als pdf - Westdeutsches Tumorzentrum

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WTZJournal_0312_FlyerAlarm_Layout 1 17.12.12 18:33 Seite 1
3/4•2012
ISSN 1869-5892 | 4,- €
www.wtz-essen.de
journal
Journal des Westdeutschen Tumorzentrums
WTZ Essen
3
Statt Markt und Mehrwert
Qualität und Patientenzufriedenheit
Editorial
4
Das Urothelkarzinom der Harnblase
Ein Update in Diagnostik und Therapie
Frank vom Dorp und Herbert Rübben
10
„Krebstherapie: Die Zukunft ist jetzt!“
Alan Ashworth, Scientist in Residence
11
Was halten Sie von der CART19-Therapie?
Nachgefragt bei Andreas Hüttmann
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Was sagen Sie,
wenn Sie jemand nach Ihrem Internet-Auftritt fragt?
Mögliche Antworten:
Da werde ich mich gleich nächste Woche drum kümmern ...................[1 Punkt]
Hoffnungslos veraltet – da ist überhaupt nichts zu machen .............[2 Punkte]
Ach herrjeh … ............................................................................[3 Punkte]
Alles im Lot – alles tipptopp ........................................................[0 Punkte]
Wenn Sie bei diesem kleinen Test einen oder mehrere Punkte erzielt haben, sollten wir miteinander reden.
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editorial
Liebe Leserin,
lieber Leser,
in der Zeit „zwischen den Jahren“ erscheint diese Ausgabe des WTZ-Journals,
4
und wir hoffen, dass Sie ausgiebig Gelegenheit hatten (oder noch haben)
auszuspannen und Kraft zu tanken für all das, was im Jahr 2013 auf uns
zukommen wird.
3
Schwerpunkt
Das Urothelkarzinom der
Harnblase – ein Update in
Diagnostik und Therapie
Priv.-Doz. Dr. med. Frank vom Dorp
und Professor Dr. med. Herbert Rübben
Formalpathologisch wird das Urothelkarzinom der Harnblase zwar als Einheit gesehen, präsentiert sich klinisch
allerdings als heterogene Tumorgruppe mit unterschiedlichem Rezidivund Progressionsverhalten.
Ungefähr ein Jahr ist es her, seit die Havard-Mediziner Pamela Hartzband
und Jerome Groopman im renommierten New England Journal of Medicine
darüber klagten, dass die Medizin dabei sei, ihren Anspruch auf individuell
ausgerichtete Fürsorge aufzugeben und statt dessen die industrialisierte
Krankenbehandlung zu propagieren. Ärzte und Pflegekräfte würden in
diesem System zu „medizinischen Leistungserbringern“, Patienten würden
8
zu „Kunden“ oder „Konsumenten“.
Ein Jahr nach dieser – durchaus viel gehörten aber wenig folgenreichen –
10
Klage hat sich die Situation auch hierzulande leider nicht zum Besseren verändert. Mehr denn je schließen Krankenhäuser mit ihren Abteilungsleitern
Zielvereinbarungen, beispielsweise zu OP-Zahlen. Da kann es schon einmal
vorkommen, dass Indikationen großzügig gestellt werden, damit der Bonus
Behandlungsprogramme
Alle Behandlungsprogramme
im Überblick
Panorama
Krebstherapie: Die Zukunft ist jetzt!
Bericht zum Vortrag von Professor
Alan Ashworth, Scientist in Residence
2012
Anke Engelke sucht das Glück
gesichert ist. So genannte Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) sind
Innovationspreis für Stefan Kasper
dazu angetan, das Arzt-Patienten-Verhältnis empfindlich zu beschädigen.
Im abgelaufenen Jahr hat die Entwicklung in Gießen und Marburg zudem
gezeigt, dass ein börsennotiertes Unternehmen nicht allein für die Verwal-
11
tung eines Universitätsklinikums verantwortlich sein darf. Wenn es allein
um Wirtschaftlichkeit geht, gerät das Wohl des Patienten leicht unter die
Nachgefragt
Was halten Sie von der
CART19-Therapie?
Im Gespräch mit
PD Dr. med. Andreas Hüttmann
Räder.
Am 9. Dezember berichtete die New
York Times von Emma Whiteheads
zumindest vorläufig erfolgreicher
ALL-Behandlung, zwei Tage später
griff SPIEGEL Online die Geschichte
auf. Das ALL-kranke siebenjährige
Mädchen war mit Hilfe einer experimentellen Methode, genauer: mit
genetisch veränderten autologen
T-Zellen vor dem sicheren Tod
bewahrt worden.
Nur um nicht missverstanden zu werden: Wir bekennen uns nicht zuletzt
als onkologisches Spitzenzentrum zu Qualität und Qualitätskontrolle, wir
sind Anhänger evidenzbasierter und nicht eminenzbasierter Medizin. Wir
sind aber auch der Meinung, dass Medizin nicht gezwungen sein darf, Gewinne zu erwirtschaften. Nicht Markt und Mehrwert spielen in der Medizin
die entscheidende Rolle, sondern Qualität und Patientenzufriedenheit.
Ihre
11
Angelika Eggert
Andreas Hüttmann
Geschäftsführende
Direktorin des WTZ
Redaktionsleiter des WTZ-Journals
Impressum
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Das
Urothelkarzinom
der Harnblase
Ein Update in Diagnostik und Therapie
Frank vom Dorp
Herbert Rübben
Pelvines Exzellenzzentrum (PEZ)
der Klinik und Poliklinik für Urologie
des Universitätsklinikums Essen
Nach Angaben des Robert-KochInstituts erkrankten im Jahr 2008
etwa 16.000 Menschen in Deutschland an einem Harnblasenkarzinom.
