren in einem rasanten Tempo
mutieren. Das Virus passt sich an.
Abwehrmassnahmen wie Impfstoffe
wirken nicht oder weniger gut !
Daher müssen Impfungen jährlich
neu entwickelt und produziert werden.
lllll Die virale RNA Synthese ist
höchst fehleranfällig. lllll Die Fehlerrate bei der RNA-Polymerase ist etwa
1 Fehler auf 10 4–10 5 Nukleotide. Im
Vergleich dazu ist die Fehlerrate bei der
DNA-Polymerase etwa 1 : 10 7–10 9.
Hauptakteure der InfluenzaHämagglutinine und Neuraminidasen : Die beiden
wi­ch­tigsten Hüllproteine des Influenza-Virus sind infektion
beide Hauptakteure einer grippalen Infektion.
An der Virushülle der Influenza-Viren
stechen die zwei Oberflächenproteine
Hämagglutinin und Neuraminidase
hervor. Hämagglutinine überwiegen
in der Zahl. lllll Diese beiden Membranproteine, an der Virusoberfläche
exponiert, sind starke → Antigene,
denn sie rufen eine heftige Immun­
antwort hervor. Zudem sind sie häufig
Mutationen unterworfen. Die Impfstoffzubereitung beschäftigt sich vor
allem mit diesen beiden Proteinen.
Das Hämagglutinin entfaltet sich und « sticht » mit drei Zacken in die Membran. Daher bilden sich Löcher im Endosom und die viralen Chromosomen gelangen ins
Zellplasma
Neuraminidase (NA)
Hämagglutinin ( HA ) in Aktion ! Nachdem das Influenza–Virus durch das Hämagglutinin
an den Zellrezeptor gebunden hat, wird es in ein Endosom
aufgenommen.
N-Acetyl-Neuraminsäure
(Sialinsäure)
Galactose
Membran
des Virus
2
Membran
des
Endosoms
3
2-3-Bindung
Schnittstellen der
Neuraminidase
2
1. Endosom mit InfluenzaVirus
2. Ein pH-Wechsel bewirkt,
dass sich das HA zu entfalten beginnt.
2-6-Bindung
3. Mit einem 3-teiligen,
stachelförmigen
Arm « sticht » es in die endosomale Membran.
6
Pore
Beim Verlassen von infizierten Zellen bleiben neu gebildete Viren
über die Sialinsäure noch an den Zellrezeptor gebunden. Das virale
Hüllprotein, die Neuraminidase, schneidet als Enzym die Sialinsäure vom Zuckerrest des Rezeptors weg und befreit damit die Viren.
4. Die Konformationsänderung des Hämagglutinins
bewirkt, dass die Virusmembran mit der Membran des Endosoms
« verschmilzt ».
5. Es bilden sich Öffnungen
( Poren ) im Endosom.
6. Das virale Genom
diffundiert
ins Zytoplasma.
13
A
B
C
varianten bilden ( C ). Dies wird
erleicht­ert, weil das Influenza-Genom
aus 8 RNA – « Stücken » besteht.
Wenn unterschiedliche Viren die gleiche
Zelle befallen, können sie frei kombinieren. Dies nennt man → Antigen­
shift. Neue Virus-Varianten könnten
wieder Menschen befallen und vielleicht schlimmere Krankheitssymptome her­vorrufen. Zudem könnte sich
das Virus von Mensch zu Mensch ausbreiten. lllll Dies sind mögliche Szenarien. Wie das Virus genau beschaffen
sein muss, um diese Szenarien hervor­
zurufen, ist nicht völlig aufgeklärt und
ein aktuelles Forschungsproblem.
WHO
Influenza-Viren verbreiten sich weltweit und verursachen Krankheiten und
Todesfälle. Saisonale Grippen treten
meistens lokal auf und verlaufen mehr
oder weniger schwer ( von Erkältungen
bis zu hohen Fieberschüben ). Periodisch
treten jedoch → Pandemien auf :
Spanische Grippe 1918-1919
Hong-Kong- Grippe 1957
Asiatische Grippe 1968
Die « Spanische Grippe » forderte
weltweit mehrere Millionen Menschen­
leben. lllll 1997 brach die « Vogel­
grippe » bei Hühnern in Hong Kong aus,
hervorgerufen durch das Influenza-Virus H5N1. Seither haben sich Hunderte
von Menschen angesteckt, die in
direkten Kontakt mit infizierten Vögeln
( Kot, Federn, Sekret etc. ) kamen, und
etwa die Hälfte ist daran gestorben.
14
Die Übertragung von Vögeln auf
Menschen ist jedoch noch selten.
Diejenige von Mensch zu Mensch bis
anhin nicht nachge­wiesen. lllll 20092010 sprach man von der « Schweinegrippe ». Dieses Influenza-Virus H1N1
hat sich jedoch schnell von Mensch
zu Mensch übertragen, die geographische Verbreitung war zum Glück
gering.
Schweine im Fokus
Schweine können von unterschiedlichsten Influenza-Viren befallen werden, sei es durch Kontakt mit infizierten
Vögeln ( A ) oder Menschen ( B ). Die in
Schweinen vermehrten Viren können
dann wiederum Vögel bzw. Menschen
befallen. lllll Werden Schweine
gleichzeitig von Viren verschiedenster
Herkunft befallen, können sich
die Viren rekom­binieren und neue Viren-
Das Ziel der Weltgesundheitsorgani­
sation ist die weltweite Förderung und
Erhaltung der menschlichen Gesundheit. Durch koordinierte Information
und Programmvorschläge zur Bekämpfung von Krankheiten, im Besonderen
der Infektionskrankheiten, unterstützt
sie das öffentliche nationale Gesundheitswesen. lllll Die WHO wurde 1948
als Sonderorganisation der Vereinten
Nationen gegründet. Der Hauptsitz
ist Genf. lllll Mit 194 Mit­gliedstaaten
ist die WHO weltweit in sechs Regionen
aufgeteilt. Kopenhagen ist der europäische Hauptsitz. lllll Die WHO
veröffentlicht jährlich ( im Februar für
die Nordhemisphäre und im September
für die Südhemisphäre ) Empfehlungen
für die Zusammensetzung der Grippe­
impfung, wobei es dann jeder nationalen Gesundheitsbehörde überlassen
ist, Impfstoffe dieser Zusammensetzung zu produ­zieren. Im Gegen­satz zu
anderen Impfungen muss der Impfstoff für Influenza jährlich neu produziert werden, weil Influenza-Viren sich
schnell ändern. (S. 12) → Mutation.
Das Influenza-Virus weltweit
Bundesamt für Gesundheit ( BAG ), Bern – Nationales Influenza-Zentrum, Genf – Weltgesund­ überwacht…
heitsorganisation ( WHO ), Genf.
Rote Pfeile : Vogelzug von Osten nach Westen und Richtung Afrika
Blaue Pfeile: Vogelzug von Mittelamerika nach Osten, Richtung Europa und Afrika Wie kommt
die Impfempfehlung
der WHO zustande ?
