Bildungspsychologie I

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Iris Haszonits
Bildungspsychologie I
-APF-
30.04.2007
1) Kennzeichnen Sie zentrale Konzepte systematischer Beobachtung!
− Beobachtung: Gezielt selektiv aufmerksames und planvolles Wahrnehmen und
Registrieren von Ereignissen in bestimmten Situationen
− Beobachtungseinheit: Kleinstes, nicht reduzierbares Ereignis das zur Analyse des
Verhaltens notwenig erscheint. Die Beobachtungseinheit wird bestimmt durch den
theoretischen Hintergrund und die damit verbundene Fragestellung (Hypothese).
Sie darf nicht zu weit aber auch nicht zu eng abgegrenzt sein. Ferner ist eine
Unterteilung in Zeiteinheiten (time units) bzw. Ereigniseinheiten (acts) nützlich
bzw. notwendig.
− Zeichensystem: Bestimmte Verhaltensweisen (Beobachtungseinheiten) werden
mit jeweiligen Merkmalen (Symbolen) gekennzeichnet. Der Beobachter muss
lediglich jedes Auftreten einer dieser Verhaltensweisen registrieren, d.h. seine
primäre Aufgabe ist die Selektion der relevanten Verhaltensweisen.
− Kategoriensystem: Der gesamte Bereich des Verhaltens muss erfasst und in
forschungsrelevante Kategorien aufgeschlüsselt werden. Nicht eindeutig
zuordenbares Verhalten wird in einer so genannten Restkategorie festgehalten.
Innerhalb der Kategorien kann auch eine Differenzierung nach spezifischen
Merkmalen vorgenommen werden. Wird in Ereigniseinheiten beobachtet, so ist
für jede Verhaltensänderung das jeweils „neue“ Verhalten zu kategorisieren. Wird
in Zeiteinheiten beobachtet, so ist ein Zeittakt festzulegen, in dessen Rhythmus
ein momentanes Verhalten zu kategorisieren ist.
− Schätzskalen: Zur Differenzierung des Ausprägungsgrades eines Verhaltens
können bei beiden Systemen numerische oder graphische Schätzskalen
eingesetzt werden. Sie können gerichtet (1 2 … 6 7) oder bipolar (fleißig – faul)
angelegt sein.
− Beobachtungs- bzw. Beurteilungsfehler
2) Kennzeichnen Sie Beurteilungsfehler, die insbesondere auftreten
1. Im Kontext von Leistungsbeurteilungen,
− Güte- / Mildefehler (Strengefehler): Fehler aufgrund positiver (persönlicher)
Beziehungen des Beurteilten zur beurteilenden Person.
Entstehungsbedingung: Bekanntheitsgrad, Sympathiebeziehung
Gefahr der Umkehr ins Gegenteil, wenn der Beurteiler nicht als befangen oder
voreingenommen gelten will Strengefehler
− Großzügigkeitsfehler: Der Beurteiler vergibt mehrheitlich eine zu gute Bewertung
Entstehungsbedingung: Beurteiler will sich beliebt machen bzw. fürchtet
unangenehme Konsequenzen; Neutralisierung mangelnder oder ungenügend
definierter Bewertungskriterien; Kompensation bei unzureichender Wissens- /
Informationsverarbeitung
− Fehler der zentralen Tendenz: Beurteiler vermeidet extreme Positionen und
bevorzugt mittlere Ausprägungsgrade der Bewertung
Entstehungsbedingungen: Unklare Kriterien der Leistungseinschätzung; der
Beurteiler hat (noch) kein differenziertes Bewertungsschema
− Reihungseffekte / rhythmische Schwankungseffekte: Bei einer größeren Anzahl
von Beurteilungen wechselt das Urteil von streng zu mild, dann wieder zu streng
usw.
Entstehungsbedingungen: Die Urteile werden in unmittelbarer Relation zum
vorhergehenden gefällt, so dass es zu systematischen Abweichungen kommt.
Sonderform: Fehler des ersten / letzten Eindrucks (primacy / recency effect)
Der erste Eindruck bestimmt die Einschätzung der Person.
Da er vielfach mit hoher Gültigkeit und dem Etikett der Urteilssicherheit
verbunden wird, deshalb erscheint die Gefahr des Irrtums und einer
Fehlereinschätzung nicht gegeben.
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2. Bei der Einschätzung von Persönlichkeitsmerkmalen!
− Sachfremde Beurteilungskriterien: Es wird nicht nur die Leistung beurteilt,
sondern sachfremde Komponenten (äußere Erscheinung, Auftreten, Dialekt,
Schrift, Rechtschrift, Zeichensetzung) fließen ein
− Hallo-Effekt (Hof-Effekt): Die Bewertung eines Merkmals strahlt auf andere
Merkmale aus.
Herausragende, hohe Wertigkeit besitzende Merkmale bestimmen, wie die
weiteren (weniger eindeutig erfassbaren) Merkmale in das Urteil eingehen.
− Logische Fehler: Die Tendenz des Beurteilers, Merkmale logisch auseinander
abzuleiten.
Zusammenhänge zwischen unterschiedlichen Merkmalen werden im Sinne einer
Schlussfolgerung hergestellt. Die Wenn-dann-Verbindung als logische Regel
rechtfertigt hergestellt, nicht notwendigerweise bestehenden Zusammenhang.
− Implizite Persönlichkeitstheorie: dient zur Beurteilung von bestimmten Personen
und Personengruppen. Sie umfassen Merkmalskombinationen, die gleichzeitig
mit Überzeugungen bezüglich Verhalten, Einstellung, Motiven einhergehen.
Implizite Persönlichkeitstheorien gestatten die rasche Einschätzung von Personen
in Verbindung mit Rollen, Funktionen und Positionen. Sie werden zum Teil
übernommen als soziale Stereotype oder Etikettierungen, zum Teil durch eigene
Erfahrungen aufgebaut und evaluiert.
Als Erwartungseffekte führen sie zu sich selbst erfüllenden Prophezeiungen. Wird
eine Person durch Zuschreibung eines negativen Merkmals ausgegrenzt, so
spricht man von Stigmatisierung.
− Tendenz zum konsistenten Urteil: Sind die zur Beurteilung vorliegenden
Informationen unvollständig oder weisen sie Ungereimtheiten auf, so wird
versucht, durch Ergänzungen ein wohlbegründetes, konsistentes Urteil
abzugeben. Unter diesem Ziel werden zuweilen Informationslücken auch durch
Konfabulation geschlossen.
− Kontrastfehler: Beurteiler vergleichen die zu beurteilende Person mit der eigenen
Person. Sie schreiben dem anderen gegenteilige Eigenschaften zu bzw. bewerten
ihn in die entgegengesetzte Richtung (z.B. Ordnungsfanatiker schätzen andere
eher als unordentlich ein).
Zum Kontrastfehler zählen aber auch Gleichsinnigkeitsurteile, d.h. der zu
beurteilenden Person werden gleiche oder ähnliche Eigenschaften bzw.
Verhaltensweisen zugeschrieben.
− Projektionsmechanismen: Eigene, negativ bewertete Eigenschaften werden
verdrängt, behalten aber ihre Geltung, indem sie anderen Personen
zugeschrieben werden. Im Mechanismus der Unterstellung sind solche
Urteilsmuster erkennbar.
3) Orden Sie die (12) Verhaltensweisen, die im klassischen Kategoriensystem von Bales
differenziert werden, den dazu konzipierten (6) begrifflichen Kategorien zu!
Bereiche
A
Sozial-emotionaler Bereich:
Positive Reaktionen
B
Aufgabenbereich:
Versuche der Beantwortung
C
Aufgabenbereich:
Fragen
Verhaltensweisen
1. Zeigt Solidarität, hilft, belohnt, stützt den anderen
2. Zeigt Entspannung, scherzt, lacht, zeigt Befriedigung
3. Stimmt zu, nimmt passiv hin, versteht, gibt nach
4. Macht Vorschläge, leitet an, erwartet Selbstständigkeit
5. Äußert Meinung, bewertet, analysiert, drückt Gefühle
aus, äußert Wünsche
6. Setzt Richtlinien, informiert, wiederholt, klärt, bestätigt
7. Erfragt Information, erbittet Orientierung,
Wiederholung, Bestätigung
8. Fragt nach Meinung, Bewertung
9. Erbittet Vorschläge, Anleitung, Vorgehensweisen
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D
10. Stimmt nicht zu, zeigt passive Ablehnung, gibt keine
Sozial-emotionaler Bereich:
Hilfe
negative Reaktionen
11. Zeigt sich angespannt, bittet um Hilfe und zieht sich
zurück
12. Zeigt Antagonismus, setzt Status anderer herab,
verteidigt oder behauptet sich.
1. + 12. Integration
2. + 11. Spannungsreduzierung
3. + 10. Entscheidung
4. + 9. Steuerung
5. + 8. Bewertung
6. + 7. Verständigung, Orientierung
4) Kennzeichnen Sie die Schritte der prozeduralen Differenzierung psychologischer
Gegenstandsbereiche und ergänzen Sie die Kennzeichnungen mit jeweils zwei dazu
typischen Fragestellungen (spezifische Fragewörtern)!
1. Erscheinungsformen erfassen (Phänomenologie): beobachten, erfragen,
beschreiben Was, Wie, Wann, Wo
2. Phänomene erklären (Ätiologie): Ursachen, Bedingungen, Motive (er-)finden Wieso, Warum, Wozu, Weshalb
3. Phänomene beeinflussen (Kontrolle, Intervention): bewirken, manipulieren,
prognostizieren
1. Ziele festlegen, legitimieren
2. Einflussmöglichkeiten, Maßnahmen, Mittel kennen und anwenden
können, Nebenwirkungen bedenken
Wodurch
4. Wirkungen überprüfen (Evaluation): Grad der Zielerreichung bewerten, Kriterien,
ggf. Änderungen vornehmen Inwieweit
5) Kennzeichnen Sie die verschiedenen Systeme der ökologischen
Entwicklungstheorie!
1. Mikrosystem: umfasst unmittelbare Beziehungen z.B. Mutter-Kind-Beziehung
dadurch gekennzeichnet, dass eine Person mit einer anderen über längere Zeit in
bestimmten Rollenbezügen interagiert. Über diese Interaktion werden
Beziehungsqualitäten differenziert und gemeinsame Erfahrungen über die
Ausübung unterschiedlicher Tätigkeiten aufgebaut.
2. Mesosystem: Verbund jeweils umliegender Mikrosysteme, zwischen denen
Wechselbeziehungen bestehen und an denen ein Individuum aktiv beteiligt ist
(z.B. Familie, Schule, Freunde). Die Bedeutung für die Entwicklung besteht darin,
wie diese Systeme miteinander verbunden sind und wie sich die Übergänge
zwischen ihnen gestalten.
3. Exosystem: Wechselbeziehung zwischen umliegenden Systemen, an denen die
Person nicht aktiv beteiligt ist, die aber doch Einfluss auf die individuelle
Entwicklung nehmen (z.B. Arbeitszeiten der Eltern)
4. Makrosystem: das gesamte Wertesystem, das uns umgibt. Es repräsentiert
kulturelle Normen und gesellschaftliche Erwartungen und findet seinen Ausdruck
sowohl im Zeitgeist als auch in der öffentlichen Meinung. Die
Entwicklungsrelevanz dieses Systems beruht auf der Konfrontation mit Richtlinien
und Bewertungsmaßstäben, die Verhalten und Bewusstsein regulieren.
5. Chronosystem: zieht sich durch alle Systemebenen und betrifft die zeitliche
Abfolge signifikanter Ereignisse („kritische Lebensereignisse“) innerhalb der
individuellen Biographie. Normative Ereignisse werden in jeder Biographie an
bestimmten Punkten erwartet (z.B. Schulbesuch, Ruhestand). Non-normative
Ereignisse sind individuell außergewöhnliche (ideosynkratische) Vorfälle.
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6) Ordnen Sie protektive Faktoren und Risikofaktoren den Systemebenen zu!
Protektive Faktoren
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
o
Risikofaktoren
Mirko-System
Unterstützende Familienmitglieder
o Erziehung: extrem kontrollierend, extrem
Positive Rollenmodelle
permissiv
Konstruktive Mentoren
o Ablehnung durch Gleichaltrige
(Anforderungen/Hilfe)
o Deviantes Verhalten in der Peergruppe
Identitätsstützende Beziehungen
o Ehe- / Lebenspartner: feindselige,
Entwicklungsförderndes Verhalten
destruktive Beziehungen
o Beeinträchtigendes / abwertendes
Lehrerverhalten
Mesosystem
Sichere Umwelt durch Vernetzung von
o Geringe / schwache Beziehung zwischen
Lebensbereichen
Lebensbereichen; mangelnde
Transparente Struktur bzw. Organisation
Orientierung
innerhalb und zwischen Settings
o Gestörte Kommunikation zwischen
verschiedenen Mikrosystemen
Exo-System
Institutionelle Verankerung durch
o Arbeitsstruktur der Eltern negativer
Fürsorge und Schutz (z.B.
