Erschienen im klösterl-infoportal www.koesterl-infoportal.de Vitamin B3: Niacin oder Niacinamid – aus orthomolekularer Sicht eine zu wenig verwendete Substanz I. Schulmedizin Mangel an Vitamin B3 oder Niacin (Nikotinsäure) bzw. Niacinamid ist in der Schulmedizin als Ursache der Pellagra jedem Arzt vertraut. Weithin bekannt ist, dass Pellagra heute noch in Ländern mit maisreicher, einseitiger Ernährung und bei Alkoholismus (Löffler et al0) vorkommen kann. Ebenso ist Niacinamid als Bestandteil der Koenzyme NAD und NADP, die für die Substratdehydrierung und für reduktive Synthesen im Intermediärstoffwechsel von großer Bedeutung sind, bestens bekannt. Eine Behandlung mit Niacin wird vom Arzt jedoch nicht sehr häufig durchgeführt, wohl in der Annahme, dass eine zusätzliche Supplementierung mit Vitamin B3 keine wesentliche therapeutische Wirkung zeige. II. Orthomolekularmedizin In der Orthomolekularmedizin wird dagegen das therapeutische Potential von Vitamin B3 vor allem bei hoher Dosierung sehr hoch eingeschätzt und es wird aus dieser Sicht bedauert, dass es bis heute zu wenig genutzt wurde. Übersicht Die Wirksamkeit von Vitamin B3 gilt auf dem Gebiet der Orthomolekularmedizin für folgende Krankheiten als erwiesen: 1. Degenerative Erkrankungen wie Arthritis und Arthrose, Atherosklerose, sowie Diabetes 2. Psychiatrische Krankheiten wie Schizophrenie, Angst, Alkoholismus, Opiodabhängigkeit, Insomnia, Hyperaktivität und organisches Hirnsyndrom 3. neurologische Störungen wie Neuralgien, die Parkinson-Krankheit und die iatrogene Dyskinesia tarda. 4. chemische Sensibilität und Allergien, speziell bei Asthma 5. Akne rosacea, Lupus erythematodes, Gicht, RaynaudSyndrom, Epilepsie, Dysmenorrhoe 6. Gleichgewichtsstörungen, Muskelschwäche, Depressionen, Agitation und Hyperkinese als typische Begleiterscheinungen des Alters Die Bedeutung des therapeutischen Potentials von Vitamin B3 wurde maßgeblich von dem Arzt William Kauf- man aus Connecticut, USA erkannt, der 1941 begann, die damals in USA sehr häufige Pellagra mit Vitamin B3 zu behandeln. Auch bei der subklinischen Form der Pellagra, die er Aniacinamidosis nannte, konnte er viele therapeutische Wirkungen von Vitamin B3 entdecken, die zuvor anderen entgangen waren (Kaufman 19831). Er sah die vielfältigen Symptome der Aniacinamidosis wie Angst, Depression, übersteigerte Schreckreaktionen auf Geräusche, auch Gleichgewichtsstörungen, Parästhesien, vermehrte Kallusbildung der Haut mit gelb-bräunlicher Pigmentierung, Veränderungen der lingualen Schleimhaut und Zungenmuskulatur, gastrointestinale Störungen sowie Verringerung der Muskelkraft und der Gelenkbeweglichkeit als ein Syndrom an und konnte beobachten wie die Symptome bei ausreichender Behandlung mit Niacinamid verschwanden. Allerdings stellte er bei der Behandlung auch fest, dass manche Gewebe wie Skelettmuskeln, Gelenke, die linguale Mukosa, die langen Bahnen im Hinterstrang des Rückenmarks und bei älteren Menschen bestimmte Teile des Gehirns einen höheren Niacinbedarf haben, als andere. Degenerative Erkrankungen Gelenkbeschwerden: mit der Besserung degenerativer Gelenkbeschwerden durch Niacin in höchsten, nicht mehr physiologischen Dosen, befaßte sich schon W. Kaufman. Als Maß der Gelenkbeweglichkeit entwickelte er einen einfach zu berechnenden Durchschnittswert, den er Gelenkbewegungs-Index (GBI) nannte (Kaufman 19493) und von welchem er die notwendige Menge Niacinamid abhängig machte. Es ist sein