tropenwald und klimaschutz und der internationale Klimaschutz arbeitsblätter Die Bedrohung der Tropischen Regenwälder tropenwald und klimaschutz Die Bedrohung der Tropischen Regenwälder und der internationale Klimaschutz Wälder sind einer der wichtigsten Faktoren der Biosphäre. Ihre Gefährdung – besonders in den Tropen – ist eines der größten Umweltprobleme. Zwar ist diese Herausforderung seit Jahren vielen Menschen bekannt, der Zerstörung wirksam Einhalt zu gebieten ist aber auf internationaler politischer Ebene bisher nicht in ausreichendem Maße verfolgt worden. Die aus der Waldvernichtung resultierenden Folgen wirken sich nicht nur auf das System Biosphäre aus, sie haben auch vielfältige Auswirkungen auf den Menschen. Wenn auch die Vernichtung der tropischen Regen- und Bergwälder mit ihrem hohen Potenzial an genetischen Ressourcen die höchste Beachtung erfährt, so sind doch auch die lichten, offenen Baumbestände der tropischen Trockengebiete sowie z. T. auch die Wälder der gemäßigten Breiten kaum weniger gefährdet. Die Erhaltung und der Schutz der noch vorhandenen Waldbestände ist von höchstem globalem Interesse, damit sie ihre vielfältigen ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen erfüllen können. arbeitsblätter Trotz des Wissens um diese Aufgaben schreitet die Waldvernichtung aus verschiedenen Gründen (z. B. Bevölkerungsdruck, wirtschaftliche Interessen, Unachtsamkeit bei Waldbrandgefahr in Trockenperioden) unaufhaltsam fort. Politische Ansätze zur Lösung des Problems der Waldvernichtung und -schädigung werden häufig durch gegenläufige Nutzungspraktiken konterkariert. Umso wichtiger ist die didaktische Aufgabe, SchülerInnen die Problematik nahe zu bringen und sie für den globalen Waldschutz zu sensibilisieren. Dazu bieten sich nicht nur die Belastungen heimischer Wälder an (z. B. Waldschäden durch sauren Regen und Borkenkäferbefall), sondern auch die eigene Mitverantwortung bei der Zerstörung tropischer Wälder (z. B. durch Verwendung tropischer Edelhölzer, hohen Fleischkonsum – Regenwald wird auch in großem Umfang für den Anbau von Soja als Futtermittel und für Weideflächen zerstört –oder hohen Papierverbrauch). Geringerer Fleischkonsum oder die Verwendung von Recycling-Papier sind Maßnahmen, die jeder und jede Einzelne umsetzen kann. Sehr schwierig ist die Rolle der Wälder im Kontext des internationalen Klimaschutzes zu beurteilen. So genannte „Senkenprojekte“ können als eine Projektart des „Clean Development Mechanism” (CDM) des Kyoto-Protokolls (neben z. B. Energieeffizienz und erneuerbaren Energien) anerkannt werden. Die Wälder weltweit sind eine wichtige CO2-Senke im globalen Kohlenstoffkreislauf, sie können große Mengen CO2 speichern. Die Speicherkapazität variiert aber beispielsweise in Abhängigkeit vom Alter der Bäume und anderen Faktoren, die genaue Bestimmung des aufgenommenen CO2 – für den internationalen Klimaschutzprozess ein zentraler Faktor – ist mit großen Unsicherheiten behaftet. In jedem Fall könnte das Verbrennen von Wäldern doppelt schädlich sein. Der Verbrennungsprozess setzt CO2 frei, gleichzeitig wird eine Speichermöglichkeit für CO2 vernichtet. ∑∑∑ Weniger bekannt dürfte der Kohlenstoffkreislauf und die Fähigkeit der Bäume sein, CO2 zu speichern. Anhand eines viel diskutierten Projektes in Brasilien erhalten die SchülerInnen zudem Einblick in eine aktuelle kontroverse Debatte zur Umsetzung der internationalen Klimaschutzverpflichtungen des Kyoto-Protokolls. Die Thematik bietet unterschiedliche Einstiegsmöglichkeiten. Vorgeschlagen wird an dieser Stelle eine Analyse der Zerstörung Tropischer Regenwälder seit 1940 und der heutigen Restbestände (M 1). Alternativ bietet sich der Bezug zu einem