Männer tragen ein gegenüber
Frauen etwa dreifaches Erkrankungsrisiko. Die altersstandardisierte
Erkrankungsrate bei Männern sinkt
seit einigen Jahren, bei Frauen dagegen steigt sie weiter an.
Verantwortlich für diese Entwicklung ist
wahrscheinlich das Rauchverhalten von
Frauen, die in den vergangenen Jahrzehnten beim Zigarettenkonsum im
Vergleich zu Männern aufholen. Die im
Tabakrauch enthaltenen aromatischen
Amine sind verantwortlich für die Entstehung von Harnblasenkrebs.
Low- und High-Grade-Urothelkarzinome
Formalpathologisch wird das Urothelkarzinom der Harnblase zwar als Einheit
gesehen, präsentiert sich klinisch allerdings als heterogene Tumorgruppe mit
unterschiedlichem Rezidiv- und Progressionsverhalten. Häufigste Manifestationsform ist das schleimhautbegrenzte,
exophytische Urothelkarzinom, welches
in der überwiegenden Zahl einen hohen
Differenzierungsgrad aufweist (Abb. 1) .
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Wenn ein solches Urothelkarzinom
rezidiviert, hat es eine nur sehr geringe
Progressionstendenz. Der vergleichsweise milde klinische Verlauf spiegelt
sich auch im pathologischen Gutachten
wider: es handelt sich um nicht muskelinvasive Tumoren mit geringer Mutationsrate, also hoher genetischer Stabilität. Urothelkarzinome mit diesem Profil werden nach der WHO-Klassifikation
aus dem Jahr 2004 als Low-GradeKarzinome eingestuft.
Zytologische Untersuchungen
während des Eingriffs
Gerade wegen des unterschiedlichen
Progressionsrisikos bereits im nicht
muskelinvasiven Stadium ist die korrekte Diagnostik von besonderer Bedeutung. Standardinstrumente sind die
Zystoskopie und die transurethrale
Resektion der Blase (TUR-B). Bei LowGrade-Urothelkarzinomen kann die
TUR-B bereits als therapeutische Maßnahme schon ausreichen.
Nur noch schlecht differenzierte Tumoren mit einer hohen genetischen Instabilität werden dagegen unabhängig
von ihrem T-Stadium als High-GradeUrothelkarzinom eingestuft. Anders als
die Low-Grade-Karzinome zeigen HighGrade-Urothelkarzinome im Rezidiv
auch eine starke Neigung zur Progression.
Bereits die makroskopische Begutachtung des Tumorgewebes lässt eine Unterscheidung in High- und Low-GradeKarzinomen zu. Herr (2009) und Hess
(2012) haben diesbezüglich eine exzellente Übereinstimmung mit dem histopathologischen Ergebnis nachgewiesen.
Die intraoperativ durchgeführte zytologische Untersuchung kann extrem hilfreich sein. Wenn ein exphytischer Tumor
eine unauffällige Zytologie aufweist, ist
ein begleitendes Carcinoma in situ mit
hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Ist die während des Eingriffs durchgeführte Zytologie dagegen positiv
(Abb. 2), müssen drei Ursachen in Betracht gezogen werden:
Progressionsrisiko ist klinisch
relevanter als Rezidivrisiko
Die Leitlinien der Europäischen Gesellschaft für Urologie (EAU) nutzen zur Abschätzung des Rezidiv- und Progressionsrisikos den Bladder Calculator der
Europäischen Organisation für die Erforschung und Behandlung von Krebs
(EORTC). Betrachtet man die Gewichtung der einzelnen Risikofaktoren, so
wird klar, dass drei Faktoren die beste
Trennschärfe liefern, wenn es um die
Unterscheidung zwischen einem klinisch bedenklichen, das heißt mit
hohem Progressionsrisiko behafteten
und einem klinisch weniger bedenklichen Tumor geht (Tab. 1). Ein Tumor,
der gekennzeichnet ist durch
das Karzinom wurde nicht
komplett entfernt,
Tumorbefall der ableitenden
Harnwege,
Carcinoma in situ.
3 · 2 0 1 2 · 4 . J g
5
Abbildung 1: Nicht-muskelinvasiver
exophytischer Blasentumor
Im Rahmen desselben Eingriffs lässt
sich dann gegebenenfalls das Tumorbett nachresezieren, der obere Harntrakt retrograd darstellen, um Tumorgewebe zu detektieren und die Blasenschleimhaut bioptisch weiter nach
einem Carcinoma in situ inspizieren.
Fluoreszenzgestützte Diagnostik
mit Hexaminolaevulinsäure
Gemäß EAU-Leitlinien kann bei Verdacht
auf ein Carcinoma in situ die fluoreszenzgestützte Diagnostik mit Hexaminolaevulinsäure durchgeführt werden.
Der Nutzwert des Verfahrens wird allerdings kontrovers diskutiert, weil sich mit
ihm zwar die Detektionsrate steigern
‰
die Invasion der Lamina propria (T1),
das Vorliegen eines Carcinoma in situ
und schlechte Differenzierung
(High Grade)
Lamina propria
neigt in hohem Maße zur Progression,
und zwar durchaus schon im noch nicht
muskelinvasiven Stadium.