Verdienst, die Verwendung von Vitaminen in Megadosen entdeckt und dargestellt zu haben. Die verabreichten Tagesdosen lagen 50-300 mal so hoch wie die diätetisch empfohlenen Tagesmengen von Niacinamid (13 mg für Frauen, 18 mg für Männer). Atherosklerose: Niacin wird als das „erste Medikament zur Benutzung“ empfohlen, wenn die LDL-CholesterinKonzentration durch Diät nicht angemessen reduziert werden kann (Hoeg et al 198611). Es wirkt reduzierend auf die Triglyzeride, das Gesamt-Cholesterin, das LDLCholesterin und das Lipoprotein Lp(a) und steigernd auf Nahrung & Heilung das HDL-Cholesterin (The Medical Letter 198512). Mit der Wirkung auf die verschiedenen Typen der Hyperlipoproteinämien befaßte sich eine Studie an 188 Patienten, die mit täglich 3 g Niacin behandelt wurden. Am besten reagierten Patienten mit Typ V, deren Cholesterine sich um 70 % und deren Triglyzeride sich um 90 % verminderten, gefolgt von Typ III (50 und 60 %). Beide Lipide wurden auch bei den anderen Typen reduziert (Carlson 197312). Diabetes: Da Niacin ein Baustein des Glukose-Toleranz-Faktors (GTF) ist, wirkt sich ein Mangel auf die GTF-Synthese aus. Supplementierung mit täglich 3 g Niacinamid kann die Vernichtung der ß-Zellen bei insulinabhängigen Diabetikern verlangsamen und/oder ihre Regeneration fördern (Vague et al 198712). Psychiatrische Krankheiten Auf dem Gebiet der orthomolekularen Psychiatrie hat Vitamin B3 eine außerordentlich große Bedeutung erlangt, besonders für die Behandlung der Schizophrenie. Schizophrenie: Die Tatsache, dass Psychosen zum klassischen Krankheitsbild der Pellagra gehören, führte nach Entdeckung des Niacin bzw. Niacinamidmangels als Ursache der Pellagra auch zu Versuchen, Schizophrenien mit Vitamin B3 zu behandeln. Hoffer und Osmond begannen 1952 Schizophrenien mit hohen Dosen Niacin oder Niacinamid zu behandeln und konnten in der ersten Doppelblindstudie der Psychiatrie (19624) beachtliche Erfolge mit hohen Dosen Vitamin B3 (3 x 1 g) aufweisen: 67 % der behandelten gegenüber 35 % der nicht behandelten schizophrenen Patienten konnten über 5 Jahre stabil gehalten werden. Mit dem Journal of orthomolekular Psychiatrie begründete schließlich Hoffer zusammen mit anderen die Schule der orthomolekularen Medizin. Weiterführend hat später C.C. Pfeiffer die Vitamin-B3responsive Schizophrenie als „Histopenie“ biochemisch charakterisiert und gegenüber anderen Formen abgegrenzt (19846). Mit den von ihm eingeführten Differenzierungen wurde allmählich in der Orthomolekularmedizin aus der „Schizophrenie“ eine Gruppe von metabolisch erklärbaren Wahrnehmungsstörungen, die differenziert behandelt, weitgehend heilbar sind. Angst: Vermutlich steht das Erscheinungsbild der Angst in Zusammenhang mit erhöhten Laktat-Konzentrationen (Buist 1985, nach Werbach 19937). Da Nicotinamidadenindinucleotid (NAD+) die Umwandlung von Milchsäure zu Pyruvat (Wendel OW, Beebe WE in D.Hawkins L. Pauling Eds. 1973 5) erhöht, kann die Laktat-Konzentration beeinflusst werden. Dies erklärt, dass die Supplementierung mit Niacinamid (500 mg zweimal täglich) so effektiv sein kann wie die Anwendung von Psychosedativa, wie anhand tierexperimenteller Untersuchungen nachgewiesen wurde (Möhler H et al. 197911). Auch zeigten Alkoholiker, die mit 1 g Ascorbinsäure, 1 g Niacinamid, 200 mg Pyridoxin und 200 mg Vitamin E in drei Dosen behandelt wurden, im Blindversuch signifikant weniger Anregungen aus der bio-logischen Medizin Angst im Vergleich zur