Einfluss auf Beziehungen bzw.
Gesundheitsbereich)
Gestaltung des Familienlebens
Information / Aufklärung (z.B. Nutzung
o Entscheidung durch den Gesetzgeber
von Kommunikationstechnologien)
Finanzielle Belastung, soziale
Benachteiligung
Makro-System
Kulturelle Werte, die die Entwicklung und o Gewalt in den Medien
Erziehung von Kindern betonen
o Diskriminierende Gesetze und
Gesetzgebung, die die Rechte der
Handlungspraktiken
Betroffenen schützt
7) Kennzeichnen Sie die Bedeutung des Begriffs „Bildung“ aus der Sicht
verschiedener Autoren bzw. Epochen!
Etymologisch: Indogermanische Silbe „bil-“: 1. spalten, behauen (Substantiv: „die aus
Holz behauene Gestalt“); 2. passend, recht
Althochdeutsch: z.B. „bilidari“, „bildunga“ mehrschichtige Bedeutung: handwerkliches
bzw. künstlerisches Gestalten, aber auch nur gedachte Vorstellungen
Griechische Philosophen:
o Plato (427-347): postuliert drei Bildungsbereiche: einen musisch-ästhetischen
(Gefühle), einen mathematischen (Denken), einen akademisch-philosophischen
(Erkenntnis, Wahrheit).
o Isokrates (436-338): verbindet Bildung (gebildet sein) mit Urteilskraft in
wesentlichen Dingen des praktischen Lebens, guten Umgangsformen,
Selbstbeherrschung und Bescheidenheit.
Seit dem 16. JH: Gestaltung sowohl handwerklich-künstlerisch als auch i.S. von
Vorstellen geistiger Bilder, in Verbindung mit Nachnahmen, Abbilden von Ähnlichen. Als
Tun nicht nur auf den Menschen bezogen, sondern auch auf Gott und die Natur.
Dt. Mystik: „bilden“ als „Einbilden“ des Bild Gottes in die Seele des Menschen
Dt. Idealismus und Neuhumanismus – klassische Humanitätsidee: Ausbildung und
Vervollkommnung des höheren „Selbst“ des Menschen
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Dt. Bürgertum des 18. und 19.JH: Der auf die Natur des Menschen bezogene
Ausbildungsgedanke und die gesellschaftsbezogene Kultivierungsidee werden
verbunden und zum Schlüssel der sozialen Gleichberechtigung gegenüber dem
geburtsständischen Adel
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird Bildung vor allem mit einer gewissen Schul- und
Ausbildung verbunden, die sich prägend auf Wissen und Einstellung auswirkt und in
Bildungsabschlüssen Basis für berufliche Qualifikation darstellt.
Aktueller Stand: „Innovation durch Bildung“ Integration als Schlüssel zur Zukunft von
Bildung
8) Kennzeichnen Sie das funktionale Bildungsmodell (formale vs. materielle Bildung,
Problematik der Normen)!
Selbst und Umwelt gelten als sich gegenseitig bedingend.
a) Formale Bildung: will die Entwicklung und Übung der individuellen Kräfte. Wichtig
sind die Dinge / Stoffe, die eine „kraftbildende“ Funktion ausüben.
b) Materielle Bildung: will, dass sich die Dinge der Person selbst erschließen, damit
sie mit ihnen „etwas anfangen“ kann.
Die Erkenntnis, dass Normen der Geschichtlichkeit unterliegen (also relativ sind),
bedingt, dass „Wissen“ nun die Basis darstellen muss, aus der Normen und Werte
einsichtig und verbindlich gemacht werden. Ferner sind Normsetzungen milieubedingt.
9) Kennzeichnen Sie stichpunktartig vier Hauptmerkmale der Bildungsforschung!
1. Erfahrungswissenschaftliche Fragen und Methoden ohne Festlegung auf ein
wissenschaftstheoretisches Paradigma (empirische vs. nicht-empirische
Pädagogik)
2. Hinwendung zu Praxisfeldern (Politik, Ökonomie sowie Planung, Organisation,
Durchführung und Kontrolle pädagogischen Handelns Aktionsforschung)
3. Effektivierung des Bildungssystems: Steigerung der Konkurrenzfähigkeit, der
Wirtschaftlichkeit und Rentabilität (Probleme der Finanzierbarkeit), Überwinden
der sozialen Disproportionalität (Chancengleichheit, begabungsgerechte
Förderung)
4. Explizite interdisziplinäre und internationale Orientierung
5. Berücksichtigung von gesellschaftlichen insbesondere ökonomischen, politischen
und technischen Voraussetzungen für „Verwertung“ von Bildung und Gebildeten
6. Auswertung des Bildungsbegriffs auf didaktisch-curriculare Aspekte
10) Kennzeichnen Sie in Stichpunkten typische Bildungsbegriffe verschiedenster Milieus!
Konservativ gehobenes Milieu:
− Humanistisch orientierter Bildungsbegriff, der über Fach-, Spezial- und
Buchwissen hinausgeht
− Grundsätzlich positive Einstellung zur Schule
− Lebenslanges Lernen ist tief verankert
Kleinbürgerliches Milieu:
− Praktisch orientierter Bildungsbegriff
− Betonung von Lebenserfahrung gegenüber theoretischer Bildung
− Positive Einstellung zur Schule als bedeutungsvoll für das eigene Lernen
− Weiterbildung wird als notwendig akzeptiert, aber oft als belastend empfunden
Traditionelles Arbeitermilieu:
− Ambivalenter Bildungsbegriff, der zwischen „richtiger“ erfahrungsgestützter und
„reiner“ Bildung unterscheidet
− Schule wird rückblickend als notwendiges Übel betrachtet
− Entgangene Bildungschancen werden jedoch bedauert – Kompensation wird nicht
für möglich gehalten
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Traditionsloses Arbeitermilieu:
− Bildungsfern, der Begriff Bildung wird kaum gebraucht (eher „intelligent“)
− Bildung ist Diskursfähigkeit
− Schule wird als stressreich erinnert, aber auch als Zufluchtsort vor elterlichen
Ansprüchen
− Weiterbildung findet kaum statt und wird auch nicht angestrebt
Technokratisch liberales Milieu:
− Höchste Bildungsabschlüsse werden erreicht
− Schule soll als Raum zur Selbstverwirklichung bieten
Alternatives Milieu:
− Ganzheitlicher Bildungsbegriff zur Meisterung von Lebenssituationen und einer
schwieriger werdenden Zukunft
− Schule ist zu kognitiv ausgerichtet, Mangel an didaktischer Innovation und an
Raum für Kreativität
Aufstiegsorientiertes Milieu:
− Leistungsorientiert, aber schulischer Erfolg ist nicht notwendig mit beruflichem
Erfolg verknüpft
− Schule ist zu realitätsfern, Lehrer- und Schulqualität sollten stärker überwacht
werden
Neues Arbeitermilieu:
− Spielerischer Umgang mit Schulanforderungen
− Erfolg oft durch kurzfristiges Engagement vor Prüfungen
− Schule ist zu stark individualisiert
Hedonisches Milieu:
− Klassischer Bildungsbegriff als Feindbild
− Minimalprinzip, d.h. das Erstreben schulischen Erfolgs mit minimalen Aufwand
− Schulkritik pauschal (langweilig, realitätsfern, wenig sozial etc.)
11) Kennzeichnen Sie (drei) idealtypische Erziehungsbegriffe!
1. Inventorischer Erziehungsbegriff: unterstellt, dass erwünschtes Verhalten
prinzipiell erzeugt werden kann durch geeignete Erziehungsmittel (Belohnung,
Bestrafung) – „durch konkrete, formgebende Handlungen“
„Als Erziehung werden Handlungen bezeichnet, durch die Menschen versuchen,
die Persönlichkeit anderer Menschen in irgendeiner Hinsicht zu fördern.“
2. Reformpädagogischer Erziehungsbegriff: stellt Förderung im Sinne von
Ermöglichung (facilitating) in den Mittelpunkt. Damit wird eine Gegenposition zu
den Machbarkeitsvorstellungen der interventorischen Auffassung eingenommen.
Veränderungen können nicht durch zweckrationale Einwirkungen erreicht werden,
sondern nur auf der Basis eigener Erfahrungen. Die Rolle des Erziehers wird in
diesem Konzept mit der Metapher des „Gärtners“ gekennzeichnet – er erzeugt
nicht das „Wachstum der Pflanze“ (natürliche Entwicklung), sondern kann
Wachstum durch verschiedene Maßnahmen beeinflussen.
3. Antipädagogischer Erziehungsbegriff: negiert die Erziehungsbedürftigkeit von
Kindern. Erziehung wird sogar als kinderfeindliche Tätigkeit angesehen. Die
zentrale Maxime dieser Auffassung postuliert, dass eine natürliche Entwicklung
durch erzieherische Maßnahmen verhindert wird und fokussiert „Laissez-faire“ als
adäquates Erziehungskonzept.
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12) Kennzeichnen Sie sechs Merkmale, die bei der Beschreibung von Veränderungen zu
beachten sind!
− Modus: qualitativ – quantitativ
− Verlauf: kontinuierlich – diskontinuierlich, auf- / absteigend (Auf- / Abbau), linear –
kurvenlinear – periodisch
− Richtung: gerichtet – ungerichtet, unidirektional – multidirektional
− Tempo: beschleunigt – verlangsamt – „normal“
− Dauer: kurz-, mittel-, langfristig
− Modifizierbarkeit: reversibel – irreversibel
− Generalität: universell – spezifisch (individuell)
− Spezifität: typisch – singulär
− Organisation: isoliert – integriert
Konkretisierung (Operationalisierung) des Ausgangszustandes und des Zieles (und
mögliche Konsequenzen) der Veränderung
13) Kennzeichnen Sie die Grunddimensionen zur Erklärung von Veränderung!
− Kausalität: Ursache-Wirkungszusammenhang (Sicherheit: sicheres Ereignis –
Auftretenswahrscheinlichkeit 100%)
− Konditionalität: Bedingungszusammenhang (Unsicherheit: Auftreten des
Ereignisses wahrscheinlich (%-satz), Kein Rückschluss auf den Einzelfall
möglich!)
− Finalität: Zielbezogenheit
− Funktionalität: Zweckbestimmtheit
− Inter- / Transaktion: Wechselseitigkeit
− Zirkularität: Rückbezogenheit
14) Kennzeichnen Sie, welche Fehlschlüsse zu vermeiden sind, wenn man:
1. Für einen Bedingungszusammenhang (nur) epidemiologische Daten kennt,
Von nur epidemiologischen Daten kann man nicht auf den Einzelfall schließen.
2. Einem kritischen Ereignis Verhaltensauffälligkeiten (Störungen) folgen.
Ein kritisches Ereignis ist nicht die Ursache von Verhaltensauffälligkeiten, sondern
meistens nur der Auslöser. Die Ursache von Verhaltensauffälligkeiten kann auch
weiter zurückliegen und muss gar nichts mit dem Auslöser zu tun haben.
15) Kennzeichnen Sie die Dimensionen von „Einwirkungen“!
− Intention: beabsichtigt <-> unbeabsichtigt
− Interaktion: wechselseitig <-> einseitig
− Regulation: external <-> internal
Die Dimensionen können qualitativ (= kategorial: als sich ausschließende Kategorien)
oder quantitativ (= dimensional: als Skala mit Abstufungen zwischen den Polen)
betrachtet werden.
16) Kennzeichnen Sie die Zielsetzungen der (vier) Grundformen der Theorieanwendung!
− Technologie zielerreichendes Handeln: Wenn – dann, Um – zu
„Was muss getan werden um ein bestimmtes Ziel zu erreichen?“
− Prognose vorsorgliche Folgenabschätzung:
„Was wird als Folge von A geschehen?“
− Erklärung rückschauendes Begreifen:
„Warum ist dieses Ereignis eingetreten?“
− Beschreibung differenziertes Wahrnehmen:
„Worauf muss bei dieser Lage der Dinge geachtet werden?“
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17) Kennzeichnen Sie für die nachfolgenden genannten Grundformen der
Theorieanwendung die (3) Schritte des Vorgehens! Technologie, Prognose, Erklärung
Technologie:
1. Identifiziere zunächst das Ziel
2. Suche nach einer Theorie, in deren Dann-Teil von diesem Ziel die Rede ist
3. Realisiere diejenigen Bedingungen im Kontext der Problemlage, die im Wenn-Teil
der Theorie benannt sind.