Ärztinnen und Ärzte der Schweiz,
die freiwillig an das Meldenetz Sentinella
angeschlossen sind, informieren über
die Anzahl der Grippepatienten.
Sie schicken Nasenrachenabstriche
an das Laboratorium des Influenza-Überwachungszentrums in Genf,
das im Auftrag des Bundesamtes
für Gesundheit die Proben analysiert,
charakterisiert und zahlenmässig
auswertet. Pro Jahr werden zwischen
1000–1500 Proben mit folgenden
Methoden analysiert :
–Genomanalyse des Influenza-Virus
mit → RT-PCR.
–Virusvermehrung auf Zellkulturen.
–Charakterisierung durch den
Hämagglutinationstest. ( S. 17 )
Diese Technik erlaubt, den
→ Serotyp des Influenza-Virus zu
bestimmen und mit den im Impfstoff
verwen­deten Typen zu vergleichen.
–Sequenzierung des Hämagglutinin-Gens, um den Virus-Subtyp zu
bestimmen.
–Sequenzierung des NeuraminidaseGens, um mögliche Resistenzen
gegenüber vorhandenen Medikamenten zu identifizieren.
Die Resultate werden dem öffentlichen
Gesundheitslabor-Netzwerk GISRS
( Global Influenza Surveillance and Response System ) gemeldet. Dieses Netzwerk ist eine Informationszentrale
zur Influenza-Viren-Verbreitung. Aufgrund der vom GISRS gesammelten
Informationen spricht die WHO Warnungen vor aufkommenden oder
ausgebrochenen Epidemien und Pandemien aus und schlägt entsprechende
Gegenmassnahmen vor.
15
…und in Laboratorien welt­
Verschiedene Methoden erlauben es,
die viralen Influenza-Typen zu charak- weit analysiert
terisieren.
Blutbahn mit Erythrozyten, Lymphozyten und Antikörpern
rote Blutzellen = Erythrozyten
weiss gefärbte Zelle = dendritische Zelle
A
B
16
Antikörper, die mit grünen Farbstoffen markiert sind, können Influenza-Viren in Zellkulturen sichtbar machen. A. Diese
Negativkontrolle zeigt, dass keine Viren vorhanden sind. B. Die grünen Fluoreszenzflächen weisen auf Influenza-Viren hin.
1 Hämagglutinationstest
2 Hämagglutinations-Hemmungstest
Virus
Virus
Virus
Virus
Erythrozyt
Erythrozyt
Erythrozyt
Erythrozyt
B.
B.
Antikörper anti-HA Antikörper anti-HA
unspezifischer Antikörper
unspezifischer Antikörper
A.
A.
negativ
negativ
positiv
positiv
negativ
negativ
positiv
positiv
Mit diesem Test können Influenza-Viren
nachgewiesen werden.
Das Influenza-Virus bindet über Hämagglutinin ( HA ) an zelluläre Membranproteine mit Sialinsäure-haltigen Zuckerketten.
Heften sich die Viren an die Rezeptoren der roten Blutkörperchen,
verkleben die Komponenten zu einer hellroten Netz-Struktur.
Dieser Prozess heisst Hämagglutination. lllll A. Wenn keine
Influenza-Viren im → Serum vorhanden sind, sinken die roten
Blutkörperchen ab und bilden einen roten Klumpen
(« Knopf »). lllll B. Viren sind vorhanden und es entsteht ein
hellrotes « Netz ».
Mit diesem Test sucht man nach Antikörpern,
die das Hämagglutinin des Influenza-Virus erkennen.
A. Wenn ein Antikörper das virale Hämagglutinin nicht erkennt, docken die Viren an die Membranproteine der roten
Blutkörperchen und bilden ein hellrotes « Netz ». lllll B. Wenn
Antikörper das HA des Influenuza-Virus erkennen und daran
binden, können die Viren nicht mehr an die roten Blutkörperchen andocken. Sie sinken zu Boden und bilden einen roten
Klumpen (« Knopf »). Die Hämagglutination wird also durch
die Antikörper des Antiserums gehemmt. Verdünnungsreihen
zeigen die relative Konzentration der Antikörper an.
Labortest mit Titrierschalen
Labortest mit Titrierschalen
2
4
8 16 32 64 1282565121024 2048
8 16 32 64 1282565121024
2048
Probe 1
A/Victoria/
361/11
Probe 2
A/Wisconsin/
15/09
Von den zu testenden Proben werden Verdünnungsreihen gemacht ( 1:2, 1:4 etc. ), um die relative Virus-Konzentration, den
sogenannten → Titer, zu bestimmen. lllll Probe 1 ( Virus 1 )
bewirkt eine Hämagglutination bis zur Verdünnung von 1:128 ;
es hat daher einen Titer von 128, Probe 2 ( Virus 2 ) dagegen
einen Titer von 256.
A/Perth/
16/09
Virus 1
Das Virus 1 hat ein ein ähnliches Antigen ( Hämagglutinin ) wie
das Influenza-Virus A/Victoria/361/11.
8 16 32 64 1282565121024
2048
A/Victoria/
361/11
A/Wisconsin/
15/09
A/Perth/
16/09
Virus 2
Das Virus 2 hat ein ähnliches Antigen ( Hämagglutinin ) wie
das Influenza-Virus A/Wisconsin/15/09.
17
Weltweit wird angenommen, dass eine Influenza-Pandemie wieder auftreten
kann. Durch welches Influenza-Virus sie ausgelöst wird, wann und wo sie ausbrechen wird, kann niemand voraussagen.
Die Forschung ist gefordert !
18
Im 20. Jahrhundert gab es drei grosse
Pandemien durch Influenza A.
1918 mit der Hüllproteinkombination
H1N1, 1957 mit H2N2 und 1968
mit H3N2. lllll Influenza-Pandemien
können immer dann ausbrechen, wenn
Menschen durch Viren mit neuen,
durch → Antigenshift entstandenen
HA- und NA-Kombinationen infiziert
werden. Das menschliche Immun­
system ist dann nicht gewappnet,
sodass sich der Erreger schnell ausbreitet und alle Altersgruppen davon betroffen sein können. (S. 14) → Pandemie
Epidemie
Saisonal bedingte → Epidemien sind
immer wiederkehrende Ereignisse.
Wenn bei mindestens 1,5 % der Patienten eine Grippe diagnostiziert wird,
spricht man von einer Epidemie.
lllll Die sozialen Folgen der jährlich
wiederkehrenden Grippe-Epidemien
werden oft unterschätzt : Arbeitsausfälle,
hohe Gesundheitskosten ( Arztbesuche,
Spitalaufenthalte ) und Todesfälle.