möglicherweise aktuellen Tropenholzboykott an. In einer ersten Erarbeitungsphase erhalten die SchülerInnen Einblick in die Dimensionen des weltweiten Raubbaus am Tropenwald und stellen erste Hypothesen zur langfristigen Folge dieser Entwicklung auf (M 2 und M 3). Danach gilt es die Ursachen der Abholzung – am Beispiel Amazonien - zu identifizieren. An dieser Stelle sollten die SchülerInnen bereits mit ihren eigenen Handlungsmöglichkeiten konfrontiert werden (M 4 und M 5). Es folgt der unmittelbare Bezug zum anthropogenen Treibhauseffekt. Hierzu lernen die SchülerInnen zunächst den Begriff der Senke und die Bedeutung der Wälder unter dem Kyoto-Protokoll kennen (M 6 - 8). Dass dies von Anfang an kontrovers diskutiert wurde, erbringt die arbeitsteilige Analyse der Texte M 9 - 11. Anhand des kurz vor der Umsetzung stehenden Plantar-Projektes in Brasilien (M 12 - 15) beschäftigen sich die SchülerInnen abschließend mit einem aktuellen Beispiel zur Anrechnung von Senken in Form einer Eukalyptus-Plantage. Erneut bietet sich zur Bewertung des Projektes ein abschließendes Rollenspiel an. Hierzu ist eine intensive Erarbeitung der Materialien M 12 und M 13 Voraussetzung. Die SchülerInnen übernehmen dabei die Rollen von unterschiedlichen Interessengruppen. Als Voraussetzung müssen sich die SchülerInnen sachkompetent machen im Hinblick auf alle vorhandenen Interessengruppen. Dazu bekommen sie alle die gleichen Grundinformationen, die sie zunächst innerhalb ihrer Gruppe besprechen. Der Sinn und die Vorteile eines solchen Rollenspiels bestehen zum einen darin, dass die SchülerInnen auf ihre (gespielte) Meinung eine Reaktion erfahren und zum anderen diese überdenken oder vielleicht sogar korrigieren. Weiterhin lernen sie, Verständnis und Toleranz für andere Meinungen und Interessen zu entwickeln. Ergänzende Literaturhinweise: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (2002): Klimaschutz - Aufgabe der deutschen Entwicklungszusammenarbeit. Materialien Nr. 112. Bonn. Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Hrsg.) (1999): Schutz und Bewirtschaftung der Tropenwälder. Tropenwaldbericht der Bundesregierung. 6. Bericht. Bonn. Greenpeace (2002): Ökologische Waldnutzung statt Vernichtung. Die Fantastischen Sieben Die letzten Urwälder der Erde. Hamburg. Scholz,U. (2003): Die feuchten Tropen. Das Geographische Seminar. Braunschweig. arbeitsblätter Mit dem vorliegenden Unterrichtsbaustein wird eine Thematik angesprochen, die den SchülerInnen seit der Unterstufe bekannt ist. Immer wieder spielt der Tropische Regenwald eine bedeutende Rolle – nicht nur im Fach Erdkunde. tropenwald und klimaschutz Einsatzmöglichkeiten im Unterricht _______________________________________________________________________________________ Zerstörung der Tropischen Regenwälder 1940 bis heute Zerstörung der Tropischen Regenwälder Heutige Verbreitung der Tropischen Regenwälder Ganz oder teilweise vernichtete Tropische Regenwälder (seit 1940) (Quelle: http://www.klett-verlag.de/sixcms/detail.php?id=30527&query_id=0, Zugriff 16. Januar 2005) _______________________________________________________________________________________ M2 Waldflächen und Waldverluste nach Regionen Veränderung des Waldbestandes 1990-2000 Waldfläche (Mio. ha) Asien Europa N-/Mittel- Ozeanien SüdAmerika Amerika Abnahme Zunahme Afrika natürlicher Wald Aufforstung Gesamtbilanz (Quelle: www.omnia-verlag.de, Zugriff 16. Januar 2005) Beispiele (Waldanteil an Gesamtfläche in %) 1990 Afrika Burundi Elfenbeinküste Ghana Ruanda Senegal Swasiland Asien China Malaysia Myanmar Vietnam Europa Albanien Belarus Deutschland Estland 2000 9,4 30,7 33,1 18,5 34,6 27,0 3,7 22,4 27,8 12,4 32,2 30,3 15,6 65,9 60,2 28,6 17,5 58,7 