Plazebo-Gruppe (Replogle et al. 198911). Alkoholismus: Bei Alkoholismus ist Niacin bekanntlich von großer Bedeutung. So lassen sich auch immer wieder Zeichen von Vitamin B3-Mangel unterschiedlichen Ausmaßes an alkoholischen Patienten finden. Nach einer theoretischen Betrachtung gibt es Belege dafür, dass die Degradation von Äthanol zu Azetaldehyd bei chronischen Alkoholikern beschleunigt ist, während der zweite Schritt der Degradation von Azetaldehyd nach unten verlangsamt ist, so dass Azetaldehyd allmählich ansteigt. Da Azetaldehyd nachweislich mit Dopamin im Gehirn zur Bildung von Tetrahydropapaverolin, einer morphinartigen Substanz, kondensiert, wird angenommen, dass sie die Sucht nach Alkohol verursacht (Davis et al. 197011). Niacin oxydiert Alkohol unter Senkung der Azetaldehydkonzentrationen und sättigt außerdem die NAD-Rezeptoren im Gehirn, was einen möglichen Mangel an NAD beseitigt, der eine Ursache für Irritabilität und Ruhelosigkeit sein kann (Cleary 198611). Bei Ratten bewirkte eine Niacin-Supplementierung eine Senkung der Azetaldehyd-Spiegel auf die Hälfte (Eriksson CJ. 197411). Deutlich wurde der Effekt von Niacin in einer experimentellen Untersuchung an 507 Alkoholikern, die über 5 Jahre mit tgl. 3 g oder mehr Niacin behandelt wurden. Die Supplementierung bewirkte sowohl eine Verminderung der Symptomatik als auch eine Reduktion der Rückfälle bei 30 % der Alkoholiker und bei 50 – 60 % der organischen Alkoholiker (Smith RF 197411). Alkoholiker im Entzugssyndrom spürten ein sofortiges Verschwinden fast aller körperlichen Entzugssymptome während der 4 Tage andauernden Behandlung mit bis zu 1 g NAD, der Coenzymform von Niacin (O’ Holleran P. 196111) . Ganz besonders zeigte sich die Wirkung der Niacin- Supplementierung in einer experimentellen Untersuchung an einer großen Serie von Patienten, die mit schweren Bewusstseinsstörungen oder Delirium aufgenommen worden waren: die Mortalität reduzierte sich von 90 % auf 14 % (Jollifle et al 194911). Opioidabhängigkeit: Unter den Heroinsüchtigen gibt es eine Gruppe von Abhängigen, die mit Hilfe von Niacin sehr viel leichter mit Methadon herunterzudosieren und auch ganz zu entziehen sind (Kapuste 19868). Das ist damit zu erklären, dass diese Abhängigen die Opiate wegen ihrer antipsychotischen Wirkung gebrauchen (Verebey 19829) und ihre zugrundeliegende Psychose mit Niacin besser zu behandeln ist als mit den Opiaten, die ja durch ihre langen Halbwertzeiten das gesamte Endorphinfundierte Regulationssystem (Rodgers et al 198810) mit seinen kurzen Halbwertzeiten außer Gefecht setzen. Insomnia: Eine Gabe von 1 g Niacinamid zur Schlafenszeit wirkt sich besonders hilfreich für diejenigen schlafgestörten Patienten aus, die leicht einschlafen, aber nach dem Aufwachen während der Nacht nicht wieder Nahrung & Heilung einschlafen können (Werbach 199111). Hyperaktivität: In einer Studie von Hefter (197111) zeigte sich bei 33 Kindern mit gestörtem und störendem Verhalten eine Besserung nach Dosen von bis zu 6 g Niacinamid täglich, dann nach Umstellung auf PlazeboTabletten eine Verschlechterung und erneut eine Besserung (bis auf ein Kind) binnen 30 Tagen nach Wiedereinführung der Vitamin B3-Behandlung. Organisches Hirnsyndrom: ein Mangel an Niacin kann möglicherweise auch in Zusammenhang mit Delirien, Demenz und Psychosen stehen, wie eine Studie zeigte (Petermann et al 195411). Mehrere Patienten, die wegen Stupor, toxischer Psychose und Delirium aufgenommen