Prognose:
1. Identifiziere zunächst die Ausgangssituation. Welche interessierenden
Gegebenheiten, Bedingungen, Konstellationen liegen vor?
2. Suche nach einer Theorie, in deren Wenn-Teil davon die Rede ist.
3. Projiziere diejenigen Sachverhalte, die im Dann-Teil dieser Theorie zur Sprache
kommen, auf den Zusammenhang des Anwendungsfeldes
Erklärung:
1. Identifiziere zunächst was geschehen ist, was verwundert, überrascht,
interessiert.
2. Suche nach einer Theorie, in deren Dann-Teil dieser Sachverhalt thematisiert
wird.
3. Entnimm den Wenn-Teil die erforderlichen Hinweise darauf, was in diesem Fall
als Ursache anzusehen ist.
Beschreibung:
1. Mache die Theoriebegrifflichkeit für reale Beobachtungsanlässe bewusst.
2. Nimm die Begriffe des Wenn- und des Dann-Teils zum Anlass auf bestimmte
erfassbare Gegebenheiten zu achten.
3. Nimm die unmittelbar wahrnehmbaren Ereignisse und Gegebenheiten zum
Anlass zu fragen, unter welche Theoriebegriffe sie fallen und in welchen
Wechselbeziehungen sie daher vermutet werden können.
18) Kennzeichnen Sie die Probleme, auf Grund derer aus Theorien keine
Handlungsprogramme abgeleitet werden können!
− Ableitungsproblem: Theorien haben nur Gültigkeit in idealisierten Systemen, d.h.
unter spezifischen Bedingungen, die auf die Praxis im Allgemeinen nicht
zutreffen.
− Äquivalenzproblem: Überprüfung und Anwendung einer Theorie erfordern
Operationalisierungen. Sie stellen keine logischen Ableitungen dar, sondern sind
Klassifikations- oder Zuordnungsleistungen (Validität / Generalisierbarkeit).
− Falsifikationsproblem: Eine Theorie wird durch fehlgeschlagene Praxisprogramme
aufgrund vielfältiger, möglicher Fehlerquellen (Operationalisierung,
Implementation, Evaluation) nicht falsifiziert.
19) Erläutern Sie stichpunktartig die Problematik von „Verstärkung“, die beim operanten /
instrumentellen Konditionieren zu berücksichtigen ist!
− Löschung: Wenn keine Konsequenz (Nichtbeachtung keine Verstärkung oder
Bestrafung) erfolgt, sinkt die Auftretenswahrscheinlichkeit auf das Anfangsniveau
− Instrumentelles Konditionieren: Das Verhalten wird gezeigt, um die Konsequenz
hervorzurufen. Vorausgehende Reize können von Bedeutung sein als
diskriminative Reize, wenn sie einen Hinweis (cue) geben, ob eine bestimmte
Konsequenz folgen wird oder nicht.
− Verstärker werden über ihre Effekte definiert (zirkulär) und sind abhängig von der
Bedeutungszuweisung des „Lernenden“!
− Die Wirkung der Verstärkung ist abhängig vom Zeitpunkt ihres Eintretens:
Kontingenz = Beziehung zwischen Verhalten und Konsequenz
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20) Kennzeichnen Sie das Ablaufschema der Verhaltensmodifikation!
1. Ausgangspunkt: Operationalisierung / Konkretisierung
− Des auffälligen Verhaltens (Problemverhalten)
− Des erwünschten Verhaltens (Zielverhalten)
Ist das Verhalten den Normen angemessen?
Vergleich der Konsequenzen, wenn das Verhalten geändert wird oder nicht
2a. Konsequenz bei Änderung negativ: Operationalisierung / Konkretisierung des
erwünschten Verhaltens
2b. Konsequenz bei Änderung positiv: Verhaltensanalyse:
− S ituation: Wann tritt das unerwünschte Verhalten auf?
− M otivation: Warum macht diese Person das? Gespräch
− K onsequenzen: des unerwünschten Verhaltens
3. Verarbeitung der Analyse-Ergebnisse, Modifikationshypothesen
4. Vorlaufende Klärungen:
− Ist das Problemverhalten systemgestützt? Gruppe modifizieren
− Ist eine Selbstmodifikation möglich? anbahnen, unterstützen
− Ist Angst die Ursache des Problemverhaltens? Angstabbau
5. Wenn keine vorlaufenden Klärungen: Ziel der Modifikation
− Aufbau systematische Verstärkung
− Abbau Änderung S – M – K
6. Werte-Quadrat
21) Kennzeichnen Sie Methoden der pädagogischen Verhaltensmodifikation!
− Token-Ökonomien: Münzartige Marken werden unmittelbar auf positive
Verhaltensweisen gegeben und können nach festgelegten Regeln durch
verschiedene Verstärker getauscht werden.
− Kontingenzverträge: Verständlich formulierte Übereinkommen zwischen
Interaktionspartnern, die festlegen, wer für wen unter welchen Bedingungen was
tun soll Autonome Verhaltenskontrolle
− Kognitivistische Ansätze: Selbstkontrolle: Selbstbeobachtung Selbstbewertung
Selbstverstärkung
Selbstinstruktionstraining
22) Kennzeichnen Sie die Komponenten der Verhaltensanalyse (S, O, R, K, C)!
− Stimuluskomponente (S): Gesamtheit aller relevanten externen und internen
Reizbedingungen; vorausgehender, funktionaler Zusammenhang
− Organismuskomponente (O): Biologische Faktoren, die den Zustand der Person
beeinflussen eventuell einengen; individualtypisch stabile Reaktionstendenzen
− Reaktionskomponente (R): Problemrelevantes Ist-Verhalten sowie
Modifikationsziel (Soll-Verhalten); genaue Verhaltensbeschreibung (motorisch,
verbal-kognitiv, physiologisch)
− Kontingenzkomponente (K): Verstärkungsmuster – zeitlicher Abstand –
verzögerte Verstärkung, Verstärkungspläne
− Konsequenzkomponente (C): nachfolgende, verstärkende Ereignisse
(unmittelbare oder längerfristig) Reaktionen der Interaktionspartner
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23) Lernen am Modell: Welche Effekte sind zu unterscheiden und weshalb ist eine solche
Differenzierung von Bedeutung?
1. Lerneffekte: Modellierung neuer Verhaltensweisen
Eine in einer bestimmten Situation neue Verhaltensweise wird erlernt. Es besteht die
Möglichkeit diese in einer adäquaten Situation abzurufen.
2. Hemmungseffekte: Verminderung der Reaktionsbereitschaft
3. Enthemmungseffekte: Erhöhung der Reaktionsbereitschaft
Durch das beobachtete Verhalten, welches mir bereits bekannt ist, sinkt / steigt
meine Hemmschwelle selbiges Verhalten in einer ähnlichen Situation an den Tag zu
legen. Die Hemmschwelle wird sinken, wenn das Verhalten beim Modell zum
gewünschten Erfolg führt (positive Wirkung), oder steigen, wenn das Verhalten beim
Modell nicht zum gewünschten Erfolg führt oder eine Bestrafung für das Verhalten
folgt (negative Wirkung).
3. Reaktionserleichternde Effekte: Auslösender Reiz für Handlung
Bei der beobachtenden Person wird ein bereits vorhandenes Verhalten durch das
beobachtete Verhalten anderer (Hinweisreize) ausgelöst.
Eine Differenzierung ist bei Auftreten von Schwierigkeiten / Problemen von Bedeutung,
da man dem Stadium entsprechend entgegenwirken kann.
24) Kennzeichnen Sie Stufen der Wahrnehmung: konzept-/hypothesengesteuerte (topdown) und datengesteuerten Prozesses (bottom-up)!
− Mentale Prozesse: Wissen, Erwartung, Motivation
− Klassifikation: Wahrgenommenes wird in Kategorien eingeordnet aufgrund von
vorhandenen Wissen, Einstellungen, Erwartungen, Schlussfolgerungen
− Mustererkennung: Merkmale des Gegenstandes; Übergang, d.h. keine scharfe
Grenze zur nächsten Stufe
− Wahrnehmung: Innere Repräsentation / erlebtes Perzept der äußeren Reize;
„Arbeitsbeschreibung“ aufgrund der Integration in vorhandenes Wissen.
− Sensorische Empfindung: Physikalische Energie wird in die neurale Aktivität von
Gehirnzellen umgewandelt – Entschlüsselung der Information
25) Kennzeichnen Sie stichpunktartig verschiedene Modelle der Aufmerksamkeit!
Das Filtermodell (Donald Broadbent):
Die Aufmerksamkeit kann nicht gleichzeitig auf zwei Kanäle (rechtes vs. linkes Ohr)
gerichtet werden („Einkanalmodell“). Die Auswahl des Kanals, dessen Information weiter
verarbeitet wird, erfolgt relativ früh. Der „Filter“ orientiert sich dabei nur an physikalischen
Merkmalen, die semantische Informationsverarbeitung (Dekodierung der Bedeutung)
findet erst dann statt.
Einwand: „Cocktailparty-Phänomen“ obwohl wir uns auf ein unmittelbares Gespräch
konzentrieren und die um uns zu hörenden Stimmen ausblenden, werden wir sofort
abgelenkt, wenn hinter oder neben uns unser Name fällt – eine Information aus dem
ausgeblendeten Kanal.
Das „Abschwächungsmodell“ (Anne Treisman):
Modifikation Broadbents Modell – der nicht beachtete Kanal wir durch den Filter nicht
eliminiert, sondern nur abgeschwächt. Um in den Filter der semantischen Analyse zu
gelangen, muss die Information im abgeschwächten Kanal eine bestimmte Intensität
aufweisen. Andererseits gibt es Information für die generell oder situationsspezifisch eine
niedrigere Intensitätsschwelle besteht.
Andere Autoren postulieren unterschiedliche Filter, deren Funktion im Zusammenhang
mit jeweiligen Zielen und dem Vorwissen des Individuums (top-down) zu sehen ist und
darüber hinaus durch Informationsmerkmale selbst (bottom-up) beeinflusst wird.
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Das Modell der späten Selektion (Deutsch und Deutsch):
Alle Inputs werden der semantischen Analyse unterworfen, bevor ein Filter Information
auswählt, der die bewusste Aufmerksamkeit zugewandt wird. Dieses Modell wird als
unökonomisch kritisiert, da für die Analyse des gesamten Materials eine umfangreiche
Verarbeitungskapazität erforderlich wäre. Es wird deshalb eine unbewusste semantische
Analyse postuliert.
Das Modell der Ressourcen-Allokation (Kahnemann):
… nimmt an, dass für die aktuelle Verarbeitung von Information nur eine begrenzte
aufmerksamkeitsbezogene Kapazität zur Verfügung steht. Dieses Konzept geht von einer
zentralen Verarbeitungseinheit aus, die Aufmerksamkeit zuteilt (allocate). Entscheidend
ist, dass Information auch ohne bewusste Aufmerksamkeitszuwendung in automatisch
ablaufenden Verarbeitungsprozessen bewältigt werden kann. Die automatisierten
Prozesse beeinträchtigen nicht parallel ablaufende Aktivitäten, die mit bewusster
Aufmerksamkeit gesteuert werden.
Die Zwei-Prozess-Theorie der selektiven Aufmerksamkeit (Ulric Neisser):
Die Aufmerksamkeitszuwendung wird in zwei Prozesse aufgeteilt:
a) In einen Diskriminierungsprozess, in dem die Relevanz der eingehenden
Information geprüft wird und
b) In einen Fokussierungsprozess, in dem die begrenzte Aufmerksamkeit der als
relevant beurteilten Information zugewiesen wird.
Beide Prozesse gelten als entscheidend für das erfolgreiche Lernen. Insbesondere die
Fähigkeit aufgabenirrelevante Information durch inhibitorische Impulse auszublenden
trägt zur Verbesserung der selektiven Aufmerksamkeit bei.
26) Nennen Sie die gerichteten Funktionen von Aufmerksamkeit sowie die zusätzlichen
Kriterien für Konzentration!
Gerichtete Funktionen von Aufmerksamkeit
− Vigilanz (zeitlich überdauernde Aufmerksamkeit): In einer relativ reizarmen,
monotonen Situation ist über längere Zeit gleich bleibende Wachheit
(Daueraufmerksamkeit / sustained attention) erforderlich, um ein Ereignis zu
entdecken, wann immer es auftritt.
Die Trefferquote sinkt mit der Zeit. Zur Verbesserung der Genauigkeit der
Überwachung erwies sich ein unmittelbares Feedback bezüglich des jeweiligen
Fehlers als erfolgreich. Die Leistung verbessert sich auch, wenn die individuelle
Erregung (arousal) auf einem optimalen Niveau gehalten werden kann.