Muskelschicht
Perivesikales
Fettgewebe
Urothel
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Pathologischer
Faktor
6
Anzahl der Tumoren
1
2 bis 7
≥8
Rezidiv Progression
0
3
6
0
3
3
Größe der Tumoren
< 3 cm
> 3 cm
0
3
0
3
Rezidivstatus
Primärtumor
≤ 1 Rezidiv/Jahr
≥ 1 Rezidiv/Jahr
0
2
4
0
2
2
Tumor-Kategorie
Ta
T1
0
1
0
4
Gleichzeitiges CIS
Nein
Ja
0
1
0
6
Grad der Differenzierung (WHO 1973)
G1
0
0
G2
1
0
G3
2
5
Gesamt-Score
0-17
0-23
Tabelle 1: Pathologische Faktoren und ihre
Gewichtung bei der Berechnung von Rezidiv- und Progressions-Scores. Das TumorGrading ist hier noch nach dem WHOSchema aus dem Jahr 1973 vorgenommen
worden (nach Babjuk et al. 2012). Farbig
markiert sind Faktoren, die ein besonders
hohes Progressionsrisiko signalisieren.
lässt, allerdings ohne Tumorprogression
oder Gesamtüberleben positiv zu beeinflussen.
Schumacher und Kollegen haben dazu
im Jahr 2010 eine Phase-III-Studie vorgelegt: Bei 147 Patienten erfolgte die TUR-B
konventionell mit Weißlicht-Zystoskopie, bei 153 Pateinten dagegen fluoreszenzgestützt. Bei der Erstuntersuchung
wurden median 1,8 Tumoren in der Kontrollgruppe und 1,7 Tumoren in der Fluoreszenzgruppe gefunden (p=0,85). Nach
zwölf Monaten war zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich rezidiv- und
progressionsfreiem Überleben kein Unterschied nachweisbar.
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Grossman und Kollegen (2012) berichten
dagegen von einem sehr deutlichen Effekt des fluoreszenzgestützten Verfahrens auf das rezidivfreie Überleben:
Im Rahmen eines rund 55-monatigen
Follow-ups betrug die rezidivfreie Zeit
9,4 Monate in der Weißlicht-, aber
16,4 Monate in der Fluoreszenz-Gruppe
(p=004). Die Überlebenszeit blieb allerdings unbeeinflusst.
Narrow Band Imaging
Der Vergleich von Weißlicht- und fluoreszenzgestützten Resektionen unterliegt immer einem Bias, so zumindest
argumentieren viele Kritiker entsprechender Studiendesigns. Denn das Fluoreszenz-gestützte Verfahren besteht
aus einem vierstufigen Prozess (Weißlicht zur Orientierung, Fluoreszenz zur
Markierung der Tumorstrukturen, Weißlicht zur Resektion, Fluoreszenz-Kontrolle), während das Weißlicht-gestützte
Verfahren mit nur einem Arbeitsgang
auskommt. Beim fluoreszenzgestützten
Verfahren, so könnte man argumentieren, wird die Blase nicht nur einmal, sondern viermal untersucht – und möglicherweise beruht allein darauf die zum
Teil belegte Überlegenheit des fluoreszenzgestützten Verfahrens.
In diesem Zusammenhang ist ein neues
optisches Verfahren sehr interessant.
Beim Narrow Band Imaging werden
Grün- und Blaufilter verwendet, und die
Resektion findet ähnlich wie beim
Weißlicht-gestützten Verfahren in
einem Arbeitsgang statt. Naselli und
Kollegen haben 2011 beide Verfahren in
einer prospektiv randomisierten Studie
verglichen. Die Rezidivrate betrug im
Kontrollarm 51 Prozent, im NarrowBand-Arm dagegen 31 Prozent. Es bleibt
abzuwarten, ob dieses Vefahren in die
internationalen Leitlinien aufgenommen wird.
High-Grade-Urothelkarzinom:
Frühe Zystektomie empfehlenswert
Das nicht muskelinvasive High-Grade-
Karzinom weist, wie die Daten des New
Yorker Memorial Sloan Kettering Cancer
Center zeigen, eine erhebliche Progressionsrate auf.
Die Arbeitsgruppe um Chade und Kollegen (2010) analysierte retrospektiv
Patienten mit einem primären Carcinoma in situ der Harnblase. Alle 221 hatten
sich einer Installationstherapie mit Bacillus Calmette-Guérin (BCG) unterzogen. Nach fünf Jahren betrug die Progressionsrate 43 Prozent. 91 der insgesamt 221 Patienten waren zu einem vergleichsweise frühen Zeitpunkt zystektomiert worden. In dieser Gruppe betrug
die Fünfjahres-Progressionsrate 35 Prozent. Die neue EAU-Leitlinie (Babjuk et
al. 2012) trägt diesen Erkenntnissen
mittlerweile Rechnung: Sie empfiehlt
neben der BCG-Installationsbehandlung
auch die frühe Zystektomie. In der Essener Universitätsklinik wird Patienten
mit einem High-Grade-Urothelkarzinom die frühe Zystektomie empfohlen,
um die Progression der Erkrankung
aufzuhalten.
TUR-B in Kombination mit
Mitomycin
Mitomycin ist ein zytostatisch wirksames Antibiotikum und kann sowohl vor
als auch nach der TUR-B angewendet
werden. Die Arbeitsgruppe um di Stasi
(2011) randomisierte in einer prospektiven Studie insgesamt 352 Patienten in
drei Arme: In Arm 1 erhielten Patienten
lediglich eine TUR-B, in Arm 2 erhielten
Patienten unmittelbar nach der Operation eine konventionelle Mitomycin-Instillationsbehandlung, in Arm 3 wurde
Patienten präoperativ Mitomycin unter
Anlage eine Reizstroms verabreicht. Mit
dieser electromotive drug administration
(EMDA) soll die Agenskonzentration in
der Urothelschicht erhöht werden.
Wichtig für die Interpretation der Daten
ist allerdings die Tatsache, dass Patienten mit Intermediate-Risk-Karzinomen
nach der Studie eine Mitomycin-Erhal-
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High-Grade-Urothelkarzinomen und die
eingeschränkte Möglichkeit der medikamentösen Beeinflussung unterstreicht.