Der Schweregrad einer Grippe-Epidemie
variiert von Jahr zu Jahr. Die Ursache
der unterschiedlichen → Virulenz
der Influenza-Viren ist noch nicht aufgeklärt und gehört zu den ungelösten
Fragen der Forschung. Viren verändern
sich nicht nur durch neue Kombinationen von HA und NA ( → Antigenshift ),
sondern auch auf Grund von → Punktmutationen in den HA- und NA-Genen
( → Antigendrift ). Besonders stark
antigen-wirkende Abschnitte
der Hüllproteine HA und NA werden
als → Epitope bezeichnet. HA-und
NA-Mutationen in diesen Abschnitten
beeinflussen die Immun- antwort in
besonderem Masse. lllll Je schneller
eine Immunantwort erfolgt, desto
geringer sind die Schäden, die das
Virus hervorrufen kann. Das Immunsystem braucht bei neuen Antigenen
wesentlich mehr Zeit für die Vernichtung des Erregers. Daher ist es sinnvoll,
diesen langsameren Lernprozess
durch eine Impfung mit den neuen Antigenen zu stimulieren. Die WHO
und das BAG empfehlen die jährliche
Impfung für Menschen bestimmter
Risikogruppen, z.B. für ältere oder immunschwache Personen.
Die Impfung bleibt
ein Eckpfeiler
der Grippeprävention
Seit über 60 Jahren sind → Impfungen
aus inaktivierten Grippe-Viren in Ge-
brauch. Impfstoffe stellen einen Durchbruch in der Medizin dar. Sie vermindern
das Risiko, an Grippe zu erkranken
und tragen dazu bei, dass sich das
Virus in der Bevölkerung weniger ausbreiten kann.
Impfstoffherstellung
Die Herstellung des Impfstoffs
( → Vakzine ), das Im­pfprogramm und
seine Umsetzung sind jedem Land
überlassen. Fachleute informieren
die Bevölkerung über Vorteile und Risiken einer Impfung (www.bag.admin.
ch/influenza/ ). lllll Es braucht 4-6 Monate, bis ein Impfstoff hergestellt
ist. lllll Folgendes Material wird dazu
verwendet :
a. In angebrüteten Eiern werden ausgewählte Virenstämme vermehrt,
isoliert, inaktiviert und zum Impfstoff aufbereitet. Dieser enthält
keine infizierenden Viren mehr.
b. Die Virus-Bestandteile werden
weiter aufbereitet und die meisten
Komponenten entfernt ( split-virus ).
c. Nur die beiden wichtigsten Antigene des Virus, HA und NA, werden für
die Vakzine verwendet ( subunit-vaccines ).
Impfstoffe werden ohne oder, falls
notwendig, auch mit Substanzen, die
die Immunantwort verstärken, hergestellt ( → Adjuvans ).
Ein Impfstoff ahmt
eine natürliche Infektion
nach
Der Impfstoff ruft eine Immunantwort
hervor, die über längere Zeit aktiv bleibt
oder auch nach längerer Zeit wieder aktiviert werden kann ( → Gedächtniszellen ). Die Effizienz eines Impfstoffs wird
daran gemessen, wie hoch die spezifische Antikörperkonzentration nach
Antikörper fangen Viren ab. Meistens gegen das virale Hämagglutinin gerichtet, blockieren sie dieses Antigen
Die von Antikörpern eingefangenen Viren können keine Zellen mehr infizieren
der Impfung im Serum ist, verglichen
mit derjenigen einer natürlichen
Infektion. Die Wirkung ( Spezifität )
des Impfstoffs wird mit dem Hämag­
glutinations-Hemmtest verifiziert und
der Titer der Antikörper bestimmt. ( S. 17 )
Ein Impfstoff bewirkt ab etwa zwei
Wochen nach einer Impfung einen effizienten Schutz. Voraussetzung ist
natürlich, dass die in der Bevölkerung
zirkulierenden Virenstämme denjenigen entsprechen, gegen die der Impfstoff gerichtet ist.
Neuere Strategien
Mit biotechnologischen Methoden
können Impfstoffe gegen Influenza
in Zellkulturen produziert werden. Zellkulturen sind weniger aufwendig als
die Herstellung von angebrüteten
Eiern. Sie enthalten keine Spuren
von Hühnereiweiss, gegen das einige
Menschen allergisch reagieren. lllll Es können auch nur einzelne virale
Proteine produziert werden, im Fall
von Influenza vor allem die beiden Antigene HA und NA. Die Gene werden
als DNA-Sequenzen in → Plasmide
gesetzt. Die Plasmide werden vermehrt
und in Hefezellen eingebracht, wo
dann die → rekombinanten Proteine
produziert werden.
Ein anderer Typ von zugelassenen
Influenza-Impfstoffen enthält → Virosome. lllll In der Regel werden die
Impfstoffe eingespritzt, neuerdings
existieren auch Nasensprays. lllll Antivirale Medikamente wirken beim
Virus-Replikationszyklus : entweder
beim Eintritt des Virus in die Zelle,
im Endosom oder beim Verlassen
der Zelle. lllll Solche Medikamente
sind erst seit einigen Jahren auf
dem Markt und werden stetig weiterentwickelt. Das Augenmerk ist auf
Nebeneffekte und auf virale Resistenzen gerichtet. lllll M2 -Ionenkanal–
Hemmer wirken nur gegen Virus A,
da M2 in → Influenza-Viren B und C
nicht vorkommt. Die Wirkstoffe binden
direkt an den M2- Ionenkanal, blockieren dessen Aktivität und erhöhen dadurch in den virushaltigen Endosomen
den pH-Wert. Sie verhindern deshalb
die Strukturänderung des Hämagglutinins, die für die Öffnung der Endosomen unabdingbar ist. ( S. 13 ) lllll Neura­minidase-Inhibitoren interagieren mit der Neuraminidase von Influenza A und B. Diese Medikamente
verhindern die Neuraminidasen aller
Subtypen N1-N9. Sie hindern das
Virus daran, durch die Schleimschicht
an die Epithelialzellen der Bronchien
zu gelangen und verzögern so die Infektion. Sie verhindern auch
das Verlassen ( budding ) der Viren aus
den infizierten Zellen ( S.12 ). Damit
verlangsamen sie die Verbreitung
des Virus in die Atemluft und dadurch
die Übertragung von Person zu Person.
Eine wissenschaftliche
Herausforderung
Ziel der Forschung ist es, Impfstoffe
herzustellen, die einen langjährigen
und universellen Immunschutz gegen
alle Influenza-Typen bewirken. lllll Damit eine Immunantwort schneller
und stärker erreicht werden kann, wird
an Methoden gearbeitet, die es erlauben, die Antigene zielgerichtet z.B.
an dendritische Zellen zu lenken und
dadurch den Prozess zur Antikörperbildung zu beschleunigen. lllll Es ist
dringend notwendig, schnellere und
kostengünstigere Verfahren zur Herstellung von Impfstoffen zu entwickeln, damit in einem Ernstfall rascher
reagiert werden kann. lllll Zudem
sind neue, noch spezifischer wirkende
Medikamente gefragt. lllll Es ist von
grosser Bedeutung, die Grundlagen
der viralen Infektion, die verschiedenen
Übertrag­ungs­wege der Viren, die Auswirkungen der Infektion sowie die Aktivierung der Immunantwort noch
genauer zu verstehen. Die Forschung
muss den Herausforderungen der
Zukunft begegnen können.