− Orientierungsreaktion: Eine globale Reaktion, die immer dann auftritt, wenn ein
neuer, ungewohnter Reiz auftaucht („Was ist los“ - Reflex). Bei vielfacher
Wiederholung des Reizes kommt es jedoch rasch zu einem Gewöhnungseffekt.
− Kontroll-Aufmerksamkeit: Die Aufmerksamkeit dient der Steuerung und Kontrolle
motorischer Prozeduren. Dabei wird der Handlungsablauf durch permanentes
Feedback zielbezogen optimiert Metakognition
− Distributive (fluktuierende, wandernde) Aufmerksamkeit: Ein breites
Aufmerksamkeitsfeld wird in den Blick genommen – mit dem Ziel, möglichst alle
Veränderungen zu registrieren
− Selektive (fixierende) Aufmerksamkeit
Zusätzliche Kriterien für Konzentration:
− Intentionale Zuwendung
− Integration der Reize in kognitive Strukturen
− Energetische Ressourcen (Anstrengung)
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27) Kennzeichnen Sie verschiedene Gedächtnismodelle:
Mehrspeicher-Modell (Atkinson und Shiffrin):
− Klassifizierung der Gedächtniseinheiten nach Dauer des Behaltens, Kapazität der
Speichereinheiten und deren inhaltliche Spezifität
− Ultrakurzzeitgedächtnis (sensorischer Puffer):
o Behaltensdauer: ca. 200-300 Millisekunden
o Kapazität: hoch
o Inhalt: sensorisch erfassbare Information (visuell bzw. auditiv)
− Kurzzeitgedächtnis:
o Behaltensdauer: zwischen 10 und 50 Sekunden
o Kapazität: ziemlich begrenzt (7 ± 2 Elemente „Die magische Zahl
Sieben“, Miller)
o Inhalt: Die inhaltliche Ausgestaltung der Elemente ist offen. Größere
Informationseinheiten können durch Bündelung separater Elemente zu
bedeutungshaltigen Mustern (Chunks) gebildet werden. Der inhaltliche
Modus ist phonemisch, so dass durch inneres verbales Wiederholen
(umlaufendes Echo) die Behaltendauer verlängert werden kann. Versucht
man dabei Verknüpfungen zu vorhandenem Wissen herzustellen, spricht
man von elaborierendem Echo.
− Alternatives Modell zum KZG: Arbeitsgedächtnis: Eine zentrale Einheit
(Exekutive) steuert zwei parallel und relativ unabhängig von einander arbeitende
Hilfssysteme: eine artikulatorische Einheit („Schleife“; zuständig für die
Verarbeitung verbaler Information) und eine visuell-räumliche Einheit
(„Notizblock“; zuständig für bildliche Vorstellungen).
− Langzeitgedächtnis: Speicherung von sehr großen Informationsmengen in
strukturierter Ordnung; Inhaltliche Differenzierung:
o Deklaratives (bewusstes) Gedächtnis
Semantisches Gedächtnis: strukturierte Speicherung von
konzeptuellen Wissen (Grammatikregeln, abstrakte Vorstellungen
über Sachverhalte)
Episodisches Gedächtnis: Verarbeitung und Speicherung von
eigenen Erfahrungen (autobiographisch)
o Nicht-Deklarative (implizite, reflexive - unbewusste) Gedächtnis
Prozedurales Gedächtnis: Aufbewahrung vorrangig von
motorischer Abläufe, aber auch von kognitiven und
wahrnehmungsbezogenen (automatisierten) Fertigkeiten
Konditionierungen (klassische und operante) und Assoziationen
(ohne Memorierauftrag gespeichert)
Priming: Ein individuell aufgebautes Begriffsnetz, das die
Verarbeitung anderer auch neuer Reize durch Bekanntes
erleichtert.
Prozess-Modell (Craik & Lockhart):
Entscheidend für die Dauer des Behaltens sind die Art und die Intensität der
Auseinandersetzung mit der zu speichernden Information, d.h. die Tiefe / Ebenen der
Verarbeitung (von oberflächlich bis tief), dem „level of processing“ (LOP). Die Funktion
des KZG wird als Phase aktiver, bewusster (unmittelbarer) Auseinandersetzung
verstanden.
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„Bedeutungsbezogene (Wissens-) Repräsentation“ (Anderson):
Spezifizierung der Gedächtnisinhalte auf die Zielsetzung „Bedeutsames erkennen /
Unwichtiges ausblenden“
Ansätze zur Repräsentation von kategorialem Wissen (Repräsentationssysteme):
− Schema-Ansatz:
o Objekt-Schemata repräsentieren Konzepte (Struktur / Attribute; Kategorie)
o Handlungsschemata repräsentieren „Pläne“
o Ereignisschemata repräsentieren Sequenzen von Teilhandlungen
(einschließlich jeweiliger Personen) Ereignisprototypen: Skripts
o Geschichten- / Textschemata (repräsentieren die Struktur von
Erzählungen und Gesichten „Grammatiken“ von Textsorten
− Semantische Netzwerke: Konzeptuelles Wissen wird in strukturierten Netzwerken
(Knoten / Verbindungen) repräsentiert unterschiedliche Verbindungsstärken
− Propositionen: Wissen wird in kleinsten, selbstständigen, sinnvollen
Wissenseinheiten repräsentiert; Textbasis (Oberflächenstruktur) =
Propositionsliste
− Mentale Modelle: Kognitive Konstruktionen, um einer sprachlich vermittelten
Umwelt subjektive Plausibilität zu verleihen
28) Erläutern Sie die Möglichkeiten zur Klassifikation von Problemtypen!
1. Nach Reitmann: Probleme werden eingeteilt nach der Qualität der Definition von
Ausgangs- und Zielzustand, die jeweils gut oder schlecht sein kann (Vier-FelderSchema)
2. Nach Dörner anhand der drei Barrierearten:
− Interpolationsbarrieren (analytische Probleme): Eine Lösung durch den
Einsatz „bekannter“ Operationen ist erreichbar.
− Synthetische Barrieren (synthetische Probleme): Erfordern das Auffinden
„unbekannter“ Operationen
− Dialektische Barrieren: ergeben sich aufgrund einer offenen Problemdefinition
oder sind auf Ziel-Inkompatibilitäten zurückzuführen.
29) Skizzieren Sie für das Ablaufprogramm des Problemlösens
1. den Orientierungsteil der Handlung
1. Ist – Soll – Analyse (Ermittlung des Ist-Zustandes und des Zieles)
2. Suchrichtung: Bildung des Zieles und eventuell von Zwischenzielen (Teilziele)
3. Selbstreflexion / Bewertung (der Situation) führt entweder zum Rückgang auf
eine der ersten zwei Stufen oder Weiter zum Ausführungsteil
2. den Ausführungsteil der Handlung
Auswahl und Anwendung der Operator(en) – Dies führt entweder:
a. Zu keinen Erfolg, wodurch Stufen der Orientierungsteil der Handlung nochmals
durchlaufen und / oder andere Operator(en) ausgewählt und angewandt werden
müssen
b. Zu Erfolg mit negativen Folgen, wodurch die Ist – Soll – Analyse und / oder die
Suchrichtung (also die Ziel - / Zwischenziel-Bildung) überdacht werden muss.
c. Zu Erfolg mit positiven Folgen, wobei das Gesamtziel nicht erreicht wird, wodurch
die Operator(en) neu ausgewählt und angewandt werden müssen.
d. Zu Erfolg mit positiven Folgen und Erreichen des Gesamtziels Dies führt zum
Kontrollteil der Handlung mit der Bewertung der Situation und Selbstreflexion
30) Kennzeichnen Sie Arten und Formen des Transfers!
Lerntransfer = Einfluss von Lernen in einer Situation auf das Lernen in einer anderen
Situation
−
−
Positiver Transfer: Förderlich für das Lösen neuer Aufgaben
Negativer Transfer: Hinderlich für das Lösen neuer Aufgaben
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−
−
−
−
−
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Vertikaler Transfer: Übertragung von der gegebenen Ebene (Basisbereich) auf
eine höhere Ebene des Lernens, d.h. auf ähnliche und komplexere Aufgaben
Lateraler Transfer: Neue, ähnliche Aufgaben vergleichbarer Komplexität
Sequentieller Transfer: Das Vorausgehende erleichterte das Verständnis des
Nachfolgenden (Lernsequenz)
Naher Transfer (low road): bis zur Automatisierung Eingeübtes wird spontan
durch einen neuen Kontext ausgelöst
Ferner Transfer (high road): setzt bedeutungshaltige Abstraktion voraus Dekontextualisierung
31) Kennzeichnen Sie die Grundannahmen der assoziationistischen und der
kognitivistischen Transfer-Theorien!
Assoziationistische Transfer-Theorien:
assoziative „Überschneidungen alter und neuer Situationen
− Theorie der identischen Elemente (Thorndike): Elemente, die in der
ursprünglichen Lernsituation enthalten sind, müssen auch in der neuen
Lernsituation vorkommen.
o Generalisierungstheorie: Es sollen Verallgemeinerungen (Prinzipien)
gelernt und auf neue Situationen übertragen werden. Die neue Situation
muss genügend Gemeinsamkeiten mit der vorhergegangenen haben, um
Transfer zu ermöglichen.
o Umstellungs- und Transpositionstheorie: Grundlage der Lernübertragung
ist Mittel-Ziel-Wissen. Je umfangreicher dieses Wissen über Beziehungen
ist, desto größer wird der Nutzen für den Transfer sein.
− Transfer-Theorie bedeutungserzeugenden Lernens: Primäre Bedingung für
nachfolgendes Lernen (sequentieller Transfer) ist das Vorhandensein assoziierter
Anker („advance organizers“ – Ausubel & Robinson).
Kognitionspsychologische Transfer-Theorien:
„tiefere“, strukturelle Beziehungen – Prozedur-Übertragung
− Transfer von Fertigkeiten: Transfer bedeutet, dass die bei der einen Aufgabe
gelernte Strategie zur Lösung einer anderen Aufgabe, die gleiche Teilprozesse
erfordert, angewandt wird.
− Analoger Transfer unter metakognitiver Kontrolle: Aufsuchen / Erkennen der
strukturellen Ähnlichkeit von Aufgaben und ignorieren der Oberflächenmerkmale –
bewusst als Strategie einsetzen.
32) Kennzeichnen Sie die (vier) Schwerpunkte der Interventionsmaßnahmen zur
Förderung von Transfer!
1. Modellbegründete Instruktion: Explizite Instruktion bezüglich vertrauter AnalogieModelle ist für die Lösung neuer Aufgaben hilfreich.
2. Strukturabbildungstheorie: Analyse der Aufgabenstruktur, d.h. der spezifischen
Objekte, ihrer Merkmale und ihrer Relationen:
− Unterschiedlichkeit der Oberflächenmerkmale ignorieren!
− Strukturerhaltende Abstraktionen vornehmen!
3. Ausgearbeitete Beispiel-Aufgaben: Frühere Erfahrungen mit einer
ausgearbeiteten Beispiel-Aufgabe können die Lösung einer neuen Aufgabe mit
ähnlicher Struktur anregen. Analoger Lerntransfer erfolgt jedoch nicht
automatisch, explizite Anleitung ist erforderlich!
4. Metakognitive Kontrolle:
− Anforderungen einer neuen Aufgabenstellung erkennen,
− zuvor gelernte spezifische und allgemeine Fertigkeiten entsprechend
auswählen und
− unter bewusster Kontrolle einsetzen.
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33) Kennzeichnen Sie die Grundprinzipien der Intelligenz-Faktoren-Modelle und der
Intelligenz-Struktur-Modelle!
Intelligenz-Faktoren- und Intelligenz-Struktur-Modelle sind beide psychometrische
Konzepte.
− Zweifaktorentheorie / Generalfaktor-Theorie (Spearman): Jede Intelligenzleistung
beruht auf zwei Faktoren: „general intelligence“ (allgemeiner Faktor) und
spezifischer Faktor (test- bzw. aufgabenbezogener Faktor). Die einzelnen
Leistungen weisen eine unterschiedliche Sättigung mit dem allgemeinen Faktor
auf.
− Hierarchisches Faktorenmodell / Gruppenfaktoren (Vernon): Hierarchische
Ordnung der Intelligenzfaktoren: Generalfaktor (allgemeine Intelligenz) –
Hauptgruppenfaktoren (major group factors) – Untergruppenfaktoren (minor group
factors) – Spezifische Faktoren
− Multiple Faktorentheorie / Primärfaktoren (Thurstone): Kognitive Leistungen
setzen sich aus einer Vielzahl von Einzelfertigkeiten zusammen, die auf einige
Grundfähigkeiten (primary mental abilities) zurückgeführt werden können (kein gFaktor!)