waren, wurden täglich mit 99 mg Niacin i.v. behandelt. Damit konnte – bis auf 1 Patienten – schon nach 4 Tagen eine mehr oder weniger deutliche Besserung festgestellt werden. Neuorlogische Störungen Neuralgie und Neuropathie: Bei Neuralgien und Neuropathien wie der idiopathischen Fazialisparese und der Trigeminusneuralgie konnten durch Supplementierung mit Niacin sehr gute Effekte und sogar Heilungen erzielt werden (Kime 195812) und (Furtado et al 194212). Zu beachten ist, dass die bei Pellagra auftretende Neuropathie sich jedoch sogar verschlechtern kann, wenn Patienten Niacin allein ohne die anderen B-KomplexVitamine erhalten (Wadia et al 197012). Parkinson-Syndrom: Bei Behandlung mit L-Dopa kann besonders in Verbindung mit Dekarboxilaseinhibitoren ein Niacinmangel auftreten. Dekarboxilaseinhibitoren hemmen die Kyruneninhydroxilase, was in der Folge zur Reduktion der Synthese von Nikotinamid-Coenzymen aus Tryptophan und einem erhöhten Bedarf an diätetischem Niacin führt. Man beobachtet eine reduzierte Ausscheidung von Niacinmetaboliten bei Dopa- und Carbidopa-behandelten Patienten (Bender et al. 197912). Eine Untersuchung ergab, dass die Dauer der erhöhten Dopaminkonzentrationen im Gehirn bei L-Dopa-Behandelten mit der Supplementierung mit Niacin erhöht werden kann (Black et al 198612). Dyskinesia tarda: Dyskinesien als Nebenwirkungen von antipsychotischen Medikamenten traten einer Befragung von 80 Ärzten zufolge nur in 0,05 % der Fälle auf, wenn sie täglich mit 1,3- 4 g Niacin oder Niacinamid plus 250800 mg Pyridoxin-HCL und 250-800 mg D-alpha- Tocopherolazetat behandelt wurden. Im Vergleich dazu steht die sonst übliche Häufigkeit von 10-50 % (Hawkins 198612). Unverträglichkeiten Vitamin B3 ist für die Behandlung der Unverträglichkeit von Chemikalien und Nahrungsmitteln von besonderer Bedeutung, da NADH und NADPH an vielen Entgiftungsreaktionen beteiligt sind. Anregungen aus der bio-logischen Medizin Chemische Sensibilität: Die essentielle Rolle von Vitamin B3 bei mehr als 50 Reaktionen, die der Energiegewinnung aus Kohlehydraten dienen, spricht für seine Verwendung bei chemisch sensiblen Patienten, die sehr häufig an Energiemangel leiden. Auch für die Desaminierung von Aminosäuren, die Fettsäuresynthese und ß-Oxidation der Fettsäuren wird Niacin benötigt. Rea hat bei mehr als 20 % seiner chemisch sensiblen Patienten einen Niacinmangel dokumentiert und gibt allen chemisch sensiblen Patienten Vitamin B3 mit den B-Vitaminen in einer Größenordnung von 3 x 50 mg täglich (Kapuste13). Allergien: In vitro hemmt Niacin die Mastzellendegranulation und damit die Freisetzung von Histamin (Moussatche et al 196112). Im Tierversuch konnte festgestellt werden, dass bei Meerschweinchen, denen Niacinamid intraperitoneal gegeben wurde und die dann einem Histamin-Aerosol ausgesetzt wurden, sich das Auftreten der ersten Symptome der Atemnot verzögerte und wesentlich weniger Tiere einen anaphylaktischen Schock erlitten (Bekler et al. 197412). Asthma: Die Wirkung von Niacinamid bei Asthma zeigte sich, als beobachtet wurde, dass die i.m. oder i.v. Gabe von 100-200 mg Niacinamid die Situation von Patienten mit bronchialem Asthma oder Heuschnupfen rapide verbesserte (Dainow 194412). Verschiedene Störungen Akne rosacea und Lupus erythematodes: Bei beiden Erkrankungen brachten Untersuchungen zufolge tägliche Injektionen von 200 mg Niacinamid eine deutliche Besserung der Hautveränderungen (Dainow 194412 S.3 und S.411) Gicht: Bei dieser Erkrankung ist mit Supplementierung Vorsicht geboten. Theoretisch könnte eine Gichtattacke ausgelöst werden, da Niacin mit Harnsäure um die renale Ausscheidung konkurriert (Pfeiffer CC 197512). Raynaud Syndrom: In einer Untersuchung an RaynaudPatienten besserten sich die Attacken von Vasospasmus durch die tägliche Gabe von 4 g Inositol-Hexanicotinat (Versuch für 3 Monate), was vermutlich mit der langsamen Freisetzung von Niacin zusammenhängt (Sunderland et al 198812). Epilepsie: Der potenzierende Effekt von Niacin auf Antikonvulsiva zeigte sich in einer klinischen Beobachtung bei mehreren Patienten, die wegen der Nebenwirkungen der Antiepileptika die nötigen Dosen nicht einnehmen konnten. Bei ihnen konnte unter sorgfältiger Kontrolle der Anfallsfrequenz mit 3 mal täglich 1 g Vitamin B3 die antiepileptische Dosis langsam gesenkt werden (Hoffer 196212). Dysmenorrhoe: Eine Untersuchung zeigte, dass die Supplementierung mit 100 mg Niacin zweimal täglich und während uteriner Krämpfe alle 2-3 Stunden eine Nahrung & Heilung Besserung der Symptomatik bringen kann. Um effektiv zu sein, mußte die Supplementierung mindestens 7-10 Tage vor den Menses begonnen werden. Zusätzliche tägliche Gaben von 60 mg Rutin und 300 mg Ascorbinsäure schienen die Wirksamkeit von Niacin noch zu verbessern. Der Erfolg blieb oft für mehrere Monate nach Abbruch der Behandlung bestehen (Hudgins 195412). Typische Begleiterscheinungen des Alters Gleichgewichtsstörungen: Bei Aniacinamidose sind vorallem die langen proprioceptiven Hinterstränge und in etwas geringerem Ausmaß die Seitenstränge betroffen, was Gleichgewichtsstörungen erklären kann (Zimmermann 19432). W. Kaufman fand bei den meisten seiner Pateinten bei ausreichender Niacinbehandlung deutliche Besserungen. In manchen Fällen war außerdem Supplementie- Anregungen aus der bio-logischen Medizin rung mit Thiamin, Pyridoxin und parenteralem Vitamin B12 notwendig. Bei einigen älteren Patienten wurden die Gleichgewichtsstörungen jedoch nicht gebessert. Depression, Agitation und Hyperkinese: Nach den Beobachtungen von W. Kaufman verloren die meisten seiner Patienten über 55 Jahren, die an Depression, Agitation oder Hyperkinese litten unter Behandlung mit Niacin diese Störungen binnen ein oder zwei Wochen. Einige benötigten zusätzlich andere B-Vitamine, bei einzelne Patienten war keine Besserung festzustellen. Diät und andere Nutrienten Bei den besprochenen Krankheitsbildern sind außer der Verabreichung von Niacin/Niacinamid noch einige weitere diätetische Maßnahmen wirksam und zu beachten: Erkrankung Weitere Nutrienten empfohlen Empfohlene Diät Vermeiden Arthrose Pantothensäure, Vitamin C, Vitamin E, Selen, Glykosaminglykane,Glucosamin S-Adenosyl-Methionin Atherosklerose Folsäure, Betacaroten, Vitamine C und E, B6, B12; Ca, Kupfer, Mg, Selen, Chrom, Lecithin, Coenzym Q10, Chondroitinsulfat A, Pantethin, L-Camitin, Taurin Ungesättigte Fette, komplexe Kohlenhydrate, Gemüse, Fisch, ballaststoffreiche Narungsmittel Gesättigte Fette, raffinierte Kohlenhydrate Schizophrenie (Histapenie) Folsäure, Vitamin B12, Vitamin C, Zink Angst Vitamin B1 und B6, Mg, Ca Omega-3-ungesättigte Fettsäuren Alkohol, Kaffee, Zucker Alkoholismus Vitamine A, B, C, E, Pantethin, Mg, Se,Zn, Aminosäuren, Glutamin, Glutathion, Carnitin, Linolensäure, Cholin, Catechin Ausgewogene Ernährung, Rohkost Nahrungsmittel aus denen Alkohol gemacht wird Insomnia Mg, L-Tryptophan mit etwas Vitamin B6 Hyperaktivität