Obwohl die Blasenentfernung mit notwendiger Harnableitung ein invasiver
Eingriff ist, sollte bei Patienten mit HighGrade-Befund die Zystektomie
zu einem frühen Zeitpunkt diskutiert
werden.
Für Patienten mit muskelinvasivem Karzinom der Kategorie T2 bis T4 ist die Therapieentscheidung im Wesentlichen gefallen. Im kurativen Ansatz wird die radikale Zystektomie empfohlen, sofern der
Patientenstatus einen solchen Eingriff
zulässt. Ein retrospektiver Vergleich zwischen roboterassistierter und offener
Zystektomie zeigt, dass die roboterassistierte Vorgehensweise hinsichtlich des
intraoperativen Blutverlusts von Vorteil
ist und Nachteile hinsichtlich der Operationsdauer aufweist (Kappa 2011).
Abbildung 2: Oben:Normale Blasenschleimhaut bestehend aus 6-7 Urothelschichten und gleichförmigen, kleinen
Zellkernen. Mitte: Carcinoma in situ. Entdifferenziertes, in der Schleimhaut wachsendes Urothelkarzinom mit dunklen, unregelmäßigen Zellkernen. Unten: HighGrade-Zytologie mit Anisokaryose der
Kerne, prominenter Kernmembran und
vielen Nukleolen.
tungstherapie und die Patienten mit
einem High-Risk-Karzinom eine Fortführung der BCG-Instillationstherapie erhielten. Trotzdem wurde nach Intentionto-treat analysiert. Bezüglich des Tumorrezidivs sind die Ergebnisse vielversprechend: Die Rezidivraten betrugen in Arm
1, 2 und 3 jeweils 64 Prozent, 59 Prozent
und 38 Prozent.
Bezogen auf die Tumorprogression
bleibt allerdings auch hier zu konstatieren, dass unter der maximalen Therapie
mit neoadjuvanter, EMDA-gestützter
Mitomycininstillation, TUR-B und postoperativer BCG-Instillation eine Progression von 38 Prozent zu verzeichnen ist,
was erneut den Hochrisikocharakter von
Im Rahmen einer kleinen randomisierten Studie an 24 Patienten zeigt sich ein
niedriger Blutverlust und eine niedrigere R1-Rate nach robotergestütztem Vorgehen. Hier muss die Forderung nach
zahlenmäßig größeren randomisierten
Studien gestellt werden. Die offene Zystektomie weist eine Morbidität von 50
Prozent und eine Mortalität von 3 Prozent auf (Fideli 2011).
Unizentrische Untersuchungen an großen Zentren belegen, dass bei geeigneter Patientenselektion die Zystektomie
auch bei Patienten über 80 Jahre gut
möglich ist. Retrospektiv zeigten Jain
und Kollegen (2011) an 118 Patienten,
dass das Überleben nach Zystektomie
auch bei Patienten über 75 Jahre dem
organerhaltenden Konzept signifikant
überlegen ist.
Die Morbidität des Eingriffs lässt sich
darüber reduzieren, wenn die enterale
Ernährung möglichst bald nach dem
Eingriff wieder aufgenommen wird. Karl
und Kollegen (2012) konnten an einem
3 · 2 0 1 2 · 4 . J g
Kollektiv von 88 Patienten zeigen, dass
die frühzeitige enterale Ernährung die
postoperative Morbidität signifikant
senkt.
Allerdings ist auch der präoperative Ernährungsstatus von besonderer Bedeutung. Patienten mit schlechtem Ernährungsstatus weisen im Vergleich zu
Patienten mit normalem Ernährungsstatus eine deutlich erhöhte postoperative Mortalität auf (16,5% versus 7,3%),
wie Gregg und Kollegen 2011 berichten.
Neoadjuvante systemische Therapie
Kontrovers diskutiert wird die Datenlage
zur neoadjuvanten systemischen
Chemotherapie, also vor definitiver
operativer Therapie des muskelinvasiven
Harnblasenkarzinoms. Die aktuellen
Leitlinien der EAU empfehlen die neo‰
Tabelle 2: TNM Klassifikation (2009)
T Kategorie Definition
T0
Kein Anhalt für Tumor
Ta
Nicht-invasives papilläres
Urothelkarzinom
TIS
Carcinoma in situ
T1
Tumor infiltriert subepitheliales
Bindegewebe
T2a
Tumor infiltriert oberflächliche
Muskulatur
T2b
Tumor infiltriert tiefe Muskulatur
T3a
Mikroskopische Infiltration des
perivesikalen Fettgewebes
T3b
Mikroskopischer extravesikaler
Tumor
T4a
Tumorinfiltration in Prostata,
Uterus oder Vagina
T4b
Tumorinfiltration in Beckenoder Bauchwand
N0
Keine regionalen LK-Metastasen
N1
Singuläre pelvine LK-Metastase
N2
Multiple pelvine LK-Metastasen
N3
LK-Metastasen der A/V iliaca
communis
M0
Keine Fernmetastasen
M1
Fernmetastasen
7
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8
adjuvante Therapie, weil es Evidenz für
ein verbessertes Gesamtüberleben gibt.
Diese Empfehlung geht zurück auf eine
Metaanalyse des Medical Research
Council (MRC) aus dem Jahre 2003. Hier
konnten die Autoren zeigen, dass die
neoadjuvante, cisplatinbasierte Kombinationschemotherapie zu einem absoluten Überlebensvorteil von 5 Prozent
führt.