− Intelligenz-Faktoren höherer (= zweiter) Ordnung / Zweidimensionales Modell
(Cattell): Aus einer aufwärts gerichteten Faktorenanalyse der Primärfaktoren
(Thurstone) leitet Cattell Faktoren zweiter Ordnung ab. Besondere Bedeutung
haben die flüssige (fluid) Intelligenz (als grundlegende (angeborene) Kapazität
des Menschen; als Fähigkeit Beziehungen herzustellen, Regelhaftigkeiten zu
finden) und die kristallisierte (crystallized) Intelligenz (als Auswirkung von
Erfahrung und Bildung (Sprache, Kultur)).
− Faktorenmodell (Meili): Psychologisch relevante Faktoren auf
gestaltpsychologischer Basis („Analytische Intelligenz“): Komplexität, Plastizität,
Ganzheit, Flüssigkeit; Diese allgemeinen Faktoren wurden später durch die
folgenden, dem Aufgabenmaterial entsprechenden Gruppenfaktoren ergänzt:
space, verbal, number
− Berliner Intelligenz-Struktur-Modell (Jäger): Extrahierung von sechs
Hauptdimensionen aus vielen „Intelligenz-Aufgaben“ mittels Faktorenanalyse.
Danach Unterteilung in Inhalts- (Art des Aufgabenmaterials –
Repräsentationssysteme) und Operationsmodalitäten (Kognitive Fähigkeiten),
woraus sich durch Untergruppen insgesamt 12 Teilfähigkeiten ergeben. Die
Allgemeine Intelligenz ist das Integral aller Teilfähigkeiten.
− Intelligenz-Struktur-Modell (Guilford): Würfelmodell an dessen drei Kanten die
Intelligenzbereiche Denkinhalte (Grundarten oder Bereiche von Informationen),
Denkoperationen (Grundarten kognitiver Prozesse, Aktivitäten der
Informationsverarbeitung) und Denkprodukte (Grundformen, die Information bei
der Anwendung von Denkoperationen auf Denkinhalte im Laufe der Verarbeitung
annehmen können). Unterteilt in Subgruppen entsteht ein Quader, der sich aus
insgesamt 120 Inhaltselementen besteht.
34) Erläutern Sie den Unterschied zwischen dem Gruppenfaktormodell (Vernon) und
der multiplen Faktorentheorie (Thurstone)!
− Das Gruppenfaktormodell ist hierarchisch aufgebaut und hat einen Generalfaktor.
− Bei der multiplen Faktorentheorie setzen sich im Gegensatz dazu die kognitiven
Leistungen aus einer Vielzahl von Einzelfertigkeiten zusammen, die auf
Grundfähigkeiten beruhen (kein g-Faktor).
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35) Erläutern Sie den Unterschied zwischen dem Intelligenz-Struktur-Modell (Guilford)
und dem Berliner Intelligenz-Struktur-Modell (Jäger)!
− Guilfords Modell lässt sich als Informationsverarbeitungsmodell verstehen, dass
zwischen Denkinhalten, -operationen und -produkten unterscheidet. Dies führt zu
120 unterschiedlichen Informationsverarbeitungsprozessen.
− Die sechs Hauptdimensionen / -faktoren aus Jägers Modell wurden
faktorenanalytisch aus vielen „Intelligenz-Aufgaben“ extrahiert. Später wurde das
Modell um Inhalts- und Operationsmodalitäten erweitert, wodurch 12
Teilfähigkeiten entstehen. Das Integral aller Teilfähigkeiten stellt die allgemeine
Intelligenz dar.
36) Kennzeichnen Sie die (drei) Dimensionen der Erfolgsintelligenz (nach Sternberg)!
Erfolgsintelligenz, die man zum Erreichen von Zielen braucht, umfasst analytisches,
kreatives und praktisches Denken in ausgewogenem Verhältnis und das Wissen, wann
und wie man sie effektiv nutzt.
−
−
−
Analytisches Denken: Beurteilung der Brauchbarkeit einer Idee zur Lösung von
Problemen
Kreatives Denken: Probleme und gute Ideen formulieren
Praktisches Denken: Ideen und ihre Analyse auf wirksame Weise im Alltagsleben
umsetzen
37) Kennzeichnen Sie die Theorie der vielfachen Intelligenz nach Gardner
(Grundgedanke, Beispiele, Kritik)
1. Sprachliche Intelligenz (begrifflicher Bereich, verstehen sprachlicher Symbole)
2. Logisch-mathematische Intelligenz (Problemlösen, schlussfolgernd denken,
entscheiden)
3. Räumliche Intelligenz (bildhafter Bereich, sich etwas vorstellen, imaginieren)
4. Musikalische Intelligenz (musischer Bereich, schöpferische Produktion)
5. Körperlich-kinästhetische Intelligenz (motorischer Bereich, Koordination,
Geschicklichkeit)
6. Interpersonale Intelligenz (Soziale Intelligenz, Empathie, andere verstehen)
7. Intrapersonale Intelligenz (sich selbst kennen, erfassen eigener Gefühle)
8. Naturalistische Intelligenz
9. Existentielle Intelligenz
Der Grundgedanke ist, dass die verschiedenen Intelligenzen als eigenständig gelten
und über jeweils eigene Systeme für Programmierung (Lernen),
Informationsverarbeitung (Denken, Problemlösen) und Speicherung (Gedächtnis)
verfügen.
Der Ansatz von Gardner ist umstritten! Es handle sich eher um Begabungen bzw.
Intelligenzfaktoren, weniger um autonome Intelligenzen. Der empirische Nachweis
fehlt!
38) Kreativität:
a) Kennzeichnen Sie den kreativen Prozess!
1. Vorbereitung: Intensive Beschäftigung mit bestimmten Inhalten (gefundenen
Problemen)
2. Inkubationsphase: gedankliche Auseinandersetzung unterhalb der
Bewusstseinsschwelle; „heuristische Regression“
3. Illumination: die Lösung taucht plötzlich, meist zufällig auf; „aha“-Erlebnis;
„Heureka“-Phänomen (verbunden mit der hohen Sicherheit, die Lösung
gefunden zu haben)
4. Verifizierung: Lösung wird rational geprüft und hinsichtlich möglicher
Verwirklichungen evaluiert.
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b) Kennzeichnen Sie die verschiedenen Ebenen (Produkte) von Kreativität!
− Expressive Kreativität: Spontanität, Ausdrucksfähigkeit, ungebundene
Darstellung
− Produktive Kreativität: Realitätsbezogene Orientierung, Nutzenperspektive
− Inventive Kreativität: neue Beziehungen entdecken
− Innovative Kreativität: bedeutsame Veränderungen bisheriger Gegebenheiten
− Emergentive Kreativität: totale Umstrukturierung (z.B. Galilei)
c) Kennzeichnen Sie kognitive Merkmale der kreativen Person!
(= Merkmale kreativen Denkens)
− Problemsensitivität: Probleme erkennen, „richtige“ Fragen stellen als
Grundbedingung
− Flüssigkeit: Rasche Produktion von unterschiedlichen Ideen, Gedanken,
Wörtern, Vorstellungen einschließlich ihrer Kombination
− Flexibilität: Etablierte Denk- und Handlungsmuster verlassen bzw. auflösen,
neue Bezugssysteme finden
− Re-Definition: Um- und Neuinterpretation bekannter Objekte oder Funktionen,
Improvisationen
− Elaboration: Ausgestaltung allgemeiner und unscharfer Plan-Konturen im
Sinne von Realisierbarkeit und Praktikabilität
d) Kennzeichnen Sie personale Merkmale der kreativen Person!
− Psychische Gesundheit
− Aktivitätspotential
− Neugier, Erkundungsdrang
− Regression
− Frustrations- / Ambiguitätstoleranz
− Komplexität
− Unabhängigkeit
− Verzögerte Entschlusskraft
39) Kennzeichnen Sie die Definitionsklassen von Hochbegabung nach Lucito!
− Ex-post-facto oder post-hoc-Definitionen Nachträgliche Feststellung
− IQ-Definitionen IQ 130 oder höher
− Soziale Definitionen Fähigkeit zu wertvollen Handlungen
− Prozentsatz-Definitionen z.B. oberste 2% im IQ-Test Begabung = Leistung
(Überschneidung mit IQ-Definition)
− Kreativitätsdefinitionen zentrales Kriterium: Neues, Originelles schaffen
− Definition nach Lucito Mehrfaktorieller Ansatz:
„Hochbegabt sind jene Schüler, deren potentielle intellektuelle Fähigkeiten sowohl
im produktiven als auch im kritisch-bewertenden Denken ein derartig hohes
Niveau haben, dass begründet zu vermuten ist, dass sie diejenigen sind, die in
der Zukunft Probleme lösen, Innovationen einführen und die Kultur kritisch
bewerten, wenn sie adäquate Bedingungen der Erziehung erhalten.“
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40) Kennzeichen Sie das Konzept der Hochbegabung nach DeHaan & Havighurst, 1957
oder anhand der Marland Definition, 1972!
Aspekte der Hochbegabung (DeHaan & Havighurst, 1957):
− Intellektuelle Fähigkeiten differenziert nach primären geistigen Fähigkeiten:
Sprachliche Fähigkeiten, rechnerische Fähigkeiten, räumliches Denken,
Gedächtnis, induktives Denken
− Kreatives Denken
− Wissenschaftliche Fähigkeiten (verschiedene Fertigkeiten und Einstellungen)
− Fähigkeiten der sozialen Führung
− Mechanische Fähigkeiten
− Künstlerische Fähigkeiten
„Intelligenz oder intellektuelle Fähigkeiten sind die Grundlage aller anderen Talente,
wie denen in den Künsten, bei Führungsfähigkeiten im sozialen Bereich, in der
Wissenschaft und bei mechanischen Fähigkeiten.“
USA: Marland Definition, 1972
Hochbegabung bedeutet, aufgrund außergewöhnlicher Fähigkeiten hohe Leistungen zu
erbringen. Sie umfasst:
− Allgemeine intellektuelle Fähigkeiten
− Spezifische akademische (schulische) Fähigkeiten
− Kreativität und produktives Denken
− Führungsfähigkeiten
− Bildnerische und darstellende Künste
− Psychomotorische Fähigkeiten
41) Kennzeichnen Sie (Vorteile / Nachteile) drei objektive und drei subjektive Verfahren zur
Diagnose von Hochbegabung!
Objektive
Vorteile
Nachteile
Verfahren
Intelligenztests
Ökonomisch, Validität,
Deckeneffekt, schichtspezifisch,
Zuverlässigkeit
Ergebnisse unterschiedlicher
Test kaum vergleichbar
Leistungstests
Ökonomisch, Validität,
Spezifische Fachwissen
Vergleichbarkeit
erforderlich, sagt wenig über
Hochbegabung aus
Eignungstests
Ökonomisch,
Bereichsspezifisches Wissen
Vergleichbarkeit
Kreativitätstests
Ökonomisch
Geringe Validität
Wettbewerbe
Vergleichbare
Hohe Spezialisierung
z.B. Mathematik- Prüfungsbedingungen,
Olympiade
motivierende Funktion
Subjektive Verfahren
Zensuren, Schulnoten,
Zeugnisse
Lehrmeinung,
Lehrbeobachtung
Vorteile
Liegen für die Mehrzahl
der Kinder vor
Leicht zu erheben
Checklisten,
Beobachtungsbögen
Aufnahmeprüfungen,
Wettbewerbe
Nominierung durch
Eltern, andere Kinder,
Selbstnominierung
Schnell und leicht
einzusetzen
Vergleichbarkeit,
motivierende Funktion
Leicht zu erheben
Nachteile
Kaum zuverlässig, geringe
Gültigkeit
Geringe Genauigkeit, mögliche
Vorurteile, wenig zuverlässig,
Information auf Schule begrenzt
Erinnerungsdaten, lückenhaft,
zufällige Auswahl der Items
Teilname nicht für alle Kinder
möglich
Nicht vorurteilsfrei, wenig
zuverlässig, geringe Genauigkeit,
Gefahr der Überschätzung
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42) Erläutern Sie in Stichpunkten die Bedeutung von Vorwissen (= inhaltliches Vorwissen /
Inhaltswissen) und seine (erleichternde) Funktion im
Informationsverarbeitungsprozess!
− Generelle Voraussetzung für den weiteren Wissenserwerb
− Umfang (Menge), Organisiertheit (Struktur) und Zugänglichkeit (Vernetztheit)
beeinflussen den weiteren Wissenserwerb
− Anknüpfungspunkt für die Integration neuer Information in die bestehende
kognitive Struktur (Elaboration)
− Filter für die Interpretation neuer Information
− Vorwissen erleichtert:
o Die Konstruktion von Bedeutung
o Die Einschätzung der Relevanz neuer Information
o Den Prozess des Erschließens (Schlussfolgerns)
o Die Überwachung des Verstehens
43) Kennzeichne Sie die verschiedenen Ansätze der Visualisierung von Wissen
(historische Entwicklung)!