52,3 30,2 39,0 33,0 30,7 45,8 36,2 45,3 30,7 48,7 1990 N- Amerika Kanada 26,5 USA 24,3 Mittel-(S-Amerika) Belize 74,7 Brasilien 67,0 Costa Rica 41,6 Ecuador 43,1 Kuba 18,9 Nicaragua 36,7 Panama 45,6 Peru 53,0 Ozeanien Mikronesien 34,8 Papua-Neug. 70,1 Salomonen 90,3 Samoa 46,1 2000 26,5 24,7 59,1 64,3 38,5 38,1 21,4 27,0 38,6 50,9 21,7 67,6 88,8 37,2 (Quelle: nach Fischer Weltalmanach 2003; UNDP, Bericht über die menschliche Entwicklung 2003) _______________________________________________________________________________________ M3 1 M1 tropenwald und klimaschutz D i e B e d r o h u n g d e r T r o p i s c h e n R e g e n wä l d e r u n d d e r i n t e r n at i o n a l e K l i m a s c h u t z Schatztruhe Tropischer Regenwald ... beherbergt 40-50% aller Tier- & Pflanzenarten der Erde ... liefert Nahrungsmittel, z.B.: •Zuckerrohr •Mango •Banane •Kakao •Kaffee •Nüsse •Fleisch •Fisch •Honig •Eier ... hält das Weltklima im Gleichgewicht ... liefert Grundstoffe für Kosmetika & Arzneimittel, z.B.: •Antibiotika •Hormone ... liefert Rohstoffe, z.B.: •Gummi •Öle •Fasern •Harze •Rattan ... bildet die Lebensgrundlage für die Ureinwohner (Eier, Wild, Fisch, Früchte, Fasern, Holz) 1. Beschreiben Sie die Dimension der Abholzung und beachten Sie dabei die regionale und zeitliche Differenzierung (M 1 und M 2 ; Atlas). 2. Erläutern Sie mithilfe von M 3 die kurz- und langfristigen Folgen der Abholzung der Tropenwälder für den Planet Erde und den Menschen. (Quelle: Latz, W. (Hrsg.) (2004) Diercke Erdkunde Bd. 1 Rheinland-Pfalz, Braunschweig, S. 112) Germanwatch Klimaexpedition: Tropenwald und Klimaschutz - Arbeitsblätter © Germanwatch 2005 arbeitsblatt ➔ Aufgaben Der Tropische Regenwald... Entwaldung und Walddegradation: Arten, Faktoren und Wechselbeziehungen Walddegradation Entwaldung Umwandlung in landwirt. Nutzung Infrastruktur Wanderfeldbau Agrarbesiedlung agro-industrielle Kulturen Viehzucht Anbau von Drogenpflanzen Bergbau industriell artesanal nicht-nachhaltige Holznutzung Urbanisierung Straßen/ Verkehr Staudämme Brennholz Übernutzung Arten der Entwaldung/ Walddegradation Überweidung Armut, Landlosigkeit Bevölkerungsdruck Defizite rechtlicher, fiskalischer, institutioneller und methodischer Instrumente/Verwaltungsmangel national Umweltbewusstsein (Defizite) Entwicklungsprogramme, Landnutzungspoltik, Subventionen Markteinflüsse ausländische Investitionen Auslandsverschuldung international Handel, illegal ursächliche/erschwerende Faktoren - Wechselbeziehungen Bodeneigenturn (unausgewogen) (Quelle: BMZ (1997): 5 Jahre nach Rio. Bonn) _______________________________________________________________________________________ M5 Kahlschlag für das Steak (...) Trotz jahrzehntelanger Warnungen schreitet die Zerstörung in der Amazonas-Region, die 40 % des weltweiten Urwalds umfasst und zum Großteil in Brasilien liegt, weiter voran: Von August 2002 bis August 2003 wurden nach Regierungsangaben mehr als 23.000 km2 Wald vernichtet. Von 1990 bis 2000 gingen insgesamt 170.000 km2 Wald verloren – eine Fläche, die doppelt so groß ist wie Portugal. Der Großteil des Waldes wird inzwischen abgeholzt, um Weideland für die Viehzucht zu schaffen - und die wiederum wird, so das Institut für amazonische Forschung (Ipam) in Belem, von einer „neuen Dynamik“ angeheizt: dem florierenden Exportgeschäft. (...) Mehr als drei Viertel des zumeist illegal abgeholzten Waldbestandes (...) wird nach Angaben von Ipam zu Weideland. Die Zahl der Rinder in der Region Amazonia hat sich von 1990 bis 2002 auf mehr als 50 Mio. verdoppelt und wächst so schnell wie sonst nirgendwo im Land. Immer mehr Fleisch ist dabei für ausländische Kunden bestimmt. Brasilien schickt sich an, zum größten Rindfleischexporteur der Welt zu werden, noch vor den USA und Australien. Das internationale Waldforschungszentrum Cifor weist darauf hin, dass das Land im vergangenen Jahr bereits dreimal mehr Fleisch exportiert hat als noch 1995. Die Nachfrage ist groß - nicht zuletzt in Europa. Denn auch wenn sich die Aufregung um die Rinderseuche BSE weitgehend gelegt hat, ist die EU vom Rindfleisch-Exporteur zum -Importeur geworden. Gut 80 Prozent des eingeführten Fleisches stammen dabei aus Südamerika. Für Brasiliens Landwirte ist der Export äußerst lukrativ. 