Griffiths und Kollegen publizierten 2011
die Langzeitergebnisse der größten randomisierten Studie zur neoadjuvanten
Systemtherapie des invasiven Urothelkarzinoms. In die Untersuchung gingen
976 Patienten ein, die auf zwei Arme
verteilt wurden. Ein Arm erhielt keine,
der andere Arm erhielt eine neodjuvan-
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3 · 2 0 1 2 · 4 . J g
te Systemtherapie bestehend aus drei
Zyklen Cisplatin, Methotrexat und Vinblastin. Nach 3, 5 und 10 Jahren hielt sich
ein statistisch signifikanter absoluter
Überlebensvorteil von 6 für die Neoadjuvanz-Gruppe.
Trotz dieser Belege ist die neoadjuvante
Chemotherapie nur wenig akzeptiert.
Im Rahmen des diesjährigen Jahreskongresses der Deutschen Gesellschaft für
Urologie stellte die Würzburger Arbeitsgruppe um Burger und Kollegen die Ergebnisse eines europaweit versendeten
Fragebogens zur Akzeptanz der neoadjuvanten Chemotherapie vor: von allen
befragten Zentren bieten lediglich 20
Prozent diese Therapie ihren Patienten
an (Burger 2012).
Die Erklärung hierfür liegt nach Meinung der Autoren auf der Hand. Patienten mit einem invasiven High-GradeUrothelkarzinom sollten in kurativer Absicht innerhalb von vier Wochen nach
der Diagnosestellung operiert werden,
um der ausgeprägten Progressionsneigung Rechnung zu tragen. Eine neoadjuvante Chemotherapie verlegt den
Operationszeitpunkt allerdings um
etwa drei Monate nach hinten, ohne
dass eine sinnvolle Diagnostik zur Beurteilung des Ansprechens der Therapie
zur Verfügung steht.
Adjuvante systemische Therapie
Vorteile für die adjuvante Chemotherapie sind das korrekte Staging nach
erfolgter Zystektomie. Die bereits an-
Alle Behandlungsprogramme im Überblick
Programm 1:
Tumorerkrankungen des Magen-DarmTraktes (Westdeutsches Magen-DarmZentrum)
Kontakt: Dr. S. Kasper
Innere Klinik (Tumorforschung)
Telefon: 0201-723-2039
Mail: [email protected]
Programm 2:
Tumorerkrankungen der Lunge und der
Thoraxorgane (Lungenkrebszentrum am
Westdeutschen Tumorzentrum)
Kontakt: Dr. W. Eberhardt
Innere Klinik (Tumorforschung)
Telefon: 0201-723-3131
Mail: [email protected]
Programm 3:
Hämatologische Onkologie (Leukämien,
Lymphome und Myelome)
Kontakt: Prof. Dr. U. Dührsen
Klinik für Hämatologie
Telefon: 0201-723-2417
Mail: [email protected]
Programm 4:
Gynäkologische Tumoren
Kontakt: Prof. Dr. R. Kimmig, Klinik für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Telefon: 0201-723-2441
Mail: [email protected]
Programm 5:
Neuroonkologie
Kontakt: Prof. Dr. U. Sure
Klinik für Neurochirurgie
Telefon: 0201-723-2804
Mail: [email protected]
Programm 6:
Urologische Tumoren
Kontakt: Prof. Dr. Dr. h. c. H. Rübben
Klinik für Urologie
Telefon: 0201-723-3211
Mail: [email protected]
Programm 7:
Pädiatrische Hämatologie/Onkologie
Kontakt: Prof. Dr. A. Eggert
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin,
Klinik für Kinderheilkunde III
Telefon: 0201-723-3784
Mail: [email protected]
Programm 8:
Hauttumoren
Kontakt: Prof. Dr. D. Schadendorf
Klinik für Dermatologie
Telefon: 0201-723-2430
Mail: [email protected]
Programm 9:
Endokrine Tumoren
Kontakt: Prof. Dr. Dr. D. Führer-Sakel
Klinik für Endokrinologie und Zentrallabor,
Bereich Forschung und Lehre
Telefon: 0201-723-2821
Mail: [email protected]
Programm 10:
Kopf-/Hals-Tumoren
Kontakt: Prof. Dr. S. Lang
Klinik für HNO-Heilkunde
Telefon: 0201-723-2481
Mail: [email protected]
Programm 11:
Augentumoren
Kontakt: Prof. Dr. N. Bornfeld
Zentrum für Augenheilkunde, Erkrankungen
des hinteren Augenabschnitts
Telefon: 0201-723-3569
Mail: [email protected]
Programm 12:
Knochen- und Weichteiltumoren
Kontakt: Prof. Dr. G. Taeger
Klinik für Unfallchirurgie
Telefon: 0201-723-1312
Mail: [email protected]
[email protected]
Programm 13:
Knochenmarktransplantation
Kontakt: Prof. Dr. D. W. Beelen
Klinik für Knochenmarktransplantation
Telefon: 0201-723-3136
Mail: [email protected]
Programm 14:
Tumorerkrankungen des älteren Patienten,
Geriatrische Onkologie
Kontakt: Dr. W. Eberhardt
Innere Klinik (Tumorforschung)
Telefon: 0201-723-3131
Mail: [email protected]
Programm 15:
Primäre Tumoren der Leber
(Lebertumor-Centrum am WTZ)
Kontakt: Prof. Dr. J. Schlaak
Klinik für Gastroenterologie und
Hepatologie
Telefon: 0201-723-3615
Mail: [email protected]
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3 · 2 0 1 2 · 4 . J g
Zusammenfassung
gesprochene MRC-Metaanalyse aus
2003 errechnet bei insgesamt eingeschränkter Datenlage einen Überlebensvorteil von 9 Prozent für die cisplatinbasierte adjuvante Chemotherapie. Dieser Effekt war aufgrund der geringen
Fallzahl statistisch nicht signifikant darstellbar. Aus diesem Grunde findet sich
die adjuvante Chemotherapie außerhalb von klinischen Studien nicht in der
Leitlinienempfehlung wieder.