Vitamin B6 und B1, Ca, Fe, Mg,Zn, essentielleFettsäuren, Phenylalanin,Tyrosin Org. Hirnsyndrom Folsäure, Vitamine B1, B2, Mg, Zn Neuralgien Folsäure, Vitamine B1, B6, B12, E, Zn, Coenzym Q10 essentielle Fettsäuren Prüfen: Cd-Belastung M. Parkinson Vitamin B1,B6, C, E, L-Methionin, D-Phenyl-alanin, L-Tryptophan, L-Tyrosin, Octacosanol Omega-6-Fettsäuren Prüfen: Überschuß Cu, Fe, Belastung Al und Hg Dyskinesia tarda Vitamin B6, E, Mn, Cholin, L-Tryptophan Chem. Sensibilität Betacaroten, Multivitamine, Mg, Se, Zn, Ca, Mo, Mn, Cr, Cystein, Methionin, Taurin, Glutathion Optimale Diät Jede chem. Belastung Allergie Vitamin C, Bioflavonoide, Vit. B5, Pantethin, Vit B12 und E, Mg, Ca, Zn, Mo, Essentielle Fettsäuren Allergen Asthma Vitamin B6 und C, sehr hohe Dosen Vitamin B12, Mg-Injektion Allergene, Na einschränken Akne rosacea Vitamin A, B-Komplex, B2 und B6, Gabe v. Pankreasenzymen Prüfen und behandeln: Anacidität Lupus Erythematodes Betacaroten, Vitamine B5, B12, E, Se essentielle Fettsäuren Raynaud-Syndrom Vitamin E, Mg, Hydroxyethylrutoside Omega-3- und -6-ungesättigte Fettsäuren Epilepsie Ketogene Diät, Folsäure, Vit. B1, B6, E; Ca, Cu, Mg, Mn, Se, Zn, Cholin, Taurin, Dimethylglycin, Glutaminsäure Omega-6-ungesättigte Fettsäuren Dysmenorrhoe Vitamine B6 und E; Fe, Mg Essentielle Fettsäuren Prüfen: Schwermetallbelastung Alkohol, Kaffee, Zucker, ausschließen von Milchunverträglichkeit Proteinreiche, Kohlehydra- Zucker, Kaffee, Lebensmittelzusatzstoffe, tarme Diät Cu- Überschuß und Belastung mit Al u. Pb ausschließen Prüfen: Cu-Überschuß, Ca, K, Na, Belastung Pb und Hg Fett, Rindfleisch, Milchprodukte, Anacidität ausschließen bzw. behandeln Alkohol, Coffein, Lebensmittelfarbstoffe Nahrung & Heilung Anregungen aus der bio-logischen Medizin Nebenwirkungen Bei der Anwendung von Niacin (nicht Niacinamid) in höheren Dosen muss auf das Auftreten des „Flush“, eine Erweiterung der Kapillargefäße, geachet werden. Diese Gefäßerweiterung kommt durch die Degranulation der basophilen Leukozyten zustande, wodurch es zu einer Histaminausschüttung kommt. Patienten sollten den ersten „Flush“ unter Beobachtung erleben, da er so eindrucksvoll ist, so dass sich viele Patienten dabei ängstigen. Der „Flush“ beginnt nach 10-20 Minuten und verschwindet nach 40-90 Minuten; bei regelmäßiger Behandlung verschwindet er oft ganz. Mit 300 mg Azetylsalicylsäure lässt sich der Flush abmildern, wenn keine Kontraindikation dagegen spricht. Bei Patienten mit Gicht und Magengeschwüren ist Vorsicht vor der Anwendung von Niacin geboten. Eine Erhöhung der Leberenzyme im Serum ohne sichere Zeichen einer Leberschädigung, wurde bei sehr hohen Dosen von Niacinamid bekannt, bei Retardpräparaten sind auch Leberschädigungen beobachtet worden. Niacin besitzt sedierende Eigenschaft. 5. Hawkins, D., Pauling, L. (Edts): orthomolecular Psychiatry. W. H. Freeman and Company, San Francisco 1973. Literatur 0. Löffler, Georg, Petrides, Petro, E.: Physiologische Chemie. Springer Verlag, Heidelberg 1988. 10. Rodgers RJ and Co oper SJ, Endorphines, Opiates and Behavioral Processes, Chichester, New York, 1988. 1. Kaufman, William: Niacinamide, a most neglected vitamin. Intern Acad Prevent Med. 8:5-25, 1983. 11. nach Werbach, Melvyn, R.: Nutritional Influences on Illness - A Sourcebook of Clinical Research. Second Edition, Third Line Press, Tarzana, California 1993. (Deutsch von Kepuste, H. (Hrsg.) 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