Darstellung und Charakterisierung zweier Modifikationen von (CuI)2(µ2-Ethylpyrazin-N,N‘) (Christian Näther) _________________________________________________________________________________________________________________ Versuch F3 Darstellung und Charakterisierung zweier Modifikationen von (CuI)2(µ2-2-Ethylpyrazin-N,N‘) Einführung Der Begriff Polymorphie bezeichnet die Eigenschaft chemischer Verbindung in mehreren kristallinen Modifikationen vorzukommen. Es handelt sich hierbei um ein sehr weit verbreitetes Phänomen, und es gibt nicht wenige die behaupten, dass im Prinzip von jeder Verbindung polymorphe Modifikationen erhalten werden können. Unabhängig davon, ob es sich um eine organische, metallorganische oder anorganische Verbindung handelt. Finden sich für eine Verbindung mehrere Modifikationen die unterschiedliche Mengen des gleichen Lösungsmittel eingelagert haben, so wird dies als Pseudopolymorphie oder besser als CoKristallisat bezeichnet. Kommt hingegen ein chemisches Element in mehreren Modifikationen vor, so handelt es sich um Allotropie. Beispiele hierfür sind α- und β-Zinn oder die verschiedenen Modifikationen des Schwefels. Zu den prominentesten Beispielen gehören sicherlich die beiden Modifikationen des Kohlenstoffs Graphit und Diamant (Abbildung 1). Abbildung 1: Kristallstruktur von Graphit (links) und Diamant (rechts). Aufgrund Ihrer unterschiedlichen Kristallstrukturen weisen polymorphe Modifikationen unterschiedliche Eigenschaften wie beispielsweise Löslichkeit, Dichte oder Härte auf. Darauf begründet sich auch die große Bedeutung der Polymorphie insbesondere im Bereich der pharmazeutischen Wirkstoffforschung oder den Materialwissenschaften. So bildet beispielsweise Graphit eine Schichtstruktur aus, in der die Wechselwirkungen zwischen den Schichten sehr schwach sind (Abbildung 1). Es handelt sich daher um ein sehr weiches Material, welches beispielsweise als Schmiermittel eingesetzt wird. Darüberhinaus ist Graphit ein Halbleiter. Im Gegensatz zu Graphit sind im Diamant die Kohlenstoffatome zu 1 Darstellung und Charakterisierung zweier Modifikationen von (CuI)2(µ2-Ethylpyrazin-N,N‘) (Christian Näther) _________________________________________________________________________________________________________________ einem dreidimensionalen Netzwerk verbunden was dazu führt, dass es das härteste bekannte Material ist (Abbildung 2). Darüberhinaus sind alle Bindungen der Kohlenstoffatome abgesättigt und Diamant daher ein Isolator. Was die Stabilität und das Umwandlungsverhalten polymorpher Modifikationen angeht, so kann zwischen enantiotropen und monotropen Modifikationen unterschieden werden (Abbildung 2). Im Falle von enantiotropen Modifikationen schneiden sich die Freie EnergieTemperatur-Kurven bei der Umwandlungstemperatur T (Abbildung 2: links). Wird beispielsweise die Modifikation 2 über die Umwandlungstemperatur T erhitzt, wandelt sich diese in die Modifikation 1 um. Wird 1 wiederum unter die Umwandlungstemperatur abgekühlt, wandelt sich diese wieder in 2 um. Ist die Umwandlungsgeschwindigkeit sehr langsam, kann die Rückumwandlung unterdrückt sein. Modifikation 2 wäre dann thermodynamisch metastabil. Im Falle von monotropen Modifikationen schneiden sich die Freie Energie-Temperaturkurven nicht (Abbildung 2: rechts). Eine Modifikation, hier 2, wäre dann über den gesamten Temperaturbereich thermodynamisch stabil, die anderen metastabil oder instabil. Eine Umwandlung kann immer nur von der Modifikation 1 nach 2 erfolgen. Zwischen beiden Fällen kann experimentell meist mit Hilfe der Differenzthermoanalyse oder der Dynamischen Differenz-Kalorimetrie unterschieden werden. Im Falle enantiotroper Modifikationen wird in der Regel ein exothermer Phasenübergang beobachtet, im Falle von monotropen Modifikationen ein endothermer Phasenübergang. Abbildung 2: Freie Energie in Abhängigkeit der Temperatur für enantiotrope (links) und monotrope (rechts) Modifikationen. In diesem Versuch sollen Sie zwei verschiedene Modifikationen der Koordinationsverbindung (CuI)2(2-Ethylpyrazin) darstellen und charakterisieren. In beiden Modifikation sind die Kupferatome verzerrt tetraedrisch von drei Iodatomen und einem Stickstoffatomen der organischen Liganden umgeben (Abbildung 3). Es werden CuClDoppelketten gefunden, die durch die N-Donorliganden zu Schichten miteinander verknüpft sind (Abbildung 3). 