In der urologischen Klinik des Universitätsklinikums Essen empfehlen wir
unseren Patienten diese Therapieoption
bei organüberschreitendem Tumor beziehungsweise bei positivem Lymphknotenstatus. Es bleibt abzuwarten,
ob sich die Datenlage für dieses konsolidierende Therapiekonzept zukünftig
verbessert.
Low-Grade-Urothelkarzinome sind gut
differenziert, genetisch stabil und entwickeln sich als exophytische Karzinome. High-Grade-Karzinome sind genetisch instabil und neigen zur Progression. Das Progressionsrisiko ist klinisch relevanter als das Rezidivrisiko, weil eine
Progression häufig die Blasenentfernung notwendig macht und die Prognose der Patienten ungünstig beeinflusst.
In der Diagnostik werden Zystoskopie
und TUR-B eingesetzt. Die fluoreszenzgestützte hat gegenüber der Weißlichtgestützten Resektion keine Vorteile im
Hinblick auf rezidiv- oder progressionsfreies Überleben. Vorteile scheint das
Narrow Band Imaging zu bieten, die
endgültige Evaluation steht aber noch
aus, ebenso wie für die neoadjuvante
EMDA-gestützte Mitomycin-Gabe mit
anschließender TUR-B.
Patienten mit High-Grade-Urothelkarzinom kann wegen des hohen Progres-
sionsrisikos die frühe Zystektomie empfohlen werden. Hier treten die oben aufgeführten Instillationsbehandlungen
wegen des geringen Einflusses auf die
Progression in den Hintergrund. Für
Patienten mit T2- bis T4-Karzinomen ist
die Zystektomie auch in fortgeschrittenem Alter die akzeptierte Behandlung.
Für die neoadjuvante Chemotherapie
vor Zystektomie liegt zwar eine eindeutige Evidenz vor, allerdings wird sie nur
in etwa 20 Prozent der europäischen
Zentren angeboten; sehr wahrscheinlich
weil durch die Therapie der Operationszeitpunkt um bis zu drei Monate nach
hinten verschoben wird.
Die adjuvante Chemotherapie ist zwar
noch nicht Teil der Leitlinienempfehlung; bei organüberschreitendem Tumor oder
positivem Lymphknotenstatus erscheint sie aber
empfehlenswert.
Literatur
M. Babjuk, W. Oosterlinck, R. Sylvester,
E. Kaasinen, A. Böhle, J. Palou, M. Rouprêt (2012) Guidelines on Non-muscleinvasive Bladder Cancer (TaT1 and CIS).
European Association of Urology.
Chade DC, Shariat SF, Adamy A, Bochner BH, Donat SM, Herr HW, Dalbagni
G (2010) Clinical outcome of primary
versus secondary bladder carcinoma in
situ J Urol 184:464-469
Di Stasi SM, Valenti M, Verri C, Liberati
E, Giurioli A, Leprini G, Masedu F, Ricci
AR, Micali F, Vespasiani G (2011) Electromotive instillation of mitomycin immediately before transurethral resection for patients with primary urothelial
non-muscle invasive bladder cancer: a
randomised controlled trial Lancet
Oncol 12:871-879
Griffiths G, Hall R, Sylvester R, Raghavan D, Parmar MK (2011) International
phase III trial assessing neoaduvant
cisplatin, methotrexate and vinblastine chemotherapy for muscle-invasive
bladder cancer: long-term results of
the BA06 30894 trial J Clin Oncol
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Alan Ashworth, Scientist in Residence 2012
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„Krebstherapie: Die Zukunft ist
jetzt!“
Er hat im Jahre 1995 maßgeblich zur Sequenzierung des BRCA2-Gens beigetragen, und er hat miterlebt, wie eine Patientin, die sich bereits zur prophylaktischen
Mastektomie entschlossen hatte, aufgrund der negativen
BRCA2-Testung vor dieser sinnlosen Operation bewahrt werden konnte – und seither ist die translationale Forschung im
Allgemeinen und die personalisierte Krebstherapie im Speziellen seine Passion. Professor Alan Ashworth, der diesjährige
Scientist in Residence an der Universität Duisburg-Essen, gehört zu den weltweit renommiertesten Krebsforschern. Im
Rahmen seiner Gastprofessur hielt der Molekularbiologe Anfang Dezember eine vielbeachtete öffentliche Vorlesung mit
dem Titel „Krebstherapie: Die Zukunft ist jetzt!“
Sequenzierung von Patienten- und
Tumorgenom
Bereits in zehn bis 20 Jahren werde man in der Lage sein,
Krebspatienten zu heilen und nicht lediglich ihr Leben zu verlängern, so Ashworth, der mittlerweile das Londoner Institute
of Cancer Research leitet. Sein Optimismus gründet auf den
Fortschritten in der Molekulargenetik, speziell in der Sequenzierungstechnik. Schon heute sei die
Sequenzierung des
Komplett-Genoms
eines Patienten nur noch eine Frage von Stunden, in zehn
Jahren werde es Standard sein, ein Patienten-Genom zunächst
zu sequenzieren, um dann eine sehr gezielte und personalisierte Therapie einzuleiten. Einen entscheidenden Baustein für
den Therapieerfolg stelle die Bestimmung des Tumorgenoms
dar. Die klassische feingewebliche Untersuchung werde in der
Diagnostik an Bedeutung verlieren, an ihre Stelle treten
Ashworth zufolge Genkarten des individuellen Tumorgenoms.