− Psychometrisch-strukturelle Perspektive: Mathematische Verfahren zur
quantifizierenden, graphischen Darstellung psychischer Phänomene;
Computergestützter Strukturvergleich (Ähnlichkeit) von Begriffsnetzen
− Kognitive Perspektive: Verfahren zur Wissensrepräsentation in so genannten
Netzwerkansätzen – kognitive Begriffsnetze (Subjektive Konstruktion; Aktivierung
Priming)
− Pädagogisch-Psychologische Perspektive: Verfahren zur Verbesserung des
Textverstehens – Notationssystem zur differenzierten graphisch-textuellen
Visualisierung von Begriffsstrukturen Networking
44) Kennzeichnen Sie die aktuellen Forschungs- und Anwendungsfelder der MappingTechniken!
− Mapping-Techniken als Lehr- und Lernstrategien:
o Die Lernenden werden mit einer Mapping-Technik vertraut gemacht.
Hiervon hängen Effizienz und Akzeptanz dieser Technik ab!
o Selbständiger Einsatz dieser Technik zur Erarbeitung eines differenzierten
Konzeptwissens
o Analyse eines Netzwerkes und Übersetzung in einen Text, d.h. in eine
Zusammenfassung
− Mapping-Techniken zur Unterstützung von Kooperationsprozessen beim
gemeinsamen Lernen
o Gemeinsamer Wissenserwerb durch gemeinsames Anwenden einer
Mapping-Technik
o Visualisierung individueller Konzeptualisierung als Basis für
zielorientierten Diskurs majorisierende Äquilibration
o Multi-Perspektivität durch Pro- / Contra-Argumentation
− Mapping-Techniken zur Wissensdiagnose und Wissensmodellierung
o Mapping-Techniken als Messinstrument für Wissensstand und
Wissensveränderungen: Begriffsnetz des Vorwissens Wissensvermittlung Begriffsnetz nachher Veränderung Vergleich
mit Experten-Netz
o Wissensmodellierung durch dialogische Interaktion bei der Erstellung
eines Begriffsnetzes (Concept-Map)
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45) Kennzeichnen Sie die Stadien des Erwerbs kognitiver Fähigkeiten (prozedurales
Wissen)!
− Kognitives Stadium: Verstehen der Aufgabenanforderungen, Verarbeitung /
Interpretation der Information
Mentale Repräsentation: „Ist“ / „Soll“ / „Transformation“
deklaratives Handlungswissen
− Assoziatives Stadium (Wissenskompilation): Vielfache Wiederholung von
Teilfertigkeiten führt zur Prozeduralisierung des deklarativen Handlungswissens,
sowie zu einer Feinabstimmung und der Zusammensetzung der Teilfertigkeiten
zu einer Gesamtprozedur
− Autonomes Stadium: Automatisierung der erworbenen Fähigkeit führt zu:
o Größerer Schnelligkeit und Genauigkeit und geringerer Fehleranfälligkeit
bei der Ausführung der Prozedur
o Reduktion der erforderlichen Aufmerksamkeit und Kontrolle
46) Kennzeichnen Sie die verschiedenen Bereiche der Schlüsselqualifikationen anhand
jeweils erforderlicher Kompetenzen!
Schlüsselqualifikationen
Erforderliche Kompetenzen (Beispiele)
(Bereiche)
Allgemeine Qualifikationen
− Schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit
− Logische und analytische Denkfähigkeit
− Problemlösefähigkeit
− Konzentrationsfähigkeit
− Kreativität
Fachliche Qualifikationen
Je nach Ausbildungsgang unterschiedlich z.B.:
− Messtechnik beherrschen
− PC als Werkzeug benutzen
− Bearbeitungsvorgänge kontrollieren
− Über Fremdsprachenkenntnisse verfügen
Methodische Qualifikationen
− Wissen selbstständig erarbeiten
− Information ordnen und aufbereiten
− Das eigenen Lernen organisieren
− Wissen / Fertigkeiten vermitteln
Soziale Kompetenzen
− Konflikte austragen / konstruktiv lösen
− In Gruppen zusammenarbeiten
− Zuhören und kommunizieren
− Gespräche moderieren und zusammenfassen
− Konferenzen leiten
Emotionale Qualifikationen
− Die eigenen Gefühle kennen / ausdrücken können
− Mit Angst und Krisen umgehen
− Eigene Projektionen erkenne und zurücknehmen
− Gefühle anderer erkennen und verstehen
− Emotionale Unterstützung geben
47) Kennzeichnen Sie die zentralen Komponenten, die bei Lernstrategien zu
unterscheiden sind!
− Kognitive Lernstrategien: Organisation, Elaboration, Kritische Prüfung,
Memorieren (Mnemotechniken)
− Metakognitive Lernstrategien: Metakognitives Wissen Planung Selbstkontrolle Regulation
− Ressourcenmanagement:
o Interne Ressourcen (Zeitmanagement, Aufmerksamkeit, Anstrengung)
o Externe Ressourcen (Lernmittel, Lernumgebung, Personale Hilfe:
Kollegen, Experten)
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48) Stellen Sie das elaborative Frage-Schema dar und zeigen Sie Querverbindungen zu
verschiedenen Organisationsprozessen auf!
Elaborative Techniken Frageschema (Fragen zum Schlüsselbegriff „X“):
1. Definitorische / charakteristische Merkmale von „X“
2. Voraussetzungen / Ursachen / Bedingungen von „X“
3. Auswirkungen / Konsequenzen / Einflüsse von „X“
4. Kennzeichen / Belege / Beispiele für Sachverhalte, die mit „X“ in Verbindung stehen
5. Unteraspekte / Teilaspekte, die zu „X“ gehören
6. Übergeordnete Zusammenhänge, in die „X“ einzuordnen ist
7. Wie fügt sich „X“ in das bisherige Wissen ein?
Organisationsprozesse: Organisations- bzw. Transformationsstrategien sind
informationsreduzierende Vorgangsweisen, durch die Inhalte ausgewählt und sinnstiftend
gegliedert werden (Verknüpfung von alten und neuen Wissen, Herstellung von
Querverbindungen).
a. Kategorienbildung und hierarchische Ordnung
b. Sequenzielle Ordnung (Logik, Zeit, Präferenz; Um zu, weil / nacheinander /
Rangordnung)
c. Zugehörigkeiten (Cluster-Ordnung)
2/3 passt zu b; 5/6 passt zu a; 1/4 ist schwer zuzuordnen; 7 Elaborationsfrage
49) Kennzeichnen Sie die Bedingungen dafür, dass Verräumlichungsstrategien
erfolgreiches Lernen unterstützten!
− Wenn der Lernende dazu angeregt wird, die aufzunehmende Information „tief“,
d.h. bedeutungsbezogen zu verarbeiten (verstehen zu wollen)
− Wenn die Textorganisation aufgrund des eigenen Vorwissens und der darin
enthaltenen Kategorien organisiert wird.
− Wenn beim Lernen (Enkodieren) die Information bereits elaboriert wird
− Wenn die Strategie ein Abrufverfahren nahe legt, das die Rekonstruktion der
Information erleichtert.
50) Kennzeichnen Sie zwei sprachbezogene und zwei bildhafte Gedächtnistechniken!
Sprachbezogene Gedächtnistechniken:
− Lernen mit Reimen und Sprüchen: Unverbundene Information wird durch Reime
(Rhythmus) miteinander verknüpft
− Lernen mit Akronymen: Akronyme sind Kunstwörter, die aus den
Anfangsbuchstaben mehrerer Wörter gebildet werden.
− Lernen mit Akrosticha: Akrosticha sind hintereinander zu lesende
Anfangsbuchstaben, Silben oder Wörter, die ein Wort (einen Namen), einen Satz
oder einen Vers ergeben.
Bildhafte Gedächtnistechniken:
− Methode der Orte (Loci-Methode): Einzelne Lerninhalte werden über
Vorstellungsbilder „verortet“, d.h. mit Orten fester Reihenfolge assoziativ
verknüpft.
− Technik der assoziativen Verbindung: Unverbundene Informationen werden
bildhaft miteinander verknüpft.
− Geschichten-Technik: Die an sich unverbundenen Informationen werden
miteinander verknüpft, indem sie in eine zusammenhängende Geschichte
eingebettet werden.
− Kennwort-Technik: Die zu lernenden Begriffe werden an bereits vorhandene, gut
eingeübte, konkrete Begriff (Kennworte) mit einer festen Reihenfolge zu
bildhaften Vorstellungen verknüpft
− Schlüsselwortmethode (für Vokabeln): Es wird eine bizzare Vorstellung (bild- /
klangähnlich) zu einem zu lernendem Sachverhalt gesucht und mit dem
Lerninhalt verbunden.
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51) Erläutern Sie in Stichpunkten die Grundidee des phonetischen Systems zum
Einprägen / Behalten von Zahlen!
Zahlen werden mit Buchstaben assoziiert und können so bedeutungshaltig gemacht
werden.
1 = t oder d ein senkrechter Strich
2 = n zwei senkrechte Striche
3 = m drei senkrechte Striche
4 = r letzter Buchstabe von vier
5 = l lateinische Zahl: Fünfzig
6 = ch, x (sch) klangähnliche Assoziation
7 = k, ck, g (auch q, j) k als zwei Siebender
8 = f (oder pf, v) handschriftliches f
9 = p oder b Formähnlichkeit
0 = z (oder s, c, ß) zero
h und w ohne Zuweisung
Zahlen entsprechen Konsonanten, Vokale (+ Umlaute) sind frei verwendbar.
z.B. Tee = 1, Schutt = 61
52) Kennzeichen Sie Prinzip und Ablauf von Skills-Tranings-Programmen für das
Lernen aus Texten und geben Sie dazu ein Beispiel!
S Q 3 R (Robison 1946)
S urvey
Überblick über den Text verschaffen
Q uestions
Fragen zum Thema stellen
R ead
Text lesen, durcharbeiten
R ecite
Text unmittelbar danach wiederholen
R eview
gelesenen Text überprüfen und mit Bekanntem verbinden
P Q 4 R (Thomas & Robinson 1972)
P review
Überblick verschaffen, Abschnitte festlegen, die als Einheiten gelesen
werden
Q uestions
Fragen zu den Abschnitten stellen
R ead
Abschnitt sorgfältig durchlesen, versuchen, die Fragen zu beantworten
R eflect
Nachdenken über den Text, Verständnis und Beziehungen zu
vorhandenem Wissen herstellen.
R ecite
Wiedergabe der gelesenen Information, versuchen, die Fragen zu
beantworten, Wenn Lücken Read bzw. Questions
R eview
gesamtes Kapitel nochmals gedanklich durchgehen, wesentliche
Punkte wiedergeben, Fragen nochmals beantworten
53) Kennzeichen Sie verschiedene Arbeitszeitprobleme und geben Sie jeweils Hinweise
auf den Umgang mit solchen Problemen!
Arbeitszeitprobleme: Für die anstehende Arbeit wird zu wenig Zeit aufgewendet
− Aufschubverhalten: Trotz guter Vorsätze wird das Erledigen der Aufgabe immer
wieder verschoben.
− Abbruchverhalten: Durch kleine Ablenkungen lässt man sich von der Arbeit
abhalten.
Arbeitszeitprobleme hängen vielfach mit motivationalen Komponenten (z.B. mangelnde
Zielstrebigkeit) zusammen. Sie treten vor allem dann auf, wenn kein Termindruck
besteht.
Umgang mit Arbeitszeitproblemen: Sich motivieren, positive Lerneinstellung, angenehme
Lernatmosphäre schaffen.
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54) Kennzeichnen Sie die Dimensionen der Zeitnutzenanalyse anhand von jeweils zwei
Fragen!
Wichtige Arbeiten:
− War Wichtiges wirklich wichtig?
− Wurden Prioritäten gesetzt, wenn mehrere Aktivitäten wichtig waren?
− Wurde Wichtiges zuerst (rechtzeitig) erledigt?
− Wurde Wichtiges zusammenhängend, ohne Unterbrechungen bearbeitet?
Routine-Aufgaben:
− Wurden Routine-Aufgaben zügig erledigt?
− Wurden Routine-Aufgaben zusammengelegt?
− Können Routinen durch Arbeitsteilung reduziert werden?
Zeitverluste:
− Waren externe Störungen zu vermeiden?
− Wurde mit den Pufferzeiten zu großzügig umgegangen?