19
Bioinformatik zur
Überwachung von
In­fluenza-Viren
Die Bioinformatik erlaubt es, DNA-,
RNA- oder Aminosäuresequenzen
zu analysieren und zu vergleichen.
So gewonnene Erkenntnisse geben
zum Beispiel Aufschlüsse über
die Evolution von Genen. Damit ist
die Bioinformatik ein wichtiges Instrument, um schnell evoluierende
Organismen, wie Influenza-Viren, weltweit zu überwachen. lllll Die Erarbeitung dieser Informationen wird nur
durch die enge Zusammenarbeit von
Medizinern, Informatikern, Biologen
und Chemikern möglich. lllll Influenza-Viren gehören zur Familie der Orthomyxoviridae und mutieren schnell.
Ein wichtiger Grund ist der fehlende
Korrekturmechanismus bei der Replikation. Daher wird ungefähr 1 Base
( Nukleotid ) pro 10’000 Basen falsch
eingefügt, was eine sehr hohe Fehlerfrequenz ist ( S. 12 ). lllll Für unser
Immunsystem und für die Entwicklung von Impfstoffen und antiviralen
Medikamenten sind die Mutationen
in den antigenen Hüllproteinen
Hämagglutinin ( HA ) und Neuraminidase ( NA ) von grösster Bedeutung.
Bei Influenza A sind 16 HA-Unterarten
( Subtypen ) ( H1, H2, H3, …H 16 )
und 9 NA-Subtypen ( N 1, N2, N3 …N9 )
bekannt, die serologisch unterschieden
werden. Antikörper gegen einen Subtyp reagieren schlecht oder gar nicht
mit einem anderen Subtyp. Daher
schützt eine Impfung gegen H1N1Viren kaum vor einer Infektion mit
einem H3N2-Virus. Alle diese Subtypen zirkulieren in Wasservögelpopulationen. Nur einige davon sind schon
in Menschen identifiziert worden, besonders H1N1-, H2N2- und H3N2-Viren
20
die auch Auslöser der drei grössten
→ Pandemien waren (S.14). Influenza A
ist auch in andern Tieren nachgewiesen worden : z.B. in Schweinen, Pferden,
Katzen, Seehunden und Walfischen.
Influenza B kommt hingegen nur beim
Menschen vor und es werden keine HAund NA-Subtypen unterschieden. lllll Die Bezeichnung von analysierten
Virenstämmen ( Subtypen ) folgt
dem aufgeführten Schema : Influenza A
oder B / Ursprung ( Welches Tier ?
Ohne Bezeichnung ist der Ursprung der
Mensch. ) / Ort der ersten Isolierung
( Land oder Stadt ) / Nummer ( von Laboratorien bestimmt ) / Jahr der Isolierung.
( H N ) Subtypen werden in Klammern
zugefügt. Beispiele :
A/Switzerland/7729/98 (H3N2 )
A/ swine/Iowa/157/30 ( H1N1 )
A/Puerto Rico/8/34 ( H1N1 )
B/Yamagata/16/88
Aktuelle Virenstämme
unter der Lupe!
Bei Grippeviren haben Mutationen im
Hämagglutinin grosse Auswirkungen
auf den Schweregrad von Grippe–Epidemien und werden daher genauestens
untersucht. lllll Nasen-Rachen-Abstriche werden von Ärzten an bestimmte
Laboratorien geschickt. Sind Viren vorhanden, werden deren Genome analysiert. Bei Influenza-Viren mit einem
Genom aus einzelsträngiger RNA,
die in 8 Chromosomen aufgeteilt ist,
wird die Information zuerst in DNA
überschrieben und dann sequenziert.
Das Hämagglutinin-Gen enthält etwa
1700 Nukleotide und hat als Protein
eine Länge von etwa 570 Aminosäuren.
Ziel dieser Aufgabe ist es nun :
1.In den vorgegebenen Virensequenzen
nach Mutationen zu suchen.
2.Mutationen aufzuzeigen, die Auswirkungen auf die Proteinsequenz
des Hämagglutinins haben.
3.Im Vergleich zu Referenzstämmen
den HA-Subtyp zu bestimmen.
Interessant dabei ist, dass man hier
neueste Informationen zu den in der
Schweiz neu aufgespürten InfluenzaA-Viren bekommt, die im Grippe Referenzzentrum in Genf analysiert
worden sind. lllll Auf der Webseite :
www.biotechlerncenter.interpharma.ch
( Just a Virus ! – Bioinformatik )
findet man die zur Lösung der Aufgaben
nötigen Dokumente.
Viel Spass !
Zeitachse
der Grippeinfektion
Tag 1
Kontakt mit von Grippeviren
angesteckten Menschen.
Tag 1-3
Inkubationsphase. Viren greifen
Bronchienzellen an. Vermehrung
der Viren.
Tag 2-8
Ansteckungsphase ohne Grippesymptome. Während diesen
3-5 Tagen ( bei Kindern bis zu
7 Tage ) sind die Angesteckten ohne
Grippesymptome, kennen jedoch
andere Personen anstecken.
Tag 4-10
Krankheitszeichen : Husten,
Schnupfen, Fieber, Müdigkeit etc.
Weiter können Komplikationen
wie Lungenentzündungen etc.
auftreten.
Nach 2-3 Wochen
Bildung von Antikörpern.
Die Bioinformatik ist zur Überwachung von Influenza-Viren von grossem Nutzen.
Bioinformatik
–Influenza-Viren
-
Im Zellinnern : Sicht auf Kernpore mit Filamenten
Ein Endosom mit Virus in der Nähe einer Kernpore
Im Zellkern : Locker « verpackte » DNA
21
Um Histonproteine geschlungene DNA bilden eine « Perlenkette »
→ Bakteriophage wörtlich « Bakterienfres-
sammen mit dem Antigen verabreicht wird und
ser ». Ein Virus, das Bakterien befällt und zu deren
tretende Infektionskrankheit.
der die Reaktion auf das Antigen verstärkt.
Tod führt.
→ Epithelzellen sind polare Zellen, die eine
Adjuvanzien ermöglichen damit auch, die Anti-
→ Beijerinck, Martinus Willem nieder-
apikale und eine basale Seite aufweisen. Die api-
genmenge geringer zu halten, was bei Impfungen
länd. Mikrobiologe, 1851–1931 ; entwickelte die
kale Seite zeigt nach aussen ( bei der Haut ) oder
aus Gründen der Kostenersparnis von Bedeutung
Anreicherungskultur für Mikroorganismen, er-
nach innen ins Lumen des Darms zum Beispiel.
sein kann.
forschte die Tabakmosaikkrankheit und erkannte,
Die apikale und die basale Zellmembran der Epi­
→ Angeborene Immunität eine Reihe
dass der Erreger ( später als Tabak-Mosaik-Virus
thelzellen unterscheidet sich in der Struktur und
un­spezifischer und stammesgeschichtlich alter
identifiziert ) bakteriendichte Filter passieren kann.
der Funktion.