Gezielte Behandlung statt
„Vergiftung“ durch Chemotherapie
In der Therapie würde nicht mehr die chemotherapeutische Vergiftung (nicht nur) der Tumorzellen die Hauptrolle spielen, stattdessen gehe es schon heute darum, den geeigneten „Schalter“
zu finden, um die beschleunigte Teilung von Tumorzellen zu
stoppen. Für Ashworth sind unter anderem die Entwicklung
von Imatinib zur Behandlung gastrointestinaler Stromatumoren und von Vemurafenib zur Therapie des malignen
Melanoms eindrucksvolle Belege dafür, dass das goldene Zeitalter der Krebsforschung und -therapie bereits begonnen hat.
Hinweis: Eine ausführlichere Dokumentation der Arbeit
von Alan Ashworth plant die Redaktion für die
Ausgabe 1-2013 des WTZ-Journals.
Anke Engelke
sucht das Glück
In der Kinderklinik III des Universitätsklinikums Essen war Anfang
Dezember eine prominente Praktikantin am Werk: Anke Engelke besuchte von
Dienstag bis Donnerstag die onkologische
Station. Ihr Besuch wird Teil der Fernseh-Dokumentation „Anke sucht das Glück“ in der ARD
sein. Die Dokumentation bildet den Auftakt zur Themenwoche „Glück“, die voraussichtlich im kommenden
September ausgestrahlt wird. Darin begibt sich Anke Engelke quer durch die Bundesrepublik auf die Suche nach
dem Glück.
„Wir
freuen uns,
dass wir über die
Sendung auch darauf hinweisen können, dass unsere Kinderklinik baulich an ihre
Grenzen stößt“, erklärt Professorin Angelika Eggert, die
Direktorin der Klinik. Sie hofft, auf diesem Wege nebenbei
auch weitere Unterstützer für den Neubau der Kinderklinik gewinnen zu können. Sowohl Eltern als auch Kinder
waren begeistert von dem sehr netten Besuch und der
damit verbundenen Abwechslung.
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Nachgefragt
Was halten Sie von CART-Zellen zur Bekämpfung der ALL?
Am 9. Dezember berichtete die New
York Times von Emma Whiteheads
zumindest vorläufig erfolgreicher
ALL-Behandlung, zwei Tage später
griff SPIEGEL Online die Geschichte
auf. Das ALL-kranke siebenjährige
Mädchen war mit Hilfe einer experimentellen Methode, genauer: mit genetisch
veränderten autologen T-Zellen vor dem
sicheren Tod bewahrt worden. Ihre Remission
dauert seit mehr als acht
Monaten an. Unsere Fragen
zu der ungewöhnlichen
Methode beantwortet PD
Dr. med. Andreas Hüttmann,
Oberarzt an der Klinik für
Hämatologie.
Wie funktioniert diese Behandlung mit
genetisch veränderten T-Zellen?
Vereinfacht gesagt werden die T-Zellen gentechnisch mit Rezeptoren ausgestattet, über
die sie ein bestimmtes Eiweiß – genauer:
CD19 – auf der Oberfläche von B-Zellen erkennen können. Diese Rezeptoren sind gleichzeitig Teil eines Signalproteins im Inneren der
veränderten T-Zelle, das nach Bindung an eine
B-Zelle stimulatorisch wirkt, also den Kampf
gegen die malignen B-Zellen verstärkt. Dieser
Zusammenhang spiegelt sich in der Bezeichnung der Zellen wider: Es handelt sich um
Chimärische Antigen-Rezeptor-T-Zellen, die
gegen CD19 gerichtet sind, also um CART19.
Wie erfolgreich ist dieses Behandlungskonzept?
Es handelt sich um einen rein
experimentellen Ansatz, der noch
in keiner Weise durch Studien
untermauert ist. Insgesamt sind
neben der ALL-Patientin Emma Whitehead neun erwachsene CLL-Patienten so
behandelt worden. Neben der ALL-Patientin
haben drei CLL-Patienten eine komplette
Remission erreicht, bei zwei CLL-Patienten
war eine zwei- bis fünfmonatige partielle
Remission zu verzeichnen, drei Patienten
haben gar nicht angesprochen.
Weiß man, warum die Methode bei manchen
Patienten wirkt und bei anderen nicht?
Das weiß man leider nicht genau. Möglicherweise gibt es einen Zusammenhang mit der
Expansionsfähigkeit der T-Zellen.
Geben Sie persönlich dieser sicher sehr
aufwendigen Methode eine Zukunft?
Ich bin da eher skeptisch. Alle Therapieansätze, die auf T-Zell-vermittelter Toxizität
beruhen, haben sich bislang trotz langjähriger Forschung nicht durchsetzen können.
Derzeit ist ein gegen CD19 gerichteter monoklonaler Antikörper in der klinischen Entwicklung, der möglicherweise ähnlich wirken
kann, auch wenn ihm die co-stimulatorische
Komponente fehlt.
WTZ-Journal
ISSN: 1869-5892
© 2012 by Westdeutsches Tumorzentrum Essen
und LUKON-Verlagsgesellschaft mbH, München
Redaktion
PD Dr. med. Andreas Hüttmann
(Redaktionsleitung, verantwortlich);
Prof. Dr. med. Angelika Eggert;
Günter Löffelmann, Tina Schreck (CvD),
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(089-820 737-0; [email protected]),
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Herausgeber
Direktorium Westdeutsches Tumorzentrum
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Alle Grafiken und Illustrationen:
Charlotte Schmitz, Haan. Seite 4 oben: Wikipedia,
User: Polarlys. Seite 4 unten, Seite 5 oben, Seite 7:
Frank vom Dorp, Klinik und Poliklinik für Urologie
im Universitätsklinikum Essen. Seite 10: Universitätsklinikum Essen. Seite 11: Andreas Hüttmann,
Klinik für Hämatologie im Universitätsklinikum
Essen.