2 M4 tropenwald und klimaschutz _______________________________________________________________________________________ ➔ Aufgaben 3. Erläutern Sie Abbildung M 4. 4. Nennen Sie die verschiedenen Ursachen für die Vernichtung der brasilianischen Tropenwälder (M 4 und M 5). 5. Erläutern und diskutieren Sie aufbauend auf den Erkenntnissen aus M 4 bis M 5 mögliche Maßnahmen zum Schutz der Wälder. Ergänzen Sie ggf. durch weitere Recherche (z.B. im Internet). 6. Welche Rolle könnte die Veränderung des globalen Klimas und für die Vegetation wichtiger Faktoren (Temperatur, Niederschlagskreislauf, CO2-Anreicherung in der Atmosphäre) für die tropischen Regenwälder haben? Beziehen Sie dabei auch ein mögliches Zusammenspiel mit den bereits erläuterten Entwaldungsfaktoren ein. Germanwatch Klimaexpedition: Tropenwald und Klimaschutz - Arbeitsblätter © Germanwatch 2005 arbeitsblatt (Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 3./4. Juli 2004, gekürzt) M6 Wälder prägen das Klima Wälder beeinflussen Bodentemperatur, Verdunstung, Wolkenbildung und Niederschläge. Für das Klima spielen sie noch in anderer Hinsicht eine wichtige Rolle, denn sie bilden den mit Abstand größten Kohlenstoffspeicher der Erde, auch für anthropogene Treibhausgasemissionen. Im Kontext des Klimaschutzes werden sie daher auch als „Senken“ bezeichnet. Etwa 550 Milliarden Tonnen Kohlenstoff sind in der Vegetation gebunden, der Großteil davon in den Wäldern. Bei der Vernichtung von Wäldern gelangt der Kohlenstoff als CO2 in die Atmosphäre. Gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse fehlen noch, aber schätzungsweise sind es pro Jahr zwischen 600 Millionen und 2,6 Milliarden Tonnen. Sie tragen erheblich zum anthropogenen Treibhauseffekt und damit zum Klimawandel bei. _______________________________________________________________________________________ M7 Kohlenstoff- Kreislauf und -Senken (Angaben in Gigatonnen = Milliarden Tonnen) Vegetation 550 Gt 750 Gt Atmosphäre 1.500 Gt Boden Fossile Brennstoffe 5.000 Gt Meer 40.000 Gt Kohlenstoff in Atmosphäre: 750 Gt jährliche Zunahme: 4 Gt Waldbrände Pflanzen und 2 wachsen Lebewesen 100 verrotten 100 Sediment 100.000.000 Gt Technik 6 Pflanzenatmung 50 unbelebte Natur speichern 84 freisetzen 80 tropenwald und klimaschutz _______________________________________________________________________________________ Zersetzung 50 Erdreich, Torf, Humus fossile Brennstoffe Meerwasser Sedimentgesteine (Quelle: Bauer, J. u.a. (2001): Physische Geographie. Materialien für den Sekundarbereich II Geographie, Hannover. S. 65, verändert) _______________________________________________________________________________________ Der Waldschutz, insbesondere der Tropenwaldschutz, ist eine wichtige und unmittelbare Aufgabe der internationalen Umweltpolitik, die sowohl aus Gesichtspunkten des Naturschutzes (Biodiversität etc.) als auch aus Gesichtspunkten des Klimaschutzes (Quellen- und Senkenpotential) geboten ist. Zwischen den Zielen des Klimaschutzes und des Naturschutzes besteht eine hohe Übereinstimmung, im Bereich der Walderhaltung sogar eine vollständige Zielharmonie. Die Mechanismen der internationalen projektbezogenen