Ab­wehrmechanismen, die im Gegensatz zur er­wor­
→ Bernal, John Desmond britischer Phy-
→ Epitop der Teil des Antigens, der vom B- oder
benen Immunität keinen zuvor erfolgten Kontakt
siker, 1901–1971 ; untersuchte Virusstrukturen
T-Zell-Rezeptor gebunden wird. Synonym : anti-
mit dem Antigen erfordern, um wirksam werden
mit Hilfe von Röntgenstrahlen.
gene Determinante.
zu können. Zur angeborenen Immunität gehören
→ Bronchien Die Luftröhre verzweigt sich in
→ Erworbene Immunität auch adaptive
z.B. Fresszellen, natürliche Killerzellen, Boten-
einen rechten und linken Ast, die Stammbronchi-
Immunität genannt ; entwickelt sich aufgrund
stoffe ( Zytokine ) und das Komplementsystem.
en genannt werden. Diese verzweigen sich wie-
eines Kontakts mit einer Fremdsubstanz ( Anti-
→ Antigen ein Stoff, den das Immunsystem
der baumartig und führen in die Lungenbläschen.
gen ) und passt sich an die Infektion an. Sie ist im
als fremd erkennt. Antikörper und Lymphzellen
→ Chemokine kleine Eiweissstoffe, die die
Gegensatz zur angeborenen Immunität sehr spe-
binden ihr passendes Antigen spezifisch. Löst das
Wanderung und Aktivierung von Fresszellen
zifisch. Verantwortlich dafür sind hauptsächlich
Antigen eine Immunantwort aus, so heisst es Im-
( Phagozyten ) und Lymphozyten stimulieren. Sie
T- und B-Zellen sowie dabei entstehende Gedächt-
munogen.
spielen bei Entzündungsreaktionen eine zentrale
niszellen.
→ Antigendrift Änderungen der Antigene
Rolle.
→ Fresszellen ( Phagozyten ) Sie können u. a.
eines Virus ( Antigene bei Influenza sind haupt-
Erreger aufnehmen und verdauen. Dazu zählen
sächlich die Hüllproteine HA und NA ). Diese ent-
→ Chemotaktische Signale ( Chemokine ) Signale, die bei bestimmten Zellen eine
stehen durch Punktmutationen im Virusgenom.
Chemotaxis auslösen und diese z. B. an einen In-
→ Gedächtniszellen ( memory cells ) Es
Grund dafür ist die fehlerhafte Replikation des Vi-
fektionsort locken.
gibt B- und T-Gedächtniszellen. Sie entstehen im
rusgenoms. Der Antigendrift von Hämagglutinin
→ Chemotaxis Bei einer Gewebsverletzung
Verlauf einer Immunantwort, sind äusserst langle-
ist die Ursache für die jährlich wiederkehrende
werden Stoffe freigesetzt, die Fresszellen zu die-
big und dafür verantwortlich, dass das Immun-
Grippe-Epidemie.
ser Stelle anlocken. Diese gerichtete Bewegung
system bei einem erneuten Kontakt mit dem
→ Antigen präsentierende Zellen dendri-
von Zellen zum Ort der Stoffe heisst Chemotaxis.
gleichen Antigen viel rascher reagieren kann. Sie
tische Zellen, Makrophagen und B-Zellen können
→ Dendritische Zellen ( DC ) sind Spezialis-
sind somit auch für die anhaltende Immunität
Antigene präsentieren. Sie können z. B. Eiweißß-
ten der Antigenpräsentation. Ihren Namen ver-
durch eine Impfung oder durchgestandene Kin-
stoffe zu Bruchstücken abbauen und sie gemein-
danken sie ihrem baumartigen Aussehen ( griech.
derkrankheiten verantwortlich.
sam mit anderen für die Stimulierung notwendigen
dendron, Baum ).
→ Granzyme Enzyme, die in den Granula
Molekülen T-Zellen darbieten.
→ Endoplasmatisches Retikulum ( ER )
( Körnchen ) von zytotoxischen T-Zellen und na-
→ Antigenprozessierung Abbau von Anti-
Die Membranen des ER stehen mit der Kernhülle
türlichen Killerzellen ( NK-Zellen ) vorkommen und
genen zu Bruchstücken, die an MHC-Moleküle
in Verbindung. Man unterscheidet ein glattes ER
zur Abtötung von anderen Zellen mittels Apopto-
binden und gemeinsam mit diesen den T-Zellen
(sER ; smooth, engl. = glatt) von einem rauen ER
se dienen.
gezeigt werden.
(rER). Auf den Membranen des rER sitzen zum
→ Grippesymptome allgemeines Krank-
→ Antigenshift Austausch von Gensegmen-
Zellplasma gerichtet Ribosomen (Proteinfabri-
heitsgefühl, hohes Fieber, Schüttelfrost, Müdig-
ten ( RNA-Moleküle ) zwischen Viren bei Doppel-
ken), an denen die Proteinsynthese stattfindet.
keit, Schwindel, Kopfschmerzen, Gliederschmerzen,
infektionen von Zellen mit unterschiedlichen
In Zellen, die auf Proteinexport spezialisiert sind,
Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen etc.
Virustypen. Die Nachkommenviren können dann
ist das rER besonders stark entwickelt, also z. B.
→ Hershey-Chase-Experiment Mit diesem
Neukombinationen der RNA-Segmente und damit
in antikörperbildenden Plasmazellen (reife B-Zel-
historischen Experiment wiesen Alfred Hershey
neue Eigenschaften erhalten. Besonders von In-
len). Das sER ist nicht mit Ribosomen besetzt
und Martha Chase nach, dass die genetische In-
fluenza-A-Viren ist dieser Mechanismus bekannt.
(daher « glatt »). Es enthält zahlreiche Enzyme,
formation in DNA und nicht in Protein gespeichert
→ Antikörper Ein Eiweissmolekül, das Plas-
bildet Fettsäuren und Steroidhormone (wie z.B.
ist. Dazu verwendeten sie den Bakteriophagen T4
mazellen als Reaktion auf ein Antigen bilden. Der
Sexualhormone) und ist auch für die Entgiftung
sowie radioaktiv markierten Schwefel und Phos-
Antikörper kann sein Antigen spezifisch binden.
von Alkohol und Arzneistoffen verantwortlich.
phor.
Antikörper heissen auch Immunglobuline.
→ Endosom membranumhülltes Bläschen
→ Immunität Widerstandsfähigkeit gegen-
→ Apoptose programmierter Zelltod, bei dem
( Vesikel ) mit saurem pH-Wert innerhalb von Zel-
über einem bestimmten Krankheitserreger.
eine Zelle in geordneter Weise abgebaut wird,
len ; enthält Enzyme für den Proteinabbau.
→ Impfung Man unterscheidet zwischen ak-
ohne dass Zellinhalt auf Nachbarzellen ausfliesst.