− Gab es Zwangspausen (in welchem Zusammenhang)?
− Gab es „innere Ablenkungen“ (Ängste, Ärger, Verstimmungen, …)?
55) Kooperatives Lernen: Kennzeichnen Sie Arten zielbezogener Interdependenz und
jeweilige Konsequenzen!
Kooperatives Lernen ist eine Lernform, bei der Lernende in kleinen Gruppen arbeiten um
sich beim Lernen des Stoffes gegenseitig zu helfen (peer based instruction)
Zielbezogene Interdependenz:
− Positive Interdependenz – kooperative soziale Situation: Alle Mitglieder der
Gruppe können das Ziel erreichen; Führt zu:
o Höheren Leistungen
o Steigerung der Selbstverantwortung für das Lernen
o Positiveren Beziehungen
o Größerer interpersoneller Aktivität
o Höherer interpersoneller Attraktivität
o Höherer Selbstwirksamkeit und
o Besserer Integration von Außenseitern
− Negative Interdependenz – kompetitive soziale Situation: Nicht alle Mitglieder
können das Ziel erreichen, einzelne erreichen das Ziel nur auf Kosten anderer
o Forciert unerwünschte soziale Vergleichsprozesse, die zu negativen
Konsequenzen für die Lernmotivation und das Selbstkonzept beitragen
Fähigkeitsbezogene Kausalattribuierung
− Individualistische Zielstruktur – keine Interdependenz
56) Kennzeichnen Sie die motivational negativen Effekte kooperativen Lernens!
− Free-rider Effekt: Schwächere Mitglieder der Gruppe überlassen die Lernarbeit
den leistungsfähigeren Mitgliedern
− Sucker Effekt: Leistungsstärkere Gruppenmitglieder fühlen sich ausgebeutet und
reduzieren ihre Anstrengungsbereitschaft
− Statusabhängiger Effekt: Statusniedrigere Mitglieder reduzieren ihre
lernbezogene Interaktion
− Ganging up Effekt: Die Gruppe pendelt sich auf Lösungen ein, die mit der
geringsten Anstrengung verbunden sind
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57) Erläutern Sie die Prinzipien der kooperativen Lernformen: Skript-Kooperation /
Gruppen-Puzzle!
Skript-Koordination: Methode zum kooperativen Lernen aus Texten
Kooperierende Dyaden sollen sich den Inhalt eines Textes aneignen
− Der Text wird in Leseabschnitte (Texttteile) gegliedert.
− Ein Partner („Zusammenfasser“) erklärt dem anderen („Zuhörer“) die wichtigsten
Sachverhalte.
− Der Andere kann bei Unklarheiten nachfragen sowie auf Unstimmigkeiten und
Auslassungen hinweisen.
− Beide gemeinsam erarbeiten Elaborationen zum besseren Einprägen des Stoffes.
− Die nächsten Textabschnitte werden jeweils mit vertauschten Rollen bearbeitet.
Gruppenpuzzle: Vier Phasen des Lernens durch Lernen
1. Lehrperson gibt Überblick und teilt den Stoff in Teilgebiete.
2. Die verschiedenen Teilgebiete werden von jeweiligen Lerngruppen, so genannten
Expertengruppen, selbstständig erarbeitet.
3. Neue Gruppen werden so organisiert, dass sich in jeder Gruppe ein Experte für
jedes Teilgebiet befindet und den anderen Mitgliedern den Stoff seines
Teilgebiets vermittelt.
4. Integration und Evaluation: Nochmalige Bearbeitung des Stoffes / Reflexion der
Kooperation in den Gruppen.
58) Erläutern Sie den Lerngewinn des Lernens durch Lehren (Tutoring) und orientieren
Sie sich dabei an Phasen und Komponenten!
1. Vorbereitungsphase: Die Notwendigkeit, den zu erarbeitenden Stoff erklären zu
müssen, erfordert Lernstrategien, die zu einem erhöhten Verständnis des
Lernstoffs und zu besserer Lernleistung führen.
Komponente: Lehr-Erwartung
2. Erklärphase: Das Wissen muss organisiert und strukturiert werden, d.h.
Erkläranforderungen lösen elaborative und metakognitive Prozesse aus, bringen
Wissenslücken und Inkonsistenzen im eigenen Verständnis zu Tage und erhöhen
den Lernerfolg.
Komponente: Geben von Erklärungen
3. Phase der Rückfragen sowie der dadurch evozierten weiteren Erklärungen:
Rückfragen aufgrund von Unklarheiten oder Inkonsistenzen können dazu führen,
sich nochmals mit Lernstoff auseinanderzusetzen und fördern Verständnis und
Lernerfolg.
Komponente: Reagieren auf Rückfragen
Die Komponente des Lernens durch Lehren wird hinsichtlich ihrer Effektivität kritisch
beurteilt. Günstige Auswirkungen sind an bestimmte Voraussetzungen geknüpft z.B.
Vorkenntnisse, Rollenfertigkeiten (Lehr-Rolle).
59) Geben Sie einen Überblick über die Komponenten des „Selbstgesteuerten Lernens“
nach Friedrich & Mandl (1997)!
Motivationale Komponenten:
− Strukturelle motivationale Komponenten:
o Bedürfnisse
o Interessen
o Ziele
o Selbstwirksamkeit
− Prozessuale motivationale Komponenten:
o Selbstwerterhaltende Strategien / Selbstbilderhaltende
Bewältigungsstrategien
o Volitionale Strategien
o Emotionale Strategien / Prozesse
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Kognitive Komponenten:
− Prozessuale kognitive Komponenten:
o Informationsverarbeitungsstrategien:
o Kontrollstrategien:
o Ressourcen- / Stützstrategien:
− Strukturelle kognitiven Komponenten:
o Inhaltswissen (inhaltliches Vorwissen)
o Aufgabenwissen:
o Strategiewissen:
60) Kennzeichen Sie für diesen Ansatz in Stichpunkten
a) Die strukturellen motivationalen Komponenten
o Bedürfnisse: als relativ breite, wenig spezifizierte Antriebsdeterminanten. Nach
Deci und Ryan (1993) gibt es drei angeborene psychologische B.:
− Das Bedürfnis nach Kompetenz,
− Das nach Autonomie / Selbstbestimmung und
− Das nach sozialer Eingebundenheit
Querverbindung zur intrinsischen Motivation
o Interessen: als spezifische wertbesetzte Person-Umwelt-Bezüge, die sich in der
Auseinandersetzung mit verschiedenen Inhaltsgebieten im Laufe der Entwicklung
herausbilden. Hohes Interesse am Lerngegenstand wirkt sich positiv aus auf die
intrinsische Motivation und auf die Aktivierung anspruchsvoller kognitiver
Strategien sowie auf die Wissensrepräsentation
o Ziele: Habituelle Zielorientierungen, die sich auf quantitative und qualitative
Aspekte beziehen.
o Selbstwirksamkeit: Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (Bandura, 1996)
= Gewissheit einer Person, über die Fähigkeit zu verfügen, die zur Ausführung
einer bestimmten Aufgabe erforderlich sind.
beeinflussen die Aufgabenwahl,
die Anstrengungsbereitschaft und
die Anstrengungsdauer angesichts widriger Umstände.
Positive Selbstwirksamkeitsüberzeugungen weisen eine deutliche Beziehung zu
effizienter Selbstregulation und zum Einsatz anspruchsvoller kognitiver Strategien
auf. Zu ausgeprägte Selbstwirksamkeitsüberzeugungen können unter Umständen
aber die Anstrengungsbereitschaft beeinträchtigen.
b) Die prozessualen motivationalen Komponenten
a. Selbstwerterhaltende Strategien / Selbstbilderhaltende Bewältigungsstrategien:
− Selbstbehinderung: in Situationen, die Scheitern implizieren und damit ein
negatives Selbstbild induzieren können, werden Hindernisse aufgerichtet,
die das Vermeiden von Anstrengung rechtfertigen. Dies kann
selbstwerterhaltend sein, auch wenn dabei Kosten in Kauf zu nehmen sind.
− Defensiver Pessimismus: Negative Selbstschemata werden bei hoher
wahrgenommener Aufgabenanforderung aktiviert um die eigene
Anstrengung zu erhöhen, was letztendlich auch zum Erfolg führen kann.
− Selbstaffirmation: Das selbstwertbedrohende Handlungsfeld wird abgewertet
und das Individuum weicht in solche Bereiche aus, die weniger bedrohend
sind. Dies führt zur „Ent-Identifizierung“, von den mit selbstgesteuerten
Lernen verbundenen Zielen und Anreizen und kann zur Folge haben, dass
keine anspruchsvollen kognitiven und metakognitiven Lernstrategien
angewandt werden.
− Attributionen: Bewältigungsstrategien, durch die Motivation und
Strategieeinsatz beim Lernen gesteuert werden
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b. Volitionale Strategien: sind darauf ausgerichtet, willentliche Vornahmen und
Absichten vor konkurrierenden Handlungstendenzen abzuschirmen:
− Kontrolle der Aufmerksamkeit
− Kontrolle der Motivation
− Kontrolle der eigenen Emotionen
− Handlungsorientierte Bewältigung von Misserfolgserlebnissen
− Umweltkontrolle (Gestaltung und Veränderung der unmittelbaren Umgebung
um absichtsgefährdende Stimuli zu meiden)
− Sparsame Informationsverarbeitung
c.
Emotionale Strategien / Prozesse: z.B. Prüfungsangst
c) Die strukturellen kognitiven Komponenten
= jene Wissensarten, die wichtig sind für den weiteren Wissenserwerb
metamemoriales Wissen
Inhaltswissen (inhaltliches Vorwissen)
o
Stellt Anknüpfungspunkte bereit, durch die eine Integration der neuen
Information in die bestehende kognitive Struktur erleichtert wird.
− Menge, Organisiertheit und Zugänglichkeit des Vorwissens können
den weiteren Wissenserwerb erleichtern.
− Wirkt als Filter für die Interpretation neuer Information
− Erleichtert die Konstruktion von Bedeutung, die Einschätzung der
Relevanz neuer Information, den Prozess des Schlussfolgerns
(Inferierens) und die Verstehensüberwachung
− Beim Wissen über das eigene kognitive System handelt es sich um
eine Art von gedächtnisbezogenen Selbstkonzept. Es umfasst Wissen
über das Funktionieren des eigenen Gedächtnisses, dem bestimmte
mehr oder minder stabile und mehr oder minder aufgabenspezifische
Eigenschaften (Starken / Schwächen) zugesprochen werden
(Personenvariable).
Aufgabenwissen: Wissen, das Lernende über die Anforderungen haben, die
bestimmte Lernaufgaben stellen
Strategiewissen: Wissen um die Nützlichkeit bestimmter allgemeiner und
spezifischer Strategien für die Bewältigung bestimmter Lernaufgaben. Dieses
Wissen ist für die Auswahl angemessener Strategien wichtig.
−
o
o
d) Die prozessualen kognitiven Komponenten
a. Informationsverarbeitungsstrategien: Strategien, die der mentalen
Auseinandersetzung mit dem jeweiligen Lernstoff, seinem Verstehen und
Behalten dienen.
− Wiederholungsstrategien: Halten von neuer Information im Arbeitsspeicher
und zwar solange, bis sie dauerhaft ins LZG eingeprägt ist.
−
Elaborationsstrategien:
o
o
o
−
Zielen auf die Integration neuen Wissens in eine bereits bestehende
Wissensstruktur ab.
Fördern das Behalten, weil durch sie neue Information mit
bestehendem Wissen vernetzt wird.
Dazu auch Mnemotechniken, da sie Information mit Bedeutung
anreichern – häufig in Verbindung mit bildlichen Wissensstrukturen.
Organisationsstrategien:
o
o
o
Haben die Funktion, das neue Wissen zu strukturieren, d.h. Bezüge
innerhalb des neu zu erlernenden Wissens darzustellen.
Haben auch eine informationsreduzierende Komponente.
Komplexe Organisationsstrategien sind nötig für die Darstellung von
Zusammenhängen zwischen wesentlichen Ideen eines Textes in
einem Map (Mapping-Techniken).
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b. Kontrollstrategien:
−
−
−
−
c.
Strategien, die die Informationsverarbeitung regulieren und steuern daher
werden sie auch metakognitive Strategien genannt
Dienen dazu, den eigenen Lernverlauf zu planen, zu überwachen und zu
evaluieren.
Laufen in der Regel vor- oder unbewusst ab. Sie treten erst dann ins
Bewusstsein, wenn es während des Lernens zu Problemen kommt.
Kontrollstrategien können aber auch bewusst und geplant eingesetzt
werden.