2 Darstellung und Charakterisierung zweier Modifikationen von (CuI)2(µ2-Ethylpyrazin-N,N‘) (Christian Näther) _________________________________________________________________________________________________________________ Abbildung 3: Kristallstruktur der gelb gefärbten (links) und der rote gefärbten (rechts) Modifikation von Kupfer(I)chlorid(2-Ethylpyrazin). Die Darstellung beider Modifikationen erfolgt ganz einfach durch Umsetzung von Kupfer(I)iodid mit 2-Etylpyrazin in Acetonitril. Dabei bildet sich zunächst die orange gefärbte Modifikation (Form 2), welche sich binnen weniger Minuten in die gelb gefärbte Modifikation (Form 1) umwandelt. Dieses Experiment zeigt, dass die gelb gefärbte Modifikation die bei Raumtemperatur stabilere Modifikation darstellt, und dass die orange gefärbte Modifikation hier metastabil ist. Wird die gelb gefärbte Modifikation in Acetonitril für einige Zeit oberhalb von 120°C erhitzt, so wandelt sich diese in die orange gefärbte Modifikation um. Letztere stellt daher die oberhalb von 120°C stabilere Modifikation dar und beide Modifikationen verhalten sich daher enantiotrop. Literatur C. Näther, I. Jeß, N. Lehnert, D. Hinz-Hübner, Solid State Sciences, 2003, 5, 1343-1357. Aufgaben 1. Darstellung von Kupfer(I)iodid. 2. Berechnung eines Diffraktogramms für Kupfer(I)iodid aus Einkristallstrukturdaten, welche der ICSD entnommen wurden. 3. Identifizierung und Homogenitätsbestimmung des Produktes durch Röntgenpulverbeugung sowie durch anschließenden Vergleich des experimentellen mit dem aus Einkristallstrukturdaten berechneten Diffraktogramm. 4. Darstellung der beiden Modifikationen von Kupfer(I)iodid(2-Ethylpyrazin). 5. Berechnung der Diffraktogramme beider Modifikationen aus Einkristallstrukturdaten. 6. Identifizierung und Homogenitätsbestimmung der Modifikationen durch Vergleich der experimentellen und aus Einkristallstrukturdaten berechneten Diffraktogramme. 7. Identifizierung evtl. zusätzlich gebildeten Phasen durch Vergleich der experimentellen Beugungsdiagramme mit denen, die aus Einkristallstrukturdaten berechnet worden sind. 3 Darstellung und Charakterisierung zweier Modifikationen von (CuI)2(µ2-Ethylpyrazin-N,N‘) (Christian Näther) _________________________________________________________________________________________________________________ Chemikalien Formel Symbol R-Sätze S-Sätze Ethanol C2H5OH F R11 S 7-16 Ether C4H10O F+ Xn R12-19-22-66-67 S9-16-29-33 Ethylpyrazin C6H8N2 Kupfer(II)sulfat ⋅ 5 H2O CuSO4 ⋅ 5 H2O Xn N R22-36/38-50/53 S22-60-61 Natriumsulfit Na2SO3 Sicherheitshinweise Acetonitril ist giftig, Ether extrem feuergefährlich und Iod-Dämpfe Gesundheitsschädlich Durchführung: 1. Darstellung von Kupfer(I)iodid In einem Becherglas wird eine Lösung von 2,25g Kupfer(II)sulfat-pentahydrat in 20 ml entmineralisiertem Wasser zu einer Lösung von 3g KI in 30 ml entmineralisiertem Wasser gegeben. Es fällt Kupfer(I)iodid aus, welches durch mitausfallendes Iod braun gefärbt ist. Anschließend wird soviel einer gesättigten Natriumsulfit-Lösung zugegeben bis die Lösung farblos ist. Das weiß gefärbte Kupfer(I)iodid wird durch einen Filtertiegel abgesaugt und mit Ethanol und Ether gewaschen. 2. Darstellung von Modifikation 1 von (CuI)2(Ethylpyrazin) 190,5 mg CuI, 54,1µl Ethylpyrazin und 2 ml Acetonitril werden in einem Rollrandglas über Nacht gerührt. Es bildet sich zunächst ein orange gefärbter Niederschlag, der sich langsam in einen gelb gefärbten Niederschlag umwandelt. Dieser wird im Porzellanfiltertiegel abgesaugt und mit Ethanol und Ether gewaschen. 3. Darstellung von Modifikation 2 von (CuI)2(Ethylpyrazin) Zu 3 ml Acetonitril wird in einem Rollrandglas unter Rühren soviel Kupfer(I)iodid hinzugegeben, bis eine gesättigte Lösung entsteht. Anschließend wird vom ungelöstem Feststoff in ein zweites Rollrandglas abfiltriert. Zu der nun klaren Lösung werden unter Rühren 108,1 µl 2-Ethylpyrazin gegeben, rund 30 s gerührt und umgehend über einen Porzellanfiltertiegel abfiltriert. Der entstandene orange gefärbte Niederschlag wird schnell mit Ethanol und Ether gewaschen. Protokoll Ihr Protokoll sollte folgende Dinge enthalten: 1. Kurze Beschreibung der Darstellung von Kupfer(I)iodid sowie der beiden Modifikationen mit Angaben der theoretischen und praktischen Ausbeuten. 4 Darstellung und Charakterisierung zweier Modifikationen von (CuI)2(µ2-Ethylpyrazin-N,N‘) (Christian Näther) _________________________________________________________________________________________________________________ 2. Je eine Abbildung der gemessenen und der aus Einkristallstrukturdaten berechneten Beugungsdiagramme von Kupfer(I)iodid sowie beider Modifikationen mit Angaben zur Quelle der Einkristallstrukturdaten (REFCODE, Literaturzitat, Datenbank) und einer kurzen Diskussion des Ergebnisses der Beugungsuntersuchungen. 3. Zusätzliche Abbildungen von Beugungsdiagrammen identifizierter Nebenphasen wenn eine Ihre Proben nicht phasenrein ist und Sie diese identifizieren können. 5