→ Endozytose Aufnahme von Stoffen oder
tiver und passiver Impfung. Bei der aktiven Imp-
Gegenteil : Nekrose.
Partikeln in eine Zelle ; dabei umfliesst die Zell-
fung werden tote oder abgeschwächte Erreger
→B-Gedächtniszellen Siehe → Gedächtnis-
membran die Partikel, stülpt sich dann ein und
injiziert, mit der Absicht, eine Immunität gegen
zellen.
schnürt sich als Bläschen ( Vesikel ) innerhalb der
einen bestimmten Krankheitserreger zu erzeu-
→ B-Zellen heissen auch B-Lymphozyten. Sie
Zelle ab. Die Fähigkeit zur Endozytose besitzen
gen. Bei einer passiven Impfung wird Antiserum
sind neben den T-Zellen eine Hauptgruppe von
alle Zellen. Bei Fresszellen ( Phagozyten ) heisst
übertragen, das bereits Antikörper gegen den Er-
Lymphozyten. Ihr Antigenrezeptor ist ein auf der
die Endozytose jedoch Phagozytose.
reger enthält.
Zellmembran sitzendes Antikörpermolekül. Nach
→ Entzündung ist die typische Antwort des
→ Influenza Die Influenza oder « echte Grip-
Stimulierung durch ein Antigen werden sie zu an-
Gewebes auf einen Verletzungs- oder Infektions-
pe » wird ausgelöst durch Influenza-Viren.
tikörperbildenden Plasmazellen.
reiz. Sie soll den Reiz beseitigen und verhindern,
→ Influenzaviren A, B, C Influenzaviren A
dass er sich ausbreitet sowie eingetretene Schä-
und B sind beim Menschen die hauptsächlichen
den reparieren. Charakteristisch für eine Entzün-
Erreger der Grippe ( Influenza ). Influenza-C-Viren
22
dung sind Rötung, Wärme, Schwellung, Schmerz.
→ Epidemie zeitlich und örtlich gehäuft auf-
z. B. Makrophagen.
glossar
→ Adjuvans ein Stoff, der bei der Impfung zu-
kommen beim Menschen nur selten als Erreger
→ Perforin Protein, das von zytotoxischen
→ T-Zellen heissen auch T-Lymphozyten. Sie
der Virusgrippe vor. Influenza-A- und -B-Viren
T-Zellen und natürlichen Killerzellen verwendet
sind neben den B-Zellen eine Hauptgruppe von
tragen auf ihrer Hüllmembran Hämagglutinin
wird, um Zielzellen leckzuschlagen, indem es Poren
Lymphozyten und umfassen funktionelle Unter-
( HA) und Neuraminidase ( NA ). Influenza-C-Viren
in der Zielzellmembran bildet. Dies führt zum Tod
gruppen : Es gibt T-Helferzellen, zytotoxische
tragen statt der HA- und NA-Proteine das HEF-Pro-
der Zielzelle.
T-Zellen und regulatorische T-Zellen.
tein ( Hämagglutinin-Esterase-Fusionsfaktor ).
→ Phagozytose Einverleiben von Partikeln
→ Titer Verdünnungsstufe eines Antikörpers
Alle genannten Proteine sind für die Virusaufnah-
oder Bakterien durch Fresszellen ( Phagozyten ).
oder Antigens ( z.B. Virus), die der relativen Kon-
me in eine Zelle von Bedeutung.
→ Plasmazellen ausgereifte B-Zellen, die An-
zentrationsbestimmung dient. Der Titer wird
→ Interferone Zellbotenstoffe, die z. B. als
tikörper bilden.
durch eine Verdünnungsreihe ermittelt, bei der
Antwort auf eine Virus- oder Bakterieninfektion
→ Plasmide kleine ringförmige, doppelsträn-
die zu untersuchende Probe fortlaufend in meh-
gebildet werden. Man unterteilt in Interferon-,
gige DNA-Moleküle, die hauptsächlich in Bakte-
reren Stufen verdünnt wird.
- und -.
rien vorkommen. Sie können sich unabhängig
→ 5’-Kappe ( cap ) Chemische Veränderung
vom Bakterienchromosom vervielfältigen und
→ TLR ( Toll-like receptors ) / Toll-ähnliche
Rezeptoren Rezeptoren der angeborenen
von mRNA-Molekülen (nach der Transkription) in
werden von der Zelle an die Nachkommenzellen
Immunabwehr, die auf Makrophagen und dendri-
Eukaryoten. Die Kappe erhöht die Stabilität der
vererbt. Antibiotikaresistenz-Gene liegen auf
tischen Zellen vorkommen und eine Immun­
mRNA und ist wichtig für die an den Ribosomen
Plasmiden.
antwort auslösen. TLRs sind Proteine, die dem
stattfindende Translation der mRNA zu Proteinen.
→ Primärantwort spezifische Immunreak-
Drosophila-Protein Toll ähneln.
→ Kappe weg ! ( engl. cap snatching ) tion nach dem ersten Kontakt mit einem Antigen.
→ Toll-Rezeptor Der Name leitet sich von
Viren, darunter auch das Influenza-A-Virus, haben
Sie verläuft noch nicht so stark wie bei einem
einem Protein der Taufliege, Drosophila melano-
den Mechanismus des Kappe-Stehlens entwi-
zweiten oder weiteren Antigenkontakt.
gaster, ab ; über die Entdeckung dieses Proteins
ckelt: Von zelleigenen mRNAs mit einer 5‘-Kappe
→ Punktmutation die dauerhafte Verände-
war die Forschergruppe der Nobelpreisträgerin
spalten sie diese mit zusätzlichen 10-15 Nukleo-
rung eines Gens, von der nur eine Base einer Nu­
Christiane Nüsslein-Volhard so begeistert, dass
tiden ab.
kleinsäure betroffen ist.
sie das Protein Toll nannten.
→ Klug, Aaron britischer Biochemiker und
→ Rekombinante Proteine mit gentechni-
→ Vakzine Impfstoff. Der Name leitet sich vom
Molekularbiologe, geb. 1926 ; ihm gelang die
schen Methoden hergestellte Proteine.
Lateinischen vaccina, « von Kühen stammend »,
Aufklärung der Struktur des Tabak-Mosaik-Virus
→ RT-PCR Abkürzung für reverse Transkripta-
ab : Den ersten Impfstoff in der Menschheitsge-
mit Hilfe von Röntgenstrahlen.
se-Polymerase-Kettenreaktion. Methode zum
schichte gewann man aus der Pustelflüssigkeit
→ Langerhans-Zellen Noch inaktive dendri-
Nachweis von RNA. Dabei wird zunächst die RNA
von Personen, die an den harmlosen Kuhpocken
tische Zellen heissen Langerhans-Zellen ; sie kom-
in DNA zurückgeschrieben und letztere dann mit-
erkrankt waren und beugte damit einer Erkran-
men in der Oberhaut und in Schleimhäuten vor.
hilfe der PCR vervielfältigt.
kung mit den echten Pockenviren vor.