Auswirkungen der Kontrollstrategien sind nicht eindeutig geklärt. Sie können
stören bei Aufgaben, für die der Lernen effektive
Informationsverarbeitungsstrategien besitzt, nützen jedoch nichts, wenn der
Lernende noch über keinen Lösungsmöglichkeiten verfügt.
Leistungsfördernd sind sie dann, wenn die Aufgaben Reflexionen erfordern
und Lösungsmöglichkeiten nicht automatisch anwendbar sind.
Ressourcen- / Stützstrategien:
−
−
−
Strategien, durch die Lernende äußere materielle und personale
Ressourcen für ihr Lernen nutzen.
Strategie zur Nutzung sozialer Ressourcen (Unterstützung anderer
Personen sichern)
Zeit spielt als Ressource für Lernen ebenfalls eine wichtige Rolle. Die
Organisation und Abstimmung einzelner Lernphasen sowie die Koordination
mit konkurrierenden Aktivitäten macht es notwendig, die zur Verfügung
stehende Zeit einzuteilen (Zeitmanagement / Selbstbeobachtungskritik).
Lernzeit ist als Oberflächenvariable nicht entscheidend, sondern die Qualität
der in dieser Zeit realisierten Informationsverarbeitungsprozesse.
61) Skizzieren Sie das Modell des „Selbstgesteuerten Lernens“ nach Schiefele & Pekrun!
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62) Ordnen Sie kognitive und motivationale Komponenten den Ebenen des Modells
der Selbstregulation nach Boekaerts (1996) zu!
63) Erläutern Sie die Prinzipien des direkten Strategie-Trainings (Kernprinzipien und
akzessorische Trainingsprinzipien)!
Direkte Förderung selbstgesteuerten Lernens
Kernprinzipien: Die Zielsetzungen des Strategietrainings werden expliziert:
− Kognitives Modellieren: Damit die Lernenden eine kognitive Repräsentation der
jeweiligen Zielstrategie aufbauen können, müssen die Komponenten (motivational
/ kognitiv) selbstgesteuerten Lernens explizit gemacht werden. Dies geschieht in
der Regel durch ein Modell, das handlungsbegleitend sein Denken und Handeln
verbalisiert. Wird dieses Modell internalisiert, dient es als Soll-Vorgabe für die
Überwachung der Durchführung als Handlung und fungiert als eine interpretative
Struktur, die das Verstehen von Feedback erleichtert.
− Informiertes Training: Nur Strategien zu üben (blindes Training) reicht nicht aus.
Der Lernende muss auch über Wirkungen, Vorzüge und Nachteile der jeweiligen
Strategie und über Anwendungsbedingungen usw. informiert werden. Es geht
also darum, erforderliches Aufgaben- und Strategiewissen (conditional
knowledge) zu vermitteln.
− Vermittlung von Kontroll- und Selbstrefelexionsstrategien: Als ein integraler
Bestandteil des direktiven Trainings von Lernstrategien werden dem Lernenden
Planungsstrategien, Strategien für die Verstehensüberwachung oder Techniken
für die prozessbegleitende Verbalisierung vermittelt. Solche
Selbstkontrolltechniken sind gerade für selbstgesteuertes Lernen wichtig, da hier
häufig externe Kontroll- und Regulationsinstanzen fehlen.
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Akzessorische Trainingsprinzipien, die die Effektivität kognitiver Trainingsmaßnahmen
erhöhen:
− Erlernen der Strategien in einem bzw. Abstimmung der Strategien auf einen
authentischen Nutzungs- bzw. Anwendungskontext: Für den Lernenden wird der
Problemlösewert der trainierten Lernstrategie deutlich. Dies fördert den Transfer
in reale Anwendungskontexte (Transfer-Angemessenes Lernen, situated
learning).
− Üben unter variierenden Aufgabenbedingungen: Dies soll dazu beitragen, das
internalisierte Modell in eine flexible Prozedur zu überführen, die auch unter
veränderten Aufgabenbedingungen zum Erfolg führt und damit den Transfer
unterstützt. Die zu vermittelnden Strategien werden zunächst an einfachen und
prototypischen, dann an zunehmend schwierigeren und verschiedenen Aufgaben
geübt.
− Mit zunehmenden Trainingsfortschritt Abbau anfänglicher externer
Unterstützung: Zu Beginn einer Trainingsmaßnahme wird zumeist versucht, durch
externe Hilfen die kognitive Belastung der Lernenden gering zu halten. Mit
zunehmendem Trainingsfortschritt können diese Hilfen abgebaut und dem
Lernenden übertragen werden.
− Veränderung motivationaler Lernvoraussetzungen: Um den Lernenden vom
Nutzen der Strategien zu überzeugen – eine wichtige Voraussetzung für den
Einsatz von Strategien – müssen häufig zunächst geeignete motivationale
Voraussetzungen in Form veränderter Attribuierungsmuster,
Selbstwirksamkeitsüberzeugungen usw. geschaffen werden.
− Lernen im sozialen Kontext: Das Training in kleinen Gruppen wirkt sich auf
verschiedene Aspekte des Strategietrainings positiv aus.
64) Kennzeichnen Sie die Prinzipien des prozessorientierten Ansatzes (Simons, 1992;
Vermunt, 1994)!
Kombination direkter und indirekter Förderansätze für selbstgesteuertes Lernen
−
−
−
−
−
−
Die Prozessorientierung von Unterricht, d.h. den Lernprozess und seine
Steuerung durch den Lernenden zum Gegenstand des Unterrichts machen,
Die transferfördernde Gestaltung des Unterrichts, d.h. Lern- und
Selbststeuerungsstrategien über einen längeren Zeitraum im Kontext eines
Faches anwenden, Transfer explizit im Unterricht vorbereiten
Die soziale und motivationale Gestaltung von Unterricht, d.h. Förderung von
Kooperation und Diskussion, Schaffung eines Klimas, das zu angemessenen
Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und Attribuierungen führt, Betonung der
Nützlichkeit der im Unterricht vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten,
Die Eigenverantwortung der Lernenden, d.h. Anleiten zur Selbstdiagnose des
Lernerfolges, Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen Aktivitäten im
Unterricht, allmählicher Abbau von Hilfen,
Das Anknüpfen an Lernvoraussetzungen, d.h. Vorkenntnisse der Lernenden zu
einen bestimmten Inhaltsbereich aktivieren, und
Das Anknüpfen an den subjektiven Lernkonzeptionen des Lernenden, d.h.
Vorverständnis von Lernen vermitteln und gegebenenfalls im Unterricht zu
verändern suchen.
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65) Gestaltung von Lernumgebung: Kennzeichnen Sie in Stichpunkten
a) Die kognitivistische Position zum Lehren und Lernen
Gegenstandszentrierte Lernumgebung
−
−
−
Unterrichten im Sinne von Anleiten, Darbieten, Erklären (Aktive Position des
Lehrenden)
Instruktion: Gestaltung gegenstandszentrierter Lernumgebungen (Leitlinien des
Lernens in „instructional Design“ – Modellen, Historische Skizze, Probleme)
Lernen als vorrangig rezeptiver Prozess (Passive Position des Lernenden)
b) Die konstruktivistische Position zum Lehren und Lernen
Situierte Lernumgebung
−
−
−
Lernen als konstruktiver, situativer Prozess (Aktive Position des Lernenden)
Konstruktion: Leitlinien des Lehrens in konstruktivistischen Ansätzen (Gestaltung
situierter Lernumgebungen, Historische Vorbilder, Probleme)
Unterrichten im Sinne von Unterstützen, Anregen, Beraten (Reaktive Position des
Lehrenden)
c) Die pragmatische Position zum Lehren und Lernen
− Konstruktion: Lernen als aktiver, selbstgesteuerter, konstruktiver, situativer und
sozialer Prozess (Wechsel zwischen vorrangig aktiver und zeitweise rezeptiver
Position des Lernenden); Prozessmerkmale des Lernens:
o Aktiv: Effektives Lernen nur über aktive Lernenden-Beteiligung möglich
o Selbstgesteuert: Der Lernende ist selbst für die Steuerungs- und
Kontrollprozesse verantwortlich.
o Konstruktiv: Jedes Lernen baut auf vorhandenen Kenntnissen und
Fähigkeiten auf. Ohne hinreichenden Erfahrungs- und Wissenshintergrund
finden keine dauerhaften kognitiven Veränderungen statt.
o Situativ: Lernen erfolgt stets in spezifischen Kontexten. Sie liefern einen
Interpretationshintergrund für die Bewertung der Lerninhalte.
o Sozial: Schulisches und außerschulisches Lernen werden auf
unterschiedlichen Ebenen durch soziale Komponenten beeinflusst.
− Gestaltung problemorientierter Lernumgebungen (Leitlinien, Beispiele, Empirische
Argumente)
− Instruktion: Unterrichten im Sinne von Anregen, Unterstützen und Beraten sowie
Anleiten, Darbieten, Erklären (Situativer Wechsel zwischen reaktiver und aktiver
Position des Lehrenden)
66) Kennzeichnen Sie die individuellen Voraussetzungen (Komponenten) für
erfolgreiches Lernen
− Selektive Aufmerksamkeit und Arbeitsgedächtnis
− Vorwissen
− Strategien und metakognitive Regulation
− Motivation und Selbstkonzept
− Volition und lernbegleitende Emotionen
67) Kennzeichnen Sie die Arten des Metagedächtnisses und die verschiedenen Variablen
Metagedächtnis: Wissen über Gedächtnisprozesse
− Deklaratives Metagedächtnis: faktisches, verbalisierbares Wissen über
Gedächtnisvorgänge wird mit Interview / Fragebogen erfasst
− Prozedurales Metagedächtnis: Fähigkeit zur Regulation und Kontrolle
gedächtnisbezogener Aktivitäten wird „on line” (bei laufenden GedächtnisAktivitäten) erfasst
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−
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Metakognitive Empfindungen (metakognitive experience): Empfindungen im
Zusammenhang mit kognitiven Prozessen z.B. Gefühl, dass etwas wichtig /
behaltenswert ist.
Variablen des Metagedächtnisses
− Aufgaben-Variable: Erkennen der Art / Anforderung einer Gedächtnisaufgabe
o Eigenschaften der einzuprägenden Information
o Bedingungen der Abruf-Situation (Anzahl der Elemente, Bekanntheitsgrad
der Information)
− Strategie-Variable: Wissen über gedächtnisbezogene Strategien und die
Effektivität des Einsatzes
− Person-Variable: Wissen über gedächtnisbezogene Fähigkeiten (Stärken /
Schwächen)
o Intra-individuell: die eigene Person betreffend
o Inter-individuell: andere Personen vergleichend
68) Kennzeichnen Sie die vier übergreifenden Qualitätsthemen der „Program Evaluation
Standards“!
1. Nützlichkeit: Evaluation dient den praktischen Informationsbedürfnissen bestimmter
Adressaten
2. Durchführbarkeit: Evaluation ist realistisch, wohlüberlegt, diplomatisch und
kostenbewusst.
3. Korrektheit: Evaluation wird rechtlich und ethisch korrekt durchgeführt und schenkt
dem Wohlergehen der an der Evaluation beteiligten wie auch durch deren Ergebnisse
betroffenen Personen die gebührliche Aufmerksamkeit
4. Genauigkeit: Evaluation stellt zur Güte und / oder Verwendbarkeit des
Evaluationsgegenstandes systematisch gewonne Information bereit.
69) Ordnen Sie den übergreifenden Qualitätsthemen der „Program Evaluation Standards“
jeweilige Aufgabenbereiche zu!
−
−
−
−
−
−
−
−
−
−
−
−
−
−
−
−
1. Nützlichkeitsstandards
Ermittlung der Beteiligten & Betroffenen
− Klarheit des Berichts
Glaubwürdigkeit der Evaluation
− Rechtzeitigkeit und Verbreitung des
Berichts
Umfang und Auswahl der Informationen
− Wirkung der Evaluation
Feststellung von Werten
2. Durchführbarkeitsstandards
Praktische Verfahren
− Kostenwirksamkeit
Politische Tragfähigkeit
3. Korrektheitsstandards
Unterstützung der
− Vollständige und faire Einschätzung
Dienstleistungsorientierung
− Offenlegung der Ergebnisse
Formale Vereinbarungen
− Deklaration von Interessenskonflikten
Schutz individueller Menschenrechte
− Finanzielle Verantwortlichkeit
Human gestaltete Interaktion
4. Genauigkeitsstandards
− Systematische
Programmdokumentation
Informationsüberprüfung
Kontextanalyse
−
Analyse
quantitativer Informationen
Beschreibung von Zielen und Vorgehen
− Analyse qualitativer Informationen
Verlässliche Informationsquellen
− Begründete Schlussfolgerungen
Valide Information
− Unparteiische Berichterstattung
Reliable Information
− Meta-Evaluation
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