Klimaschutzkooperation (der sog. „Clean Development Mechanism” (CDM))* sind durch ein engmaschiges rechtliches Netz der Missbrauchskontrolle gegen die Gefahr der Schaffung von Karbonplantagen (Abholzung zur Wiederaufforstung) geschützt. Die Risiken einer Einbeziehung von Forst-Aktivitäten durch den CDM sind daher im Vergleich zu den Chancen einer damit erzielbaren Integration von internationalem Klima- und Naturschutz gering. * Der CDM ist einer der drei sogenannten flexiblen Mechanismen des Kyoto-Protokolls, mit dem Industrieländer Klimaschutzprojekte in Entwicklungsländern finanzieren. Die daraus resultierenden Emissionsminderungen können sich die Industrieländer auf die eigenen Reduktionsverpflichtungen anrechnen lassen. So werden die Entwicklungsländer in den Klimaschutz eingebunden und erhalten zudem Zugang zu neuen Technologien und energieeffizienteren und kostengünstigeren Produktionsverfahren. Kritiker werfen dem CDM, gerade bezüglich letztgenanntem Grund, auch häufig eine neue Form des Neokolonialismus, d.h. neue Abhängigkeit vor. (Quelle: Schwarze, R. (1999): Biologische Quellen und Senken im Kyoto-Protokoll – Ein Plädoyer für die Verknüpfung von internationalem Tropenwald- und Klimaschutz durch den Mechanismus für umweltverträgliche Entwicklung. In: Zeitschrift für angewandte Umweltforschung. 12. Jg. H. 3. S. 326) Germanwatch Klimaexpedition: Tropenwald und Klimaschutz - Arbeitsblätter © Germanwatch 2005 3 Senken anrechnen arbeitsblatt M8 M9 Verantwortung der Industriestaaten „Es ist viel einfacher, anderswo Bäume zu pflanzen als im eigenen Land die Menschen zu motivieren, auf ihr motorisiertes Vehikel zu verzichten. Der Anreiz zur Durchsetzung von nachhaltigen CO2-neutralen Energiequellen in den Industrieländern würde wegfallen. In den Entwicklungsländern hätte die Bevölkerung mit der Landgier der Industriestaaten zu kämpfen. Legale und illegale Abholzungen von Primärwäldern würden massiv stimuliert, denn nun ließe sich auch mit einer Kahlschlagpolitik noch zusätzlich Geld machen, Urwälder würden durch Plantagen ersetzt. Schließlich taucht ja die „Freisetzung” von CO2 durch die vorherige Abholzung der Urwälder in den diversen Senkenberechnungen nicht auf. Außerdem ignoriert ein solches System, dass die CO2-Bindung in den Neupflanzungen keine dauerhafte wäre, denn auch diese Pflanzen würden ja später wieder einer Nutzung zugeführt und sich letztlich zersetzen – das gespeicherte CO2 landet wieder in der Atmosphäre. Oder noch verkürzter: Bei einem Waldbrand würde sich eine solche Senke ganz schnell in einen „Superemittenten” verwandeln.“ (Quelle: Global 2000, GLOBAL NEWS 3/00, http://www.global2000.at/index1.htm, Zugriff am 3.2.2005) _______________________________________________________________________________________ M 10 Wälder sind CO2-neutral Annette Freibauer vom Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena kommentiert: „Die Größe einer Senke kann bisher nicht berechnet werden. Wegen der hohen räumlichen und zeitlichen Variabilität sind Umsatzraten in biologischen Systemen nur schwer zu bestimmen. Die Unsicherheiten, mit denen wir rechnen müssen, sind zur Zeit noch so groß wie die Senken selber, das heißt wir arbeiten mit Fehlern von 100 Prozent.” Der Boden bereitet den WissenschaftlerInnen besondere Probleme. Wurzeln, abgestorbene Pflanzenreste und Lebewesen bilden dort riesige Kohlenstoffvorräte. Der Abbau von organischem Material, die Bodenatmung, entscheidet darüber, ob der Wald als Kohlenstoffquelle oder- senke wirkt. „Trotz aller Unsicherheiten ist den Klimaforschern jedoch klar, dass der Wald nicht unendlich als Kohlenstoffsenke fungieren kann”, sagt Wolfgang Cramer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung. „Irgendwann