→ Lymphzellen ( oder Lymphozyten ) Un-
→ Schweinegrippe Influenza beim Schwein,
→ Virosom wörtlich « Viruskörper » ; künstlich
tergruppe weisser Blutzellen ( Leukozyten ). Sie
die als Influenza-A-Virus-Variante H1N1 im Jahre
hergestellte Bläschen ( Vesikel ), die u. a. aus vira-
können weiter unterteilt werden in B- und
2009/2010 beim Menschen eine Pandemie ver-
len Membranproteinen bestehen. Die Struktur
T-Lymphozyten.
ursachte.
des Virosoms ähnelt dem ursprünglichen Virus.
→ Makrophagen sind Fresszellen. Sie tragen
→ Sekundärantwort Immunantwort nach
Virosomen werden nicht repliziert, sondern sind
Mustererkennungsrezeptoren, mit denen sie Bak-
wiederholtem Antigenkontakt. Sie setzt rascher
reine fusionsaktive Vesikel. Sie können als Vakzine
terien erkennen und aufnehmen. Sie beseitigen
ein und verläuft stärker.
eingesetzt werden. Die Influenza-Virosomen-Hül-
aber auch Zellschrott von abgestorbenen Zellen.
→ Serotyp durch serologische Tests unter-
le enthält Hämagglutinin ( HA ) und Neuramini-
→ MHC-Moleküle Eiweissstoffe mit Zucker-
scheidbare Variationen von Bakterien- oder
dase ( NA ).
kette ( Glykoproteine), die in den Genen des
Virenuntergruppen ; diese Tests nutzen die Ei­gen­
→ Virulenz krankmachende Eigenschaft ( An-
Haupthistokompatibilitätskomplexes ( MHC ) ver-
schaften von Antikörpern, spezifisch an be-
steckungsfähigkeit ) eines Erregers ; das infektiö-
schlüsselt sind und für die Antigenpräsentation
stimmte Oberflächenstrukturen des Erregers zu
se Potenzial eines Virus.
an T-Zellen nötig sind ; sie werden auch als
binden.
→ Vogelgrippe Influenza bei Vögeln ( Geflü-
Histokompatibilitätsantigene ( H-Antigene ) be-
→ Serum der flüssige Teil des geronnenen Bluts,
gelpest ) ; die Influenza-A-Virus-Variante H5N1
zeichnet. Man unterteilt sie noch in MHC-Klasse-
ohne Zellen und Fibrin ; enthält aber Antikörper.
kann auf den Menschen übertragen werden und
I-Moleküle, die auf allen kernhaltigen Körperzellen
→ ss (+)-RNA Die einzelsträngige RNA (ssRNA)
eine lebensbedrohliche Erkrankung verursachen.
vorkommen, und in MHC-Klasse-II-Moleküle, die
dieser Viren hat die gleiche Polarität wie eine zel-
→ Wirtsspezifisch Artspezifität eines Erre-
nur auf antigenpräsentierenden Zellen vorhan-
luläre mRNA, sie kann also direkt von der zellei-
gers : Ein Erreger z.B. ein Virus befällt nur eine bio-
den sind.
genen Transkriptionsmaschinerie in Proteine
logische Art ( einen Wirt ). Viren befallen bei
→ Mutation dauerhafte Veränderung des Erb-
übersetzt (translatiert) werden.
höheren Tieren und dem Menschen oft bestimm-
guts.
→ ss(−)-RNA Die einzelsträngige RNA (ssRNA)
te einzelne Organe, z.B. das Hepatitis-Virus die
→ NK-Zellen ( Natürliche Killerzellen ) dieser Viren hat eine zur zelleigenen mRNA ent-
Leber oder das Herpes-simplex-Virus die Lippen ;
Zellen der angeborenen Immunabwehr, die die
gegengesetzte Polarität, kann also deshalb nicht
sie sind somit auch organspezifisch.
erste Verteidigungslinie bilden, wenn Viren Kör-
wie bei (+)-Strang-RNA-Viren direkt in Proteine
→ Zytokine lösliche Substanzen, die von Zel-
perzellen befallen.
übersetzt werden. Diese RNA muss zuvor in eine
len abgegeben werden und auf andere Zellen viel-
→ PAMP Pathogenassoziierte molekulare Mus-
komplementäre RNA umgeschrieben werden.
fältige Wirkungen ausüben. Dazu gehören z.B.
ter. Moleküle, die bei bestimmten Gruppen von
Das dafür nötige Enzym kommt nicht in der Zelle
die Interferone.
Krankheitserregern anzutreffen sind und von
vor, die Viren bringen es als Teil des Virusparti-
Mustererkennungsrezeptoren auf Zellen des an-
kels in die Zelle. Grippeviren gehören zur Gruppe
geborenen Immunsystems erkannt werden.
der (−)-Strang-RNA-Viren.
→ Pandemie länder- und kontinentübergrei-
→ T-Helferzellen Untergruppe von T-Zellen.
fende Ausbreitung einer Infektionskrankheit.
Sie kooperieren mit zytotoxischen T-Zellen oder
mit B-Zellen. Helferzellen erkennen mit ihrem
T-Zell-Rezeptor das Antigen in Verbindung mit
MHC-Klasse-II-Molekülen. Siehe → T-Zellen
23
Lernziele
Mit Hilfe dieser Kapitel können Sie
sich folgende Kompetenzen erarbeiten
und die Fragen beantworten.
Viren allgegenwärtig !
Viren greifen Bakterien, Pflanzen,
Tiere und Menschen an. Sie können
sich ohne ihren spezifischen Wirt
nicht vermehren. lllll Aufbau eines
Grippe-Virus.
Für Fortgeschrittene
Viren unter dem Mikroskop zeigen
ihre Silhouette, welches sind auffällige
Unterschiede ? lllll Chromosomen
des Influenza-Virus : Was ist das Besondere am Influenza-Virus-Genom ?
Grippe-Viren –
Influenza-Viren
Grippe-Viren dringen in bestimmte
Körperzellen ein. Sie benötigen
die verschiedensten Funktionen der
Zelle, um sich zu vermehren. Für GrippeViren ist es wichtig, in den Zellkern
vorzustossen, um sich zu vermehren.
Grippe-Viren verlassen die Zelle wieder,
ohne sie zu zerstören. Der Vermehrungszyklus dauert etwa 4 Stunden.
Für Fortgeschrittene
Wie vermehren sich Influenza-Viren
genau ? lllll Die Influenza-Viren
schnappen der zellulären mRNA
die Kappen weg, wozu ? lllll Die Influenza-Viren binden spezifisch
an die Zellen, die sie befallen, aber wie ?
Viren im Angriff!
Beim Menschen unterscheidet man
ein angeborenes und ein erworbenes
Immunsystem. lllll Die natürlichen
Killerzellen erkennen virusinfizierte
Zellen und töten sie ab. Infizierte Zellen
wiederum sondern Moleküle (Interferone) als Hilferufe aus, die benachbarte Zellen warnen. lllll Das erworbene Immunsystem bildet Antikörper
aus, die spezifisch gegen bestimmte
Viren gerichtet sind und sie aufspüren.