Druck
flyeralarm, Würzburg
Printed in Germany
Innovationspreis für Stefan Kasper
Für seine Erkenntnisse im Bereich der Resistenzmechanismen bei der zielgerichteten
Behandlung von Darmkrebs wurde Dr. med.
Stefan Kasper Ende Oktober mit dem Forschungs- und Innovationspreis der Deutschen
Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie
(DGHO) ausgezeichnet. Der 34-jährige
Wissenschaftler ist Mitglied
der Gruppe von
Professor Martin Schuler.
Impressum
Durch den gezielten Einsatz von BCL-XLInhibitoren gelang es Kasper und seinem
Team, die durch RAS-Onkogene vermittelte
Resistenz gegenüber Antikörpern in vorklinischen Untersuchungen zu überwinden.
Strategien zur Überwindung der Antikörperresistenz sind wichtig, weil mehr als 40 Prozent aller Patienten mit Dickdarmkrebs RASMutationen im Tumor aufweisen.
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pierefraktäres systemisch
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Anw.:.: (I) Behandlung von
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Hodgkin-Lymphom (HL), (1) nach einer autol
autologen
logen Stammzelltransplanta
Stammzelltransplantation
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oder (2) na
ach mindestens zwei vorangegangenen Thera
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tionschemotherapie nicht als Behandlungsoption
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ge kommt. (II) Behandlung
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Stammzelltransplantation
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Frage
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systemischen
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anaplastischen
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Geegenanz.: Überempfindlichkeit geg. Brentuxima
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bvedootin od. einen d. sonstigen Bestandteile.
Gleichzeitige
Gleichzeitig
ge Behandlung mit Bleom
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ycin. Nebenw.:
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häufig:
ufig: Infektion, Neutropenie, periphere sensible Neur
Neuropathie,
ropathie, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen, Haarausfall, Juckreiz, Myalg
Myalgie,
ie, Müdigkeit, Fieber
Fieber,,
infusionsbedingte
infusionsbe
edingte Reaktionen Häufig:: Infektion der oberen Atem
Atemwege,
mwege, Herpes zoster
zoster,, Pneumonie, Anämie, Thromboz
Thrombozytopenie,
zytopenie, Hypergl
Hyperglykämie,
ykämie, periphere motorische Neuropathie,
Neurropathie, Schwindel, dem
demyelinisierende
yelinisierende
Polyneuropathie,
Pol
yneuroppathie, Husten, Dyspnoe, Verstopfung,
Verstopfung, Hautausschla
Hautausschlag,
ag, Arthralgie,
Arthralgie, Rückenschmerzen, Schüttelfrost Geleg
Gelegentl.:
gentl.: Orale Candidiasis, Pneumocystis jiroveci, Pne
Pneumonie,
eumonie, Sta
Staphylokokken-Bakteriämie,
phylokokken-Bakteriämie,
progressiven
multifokalen
Leukenzephalopathie
sofort
TTumorlyse-Syndrom,
uumorlyse--Syndrom, Stevens-Johnson-Syndrom. Vorsichtsmaßn.:
Vorsichtsmaßßn.: Auf Symptome einer prog
ressiven multif
okalen Leu
ukenzephalopathie achten und beim Auftreten Adcetris sof
ort aabsetzen.
bsetzen. Sorgfältig beobachten,
ob sich m
mögliche
ögliche schwere und opportunistische Infektionen entwickeln.
enntwickeln. Bei infusionsbedingten Reaktionen die Anw
Anw.
w. unterbrechen und geeignete med. Maßnahmen ein
einleiten.
nleiten. Anw
Anw.. kann nach Abklingen der
Symptomee mit langsamerer Geschwindigkeit ffortgesetzt
ortgesetzt werden
werden.. Infusionsbedingte Reaktionen können durch Prämedi
Prämedikation
kation reduziert werden. Bei Ana
Anaphylaxie
phylaxie Anw
Anw.. sof
sofort
ort und
u endgültig aabbrechen
bbrechen und geeignete
med. Maß
Maßnahmen
nahmen einleiten. Beim Risiko eines TTumorlyse-Syndroms
uumorlyse-Synddroms sollte engmaschig überwacht und gggf.
gf. entspr
entspr.. med. Maßnahmen erg
ergriffen
riffffen werden. Auf Anz. einer Neuropa
Neuropathie
thie achten, welche als Folge
kumulativer
reversibel.
erforderlich
Adcetris
kumula
tiveer Exposition entsteht - ist in den meisten Fällen reve
ersibel. Aufschub der VVerabreichung,
erabreichung, Dosisreduktion oder
o Absetzen kann erf
orderlich werden. Unter Adcetr
is können Grad 3- oder 4-Neutropenie
Anw.. komplettes Blutbild erstellen, Pa
Patienten
Anw.. aabbrechen
und febrilee Neutropenie auftreten. VVor
or Anw
tienten auf Fieber überwachen. Beim Auftreten
Auuftreten eines Stevens-Johnson-Syndrom Anw
bbrecchen und geeignete med. Maßnahmen
einleiten. Beim
B
Auftreten von hypergl
hyperglykämischen
ykämischen Ereignissen gggf.
g antidiabetische
gf.
antidiabetische Behandlung einleiten. Wechselw.
Wechselw. sso
sowie
wie weitere
weitere Hinweise: siehe Fachinf
Fachinformation.
ormation. Verschreibungspflichtig.
Verrschreibungspflichtig. Handelsfor
Handelsformen:
men:
Packung m
mit 1 Durchstechflasche. Kontaktadr
Kontaktadresse
esse d. phar
pharm.
m. Unternehmens
U
Unternehmens in Deutschland:
Deutschland: Takeda
Tak
a eda GmbH, Tel.:
Tel.:
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