ist der Speicher voll und die Senkenfunktion erschöpft. Langfristig betrachtet verhalten sich die Wälder daher CO2-neutral.” Für viel entscheidender halten die Potsdamer Klimaforscher eine ganz andere Folge der Aufforstung: Bewaldete Gebiete reflektieren weniger Sonnenstrahlung als Ackerflächen oder die Tundra. Das gilt besonders im Winter, denn weiße (Schnee-) Flächen reflektieren mehr Strahlung als dunkle (Baumkronen). Neupflanzungen verringern die Reflexion des Sonnenlichtes und verstärken dadurch die Erwärmung unseres Planeten. Wie Richard Betts vom Hadley Centre in ,Nature' (Band 408, Seite 187) berichtete, könnte dieser Effekt bedeutsamer werden als die erhoffte Senkenfunktion aufgeforsteter Flächen. tropenwald und klimaschutz _______________________________________________________________________________________ (Quelle: M. Röver in: Der Tagesspiegel. Berlin, vom 15.11.2000) _______________________________________________________________________________________ Durch die Erwärmung der Erde und den sich ändernden CO2-Gehalt in der Atmosphäre können sich ganze Vegetationszonen verschieben. Die jetzige Erwärmung verändert die Lebensbedingungen für Tiere und Pflanzen teilweise jedoch so schnell, dass sie sich nicht an die neuen Lebensbedingungen anpassen können und mit einem massiven Artensterben zu rechnen ist. Eines der sechs führenden Klimamodelle sagt vorher, dass bei einem Temperaturanstieg von zwei bis drei Grad Celsius bis zum Ende des 21. Jahrhunderts das Ökosystem des Amazonas großflächig kollabieren und durch Savanne ersetzt werden könnte. Die Höhe des Risikos für dieses Szenario ist zwar ungewiss, dieses katastrophale Ereignis liegt aber im Bereich des Möglichen. Das Zusammenspiel mit der Entwaldung und Fragmentierung des AmazonasRegenwaldes könnte vor allem im Nordosten Brasiliens auf der Fläche des heutigen Regenwaldes Savanne und Wüste entstehen lassen. Erste Anzeichen dafür gibt es schon. (nach European Climate Forum/Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (2004): What is dangerous climate change? http://www.european-climate-forum.net/pdf/German_summary.pdf) ➔ Aufgaben 5. Erklären Sie den Kreislauf des Kohlenstoffs mit besonderer Betrachtung der Rolle der Vegetation und erläutern Sie den Begriff „Senken“ (M 6 und M 7). 6. Untersuchen Sie arbeitsteilig die verschiedenen Aussagen zur Anrechnung von CO2-Senken. Wägen Sie Nutzen und Gefahren der Anrechnung von CO2-Senken in der Klimabilanz ab (M 8-11). 7. Diskutieren Sie das Thema „Tropenwald und Klimawandel“ abschließend im Gesamtzusammenhang unter Einbezug wesentlicher Argumente aus M 6 bis M 11. Germanwatch Klimaexpedition: Tropenwald und Klimaschutz - Arbeitsblätter © Germanwatch 2005 4 Auswirkungen des Klimawandels auf die Vegetation arbeitsblatt M 11 CDM-Projektbeispiel Senken in Brasilien M 12 Eukalyptusplantagen als CO2-Senken – Die Kontroverse um das Plantar-Projekt 5 Zur Herstellung von Holzkohle für die Stahlindustrie wurde 1967 das Unternehmen Plantar S.A. (Sociedade Anônima) gegründet. Mittlerweile stellt Plantar S.A. eine Unternehmensgruppe dar, die sich in fünf verschiedene Unternehmenszweige aufgliedert. Plantar S.A. unterhält in Curvelo die größte Baumschule Brasiliens, in der jährlich ca. 30 Millionen Setzlinge aufgezüchtet werden. Plantar S.A. ist Eigentümer von 186.000 ha Land, der Großteil davon liegt im Bundesstaat Minas Gerais. In den für das CDM-Projekt relevanten Munizipien Curvelo, Felixlândia und Morada Nova besitzt Plantar eine Fläche von 32.173 ha, von der 23.118 ha mit Eukalyptus bepflanzt sind. Für diese Flächen, also für ca. 17% aller Ländereien Plantars, hat das Unternehmen das Zertifikat für