Makrophagen fangen diese mit Antikörpern besetzten Viren ab, schleusen
sie in ihre Zelle und bauen sie ab.
24
Klein und in geringer
Zahl – aber ein bedeutender Wachposten !
Für Fortgeschrittene
Fresszellen, wie Makrophagen oder
dendritische Zellen, haben im Körper
wichtige Funktionen. Sie beseitigen
Eindringlinge und Zellabfall.
Dendritische Zellen sind im ganzen
Körper verbreitet, kleiner und in
geringerer Zahl als Makrophagen.
Dendritische Zellen gehören zum
angeborenen Immunsystem und
bilden auch eine Brücke zum erworbenen Immunsystem. Sie fangen
Eindringlinge, wie Viren, ab und zeigen
dann Bruchstücke dieser Eindringlinge
auf ihrer Oberfläche. Wozu ?
Hauptakteure
der Influenza-Infektion
Influenza-Viren tragen auf ihrer
Oberfläche zwei wichtige Proteine.
Das Hämagglutinin ( HA ) und die Neuraminidase ( NA ). Beide sind für
eine effiziente Vermehrung der Viren
verantwortlich. Weil diese zwei Proteine
starke Reaktionen des menschlichen
Immunsystems hervorrufen, sind sie
für die Impfstoffherstellung von grosser
Bedeutung. Diese beiden Proteine
verändern sich schnell, mutieren rasch.
Für Fortgeschrittene
Das Hämagglutinin ist aktiv, aber wie ?
Das Influenza-Virus
weltweit überwacht…
Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat die Förderung und Erhaltung
der menschlichen Gesundheit zum Ziel.
Der WHO werden weltweit aus staatlich organisierten Labors die neuesten
Daten zur Verbreitung der Influenza-Viren übermittelt. Daraus leitet die
WHO die jährlich neuen Anweisungen
zum Impfstoff ab. Jedes Land kann
dann freiwillig diesen Anweisungen
folgen. Weil sich das Grippe-Virus
schnell verändert, brauchte es bisher
jährlich einen neuen Impfstoff, unterschiedlich für die Süd- und Nordhalbkugel.
…und in Laboratorien weltweit analysiert
Für Fortgeschrittene
Wie werden Influenza-Viren im Labor
nachgewiesen ? Wie funktioniert
der Test ?
Die Forschung
ist gefordert!
Saisonal und lokal sich ausbreitende
Krankheiten sind Epidemien, wenn
mehr als 1,5% der Patienten entsprechende Symptome zeigen. Pandemien
sind Infektionskrankheiten, die sich
über Länder und Kontinente ausbreiten. Die Impfung ahmt eine natürliche
Infektion nach und ist daher eine wichtige Methode, um Risikogruppen,
wie ältere und immunschwache Personen vor einer Infektion zu schützen.
Ziel der Forschung ist es, einen Impfstoff zu entwickeln, der über Jahre
hinweg genutzt werden könnte.
Für Fortgeschrittene
Wie geht die Forschung vor, um
dieses Ziel zu erreichen ?
Bioinformatik –
Influenza-Viren
Für Fortgeschrittene
Erste Erfahrung mit interaktiven
Programmen, die die Gen- und Aminosäuresequenzen verschiedener Virenstämme vergleichen und damit auch
Veränderungen ( Mutationen) aufzeigen können. Diese Analysen erlauben
es, virale Genabschnitte im Labor zu
synthetisieren und sie für eine eventuelle Impfstoffherstellung zu nutzen.
Siehe Webseite :
www.biotechlerncenter.interpharma.ch
( Just a Virus ! – Bioinformatik )
Impressum
Webseiten
Konzept, Projektleitung
Szenen aus dem 3D-Film
Interpharma, Basel
Dr. Esther Schärer-Züblin
« Just a Virus ! »
www.interpharma.ch
BioRes Sàrl, Blonay
Nayade, Angoulême, F
www.biotechlerncenter.interpharma.ch
Texte
Die Fotos der Fluoreszenzmi­
BAG Bundesamt für Gesundheit ( BAG ), Bern
Esther Schärer, Dr ès sc.
kroskopie und der Antikörper-
www.bag.admin.ch/influenza/
Bärbel Häcker
nachweistests auf Seite 16 und
Dr. rer.nat., Leonberg, D
17 sind freundlicherweise zur
Nationales Influenza Referenzzentrum, Genf
Verfügung gestellt worden von
http : //virologie.hug-ge.ch /
Redaktion
Dr. Yves Thomas, Nationales
Fritz Höffeler, Diplombiologe
Zentrum für Influenza ( NZI ), Genf
WHO Weltgesundheitsorganisation
www.who.int/influenza/
Esther Schärer
Janine Hermann
Bio-Informatik S. 20-21
René Gfeller Ph.D.
In Zusammenarbeit mit WHO- Regionen
Dr. Thomas Werner
www.who.int/about/structure/en/
Wissenschaftliche Graphik
Kantonsschule Wettingen, CH
S. 2, 3, 4, 6, 11, 13, 14
Dr. Yves Thomas, Nationales
Impfung
Fritz Höffeler
Zentrum für Influenza ( NZI ), Genf
www.who.int/influenza/vaccines/
www.who.int/immunization_safety/
Art for Science, Hamburg, D
Durchsicht des Manuskriptes :
Layout
Dr. Samuel Ginsburg
SF Portal : Impfung
Karin Palazzolo, www.krnp.ch
Nora Sandmeier
www.videoportal.sf.tv/
Marc Zünd
www.einslive.de/medien/html/
1live/2009/11/14/
Elektronische Mikroskopiebilder
auf S. 3 sind freundlicherweise
Für die unterstützende
zur Vefügung gestellt worden :
Zusammenarbeit
wissen-macht-ah-impfung.xml
danken wir sehr
CDC (Centers for Disease
TMV, Bakteriophage T4, HIV Interpharma Basel
Control and Prevention)
Dr. Hans R. Gelderblom
Janine Hermann
www.cdc.gov/flu/
Robert Koch-Institut, Berlin D
Leiterin Educationals
Influenza A © 2013
www.rki.de/
Dr. Yoshihiro Kawaoka
Version française : Juste un virus !
Grippe-Mythen und Tatsachen/
Institute of Medical Science,
A petits virus grands effets
Myths about flu : Get the facts
Robert Koch-Institut, Berlin
Dr. Takeshi Noda
www.columbia.edu/cu/studentservices/
University of Tokyo, Tokyo, JP
English version : Just a Virus !
preparedness/docs/myths-facts/
small viruses – big impact
www.who.int/vaccine_safety/initiative/
detection/immunization_misconceptions/en/
INFOMED
www.infomed.ch/
pk_template.php?pkid=692
The Rockefeller University
www.rockefeller.edu/about/
awards/nobel/rsteinman/
weiter zu : Lab Web page
Virologie-Kurs
www.virology.ws/virology-101/
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