nachhaltige Waldbewirtschaftung vom „Forest Stewardship Council” (FSC) erhalten. Etwa ein Drittel der aus dem Eukalyptusholz gewonnenen Holzkohle wird auf dem brasilianischen Markt als Grillkohle verkauft, der Rest wird bei der Roheisenerzeugung als Reduktionsmittel eingesetzt. Für die Herstellung von eigenem Roheisen wurde 1984 das Subunternehmen Plantar Siderúgia gegründet, das mit zwei Hochöfen 180.000 Tonnen Roheisen im Jahr produziert. Nur 50% der benötigten Holzkohle stammt dabei aus den eigenen Plantagen, der Rest wird hinzugekauft. Bei der ersten Komponente des Plantar-Projektes handelt es sich um eine sogenannte Kohlendioxid-Senke, die allerdings nur einen kleinen Teil der gesamten CO2-Reduktion des Plantar-Projektes ausmacht. Senkenprojekte stützen sich auf die Tatsache, dass Pflanzen vor allem während der Wachstumsphase CO2 der Atmosphäre entziehen und es mit Hilfe der Photosynthese in Sauerstoff und organische Stoffe umwandeln. Für die Berechnung der gebundenen CO2-Menge auf den Eukalyptusplantagen von Plantar wird jedoch nicht der Lebenszyklus der einzelnen Bäume betrachtet, sondern das insgesamt auf den Plantagen gebundene Kohlendioxid. Um einen relativ konstanten Betrag an gebundenem CO2 erreichen zu können, wird jedes Jahr lediglich eine Fläche von 3.300 ha mit Eukalyptus neu bepflanzt. Wenn am Ende des siebten Jahres nach Projektbeginn die zuerst gepflanzten Bäume gefällt werden, bleiben die restlichen Eukalyptusbestände bestehen, so dass eine kontinuierliche CO2-Bindung gewährleistet ist. Zur Berechnung der realen CO2-Reduktion durch das CDM-Projekt muss darüber hinaus auch der Anteil an Kohlendioxid, der ohne das geplante Projekt auf den Flächen gebunden werden würde, ermittelt werden: das sogenannte „Baseline”-Szenario. Die „Baseline” geht davon aus, dass Plantar ohne die Kredite der Weltbank seine Plantagen aufgeben muss, und diese in Weideland umgewandelt werden. Für dieses Szenario wird die Menge des gespeicherten CO2 über die CO2-Speicherkapazität von Weideflächen berechnet. Der Nettoeffekt des Projektes ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Projekt- und dem „Baseline”-Szenario. Haben die Eukalyptusplantagen nach 8 Jahren ihre maximale Speicherkapazität erreicht, können keine weiteren CO2-Kredite mehr ausgegeben werden. tropenwald und klimaschutz _______________________________________________________________________________________ _______________________________________________________________________________________ Ökologische Auswirkungen der Eukalyptusplantagen Überall dort, wo Eukalyptus für die industrielle Verwendung in riesigen Monokulturen angebaut wird, ist eine heftige, teilweise verbittert ausgetragene Debatte über die Auswirkungen dieser schnellwachsenden Bäume entstanden. Während für die einen – die Mapuche in Chile sprechen von „gepflanzten Soldaten“, in Südafrika ist vom „Grünen Krebs“ und in Brasilien von der „Grünen Wüste“ die Rede – die Plantagen der Grund für ausgelaugte und ausgetrocknete Böden, Landflucht und Arbeitslosigkeit darstellen, sehen andere das rasante Wachstum der Bäume als Grundlage für wirtschaftliches Wachstum und Entwicklung an. Anhand der Plantagen in Curvelo sollen die wichtigsten ökologischen und sozialen Auswirkungen von Eukalyptusmonokulturen exemplarisch dargestellt werden. Germanwatch Klimaexpedition: Tropenwald und Klimaschutz - Arbeitsblätter © Germanwatch 2005 arbeitsblatt M 13 _______________________________________________________________________________________ Akteure in Brasilien und ihre Handlungsstrategien _______________________________________________________________________________________ M 15 grundsätzlich akzeptiert ■ Nachfrage nach Holz wird als gegebene Handlungsgrundlage angesehen ■ Ausreichend Land vorhanden ■ Unternehmen stellen Arbeitsplätze bereit und leisten somit ihren Beitrag für die Entwicklung der Region ■ Grundsätzliche Infragestellung von Monokulturen ■ Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung stehen über abtrakten Bedürfnissen eines Marktes ■ Landverteilung stellt Problem dar: Frage der Landlosen in Minas Gerais ■ Unternehmen tragen Mitschuld an den ungleichen Zuständen der Region (Land- und Machtkonzentration) ■ Unterstützung der Unternehmen, damit ein ■ Kritik an industriellen Anbaumethoden, nachhaltiger Anbau erreicht werden kann ■ Drängen auf Einhaltung der bestehenden Gesetze (Wasserschutz, Arbeiterrechte etc.) ■ Schutz der Naturwälder durch Ausweitung der Monokulturen ■ Kleinbauernprogramme zur Eukalyptusproduktion als zukunftsweisenden Modell (Fomento Florestal) ■ Festhalten am Modell der industriellen Produktion ■ Entwicklung durch Förderung von Unternehmen ■ Top-Down-Ansatz durch die ein nachhaltiger Anbau nicht möglich ist ■ Aufdeckung von Gesetzesverletzungen; Infragestellung der bestehenden Gesetze ■ Schutz der Naturwälder durch Zurückdrängung der Monokulturen und erneute Inwertsetzung der Cerrado (Pequi-Baum) ■ Ablehnung der Einbeziehung von Kleinbauern in die Eukalyptusproduktion, da weitere Abhängigkeitsverhältnisse befürchtet werden ■ Agrarökologische Ansätze, Mischkulturen, extraktivistische Bewirtschaftung ■ Entwicklung durch Förderung von Kleinbauern und lokalen Initiativen ■ Bottom-up-Ansatz (Quelle für M 12-15: Schmitt, T. (2004) „Saubere Entwicklung“ für den Süden? Der Clean Development Mechanism und seine regionalen Auswirkungen am Beispiel von Eukalyptusplantagen in Curvelo, Südost-Brasilien. (Vorabversion: erscheint voraussichtlich im Frühjahr 2005 in: Tübinger Beiträge zur Geographischen Lateinamerika Forschung (TBGL)) ➔ Aufgaben 9. Informieren Sie sich im Internet (z.B. Bundesumweltministerium, GTZ) über den derzeitigen Verhandlungsstand der Anrechnung von Senken unter dem Kyoto-Protokoll. 10. Analysieren Sie arbeitsteilig das CDM-Projekt in Brasilien (M 12 - 15). 11. Führen Sie ein Rollenspiel durch, indem Sie die Positionen der in M 14 und M 15 aufgeführten Gruppen einnehmen und das Projekt bewerten. Germanwatch Klimaexpedition: Tropenwald und Klimaschutz - Arbeitsblätter © Germanwatch 2005 6 ■ Eukalyptusmonokulturen werden Alternativer Ansatz arbeitsblatt Handlungsstrategien Wahrnehmung und Handlungsstrategien der wichtigsten Akteure Wahrnehmung Technokratischer Ansatz tropenwald und klimaschutz M 14 tropenwald und klimaschutz Germanwatch... ...setzt sich seit 1991 für eine soziale und ökologische Gestaltung der Globalisierung ein. Wir arbeiten u.a. auf folgende Ziele hin: ≈ Wirkungsvolle und gerechte Instrumente sowie ökonomische Anreize für den Klimaschutz ≈ Gerechter Welthandel, v.a. faire Chancen für Entwicklungsländer durch Abbau von Dumping und Subventionen im Agrarhandel ≈ Einhaltung sozialer und ökologischer Standards durch multinationale Unternehmen Germanwatch Büro Bonn Dr. Werner-Schuster-Haus Kaiserstraße 201 D-53113 Bonn Tel.: +49 (0) 228 - 60492-0 E-Mail: [email protected] AutorInnen: Markus Breuer, Britta Horstmann, Sven Anemüller Germanwatch Büro Berlin Voßstraße 1 D-10117 Berlin Tel.: +49 (0) 30 - 28 88 356-0 E-Mail: [email protected] Redaktion: Gerold Kier, Isabel van de Sand www.germanwatch.org Layout: ART:BÜRO Dietmar Putscher, Köln www.dietmar-putscher.de Weitere Informationen zur Klimaexpedition: www.germanwatch.org/klimaexpedition.htm. ≈ Ökologisches und soziales Investment Titelfoto: Daniel Matuschek Gedruckt auf 100% Recycling-Papier Bestellnummer: 05-2-08 arbeitsblätter Gefördert durch das :